ÜR RISIKOBEWERTUNG UNDESINSTITUT. Analyse und Bewertung des Verbraucherrisikos gegenüber Rückständen von Pflanzenschutzmitteln. Dr.
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- Ute Berger
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1 UNDESINSTITUT ÜR RISIKBEWERTUNG Analyse und Bewertung des Verbraucherrisikos gegenüber Rückständen von Pflanzenschutzmitteln Dr. Thomas Kuhl
2 Einführung Pflanzenschutzmittel in Lebensmitteln ein inakzeptables Risiko?
3 Einführung Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. (Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Art.14) Bewertung der Sicherheit von Lebensmitteln berücksichtigt singuläre und kumulative toxische Auswirkungen kurzfristige und langfristige Auswirkungen empfindlichste Verbrauchergruppen Risikoanalyse
4 Einführung - Risikoanalyse Fünf Fragen für die nächsten 10 Minuten 1. Woher kommen die Rückstände in Lebensmitteln? 2. In welchen Lebensmitteln kommen sie vor? 3. Aus welchen Komponenten besteht der Rückstand (qualitativ)? 4. In welcher Höhe kommt er vor (quantitativ)? 5. Welche gesundheitlichen Gefahren gehen von Rückständen aus?
5 Frage 1/2: Woher kommt der Rückstand? Worin kommt er vor? Vor der Anwendung steht die Zulassung Pflanzenschutzmittel können nur zugelassen werden, wenn sie 1) bewertete Wirkstoffe aus der Positivliste (Anhang I der RL 91/414/EG) enthalten 2) unter definierten Anwendungsbedingungen angewendet werden (Kultur, Menge, Zeitpunkt, Applikationsmethode, Wartezeit: Indikationszulassung) 3) für Gesundheit von Mensch, Tier, Umwelt kein Risiko darstellen.
6 Frage 1/2: Woher kommt der Rückstand? Worin kommt er vor? 1. Woher kommen die Rückstände in Lebensmitteln? Rückstände resultieren aus klar definierten und zugelassenen Anwendungen im Pflanzenbau. 2. In welchen Lebensmitteln kommen Rückstände vor? Nur in bestimmten, behandelten Kulturen, ggf. in tierischen Produkten via behandelte Futtermittel und/oder in unbehandelten Nachbaukulturen.
7 Frage 3: Aus welchen Komponenten besteht der Rückstand? Rückstände nach Applikation auf die Pflanze (Boden) biologischphysikalischchemische Prozesse Abbau / Metabolisierung / Verteilung / Festlegung / Mobilisierung / Aufnahme Zeitlich und räumlich variables Muster von Rückstandskomponenten in der Pflanze (via Futtermittel Nutztier) Ziel: Identifikation des toxikologisch relevanten Rückstands im Lebensmittel
8 Frage 3: Aus welchen Komponenten besteht der Rückstand? Metabolismusstudien unter Praxisbedingungen (Pflanze, Nutztier, Nachbaukulturen) mit radioaktiv markiertem Wirkstoff (Tracer) Höhe der Gesamtrückstände nach praxisgerechter Anwendung Identität des Rückstände (Ausgangssubstanz, Abbauprodukte) Verteilung der Rückstände (z.b. Stroh, Korn) Gehalt der Rückstandskomponenten Extraktionseffizienz
9 Frage 3: Aus welchen Komponenten besteht der Rückstand? Beispiel: Spiroxamine (Fungizid, u.a. Getreide, Weintrauben) KW G 4168-N-formyl-desethyl, M4 H N form ation of KW G 4168-N-oxide see separate page CH 3 N H KW G 4168-N-formyl-despropyl, M38 H C H 3 N CH 3 NH KW G 4168-desethyl, M1 KW G 4168-despropyl, M2 N H H N KW G 4168-ketone, M15 Spiroxamine, KW G 4168, parent compound KW G 4168-aminodiol, M28 continued on separate page KW G 4168-hydroxyglycoside, M40 H N KW G 4168-hydroxy, M5 H H N + KW G 4168-aminodiol-N-oxide, M29 H H N H NH KW G 4168-hydroxy-desethyl, M41 KW G 4168-hydroxy-despropyl, M9 KW G 4168-hydroxy-desethylglycoside, M42 H N KW G 4168-hydroxy-despropylglycoside, M 39 KW G 4168-acid glycoside, M44 KW G 4168-acid, M6 H H N H NH KW G 4168-desethyl acid, M11 KW G 4168-despropyl acid, M12 KW G 4168-desethyl acid glycoside, M43 KW G 4168-despropyl acid glycoside, M45
10 Frage 3: Aus welchen Komponenten besteht der Rückstand? H H C C 3 (C H 2 ) 20 KWG 4168-ketone, M15 KWG 4168-cyclohexenol, M37 KWG 4168-docosanoic acid ester, M35 H H C C 3 (C H 2 ) 22 H KWG 4168-hydroxy ketone, M16 KWG 4168-cyclohexanol, M13 KWG 4168-tetracosanoic acid ester, M36 H R H H H H KWG 4168-hydroxyketone-conjugate, M23 KWG 4168-cyclohexanolglucoside, M32 H KWG 4168-diol, M14 H 3 C H H H R R KWG 4168-cyclohexanolglucopyranosyl-pentose, M33 P e n tos e H 3 C H H H H KWG 4168-diol-diglycoside, M24 H H KWG 4168-cyclohexanol-glucopyranosylglucopyranosyl-pentose, M34 p e n to se
11 Frage 3: Aus welchen Komponenten besteht der Rückstand? H N H N Spiroxamine, KWG 4168, parent compound KWG 4168-aminodiol, M28 H H C H 3 H C 3 N + KWG 4168-N-oxide, M3 H H N KWG 4168-desethyl-aminodiol, M30 C H 3 H KWG 4168-despropylaminodiol, M31 N H H KWG 4168-hydroxy-N-oxide, M10 N + H H H H KWG 4168-hydroxy-N-oxide glucoside, M20 N + H H H H N + KWG 4168-hydroxy-N-oxide malonyl glucoside, M21
12 Frage 3: Aus welchen Komponenten besteht der Rückstand? 1. Schritt: alle Metaboliten 10% Gesamtradioaktivität, 0.01 mg/kg im Lebensmittel identifizieren (default) 2. Schritt: Bestimmung der toxikologischen Bedeutung der Metaboliten (Rattenmetabolit / spezifische Studien / Expertenurteil) Rückstandsdefinition für die Risikobewertung z.b. sum of spiroxamine and metabolites containing the tert.-butylcyclohexanone moiety 3. Schritt: Hauptkomponente als Indikator für die Überwachung Rückstandsdefinition für die Überwachung (MRLs)
13 Frage 3: Aus welchen Komponenten besteht der Rückstand? Der relevante Rückstand: 1) Rückstandsdefinition Risikobewertung: mengenmäßig und toxikologisch bedeutende Komponenten 2) Rückstandsdefinition Monitoring: eine oder mehrere Indikatorkomponenten.
14 4. Frage: In welcher Höhe kommt der Rückstand vor? 1. Feldversuche unter Praxisbedingungen (Good Agricultural Practice GAP) 2. Analyse der Proben auf toxikologisch relevante Komponenten (Rückstandsdefinitionen! Verteilung auf Pflanzenteile!). 3. MRL-Festsetzung auf Basis der Rückstände in Feldversuchen (Maximum Residue Limits - Höchstgehalte) MRLs dürfen kein inakzeptables gesundliches Risiko für die Verbraucher darstellen!
15 4. Frage: In welcher Höhe kommt der Rückstand vor? Unabhängige Rückstandsversuche in Äpfeln 0.09; 0.11; 0.12; 0.13; 0.15; 0.20; 0.21(3); 0.22; 0.23; 0.26; 0.30 mg/kg Median (Bewertung chron. Risiko) Maximum (Bewertung akutes Risiko) 0.21 mg/kg 0.30 mg/kg MRL-Abschätzung (95% Konf.int.) MRL-Abschätzung (verteilungsfrei) 0.35 mg/kg 0.46 mg/kg MRL 0.5 mg/kg
16 5. Frage: Welche gesundheitlichen Risiken gehen von Rückständen aus? Toxizität R I S I K Exposition Toxizität: ADI, ARfD = NAEL Unsicherhe itsfaktor
17 5. Frage: Welche gesundheitlichen Risiken gehen von Rückständen aus? Toxizität R I S I K Exposition Toxizität: Exposition (Aufnahme): ADI, ARfD = NAEL Unsicherhe itsfaktor Rückstandskonz. Verzehrsmenge Körpermasse
18 5. Frage: Welche gesundheitlichen Risiken gehen von Rückständen aus? Toxizitätsprüfung und Risikobewertung standardmäßig für einzelne Wirkstoffe und ihre Metaboliten Akutes Risiko Tox. Endpunkt: ARfD Verzehrsmenge: große Portion (97.5-Perzentil aller Verzehrstage) Rückstand: Maximum, Variabilitätsfaktor Chronisches Risiko Tox. Endpunkt: ADI Verzehrsmenge: mittl. Menge über alle Verzehrstage Rückstand: Median
19 Gesundheitliche Risiken: Chronische Exposition IEDI = n i = 1 STMR i bw E i P i F i IEDI/NEDI STMR i E i P i F i bw International / National Estimated Daily Intake Typischer Rückstand (Median) im Nahrungsmittel i Faktor des essbaren Anteils des Nahrungsmittels i Verarbeitungsfaktor des Nahrungsmittels i mittlere Verzehrmenge des Nahrungsmittels i body weight (Körpermasse)
20 Gesundheitliche Risiken: Akute Exposition (vereinfacht) IESTI= U ( R P) ν + ( LP U)( R P) bw IESTI U International Estimated Short Term Intake Masse einer Einheit (hot spot) ν Variabilitätsfaktor (in der Regel 7) LP Large Portion (große Einzelportion) R-P bw Rückstand, ggf. nach Verarbeitung (HR bzw. STMR) body weight (Körpermasse)
21 5. Frage: Welche gesundheitlichen Risiken gehen von Rückständen aus? Pflanzenschutzmittel in Lebensmitteln - ein inakzeptables Risiko? Nein bei legaler Anwendung! - Das gesundheitliche Risiko für die Verbraucher wird vor dem Einsatz der Mittel in der Landwirtschaft unter konservativen Annahmen geprüft - Bei legaler Anwendung liegt die maximale Exposition der Verbraucher weit unterhalb des NAEL ( 1/100) des kritischsten toxikologischen Effektes - Bei legaler Anwendung bestehen keine inakzeptablen kurz- oder langfristigen Risiken durch Rückstände in oder auf Lebensmitteln - Illegale Verwendung kann zu inakzeptablen Risiken führen (Lebensmittelüberwachung notwendig!)
22 5. Frage: Welche gesundheitlichen Risiken gehen von Rückständen aus? MEHRFACHRÜCKSTÄNDE Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden... zu berücksichtigen sind auch die wahrscheinlichen kumulativen Auswirkungen... (Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Art.14)
23 Hitliste der Lebensmittel mit Mehrfachrückständen Mandarinen 75.6 % Erdbeeren 69.2 % Johannisbeeren 66.1 % Himbeeren 61.5 % Pfirsiche 58.5 % Birnen 57.7 % Feldsalat 55.9 % Kopfsalat 55.2 % Rucola 64.5 % Quelle: Nationale Berichterstattung PSM-Rückstände 2007 (BVL)
24 Ursachen von Mehrfachrückständen Primary cocktails -Verwendung von Präparaten mit mehreren Wirkstoffen -Verwendung von Tankmischungen -mehrfache Behandlung einer Kultur mit verschiedenen Wirkstoffen Secondary (complex) cocktails -Vermischung von verschiedenen Chargen -Vermischen verschiedener Erzeugnisse min
25 Bewertung von Stoffen mit vergleichbarem Wirkmechanismus Common Assessment Groups (CAG), z.b. rganophosphate (P) Carbamate Dithiocarbamate Triazole Pyrethroide Dicarboximide + phthalimide Neonicotinoide Kriterien der Zuordnung zu CAGs - vergleichbarer Mode of Action - vergleichbare chemische Struktur - Überlegungen zu Gefahr und Exposition Stoffe werden in CAG additiv bewertet unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Toxizität
26 Möglichkeiten der Expositionsbewertung von Mehrfachrückständen Cumulative exposure assessment Pre-registration (MRL) maximale Exposition Vorsorgebewertung Post-registration (Überwachung) effektive Rückstandssituation (jetzt!) background level, realistischere Annahme Akut (24 h) Chronisch (lifetime) Akut (24 h) Chronisch (lifetime) Nähere Informationen: EFSA Journal (2008) 704, 22-84; EFSA Journal (2011)???
27 Zusammenfassung Risikobewertung Einzelwirkstoffe Wirkstoff + relevante Metabolite Standardbewertung pre-/post-registration Akutes und chronisches Verbraucherrisiko Deterministischer Ansatz (akut, chronisch) Basis: Feldversuche Probabilistischer Ansatz (noch nicht etabliert) Modellberechnung Akut (deterministisch): 1 Erzeugnis, höchster Rückstand (1 Wirkstoff + relevante Metabolite) 97.5 Perzentil (Verzehrer) Exposition kritischer Verzehrer >ARfD? Ja/nein Chronisch (deterministisch): mittlerer Verzehr, mittlerer Rückstand Exposition kritischer Verzehrer >ADI? Ja/nein Mehrfachrückstände Cumulative Assessment Groups Einzelfälle; als Standardbewertung noch nicht etabliert. Akutes und chronisches Verbraucherrisiko Deterministischer Ansatz (akut, Einzelprobe) Basis: Überwachungsproben Probabilistischer Ansatz (noch nicht etabliert) Modellberechnung Akut (probabilistisch): Viele Erzeugnisse mit Mehrfachrückständen Verteilung der max. täglichen Exposition mit Anzahl der Personentage > ARfD Chronisch (probabilistisch): Verteilung der mittleren täglichen Exposition über lange Zeit mit Anzahl Personen > ADI
28 UNDESINSTITUT ÜR RISIKBEWERTUNG Dr. Thomas Kuhl Bundesinstitut für Risikobewertung Thielallee / D Berlin thomas.kuhl@bfr.bund.de Vielen Dank
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