STEVEN SPIELBERG LEGENDEN

Transkript

1 STEVEN SPIELBERG Mit Der weiße Hai begründete er die Ära der Blockbuster. Wie kaum ein anderer Regisseur glaubt Steven Spielberg an die Magie des Kinos und das Recht des Publikums auf Unterhaltung

2 E nde der 60er droht das Fernsehen dem Kino den Rang abzulaufen. Die großen Filmstudios leiden unter den rückläufigen Besucherzahlen, die Produktion seichter Unterhaltung rechnet sich angesichts der kostenlosen TV-Konkurrenz kaum. Man sucht nach jungen Wilden wie Dennis Hopper, der mit Easy Rider den Begriff des Kultfilms prägt. Während die Regisseure des New American Cinema das europäische Autorenkino bewundern, will Steven Spielberg nur eines: Hollywood. Wäre ich nicht in diesem Geschäft, würde ich mir nie einen Fellini ansehen. Sid Sheinberg, Leiter der TV-Abteilung bei Universal, ist so beeindruckt von Spielbergs Kurzfilm Amblin, dass er ihm einen Vertrag an bietet. Spielbergs erster Job ist eine Episode der Mystery-Serie Twilight Zone. Er macht seine Sache gut, dennoch werden einige Passagen nachgedreht zu viele Kameramätzchen. Spielberg muss einsehen, dass das Fernsehen kein Experimentierfeld ist. Zähne knirschend lernt er sein Handwerk von der Pike auf, u. a. bei der Pilot folge von Columbo. Sein TV-Thriller Duell gewinnt 1972 einen Emmy und kommt außerhalb der USA sogar ins Kino. Sein erster Kinofilm Sugarland Express fällt 1974 beim Publikum durch. Aber die Filmkritikerin Pauline Kael orakelt schon damals: Vielleicht gehört Steven Spielberg zu jener seltenen Spezies Regisseure, die geborene Entertainer sind. Überirdischer Erfolg mit E. T. Der Außerirdische (1982)

3 Katastrophendreh: Der weiße Hai (1975) Miniaturkulissen für Jäger des verlorenen Schatzes (1981) ZUR PERSON Steven Allan Spielberg, Jahr gang 1946, verlebt eine behütete Kindheit in Vororten von Ohio bis Arizona. Sein Vater Arnold ist Computertechniker, seine Mutter Pianistin. Als einziger jüdischer Junge in der Nachbarschaft gilt der unsportliche Steven als Außenseiter und sitzt stundenlang gebannt vor dem TV. Schon als Kind interessiert er sich für den Zweiten Weltkrieg, da sein Vater Air-Force-Pilot war. Mit zehn dreht er unter Mitwirkung seiner drei Schwestern Super- 8-Filme wie Der Schrecken des brennenden Puppenhauses. Mit 17 besichtigt Steven die Universal-Filmstudios. Heimlich verdrückt er sich und erkundet allein das Gelände, wo er auf Regielegende John Ford trifft. Dessen Rat an den ambitionierten Amateur: Gib nie dein eigenes Geld für einen Film aus. Zurück zu Hause leiht sich Steven von seinem Vater 400 Dollar und dreht 1964 den Ufo-Film Firelight, der einem Ed Wood zur Ehre gereicht. Für die Premiere mietet Arnold ein Kino und nimmt 500 Dollar ein Stevens erster Profit. Bald darauf zieht die Familie nach Kalifornien. Dort lungert Steven bei Universal herum statt zu studieren. Eine Mitarbeiterin er zählt Denis Hoffman, Chef der Filmtitel-Firma Cinefx, von dem komischen Kerl.1968 produziert Hoffman Stevens Kurzfilm Amblin heiratet Spielberg die Schauspielerin Amy Irving und wird Vater. Kate Capshaw, seine Hauptdarstellerin aus Indiana Jones und der Tempel des Todes, wird 1991 seine zweite Frau.

4 Dann kommt diese alberne Story über einen Fisch : Eigentlich will Spielberg den Weißen Hai nicht machen, so ein B-Film ist unter seiner Würde. Die Dreharbeiten mit Bruce, dem sieben Meter langen Haimodell, sind in der Tat eine Katastrophe. Dennoch wird Der weiße Hai der erste Film, der die magische 100-Millionen-Dollar- Grenze durchbricht ein Block buster, der eine Flut von Monstermovies und Franchises nach sich zieht. Bei den Oscar-Nominierungen wird der Regisseur übergangen, obwohl der Hai als bester Film ins Rennen geht. Seine erste Academy-Würdigung erhält Spielberg für ein himmlisches Erlebnis: Als er sechs war, holte ihn sein Vater mitten in der Nacht aus dem Bett, um ihm einen Meteoritenschauer zu zeigen. Diese Kindheitserinnerung ist die Grundlage für Unheimliche Begegnung der dritten Art. Mit dem Alienmärchen führt der Macher auch das Markenzeichen A Steven Spiel-! STEVEN SPIELBERG UND SEINE TV-PROJEKTE Das Kino allein reicht Spielberg für seine Visionen nicht aus. Schließlich kann er im Fernsehen seine Stoys noch epischer erzählen wobei er dabei aber nur selten als Regisseur, sondern mehr als Produzent in Erscheinung tritt. In Unglaub liche Geschichten (1985) vertiefte er sein Mysterywissen, und in SeaQuest DSV (1993) verwandelte er die Ozeane in eine geheimnisvolle Sci-Fi-Welt. Seinen größten Erfolg feierte Spielberg mit der HBO-Produktion Band of Brothers (2001, siehe rechts), der TV-Version seines Oscar-Hits Der Soldat James Ryan (1998) reiste er zurück zu seinen E. T. -Ursprüngen und produzierte mit Taken eine zehnteilige Saga über die Landung Außerirdischer, bevor er sich in Into the West (2005) dem rauen Wilden Westen widmete lief in Amerika The Pacific, eine ebenfalls zehnteilige Miniserie über den Krieg der Amerikaner gegen die Japaner in den 1940er-Jahren.

5 berg Film im Vorspann ein, was Mr. Alleinunterhalter immer wieder den Zorn der Drehbuchautoren einbringt. Nach E. T. Der Außerirdische wird er 1982 als Magier des Films gefeiert. Sein Zaubertrick: Wenn ein Film ankommt, dann liegt das an den Charakteren, nicht an den Effekten. Für den E. T. -Erfolg revanchiert sich Universal mit dem Bau des Firmensitzes von Spielbergs Amblin Entertainment. Spielbergs Machtzentrale (mit Dream- Works kommt später auch noch ein eigener Verleih hinzu) produziert Hits wie die Zurück in die Zukunft -Trilogie, aber auch Kap der Angst (1991) seines Freundes Martin Scorsese. Nach Indiana Jones und der Tempel des Todes (1984), von dem sich Spielberg später distanziert, wirft sein einstiger Fan Pauline Kael ihm geistlose Massenproduktion und Infantilisierung der Kultur vor. Hollywoods Draufgänger verliert seine Naivität mit der Geburt seines Sohnes Samuel Max. Das Schreien des Säuglings ist in FREUNDE FÜRS LEBEN George Lucas und Steven Spielberg kennen sich seit einer Ewigkeit und pflegen auch beruflich enge Kontakte. Als sich die beiden 1976 auf Hawaii trafen, gestand Spielberg, er würde gern mal einen James- Bond-Film inszenieren. Lucas erzählte ihm daraufhin von seiner Idee zu Indiana Jones. Spielberg war perplex: Indiana? Aber George, so heißt doch dein Hund... Nachdem Lucas die ersten Indiana Jones -Filme produziert hatte, bekannte Spielberg: Ich bin stolzer Absolvent von Lucas hoher Schule der Actionfilmkunst.

6 SPIELBERG WAR ZU ERFOLGREICH FÜR DEN OSCAR. DOCH DANN DREHTE ER»SCHINDLERS LISTE«der Eröffnungsszene von Die Farbe Lila (1985) zu hören. Mit diesem Film sei er erwachsen geworden, sagt Spielberg, künftig sollen seine Projekte diese Reife widerspiegeln. Die Farbe Lila erntet elf Oscar-Nominierungen aber keine für die Regie. Er ist zu erfolgreich. Sie werden ihm den Oscar nie geben, mutmaßte Clint Eastwood damals. Er sollte sich irren. Spielberg schiebt Schindlers Liste (1993) vor sich her wie eine lästige, aber unausweichliche Prüfung. Als Kind hat er vom Holocaust gehört; seine Mutter gab zu Hause ehemaligen KZ-Häftlingen Englischunterricht. Aber er mochte das Thema nie vertiefen bis jetzt. Damit Universal ihm grünes Licht für das wenig erfolgsträchtige Projekt gibt, dreht Spielberg im Gegenzug Jurassic Park (für den auch James Cameron im Gespräch war). Vielleicht brauchte es den Erzähler unglaublicher Geschichten, um das Unfassbare begreiflich zu machen: Er erhält den ersehnten Regie-Oscar, einen von sieben für den besten Film Die versöhnlichen Alienfabeln tauschte der Märchenonkel daraufhin gegen düstere Zukunfts visionen wie Minority Report (2002) oder Krieg der Welten (2005), Epen wie Gefährten (2011) und Lincoln (2012) und Polithriller wie München (2005) und Bridge of Spies: Der Unterhändler (2015) ein. Steven Spielberg hat sich und der Welt bewiesen, dass sich Entertainment und Anspruch nicht ausschließen. Zur Zeit plant er Indiana Jones 5, und als Produzent ein Remake der Gremlins. Das Kino ist meine Teufelsaustreibung, sagte er einmal. Inzwischen weiß ich auch ohne Drehbuch, wer ich bin. Die besten Filme werden also noch kommen.

7 Spielberg erhielt den JUPITER AWARD für Jäger des verlorenen Schatzes, E.T, Indiana Jones und der Tempel des Todes, Jurassic Park und Schindlers Liste! FILMOGRAFIE (AUSZUG) Der weiße Hai (1975) Im Wegbereiter der Tierhorrorfilme macht ein menschenfressender Hai Jagd auf Badegäste. Jäger des verlorenen Schatzes (1981) Harrison Ford bestreitet als Indiana Jones auf der Suche nach der Bundeslade sein erstes Abenteuer. E.T. Der Außerirdische (1982) Der knuffige Alien E.T. landet auf der Erde und versucht mithilfe des Jungen Elliot, nach Hause zu telefonieren. Die Farbe Lila (1985) Von Stiefvater und Ehemann missbraucht, erlebt die Afroamerikanerin Celie die Hölle. Hook (1991) Robin Williams kehrt als erwachsener Peter Pan ins Nimmerland zurück. Jurassic Park (1993) In Teil 1 der Trilogie werden die Dinos in dem Erlebnispark zum Leben erweckt. Schindlers Liste (1993) Unternehmer Oskar Schindler (L. Neeson) rettet im Zweiten Weltkrieg etwa 1200 Juden. Der Soldat James Ryan (1998) Spielberg rekonstruiert mit brutalem Realismus die Landung der Alliierten in der Normandie. A.I. Künstliche Intelligenz (2001) Ein Roboterjunge sucht die Blaue Fee, die ihm nicht nur Menschlichkeit, sondern auch die Liebe seiner menschlichen Mutter schenken soll. Bridge of Spies (2015) Spektakulärer Spionagekrimi über die politische Paranoia während des Kalten Krieges.