Nimm's leicht! Unterrichtspaket zum Heben und Tragen von Lasten

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1 Nimm's leicht! Unterrichtspaket zum Heben und Tragen von Lasten Wichtige Fragen Antworten Ziel Lehrende und Lernende können sich zu wichtigen Fragen betreffend manuellem Lastentransport Informationen beschaffen. Zielgruppe - Berufsschullehrpersonen - Sicherheitsbeauftragte in Betrieben - Vorgesetzte von Lernenden - Generell alle Personen, die bei ihrer Arbeit Lasten manuell bewegen Inhalt und Anwendung Das Dokument beantwortet ausführlich wichtige Fragen. Präsentation für Schulen Struktur des Unterrichtspaketes vorliegendes Dokument rot markiert Vertiefungsaufgaben Niveau 1 Wichtige Fragen Methodik / Didaktik Kommentar Schulen Präsentation für Betriebe Werkstatt / Übungen Vertiefungsaufgaben Niveau 2 Kommentar Betriebe Ein- und Ausstiegstest

2 1. Der Rücken Welche Aufgabe hat die Wirbelsäule? 3 Was sind die Bausteine der Wirbelsäule? 4 Welche Funktion haben Bandscheiben, wie sind sie aufgebaut und wie werden sie ernährt? 4 2. Belastungskriterien und Einflüsse beim Heben und Tragen Welche menschlichen Kriterien und Eigenschaften haben einen Einfluss auf das Tragevermögen? 5 Welche Eigenschaften einer Last können deren Heb- und Tragbarkeit beeinflussen? 6 Welche situationsbedingten Kriterien sind beim Heben und Tragen zu berücksichtigen? 7 Werden Rücken und Bandscheiben auch belastet, wenn man nichts trägt? 8 Wie kann man die ungefähre Druckbelastung der Bandscheiben bei gebeugtem Rücken berechnen? 8 3. Zumutbare Lastgewichte Welche Lastgewichte sind zumutbar? 9 Was kann man gesunden und kräftigen Profis zumuten? 9 4. Gesetzliche Grundlagen Welches sind die gesetzlichen Grundlagen für den manuellen Lastentransport? 10 Was sind VUV und ArGV 3? 10 Welches Gesetz schützt arbeitende Jugendliche? 10 Welches Gesetz schützt schwangere Arbeitnehmerinnen? Die richtige Hebetechnik und der Trainingseffekt Welche Grundregeln sind beim Heben und Tragen von Lasten zu beachten? 11 Was sollte unbedingt vermieden werden? 11 Welche Muskelgruppen werden beim richtigen Heben und Tragen aktiviert und trainiert? 12 Warum muss der Körper regelmässig belastet werden? Einsatz von Hebe- und Transportmitteln Ab wann sollten Hilfsmittel für den manuellen Lastentransport eingesetzt werden? 13 Welche manuellen Transporthilfsmittel gibt es? 13 Muss der Arbeitgeber Hilfsmittel für den Lastentransport zur Verfügung stellen? 13 Muss der Arbeitnehmer die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel benutzen? 13 Hat ein Arbeitnehmer das Recht dem Arbeitgeber Vorschläge für die Beschaffung von Hilfsmitteln zu unterbreiten? 14 Darf man mit einem Rückenstützgurt schwerer heben als ohne Gurt? 14 Wann sollen Lasten zu zweit getragen werden? Gefährdungen erkennen und beurteilen Wie erkenne ich frühzeitig Belastungssituationen im Betrieb? 15 Ab welchen Lastgewichten sollte der Arbeitgeber eine Gefährdungsermittlung vornehmen? 15 Welche einfache Methode eignet sich für eine Gefährdungsermittlung? 15 Wie kann man prüfen, ob Lastentransporte im Betrieb sorgfältig geplant und ausgeführt werden? 15 Welche Berufe und Branchen sind besonders gefährdet? Verhalten bei Rückenbeschwerden Was mache ich, wenn ich Rückenbeschwerden habe? 17 Was kann ich machen, wenn Rückenschmerzen bei der Arbeit auftreten? 17 Verschwinden Rückenschmerzen von selbst wieder? 17 Wann sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen? 18 Was ist eigentlich ein Bandscheibenvorfall? Prävention von Rückenbeschwerden Wie kann ich meine Muskeln trainieren? 19 Wie erkenne ich im Betrieb frühzeitig heikle Belastungssituationen für den Rücken? 19 Was mache ich, wenn ein Kollege im Betrieb seinen Rücken unsinnig belastet? 20 Wie kann ich Regenerationsphasen im Betrieb einbauen? 20 Worauf muss ich achten, damit ich lange arbeitsfähig und gesund bleibe? 20 Welche Folgen kann es im Alter haben, wenn ich meinen Rücken im Berufsleben falsch belaste? Freizeitbelastung Welche Gefahren gibt es für den Rücken in der Freizeit? 21 Welche Sportarten bergen ein besonderes Risiko für den Rücken? 21 Wie gefährlich sind Doppelbelastungen in der Freizeit und im Beruf? 21

3 1. Der Rücken Welche Aufgabe hat die Wirbelsäule? Die Wirbelsäule ist die tragende Stützkonstruktion des Körpers. Stabile knöcherne Bestandteile sind mit druckelastischem Gewebe kombiniert und verbinden sich mit Muskeln, Bändern und Sehnen zu einer funktionellen Einheit. Die Wirbelsäule hat vier wesentliche Funktionen: Stütze, Schutz, Federung und Bewegung. 1. Als Stütze sorgt die Wirbelsäule dafür, dass der Rumpf nicht zusammensinkt. 2. Die Wirbelsäule, d.h. der Wirbelkanal umgibt und schützt das weiche, empfindliche Rückenmark. Das Rückenmark ist Teil des zentralen Nervensystems und bildet die Verbindung zwischen den Organen, den verschiedenen Körperstrukturen und der zentralen Leitstelle des Körpers, dem Gehirn. 3. Die Wirbelsäule stellt sich bei natürlicher Körperhaltung in langgestreckter Doppel-S-Form dar. Vom Kopf aus gesehen ergibt sich eine Vorbiegung der Halswirbelsäule, eine Rückschwingung der Brustwirbelsäule, danach eine Vorschwingung der Lendenwirbelsäule und eine Rückschwingung im Bereich des Kreuzbeines. Diese S-Form sorgt im Zusammenspiel mit der Muskulatur für eine Art Federwirkung. Dadurch wird das Gehirn vor Erschütterungen geschützt. 4. Weiter fördert die Wirbelsäule durch ihre Biegsamkeit die Bewegungen der Gliedmassen. Sie ermöglicht Dreh-, Streck- und Beugebewegungen des Rumpfes. 3

4 Was sind die Bausteine der Wirbelsäule? Die Hauptbestandteile der Wirbelsäule sind Wirbelkörper und Bandscheiben. Die Wirbelsäule setzt sich zusammen aus 7 Halswirbeln, 12 Brustwirbeln, 5 Lendenwirbeln sowie 9 im Laufe der menschlichen Entwicklungsgeschichte fest zum Kreuzbzw. Steissbein verschmolzenen ehemaligen Wirbeln. Durch die Aneinanderreihung der Wirbelkörper entsteht das Rückgrat mit dem Wirbelkanal, der das Rückenmark schützt. Die Endflächen der Wirbelkörper selbst sind durch elastische Polster, die Bandscheiben, fest miteinander verwachsen. Insgesamt hat die Wirbelsäule 23 Bandscheiben. Die Festigkeit der Wirbelsäule wird gewährleistet durch ein System von Bändern, die sich längs über Wirbelkörper und Bandscheiben hinweg ziehen. Ein breites vorderes Band ist an den Wirbelkörpern verankert, ein schmaleres hinteres Band ist mit den einzelnen Bandscheiben fest verwachsen. Welche Funktion haben Bandscheiben, wie sind sie aufgebaut und wie werden sie ernährt? Faserring Gallertkern Bandscheibe Die Funktion der Bandscheiben ist vergleichbar mit der von Puffern. Sie verteilen den auf der Wirbelsäule lastenden Druck gleichmässig, ermöglichen eine Biegung der Wirbelsäule nach allen Richtungen und dämpfen in begrenztem Umfang harte Stösse. Bandscheiben bestehen aus einem faserigen Ring, der einen gallertartigen, prall-elastischen Kern umgibt. Der Stoffaustausch erfolgt bei den Bandscheiben durch eine Art Pumpmechanismus. Ähnlich wie bei einem Schwamm dringt bei Entlastung der Bandscheibe Flüssigkeit ein. Druck, Drehung und Kippung der Bandscheibe führen zu einem Flüssigkeitsaustritt. Haltungskonstanz im Sitzen oder Stehen führt zum Stillstand des Stoffwechsels, mit anderen Worten: Die Bandscheiben leben von der Bewegung. 4

5 2. Belastungskriterien und Einflüsse beim Heben und Tragen Welche menschlichen Kriterien und Eigenschaften haben einen Einfluss auf das Tragevermögen? Bei jedem Hebe- und Tragevorgang sind verschiedene Kriterien zu berücksichtigen. Diese Kriterien hängen ab von den Eigenschaften des Menschen, der die Last tragen soll, von der Last selbst und von den Bedingungen. Die menschlichen Kriterien, die beim Heben und Tragen von Lasten eine Bedeutung haben sind: - Geschlecht - Alter - Körpergrösse - Konstitution - der momentane Gesundheitszustand Frauen haben im Durchschnitt 40% weniger Muskelmasse als Männer. Die zumutbaren Lastgewichte für Frauen liegen demzufolge auch 40% tiefer als bei Männern. Grösste Hebeleistungen werden im Alter von 20 bis 35 Jahren erreicht. Das liegt unter anderem an der Muskelkraft und der Belastbarkeit der Bandscheiben. Jugendliche und Erwachsene über 50 Jahren können nur etwa 2/3 der maximalen Lasten heben. Grosse Personen haben einen Vorteil beim Bewegen von Lasten auf hohen Arbeitsflächen. Sie müssen beim Heben aber ganz besonders auf eine gute Haltung achten, denn bei vorgebeugtem Rücken ist der Hebelarm zur Lendenwirbelsäule länger als bei einer kleinen Person. Kleine Personen müssen beim Heben eventuell die Schultern hochziehen oder beugen sich nach hinten und fallen ins Hohlkreuz. Ein kräftig gebautes Skelett und eine kräftige, trainierte Muskulatur erlauben, Gewichte von 50 kg und mehr zu heben. Diese Voraussetzung ist beispielsweise bei Bauarbeitern, Möbelspediteuren oder Rettungssanitätern gegeben (in der Regel). Bei Müdigkeit, Unwohlsein oder in einer Erholungsphase nach einem Unfall oder einer Krankheit ist die körperliche Belastbarkeit in jedem Fall geringer. 5

6 Welche Eigenschaften einer Last können deren Hebund Tragbarkeit beeinflussen? Last ist nicht gleich Last. Neben dem Hauptkriterium des Gewichtes gibt es weitere Punkte, die einen Einfluss auf die Heb- und Tragbarkeit haben. Dazu gehören: - die Form der Last - das Volumen - die Lage des Schwerpunktes - die Stabilität - die Greifbarkeit - die Temperatur - die Viskosität (Flüssigkeitszustand) Lasten mit gleichem Gewicht, aber unterschiedlicher Form werden nicht als gleich schwer empfunden. Ein 25 kg schwerer Sack z.b. lässt sich gut auf der Schulter tragen, ein 25 kg schweres Stahlprofil mit Kanten weniger gut. Sperrige Güter lassen sich oft nur greifen, heben oder tragen, wenn man dabei eine extreme Körperhaltung einnimmt. Dabei ist Vorsicht geboten, weil es schnell zu hohen Belastungen des ganzen Bewegungsapparates kommen kann. Lange und unhandliche Lasten müssen gegebenenfalls von zwei Personen getragen werden, auch wenn sie leicht sind. Voluminöse Lasten müssen mit mässig gespreizten Armen sicher erfasst werden können (Abmessungen maximal 80% der Armspannweite). Lasten dürfen nicht so gross sein, dass sie das Gehen behindern oder die Sicht verdecken. Mit einfachen Traggurten können sperrige Lasten mühelos und in korrekter Körperhaltung getragen werden. Um die körperliche Belastung gering zu halten, sollte sich der Schwerpunkt der Last immer so nahe wie möglich am Körper befinden. Bei Kartons ist die Lage des Schwerpunktes oft gekennzeichnet oder durch die aussermittige Position von Grifflöchern angedeutet. Elastische oder biegsame Lasten sollten verstärkt werden. Lasten sollten immer mit beiden Händen fest und sicher gegriffen werden. Scharfkantige Lasten nur mit Schutzhandschuhen greifen. Ggf. Vakuum-, Magnet- oder Plattengriffe verwenden. 6

7 Welche situationsbedingten Kriterien sind beim Heben und Tragen zu berücksichtigen? Die Situationen und Umstände beim Transportieren von Lasten können sehr unterschiedlich sein und haben deshalb eine ganz besondere Bedeutung. Wichtige Kriterien sind: - Hubweg oder Hebehöhe - Transportdistanz - Wegbeschaffenheit - Häufigkeit - Hebetechnik - Hilfsmittel - Klima - Bekleidung - Lichtverhältnisse Die grösste Tragkraft wird in aufrechter Körperhaltung bei kurzem Lasthub erreicht. Kleinere Personen müssen die Lasten abstellen können, ohne dabei die Schultern hochzuziehen oder ins Hohlkreuz zu fallen. Hebehöhen über Kopf sollten nach Möglichkeit immer vermieden werden. Lasten, die im Normalfall ohne Probleme von Hand gehoben werden, können beim Tragen über längere Distanzen zur Überlastung führen. Transportwege können eben und rutschfest, aber auch uneben und rutschig sein und über Treppen, Leitern oder andere Hindernisse führen. Unbekannte Transportwege sollte man zur Sicherheit vorher ohne Last abschreiten und kontrollieren. Mit einer Last in beiden Händen lassen sich auch keine Lichtschalter betätigen. Die persönliche Hebe- und Tragetechnik hat einen ganz grossen Einfluss auf die Belastung des Körpers. Doch oft ist es gar nicht möglich, eine korrekte und körperschonende Haltung einzunehmen, beispielsweise bei ungenügender Raumhöhe, engen Platzverhältnissen oder einem Hindernis zwischen Standfläche und Last. Hilfsmittel zum Tragen oder Transportieren von Lasten müssen dafür geeignet sein. Sie können sonst zu Unfällen führen. Schwere muskuläre Arbeit sollte nicht bei grosser Hitze ausgeführt werden, d.h. je höher die Temperaturen desto weniger belastend sollte die Arbeit sein. In der Regel wird bei schwerer körperlicher Arbeit eine leichtere oder atmungsaktive Bekleidung gewählt. Spediteure von Kühlprodukten und Getränken sind oft grossen Temperaturschwankungen ausgesetzt. Verschwitzte Kleider sollten vor Betreten von Kühlräumen immer gewechselt werden. 7

8 Werden Rücken und Bandscheiben auch belastet, wenn man nichts trägt? Relativer Bandscheiben-Belastungsdruck Flüssigkeitsaufnahme Flüssigkeitsabgabe Wie kann man die ungefähre Druckbelastung der Bandscheiben bei gebeugtem Rücken berechnen? Ja, die Bandscheiben werden durch das Gewicht des Oberkörpers, des Kopfes und der Arme belastet. Die Belastung ist beim Sitzen und Anlehnen an geneigter Rückenlehne, sowie im Liegen tiefer, als im Stehen. Bei aufrechtem Sitzen ist die Belastung höher als im Stehen. Generell nimmt die Bandscheibenbelastung mit zunehmender Vorbeugung des Oberkörpers zu. Da beim Beugen des Rumpfes die Biegung vorwiegend im unteren Teil der Wirbelsäule, der Lendenwirbelsäule stattfindet, ist dort die Belastung besonders hoch. Das Hebesystem der Wirbelsäule entspricht einem zweiarmigen Hebel, wobei die Kraft der Rückenmuskulatur an den rund 5 cm langen Dornfortsätzen angreift. Das sind die knöchrigen Ausläufer hinten an den Wirbelkörpern. Der Lastarm bzw. der Abstand zwischen dem gemeinsamen Schwerpunkt von Oberkörper und Last und dem Drehpunkt in der untersten Lendenbandscheibe kann dagegen je nach Neigung des Rumpfes und Stellung der Arme eine Länge von 40 cm und mehr aufweisen. Nach dem Hebelgesetz muss die Kraft der Rückenmuskeln ca. 8 mal grösser sein als die Last. Das massgebende Lastgewicht setzt sich zusammen aus dem Oberkörpergewicht und der zu hebenden Last. Das erklärt auch, warum grosse und schwere Personen beim Heben mit vorgebeugtem Oberkörper besonders gefährdet sind. Besonders negativ wirkt sich beim Heben mit gebeugtem Rücken aus, dass die Bandscheiben keilförmig zwischen den Wirbelkörpern liegen und die Belastung unterschiedlich ist. Der Druck ist ungleichmässig auf die vorderen zwei Drittel der Bandscheibe verteilt, während das hintere Drittel unter Zugspannung steht. 8

9 3. Zumutbare Lastgewichte Welche Lastgewichte sind zumutbar? Die oberen Richtwerte für zumutbare Lastgewichte betragen 25 kg für Männer und 15 kg für Frauen. Im Einzelfall können die Lastgewichte, die man ohne Risiko heben und tragen kann, auch schwerer oder leichter sein. Ausschlaggebend dafür sind der Mensch selbst, die Last und die Situation. Alter Männer Frauen kg 12 kg kg 14 kg kg 15 kg kg 13 kg > kg 10 kg Die Leistungsfähigkeit hängt unter anderem vom Geschlecht und Alter ab, wie die nebenstehende Tabelle zeigt. Die Richtwerte machen ersichtlich, dass Frauen weniger heben und tragen dürfen als Männer. Das liegt daran, dass Frauen im Durchschnitt über 40 % weniger Muskelmasse verfügen. Dementsprechend liegen die zumutbaren Lastgewichte auch 40 % tiefer als bei Männern. Was kann man gesunden und kräftigen Profis zumuten? Personen mit gut trainierter Muskulatur, guter Konstitution und Routine können auch Lasten tragen, die die obigen Richtwerte überschreiten. Es sind meist Profis wie Möbelspediteure, Forst-, Bauarbeiter oder Handwerker. Diese Personen tragen oft Tag für Tag schwere Lasten, ohne dabei Schaden zu nehmen. Profis beherrschen aber auch die richtige Hebe- und Tragetechnik, d.h. sie verhalten sich körpergerecht. 9

10 4. Gesetzliche Grundlagen Welches sind die gesetzlichen Grundlagen für den manuellen Lastentransport? Die gesetzlichen Grundlagen für den manuellen Lastentransport verlangen vom Arbeitgeber, dass Lasten in erster Linie mechanisch oder mit geeigneten Hilfsmitteln bewegt werden sollen und die Mitarbeitenden über das richtige Heben und Tragen von Lasten anzuleiten sind. Die massgebenden gesetzlichen Grundlagen sind: - Artikel 6 und 41 der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV) - Artikel 25 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3) - Richtwerte für physische Belastungen gemäss "Grenzwerte am Arbeitsplatz", Suva Publikation 1903.d Was sind VUV und ArGV 3? Welches Gesetz schützt arbeitende Jugendliche? Welches Gesetz schützt schwangere Arbeitnehmerinnen? VUV: Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten Die VUV gibt Vorschriften für die Betriebssicherheit aller Betriebe, die in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen. ArGV 3: Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz ArGV 3 regelt die Massnahmen, die in den Betrieben für die Gesundheitsvorsorge zu treffen sind. Arbeitende Jugendliche unterliegen erweiterten Schutzbestimmungen, denn ihr Körper befindet sich noch im Wachstum und darf nicht gleich hoch belastet werden, wie der Körper eines Erwachsenen. Viele Jugendliche leiden bereits unter chronischen Gesundheitsproblemen. Die Verordnung 5 zum Arbeitsgesetz (Jugendarbeitsschutzverordnung, ArGV 5) regelt den Schutz der Gesundheit und der Sicherheit von jugendlichen Arbeitnehmenden. In einer ergänzenden Verordnung des EVD (Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement) werden gefährliche Arbeiten für Jugendliche aufgelistet. Dazu gehören "Arbeiten, welche die physische Leistungsfähigkeit von Jugendlichen objektiv überschreiten". Gemäss Mutterschaftsverordnung, Artikel 7, dürfen Frauen bis Ende des 6. Schwangerschaftsmonats nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen regelmässig Lasten von mehr als 5 kg oder gelegentlich Lasten von mehr als 10 kg versetzt werden. Ab dem 7. Schwangerschaftsmonat dürfen Schwangere für Arbeiten mit Lastenmanipulationen generell nicht mehr eingesetzt werden. 10

11 5. Die richtige Hebetechnik und der Trainingseffekt Welche Grundregeln sind beim Heben und Tragen von Lasten zu beachten? Um Schäden am Rücken zu vermeiden, ist es wichtig, eine richtige Hebe- und Tragetechnik anzuwenden. Die Grundregeln für richtiges Heben und Tragen sind: - Auf sicheren Stand achten - In die Knie gehen, aber nur so tief wie nötig - Last sicher greifen, nach Möglichkeit immer mit beiden Händen - Mit gestrecktem, flachem Rücken heben - Last nahe am Körper halten Beim richtigen Heben mit geradem Rücken liegt die Wirbelsäule in gestreckter Haltung auf dem Becken auf und dient als Stütze, nicht als hebendes Element. Die eigentliche Hebebewegung erfolgt aus den Gesässmuskeln und Hüftgelenken. Die Bandscheibenbelastung ist beim Heben mit flachem Rücken infolge der günstigeren Hebelarmverhältnisse rund 20% geringer als beim Heben mit rundem Rücken. Noch vorteilhafter wirkt sich die Tatsache aus, dass die Bandscheiben bei flachem Rücken parallel zwischen den Wirbelkörpern liegen und gleichmässig belastet werden. Was sollte unbedingt vermieden werden? Beim Heben und Tragen von Lasten sollte ein krummer Rücken unbedingt vermieden werden, auf gerade Haltung der Wirbelsäule ist zu achten. Um nicht in das Hohlkreuz zu fallen, also den Rücken nicht nach hinten zu krümmen, sind Ablageflächen so zu wählen, dass sie nicht zu hoch sind. Allenfalls kann ein Dreitritt benutzt werden, um höhere Stellen zu erreichen. Lasten mit nicht bekanntem Gewicht sind vorsichtig anzuheben und keinesfalls ruckartig in die Höhe zu reissen. Beim Umladen von Lasten ist darauf zu achten, den Oberkörper nicht zu verdrehen, sondern einen Zwischenschritt zu machen. Um die Belastung der Wirbelsäule möglichst gleichmässig zu halten, ist auf schweres einseitiges Heben und Tragen zu verzichten. Beim Anheben von Lasten darf nicht bis zum Anschlag in die Knie gegangen werden. Um einen sicheren Transport von Lasten zu gewährleisten, sollen Lasten so getragen werden, dass die Sicht nicht verdeckt wird. 11

12 Welche Muskelgruppen werden beim richtigen Heben und Tragen aktiviert und trainiert? Wer mit gebeugtem Rücken, mit verdrehtem oder seitlich geneigtem Oberkörper Lasten hebt oder in schlechter Haltung Lasten bewegt, geht ein Gesundheitsrisiko ein. Wer hingegen beim Heben und Tragen auf die richtige Körperhaltung achtet, kann seine Muskeln bei der Arbeit trainieren. Folgende Muskelgruppen sind direkt beteiligt: - Bauchmuskulatur - Rückenmuskulatur - Gesässmuskulatur - Oberschenkelmuskulatur Die gleichen Muskeln braucht man, um eine aufrechte Haltung einzunehmen. Für eine gute Körperhaltung sollten sich diese Muskelgruppen bezüglich Kraft und Dehnung in einem Gleichgewicht befinden. Warum muss der Körper regelmässig belastet werden? Ohne Belastung wird die Muskulatur schwach und Knochendichte und -festigkeit nehmen ab. Druck-, Zug- und Scherbelastungen stellen die Gestaltungsgrössen der Knochen dar. Je nachdem wie diese Kräfte wirken und wie hoch sie sind, werden die Knochen auf- oder abgebaut, wobei die Muskeln die mechanische Belastung verursachen. Somit hängt die Knochendichte eindeutig mit der Skelettmuskelmasse und der Körperkraft zusammen. Durch verringerte Knochendichte sind die Knochen schwächer und anfälliger für Brüche und Deformationen. Bei Jugendlichen sind Bewegung und Belastung besonders wichtig, denn wenn das Skelett bis zum 20. Lebensjahr stetig belastet wird, bilden sich automatisch stabilere Knochen. Jugendliche, die sich noch in Wachstum und Entwicklung befinden, dürfen sich aber keinesfalls überlasten, denn das könnte Knochenmissbildungen und Wirbelsäulenschäden verursachen. 12

13 6. Einsatz von Hebe- und Transportmitteln Ab wann sollten Hilfsmittel für den manuellen Lastentransport eingesetzt werden? Für den manuellen Lastentransport sollten Hilfsmittel benutzt werden, wenn das Risiko einer körperlichen Überlastung oder ein Unfallrisiko besteht. bereits im Arbeitsablauf auf den Einsatz eines bestimmten Hilfsmittels hingewiesen wird. man mit einem längeren Transportweg rechnen muss. sich die Last schlecht greifen oder halten lässt. man sich nicht ganz sicher ist, dass man die Last mühelos manuell bewegen kann. Welche manuellen Transporthilfsmittel gibt es? Sperrige Lasten lassen sich meist gut mit Traggurten von Hand transportieren. Die gebräuchlichsten manuellen Hebehilfsmittel für Platten oder Lasten mit glatter ebener Oberfläche sind Vakuum- oder Klemmgriffe. Einfache und praktische Transporthilfsmittel für leichte Lasten sind Karren und Wagen. Es gibt sie in unzähligen Grössen und Ausführungen, auch speziell ausgerüstet für ganz bestimmte Lastformen wie Fässer, Platten oder Stapelboxen. Kleinere Karren und Wagen gibt es auch in klappbarer Bauweise. Sie lassen sich meist mühelos im Auto mitnehmen. Das wohl am häufigsten eingesetzte Hilfsmittel ist der Handgabelhubwagen für den Transport von Lasten auf Paletten. Muss der Arbeitgeber Hilfsmittel für den Lastentransport zur Verfügung stellen? Muss der Arbeitnehmer die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel benutzen? Ja, der Arbeitgeber ist gemäss der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV) und der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3) dazu verpflichtet. Manueller Transport von Lasten sollte zunächst nach Möglichkeit immer durch organisatorische Massnahmen und mechanische Ausrüstungen vermieden werden. Wenn sich manueller Transport von Lasten nicht vermeiden lässt, muss der Arbeitgeber geeignete Mittel zur Verfügung stellen. Ja, der Arbeitnehmer ist gemäss der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV) und der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3) dazu verpflichtet. Er muss die Weisungen des Arbeitgebers in Bezug auf die Arbeitssicherheit und die Gesundheitsvorsorge befolgen. Dazu gehört das Benutzen der Hilfsmittel. 13

14 Hat ein Arbeitnehmer das Recht dem Arbeitgeber Vorschläge für die Beschaffung von Hilfsmitteln zu unterbreiten? Darf man mit einem Rückenstützgurt schwerer heben als ohne Gurt? Ja, der Arbeitnehmer hat gemäss der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV) und der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3) ein Mitspracherecht bei Fragen der Arbeitssicherheit und der Gesundheitsvorsorge. Nein, mit einem Rückenstützgurt darf nicht schwerer gehoben werden. Ein richtig getragener Gurt hilft, die Wirbelsäule zu stabilisieren und gerade zu halten. Wann sollen Lasten zu zweit getragen werden? Lasten sollten zu zweit angehoben werden, sobald sie unhandlich oder sperrig sind und der Transport unnatürliche Verrenkungen erfordert. Das Tragen von schweren Lasten zu zweit vermindert die Belastung des Einzelnen und sorgt für einen sicheren Transport der Last. 14

15 7. Gefährdungen erkennen und beurteilen Wie erkenne ich frühzeitig Belastungssituationen im Betrieb? Manueller Lastentransport ist nicht grundsätzlich ein Gesundheitsrisiko. Belastungen können aber leicht entstehen, wenn die Verhältnisse oder das Verhalten nicht stimmen. Belastungssituationen können vorliegen, wenn - in ungünstigen Körperhaltungen gehoben und getragen wird (z.b. Vorbeugen, Verdrehen oder seitliches Neigen, körperfernes Tragen) - wenn die Handhabung durch die Beschaffenheit der Last erschwert wird (z.b. sperrig, unförmig, schlecht greifbar, heiss, kalt, scharfkantig, glatte Oberfläche) - wenn die Handhabung durch ungünstige Ausführungsbedingungen erschwert wird (z.b. wenig Bewegungsbereich, geringe Raumhöhe, schlechter Boden, lange Wege) - wenn es Beschwerden der Mitarbeitenden gibt (z.b. Rückenschmerzen, Zeitdruck, Ermüdung) Ab welchen Lastgewichten sollte der Arbeitgeber eine Gefährdungsermittlung vornehmen? Welche einfache Methode eignet sich für eine Gefährdungsermittlung? Bei regelmässigem Heben und Tragen von Lasten ab 7 kg bei Frauen und 12 kg bei Männern sollte gemäss "Grenzwerte am Arbeitsplatz" (Suva Publikation 1903.d) eine Gefährdungsermittlung vorgenommen werden. Mit dem "Ergo-Test: Heben und Tragen", (Suva Publikation d) kann man auf einfache Art beurteilen, ob bei der betreffenden Tätigkeit eine körperliche Überbeanspruchung möglich oder wahrscheinlich ist und ob Massnahmen erforderlich sind. Bewertet werden folgende Kriterien: - Lastgewicht - Körperhaltung - Ausführungsbedingungen - Zeiten, Weglängen oder Häufigkeit der Vorgänge Wie kann man prüfen, ob Lastentransporte im Betrieb sorgfältig geplant und ausgeführt werden? Mit der Suva Checkliste "Lastentransport von Hand" (Bestell Nr ) kann anhand von Fragen festgestellt werden, ob die Lastentransporte optimal geplant und ausgeführt werden. Folgende Themen werden behandelt: - Planung von Transportvorgängen - Hilfsmittel für den Lastentransport von Hand - Heben und Tragen - Schulung, Führung 15

16 Welche Berufe und Branchen sind besonders gefährdet? Als besonders gefährdet gelten folgende Berufe: - im Bauhaupt- und Nebengewerbe - in der Land- und Forstwirtschaft - im Gartenbau - in der Kranken- und Altenpflege - im Sanitäts- und Rettungsdienst - im Transportwesen und der Kommissionierung - in der Möbelspedition - im Maschinenbau und in der Metallverarbeitung - im Reinigungsgewerbe - in der Gastronomie 16

17 8. Verhalten bei Rückenbeschwerden Was mache ich, wenn ich Rückenbeschwerden habe? Rückenschmerzen sind nicht normal, aber häufig! 8 von 10 Menschen haben gelegentlich Rücken- oder Nackenbeschwerden. Bei Rückenschmerzen sollte man versuchen, im Rahmen des Möglichen und Erträglichen weiter zu arbeiten und sich dabei viel zu bewegen. Versuche haben gezeigt, dass Liegen und nichts tun am wenigsten Linderung bringen. Dazu sollte man sich aber auf jeden Fall überlegen, was die Ursache der Rückenbeschwerden sein könnte. Denn wenn die Ursache nicht beseitigt wird, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die Rückenbeschwerden länger andauern oder später wieder auftreten. Könnte die Ursache beim Arbeitsplatz bzw. in der Tätigkeit liegen, so muss man den Vorgesetzten darüber informieren. Für den privaten Bereich ist man selbst verantwortlich. Vielleicht hat man eine alte durchgelegene Matratze, vielleicht zu lange in gekrümmter Haltung vor dem Fernseher oder PC gesessen oder einem Kollegen beim Zügeln geholfen und sich dabei zu viel zugemutet. Was kann ich machen, wenn Rückenschmerzen bei der Arbeit auftreten? Wenn Rückenbeschwerden bei der Arbeit auftreten und ich vermute, dass sie durch die Arbeit verursacht wurden, muss ich den Vorgesetzten darüber informieren. Der Arbeitgeber hat die Pflicht mich anzuhören und die Angelegenheit abzuklären. Falls er selbst dazu nicht in der Lage ist, muss er einen Experten beiziehen. Eine häufige arbeitsbedingte Ursache von Rückenbeschwerden ist auch das Arbeiten in Zwangshaltungen. Das sind unnatürliche und einseitige Haltungen, die beispielsweise durch schlechte Arbeitsplatzgestaltung verursacht sind. In jedem Fall müssen Ursachen von Beschwerden beseitigt werden. Verschwinden Rückenschmerzen von selbst wieder? In den meisten Fällen verschwinden Rückenschmerzen von selbst wieder. Auch ein plötzlich einschiessender Rückenschmerz klingt meist nach ein paar Tagen wieder ab. Eventuell muss man sich ein wenig schonen oder ein Schmerzmittel einnehmen. Eine gewisse Unbeweglichkeit kann einige Zeit anhalten. Je mehr man sich bewegt, desto grösser sind die Chancen auf rasche Besserung. 17

18 Wann sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen? Normalerweise kann man zunächst abwarten, wie sich die Schmerzen entwickeln. Bei Unsicherheit oder Angst ist es allerdings ratsam einen Arzt aufzusuchen. In jedem Fall einen Arzt aufsuchen sollte man bei folgenden Warnzeichen: - Rückenschmerz mit Ausstrahlungen ins Bein - Schwierigkeiten beim Wasserlösen oder gar Verlust der Urinkontrolle - Verlust der Gefühlsempfindung im Gesässbereich - Ameisenlaufen, Kribbeln oder Schwäche in den Beinen Was ist eigentlich ein Bandscheibenvorfall? gestreckter Rücken gebeugter Rücken Bei besonders hohen oder ungünstigen Beanspruchungen (beispielsweise beim Heben schwerer Lasten mit gebeugtem Rücken) können Bandscheiben reissen und der Gallertkern gegen das Rückenmark oder gegen seitlich austretende Nerven gequetscht werden, was unter Umständen zu Lähmungserscheinungen führen kann. 18

19 9. Prävention von Rückenbeschwerden Wie kann ich meine Muskeln trainieren? Wer einen Beruf hat, bei dem er sich körperlich betätigen muss, kann bei der Arbeit und mit der Arbeit trainieren. Das klingt zwar etwas provokativ, ist aber richtig. Bei körperlicher Arbeit kann ich meine Muskeln trainieren. Voraussetzung ist aber, dass ich mich körpergerecht verhalte und meinen Körper richtig einsetze. Ein weiterer Vorteil dieser Arbeitsweise ist, dass ich weniger rasch ermüde. Wer bei körperlicher Arbeit nicht auf den Körper achtet, bekommt vielleicht Beschwerden, wird schneller müde (und ist dadurch anfälliger für einen Unfall) und ist am Abend oft lustlos und kaputt. Richtig Heben und Tragen kann man vielleicht nicht auf Anhieb. Es muss gelernt und geübt werden. Ideal ist, wenn im Betrieb entsprechende Instruktionen und Schulungen durchgeführt werden oder ein Physiotherapeut beigezogen wird (entsprechend qualifizierte Personen können über die Suva kontaktiert werden). Erfahrungen haben gezeigt, dass Personen, die sich in ihrer Freizeit sportlich betätigen, den Trainingseffekt kennen und sich in der Regel bei der Arbeit besser verhalten. Wie erkenne ich im Betrieb frühzeitig heikle Belastungssituationen für den Rücken? Heikle Belastungssituationen erkenne ich beispielsweise, wenn ich andere bei der Arbeit beobachte. - Müssen sie sich sehr anstrengen? - Arbeiten sie in extremen Körperhaltungen, zum Beispiel mit stark gebeugtem Rücken? - Sind sie oft ausser Atem oder klagen über Zeitdruck? Falls das so ist, stellt sich die Frage, ob die Verhältnisse daran schuld sind oder die Kolleginnen und Kollegen einfach nicht über richtiges Heben und Tragen oder den Gebrauch der Arbeitsmittel instruiert wurden. 19

20 Was mache ich, wenn ein Kollege im Betrieb seinen Rücken unsinnig belastet? Wie kann ich Regenerationsphasen im Betrieb einbauen? Worauf muss ich achten, damit ich lange arbeitsfähig und gesund bleibe? Ich spreche ihn direkt darauf an und erkläre, was die gesundheitlichen Folgen seiner Arbeitsweise sein können. Ich mache einen Vorschlag, wie man die gleiche Aufgabe besser ausführen kann und zeige es ihm. Spüre ich, dass ein Grossteil meiner Kollegen den Rücken falsch belastet, mache ich meinen Chef darauf aufmerksam und bitte ihn, eine Schulung zu organisieren. Ich versuche nach Möglichkeit immer, Abwechslung in meine Arbeit zu bringen. Es hat keinen Sinn, die körperlich anstrengenden Dinge alle auf einmal zu erledigen. Besser ist es, wenn die körperlich schwere Arbeit immer wieder durch leichtere Arbeit abgelöst wird, dann kann sich der Körper erholen. Ich kann auch versuchen, die körperlich anstrengenden Tätigkeiten immer vor den regulären Pausen zu erledigen. Dann habe ich automatisch eine Erholungsphase. Wenn ich zu wenig Regenerationsmöglichkeiten habe, informiere ich meinen Chef. Vielleicht kann die Arbeit besser organisiert werden, so dass auch andere mehr Abwechslung haben. Meine Gesundheit ist das beste Kapital. Mein Ziel soll aber sein, bis zur Pensionierung meine Arbeit erledigen zu können und auch danach noch gesund und fit zu sein. Der Körper ist in der Jugend belastbarer und ich spüre nicht sofort, wenn ich meinen Rücken einer falschen Belastung aussetze. Rückenschäden können sich allerdings auch langsam entwickeln, so dass ich Fehler aus der Jugend erst im Alter spüre. Darum halte ich mich an folgende Regeln: - Mich bei der Arbeit körpergerecht verhalten - Auf gesunde Ernährung achten - Genug Schlaf und Erholung einbauen - Für genügend Bewegung sorgen - Drogen: nein danke! Welche Folgen kann es im Alter haben, wenn ich meinen Rücken im Berufsleben falsch belaste? Die Folgen falscher Belastung können andauernde Schmerzen, eingeschränkte Beweglichkeit sowie verminderte Kraft im Alter sein. Dadurch wird die Selbständigkeit vielleicht stark beeinflusst. Im Extremfall ist nur noch ein Leben im Rollstuhl möglich. Das bedeutet einen grossen Verlust an Lebensqualität. 20

21 10. Freizeitbelastungen Welche Gefahren gibt es für den Rücken in der Freizeit? Eine schlechte Körperhaltung im Stehen oder eine Fehlhaltung beim Sitzen können eine grössere Belastung für den Rücken bedeuten, als eine korrekte Haltung beim Heben einer Last. Die Hauptgefahren für den Rücken in der Freizeit sind Sportarten, die Schläge oder Stösse auf die Wirbelsäule verursachen und zu langes Sitzen am Computer oder vor dem Fernseher, möglicherweise noch in einer falschen Haltung. Viele Jugendliche haben zu Hause einen Laptop. Wer längere Zeit davor verbringt, sollte unbedingt mit einer Zusatztastatur, einer Zusatzmaus und einem separaten Bildschirm arbeiten, sonst kommt es unweigerlich zu einer schlechten Haltung, die Rücken und Nacken stark belastet. Bei längerer Arbeit am Bildschirm müssen auch der Arbeitstisch und der Arbeitsstuhl abgestimmt sein. Welche Sportarten bergen ein besonderes Risiko für den Rücken? Grundsätzlich gilt: Jede Sportart ist gut, bei der die Wirbelsäule weitgehend gerade gehalten wird. Abrupte Drehungen in gebeugter Haltung oder hohe Belastungen mit Hohlkreuz können zu Rückenbeschwerden führen. Wer bereits Rückenprobleme hat, sollte mit einem Arzt oder Physiotherapeuten sprechen, bevor er sich für eine Sportart entscheidet. Folgende Sportarten bergen ein Risiko für den Rücken: - Tennis mit den ruckartigen Stopp- und Drehbewegungen - Badminton und Squash mit ständigem "Stop and Go" auf rutschfesten Belägen - Skifahren und Snowboarden auf Buckelpisten (Viele fahren nur ein- oder zweimal im Jahr Ski und haben erhebliche Konditions- und Technikdefizite) - Kunstturnen und Trampolin - Eiskunstlaufen - Rudern (besonders hohe Rückenbelastung beim Herausheben des Boots aus dem Wasser) - Brust- und Crawlschwimmen Wie gefährlich sind Doppelbelastungen in der Freizeit und im Beruf? Man sollte nach Möglichkeit in der Freizeit einen sinnvollen Ausgleich (Gegenpol) zu seiner beruflichen Tätigkeit suchen. Jemand der den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzt, sollte zu Hause nicht unbedingt wieder vor dem Bildschirm sitzen. Auch Velofahren wäre hier nicht unbedingt gut, weil man dabei ebenfalls wieder sitzt. Anders verhält es sich bei jemandem, der körperlich arbeitet und dabei häufig Lasten bewegt. Er sollte die dabei benutzte Muskulatur in der Freizeit etwas schonen. 21