La Gomera Valle Gran Rey La Gomera Valle Gran Rey Culatra

Transkript

1 La Gomera ( bis , Teil 2v2) Weil ich gerne einmal wieder ankern möchte, fahre ich weiter nach Valle Gran Rey. Das ist der bekannte Hippie-Ort hier auf La Gomera. Dort kann man in einer geschützten Felsbucht ankern, umgeben von sehr hohen, steilen Felswänden. Die Fahrt dorthin ist schon ein Erlebnis, immer direkt an der Küste entlang. Als ich in Valle Gran Rey ankomme und die hohe Felswand des Ankerplatzes sehe, überkommt mich ein ungutes Gefühl. Ich fühle mich spontan unwohl. Die Felswand wirkt bedrohlich. Sollte der Anker nicht halten, dauert es nicht lange, und die Wellen werfen einen an den felsigen und zerklüfteten Strand. Ich habe einmal wieder zu viel Phantasie. Warum sollte der Anker nicht halten? Ich habe ihn mit viel Mühe und nach allen Regeln der Kunst eingefahren. Wäre da nicht ein bekannter Segler gewesen, den ich von der Culatra her kenne, und der hier gerade mit dem Flugzeug Urlaub macht, ich wäre auf direktem Wege wieder zurück nach San Sebastian gefahren. Wir haben uns aber verabredet, den Sonnenuntergang gemeinsam zu schauen. Also lasse ich den Anker fallen und bereite mein Dinghi für den Landgang vor. Der Schwell des Atlantik steht ungebremst in die Bucht, das Boot schaukelt hin und her. Ich sehe zu, dass ich ans Land komme. Am Strand sammeln sich viele Touristen, die den Sonnenuntergang sehen wollen. Hippies trommeln, bis die Sonne verschwunden ist.

2 Als ich wieder in dem kleinen Fischerhafen ankomme, ist es bereits stockfinster. Langsam taste ich mich mit dem kleinen Beiboot durch den hohen Schwell in Richtung Arilon, die freudig am Anker schaukelt. Nachts nimmt der Schwell und damit die Schaukelei noch weiter zu. Ich kann kaum schlafen, weil ich nicht weiß, wie ich mich hinlegen soll, um nicht hin und her zu rollen. Maja kuschelt sich ganz eng an mich. Auch sie findet das nicht lustig. Am nächsten Morgen beschließen wir beide, ankerauf zu gehen und wieder zurück in die Marina zu fahren. Ich weigere mich, noch einmal mit ihr an Land zu fahren. Das Dinghi mit dem Außenborder binde ich gut am Heck fest. Da ich den Motor alleine nicht hochbekomme, werde ich ihn wohl auf dem Dinghi lassen und hinterher ziehen müssen. Motor an, langsam den Anker hochholen. Es ist absolut kein Wind. Als ich einkuppele und etwas Gas gebe, höre ich merkwürdige laute Geräusche von unter mir. Auskuppeln. Ungläubig. Schließlich war ja gestern noch alles in Ordnung, was sollte das plötzlich sein? Das Wasser unter mir ist 10m tief. Ich versuche es vorsichtig erneut. Vorwärts. Rückwärts. Das Geräusch bleibt. Mir gehen die Nackenhaare hoch. Ich bin manövrierunfähig. Motor ist nicht zu benutzen, die Segel auch nicht ohne Wind. Ich beschließe, an einem der anderen vor Anker liegenden Segler längsseits zu gehen, um erst einmal sicher fest zu sein. Meinen eigenen Anker zu werfen halte ich in dieser Situation nicht für so geeignet.

3 Einer der Segler erscheint gerade auf dem Deck, ein Franzose. Ich mache mich bemerkbar und tuckere ganz langsam auf ihn zu. Erkläre ihm, dass ich längs gehen möchte, weil ich ein undefiniertes Problem habe. Als ich fest liege, beraten wir uns. Er holt eine Unterwasserkamera, steigt in sein Beiboot und macht ein paar Fotos vom Unterwasserschiff. Was für ein Glück, dass ich nicht tauchen muß. Auf den Bildern ist eindeutig zu sehen: ich habe einen Flügel meines Propellers verloren! Einen Flügel meines schönen, neuen Faltpropellers! Ich bin fassungslos. Vor allem auch, weil ich in diesem Moment keine Ahnung habe, was ich machen kann. An dem anderen Boot längsseits bleiben ist keine Lösung auf Dauer, nur für kurze Zeit. Ich muß nachdenken. Gehe unter Deck und rufe erst einmal den befreundeten Segler an. Dieser verspricht mir Beistand, ich soll ihn an Land abholen. Dann wird man weitersehen. Als er an Bord ist, hat er eine Idee. Er möchte mein Dinghi längs ans große Boot binden und es damit in den Fischerhafen bugsieren. Ich halte ihn erst für verrückt. 5 Tonnen mit 2,6PS und meinem Mini-Dinghi. Wie soll das gehen? Wir haben aber keine andere Wahl und da es windstill ist, wird es wohl gehen. Der Franzose muß ins Dinghi, ich steuere und mein Bekannter steht auf dem Bug, bereit für den Landeanflug. Nun handelt es sich in Valle Gran Rey nicht um eine Marina, sondern nur um einen kleinen Fischerhafen, in dem die meisten kleinen Boote an Mooringbojen dümpeln.

4 Vor der Kaimauer liegen ein paar größere Boote, Segel- und Motorboote. Das Heck ist an einer Mooringboje festgemacht, der Bug in Richtung Kai mit ganz langen Leinen befestigt. Möchte man an Land, fährt man dieses kurze Stück mit dem Beiboot. Diese Boote sind unser Ziel. Ich möchte mich dazwischenschieben und auch so festmachen. Das scheint die sicherste Möglichkeit. Wir schaffen es auch, die Arilon mit dem Dinghi passend zwischen die bereits dort liegenden Boote zu manövrieren. An Land ist man bereits auf uns aufmerksam geworden. Die Touristen sammeln sich auf dem Kai und gucken neugierig. Die Tage vergehen. Ich versuche, einen Propeller zu bekommen. Vorort unmöglich. Die nette Sekretärin des Fischereibüros versucht, mir auf Teneriffa einen zu organisieren erfolgslos. In Deutschland drei Wochen Lieferzeit, wie lange das Teil dann beim Zoll hängen bleit, ist fraglich. Die Kanaren gehören steuerlich nicht zur EU. Ich bin lustlos, möchte nicht so wirklich etwas unternehmen. Die Insel lockt mich nicht. Ich sitze an Bord und denke nach. Auf Teneriffa habe ich ein nettes Angebot bekommen, eine Weile auf einer Kakteenfarm zu bleiben. Ich könnte dort das Gartenhäuschen bewohnen, das voll möbliert ist. Dort ein wenig mit anpacken. Je länger ich darüber nachdenke, um so mehr Lust habe ich auf eine Pause vom Segeln. Mal wieder ein wenig Landluft schnuppern. Ich habe dort so viele nette Menschen kennengelernt. Doch vorher heißt es, den Propeller zu besorgen. Ich beschließe, mir für zwei Tage ein Auto zu mieten und damit zurück nach San Sebastian und zur Marina zu fahren. Vielleicht erreiche ich dort etwas, dort spricht man wenigstens Englisch. Zurück in der Marina treffe ich viele Segler, die ich kenne. Einer von ihnen hat doch tatsächlich einen passenden Festpropeller als Reserve an Bord! Ich freue mich. Schnell werden wir uns einig, ich kann ihn abkaufen. Auf einer anderen Yacht kenne ich den Skipper und weiß, dass er auch Taucher ist und eine Ausrüstung an Bord hat. Ihn frage ich, ob er sich den Wechsel unter Wasser zutraut. Er sieht es positiv, möchte es versuchen. Am nächsten Morgen fahre ich mit zwei Männern und der Taucherausrüstung zurück zum Boot. Nach zwei langen Stunden dann die Meldung: Propeller erfolgreich gewechselt! Ich freue mich wahnsinnig. Ich kann wieder fahren! Zumindest bis zur nächsten Möglichkeit, aus dem Wasser zu gehen. Das ganze sollte noch einmal kontrolliert werden. Nun heißt es aber erst, auf ein passenden Wetterfenster zu warten. Das wird gar nicht so einfach. Erst einmal ist richtig starker Wind. Nicht gemeldet, und auch nur im Hafen vorhanden. Den ersten Tag bleibe ich an Bord. An einen Landgang ist nicht zu denken. Der Wind peitscht die Wellen Richtung Land, sie sind ungefähr einen halben Meter hoch. Im Hafenbecken! Dinghi fahren Fehlanzeige. Zu gefährlich. Ich messe 11 bft Windstärke in den

5 Böen. Die ganze Nacht geht das so. Ich fühle mich ausgesprochen unwohl. Die Boje, an der ich festgemacht bin, muß zwei Boote halten. Sie ist komplett unter Wasser. Die Boote tanzen an ihren Leinen, die Touristen stehen wieder an der Pier und gucken was passiert. Ein kleines Fischerboot schwimmt am nächsten Morgen mit dem Kiel nach oben. Ein Motorboot hat sich losgerissen. Schließlich wird es etwas ruhiger und ich wage die Fahrt an Land. Maja möchte mal wieder laufen und auch ich freue mich über ein wenig Ruhe und einen Spaziergang. Als wir etwas später an den Hafen zurückkommen, hat der Wind wieder aufgefrischt. Wieder ist an eine Fahrt mit dem Dinghi nicht zu denken. Ich komme nicht an Bord zurück. Es ist erst mittags und ich hoffe, dass der Wind bis zum Abend abnimmt. So vertreibe ich mir die Zeit, indem ich zu den Segelbooten laufe, die an der Hafenmole festgemacht haben. Dort angekommen, schaue ich zu meinem Boot zurück. Es ist weg! Ich kann das Heck zwischen den anderen Booten nicht mehr sehen. Panik ergreift mich. Es hat sich losgerissen! Ich renne zurück. Die Heckleine ist gerissen und die Arilon hängt mit dem Bug an der Betonmauer. Zum Glück ist dort der Anker, der sie vor Schaden bewahrt. Das Heck hängt schräg am Nebenboot. Schon sind mehrere Männer vorort, sie springen wagemutig von der Kaimauer aus auf mein Boot. Ich stehe wie angewurzelt und kann nichts tun. Springen traue ich mich nicht. An eine Fahrt mit dem Dinghi ist nicht zu denken. Zu dritt schaffen sie es, bei inzwischen wieder geschätzten 11bft, das Boot zurück an seinen Platz zu ziehen und wieder an der Boje zu befestigen.

6 Eine nette Urlauberin, die das ganze mitbekommen hat, lädt mich spontan ein, die Nacht in ihrer Ferienwohnung zu verbringen. Ich nehme dankbar an, kann mir beim besten Willen keine Nacht an Bord vorstellen. An Bord komme ich sowieso nicht. So habe ich etwas Abstand, um über alles nachzudenken. Ich beschließe, mein Boot für eine Weile an Land zu stellen und eine Pause auf der Kakteenfarm zu machen.