Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie. (Ludwig Erhard, )
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- Emma Glöckner
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1 Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie (Ludwig Erhard, ) 1
2 Rationale Ordnungspolitik für irrationale Menschen Wirtschaftspolitik im Lichte der Wirtschaftspsychologie Inga Schad Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie, Köln 01. Juni 2011
3 Agenda Motivation und Fragestellung Menschenbilder Der Ordoliberalismus im Lichte der Verhaltensökonomik Implikationen für die Wirtschaftspolitik 3
4 Motivation Rein ökonomische Steuerungs- und Erklärungsansätze sind nicht ausreichend Diskussion über Ausrichtung der Volkswirtschaftslehre Rückgriff auf Altes als Möglichkeit für eine Neuausrichtung 4
5 Fragestellung Macht der Ordoliberalismus im Lichte der verhaltensökonomischen Erkenntnisse Sinn? Kann der Ordoliberalismus als normatives Fundament für eine rationale Ordnungspolitik für irrationale Menschen dienen? 5
6 Agenda Motivation und Fragestellung Menschenbilder Der Ordoliberalismus im Lichte der Verhaltensökonomik Implikationen für die Wirtschaftspolitik 6
7 Homo oeconomicus Rationalität als grundlegende Eigenschaft Keine Selbstkontrollprobleme Eigennütziges Verhalten Desinteresse an seinem Umfeld 7
8 Rationalitätsannahme (ir)rationales Verhalten am Beispiel des trust games Person A: 5 Euro 1. Person A behält die 5 Euro 2. Person A gibt die 5 Euro an Person B Person B: 20 Euro 1. Person B behält die 20 Euro 2. Person B behält 10 Euro und gibt 10 Euro an Person A 8
9 Rationalitätsannahme Wie würden Sie als Person A bzw. Person B entscheiden? Was glauben Sie, wie viel Prozent vertrauenswürdig handeln? 9
10 Rationalitätsannahme Neoklassische Analyse: Person B handelt rational und steckt 20 Euro ein Person A antizipiert dies und behält die 5 Euro zu Beginn Jeder handelt individuell rational Fazit: Individuelle Rationalität verhindert kollektive Rationalität 10
11 Rationalitätsannahme Psychologische Analyse: Weit mehr als die Hälfte der Probanden gibt 5 Euro an Person B Rund 80% handeln vertrauenswürdig Durchschnittliche Schätzung: 45% handeln vertrauenswürdig Durchschnittliche Risikoneigung: Teilnahme an einer Lotterie bei einer Gewinnchance größer als 62% Quelle:D. Fetchenhauer, D. Dunning (2009) / Journal of Economic Psychology 30,
12 Rationalitätsannahme Menschen unterliegen kognitiven Verzerrungen Ankerheuristik Eine beliebige Information wird bei Entscheidungen unbewusst als Ausgangspunkt betrachtet Verfügbarkeitsheuristik Menschen ziehen Schlussfolgerungen aus Informationen, die leicht aus dem Gedächtnis abrufbar sind Repräsentativitätsheuristik markante Merkmale werden stärker als Indiz herangezogen, um die statistische Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Sache zu bestimmen 12
13 Rationalitätsannahme Menschen agieren nicht rational 13
14 Eigennutzannahme Altruistisches Verhalten in einmaligen, anonymen Situationen Gleichverteilung als häufigste Wahl Soziale Normen als Verhaltensregeln Menschen wollen nicht gegen eine Norm verstoßen Menschen legen Wert auf Distributive Gerechtigkeit Menschen bestrafen andere, die sich nicht daran halten 14
15 Eigennutzannahme Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser trifft nicht zu Kontrolle hat negative Auswirkungen auf die Motivation Kontrolle wird als Misstrauen empfunden Bestrafungen und Anreize Können crowding out effekte nach sich ziehen Bsp.: Signifikant mehr Eltern holten ihre Kinder später als erwartet vom Kindergarten ab, nachdem eine Strafe für spätes Abholen eingeführt wurde Quelle: Gneezy, U., & Rustichini, A. (2000) / A Fine is a Price. The Journal of Legal Studies, S
16 Eigennutzannahme Menschen legen Wert auf Gerechtigkeit Menschen haben Bedürfnis nach Fairness Urteile werden intuitiv getroffen Do-no harm Status quo bias Fixed Pie bias 16
17 Eigennutzannahme Menschen sind Altruisten, aber keine Heiligen Parochialism 80% Wenn in Deutschland ein Arbeitsplatz verloren geht, ist das dann in Ordnung, wenn irgendwo anders fünf Arbeitsplätze entstehen? 70% 60% 40% 20% 17% 0% fünf neue Jobs Deutschland Ausland Quelle: Enste, Haferkamp & Fetchenhauer (2009) 17
18 Eigennutzannahme Menschen agieren nicht immer eigennützig 18
19 Desinteresse an Anderen Nicht der absolute Wohlstand ist entscheidend, sondern der relative Wohlstand Lebenszufriedenheit ist abhängig von sozialer (Un)gleicheit 19
20 Desinteresse an Anderen Menschen vergleichen sich mit Anderen 20
21 Selbstkontrolle Mangel an Selbstkontrolle 52 Prozent der Deutschen sind adipös oder übergewichtig 1,6 Millionen Alkoholabhängige derzeit sterben jährlich an Tabakkonsum 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 23% Haben Sie schon einmal versucht mit dem Rauchen aufzuhören? 15% 10% 18% Einmal Zweimal Dreimal Häufiger Nie 33% Quelle: Statista (2011); Robert Koch Institut (2011) 21
22 Selbstkontrolle Menschen haben ein Mangel an Selbstkontrolle 22
23 Agenda Motivation und Fragestellung Menschenbilder Der Ordoliberalismus im Lichte der Verhaltensökonomik Implikationen für die Wirtschaftspolitik 23
24 Psychologie des Ordoliberalismus Die Meinung der Menschen, ihre geistige Haltung sind für die Richtung der Wirtschaftspolitik vielfach wichtiger als die wirtschaftliche Tatsache selbst. (Eucken 1952/1960, S. 210) 24
25 Wettbewerbsordnung Menschen können egoistische oder altruistische Ziele verfolgen Menschen haben eingeschränkte Vernunft Alternativen ermöglichen es ihnen, ihre Interessen zu entdecken Menschen lernen aus ihren Fehlern That it will in general be through competition that a few relatively more rational individuals will make it necessary for the rest to emulate them in order to prevail. (Hayek 1979, S. 73) 25
26 Freiheit Nur in Freiheit kann der Mensch sich entfalten Freiheit bedeutet Verantwortung Rationalität als Voraussetzung für Freiheit Freiheit bietet Menschen die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten besser einzusetzen Freiheit bedeutet nicht nur, dass der Mensch die Gelegenheit und die Last der Wahl hat. Sie bedeutet auch, dass er die Folgen seiner Handlungen erleiden und Lob und Tadel für sie ertragen muß. (Hayek 1959, S. 277) 26
27 Grundprinzipien Funktionsfähiges Preissystem Preise als Informationsträger und Richtungsweiser Menschen erkennen die Signale Preissystem funktioniert nur bei stabilem Geldwert 27
28 Grundprinzipien Offene Märkte Menschen tendieren zur Abschottung Menschen wollen den Wettbewerbsdruck reduzieren Kurzfristige Vorteile springen ins Auge, langfristige Nachteile werden vernachlässigt 28
29 Grundprinzipien Privateigentum Gibt das Gefühl von Sicherheit Schafft Leistungsanreize Schafft Unabhängigkeit Dient dem Zuspruch der Wirtschaftsordnung Hier wie auch sonst sollte der Mensch in die Lage versetzt werden, sich notfalls aus eigener Kraft zu helfen. Ermöglichung des Sparens ist besser als Caritative Hilfe oder staatliche Subsiden. (Eucken 1952/1960, S. 319) 29
30 Grundprinzipien Vertragsfreiheit Menschen treffen freie Entscheidungen, weil sie Verantwortung übernehmen Menschen prüfen Möglichkeiten und wählen 30
31 Grundprinzipien Haftung Verantwortung für die Entscheidung übernehmen Schützt vor risikofreudigen Entscheidungen Macht Beziehungen persönlich 31
32 Grundprinzipien Verhinderung von Macht Monopole stören die Wettbewerbsordnung Das Streben nach Macht hört auf, wenn Monopolaufsicht prophylaktisch wirkt 32
33 Grundprinzipien Eingriffe bei negativen externen Effekten Menschen berücksichtigen nicht die Auswirkungen ihres Verhaltens 33
34 Grundprinzipien Steuer- und Sozialpolitik Menschen lehnen Ungleichheit ab Ungerechtigkeitsempfinden bei Zuteilung durch einen anonymen Markt Ungerechtigkeit wirkt sich negativ auf die Motivation aus Um so näher liegt ihnen eine andere Frage: Warum erhalte ich ein kleineres Einkommen als mein Nachbar? fragt der Arbeiter. Ist es nicht möglich, daß ich mehr bekomme? [ ] Das Verteilungsproblem ist für die meisten Menschen das primär wirtschaftspolitische Problem. (Eucken 1952/60, S. 12) 34
35 Agenda Motivation und Fragestellung Menschenbilder Der Ordoliberalismus im Lichte der Verhaltensökonomik Implikationen für die Wirtschaftspolitik 35
36 Bedeutung für den Ordoliberalismus Was bedeuten die verhaltensökonomischen Erkenntnisse nun für den Ordoliberalismus? 1. Sie haben relevante psychologische Aspekte bereits berücksichtigt und dementsprechend ihre Wirtschaftspolitik gestaltet. 2. Sie haben relevante psychologische Aspekte nicht berücksichtigt. 36
37 Bedeutung für den Ordoliberalismus Wenn 2. zutrifft, dann: a. Es macht nichts. Ihre wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen ergeben trotzdem einen Sinn. b. Die Nicht-Berücksichtigung hat Konsequenzen. Die wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen sollten überdacht werden. 37
38 Beispiel Steuer- und Sozialpolitik Menschen bewerten ihren relativen Wohlstand Geld allein macht nicht glücklich Gerechtigkeit wird von Menschen geschätzt Der Staat muss für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen 38
39 Beispiel Preissystem Menschen lassen sich in die Irre führen Menschen orientieren sich dennoch an Preisen Sie lernen aus falschen Entscheidungen 39
40 Beispiel Vertragsfreiheit und Haftung Menschen treffen Entscheidungen häufig intuitiv Menschen überblicken die Möglichkeiten nicht Menschen vernachlässigen langfristige Konsequenzen Intransparenz kann zu falschen Entscheidungen führen Lerneffekte oftmals nicht möglich (bei z. B. Erfahrungsgütern) 40
41 Implikationen für die Wirtschaftspolitik Defaults können richtungsweisend wirken Der Staat als Entscheidungsarchitekt Ein sanfter Stoß kann viel bewirken 41
42 Implikationen für die Wirtschaftspolitik Könnten Menschen ein Interesse daran haben, dass ihre Freiheit eingeschränkt wird???????? Warum sollte der Staat es besser wissen als der Einzelne? 42
43 Implikationen für die Wirtschaftspolitik Liberale würden sagen: Jeder sollte frei wählen, was für ihn das Beste ist Es ist jedoch eine Illusion, wenn jemand glaubt, daß irgend eine andere Gesellschaftsform keinen derartigen Druck ausüben würde: Die Alternative zu dem Druck der Verantwortlichkeit für das eigene Schicksal ist der viel schlimmere Druck von Befehlen, denen der einzelne gehorchen muß. (Hayek, 1959, S. 290) Problem: Menschen entscheiden nicht unabhängig von anderen Sie bewerten ihre relative Position 43
44 Implikationen für die Wirtschaftspolitik Würden Sie lieber mit oder ohne Helm Hockey spielen? 44
45 Implikationen für die Wirtschaftspolitik Ohne Regel würde einer anfangen, ohne Helm zu spielen Er hätte einen Vorteil Andere würden es ihm nachmachen Am Ende würden sich alle schlechter stellen 45
46 Implikationen für die Wirtschaftspolitik Was kann die Wirtschaftspolitik aus der Psychologie lernen? Das tatsächliche Verhalten der Menschen ist bedeutsam Irrationalitäten sollten berücksichtigt werden Entscheidungen können erleichtert werden 46
47 Fazit Die Wirtschaftspsychologie kann zu einer erfolgreichen Gestaltung von Wirtschaftspolitik beitragen. Das Potential muss nur genutzt werden. 47
48 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit 48
Bernadette Büsgen HR-Consulting www.buesgen-consult.de
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