WaldMeister. Sommeranfang. Borkenkäfer-Newsletter Nordschwarzwald meets

Transkript

1 Borkenkäfer-Newsletter Nordschwarzwald Beobachtungszeitraum: bis WaldMeister meets Sommeranfang Die Meteorologen sprechen schon seit dem 1. Juni vom Sommer. Aber wann ist eigentlich der offizielle Sommeranfang 218? SGefühlt hielt der er schon Mitte Mai Einzug in unseren Breiten. Denn dieses Jahr begannen die hochsommerlichen Temperaturen sehr früh. 25, 3 Grad über Wochen hinweg, drückende Schwüle, dazu unwetterartige Gewitter am Abend: Mit 275 Stunden Sonnenschein war der Mai dieses Jahres einer der fünf sonnenscheinreichsten seit Beginn der Messungen. Der Monat erreichte damit 14 Prozent seines Sollwerts von 196

2 Stunden Sonnenschein. Der diesjährige Frühling rangiert sogar unter den vier sonnenscheinreichsten. Offizieller Sommeranfang war oder vielmehr ist allerdings erst später. Für die Meteorologen, die wegen der besseren Vergleichbarkeit ihrer Daten am liebsten in ganzen Quartalen rechnen, begann der Sommer offiziell wie immer am 1. Juni. Der kalendarische oder astronomische Sommeranfang startet dagegen mit dem längsten Tag des Jahres, der sogenannten Sommersonnenwende. Diese kann zwar auch mal auf den 22. oder den 2. Juni fallen; das aber kommt im Laufe der Jahre vergleichsweise selten vor 22 wird es in diesem Jahrhundert zum ersten Mal sein. Somit liegt im Jahr 218 der kalendarische Sommeranfang also wieder auf dem 21. Juni. An diesem Tag geht die Sonne in unserer Region um 5.13 Uhr auf und um Uhr unter der längste Tag des Jahres dauert also 16,7 Stunden. Ganz schön viel Zeit für Käferbaumsuche. Nach diesem Datum werden die Nächte wieder länger und die Tage kürzer. Der Tag der Sommersonnenwende hat für die Menschen schon seit vielen Jahrhunderten eine besondere Bedeutung und wird entsprechend gefeiert. Bekanntester Brauch sind große Feuer, die auch als als Johannisfeuer bekannt sind. Hundsbacher, Seebacher, Herrenwieser, Ober-, Mittel-, Seiten-Täler sollten den Tag mit extralanger Käferbaumsuche feiern! Garfield wird 4, Erdnussbutter wird 3 Cent teurer, Borkenkäfer fliegen, heute ist Weltflüchtlingstag und morgen Sommeranfang interessiert keinen Schweinerich und keine Sau. Hier wird ja vorbildlich gegendert und auf jedem Foto sind immer die gleiche Anzahl weiblicher, männlicher und transsexueller KäferInnen. Denn das Volk versammelt sich vor der Glotze. Jetzt sind wieder alle Bundestrainer und Bundestrainerin, Kinder werden in Uniformen mit Nummer und Spielernamen gesteckt, Bundesadler drauf und fertig, der Grill glüht, Mutti trägt Schwarz-Rot-Gold auf der Wange. Im Wald sieht man nur noch den Waldbademeister mit der Trillerpfeife, nein, kein Kopfsprung vom Dreier in die Kernzone, lieber ein paar Brustschwimmzüge in der Entwicklungszone und hektisches Kraulen im Pufferstreifen. Hier ist ja alles erlaubt, die Zone gehört ja eh großteils dem Staat und nicht den strengen Nationalparkverwalterinnen. Passend zum Thema hier ein paar Zeilen von Kathrin Hollmer in der aktuellen ZEIT: Gestresste Großstädter wollen plötzlich alle mal runterkommen, Bäume umarmen oder Marmelade einkochen. Sie glauben, auf dem Land finde man sein Seelenheil. Am meisten verklärt aber wird der Wald. Für die Städter ist er Abenteuerspielplatz, Outdoor- Fitnessstudio und Kurort in einem. Aus diesem Missverständnis ist ein Riesengeschäft geworden. Manager gehen, begleitet von Waldtherapeuten, zur Stressbewältigung "waldbaden", machen Ausflüge in den Heil- oder Yoga-Wald, sie fahren zur "Forest-Therapy" nach Südtirol. Dort umarmen sie Bäume, laufen barfuß durchs Dickicht und nennen das Ursprünglichkeit. Dutzende Studien beschwören die Heilkraft des Waldes. Ein Waldspaziergang soll den Blutdruck senken, das Immunsystem stärken, die Lungenkapazität und die Elastizität der Adern verbessern, Killerzellen gegen Krebs aktivieren und sogar das Selbstwertgefühl steigern. Jedes Superfood stinkt dagegen ab. Wer statt Wellness Action sucht, bucht Kurse wie "Auf dem Weg zum Holzfäller" im Pfälzerwald, wo man drei Tage lang Bäume mit der Motorsäge traktiert.

3 In meinem Dorf hat noch niemand einen Baum umarmt, außer vielleicht im Vollrausch auf dem Heimweg vom Bierzelt. Holzarbeit ist kein Lifestyle. Die Menschen vom Land haben entweder ein pragmatisches Verhältnis zum Wald wie ich: Man kreuzt ihn beim Spazieren und Wandern, findet dort Pilze (mit Glück) und Heidelbeeren (mit sehr viel Glück). Oder sie haben ein ökonomisches Interesse: Waldbesitz bedeutet Bau- und Brennholz, bedeutet Geld. Barfuß durch den Wald zu laufen ist schon wegen der Ameisen und der Wildschweinkacke keine gute Idee. So ganz neu ist der Wald-und-Wiesen-Fimmel natürlich nicht. Die Deutschen verklären seit je das Landleben und die Natur. In der Romantik erschufen Joseph von Eichendorff, Robert Schumann und Caspar David Friedrich damit in Lyrik, Musik und Malerei den Gegenentwurf zur Industrialisierung. Je dichter gedrängt die Menschen in Städten wohnen, desto stärker sehnen sie sich nach dem vermeintlich einfachen Leben, einem Leben ohne Stress und Hektik. Aber warum glauben sie es ausgerechnet auf dem Land zu finden? Ach so, der Buchdrucker: Fliegt aus, besiedelt neu, macht sein Ding. Fußball, Urlaubszeit und Achtsamkeit scheren ihn wenig, er hat seinen Plan. Wir erinnern uns, Sex and Bugs and Rock n Roll. #TIPPS_Ips Heiß war es heute, die Tage sind lang, der Sommer bleibt. Generation eins ist weitgehend raus, Generation zwei angelegt, und wer bis drei zählen kann, ist in diesem Jahr bevorteilt. Hätt ich Wald, würde ich die Zeit vorm Fernseher gegen ein intensives Waldbad eintauschen. Bohrmehlsuche überall, bei der Hitze geht der Käfer in das Innere der Bestände, auch in schattige Bachtäler, Winterhänge. Musse gucken! Die aktuelle Lage In der vergangenen Woche herrschten im Raum Freudenstadt Tiefsttemperaturen von 5 bis 13 C und Höchstwerte von 12,5 bis 21 C, damit war es im Schnitt deutlich kälter als in der Vorwoche. Niederschläge fielen kaum, knapp ein Liter am Dienstag vergangener Woche. Eher trocken. Die Vorhersagen bringen Temperaturen von 5 bis 28 C, damit wird es wieder wärmer, ja so richtig sommerlich. In den Brutbildern herrscht meist gähnende Leere, die jungen Käfer sind außer Haus auf Brautschau. Bauen ein Häuschen, also ein Rammelkämmerchen und machen all das, was Försterinnen und Förstern Sorgen bereitet. Die zweite Generation wird angelegt, früher als im Vorjahr. Die Fangzahlen der Fallen sind deutlich gesunken; Ruhe vor dem Sturm? Abb. 1 unterhalb: Jungkäfer im Brutbild (Foto RJ )

4 Fangsumme/ Falle (Mittelwert) Allerheiligen Ellbach West Hoher Ochsenkopf Hundsbach Murgtal Schliffkopf Schwanenwasen Wilder See April Mai Juni Abb. 2: Buchdrucker-Schwärmverlauf im Pufferstreifen 218, Mittelwerte von 4 bzw. 8 Fallen je Gebiet (15, 16 = Kalenderwochen) unten (665 m) Mitte (745 m) oben (859 m) Abb. 3: Buchdrucker-Schwärmverlauf 218 auf der Intensivbeobachtungsfläche der FVA im Tonbachtal bei Baiersbronn Mai Juni Juli August Abb. 4: Gerade war ich noch eine Puppe, mein Körper ist noch weiß, aber mein Kopf schon hellbraun (Foto RJ )

5 Fangsumme/ Falle (Mittelwert von 3 Fallen) unten (665 m) Mitte (745 m) oben (859 m) April KW Mai Juni Abb. 5: Kupferstecher-Schwärmverlauf 218 auf der Intensivbeobachtungsfläche der FVA im Tonbachtal bei Baiersbronn Abb. 6: Mampf, hier liegt nich immer prima Futter im Wald (Foto RJ )

6 Abb. 7: Wer kein Freund/keine Freundin von Pflanzenschutzmitteln ist, hat mit einem Nasslager dolle Lagermöglichkeiten (Foto RJ ) Abb. 8: Buchdrucker auf dem Weg zum Verlag (Foto RJ )

7 Abb. 9 u. 1: Schneebruch wird kostenintensiv aufgearbeitet und das Holz dann geräppelt, sodass es rasch austrocknet und nicht vom Kupferstecher bestochen werden kann (Foto RJ )

8 Übern Tellerrand

9 Abb. 11, 12 u. 13: Der kleine grüne Fichtenrüssler macht sich derweil untemr Schirm an die Tannennaturverjüngung ran, die Zuwächse 218 fallen aus, dem Käfer und seiner Frau geht es augenscheinlich gut (Fotos RJ, Juni 218)

10 Abb. 14: Ein Schmalbock, nein, nicht Schmaltier, badet im Wald (Foto RJ )

11 Abb. 15: Kein komischer, sondern ein Dr. Markus Kautz. Rindenfenster auf, und dann schauen wir mal... (Fotos RJ ) Handlungsempfehlungen Wärme, Hitze, trockene Tage und Anflüge zur Anlage der zweiten Generation: Suchen Sie Bohrmehl, Harztropfen, sich verfärbende Kronen. Auf auf, los geht s. Kennzeichen eines Käferbefalls sind: braunes Bohrmehl auf der Rinde, unter Rindenschuppen, auf Spinnweben, am Stammfuß und auf der Bodenvegetation Harztröpfchen und Harzfluss am Stamm, vor allem am Kronenansatz helle Flecken, sogenannte Spiegel, auf der Rinde durch die Tätigkeit der Spechte, wodurch größere Rindenstücke abfallen und das helle Splintholz sichtbar wird charakteristische Fraßbilder unter der Rinde Rötung Abfall grüner oder roter Nadeln Kontrollieren Sie Ihre Wälder! Zu kontrollieren sind: geworfenes, gebrochenes und angeschobenes Sturmholz vom Januar 218 alle stehenden Fichtenbestände nach Schadereignissen, Hiebsmaßnahmen und Pflegeeingriffen liegengebliebenes, bruttaugliches Material aufgearbeitetes, in der Nähe gefährdeter Bestände lagerndes Nadelholz

12 Wann und wie häufig kontrollieren? ab jetzt bis Ende September je nach Gefahrenlage im ein- bis zweiwöchigen Turnus Kontrollen aussetzen bei starkem Wind oder Regen, da Bohrmehl weggeweht bzw. abgewaschen werden kann Wo kontrollieren? Kontrollen gezielt im Bereich vorjähriger Befallsorte in südexponierten Lagen und an aufgerissenen Bestandesrändern an Rändern von Windwurf- und Schneebruchnestern in allen Fichtenbeständen bei entsprechender Gefahrenlage an Jungwüchsen bei der Gefährdung durch Kupferstecher Wie kontrollieren? in älteren Beständen einzeln, d. h. Baum für Baum befallene Bäume für den Einschlag auffällig markieren Nach den Kontrollen bitte reagieren: Können Sie das Holz nicht rechtzeitig aus dem Wald bringen, sind folgende Verfahren zu überlegen: Hacken oder Stämme entrinden, sofern die Käfer noch nicht entwickelt sind Zur Reduktion des Befallsrisikos ist es erforderlich, vorhandenes bruttaugliches Material (frische Fichtenkronen, Resthölzer und Reisigmatten) unverzüglich aufzuarbeiten (Hacken, Mulchen, Abfahren). Frischer Stehendbefall durch den Kupferstecher ist nicht erkennbar. Daher ist es umso notwendiger, liegendes bruttaugliches Material auf Kupferstecherbefall hin zu kontrollieren und bei Befall unverzüglich aufzuarbeiten. Tab. 1: Einzelauflistung der Fangzahlen des Monitoringnetzes Apri l April Mai Mai Juni Juni Allerheiligen Ellbach West Hoher Ochsenkopf

13 Hundsbach Murgtal Schliffkopf Schwanenwase n Wilder See Summe

14 Quidquid agis, prudenter agas et respice FINEM verantwortlich für diesen Newsletter: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg Abteilung Waldschutz, Wonnhaldestraße 4, D-791 Freiburg i. Br. Kontakt: