Praktisches Arbeiten mit gentechnischen Methoden in der Schule



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Praktisches Arbeiten mit gentechnischen Methoden in der Schule Comenius - Projekt "come together - work together" Arno Hirtler Kollegium Kalksburg Klasse 8. A Schuljahr 2003/04 Prof. Mag. Gabriele Premauer Biologie und Umweltkunde Wien, 21. Jänner 2004 1

Inhaltsverzeichnis: 1. Einleitung 4 2. Einführung 5 2.1 Aufbau der Zelle 5 2.1.1 Eukaryonte Zellen 5 2.1.2 Prokaryonte Zellen 6 2.2 Struktur der DNA 7 2.3 Replikation der DNA 11 3. Gentechnik 14 3.1 Isolieren von DNA aus Gewebe 14 3.1.1 Isolieren von DNA aus pflanzlichen Zellen 14 3.1.2 Isolieren von DNA aus Kalbsthymus-Gewebe 15 3.1.3 Isolieren von DNA aus der Mundschleimhaut 19 3.2 Gelelektrophorese 21 3.3 Restriktionsanalyse 24 3.3.1 Theorie 24 3.3.2 Anwendungen 26 3.3.2.1 Modifizieren von DNA 26 3.3.2.2 Vaterschaftstest 27 3.3.2.3 Gerichtsmedizin 27 3.3.3 Praktisches Beispiel 27 3.4 PCR 28 3.4.1 Theorie 29 3.4.1.1 Das Prinzip der PCR 29 2

3.4.1.2 Limitation und Effizienz 32 3.4.1.3 spezielle PCR-Techniken 34 3.4.1.3.1 Nested PCR 34 3.4.1.3.2 Touch down PCR 35 3.4.1.3.3 Inverse PCR 35 3.4.1.3.4 Reverse-Transkriptase-PCR 36 (RT-PCR) 3.4.2 Anwendungen 37 3.4.2.1 Paläontologische Genetik 37 3.4.2.2 Gerichtsmedizin 37 3.4.2.3 Medizinische Diagnostik 37 3.4.3 Praktisches Beispiel 38 4. Zusammenfassung und Ausblick 41 5. Glossar 42 6. Bilderverzeichnis 48 7. Literaturverzeichnis 49 3

1. Einleitung: Im Herbst 2002 wurde ich gefragt, ob ich zusammen mit Schulkameraden, die als Wahlpflichtfach ebenfalls Biologie gewählt hatten, an einem Vormittag eine Polymerase-Kettenreaktion (PCR) machen würde. Damals wusste ich noch nicht, was PCR war, aber ich sagte zu. An diesem Praktikumstag erfuhr ich auch vom Comenius- Projekt. Beim Comenius-Projekt handelt es sich um eine europäische Schulkooperation, an der Schüler und Lehrer von neun Schulen aus sieben verschiedenen Ländern (Deutschland, Litauen, Niederlande, Österreich, Slowakei, Tschechien und Ungarn) teilnehmen. Im Mittelpunkt dieses Projektes stehen Theorie und Praxis zum Thema Gentechnik. Das Projekt fing im August 2002 an und wird im Juni 2005 enden. Neben den verschiedenen Techniken sollen auch ethische Probleme der Gentechnik angesprochen werden. Nach diesem sehr lehrreichen Tag gab es im selben Schuljahr noch einige Exkursionen in das Vienna Biocenter. In diesem Zeitraum fasste ich den Entschluss, eine Fachbereichsarbeit über das Thema Gentechnik und besonders über die PCR-Technik zu schreiben. Im Frühjahr 2003 wurde gefragt, wer gerne zum nächsten einwöchigen Schüler- und Lehrertreffen im Rahmen des Comenius-Projekts in Hamburg mitkommen würde. Ich meldete mich an und konnte schlußendlich mitfahren. In Hamburg lernten wir DNA aus pflanzlichen und tierischen Zellen zu isolieren und eine Restriktionsanalyse durchzuführen. Zur Auffrischung machten wir eine PCR. Ich entschloss mich, alles, was ich dort gelernt hatte, auch in meine Fachbereichsarbeit einfließen zu lassen. Der Schwerpunkt liegt aber besonders auf der PCR-Technik, weil ich diese sehr oft durchgeführt habe und mich bei diesem Thema auch am besten auskenne. Ich habe die Versuche, die in dieser Fachbereichsarbeit beschrieben werden, hauptsächlich in Hamburg durchgeführt. Das PCR-Beispiel stammt aus Versuchen im Vienna Biocenter. 4

2. Allgemein: 2.1 Aufbau der Zelle: Die kleinsten Bausteine eines jeden Lebewesens sind die Zellen. Sie sind von einer Membran umhüllt und mit einer wässrigen Lösung von chemischen Substanzen gefüllt. Weil sie sich ohne einen Partner vermehren können, sind einzelne Zellen (= Einzeller, Protozoen) die einfachsten Lebensformen. Höhere Organismen bestehen aus Zellgemeinschaften, die aus einer Gründerzelle durch Teilung und Wachstum entstanden sind. In diesen Gemeinschaften führen Gruppen von Zellen verschiedene Funktionen durch und können auch miteinander kommunizieren. Es gibt zwei unterschiedliche Arten von Zellen: Eukaryonten mit Zellkern und Prokaryonten ohne Kern. Zu den Prokaryonten gehören Bakterien und Blaugrün-Algen. Alle komplexeren vielzelligen Organismen, wie der Mensch, sind aus eukaryonten Zellen aufgebaut. Eukaryonten haben auch eine Vielzahl von inneren Organen, Organellen genannt. 2.1.1 Eukaryonte Zellen: (siehe Abb.) Eukaryonten sind Zellen mit einer Doppelmembran, die das Cytoplasma mit all seinen Proteinen und Organellen plus einem Zellkern (Nucleus) enthalten. Dieser Zellkern enthält die Desoxyribonucleinsäure, die DNA, die Erbinformation der Zelle, und ist von einer doppelten Membran mit Poren umschlossen. Diese Poren sind für den Transport von Stoffen zwischen Cytosol und Nucleus zuständig. 1 1 Abb. 1-17 aus dem Lehrbuch der molekularen Zellbiologie, Buch S. 16 5

Im Kerninneren findet die Replikation der DNA und ihre Transkription in RNA (Ribonucleinsäure) statt. Grundsätzlich wird die RNA in weiterer Folge außerhalb des Zellkerns als Matrize für die Entstehung von Proteinen verwendet. Bei der Teilung der Zelle in zwei gleichartige Tochterzellen werden die DNA-Moleküle kompakter und bilden Chromosomen, wodurch diese leichter erfolgen kann. Jedes dieser Chomosomen besteht aus einem einzigen, sehr langen DNA-Strang, der mit Proteinen assoziiert ist, die diesen Strang in eine kompaktere Form bringen. Die Verbindung von DNA und Protein wird Chromatin genannt. Die Chromosomen durchlaufen in der Zelle verschiedene Stadien: In der Interphase befinden sich die Chromosomen in einem ausgebreiteten Zustand, in dem die Transkription, Translation und Replikation stattfinden. Wenn sich die Chromosomen auf die Mitose vorbereiten, wird der DNA-Faden immer mehr aufgerollt und dabei immer kompakter. Das entstandene hochkondensierte Chromosom nennt man Mitose-Chromosom. Alle Zellen in Individuen gleichen Geschlechts und gleicher Spezies enthalten immer einen identischen Chromosomensatz, z.b. der Mensch besitzt 46 Chromosomen. Natürlich gibt es auch hier Abnormitäten, diese sind aber immer auf Mutationen zurückzuführen. 2.1.2 Prokaryonte Zellen: (siehe Abb.) Bei den Prokaryonten fehlt der Zellkern, die DNA ist daher nicht im Kern verborgen, sondern sie treibt als ringförmiges Molekül (Nucleoid) im Plasma herum. Prokaryonte Zellen haben keine Zellorgane außer Ribosomen. 2 2 Abb. 3.7 aus der Medizinischen Mikrobiologie, Buch S.159 6

2.2 Struktur der DNA: Als zu Beginn der 20iger Jahre erkannt wurde, dass die Gene, die die Zellteilung kontrollieren, auf Chromosomen liegen, untersuchte man diese genauer und erkannte, dass sie aus zwei biologischen Verbindungen aufgebaut sind, und zwar aus Proteinen und einer bestimmten Nucleinsäure, der Desoxyribonucleinsäure (DNA). Einer dieser beiden Stoffe musste also das genetische Material sein. Es war bekannt, dass Proteine Makromoleküle sind und aus 20 Aminosäuren bestehen, die keine Beschränkung in der Reihenfolge ihrer Verknüpfung haben. So kann es fast eine unendliche Anzahl verschiedener Proteinarten geben. Bei der DNA nahm man an, dass es ein kleines unveränderliches Molekül sei. Und da man dachte, dass die DNA nicht über die nötige Variabilität verfüge, um die gesamte Erbinformation zu beinhalten, meinte man zuerst, dass die Proteine der Chromosomen das genetische Material seien. Für diese Annahme gab es aber keine Beweise und nach genaueren Untersuchungen wurde allmählich klar, dass die DNA in Wirklichkeit ein sehr langes Polymer mit fast unendlich vielen Formmöglichkeiten ist. 1928 entdeckte schließlich Frederik Griffith die bakterielle Transformation (= Aufnahme neuer Gene durch eine Zelle in Form isolierter DNA) (siehe Abb.) und bewies damit, dass die DNA das genetische Material beinhaltet. Experimenteller Nachweis, dass DNA das genetische Material ist. 3 3 Abb. 6-3 aus dem Lehrbuch der molekularen Zellbiologie, Buch S.199 7

Das Wissen über die Struktur der DNA geht auf die beiden Wissenschaftler J. Watson und F. Crick zurück. Alle Zellen enthalten DNA, in der in verschlüsselter Form die "Baupläne" sämtlicher Proteinmoleküle dieser Zelle gespeichert sind. DNA, wie auch die RNA, ist ein lineares Heteropolymer, d.h. ein Molekül, das zahlreiche Einzeleinheiten umfasst, die Monomere, die kettenartig miteinander verbunden sind. Dieses Polymer besteht aus vier genetischen Bausteinen, den Nucleotiden, die sich wiederum aus drei Teilen zusammensetzen: einem Zucker, bei der DNA die Desoxyribose (siehe Abb.), bei der RNA die Ribose (siehe Abb.), einer stickstoffhaltigen Base und einer Phosphatgruppe. Desoxyribose und Ribose 4 Beim Zucker nummeriert man die Kohlenstoffatome immer in der gleichen Weise, wobei der Kohlenstoff der Carbonylgruppe ( C = O), die sich bei der Kettenstruktur an einem Ende befinden, die Zahl 1 erhält. Diese Nummerierung verrät, an welchen Positionen die anderen Komponenten des Nucleotids mit dem Zucker verbunden sind. Die vier verschiedenen Stickstoffbasen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin sind die genetisch informativen Elemente. Adenin und Guanin sind zwei Purine und Cytosin und Thymin sind Pyrimidine. Die Purine bestehen aus einem Fünferring und einem Sechserring, die Pyrimidine aber aus nur einem Sechserring (siehe Abb.). 4 Tafel 2-6 aus dem Lehrbuch der molekularen Zellbiologie, Buch S. 68 8

Die zwei Arten von Basen 5 An jeder Base ist der Zucker mit seinem 1 -Kohlenstoff durch eine kovalente Bindung gebunden, d.h., dass diese Bindung nur durch ein Enzym aufgespalten werden kann. An dem 5 -Kohlenstoff des Zucker ist auch wiederum kovalent das Phosphat gebunden. Die Verbindung des Zuckers mit einer Base nennt man Nukleosid. Mit der Phosphatgruppe wird es zum Nucleotid. Werden mehrere Nucleotide aneinander gehängt, so nennt man dieses entstandene Polymer Oligonucleotid oder Polynucleotid. Dabei binden sich die Nucleotide kettenmäßig und kovalent mit Hilfe einer Phosphatbrücke zwischen dem 3 C-Atom des Zuckers und dem 5 C-Atom des Zuckers mit dem folgenden Nucleotid aneinander. Diese Bindung nennt man 3-5 -Phosphodiesterbindung (siehe Abb.). 5 Tafel 2-6 aus dem Lehrbuch der molekularen Zellbiologie, Buch S. 68 9

Struktur eines kurzen Polynucleotids 6 Durch die Aneinanderknüpfung der Nucleotide entsteht aber nur ein Einzelstrang. Bei der Doppelhelix der DNA werden jeweils zwei Basen durch Wasserstoffverbindungen, die durch Hitze leicht aufgetrennt werden können, beieinander gehalten. Zwischen 1945 und 1950 bemerkte dabei Erwin Chargaff, dass die Basenverhältnisse in der DNA konstant sind. Durch diese Entdeckung erkannten später James Watson und Francis Crick, dass sich immer ein Purin mit einem Pyrimidin paart. Adenin ist komplementär zu Thymin und Cytosin ist komplementär zu Guanin. Die Form der Doppelhelix wird durch die Stapelung der Basen bestimmt. Diese stapeln sich wegen ihres Dipolmoments um 36 versetzt. Auszug aus Moderne Genetik, Buch S.: Die Doppelhelix (siehe Abb.) hat sieben wichtige Eigenschaften: 1. Sie besteht aus zwei Polynucleotiden. [...] 2. Die stickstoffhaltigen Basen sind auf der Innenseite der Helix gestapelt. Die Zucker-Phosphat-Kette bildet das Rückgrat der DNA. [...] 3. Die Basen der beiden Polynucleotide stehen über Wasserstoffbrücken in Wechselwirkung. [...] 4. Eine Windung der Helix enthält zehn Basenpaare. [...] 5. Die beiden Stränge der Doppelhelix sind antiparallel. Ein Polynucleotid verläuft in 5' 3'-Richtung, das andere in 3' 5'-Richtung. [...] 6 10

6. Die Doppelhelix hat zwei verschiedene Furchen. Man unterscheidet eine große und eine kleine Furche. Diese Eigenart ist von Bedeutung, wenn die Doppelhelix mit Proteinen in Wechselwirkung tritt, die an der DNA-Replikation oder der Expression der genetischen Information beteiligt sind. [...] 7. Die Doppelhelix ist rechtsgewunden. [...] Die Doppelhelix 7 Der Aufbau und die dreidimensionale Struktur sind bei allen Lebewesen gleich, ob sie Prokaryonten sind oder Eukaryonten. Doch bei den Eukaryonten, zum Beispiel beim Menschen, ist die DNA noch weiter organisiert zum Supercoil. In dieser Form ist sie in Chromosomen aufgeteilt, wo sie einen strukturellen Komplex mit Proteinen bildet. 2.3 Replikation der DNA: Immer wenn sich eine Zelle teilt, muss sich auch die DNA vervielfältigen (amplifizieren). Dieser Vorgang wird als identische Duplikation oder Replikation der DNA bezeichnet. Die Verdopplung der DNA verläuft semikonservativ, d. h. am Ende der Replikation sind zwei identische DNA-Doppelstränge entstanden, wobei jeder aus einem Einzelstrang der ursprünglichen DNA und dem neu dazu synthetisierten Strang besteht (siehe Abb.). 7 Abb. 6-4 aus dem Lehrbuch der molekularen Zellbiologie, Buch S.200 11

Elternstrang Tochterstränge 8 Dabei wird jeder der beiden Einzelstränge der Doppelhelix als Matrize für den Aufbau einer neuen komplementären Kette verwendet. Das bedeutet, dass sowohl die Chromosomenstruktur als auch die Doppelstrangstruktur aufgelöst werden muss. Während ein DNA repliziert wird, sind immer nur in einem begrenzten Abschnitt die Basen nicht gepaart. Den Punkt, wo die Unterbrechung der Basenpaare beginnt, nennt man Replikationsursprung. Von diesem Punkt kann die Sythese entweder in beide Richtungen oder nur in eine Richtung ablaufen. Der Abschnitt, wo die ursprüngliche DNA aufgetrennt wird und zugleich neu synthetisiert wird, heißt Replikationsgabel. Verantwortlich für die Auftrennung der elterlichen Doppelhelix ist die Helicase DnaB. Dieses Enzym wirkt mit den einzelstrangbindenden Proteinen zusammen. Die Proteine stabilisieren und linearisieren nach der Auftrennung den Einzelstrang. An dem Startpunkt der Replikation muss eine Starthilfe in Form eines RNA-Stücks, Primer genannt, vorhanden sein. Diese Starthilfe wird später wieder durch Enzyme entfernt. Die DNA-Synthese ist gerichtet. Es gibt nur ein Syntheseenzym, das den Matrizenstrang aber nur in 3' 5'-Richtung liest und synthetisiert. Daher muss die Synthese des zweiten neuen Stranges, also des 5' 3' gerichteten, stückweise erfolgen. So entsteht zuerst ein kontinuierlicher Strang und ein diskontinuierlicher Strang. Die Stücke des diskontinuierlichen Strangs werden Okazaki-Fragmente genannt, die eine Größe von 1000 Nucleotiden haben. 8 Abb. 11.2 aus Moderne Genetik, Buch S. 190 12

Abläufe an der Replikationsgabel bei der Verdoppelung der DNA 9 Die fehlenden Phosphordiesterbindungen bei den Okazaki-Fragmente werden später durch ein besonderes Enzym, die DNA-Ligase, hergestellt. 9 Abb. 3-1 aus Gentechnik, Buch S. 67 13

3. Gentechnik Gentechnik ist der Einsatz experimenteller Methoden, um DNA-Moleküle mit neuen Genen oder neuen Zusammenstellungen von Genen herzustellen. 3.1 Isolieren von DNA aus Gewebe 3.1.1 Isolieren von DNA aus pflanzlichen Zellen: Es gibt verschiedene Methoden, um (mehr oder weniger reine) DNA zu erhalten, z.b.: Dichtegradientenzentrifugation, Adsorptionschromatographie, chemisch-enzymatische Methoden. Hier wird eine sehr einfache und schnelle Methode zur DNA-Extraktion verwendet. Um mit dem Molekül dann weiterarbeiten zu können, müsste dieses jedoch noch weitere Reinigungsschritte durchlaufen. Benötigtes Material: Benötigte Geräte: 1 ganze Frucht Messer 3 g Salz Schneidbrett 10 ml Spülmittel Filterpapier 100 ml H 2 O Trichter 100 µl Protease Pipette (100 µl) und gelbe Spitze 20 ml kaltes Ethanol 250 ml Becherglas Eis 50 ml Becherglas Wasserbad Vorgangsweise: 1. Zur Herstellung des Extraktes das Salz, das Spülmittel und das Wasser in dem 250 ml Becherglas mischen. Danach die Frucht klein (siehe Abb. 10 ) schneiden und in die Extraktlösung geben. 10 Zerkleinerte Tomate; Foto vom Praktikum in Hamburg 14

2. Um alle Membranen zu zerstören, alles zusammen in einem Wasserbad für ca. 10 Minuten bei 65 C erhitzen. 3. Dann alles in einem Eisbad auf Raumtemperatur herunterkühlen, um die DNA zu schützen. 4. Die Mischung max. 5 Sekunden pürieren, wodurch die Zellwände zerstört werden. (siehe Abb. 11 ) 5. 20 ml des Homogenates in das 50 ml Becherglas filtrieren. 6. Damit die Histone von der DNA gelöst werden, die Protease dazugeben. 7. Vorsichtig das Homogenat mit dem kaltem Ethanol überschichten. Dadurch wird die DNA dehydriert und an der Phasengrenze sichtbar! (siehe Abb. 12 ) 3.1.2 Isolieren von DNA aus Kalbsthymus-Gewebe: Säugetiere und Menschen haben eine Thymusdrüse. Sie ist am Aufbau des Immunsystems, besonders im Säuglingsalter, beteiligt. Die Thymusdrüse enthält von allen Geweben den höchsten Anteil an Nucleinsäuren. In 10 g Kalbsthymus sind etwa 100 mg DNA enthalten. Benötigtes Material: 10 g gefrorenes Kalbsthymus- Gewebe Benötigte Geräte: Schere 11 Pürieren der Tomate; Foto vom Praktikum in Hamburg 12 Homogenat einer Kiwi mit Ethanol überschichtet; Foto vom Praktikum in Hamburg 15

20 ml 0,9%iger Natriumchlorid- Petrischale Lösung 140 ml gekühlter Zellkernpuffer 250 ml Becherglas 50 ml SSC-Puffer (Standard- Saline-Citrat-Puffer) Ultra Turrax (Drehzahl: mind. 11 000 U/min.): Ein Rotor zerreißt durch seine Druckkräfte alles in kleinste Teile 0,5 ml 10%ige SDS Lösung Glaswolle (Sodium-Dodecyl-Sulfat) 15 ml NaCl-Lösung Saugflasche mit Büchner-Trichter 65 ml kaltes vergälltes 96%iges Filtertuch Ethanol Eis zwei 50 ml Zentrifugenbecher Zentrifuge Glasstab 250 ml Becherglas mit hoher Form Rollrandgläschen zum Aufbewahren der gewonnenen DNA Isolieren der Zellkerne: 1. Das Kalbsthymus-Gewebe mit der 20 ml Natriumchlorid-Lösung auftauen, in große Stücke schneiden (siehe Abb. 13 ) und waschen. Diese Waschlösung in den Abguss dekantieren (Flüssigkeit aus dem Behälter gießen). 13 Zerkleinerung des Kalbsthymus in große Stücke; Foto vom Praktikum in Hamburg 16

2. Mit der Schere das aufgetaute Gewebe in der Petrischale mit dem 20 ml Zellkernpuffer mischen und in kleine Stücke schneiden (siehe Abb. 14 ). Die Stücke sollen so groß sein wie Linsen. Den Zellkernpuffer wieder in den Abguss dekantieren und das Gewebe nochmals mit 20 ml Zellkernpuffer waschen. Auch diese Waschlösung in den Abguss dekantieren. Die linsengroße Gewebestücke in das 250 ml Becherglas überführen und mit dem restlichen Zellkernpuffer das Glas füllen. 3. Das Becherglas in einem Eisbad kühlen. Das Thymus-Gewebe nun mit dem Ultra-Turrax bei hoher Drehzahl (11 000 U/min) 45 Sekunden homogenisieren (siehe Abb. 15 ). Das Gewebe wird vollständig zerkleinert. 4. Die Kalbsthymus-Suspension über Glaswolle in ein 250 ml Becherglas filtrieren. Die Glaswolle im Abfallbehälter entsorgen 5. Anschließend die vorgereinigte Kalbsthymus-Suspension über eine Saugflasche mit Büchner-Trichter und Filtertuch absaugen. Das Filtertuch vorher mit Zellkernpuffer anfeuchten. (siehe Abb. 16 ) 14 Zerkleinerung in Linsen-große Stücke; Foto vom Praktikum in Hamburg 15 Vollständige Zerkleinerung; Foto vom Praktikum in Hamburg 16 Filtrieren des Homogenats; Foto vom Praktikum in Hamburg 17

6. Die gereinigte Lösung gleichmäßig auf die zwei Zentrifugenbecher verteilen. 7. Es wird 10 Minuten mit 1500 U/min zentrifugiert (siehe Abb. 17 ). Die Zellkerne befinden sich anschließend als fester weißer Pellet (engl. Kügelchen ) am Boden der Zentrifugenbecher. 8. Den fließenden Überstand vollständig dekantieren. Mit der Öffnung nach unten noch ca. 2 Minuten auf Saugpapier die Zentrifugenbecher zum Abtropfen stehen lassen. 9. Die Zentrifugenbecher mit den Zellkernen auf Eis stellen. Mikroskopie der Zellkerne: Mit dem Glasstab vorsichtig ganz wenig Zellkernsuspension entnehmen. Auf dem Objektträger die Zellkernsuspension mit einem Tropfen Methylenblau einfärben. Jetzt ein Deckgläschen auf die Zellkernsuspension legen und die Zellkerne bei verschiedenen Vergrößerungen unter dem Mikroskop betrachten. Isolieren der DNA aus Zellkernen des Kalbsthymus 1. Die Zellkerne der beiden Zentrifugenbecher werden in dem SSC-Puffer resuspendiert: Von 50 ml SSC-Puffer zweimal kleine Portionen mit ca. 5 ml SSC-Puffer in den Zentrifugenbecher gießen. Die Zellkerne mit einem Glasstab vorsichtig mit der Lösung mischen und in das 250 ml Becherglas hoher Form überführen. Mit dem restlichen SSC-Puffer die Zentrifugenbecher spülen und alles im Becherglas vereinigen. 2. Die Lyse (Aufschließen) der Zellkerne: In dem 250 ml Becherglas zu 50 ml Zellkernsuspension tropfenweise unter Schwenken die SDS-Lösung hinzugeben und 10 Minuten leicht bewegen. Die SDS- Lösung bildet mit der DNA einen instabilen Komplex. Es darf nicht geschüttelt 17 Hineingeben der Zentrifugenbecher in die Zentrifuge; Foto vom Praktikum in Hamburg 18

werden, da sonst die DNA-Stränge leicht zerbrechen. Die Zeit muss genau eingehalten werden, da der instabile SDS-DNA-Komplex bei längerer Inkubation zerfällt. 3. Die hochviskose Lösung mit 15 ml NaCl-Lösung versetzen und 10 Minuten leicht mit dem Glasstab rühren. 4. Im 250 ml Becherglas die DNA Lösung vorsichtig am Glasstab mit dem Ethanol überschichten. Den Alkohol langsam über einem Glasstab an der Glaswand entlang in das Becherglas gießen, so dass sich die Phasen nicht vermischen. An der Phasen-Grenzfläche fällt die DNA in seidigen Fäden aus. (siehe Abb. 18 ) 5. Einen Glasstab durch die Ethanol-Schicht bis auf den Boden des Becherglases führen und die DNA durch die Ethanol-Schicht hochziehen. Die DNA durch Drehen des Glasstabes aufwickeln, bis die Schichten ganz vermischt sind.(siehe Abb. 19 ) 6. Die DNA vom Glasstab abstreifen und mit Ethanol in einem Rollrandgläschen aufbewahren. 18 Ausfallen der DNA; Foto vom Praktikum in Hamburg 19 Aufwickeln der DNA; Foto vom Praktikum in Hamburg 19

3.1.3 Isolieren von DNA aus der Mundschleimhaut: In diesem Fall wird ein physikalisches-chemisches Verfahren verwendet um DNA zu isolieren. Am Ende des Isolierungsverfahren kann man jedoch kaum die DNA sehen, da sie nur in sehr geringer Menge vorhanden ist. Dafür liegt sie vollständig gereinigt vor. Benötigtes Material: Benötigte Geräte: 50 µl NaOH (Natriumhydroxid) rotes Reaktionsgefäß (Eppi genannt) 2,5 µl TRIS-Puffer (ph 7,5) Pipetten und Spitzen 250 µl PB-Lösung (Bindelösung) Eppi mit Chromatographiesäule 700 µl PE-Lösung (Ethanolische Zentrifuge Lösung) 50 µl EB (Elutionbuffer) Eis 250 ml Becherglas Vorgangsweise: 1. NaOH in das rote Eppi geben. 2. Mundschleimhaut mit einer Pipettenspitze abschaben. (siehe Abb. 20 ) 3. Diese Mundschleimhaut zur NaOH in das Eppi geben und für 10 Minuten bei 95 C inkubieren (siehe Abb. 21 ), dadurch wird das Gewebe zerstört und die DNA durch Chemikalien und Wärme aufgespalten. 20 Abschaben der Mundschleimhaut; Foto vom Praktikum in Hamburg 21 Zerstörung der Gewebe; Foto vom Praktikum in Hamburg 20

4. Um die Aufspaltung der DNA zu unterbrechen, für 3 Minuten in ein Eisbad geben. Gleich danach den TRIS-Puffer dazugeben, wodurch man DNA-Stücke bestimmter Größe erhält. 5. Da noch Proteine an der DNA haften, die PB-Lösung zum DNA-Extrakt geben, die diese denaturiert. 6. Jetzt muss die DNA noch gereinigt werden, was mit Hilfe einer Adsorptionschromatographie geschehen kann. Dazu das DNA-Extrakt auf die Chromatographiesäule geben. Die DNA befindet sich dann auf der Silicagelscheibe. 7. Alles bei 13 000 Umdrehungen für 1 Minute zentrifugieren (siehe Abb. 22 ). Der Durchlauf wird verworfen. 8. Die PE-Lösung hinzugeben, wodurch die DNA gewaschen und auf der Silicagelscheibe fixiert wird. 9. Wieder alles bei 13 000 Umdrehungen für 1 Minute zentrifugieren und den Durchlauf verwerfen. 10. Gleich danach die Zentrifugation wiederholen. 11. Die Säule in ein sauberes Reaktionsgefäß ohne Deckel stecken und den Elutionbuffer in die Mitte tropfen, wodurch die DNA von der Chromatographiesäule getrennt wird. 12. Nochmals bei 13 000 Umdrehungen für 1 Minute zentrifugieren, dadurch wird das Eluat in dem Reaktionsgefäß gesammelt 13. Die eluierte DNA wird auf Eis aufbewahrt Diese DNA kann man zum Beispiel für eine Restriktionsanalyse oder für eine PCR (Polymerase-chain-reaktion) verwenden. 22 Zentrifugieren der DNA; Foto vom Praktikum in Hamburg 21

3.2 Gelelektrophorese: Nachdem ein großes DNA-Molekül zum Beispiel mit einer Restriktionsendonuklease in kleinere Fragmente gespaltet worden ist, müssen diese voneinander getrennt werden. Dies wird normalerweise mit Hilfe einer Gelelektrophorese durchgeführt, die die DNA- Fragmente nach ihrer Länge auftrennt. Das Gemisch der DNA-Fragmente wird mit einem Farbstoff versehen und an einem Ende eines Agarose- oder Polyacrylamid-Gels aufgetragen, das ein mikroskopisch kleines Netzwerk aus Poren enthält. Der Farbstoff dient dabei nicht dazu, die DNA anzufärben, sondern mit diesem kontrolliert man, wann man mit der Elektrophorese aufhören soll, weil der Farbstoff immer kleiner und deshalb schneller ist als die DNA. Nachdem alle Proben aufgetragen worden sind, wird an das Gel eine Spannung angelegt. Weil die DNA wegen der Phosphatgruppen negativ geladen ist, wandern die Fragmente zur positiven Elektrode; die größeren Fragmente wandern langsamer, da sie von der Agarosematrix stärker behindert werden als die kleineren. Nach einiger Zeit sind die DNA-Fragmente auf dem ganzen Gel verteilt, wobei sie eine Leiter aus diskreten Banden bilden, die sich jeweils aus mehreren DNA-Molekülen von identischer Länge zusammensetzen. Ein bestimmtes DNA- Fragment kann auf diese Weise auch leicht isoliert werden: Ein schmaler Gelstreifen, der die gewünschte Bande enthält, wo dieses Fragment ist, wird mit einem Skalpell oder einer Rasierklinge ausgeschnitten. DNA-Banden auf Agarose- oder Polyacrylamid-Gelen sind unsichtbar, wenn sie nicht auf irgendeine Weise markiert oder angefärbt werden. Dabei kann man zum Beispiel einen Farbstoff an die DNA binden, der unter UV-Licht fluoresziert oder man baut vor der Elektrophorese ein Radioisotop in die DNA-Moleküle ein. Erzeugung eines Agarose-Gels: Benötigtes Material: Benötigte Geräte: 1 g Agarose Flasche (mind. 500 ml) 8 ml TAE-Puffer Erlenmeyerkolben 392 ml reines Wasser (destiliertes H 2 O) Topflappen Gelelektrophorese-Kammer (enthält 1 Gelbett, 2 Metallkeile) Gel-Elektrophorese-Kamm (es gibt 2 22

Varianten: mit 8 bzw. 15 Zähnen) Handschuhe Mikrowelle, Heizplatte oder Bunsenbrenner 1. Zuerst den 50fach konzentrierten TAE-Puffer verdünnen. Dazu auf 1 Teil Puffer 49 Teile reines Wasser geben. 2. Die Agarose in den Erlenmeyerkolben geben und 100 ml Laufpuffer dazugießen. (1%iges Gel) 3. Die Agarose und den Puffer mit der Mikrowelle, einer Heizplatte oder mit dem Bunsenbrenner erhitzen (siehe Abb. 23 ). Sobald kein Agarosepulver und keine kleinen Bläschen mehr sichtbar sind, ist die Agarose vollständig gelöst. 4. Das flüssige Gel etwas abkühlen lassen. Dies kann man beschleunigen, indem man außen den Kolben mit kaltem Wasser abspült. (siehe Abb. 24 ) 5. Bevor das Gel ganz abgekühlt ist, 50 ml davon in die Gelkammer gießen und ca. 10 20 Minuten erstarren lassen. Die Kammzähne sollen zu ca. 2/3 in die Gelflüssigkeit eintauchen. (siehe Abb. 25 ) 23 Erhitzung der Agarose und des Puffers; Foto vom Praktikum in Hamburg 24 Abspülen des Kolben mit kaltem Wasser; Foto vom Praktikum in Hamburg 23

6. Nach dem Erstarren den Kamm aus dem Gel ziehen und dann ca. 300 ml Laufpuffer in die Elektrophoresekammer gießen. Das Gel sollte dabei gerade bedeckt sein. 7. Dieses Gel kann man dann für die Elektrophorese verwenden. (siehe Abb. 26 ) 3.3 Restriktionsanalyse: 3.3.1 Theorie: DNA-Stränge können mit Hilfe von Enzymen hydrolysiert (gespalten) werden. Diese Enzyme werden als Nukleasen bezeichnet und können entweder ein DNA-Molekül vom Ende her abbauen (Exonukleasen) oder es zwischen zwei Nucleotiden innerhalb der Sequenz zerteilen (Endonukleasen). Eine sehr wichtige Gruppe von Endonukleasen sind die Restriktionsendonukleasen. Beim Einsatz dieser Enzyme werden bei der Hydrolyse der DNA charakteristische Enden erzeugt, die durch die Spezifität der verwendeten Restriktionsendonuklease bestimmt werden. Es können auch durch Restriktionsendonukleasen bestimmte DNA- Fragmente reproduzierbar isoliert werden. Es gibt drei Typen von Restriktionsendonukleasen. Gemeinsam ist, dass sie ausnahmslos doppelsträngige DNA erkennen. Die Typ-1-Restriktionsendonukleasen benötigen als Co-Substrate ATP (Adenosintriphosphat), S-Adenosylmethionin (SAM) und Magnesium-Ionen. Die Hydrolyse der DNA geschieht nicht an der Erkennungsstelle des Enzyms aus der DNA, sondern in einer Entfernung von einigen hundert Basenpaaren. Aus diesem Grund werden für Klonierungsstrategien Typ-1- Restriktionsendonukleasen nicht verwendet. Eine Erkennungssequenz ist in der Regel 25 Einfüllen des Geles; Foto vom Praktikum in Hamburg 26 Fertiges Gel; Foto vom Praktikum in Hamburg 24

eine palindromartige Sequenz. Palindrome sind Wörter oder Sätze, die von vorne und hinten gelesen den gleichen Sinn ergeben, wie zum Beispiel Otto oder Anna. Typ-2-Restriktionsendonukleasen hydrolysieren die DNA innerhalb der Erkennungssequenz und benötigen meist als Co-Faktor nur Magnesium. Wenn diese Enzyme doppelsträngige DNA hydrolysieren, können drei unterschiedliche Arten von Enden erzeugt werden: - Spalten die Enzyme die Erkennungssequenz symmetrisch, enstehen DNA-Fragmente mit glatten Enden, d.h. die Enden sind gleich lang. - Spalten die Enzyme die Erkennungssequenz asymmetrisch, entstehen entweder DNA-Fragmente, bei denen das 5 -Ende über das 3 -Ende hinausragt, oder DNA-Fragmente, bei denen das 3 -Ende über das 5 -Ende hinausragt. Typ-2-Restriktionsendonukleasen 27 Die Typ-3-Restriktionsendonukleasen hydrolysieren die DNA in spezifischem Abstand, normalerweise bis zu 25 Basenpaare von der Erkennungsstelle entfernt. Aus diesem 27 Abb. 2.2.3 aus Gentechnik Biotechnik, Buch S. 27 25

Grund sind die überlappenden Sequenzen, die von Typ-3-Restriktionsendonukleasen erzeugt werden, nicht miteinander kompatibel. In der Molekularbiologie werden meistens Enzyme verwendet, die zu den Typ-2- Restriktionsendonukleasen gehören. Manchmal werden aber auch Typ-3- Restriktionsendonukleasen eingesetzt. Damit Restriktionsendonukleasen ihre volle Spezifität entfalten können, müssen die Reaktionsbedingungen zum Teil relativ genau eingestellt werden, wobei die Salzkonzentration oft der wichtigste Parameter ist. Oft erkennen sie dann nicht mehr ihre genaue Erkennungssequenz, sondern hydrolysieren auch Stellen, die nur noch Teile der Erkennungssequenz repräsentieren. Je komplexer die Erkennungssequenz ist, um so seltener schneidet die entsprechende Restriktionsendonuklease eine DNA. Statistisch gesehen wird eine DNA von einem Enzym, das vier Nucleotide erkennt, jeweils nach 256 Nucleotiden (4 4 ) hydrolysiert. Ein Enzym, das sechs Nucleotide erkennt, spaltet die DNA nach jeweils 4098 Basenpaaren (4 6 ). Die vielen unterschiedlichen Restriktionsendonukleasen können verschieden eingesetzt werden: - Die DNA kann mit einem einzelnen Enzym komplett geschnitten werden. Dabei erhält man DNA-Fragmente, die an beiden Seiten identische Enden besitzen. - Wird eine Kombination von zwei (oder mehreren) Enzymen verwendet und die DNA komplett hydrolysiert, so ergeben sich DNA-Fragmente, deren Enden unterschiedlich sein können. - Die DNA kann aber auch partiell geschnitten werden. Dazu verwendet man eine einzelne Restriktionsendonuklease, die relativ häufig schneidet. Für eine partielle Hydrolyse wird entweder eine sehr geringe Enzymkonzentration eingesetzt oder die DNA inkubiert nur für eine kurze Zeit mit dem Enzym. Das Ergebnis einer partiellen Hydrolyse sind relativ große DNA-Fragmente. Grundsätzlich noch wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass man durch eine partielle Hydrolyse Fragmente erzeugt, die sich teilweise in ihren Sequenzen überlappen. Dies ist besonders bedeutsam, wenn man eine genomische Genbank herstellen will. 26

3.3.2 Anwendungen 3.3.2.1 Modifizieren von DNA: Wenn man mittels Restriktionsenzymen einen DNA-Strang geschnitten hat, kann man diesen auch wieder mittels Ligasen miteinander verbinden. Auch diese Enzyme reagieren nur, wie die Restriktionsendonukleasen, nach einer bestimmten Basenabfolgen. Durch diese Ligasen können deshalb neue DNA-Stränge erzeugt oder bestimmte Teile ausgewechselt werden. 3.3.2.2 Vaterschaftstest: Um Verwandschaftsbeziehungen festzustellen, wird die Satelliten-DNA vom Kind sowie von dessen Eltern durch Restriktionsenzyme abgespalten. Satelliten-DNA ist entweder eine leichtere (AT-reiche) oder schwerere (GC-reiche) DNA im Vergleich zur Haupt-DNA. Nach der Gelelektrophorese kann man feststellen, welche Banden übereinstimmen. Dabei darf nur eine einzige Bande abweichend sein, sonst kann nur jemand anderer der Vater sein. Bei einem leiblichen Kind kann es nämlich nur eine Neumutation geben. 3.3.2.3 Gerichtsmedizin: In der Gerichtsmedizin werden häufig Restriktionsenzyme zur Herstellung eines genetischen Fingerprints mittels Restriktionsfragmentlängen-polymorphismus (RFLP) verwendet. Durch diese Methode kann man einem Täter ein Verbrechen, das er begangen hat, leichter nachweisen. Dabei wird mit Hilfe eines Restriktionsenzyms ein genetischer Fingerabdruck mehrerer DNA-Proben der Verdächtigen hergestellt. Durch die Spaltung zerfällt diese in mehrere DNA-Fragmente. Da in jeder Probe die Schnittstellen an unterschiedlichen Stellen liegen, entstehen auch verschieden lange DNA-Stücke. Anhand der DNA- Fragmentmuster (Banden) auf dem Gel können dann die Fingerprints der Verdächtigen mit der Probe der am Tatort gefundenen DNA des Täters verglichen und zugeordnet werden. Der Verdächtige, dessen Probe mit der gefundenen DNA-Probe genau übereinstimmt, ist der Täter. 27

3.3.3 Praktisches Beispiel: Wie bereits im vorigen Kapitel Gerichtsmedizin beschrieben, wird hier praktisch ein Fingerprint von Verdächtigen gemacht und dann mit der gefundenen DNA verglichen. Benötigtes Material: Benötigte Geräte: je 5 µl DNA-Proben Pipetten und Spitzen je 6 µl H 2 O Wasserbad je 3 µl Reaktionspuffer Reaktionsgefäße je 1 µl Restriktionsenzym Gel-Elektrophoreseapparatur je 3 µl Farbstoff Gel-Dokumentationssystem 1 Agarose-Gel Vorgangsweise: 1. Zu den DNA-Proben das Wasser, den Reaktionspuffer und die Restriktionsenzyme dazugeben. 2. Die Reaktionsgefäße bei 37 C im Wasserbad für ca. 45 Minuten inkubieren. (siehe Abb. 28 ) 3. Nach dem Ende der Inkubationszeit wird zu den Proben der Farbstoff gegeben. 4. In die Taschen des Gels die Proben hineingeben. Zum Vergleich wird die gespaltene Probe des Täters mit aufgetragen. 5. Die Elektrophorese starten. 28 Inkubation der Reaktionsgefäße; Foto vom Praktikum in Hamburg 28

6. Nach Beendigung der Elektrophorese das Gel anfärben (in diesem Fall mit EtBr, siehe Abb. 29 ) und die Bandenmuster vergleichen. Ergebnis: Bei meiner Gruppe ist bei diesem Praktikum kein Ergebnis zu sehen gewesen, weil beim Auftragen der Proben auf das Gel unvorsichtig pipetiert worden ist. Ein mögliches Ergebnis: Diese Probe eines Verdächtigten stimmt mit allen Banden genau mit der gefundenen Probe überein. Folglich ist er der Täter. 3.4 PCR: PCR ist eine der wichtigsten Methoden in der modernen Molekularbiologie. Sie wurde Mitte der 80er Jahre vom Amerikaner Kary Mullis konzipiert und zur Anwendung gebracht. Er bekam 1993 dafür den Nobelpreis. Durch Mullis Erfindung konnte zum ersten Mal DNA im Reagenzglas vervielfältigt werden, was die gesamte Gentechnik revolutionierte. Die Vervielfältigung der DNA geschieht auf der Basis eines einfachen Prinzips: der DNA-Synthese. Deshalb braucht man auch alle Komponenten, die für eine DNA- Synthese nötig sind: - eine DNA-Matrize - eine DNA-Polymerase, die die DNA-Synthese katalysiert 29 Färben des Geles; Foto vom Praktikum in Hamburg 29

- eine Initiationsstelle für die DNA-Polymerase - die vier Desoxynucleotid-Triphosphate: datp, dctp, dgtp und dttp als Substrate für die DNA-Polymerase. 3.4.1 Theorie 3.4.1.1 Das Prinzip der PCR: Man kann bei der In-vitro-DNA-Synthese nur Bereiche zwischen bekannten oder aus der Übersetzung einer Proteinsequenz abgeleiteten Nucleotidsequenzen amplifizieren. Für diese bekannten Nucleotidsequenzen werden Primer synthetisiert, die sich optimal an die DNA-Matrize anlagern können. Bei denen beginnt die neue Synthese. Die Sequenz des amplifizierten DNA-Bereichs muss dabei nicht bekannt sein. Für die Amplifikation benötigt man zwei PCR-Primer, wobei der erste sich an den oberen Strang der Ziel-DNA und der zweite in einigem Abstand an den unteren Strang bindet. Durch diese Anordnung der Primer hat man zwei Startpunkte für die DNA- Polymerasereaktion definiert. Die Richtung der DNA-Polymerasen ist aber entgegengesetzt und sie überlappen sich am Ende. Außer der DNA-Matrize und den beiden Primern benötigt man noch ein Gemisch der vier Desoxynucleotid-Triphosphate, Magnesium und eine thermostabile DNA- Polymerase. Da die DNA-Polymerase hohe Temperaturen ohne Inaktivierung überstehen muss, verwendet man Polymerasen aus thermophilen Bakterien, z.b. aus Thermus aquaticus (Taq-Polymerase), Pyrococcus furiosus (Pfu-Polymerase) oder Thermotoga maritima (Tma-Polymerase). Die Mutationshäufigkeit pro Verdopplung durch die Taq-Polymerase liegt bei 8x10-6. Die anderen Polymerasen sind genauer. Nach dem Zusammenmischen der Komponenten wird der Ansatz in einen so genannten Thermocycler gestellt. Mit der Hilfe dieses Thermocyclers wird ein komplexes Inkubationsprogramm kontrolliert und wiederholt durchlaufen. Dabei wechselt die Temperatur andauernd (siehe Abb.). 30

Inkubationszeit Inkubations- Ergebnis temperatur 1 x 5 min. 95 C Denaturierung der DNA-Matrize 30 sec. ca. 50 C Anlagerung der Primer ca. 3 min. 72 C Verlängerung der Primer 1 min. 95 C Denaturierung der DNA-Matrize Ein Inkubationsprogramm für eine PCR-Reaktion 30 ca. 30 x Auszug aus Gentechnik Biotechnik, Buch S.42: - Zunächst wird die Temperatur für ca. fünf Minuten auf 95 C eingestellt. Unter den vorgegebenen Pufferbedingungen werden während dieser Zeit alle doppelsträngigen DNA-Bereiche zu Einzelsträngen denaturiert, so dass zum Ende dieser Inkubationsperiode nur noch einzelsträngige DNA-Fragmente vorliegen. - Danach wird die Temperatur auf einen Bereich gesenkt, in dem die Oligonucleotid- Primer mit den komplementären Bereichen auf der Ziel-DNA doppelsträngige Hybride ausbilden können. Die beiden Oligonucleotid-Primer liegen im großen Überschuss zur DNA-Matrize vor. Deshalb bilden sich bevorzugt Doppelstrangbereiche zwischen den Primern und dem jeweiligen DNA- Einzelstrang der Ziel-DNA. Renaturierung der beiden denaturierten Einzelstränge der Ziel-DNA ist hingegen unter diesen Bedingungen nicht favorisiert. Dieser Renaturierungsprozess ist in der Regel bereits nach 30 Sekunden abgeschlossen. - Im nächsten Schritt wird die Inkubationstemperatur auf ca. 72 C angehoben. Bei dieser Temperatur arbeiten die thermostabilen DNA-Poyimerasen optimal. Je nach Länge des zu amplifizierenden DNA-Bereiches wird die Temperatur ein bis drei Minuten auf 72 C gehalten. Danach ist der erste Amplifikationszyklus abgeschlossen. - Zur Einleitung des zweiten Amplifikationszyklus wird erneut die Temperatur auf 95 C gehoben, allerdings jetzt nur für eine Minute. Es werden dadurch wiederum sämtliche Doppelstrangbereiche denaturiert. - Es folgen Renaturierungs- und Polymerisationsphasen wie im ersten Zyklus. (siehe Abb.) 30 Abb. 2.3.3 aus Gentechnik Biotechnik, Buch S.41 31

Prinzip der Polymerase-Kettenreaktion 31 31 Abb. 12-1: aus Gentechnik, Buch S.294 32

Die Produkte des ersten Amplifikationszyklusses haben keine genau definierte Länge, weshalb sie lange Produkte genannt werden. Ab der zweiten Amplifikationsrunde fungieren neben der Originalmatrize auch die langen Produkte als Vorlage. Aus diesem Grund werden jetzt auch zusätzlich zu den zwei weiteren langen Produkten auch DNA-Fragmente mit einer definierten Länge gebildet. Diese Fragmente sind am einen Ende durch den Primer und an der anderen Seite durch das Ende der Matrize begrenzt. Somit gibt es jetzt zwei komplementäre Stränge der Originalmatrize, vier teilweise komplementäre Stränge, die langen Produkte und zwei exakt komplementäre Amplimere (=Bereiche, die durch die beiden PCR-Primer begrenzt werden). Ausgehend von x Molekülen DNA, die man zur Amplifikation verwendet hat, ist die Zahl der Ausgangsmatrizen nach n Zyklen konstant geblieben, während die Zahl der langen Produkte auf x*n gestiegen ist. Die Zahl der Amplimere beträgt x*2 n -x-nx. 3.3.1.2 Limitation und Effizienz: Die Effizienz der PCR kann durch verschiedene Parameter beeinflusst werden. Einer der Faktoren, der sie verschlechtert, ist die Länge der DNA, die durch die Oligonucleotide eingeschlossen wird. Im Allgemeinen nimmt die Effizienz mit steigender Länge des zu amplifizierenden DNA-Bereiches kontinuierlich ab. Die Effizienz kann aber wieder durch die Inkubationsdauer während eines Polymerationsschrittes ausgeglichen werden. Durch genauere Einstellung der Magnesiumkonzentration, die man im Einzelfall experimentell ermitteln muss, kann die Reaktion für verschiedene DNA-Längen optimiert werden. Bei der PCR ist weiters zu beachten, dass man keine Primer-Paare verwendet, die teilweise oder ganz komplementär sind. Diese Primer können, statt sich an die DNA- Matrizen anzulagern, sehr leicht Primer-Dimere (Primer verbinden sich) bilden. Dadurch ist es sehr unwahrscheinlich, dass man die gewünschten DNA-Amplimere bekommt. Auch nicht jede DNA kann durch PCR vervielfältigt werden. Zum Beispiel wird die DNA-Amplifikation erheblich gestört, wenn die beiden DNA-Einzelstränge nach der Denaturierung intramolekulare Sekundärstrukturen ausbilden. Besonders häufig geschieht dies, wenn die DNA-Einzelstränge hohe Guanin/Cytosin- Anteile aufweisen, die sich zu stabilen Hypriden anlagern können. Dies kann unter 33

Umständen dadurch umgangen werden, dass man einen kleinen Anteil an 7-Aza-dGTP dem Ansatz beimischt. Durch diese Nucleotid-Analoge wird teilweise die Ausbildung von Sekundärstrukturen verhindert, wobei die Matrizenfunktion nicht stark gestört wird. Diese Funktion kann aber auch Glycerin oder Dimethylsylfoxid (DMSO) übernehmen. Durch diese Zusätze kann aber unter Umständen die Enzymaktivität abnehmen. Diesem kann aber beispielsweise durch Rinderserumalbumin (BSA) entgegengewirkt werden. Dieses BSA schützt die DNA-Polymerase in ihrer Aktivität und vermag Inhibitoren (Hemmer) zu binden. Normalerweise kann die theoretische Ausbeute an PCR-Produkten nicht erreicht werden. Nach ungefähr 20 Zyklen nimmt die Effizienz der PCR kontinuierlich ab. Dafür gibt es drei Gründe: 1. Die Nucleotide und die Primer werden langsam, aber stetig verbraucht. 2. Wegen der starken Temperaturschwankungen wird das Enzym in seiner Aktivität gestört. 3. Es lagern sich immer häufiger komplementäre Einzelstränge zu Doppelsträngen aneinander und dadurch wird verhindert, dass sich Primer anlagern. DNA-Synthesen, die durch die Taq-Polymerase katalysiert werden, sind ungewöhnlich fehlerhaft, da sie die proofreading-aktivität nicht besitzen. Dies kann, muss aber nicht immer Probleme bereiten. Besonders deutlich wird dieses Problem, wenn Fehler bereits während der ersten PCR- Zyklen auftreten und wenn sehr wenig Matrizenmaterial eingesetzt wird. Denn dann dienen die fehlerhaften Kopien als Hauptmatrize für weitere PCR-Zyklen. Diese Schwierigkeiten lassen sich allerdings heute teilweise umgehen, da beispielsweise mit der Vent -Polymerase aus Thermococcus litoralis eine thermostabile DNA- Polymerase verfügbar ist, die auch die proofreading-aktivität besitzt. Eine der großen Stärken der PCR nämlich ihre Sensibilität kann auch zu einem großen Problem werden. Dies muss besonders beachtet werden, wenn die PCR in der medizinischen Diagnostik verwendet wird. Kontaminationen der Analysenproben mit fremdem biologischem Material müssen unbedingt vermieden werden. Sonst besteht die Gefahr, dass ein falsch-positives Ergebnis herauskommt. Dies ist gerade für solche Krankheiten eine unakzeptable Komplikation, bei denen heute bevorzugt die PCR- Analytik als Diagnostikmethode eingesetzt wird: Krebs und AIDS. Um etwaige Kontaminationen zu vermeiden, muss man in einer extrem sauberen Umgebung arbeiten. Die unterschiedlichen Arbeitsvorgänge wie die Aufbereitung der 34

Probe, die Amplifikation der DNA und die Analyse des Amplimers werden räumlich getrennt voneinander vorgenommen. Wenn die PCR-Methode an ihrem Limit betrieben wird, zum Beispiel mit sehr wenig DNA-Matrize, sind weitere Schritte nötig, um die ungewollte Amplifikation möglicher Kontaminationen zu verhindern. Eine Maßnahme kann eine photochemische oder eine enzymatische Sterilisation sein: - Bei der photochemischen Sterilisation werden alle Reaktionsansätze vor Zugabe der Analysenprobe und nach Beendigung der Reaktion vor dem Öffnen der Gefäße mit kurzwelligem UV-Licht bestrahlt. Wenn sich eine Kontamination bereits vor Zugabe der Probe im Ansatz befindet oder ein Teil der abgelaufenen Reaktion den Arbeitsplatz kontaminiert hat, so ist diese Kontamination als Konsequenz der Bestrahlung nicht mehr amplifizierbar. Wegen der UV- Bestrahlung wird in den möglichen DNA-Kontaminationen die Ausbildung von Pyrimidin-Dimeren induziert. Weil durch Pyrimidin-Dimere vernetzte DNA- Stränge nicht mehr denaturiert werden können, lassen sich die Kontaminationen auch nicht mehr amplifizieren. - Bei der enzymatischen Sterilisation wird vor jeder Amplifikation der Reaktionsansatz mit dem Enzym Uracil-N-Glycosylase behandelt. Bei diesem Vorgang wird Desoxyuridin-Triphosphat anstelle von Desoxythymidin- Triphosphat eingesetzt. Das Enzym degradiert die DNA, die Uridin enthält und daher aus früheren Reaktionen stammen muss. Natürliche DNA oder RNA lässt das Enzym hingegen unberührt. Im Laufe der ersten Denaturierungsperiode wird die Uracil-N-Glycosylase durch Hitze inaktiv und es kann das sich im Laufe des Amplifikationsverfahrens bildende Uridin-haltige Amplimer nicht zerstört werden. Diese Sterilisationsmethoden sind in ihrer Effizienz nicht hundertprozentig und ersetzen deshalb auch nicht die Einhaltung guter Laboratoriumspraktiken und adäquater Kontrollen. 35

3.4.1.3 Spezielle PCR-Techniken 3.4.1.3.1 Nested PCR: Es kommt häufig vor, dass die Sequenz eines DNA-Abschnittes, der vervielfältigt werden soll, nicht bekannt ist. In einem solchen Fall wird die Sequenz der PCR-Primer von verwandten Genen abgeleitet. Doch oft sind diese nur in einigen Bereichen identisch. Aus diesem Grund muss damit gerechnet werden, dass sich einer oder sogar beide Primer nicht nur ausschließlich an die gewünschten Stellen auf der Matrix-DNA anlagern. In diesen Fällen entstehen oft erhebliche Mengen an Nebenprodukten. Dieses Problem kann man beseitigen, indem man nach der ersten PCR eine zweiten PCR mit den Produkten der ersten PCR als DNA-Matrize durchführt (=> nested PCR ). Beim zweiten Schritt werden aber andere Primer verwendet, die jeweils 3 von der Position der zuerst angewendeten Primer hybridisieren. Die unspezifischen Nebenprodukte der ersten PCR werden in der Regel dann nicht mehr amplifiziert. 3.4.1.3.2 Touch down PCR: Im Gegensatz zur nested PCR werden die Amplifikationszyklen bei einer möglichst hohen Anlagerungstemperatur begonnen. Unter diesen Bedingungen ist es nur perfekten Primer-DNA-Hybriden möglich, zu initiieren. Wegen der hohen Temperatur ist es sehr unwahrscheinlich, dass Fehlbildungen stattfinden. Diese Anlagerungstemperatur wird bei jedem darauf folgenden Zyklus immer weiter gesenkt. Denn bei der ersten Amplifikationsrunde haben sich so viele zusätzliche Matrizen gebildet, dass eine eventuelle Fehlpaarung der Primer an falschen DNA-Stellen kaum noch ins Gewicht fällt. 3.4.1.3.3 Inverse PCR: Diese Methode ermöglicht die Analyse unbekannter genomischer Sequenzen, die direkt an schon bekannte Abschnitte grenzen. Dazu wird die gesamte chromosomale DNA mit einem Restriktionsenzym geschnitten und die entstandenen DNA-Fragmente werden durch Selbstligation (Verschmelzung) ringförmig geschlossen. In einer daran anschließenden PCR werden diese ringförmigen DNA-Moleküle als Matrize verwendet, um die im Ligationsprodukt zwischen den bekannten DNA-Sequenzen liegenden unbekannten Abschnitte selektiv zu amplifizieren. (siehe Abb.) 36

Inverse PCR 32 3.4.1.3.4 Reverse-Transkriptase-PCR (RT-PCR): Mit Hilfe der RT-PCR können RNA-Sequenzen spezifisch amplifiziert werden. Dazu wird die RNA in DNA umgeschrieben und dann wird diese DNA amplifiziert. Besondere Bedeutung kommt dieser Methode zu, wenn seltene Transkripte nachgewiesen und analysiert werden sollen. Im Vergleich zu RNA-Nachweisverfahren ist die Sensitivität der RT-PCR erheblich größer. 32 Abb. 12-4 aus Gentechnik, Buch S. 303 37

3.4.2 Anwendungen 3.4.2.1 Paläontologische Genetik: Fossile DNA ausgestorbener Spezies war bislang für genetische Untersuchungen kaum zugänglich, da die Mengen an erhaltener DNA sehr gering sind. Nur mit Hilfe der PCR- Technik konnte fossile DNA amplifiziert und genauer untersucht werden. Die aus solchen Untersuchungen gewonnenen Daten führten zu einer teilweisen Neuordung von systematischen Verwandschaftsverhältnissen und ermöglichten darüber hinaus die phylogenetische Einordnung von unbekannten Spezies. In Zukunft wird es auf diesem Weg möglich sein, noch weitere offene Fragen zu lösen, die sich mit der Einordnung fossiler Lebewesen beschäftigen, und einen genaueren Einblick in den zeitlichen Verlauf evolutionärer Prozesse zu nehmen. 3.4.2.2 Gerichtsmedizin: In der Gerichtsmedizin wird die PCR-Technik für Fingerprints (siehe 3.3.2.3 Gerichtmedizin, S. 27) besonders dann verwendet, wenn man am Tatort zu wenig DNA vom Täter gefunden hat, um sie mittels Restriktionsendonukleasen zu spalten. Die DNA-Proben der Verdächtigen werden mit dem gleichen Primer amplifiziert und danach werden die Banden der Täter-DNA und den anderen DNA-Proben mittels einer Gel-Elektophorese verglichen. 3.4.2.3 Medizinische Diagnostik: Von herausragender Bedeutung ist die medizinische Anwendung der PCR-Technik. Mit zunehmendem Wissen über spezifische humane Gene und deren Mutationen, die oft die molekulare Ursache einer genetisch bedingter Krankheiten sind, ist die Analyse von großer Bedeutung. Auch in der genetischen Beratung und in der Pränataldiagnostik können Erbkrankheiten einfach und sicher identifiziert werden und man kann erforderliche Maßnahmen sehr frühzeitig einleiten. Neben der Charakterisierung von Erbkrankheiten sind mit Hilfe der PCR auch verschiedene Krebserkrankungen auf der Ebene von Genmutationen untersucht worden. Eine andere medizinische Anwendung der PCR ist der Nachweis von viralen oder bakteriellen Infektionen. Durch PCR-Analysen kann der Nachweis einer Infektion schon vor dem Krankheitsausbruch stattfinden. Bedeutende Anwendungsbeispiele hierfür sind die klinischen PCR-Diagnosen von Aids- oder Tuberkulose-Infektionen. 38