Faktencheck Frauen in Führungspositionen. Bestandsaufnahme und Auswirkungen einer gesetzlichen Frauenquote



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Faktencheck Frauen in Führungspositionen Bestandsaufnahme und Auswirkungen einer gesetzlichen Frauenquote

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. 1 Vorwort Im Koalitionsvertrag vom 27. November 2013 haben Union und SPD unter der Überschrift Frauenquote/ Gleichstellung im Erwerbsleben angekündigt, in Vorständen und Aufsichtsräten von Unternehmen der Privatwirtschaft gesetzliche Geschlechterquoten und verbindliche Zielvorgaben einzuführen. Danach sollen ab dem Jahr 2016 neu zu besetzende Aufsichtsräte in paritätisch mitbestimmten und zugleich börsennotierten Unternehmen eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent aufweisen. Weiter sollen börsennotierte und auch mitbestimmungspflichtige Unternehmen verpflichtet werden, ab dem Jahr 2015 verbindliche Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsrat, Vorstand und in den obersten Managementebenen festzulegen. Das Vorhaben wurde am 25. März 2014 durch Leitlinien der federführenden Bundesministerien für das Gesetzgebungsverfahren konkretisiert. Auf rechtliche sowie praktische Probleme bei der Umsetzung der mit den Leitlinien konkretisierten Pläne zur Ausgestaltung einer gesetzlichen Quote weist seither eine Vielzahl von Vertretern aus Wissenschaft und Praxis hin. Exemplarisch zu nennen sind etwa die tiefgreifenden Sanktionen zu Lasten einer effektiven Kontrolle der Geschäftsführung (u. a. Sanktion des leeren Stuhls ). Die deutsche Industrie hat sich stets gegen zwingende staatliche Vorgaben zur Besetzung unternehmensinterner Gremien ausgesprochen. Sie tut dies auch im Jahre 2014. Dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist, hat sich in der Geschichte immer wieder bestätigt. Mit dem vorliegenden Faktencheck wollen wir zur Versachlichung der Debatte beitragen. Wir zeigen darin auf, welche Fortschritte durch Vereinbarungen zwischen Bundesregierung und Wirtschaft erreicht wurden und wie die Unternehmen Diversity-Empfehlungen der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex im Wege der Selbstregulierung erfolgreich umsetzen. Anhand von Zahlen wollen wir verdeutlichen, dass es neben der vielbeschworenen gläsernen Decke vielmehr ganz autonome Entscheidungen von Frauen und Männern sei es zur Wahl ihres Ausbildungsfachs oder zu Maß und Dauer ihrer beruflichen Tätigkeit sind, die der Geschlechterpräsenz in den einzelnen Branchen zu Grunde liegen. Darüber hinaus wollen wir beleuchten, wie die Gremien im Einzelnen aussehen, die von einer Regulierung betroffen wären, wo sich deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich befinden und wie es bei genauerem Hinsehen um die Vorreiterrolle des öffentlichen Sektors bestellt ist. Die Fakten belegen es deutlich: Staatlicher Zwang ist unangemessen insbesondere auf einem Feld, auf dem die Privatwirtschaft für ein Ziel in Anspruch genommen wird, das in keiner Weise unternehmensbezogen ist, sondern ausschließlich ein gesellschaftspolitisches Anliegen der Politik abbildet. Holger Lösch Mitglied der Hauptgeschäftsführung Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.

2 Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Wirtschaftsnähe von Akademikerinnen Stehen den Unternehmen ausreichend wirtschaftsnahe Akademikerinnen für Führungspositionen zur Verfügung? Antwort: Nein. Frauenanteil an Absolventen* nach Fachbereichen 1995 bis 2010 80 % 70 % Geisteswissenschaften, Kunst und Erziehungswissenschaften Gesundheit und Soziales Ca. 51 % der Hochschulabsolventen sind weiblich. Daher wird vielfach behauptet, es bestehe ein grobes Missverhältnis zum Anteil von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft. Dabei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass nicht jeder Studiengang für eine Tätigkeit in der Wirtschaft vorbereitet. 60 % 50 % 40 % Gesamt Sozial-, Rechts-, Wirtschaftswissenschaften, Dienstleistungen Die geringere Präsenz von Frauen in der Wirtschaft korrespondiert mit den von ihnen gewählten oft wirtschaftsfernen Studienfächern wie etwa Kunst- oder Erziehungswissenschaften. 30 % 20 % Bio-, Natur-, und Agrarwissenschaften Mathematik und Informatik Selbst heute studieren nur 16 % der Frauen naturwissenschaftlich-technische Fächer. 10 % 0 % Ingenieurwesen, Fertigung und Bauwesen (Quelle: destatis) 1995 2000 2005 2010 * ohne Absolventen der Verwaltungsfachhochschulen Quelle: 5. Bilanz Chancengleichheit, Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, Juni 2013, S. 30, Abb. 16

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. 3 Frauenanteil in MINT-Fächern Steigt der Frauenanteil unter den Absolventen in den MINT-Fächern entsprechend der staatlichen Förderung? Antwort: Nein. Absolventen Mathematik und Naturwissenschaften 2012 40,5 % 2000 35,4 % 59,5 % 74,6 % Männer Frauen Der Anteil der Absolventinnen in der Fächergruppe Mathematik und Naturwissenschaften liegt erst seit 2008 bei ca. 40 %; der Frauenanteil in der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften liegt auch heute noch deutlich unter 25 % der Absolventen. 1990 30,7 % 69,3 % 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Frauen Seit Jahrzehnten weist der Fachbereich Geisteswissenschaften, Kunst und Erziehungswissenschaften den höchsten Frauenanteil an Absolventen auf z. B. im Jahr 2010 mehr als 70 %. Absolventen Ingenieurwissenschaften Männer Quelle: 5. Bilanz Chancengleichheit, S. 29 2012 22,5 % 77,5 % 2000 19,2 % 80,8 % 1990 11,5 % 88,5 % 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Diese Zahlen sind angesichts aufwendiger Fördermaßnahmen, wie der Strategie der Bundesregierung zur Durchsetzung von Chancengerechtigkeit für Frauen in Bildung und Forschung oder dem Girls Day, noch nicht zufriedenstellend. Quelle: Daten und Fakten zu technisch-naturwissenschaftlichen Studienbereichen 2012 der bundesweiten Initiative Komm, mach MINT (www.komm-mach-mint.de)

4 Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Wirtschaft Ist die Vereinbarung zur Chancengleichheit von 2001 gescheitert? Antwort: Nein. Erwerbstätigenquoten von Frauen nach Altersgruppen 2000 bis 2011 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % Die Vereinbarung von 2001 enthält mehrere Komponenten: Verbesserung der Qualifikation, Erhöhung der Erwerbstätigenquote, Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Führungspositionen, Einkommensperspektiven. In allen Bereichen sind Fortschritte zu verzeichnen, insbesondere bei Aus- und Weiterbildung, Beschäftigtenanteil und Vereinbarkeit. Diese Faktoren sind die Basis für die weitere Entwicklung, auch bei Führungspositionen und Einkommen. 30 % 20 % 10 % 0 % 2000 2001 2002 2003 2004 2005* 2006 2007 2008 2009 2010 2011 25 bis 49 Jahre 50 bis 54 Jahre 55 bis 59 Jahre 60 bis 64 Jahre Trotz des erfreulichen Anstiegs der Erwerbstätigkeit von Frauen ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass ca. 45 % aller erwerbstätigen Frauen teilzeitbeschäftigt sind (Anstieg seit dem Jahr 2000 von 38 %). Der EU Durchschnitt betrug 2011 ca. 32 %. Dies erschwert den Zugang zu Führungsfunktionen. * Zeitreihenbruch aufgrund Erhebungsumstellung in Deutschland Quelle: 5. Bilanz Chancengleichheit, S. 54 Quelle: 5. Bilanz Chancengleichheit, Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, Juni 2013, S. 45, Abb. 24

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. 5 Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Wirtschaft Ist die Vereinbarung zur Chancengleichheit im Hinblick auf das Ziel Teilhabe an Führungspositionen gescheitert? Antwort: Nein. Frauenanteil in Führungspositionen 2000 bis 2011 31 % 30 % Die Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft hat zu deutlichen Fortschritten auf allen betrieblichen Ebenen geführt. Auch im Bereich der Führungsfunktionen hält der Anstieg des Frauenanteils unvermindert an. 29 % 29,8 30 30,4 Seit 1992 ist der Anteil weiblicher Führungskräfte in der Privatwirtschaft um ein Drittel gestiegen. 28 % 27 % 26 % 26,8 27,1 28 27,6 28,1 28,5 28,9 29,3 Und: Mehr als zwei Drittel der Frauen in Führungspositionen im Jahr 2011 gehörten zur Altersgruppe 25 bis 49 Jahre, d. h. es stehen jetzt deutlich mehr Frauen für die Top Führungspositionen zur Verfügung als in der Vergangenheit. 25 % 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 * Quelle: 5. Bilanz Chancengleichheit, S. 87 * Neueinteilung der Berufsklassifikationen ISCO-08: Selbstständige, die Mitarbeiter beschäftigen, aber nicht hauptsächlich in Managementaufgaben eingebunden sind, werden ab 2011 nicht mehr zur Gruppe der Führungskräfte gezählt. Quelle: 5. Bilanz Chancengleichheit, Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, Juni 2013, S. 87, Abb. 54

6 Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Entwicklungen unterhalb der Vorstandsebene Ist die Entwicklung bei Frauen in Führungspositionen unterhalb der Vorstandsebene positiv? Antwort: Ja. Frauen im Top- und Mittelmanagement nach Unternehmensgröße Die positive Entwicklung bei Frauen in Führungspositionen bezieht sich auf sämtliche Managementebenen. 25 % 20 % 15 % 10 % 16,4 16 10 18,8 17,6 11 19,6 18,2 11,9 19,8 18,5 12,4 21,3 20,5 13,4 21,6 20,9 14,5 22 21,2 14,9 Der Frauenanteil im Top- und Mittelmanagement deutscher Unternehmen steigt auf der gesamten Bandbreite kleinerer, mittlerer und großer Unternehmen. Mit diesem nachhaltigen Ansatz können die Unternehmen sicherstellen, dass ihnen künftig eine Vielzahl hoch qualifizierter und erfahrener Frauen für das Top-Management zur Verfügung steht. 5 % 0 % 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 klein mittel groß Neben dem kontinuierlichen jährlichen Anstieg beeindruckt vor allem der mehrjährige Vergleich: Von 2006 bis 2012 ist der Frauenanteil im Top- und Mittelmanagement kleiner Unternehmen um ca. 34 % gestiegen. Bei den mittleren Unternehmen beträgt der Anstieg 32,5 % und bei den großen (allerdings von niedrigerem Niveau) sogar 49 %. Quelle: Hoppenstedt-Studie 2012 Frauen im Management

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. 7 Deutschland im europäischen Vergleich Hält Deutschland im europäischen Vergleich mit? Antwort: Ja. Frauenanteil in Führungspositionen* in der Wirtschaft 2010 (Auszug) Frankreich Italien 35 36 Deutschland befindet sich im europäischen Vergleich bei der Anzahl von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft im Jahr 2010 mit 33 % exakt im EU-Durchschnitt. Dies zeigt, dass sich der Weg über freiwillige Selbstverpflichtungen positiv auswirkt. Vereinigtes Königreich Europäische Union-27 33 34 Norwegen dagegen liegt trotz gesetzlicher 40 %-Quote für Aufsichtsräte klar dahinter. Deutschland 33 Schweden 27 Luxemburg 22 Norwegen 20 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % * Führungspositionen beinhalten Direktorinnen, Hauptgeschäftsführerinnen und Leiterinnen kleinerer Unternehmen Quelle: 5. Bilanz Chancengleichheit, Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, Juni 2013, S. 90, Abb. 56

8 Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Erfolgreiche Selbstregulierung Aufsichtsräte und Vorstände: Ist der Deutsche Corporate Governance Kodex gescheitert? Antwort: Nein. Frauenanteil DAX30-Aufsichtsräte: 2013 2012 2011 15,6 18,84 21,47 Frauen Seitdem der Kodex Empfehlungen zur Diversity enthält (2009/2010), bemühen sich Unternehmen verstärkt um Frauen in Leitungsgremien. Der Frauenanteil bei Neubesetzungen von DAX30-Aufsichtsräten lag in den Jahren 2011 und 2012 bei jeweils 40 %; im Jahr 2013 bei 45,5 %. 2010 12,4 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % Quellen: Ruhwedel, Aufsichtsrats- Score 2012 und 2013 Frauenanteil DAX30-Vorstände 2013 2012 6,35 2011 3,72 2010 2,16 7,4 Frauen Frauen Dies hat zu einer spürbaren Erhöhung des Frauenanteils innerhalb weniger Jahre geführt. Unterhalb des DAX30 ist der Frauenanteil zwar geringer, aber auch hier ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen: Inzwischen sind 17 % der Aufsichtsräte im MDAX weiblich im SDAX 12,5 % und im TecDAX 15 %. 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % Quellen: Ruhwedel, Aufsichtsratsscore 2013; BDI, Stand Sommer 2013 Quellen: Informationsbroschüre Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, 2010; BDI 2010 2013

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. 9 Frauenanteil in Führungspositionen des öffentlichen Sektors Liegt der Frauenanteil in Führungspositionen im öffentlichen Sektor tatsächlich höher als in der Wirtschaft? Antwort: Nein. 1. Beamtete Staatssekretäre in der aktuellen Bundesregierung 3. Frauenanteil im 18. Deutschen Bundestag 16 % 49 % 51 % 4 63,55 % 36,45 % 21 Die Bundesverwaltung weist unter den Beschäftigten ca. 50 % Frauen auf, jedoch nur 23 % unter den Führungskräften. Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2011 2. Anzahl der mit Frauen besetzten Abteilungsleiterstellen in den Ministerien und den nachgeordneten Behörden 150 565 84 % 20,98 % Frauen 230 401 Deutscher Bundestag Trotz ca. 50 % weiblicher Beschäftigter in öffentlichen Unternehmen sind Frauen in Aufsichts- und Verwaltungsräten nur zu 17,7 % und in Vorständen/Geschäftsführungen nur zu 8,2 % vertreten. (Stand 2011) Quelle: Einsam an der Spitze Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Sektor, DIW Berlin Der Frauenanteil in Spitzenpositionen der öffentlichen Hand ist somit weit von den angekündigten Vorgaben für die Privatwirtschaft entfernt. 79,02 % Männer Gesamte Bevölkerung 1. Quelle: BDI, März 2014 / 2. Quelle: Antwort des Bundesministeriums des Innern vom 7. März 2014 auf die schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Dr. Gesine Lötzsch vom 28. Februar 2014 / 3. Quelle: Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag, Stand 16. Januar 2014

10 Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Von den Regierungsplänen betroffene Unternehmen Welche Unternehmen wären von den Plänen der Bundesregierung betroffen? Starre Quote + Verbindliche Zielvorgaben zur Erhöhung des Frauenanteils börsennotierte Unternehmen Ca. 108 Unternehmen (paritätische Mitbestimmung und Börsennotierung) würden von der angekündigten starren Quote ab dem Jahr 2016 erfasst. starre 30 %-Quote füraufsichtsräte ab 2016 ca. 108 ca. 850 ca. 150 ca. 1500 drittelmitbestimmte Unternehmen Ca. 2.800 Unternehmen, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterfallen, sind von den verbindlich festzulegenden Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils ab 2015 erfasst. Darunter sind gut 500 börsennotierte Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern sowie über 1.300 drittelmitbestimmte Unternehmen, die nicht börsennotiert sind. paritätisch mitbestimmte Unternehmen (inkl. Montan-Mitbestimmung) ca. 685 ca. 2800 Unternehmen haben ab dem Jahr 2015 verbindliche Zielvorgaben zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorständen, Aufsichtsräten sowie zwei Managementebenen unterhalb des Vorstands festzulegen und erstmals innerhalb der 18. Wahlperiode zu erreichen Voll mitbestimmungspflichtig sind Unternehmen ab 2.000 Mitarbeitern. Drittelmitbestimmt sind Unternehmen von 500 2.000 Mitarbeitern (überwiegend GmbHs und Aktiengesellschaften). Der Montanmitbestimmung (MontanMitbestG v. 21. Mai 1951) unterliegen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern in der Montanindustrie. Quelle: BDI, eigene Erhebung 2014

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. 11 Starre Quote und verbindliche Zielvorgaben für Aufsichtsräte Trifft eine Aufsichtsrats-Quote für börsennotierte Unternehmen vorrangig die Großen? Antwort: Nein. Börsennotierte Unternehmen nach Aufsichtratsgröße Die Aufsichtsgremien der ca. 850 in Deutschland börsennotierten Unternehmen sind überwiegend klein. 78 52 Die Mehrheit der börsennotierten Unternehmen (57,6 %) hat einen dreiköpfigen Aufsichtsrat. Hinzu kommen weitere 22,4 % mit einem 6er-Aufsichtsrat. 26 193 496 3er Gremien 6er Gremien 9er Gremien 10er 12er Gremien Dies ist bei der geplanten (durch die Unternehmen festzusetzenden) Zielgröße zu berücksichtigen: Eine etwaige Vorgabe, wie mindestens ein Mann und eine Frau, würde bei der großen Mehrheit der betroffenen Unternehmen zu einer starren Quote durch die Hintertür führen (bei 3er-Gremien i.h.v. 33,3 % also höher als bei Unternehmen, die paritätisch mitbestimmt und zugleich börsennotiert sind). 15er 21er Gremien Quelle: BDI Stand: 1. Februar 2014

12 Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Verbindliche Zielvorgaben für Vorstände Trifft eine Vorstands-Quote für börsennotierte Unternehmen vorrangig die Großen? Antwort: Nein. Börsennotierte Unternehmen nach Vorstandsgröße 7 5 12 1 11 1 176 82 38 261 1er Gremien 2er Gremien 3er Gremien 4er Gremien 5er Gremien 6er Gremien 7er Gremien 8er Gremien 9er Gremien Auch hier sind ganz überwiegend kleine Gremien betroffen: Ca. 82 % aller Vorstände börsennotierter Unternehmen bestehen aus ein bis drei Personen. Daher verbietet sich jegliche gesetzliche Vorgabe für die unternehmensspezifische Zielsetzung (wie mindestens ein Mann und eine Frau ). Andernfalls käme es für Vorstände von 267 Unternehmen zu einer starren Quote von 50 % und für 176 Unternehmen zu einer Quote von 33 %! Für die 261 einköpfigen Vorstände scheidet eine Zielsetzung ohnehin aus. 267 10er Gremien 11er Gremien Quelle: BDI Stand: 1. Februar 2014

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. 13 Entwicklungen in Norwegen Vorbild Norwegen ziehen Aufsichtsrätinnen tatsächlich andere Frauen nach? Antwort: Nein. Frauenanteil in Führungspositionen* in der Wirtschaft, Norwegen Die Quote für Verwaltungsräte in der Privatwirtschaft Norwegens i.h.v. 40 % musste bis zum 1. September 2005 umgesetzt werden. Der Anteil von Frauen in diesen Gremien beträgt in Norwegen aktuell entsprechend 39,5 %. 2010 2005 20 22 Der Frauenanteil in der Gesamtheit der Führungspositionen in der Wirtschaft (kleine Unternehmen eingeschlossen) hat jedoch zwischen 2005 und 2010 abgenommen die gesetzliche Quote hatte offenbar keine Auswirkungen auf mittlere Managementebenen und/oder andere Unternehmen. 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % Mit den erreichten 20 % liegt Norwegen weit unter dem EU-Durchschnitt. * Führungspositionen beinhalten Direktorinnen, Hauptgeschäftsführerinnen und Leiterinnen kleinerer Unternehmen Quelle: 5. Bilanz Chancengleichheit, Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, Juni 2013, S. 90, Abb. 56

14 Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Résumé: Eine gesetzliche Quote ist ein erheblicher Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Unternehmen der Privatwirtschaft werden für ein gesellschaftspolitisches Ziel in Anspruch genommen. Eine Einheitsquote lässt branchen- und unternehmensspezifische Unterschiede unberücksichtigt. Auch die Verpflichtung zu verbindlichen Zielgrößen könnte je nach Ausgestaltung einer starren Quote gleichkommen. Die Selbstregulierung ist erfolgreich: Die Vereinbarung zur Chancengleichheit von 2001 hat zu erheblichen Fortschritten geführt auch für Frauen in Führungspositionen. Die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex für Aufsichtsräte und Vorstände greifen ebenfalls. Es gibt keine strukturelle gläserne Decke in der Privatwirtschaft. Der (noch) geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen hat andere Gründe: z. B. Berufswahl, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Teilzeitbeschäftigung. Der Frauenanteil im öffentlichen Dienst ist trotz besserer Ausgangsbasis und langjähriger Gleichstellungsgesetzgebung nicht signifikant höher als in der Wirtschaft.

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. 15

Impressum Herausgeber Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Redaktion Bernhard Stehfest, Referent Abteilung Recht und Versicherung Gesamtredaktion Dr. Heiko Willems, Abteilungsleiter Abteilung Recht und Versicherung Konzeption & Umsetzung Sarah Pöhlmann Abteilung Marketing, Online und Veranstaltung Druck Das Druckteam Berlin www.druckteam-berlin.de Verlag Industrie-Förderung GmbH, Berlin Layout Michel Arencibia www.man-design.net Stand Mai 2014 BDI-Publikations-Nr. 0004