Phoniatrie und Pädaudiologie - Themenbereich Sprachheilkunde. Prof. Dr. R. Schönweiler Universität zu Lübeck

Größe: px

Ab Seite anzeigen:

Download "Phoniatrie und Pädaudiologie - Themenbereich Sprachheilkunde. Prof. Dr. R. Schönweiler Universität zu Lübeck"

Justus Kirchner
vor 8 Jahren
Abrufe

1 Phoniatrie und Pädaudiologie - Themenbereich Sprachheilkunde Prof. Dr. R. Schönweiler Universität zu Lübeck

2 Diagnostik: U. der sprachlichen Ebenen Anamnese Spiegel-U. im Verlauf Entw.prüfung Intell.test EEG, Psyche Visus Hörvermögen Spiegel-U. Tastbefund Spracherwerbsstörungen: Sui generis oder bei Komorbidität? Umschriebene Spracherwerbsstörungen (F80) Prävalenz 4-8 %, genetisch/soziokulturell, Jungen:Mädchen=2:1 Sprachentwicklungsverzögerung (SEV) Spezifische Sprachentwicklungsstörung (SSES) F80.0 (nur phonetische Ebene betroffen, Sprechstörung) F80.1, F80.2, F80.9 (mehrere Ebenen, Sprachstörung, expr., rez., beides) Spracherwerbsstörungen bei Komorbidität Eher vorübergehende K.: symptomatische SES oder SEV F94.0 (elektiver Mutismus) H90.2 (z.b. Schalleitungsschwerhörigkeiten bei SOM) J J 35.3 (Hypertrophie der Gaumen- /Rachenmandeln) Eher permanente K.: Sprachentwicklungsbehinderung (SEB) F70 - F79 (Intelligenzminderungen) F80.3 (Anfallsleiden), F80.4 (Autismus) F82 (mot. EV, CP), F83 (kombin.), F84 (tiefgreifend), F84.2 (Rett-)Sy. H53 - H54 (Sehstörungen), H90 - H91 (Schwerhörigkeiten, Taubheiten) Q35, Q37: bei Lippen-Kiefer- und/oder Gaumenspalten

Umschriebene Spracherwerbsstörungen (F80) Prävalenz 4-8 %, genetisch/soziokulturell, Jungen:Mädchen=2:1 Sprachentwicklungsverzögerung (SEV) Spezifische Sprachentwicklungsstörung (SSES) F80.

3 Sensomotorisches Entwicklungsgitter nach E. J. Kiphard Quelle: Wie weit ist ein Kind entwickelt, 10. Auflage, Testzentrale Göttingen oder Bern ,5 Jahre expressiv rezeptiv

4 ELFRA 1 und 2 von H. Grimm und H. Doil Quelle: Testzentrale Göttingen oder Bern 2000 ELFRA Monate Sprachproduktion (7) Sprachverständnis (17) Gesten (11) Feinmotorik (7) ELFRA Monate Produktiver Wortschatz (50) Syntax (7) Morphologie (2) Interpretation: Das Unterschreiten der kritischen Werte bzw. Minimalkriterien (in Klammern) zeigt eine drohende SSES an

Sprachverständnis (17) Gesten (11) Feinmotorik (7) ELFRA 2 24-36 Monate Produktiver

5 Phasen des Grammatikerwerbs nach Clahsen ( ) I: 1-1½ Jahre, Einwortsätze ( Mama!, nein!, ham! ) II: 1½ -2 Jahre, Zweikonstituentensätze ( Mama da!, Papa Auto! ) III: 2-2½ Jahre, erweiterte Satzkonstruktionen ( Jula auch Auto pieln (Julia spielt auch mit dem Auto.) Noch falsche Wortstellung Nicht finite Verbmorphologie an Verb-End-Stellung Sobald das Endmorphem (z.b. t in pielt ) erworben ist, erscheint das Wort es korrekt in Satzmitte, d.h. Übergang zur Phase IV IV: 2,5-3 Jahre, korrekte Hauptsatz-Wortstellung ( Julia pielt auch mit Auto. ) V: 3-3½ Jahre, Verwendung von Nebensätzen

) III: 2-2½ Jahre, erweiterte Satzkonstruktionen ( Jula auch Auto pieln (Julia spielt auch mit dem Auto.

6 Diagnostische Sprachuntersuchung Methodik: Standardisierte Tests SETK 2 und 3-5 (ca. 45 min) Für das Vorschulalter nicht mehr aktuell: PLS, HSET, PET (ca min) Beobachtung der Spontansprache im Spiel mit Protokoll oder Videoanalyse bis ca. 3½ Jahre (ca. 45 min, ggf. plus 45 min Videoanalyse) Strukturiertes, individuelles Interview ab ca. 3½ Jahren (ca. 45 min) Ggf. Ergänzung durch: Untersuchung der orofazialen Motorik (ca. 30 min) Untersuchung speziell der Nasalität (ca. 20 min) Wortschatztest AWST (ca. 15 min) Redeflußuntersuchung (ca. 30 min)

60-120 min) Beobachtung der Spontansprache im Spiel mit Protokoll oder Videoanalyse bis ca. 3½ Jahre (ca. 45 min, ggf.

7 SETK 2 und 3-5 von H. Grimm und H. Doil Quelle: Testzentrale Göttingen oder Bern 2000/ 2001 SETK 2 Für 2 Jahre alte Kinder (d.h. bis zum 3. Geburtstag) Ausführlich=45 min, verkürzt als Screening=20 min Hilfsmittel: Bildkarten, Tonkassette Verstehen von Wörtern, Verstehen von Sätzen, Produktion von Wörtern, Produktion von Sätzen SETK 3-5 Für 3-5 Jahre alte Kinder (d.h. bis zum 6. Geburtstag) U.a. Verstehen von Sätzen, Phonologisches Arbeitsgedächtnis (ähnlich Mottier) Morphologische Regelbildung Interpretation: Altersgerecht oder SSES (oder nur SEV...?), Therapiebedarf bei SSES

Produktion von Wörtern, Produktion von Sätzen SETK 3-5 Für 3-5 Jah

8 Video Sprachuntersuchung mit SETK 3-5

9 Lautbefund im strukturierten Interview Werscherberger Lautprüf- und Übungsmappe, AWO Weser-Ems, H.-Prull-Verlag, Oldenburg (Old.) u.s.w.

10 Lauterwerb nach Fox & Dodd (1999) N=177 (m=90, w=87) Alter 1;6-5;11 Jahre

11 Video Sprachuntersuchung im strukturierten Interview

12 x x x x

13 Komorbiditäten Schönweiler, R.: Folia Phoniatr Logop 46 (1994) N=1528

14 Mittelohrschwerhörigkeit und Lauterwerb KL LL Schönweiler, R et al.: Sprache, Stimme, Gehör 24 (2000) , modifiziert nach Northern & Downs (1984, 2002) Haggart M, Hughes E: Screening children s hearing: a review of the literature and the implications für otits media. Medical Research Council. HMSO, London (1991)

(1984, 2002) Haggart M, Hughes E: Screening children s hearing: a review of the

15 Northern & Downs: What is hearing loss ( that is detrimental to speech-language-development)? db Northern JL & Downs MP: Hearing in children, 5. Aufl., Lippincott, Baltimore 2002: Ähnliche Bewertung durch Haggart M, Hughes E: Screening children s hearing: a review of the literature and the implications für otits media. Medical Research Council. HMSO, London (1991)

, Lippincott, Baltimore 2002: 14-15 Ähnliche Bewertung durch Haggart M, Hughes E: Screening

16 Auswirkungen geringgradiger Schalleitungsschwerhörigkeiten Phonologische Ebene: Fehlwahrnehmung von Formanten Lexikalische Ebene: neue Worte werden aus der Entfernung nicht mit ausreichender Konstanz und Signalqualität wahrgenommen Grammatikalische Ebene: z.b. unbetonte Endungen werden zu leise übertragen und nicht wahrgenommen Semantische und pragmatische Ebene: Kontext wird fehlerhaft wahrgenommen Schönweiler, R. et al.: Int J Pediatr Otorhino 49 (1998)

17 Operative Therapie Paracentese Adenotomie Tonsillektomie Paukenröhrchen

18 Multifaktorielle Genese N=1528

19 Spracherwerbsstörungen bei Entwicklungsverzögerungen

20 Entwicklungsstand bei spracherwerbsgestörten Kindern N=1305

21 Spracherwerbsstörungen und psychomotorische Entwicklung (Alles signifikant) Schönweiler, R.: Folia Phoniatr Logop 46 (1994) 18-26

22 Spracherwerbsstörungen bei soziokulturellen Faktoren

23 Soziokulturelle Veränderungen

24 Hörstörungen, Sprachstörungen und Entwicklungsverzögerungen bei verschiedenem Sozialstatus 10 % 10 % Soziodemographische* Stadtkarte (n=638) Gewichtete Häufigkeiten (*Variablen: Schulabschluß, Beruf, Miete/Eigentum, Personen pro Zimmer, Anzahl Bad/WC, Öfen/Sammelheizung)

25 n=1443 Sprachstörungen und Erstsprache

26 Mehrsprachigkeit

27 Medizinische Behandlung & Prophylaxe Ab 2 Jahre: Risiko für (S)SES, SEV -> Beratung, Behandlung v. Komorbiditäten SEB, z.b. infolge permanenter IOS -> Übungstherapie Ab 3 Jahre: SEV -> Beratung, Empfehlung für einen Kindergarten schwere (S)SES, unphys. phonolog. Prozesse -> Übungstherapie Ab 4 Jahre: Überdauern phys. phonolog. Prozesse -> Beratung SEV oder (S)SES -> Übungstherapie schwere SEV oder (S)SES -> Sprachheilkindergarten planen Alternativen in Abhängigkeit vom Schweregrad und vom Verlauf: Therapiepause Intensivtherapie (2x wöchentlich, ggf. stationär)

28 * * *

29 Korrespondenzadresse und Urheberrecht Prof. Dr. med. Rainer Schönweiler Leiter der Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie (Stimm-, Sprach- und kindliche Hörstörungen) Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck Ratzeburger Allee 160 D Lübeck Tel. +49-(0) , Fax +49-(0) Homepage Klinik: Homepage Lehrbuch: Das Script unterliegt dem Urheberrecht. Eine Vervielfältigung ist nur für den persönlichen Gebrauch erlaubt. Eine Weitergabe an Dritte oder Veröffentlichung ist nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis des Autors gestattet.

Ähnliche Dokumente

Erstspracherwerb. Sprachentwicklung: Wortschatz

Erstspracherwerb. Sprachentwicklung: Wortschatz Erstspracherwerb Sprachentwicklung: Wortschatz Gliederung: 1. Welche 3 Phasen der lexikalischen Entwicklung werden bei Kindern unterschieden? 2. Welche sprachlichen Inhalte lernt das Kind 3. Wie verläuft