Mit Vollgas so weiter? Ein Beitrag zur Diskussion um die Energiewende

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1 Bernhard Enzesberger Mit Vollgas so weiter? Ein Beitrag zur Diskussion um die Energiewende

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3 Dieses Buch wurde klimaneutral hergestellt. CO 2 -Emissionen vermeiden, reduzieren, kompensieren nach diesem Grundsatz handelt der oekom verlag. Unvermeidbare Emissionen kompensiert der Verlag durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt. Mehr Informationen finden Sie unter Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter abrufbar oekom, München oekom verlag, Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbh, Waltherstraße 29, München Layout und Satz: Reihs Satzstudio, Lohmar Korrektorat: Silvia Stammen Umschlagentwurf: Elisabeth Fürnstein, oekom verlag Umschlagabbildung: motorradcbr Fotolia.com Druck: Augustin print & medien GmbH, Oer-Erkenschwick Dieses Buch wurde auf 100%igem Recyclingpapier gedruckt. Alle Rechte vorbehalten ISBN

4 Bernhard Enzesberger Mit Vollgas so weiter? Ein Beitrag zur Diskussion um die Energiewende

5 Inhalt Vorwort Geschafft!? Es ist Energierevolution und keiner geht hin Umkehr Wandel Neuorientierung Energie im Überfluss Die Zeit ist reif Angst vor Veränderung Unser Wirtschaftssystem bricht zusammen(?) Was nun? Anhang Übersetzungen und Abkürzungen Links zum Thema

6 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei einigen Textstellen auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl, wenn nicht anders angegeben, für beiderlei Geschlecht.

7 Vorwort 7 Vorwort Es stinkt und keiner war s das ist die Diskussion zu Umweltverän - derungen und Klimawandel etwas laienhaft auf den Punkt gebracht. An Information mangelt es nicht. Viele wissenschaftliche Arbeiten und Ideen zu diesem Themenkreis wurden publiziert, auf fruchtbaren Boden gefallen sind bisher wenige. Was sollen die Luftverschmutzung und Treib hausgase anderes sein, als die Summe unserer Einzelbeiträge? Welchen Anlass haben wir, mit den Fingern auf Politiker, die Schwerindustrie, immer die anderen zu zeigen? Der Ansatz zur Verbesserung liegt in uns selbst, denn nur diesen Teil der Welt können wir tatsächlich ändern. Lange schon ist es nicht mehr die Frage, ob wir auf der Erde genügend fossile Brennstoffe vorfinden und wann diese endgültig aufgebraucht sind. Vielmehr gilt es zu klären, ob wir es riskieren wollen, den ganzen in der Erde gebundenen Kohlenstoff in unsere Atmosphäre einzubringen, und ob eine Energy(r)evolution 1 ohne größere Unruhen gelingen kann. In heißes Wasser geworfen, springt ein Frosch sofort wieder hinaus. Wenn man denselben Frosch allerdings in kaltes Wasser gibt und die Temperatur langsam steigert, bleibt er im Wasser sitzen. Gibt es hier Parallelen zu uns Menschen? Bei Inversionswetterlagen erscheint mir das so. Der Smog in unseren Städten wird dichter, aber nur wenige liefern 1 Greenpeace.

8 8 Vorwort ihren Beitrag zu einer Lösung des Problems. Über Jahrhunderte waren wir es gewohnt, in Generationen zu denken und zu handeln. Die Kinder sitzen im Schatten des Baumes, den ihr Urgroßvater gepflanzt hat. Nach Jahren des schnellen Geldes erscheint es mittlerweile wieder angebrachter, unseren Zeithorizont etwas weiter zu fassen. Der Beitrag eines durchschnittlichen Österreichers oder Deutschen zu den Treibhausgasen beträgt derzeit circa 10 bis 12 Tonnen CO 2-äqu pro Person und Jahr rund 2,5 Tonnen stehen uns dagegen zu. 2 In anderen Einheiten ausgedrückt: Unser ökologischer Fußabdruck liegt bei rund 5,5 globalen Hektar pro Person und 1,7 dürfte er ausweisen. 3 Wir verbrauchen mit unserem Lebensstil derzeit also circa drei bis vier Erden, haben aber nur eine. Vielleicht können die folgenden Ausführungen und Gedanken helfen, Reflexe und Ängste abzuschwächen, die bei derartigen Überlegungen in uns entstehen. Wir bleiben selbstbestimmt, niemand nimmt uns etwas weg. Die notwendige Weiterentwicklung führt zum Besseren. Es geht vorrangig darum, ein verträglicheres Maß zu finden, ein neues Werteraster, eine neue Wahrnehmung in Bezug auf Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Eine neue Lebenseinstellung, eine andere Lebensqualität, in der gelebte Momente mehr zählen, als Konsumeinheiten. Zum Glück haben wir nur diese eine Erde, der Wilde Westen gab uns einen Hauch von Idee, was los wäre, würden wir übermorgen einen zweiten, für uns erreichbaren, bewohnbaren Planeten entdecken. Unser heutiges Wohlstandsmodell basiert auf billigen Energieressourcen, das Energiethema kann daher nicht losgelöst von wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Überlegungen betrachtet werden. 2 treibhausgas-emissionen/europaeischer-vergleich-der-treibhausgas-emissionen, oder europa.eu/data-and-maps/data/data-viewers/greenhouse-gases-viewer. 3

9 Geschafft!? 9 Geschafft!?»Sie hat s geschafft«, sagen die Leute. Sie wohnt in einem schönen Haus am Stadtrand mit eigenem Pool in einer riesigen Gartenanlage, hat mehrere schöne Autos, für die tägliche Fahrt zu ihrem Superjob. Noch nicht geschafft hat sie es, ihren Garten auch zu nutzen und selber zu pflegen. Schließlich muss jemand das Geld verdienen, für die vielen Reisen in ferne Länder, das Wochenendhaus und all die teuren Hobbys, für die leider viel zu wenig Zeit bleibt.»er hat s geschafft«, sagen andere. Er wohnt mit seiner Familie, die ihn sehr schätzt, in einer kleinen, netten Wohnsiedlung am Stadtrand. Er engagiert sich in verschiedenen Vereinen und bekommt dafür Anerkennung. Sein Job macht ihn nicht reich, aber er hat Spaß daran und nebenbei viel Zeit für seine Kinder und Hobbys, die ihn glücklich machen. Ein eigenes Auto braucht er nicht, denn der Bäcker, Kindergarten und Volksschule sowie eine Bushaltestelle liegen gleich um die Ecke. Den Großteil seiner täglichen Wege erledigt er am liebsten mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Für den Familienurlaub in den Bergen leiht er sich manchmal ein Auto. Das Rauchen hat er sich abgewöhnt und er isst gerne Obst und Gemüse aus der Region.»Wir sind geschafft«von der Geschwindigkeit unserer Zeit. Die Innovationszyklen werden kürzer, die gesellschaftliche Entwicklung immer

10 10 Geschafft!? rasanter. Warum den Pegel immer hochhalten, wo liegt das Problem, wenn wir unser Leben ein wenig unaufgeregter anlegen? Wer macht das Tempo, wer trifft die Entscheidungen, wer hat s geschafft, und was hat das mit mir und dem weltweiten Energieverbrauch zu tun? Der Dalai Lama auf die Frage, was ihn am meisten überrascht:»der Mensch, denn er opfert seine Gesundheit, um Geld zu machen. Dann opfert er sein Geld, um seine Gesundheit wiederzuerlangen. Und dann ist er so ängstlich wegen der Zukunft, dass er die Gegenwart nicht genießt. Das Resultat ist, dass er nicht in der Gegenwart lebt; er lebt, als würde er nie sterben, und dann stirbt er und hat nie wirklich gelebt.«