Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln - ein gesundheitliches Risiko?
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- Anke Beyer
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1 Jahrestagung Dachverband Agrarforschung BUNDESINSTITUT FÜR RISIKOBEWERTUNG Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln - ein gesundheitliches Risiko? Dr. Britta Michalski
2 Überblick o Wie berichten die Medien über Pflanzenschutzmittel? o Wie stehen Verbraucher zu Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln? o Wie werden Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln wissenschaftlich bewertet? o Wie sieht die reale Rückstandssituation aus? Daten aus dem Lebensmittelmonitoring Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 2
3 Berichterstattung in deutschen Medien BfR-Studie: Pflanzenschutzmittel und -rückständein Lebensmitteln Analyse der Medienberichterstattung (Januar Dezember 2010); BfR Wissenschaft 09/2013, Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 3
4 Medien: Bildsprache Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 4
5 In Artikeln über PSM-Rückstände genannte Risiken gesundheitl. Risiko 283 Hauptrisiko diffuses Risiko 95 ökologisches Risiko 27 polit./rechtl. Risiko 28 öff./soziales Risiko 10 ethisch-moralisches Risiko 1 wissenschaftliches Risiko 3 ökonomisches Risiko 1 kein Risiko erwähnt n = Anzahl bzw. Nennungen BfR-Studie: Pflanzenschutzmittel und -rückstände in Lebensmitteln Analyse der Medienberichterstattung (Januar Dezember 2010); BfR Wissenschaft 09/2013, Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 5
6 In Artikeln über PSM-Rückstände erwähnter Nutzen ökonomischer Nutzen 31 Hauptnutzen öff./sozialer Nutzen 18 ökolog. Nutzen 7 diffuser Nutzen 10 gesundheitl. Nutzen 8 ethisch-moralischer 3 Nutzen sonstiger Nutzen 5 kein Nutzen erwähnt n = Anzahl bzw. Nennungen BfR-Studie: Pflanzenschutzmittel und -rückstände in Lebensmitteln Analyse der Medienberichterstattung (Januar Dezember 2010); BfR Wissenschaft 09/2013, Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 6
7 Verbraucher: generelle Beunruhigung Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 7
8 Verbraucher: Chemische Begriffe machen Angst! Soll Dihydrogenmonoxid in der EU verboten werden? Zusatzinformationen: wird regelmäßig in der Industrie verwendet wird in Gewässern und Lebensmitteln gefunden ist eine Hauptkomponente in saurem Regen kann bei unbeabsichtigter Inhalation zum Tode führen tritt in Krebstumoren auf nein 5% ja 76% weiß nicht 19% Wasser Quelle: Apfelbaum Marian,1998: Risques et peurs alimentaires. Paris: Édition Odile Jacob, p. 159 Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 8
9 Verbraucher: Rechtmäßigkeit von Rückständen Repräsentative Bevölkerungsbefragung 2016: Dürfen Ihres Wissens Pflanzenschutzmittel-Rückstände generell in Lebensmitteln enthalten sein? weiß nicht ja 31 3 Tatsächlich dürfen Rückstände bis zum geltenden Höchstgehalt enthalten sein! 66 nein n = 1.004; Angaben in Prozent keine Veränderung gegenüber 2009! Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 9
10 Gesundheitliche Risikobewertung für Verbraucher Toxizität R I S I K O Exposition WelcheWirkung hat der Rückstand auf Verbraucher? Ab welcherkonzentration kann eine Wirkung eintreten? Wiehochist der Rückstand im Lebensmittel? Wieviel des Lebensmittels verzehrt ein Verbraucher? ADI, ARfD Rückstandsdaten, Verzehrsdaten Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 10
11 Toxizität: Grenzwerte ADI und ARfD ADI (Acceptable Daily Intake) Menge, die ein Verbraucher täglich ein Leben lang ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufnehmen kann Verwendet für die Bewertung des chronischen Risikos ARfD(Acute Reference Dose) Menge, die ein Verbraucher innerhalb eines Tages ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufnehmen kann Verwendet für die Bewertung des akuten Risikos Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 11
12 Toxizität: Grenzwertableitung Toxikologische Grenzwerte ADI und ARfD abgeleitet aus: Datenpaket mit zahlreichen Toxizitätsstudien zu verschiedenen Endpunkten der Studie mit dem kritischsten Effekt der zugehörigen Dosis ohne erkennbare schädliche Wirkung (NOAEL) einem Unsicherheitsfaktor Unterschied Tier/Mensch Unterschied Mensch/Mensch x 10 x 10 Extrafaktor bei starkem Gefahrenpotential, hoher Unsicherheit Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 12
13 Von Exposition: der PSM-Anwendung Ermittlung der zur Rückstandsbewertung Rückstände (prospektiv) (2) Art der Rückstände Vorgesehene Applikation 14 C-Studien Pflanzen Nutztiere Verarbeitung Toxikologisch relevante Rückstände Risikobewertung Quantitative Studien Feldstudien Nachbau Fütterung (Nutztiere) Verarbeitung Höhe der Rückstände in Pflanzen und Nutztieren Verbraucherexposition Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 13
14 Exposition: Deutsche Verzehrsdaten Rückstandskonz. Verzehrsmenge Körpermasse 2 Jahre -4 Jahre 5 Jahre -13 Jahre 14 Jahre -80 Jahre VELS Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 14
15 Akute und chronische Risikobewertung Kurzzeitige Exposition / kurzzeitige Effekte Verzehr einer großen Portion Hoher Rückstand ARfD Chronische Exposition / chronische Effekte Mittlere Verzehrsmenge Mittlerer Rückstand ADI Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 15
16 Ergebnis der Risikobewertung Aufnahme durch Verbraucher < ADI bzw. ARfD Aber: Rückstand sicher für Verbraucher! Zulassung bzw. Höchstgehaltsfestsetzung kann erfolgen Risikobewertung gilt nur für den sachgerechten und bestimmungsgemäßen Einsatz des Mittels, d.h. alle vorgeschriebenen Regeln müssen eingehalten werden Fehleinschätzungen lassen sich nie völlig ausschließen Deshalb: Lebensmittelüberwachung! Informationen über tatsächliche Belastung / Einhaltung Höchstgehalte Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 16
17 Lebensmittelüberwachung EU o Warenkorb-Monitoring o Projekt-Monitoring national Eigenkontrollen Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 17
18 Werden Rückstandshöchstgehalte eingehalten? 10 Anteil von RHG-Überschreitungen in Abhängigkeit von der Herkunft der Proben Anteil RHG-Überschreitungen in % Deutschland EU Drittstaaten Untersuchungsjahr Quelle der Informationen: BVL, Nationale Berichterstattung Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln, surveillance sampling Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 18
19 Wo werden die höchsten Überschreitungsraten gefunden? 16 Lebensmittel mit Überschreitungsraten von 5% in mind. einem Untersuchungsjahr (höchste Rate angegeben, Untersuchungsjahre ) 14 % Proben> RHG Quelle: BVL, Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 19
20 RHG-Überschreitung = Gesundheitsrisiko? RHG-Überschreitung = Rechtsverstoß, Ware ist nicht verkehrsfähig RHG-Überschreitung bedeutet nur sehr selten auch ein Gesundheitsrisiko RHG ist kein toxikologischer Grenzwert In aller Regel liegen toxikologische Grenzwerte erst bei wesentlich höheren Konzentrationen RHG-Festsetzung nach Erfordernis und ALARA-Prinzip ( As Low As ReasonablyAchievable, so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar), also oft sehr niedrig Gesundheitliche Beeinträchtigung erst dann möglich, wenn der Rückstand auch die ARfD überschreitet Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 20
21 Lebensmittel mit ARfD-Überschreitungen Lebensmittel, bei denen nicht nur RHG-sondern auch ARfD-Überschreitungen auftraten Zahl Wirkstoff-Funde > RHG Dimethoat/ Omethoat Anzahl > ARfD Anzahl < ARfD Heptachlor (Altlast) 0 Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 21
22 Rückstandsbelastung von Verbrauchern in Deutschland probabilist. Modell Statt Datenpunkten Datenverteilungen Viele Kombinationen zufällig gezogener Eingabeparameter Wahrscheinlichkeitsverteilung Expositions-und Befundhäufigkeiten berücksichtigt min verzehrsbasierterwarenkorb, repräsent. Monitoringdaten über 6 Jahre Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 22
23 Ausgewählte Ergebnisse 701 Wirkstoffe untersucht (bzw. 706 wenn alle Dithiocarbamate einzeln gezählt werden) 391 Wirkstoffe traten gar nicht auf Für 695 Wirkstoffe akutes und chronisches gesundheitliches Risiko für Verbraucher in DE auszuschließen Bei einigen nicht zugelassenen Wirkstoffen keine abschließende Bewertung möglich (fehlende Toxdaten) Kupfer: Grenzfall, ADI bei Kleinkindern durch Zufuhr über Lebensmittel beinahe erreicht Mögliches akutes Risiko: Dimethoat/Omethoat, Chlorpyrifos Einzelproben hatten auch zu RASFF-Meldungen geführt Anpassung/Senkung der Rückstandshöchstgehalte (Chlorpyrifos 2016, Dimethoat/Omethoat 2017) nachzulesen: BMEL, Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 23
24 Besondere Fragestellungen: PSM-Rückstände in Bier Trinkwasser: unwahrscheinlicher Eintragspfad; Rückstände müssten bei Trinkwasserüberwachung bereits auffallen (Grenzwert 0,1 µg/l!) Hopfen: hohe Verdünnung; als Eintragspfad nur bei sehr hohen Rückständen in Hopfen wahrscheinlich Hefe: Kontakt zu PSM unwahrscheinlich; hohe Verdünnung Gerste: wahrscheinlicher Eintragspfad Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 24
25 Besondere Fragestellungen: PSM-Rückstände in Bier Projekt im Rahmen des nationalen Monitorings 2016 Boscalid; Nicobifen [n=120] Mandipropamid [n=120] aus Gerste Glyphosat [n=109] Chlormequat [n=99] pos neg aus Hopfen Mepiquat [n=88] 6 82 Chlorat [n=45] Phosphonsäure [n=45] aus Hygienemaßnahmen BAC Summe [n=19] % 20% 40% 60% 80% 100% Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 25
26 Zusammenfassung Verbraucher halten Rückstände mehrheitlich für unzulässig und sind über deren Auftreten beunruhigt. Die Sorge wird von den Medien geschürt. Gesundheitliche Risiken werden vor Zulassung eines PSM intensiv bewertet und müssen ausgeschlossen sein. Monitoring: Einzelproben: nur vereinzelte ARfD-Überschreitungen Gesamtexposition: Handlungsbedarf bei Chlorpyriphos und Dimethoat/Omethoat; ansonsten keine gesundheitlichen Risiken identifiziert Projekt Bier: nur 8 Substanzen gefunden Die prospektive Risikobewertung im Zulassungsverfahren ist ausreichend konservativ. Britta Michalski, , DAF-Jahrestagung Seite 26
27 BUNDESINSTITUT FÜR RISIKOBEWERTUNG Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Britta Michalski Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Abteilung Sicherheit von Pestiziden - Fachgruppe Rückstände und Analyseverfahren Max-Dohrn-Str Berlin Tel Fax britta.michalski@bfr.bund.de
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