Beitrag: Krise in der Ukraine Oligarchen finanzieren Bataillone
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- Berndt Otto
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1 Manuskript Beitrag: Krise in der Ukraine Oligarchen finanzieren Bataillone Sendung vom 5. August 2014 von Joachim Bartz, Alisa Bauchina und Simon Erhardt Anmoderation: Mit dem Krieg kommen die Lügen. Und zwischen den Propaganda-Fronten versuchen Journalisten, aus gelenkten Informationen und manipulierten Belegen die Tatsachen herauszufiltern. Im Konflikt um die Ukraine wollten zwei junge Filmemacher sich selbst ein Bild machen, ungefiltert. Sie reisten wochenlang durchs ganze Land und berichteten per Blog und Facebook: unmittelbar und, so ihr Anspruch, unverfälscht. FACES of Ukraine, Gesichter der Ukraine, haben sie ihr Projekt genannt. Denn für sie hat der Krieg viele Gesichter, auf beiden Seiten. Und während die ganze Welt die Separatisten im Focus hat, schauen Alisa Bauchina und Simon Erhardt auch deren Gegnern in die Augen. Die jetzt gerade Richtung Donezk marschieren. Nahaufnahmen vom Söldnerheer ukrainischer Oligarchen. Text: Wir sind auf dem Weg zu einem Schießstand in der Nähe von Dnepropetrowsk in der Ostukraine. Im Bus Angehörige des Freiwilligen-Bataillons Dnepr darunter junge Frauen. Es ist Bürgerkrieg, deshalb lernen sie den Umgang mit der Waffe. Das Bataillon Dnepr ist eine paramilitärische Truppe aus Freiwilligen. Davon entstehen in der Ukraine derzeit immer mehr, weil die ukrainische Armee zu schwach ist. Die Kämpfer des Bataillons Dnepr stehen auf Regierungsseite. Sonnenschutz vor der vierstündigen Schießübung draußen in der Hitze. Das nehmen sie in Kauf, leisten so ihren Beitrag zum Sieg über die Separatisten. Patriotisch, wenn auch ernüchtert. O-Ton Natalja Malucha: Ehrlich gesagt, die vergangenen zwei Monate waren furchtbar. Wir wissen nicht, wie es morgen weitergehen soll. Wir lernen das Schießen für den Fall, dass unsere Männer
2 uns nicht mehr beschützen können. Sie sterben jeden Tag. O-Ton Daria Belaja: Ich helfe in einem Militärkrankenhaus und betreue verwundete Kämpfer. Wir liefern auch Essen, Trinken, Medikamente und auch Munition ins Kampfgebiet. Unterwiesen werden die Freiwilligen von Profis. Unter anderem von einem israelischen Staatsbürger, der in der Ukraine geboren wurde und seiner alten Heimat helfen will. Alex, so nennt sich der Ausbilder, war auch schon an Kampfeinsätzen des Bataillons Dnepr beteiligt. O-Ton Alex, Ausbilder aus Israel: Hier kommen auch Kämpfer anderer Bataillone her, aus der ganzen Ukraine. Gestern zum Beispiel hatten wir hundert Leute hier. Nach der Schießübung geht es für die Schützen zurück nach Hause. In einem der nagelneuen Autos des Bataillons, gesponsert von einem ukrainischen Milliardär. Wir fahren weiter zum nächsten Bataillon. Nach Osten, näher an die Front, in die Stadt Artjomowsk. Stützpunkt der Truppe Donbass mit 500 freiwilligen Kämpfern. Sie unterstehen zwar dem Kiewer Innenministerium, werden aber ebenfalls von dem ukrainischen Oligarchen bezahlt. Der Einsatzbefehl zum Kampf gegen die Separatisten kann jederzeit erfolgen. Eine Schule wurde zum Heerlager. In knapp vier Wochen, am ersten September, soll hier wieder der reguläre Unterricht beginnen. Doch niemand hier glaubt, dass der Bürgerkrieg dann schon vorbei ist und die Kämpfer nach Hause gehen. Sprichwörtlich auf einem Pulverfass schläft Waffenwart Sergej Schkoropad. Stolz zeigt er uns den Inhalt der Waffenkisten. O-Ton Sergej Schkoropad: Hier sind Granatwerfer, Munition und Zielvorrichtungen. Und hier vorn Maschinenpistolen, die gerade nicht gebraucht werden. Schkoropad stammt aus dem südukrainischen Odessa und ist bekennender Nationalist. Wenn die Kamera aus ist, geben die Kämpfer zu, dass sie für ihren Einsatz Geld bekommen, seit Monaten aber stehe der Sold aus. Vor laufender Kamera beteuern sie, keine Söldner, sondern Patrioten zu sein. Sie müssten die Gefahr aus Russland abwehren. O-Ton Sergej Schkoropad:
3 Ich konnte nicht mehr zusehen, was die verfluchten Separatisten alles so anrichten. Und was Russland meiner ukrainischen Heimat antut. O-Ton Anatolij, Westukrainer: Auf hundert Separatisten kommen nur zwei Einheimische. Alle anderen stammen aus Russland. So gesehen, kämpfen wir hier also gegen die Russen. Ich bin Schütze. Und keine Sorge, wir bringen sie alle um. Bald ist Schluss damit. Wir fahren mit Kämpfern des Bataillons Donbass vom Stützpunkt aus ins Kriegsgebiet. Die Atmosphäre ist angespannt. Einer, der sich Joscha nennt, gibt Anweisungen. O-Ton Joscha : Wenn es zu einer Schießerei kommt, dann schmeißt euch sofort auf den Boden! Ein Land am Abgrund. Spuren der jüngsten Kämpfe. Keiner kümmert sich um die Toten. Angeblich sollen sich hier noch Scharfschützen der Separatisten verstecken. Überall Leichengeruch. Wir sind an der Front. Ein Checkpoint des Freiwilligen-Bataillons Donbass markiert befreites Gebiet. Bis vor ein paar Stunden sollen hier noch prorussische Kämpfer die Stellung gehalten haben. Und noch gehen die Gefechte weiter. Die Rauchwolken zeigen: Auch die ukrainische Armee ist im Kampfeinsatz, beschießt aus einer anderen Position die Stadt Lyssytschansk, die noch unter Kontrolle der Separatisten ist. Vier Kilometer vom Stadtzentrum entfernt wieder ein Stützpunkt des Bataillons Donbass. O-Ton Oleg: Diese Jungs hier auf den Schützenpanzern sind die wahren Helden des Krieges. Sie stürmen als erste die Barrikaden der Feinde. Und die haben Angst vor solchen Waffen. Auf dem Weg hierher haben Sie bestimmt die toten Separatisten am Straßenrand gesehen. Erst rollen unsere Panzer, und dann kommen wir und erledigen den Rest. Der Kommandeur des Bataillons schwört die Bewohner der Stadt auf schwere Stunden ein. O-Ton Semjon Semjontschenko, Kommandeur Bataillon Donbass : Richten Sie den Leuten aus: Bleiben Sie in ihren Kellern! Versuchen Sie nicht, die Stadt zu verlassen! Manchmal schaffen es die Autos, aber oft werden sie von den Terroristen beschossen.
4 So wie in Lyssytschansk geraten an vielen Orten der Ukraine Zivilisten ins Kreuzfeuer von regulären und irregulären Truppen. Wie der Bürgerkrieg ausgeht, ist noch längst nicht entschieden. Denn wie die russischen Separatisten rüstet auch die ukrainische Seite auf, wirbt im Internet um Freiwillige. Zum Beispiel für das Bataillon Asow, ein Sammelbecken für ukrainische Nationalisten und Rechtsextreme. Ihr Symbol - angelehnt an die sogenannte Wolfsangel: ein Nazi-Emblem aus NS-Zeiten. Der Werbeclip für das Kiew-treue Bataillon Dnepr läuft am größten Kaufhaus der Stadt Dnepropetrowsk in Endlosschleife. Hier in Dnepropetrowsk ist er der Chef: Milliardär Igor Kolomojski, Gouverneur der Region. Er allein bezahlt mindestens fünf Bataillone, angeblich mehrere tausend Mann. Er ist die rechte Hand des Milliardärs, findet die Finanzierung durch Kolomojski richtig. O-Ton Boris Filatow, stellv. Gouverneur der Dnepropetrowker Region: Er ist der Einzige von den ganz großen Geschäftsleuten, der sich wie eine Schutzmauer vor seine Heimat stellt. Ich verstehe nicht, warum andere Milliardäre, wie Achmetow, nicht auch Freiwilligen-Bataillone finanzieren. Ich gebe auch Geld für diese Bataillone und ich bin auch ein großer Geschäftsmann. Und was ist mein Profit? Unser Profit ist die Sicherheit unserer Region. Bei uns ist es ruhig, hier werden keine Leute umgebracht und entführt. Hier werden keine Häuser gesprengt. Wir erleben keine Bombardements. Das ist unser Gewinn. Die Staatsmacht bröckelt. Die Ukraine vor der Spaltung. Das ist die Stunde für Leute wie ihn nur ein paar Zimmer weiter sitzt Jurij Berjosa. Kommandeur des Bataillons Dnepr mit 5000 Mann. O-Ton Jurij Berjosa, Kommandeur Bataillon Dnepr : Bis hierhin hat das Bataillon Dnepr die Region bereits befreit. Als nächstes ist die Krim dran, die gehört uns. Die Russen können sich warm anziehen. Sie provozieren uns dermaßen, dass wir bereit sind, bis nach Moskau zu ziehen. Wir sind gute Kämpfer. Bis nach Moskau? Größenwahn, Nationalismus und Gewaltbereitschaft - eine Tragödie. Im ukrainischen Bürgerkrieg starben bereits Menschen. Abmoderation:
5 Die Separatisten hatten ihr wahres Gesicht bereits beim Plündern auf dem Trümmerfeld von MH17 gezeigt. Aber sind die ukrainischen Söldner durchweg besser? Beide Seiten scheinen besoffen vom Krieg. Berechenbar nur in ihrer unberechenbaren Gefährlichkeit - für uns alle. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.
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