Pressedienst der Versicherungswirtschaft GDV-Pressekolloquium am 27. März 2008 in Berlin
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- Julius Kopp
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1 Pressedienst der Versicherungswirtschaft GDV-Pressekolloquium am 27. März 2008 in Berlin Reinhold Schulte Vorsitzender des Verbandes der privaten Krankenversicherung - Es gilt das gesprochene Wort! - Meine Damen und Herren, bevor ich zu den aktuellen politischen Themen der PKV komme, möchte ich kurz auf die wichtigsten Geschäftszahlen für das Jahr 2007 eingehen: Netto-Neuzugang in Krankenvollversicherung deutlich gesunken infolge der Gesundheitsreform Wir stellen fest, dass der Netto-Neuzugang in der Vollversicherung zum Ende des Jahres 2007 mit Personen knapp um die Hälfte niedriger war als im Vorjahr mit Personen. Damit lassen sich die ersten Auswirkungen der Gesundheitsreform auf die PKV schon unmittelbar nach ihrer Verabschiedung in Zahlen messen: Seit dem 2. Februar 2007 haben Arbeitnehmer erst dann ein Recht, in die PKV zu wechseln, wenn sie mindestens drei Kalenderjahre oberhalb der Versicherungspflichtgrenze verdient haben. Und für ehemalige Selbstständige und Beamte gilt: Selbst wenn sie seit vielen Jahren privat versichert sind, werden sie bei einem Wechsel in ein Angestelltenverhältnis wieder versicherungspflichtig und müssen in die GKV zurückkehren. Und zwar unabhängig davon, ob sie weiterhin oberhalb der Versicherungspflichtgrenze verdienen. Ausgenommen sind nur jene Beamte, die auch schon als Beamte oberhalb der Versicherungspflichtgrenze verdient haben. Der niedrige Nettoneuzugang 2007 zeigt in aller Deutlichkeit, wie die Politik der PKV durch ihre Eingriffe den Zugang zum Markt systematisch erschwert. Steigende Zusatzversicherung ist keine Kompensation für sinkenden Neuzugang in der Vollversicherung Sicherlich ebenso politisch beeinflusst, jedoch in eine völlig andere Richtung geht die Entwicklung der Zusatzversicherungen: Die Zahl derjenigen, die eine Zusatzversicherung abgeschlossen haben, ist erneut deutlich gestiegen. Insgesamt 1,4 Millionen Zusatzversicherungen wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen. Damit reagieren die Menschen erkennbar auf die Einschnitte des Gesetzgebers in den Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen der vergangenen Jahre. Seite 1
2 So erfreulich der deutliche Anstieg bei den Zusatzversicherungen insgesamt ist, so muss ich auch heute nachdrücklich betonen: Gemessen an den Gesamtbeitragseinnahmen haben die Zusatzversicherungen zum GKV-Schutz mit einem Anteil von 12,6 Prozent nach wie vor eine völlig untergeordnete Bedeutung gegenüber der Vollversicherung. Der Anteil der Vollversicherung liegt dagegen bei über 72 Prozent. Die restlichen Beitragseinnahmen verteilen sich im Wesentlichen auf die Pflegeversicherung sowie auf Krankenhaustagegeld und Krankentagegeld. Insgesamt waren in der PKV zum Jahresende ,55 Millionen Menschen vollversichert 0,7 Prozent mehr als im Vorjahr und es bestanden rund 19,8 Millionen Zusatzversicherungen. Das sind 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Von den 19,8 Millionen Zusatzversicherungen waren rund 14,4 Millionen Versicherungen reine Ergänzung des gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes. Hierunter werden die Zusatzversicherungen für ambulante und Zahnleistungen sowie für die Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer und die Chefarztbehandlung zusammengefasst. Der Zuwachs bei den Zusatzversicherungen als Ergänzung zum gesetzlichen Krankenversicherungsschutz lag bei 10,6 Prozent. Bemerkenswert und außerordentlich erfreulich ist die Entwicklung bei der Pflegezusatzversicherung: Diese verzeichnete 2007 einen Zuwachs von 18,5 Prozent nachdem der Zuwachs im Vorjahr bereits 17,3 Prozent betrug. Damit hat die Zahl der Pflegezusatzversicherungen erstmalig die 1-Million-Grenze überschritten. Die Zahlen zeigen, dass die Notwendigkeit einer zusätzlichen Absicherung für den Pflegefall offenkundig immer stärker ins Bewusstsein der Menschen rückt - auch wenn mit 1,17 Millionen Verträgen bezogen auf die Gesamtbevölkerung natürlich nach wie vor nur eine niedrige Absicherungsquote erreicht wird. Steigende Beitragseinnahmen und Versicherungsleistungen Dem Bestandswachstum insgesamt steht ein Beitragswachstum der Branche von 3,4 Prozent gegenüber. Die Versicherungsleistungen für die Kranken- und Pflegeversicherung haben sich um 5,3 Prozent erhöht. Alterungsrückstellungen deutlich erhöht Die Alterungsrückstellungen betrugen Ende 2007 rund 104 Mrd. Euro für die Krankenversicherung und rund 17,5 Mrd. Euro für die Pflegeversicherung also insgesamt rund 121,5 Mrd. Euro. Das bedeutet eine Steigerung um über 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr (113,4 Mrd. Euro). Seite 2
3 Damit komme ich zur Gesundheits- und Pflegepolitik: Verfassungsbeschwerde Die PKV hat immer gesagt, dass sie sich gegen die massiven Eingriffe in die Freiheitsrechte der Unternehmen und der Privatversicherten durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zur Wehr setzen wird. In diesen Tagen haben nun 30 private Krankenversicherer Verfassungsbeschwerde gegen das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz eingereicht oder werden dies noch tun, die meisten von ihnen übrigens genau heute. Diese Unternehmen repräsentieren zusammen rund 95 Prozent der Privatversicherten. Daneben unterstützen Versicherungsunternehmen Privatversicherte als weitere Beschwerdeführer, um gegen die sie betreffenden Regelungen vorzugehen. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Gesamtheit der Neuregelungen des GKV-WSG, die die PKV mittelbar oder unmittelbar betreffen. Dazu gehören unter anderem der Zwang zur Einführung eines Basistarifs, die Einschränkung des Zugangs zur PKV für Angestellte und das Angebot von Wahltarifen durch die gesetzliche Krankenversicherung. Diese Maßnahmen führen in der Summe zu erheblichen Belastungen der PKV und ihrer Versicherten. Sie überschreiten die Grenze des grundrechtlich Zulässigen. Nie zuvor hat es einen so weitgehenden Eingriff in die Rechte der PKV gegeben. Wir gehen davon aus, dass unsere Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich sein wird. Qualitätsversorgung in der PKV Ungeachtet der nun laufenden Verfassungsbeschwerden stellen wir uns den Herausforderungen, die sich für uns aus dem GKV-WSG ergeben, und gehen diese selbstbewusst an. Denn die PKV ist mit ihrem klassischen Sicherungsmodell gut auf die Zukunft vorbereitet: Der private Krankenversicherungsvertrag beinhaltet einen unkündbaren Leistungskatalog, dessen Umfang nicht von der Politik eingeschränkt oder verändert werden kann und der sich stetig um den medizinischen Fortschritt erweitert. Alle Privatversicherten haben ungehinderten Zugang zu Ärzten und Krankenhäusern ihrer Wahl sowie zu vielen in der GKV nicht erstattungsfähigen Arzneien und Behandlungsmethoden. Die PKV wird auch in Zukunft eine budgetfreie Zone und Träger von Innovation und Wachstum im Gesundheitswesen bleiben. Mit der Bildung von Alterungsrückstellungen stellt die PKV eine nachhaltige Finanzierung der Gesundheitsversorgung sicher. Seite 3
4 Wir werden die Stärken der PKV künftig noch weiterentwickeln: Gemeinsam mit den Ärzten streben wir einen eigenen Qualitätsstandard an. Wir wollen auf Preise, Mengen und Wirksamkeit von Arzneien, Methoden und Heilbehandlungen stärker Einfluss nehmen als wir dies heute tun. Und zwar in fairer Partnerschaft mit allen Leistungserbringern. Diese Vorteile gelten für alle klassischen Tarife der PKV. Sie gelten jedoch nicht für den Basistarif. Dieser muss bekanntlich in Art, Umfang und Höhe mit den Leistungen in der GKV vergleichbar sein. Das ist die gesetzliche Vorgabe für die Umsetzung des Basistarifs. An die Vorgaben des Gesetzgebers haben wir uns streng gehalten. Das bedeutet: Der Basistarif wird mit entsprechenden Leistungslimitierungen, Kostendämpfungs- und Steuerungsinstrumenten ausgestattet sein wie es sie auch in der GKV gibt. Künftige Leistungsausschlüsse und -reduktionen der GKV werden sich eins zu eins auswirken. Auch die Vergütung der Leistungen soll vergleichbar sein zu der in der GKV das ist die gemeinsame Zielsetzung der derzeit laufenden Vertragsverhandlungen mit der Ärzte- und Zahnärzteschaft. Aus all diesen Gründen gehen wir von keinem starken Zulauf in den Basistarif aus weder aus der PKV noch aus der GKV. Die Arbeiten zum Basistarif sind inzwischen weitestgehend abgeschlossen, befinden sich aber noch im Abstimmungsprozess mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Umsetzung der Pflegereform Mit der Umsetzung der Pflegereform in der privaten Pflegeversicherung steht ein zweites, mindestens ebenso großes Projekt auf der Agenda der nächsten Jahre. In dem kurz vor Ostern verabschiedeten Pflege-Weiterentwicklungsgesetz steht neben der Dynamisierung der Pflegeleistungen und einer Leistungsverbesserungen für Demenzkranke vor allem die Verbesserung der Pflegequalität und -beratung im Fokus. Die PKV bekennt sich uneingeschränkt zu diesen Zielen. Speziell für den Ausbau der Pflegeberatung wird sie jedoch einen eigenen und wir sind der festen Überzeugung besseren Weg gehen, um dieses Ziel zu erreichen. Unser Ansatz versteht sich als aufsuchende Beratung. Das bedeutet, dass der Klient nicht in eine Beratungsstelle so genannte Pflegestützpunkte kommen muss, sondern in einem persönlichen Gespräch in seiner häuslichen Umgebung Hilfe und Unterstützung erfährt. Dies betrifft auch Situationen im Vorfeld oder bei drohender Pflegebedürftigkeit. Die Pflegeberatung wird neutral, unabhängig, zeitnah und umfassend sein. Sie wird in der Regel durch die einzelnen Unternehmen, an die sich die Versicherten wenden, angestoßen. Ratsuchende können sich aber auch an eine unabhängige Pflegehotline wenden. Seite 4
5 Vor Ort kann die Beratung lebensnah und alltagsorientiert erfolgen. Die Ergebnisse werden in einem Pflege- und Hilfeplan mit dem Pflegebedürftigen und seinen nahen Angehörigen oder anderen vertrauten Personen festgehalten. Falls erforderlich, wird in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Versicherungsunternehmen zügig auf eine Verbesserung der Situation hingewirkt. Die Pflegeberater sind Lotsen im System, geben also auch Hinweise auf Leistungen aus anderen Sozialrechtsbereichen, auf ehrenamtliche Dienste oder Möglichkeiten zur Entlastung pflegender Angehöriger. Im Einzelfall kann dies auch die Koordination und Steuerung der Leistungen von Pflegediensten und anderer Berufsgruppen im Gesundheitswesen, mithin ein so genanntes Case Management, beinhalten. Ab dem 1. Januar 2009 wird jeder Versicherte einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Pflegeberatung haben. Aufbauend auf den jahrelangen Erfahrungen von Medicproof bei der Pflegebegutachtung und Schulung pflegender Angehöriger, werden derzeit umfangreiche konzeptionelle und organisatorische Vorkehrungen getroffen, um den Versicherten die Pflegeberatung vor Ort und auf fachlich hohem Niveau anzubieten. Seite 5
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