Karen Corrales Tamayo
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- Michael Hofmeister
- vor 5 Jahren
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1 Karen Corrales Tamayo Bericht über meinen Forschungsaufenthalt in Brasilien Nach meinem zweimonatigen Forschungsaufenthalt in Brasilien habe ich vieles zu berichten. Wie ich schon vor meiner Abreise erwähnt hatte, untersuchte ich ein Projekt der GIZ in Nordosten Brasilien. Das Projekt handelt sich um ein Public Private Partnership zwischen der GIZ und dem brasilianischen Ölkonzern Petrobras. Die GIZ ist seit Jahrzenten im Nordosten Brasiliens tätig und hat mehrere Projekte, um die Armut in dieser Region zu bekämpfen. Obwohl der Nordosten landschaftlich viel zu bieten hat, ist er eine der ärmsten Regionen Brasiliens. Nordost war seit Ewigkeiten von der Regierung vergessen, und wenn immer wieder die Dürre kam, wurden ein paar Lastwagen voller Lebensmittel aus dem Süden gebracht, damit die Leute nicht an Hunger sterben. Die Zeiten haben sich geändert und Brasilien betreibt eine nachhaltige Politik, um die Region wirtschaftlich zu fördern. Die brasilianische Regierung hat seit 2006 ein nationales Programm zur Erzeugung und Nutzung des Biodiesels in Brasilien eingeführt. Das Biodieselprogramm hat unter anderem eine soziale Komponente. Wichtige Ziele des Programms sind zum Beispiel die Armutsbekämpfung und Entwicklung der Kleinbauern. Im Rahmen dieses Programms existiert ein Combustível Social (Soziales Kraftstoff-Siegel), das den Biodieselproduzenten erhebliche Steuervorteile einräumt. Die Biodieselproduzenten müssen aber von kleinbäuerlichen Betrieben die Rohstoffe beziehen. Im Nordosten Brasiliens existieren viele kleinbäuerliche Familien, die nur eine Subsistenzwirtschaft betreiben. Diese Familien sind sehr arm und haben keine Möglichkeit am brasilianischen Markt teilzuhaben. Im Nordosten wurde bis jetzt nur ein Biodieselunternehmen mit dem Siegel Combustível Social zertifiziert. Der halbstaatliche Ölkonzern Petrobras hat das Siegel und muss von diesen kleinbäuerlichen Familien die Rohstoffe beziehen. Die Bauern können jedoch die erforderliche Quantität und Qualität oft nicht liefern. In dem PPP-Projekt hilft die GIZ diesen kleinbäuerlichen Familien, damit sie diese gewinnbringenden und nachhaltigen Geschäftsbeziehungen mit dem Ölunternehmen führen können. Ziel des Projektes ist, dass die kleinbäuerlichen Familien effizient und nachhaltig ihre Produktion an den Biodieselproduzenten verkaufen und so ihr Einkommen erhöhen und ihre Lebensbedingungen verbessern können. Meine Diplomarbeit schreibe ich in Kooperation mit dem PPP-Team der GIZ in Eschborn und dem Wirtschafts- und Sozialgeographischen Institut der Universität zu Köln. Das Ziel meiner
2 Untersuchung sind die Wirkungen dieses Projektes in der Region. Dafür habe ich Interviews sowohl mit Experten als auch mit kleinbäuerlichen Familien durchgeführt. Dabei habe ich zur Kenntnis nehmen müssen, dass in der Praxis das Projekt komplexer ist, als man sich vorstellt, wenn man Berichte über das erfolgreiche Projekt liest. Ich habe folgende Beteiligte des Projekts interviewt: 2 Experten der GTZ, die am Projekt teilgenommen haben je ein Repräsentanten der FETRAECE (Föderation der Landarbeitergewerkschaften im Bundesstaat Ceará), der MST (Landlosenbewegung) und der FETRAF (Föderation der Arbeiter und Arbeiterinnen in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft Brasiliens) 3 Repräsentanten von Genossenschaften 2 technische Assistenten, die die Familien besuchen und beraten 2 Repräsentanten von EMATERCE (Landwirtschaftlicher Beratungsdienst des Bundesstaats Ceará) 2 Repräsentanten von Petrobras, 1 Repräsentant des Landwirtschaftsministeriums 20 Familien aus der Region Ceará, welche am Projekt teilgenommen haben. Die Daten, die ich in den Interviews gesammelt habe, sind sehr hilfreich für meine Arbeit. Allerdings wusste ich vor meine Abreise nicht, dass die Organisation dieser Interviews Schwierigkeiten bereiten würde. Die Interviews wurden in Fortaleza, Quixada, Quixeramobim und Teresina durchgeführt. Die Organisation der Interviews fiel mir am Anfang schwer. Ich hatte eine Kontaktliste von der GIZ in Eschborn bekommen und bin davon ausgegangen, dass die Kontakte in Brasilien schon von mir wussten. Leider war das nicht so. Sie wussten nichts über mich und ich musste jedem erzählen, woher ich sein Name hatte und warum ich mit ihm persönlich treffen wollte. Das war sehr schwer am Anfang, wo ich mich telefonisch auf Portugiesisch verständigen musste. Manchmal war noch dazu der Empfang sehr schlecht, denn viele von meinen Kontakten arbeiten direkt mit den Kleinbauern auf dem Land. Deshalb habe ich auch nur die Hälfte verstanden. Außerdem könnten nicht die Mitarbeiter des Ölkonzerns ohne Erlaubnis von der Geschäftsführung interviewet werden. Ich müsste mich zuerst mit der Geschäftsführung in Kontakt setzen. Als ich die Erlaubnis bekommen hatte, konnte ich dann einen Termin mit den Kontaktpersonen vereinbaren. Die Familien, die interessant sind für meine Recherche, leben außerhalb der Städte in sogenannten asentamentos. Viele davon sind Begünstigte der Agrarreform und leben in kleinen Dörfern, die sehr schwer zu erreichen sind. Ich musste immer jemand dabei haben, der mich mit dem Auto bzw. Motorrad dahin gebracht hat. Ich war auf Leute angewiesen, die die Wege kennen. Es war sehr interessant und lehrreich für mich. Ich hatte schon Erfahrung in der Entwicklungshilfe in Deutschland und in meinem Studium habe ich immer versucht, mich mit dem Thema auseinander zu setzen. Aber ich hatte nie ein EZ-Projekt in dem Entwicklungsland kennengelernt. Der Unterschied zwischen Berichte über das Projekt zu lesen und Zusammenfassungen zu schreiben, und den praktischen Teil im Land zu sehen ist größer als ich gedacht hatte.
3 Das Projekt der GIZ ist ein sehr kleiner Teil vom großen Biodieselprogramm. Die GIZ führte vor allem Qualifizierungsmaßnahmen durch, um den brasilianischen Institutionen zu zeigen, wie man die Produktion der Kleinbauern am effizientesten gestalten kann. Die Entwicklung dieser Methodologie wurde sehr erfolgreich. Am Ende des Projektes mit der deutschen EZ hat das Agrarentwicklungsministerium entschieden, die Methodologie zu übernehmen und sie in ganz Brasilien zu verbreiten. Der Deutsche, der bei der GIZ arbeitete, wurde in dem Ministerium eingestellt und verbreitet die Methodologie nicht nur im Biodieselprogramm sondern in allen Programmen von Agrarentwicklungsministerium. Deshalb könnte man sagen, dass das Projekt erfolgreich und nachhaltig sei. Allerdings gibt es auch eine schlechte Seite, über die weder die deutsche EZ noch die Petrobras gerne sprechen. Vor allem die Umweltkomponente, die das Programm haben soll, sehe ich kritisch. Zum Beispiel: Die Petrobras hat 2006 eine riesige Ölfabrik im Nordosten gebaut, um das wirtschaftliche Wachstum im Nordosten zu fördern. Die Produktion der Kleinbauern ist aber immer noch zu gering, um die Fabrik zu beliefern. Das Unternehmen importiert die Rohstoffe aus dem Süden (ca km) nach Ceara. Die CO2-Emissionen sämtlicher Lastwagen, die aus den Süden kommen, werden nicht kompensiert, indem man mit den importierten Rohstoffen Biodiesel herstellt. Die Landwirtschaft im Nordosten Brasiliens ist sehr abhängig vom Wetter. Der Anbau einer einzigen Ölpflanze in teilweise trockenen Böden würde die Abhängigkeit der Bauern nur vergrößern. Deshalb ist nicht gewünscht, dass Monokulturen entstehen. Monokultur bedeutet, dass der Bauer nur eine Kultur anbaut (in diesem Fall Rizinus, eine Ölpflanze, die sehr geeignet ist für die klimatische Bedingungen in Brasilien). Zurzeit steigt die Anzahl an beteiligten Familien. Insgesamt sind Familien, die am Projekt teilnehmen. Aber man kann nicht genau sagen, wann die Familien die Ölfabrik beliefern werden. Das Biodieselprogramm in Brasilien hat immer noch viele Schwächen. Viele Änderungen in der Politik müssen gemacht werden. Trotzdem kann man sagen, dass die Kleinbauern jetzt mehr Wissen über den Anbau und die Ölpflanze Rizinus haben. Dieses Wissen wird jetzt für den Anbau anderer Pflanzen verwendet. Außerdem gibt es jetzt mehr Dialog zwischen den Akteuren der Wertschöpfungskette des Biodieselprogramms. Die Kleinbauern haben jetzt die Gelegenheit, sich mit den Institutionen und mit der Petrobras auszutauschen. Das große Problem in Nordosten sind die klimatischen Bedingungen (Dürre, trockener Boden, usw.) und die sehr kleine Fläche der Bauern. Sie haben im Durchschnitt drei Hektare Land. Eine Kapitalinvestition ist nicht lohnenswert, denn die Produktivität des kleinen Feldes gering ist. Das lässt sich lösen, indem die Kleinbauern sich organisieren und Genossenschaften gründen. Mit einer Genossenschaften könnten sich zusammentun und zusammen Maschinen (z.b. Traktor, usw.) zu kaufen, um die Produktivität zu steigern. Dafür müssen sie aber die Vorteile einer Genossenschaft kennen. Mit dem Projekt wurde auch den Kleinbauern gezeigt, warum es wichtig ist, dass sie zusammenarbeiten. Das Agrarentwicklungsministerium schickt zurzeit Genossenschaftsexperten zu den Genossenschaften in Ceará. Sie arbeiten in der Genossenschaft für zwei Wochen und bringen den Mitarbeiter bei, wie es am bestens funktioniert. Am Anfang des Projektes existierte im Jahr 2006 keine einzige Genossenschaft. In Jahr 2010 sind schon zehn Genossenschaften zu finden.
4 Quelle: Agrarentwicklungsministerium 2010 Die Kleinbauern, die ich besucht habe, haben jetzt mehr finanzielle Mittel als vor dem Projekt. Der Preis für die Ölpflanze Rizinus hat sich in den letzten zwei Jahren verdreifacht. Die Petrobras hat mit jeder Familie einen Vertrag für fünf Jahre abgeschlossen. Damit wurde der Verkauf der Pflanze garantiert. Außerdem wird der Rizinus Anbau vom Bundestaat Ceará subventioniert. Jede Familie bekommt 80 pro Hektar pro Jahr vom Staat. Mit dem Verkauf von Rizinus haben die kleinbäuerlichen Familien ein zusätzliches Einkommen. Sie bauen aber immer noch andere Pflanze wie zum Beispiel Bohnen und Mais. Das bedeutet, dass sie nicht 100% auf den Rizinus Anbau angewiesen sind. Das ist auch nicht wünschenswert, denn die Risiken sind zu groß. Zum Beispiel, wenn eine Dürre oder eine Plagge käme, die der Rizinus Anbau verhindern würde, würden die Bauern keine Bohnen oder Mais zu konsumieren oder verkaufen. Auch die Preise könnten sich wegen externer Einflüssen ändert. Auch für die Umwelt ist es besser, wenn die Agrodiversität bestehen bleibt. Pestiziden und Chemikalien müsste man anwenden, um eine Monokultur langfristig zu bebauen. Dieses Jahr ist die Ernte besser als je zuvor. Es hat über fünf Monate geregnet. Das ist sehr selten für Nordosten, denn die Regenzeit hier beträgt drei bis vier Monate. Die kleinbäuerlichen Familien werden dieses Jahr ein sehr großes zusätzliches Einkommen bekommen, mit dem sie ihre Lebensbedingungen verbessern können. Es hat mich gefreut, dieses Projekt zu untersuchen und ich bin unendlich dankbar, dass ich am BPSA- Programm teilnehmen konnte, und dass die ESG Köln mich unterstützt hat. In Anhang finden Sie meine Power-Point-Präsentation und Fotos über das Projekt. Köln, den
5 Willkommen an Juatama, Land des Biodiesels Ölfabrik von Petrobras in Quixada, Ceará
6 Bauer und Berater Ölpflanze Rizinus
7 Interviews mit Kleinbauern
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