Im Namen des Volkes. Urteil. In dem Rechtsstreit. xxx, xxx Klägerin. gegen
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- Jörg Kolbe
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1 Arbeitsgericht Cottbus Geschäftsnummer: 6 Ca 1478/07 Verkündet am: xxx, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit xxx, xxx Klägerin Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte xxx gegen xxx, xxx Beklagte Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte xxx hat die 6. Kammer des Arbeitsgerichts Cottbus aufgrund der mündlichen Verhandlung vom durch den Richter am Arbeitsgericht Mittelstädt als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx für Recht erkannt: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom nicht beendet wird. 2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. 3. Der Streitwert wird auf 2.520,00 Euro festgesetzt.
2 2 Tatbestand: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer während der Probezeit ausgesprochenen ordentlichen Kündigung. Die Beklagte betrieb ein Sportwarengeschäft in Cottbus. Die Beklagte beschäftigte die am geborene, ledige Klägerin seit dem als Verkäuferin gegen eine vereinbarte Vergütung in Höhe von 850 Euro brutto bei einer 30-Stundenwoche auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom (Blatt 4-5 der Akte). Am stellte der Frauenarzt der Klägerin die Schwangerschaft der Klägerin in der sechsten Schwangerschaftswoche fest (Blatt 7 der Akte). Mit Schreiben vom , zugegangen am selben Tag, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis während der Probezeit zum (Blatt 6 der Akte). Die Klägerin beauftragte ihren Prozessbevollmächtigten am mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage (Blatt 27 der Akte). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zeigte die Schwangerschaft nicht der Beklagten an. Mit der am beim Arbeitsgericht Cottbus eingereichten, der Beklagten am zugestellten Klage, wendet sich die Klägerin gegen die Kündigung. Die Klägerin ist der Auffassung, die Kündigung sei unwirksam, da sie zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung schwanger gewesen sei. Die Klägerin habe vor Ausspruch der Kündigung am in einem persönlichen Gespräch dem Geschäftsführer der Beklagten die Schwangerschaft mitgeteilt. Der Geschäftsführer habe der Klägerin mitgeteilt, ein schriftlicher Nachweis sei nicht erforderlich. Des Weiteren habe die Klägerin am dem Geschäftsführer von dem sich anbahnenden Beschäftigungsverbot berichtet. Außerdem hätte die Klägerin auch eine verspätete Mitteilung nicht zu vertreten, da sie - unstreitig - ihren Prozessbevollmächtigten innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage beauftragt habe. Die Klägerin habe sich darauf verlassen dürfen, dass ihr Prozessbevollmächtigter aus anwaltlicher Fürsorge der Beklagten eine direkte Mitteilung über die Schwangerschaft mache.
3 3 Die Klägerin stellt folgenden Antrag: Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom nicht beendet wird. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hält die streitgegenständliche Kündigung für wirksam. Aufgrund der nicht rechtzeitigen Mitteilung der Schwangerschaft ständen die Regelungen des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) der Kündigung nicht entgegen. Die Beklagte habe von der Schwangerschaft der Klägerin erst mit Zustellung der Klageschrift am erfahren. Die Beklagte habe innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses ohne Grund kündigen dürfen. Der Grund für die Kündigung sei die Nichteignung der Klägerin gewesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Klage ist begründet. I. Die Kündigung vom ist unwirksam. 1. Die Klägerin hatte rechtzeitig innerhalb der Drei-Wochen-Frist der 4, 7 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Klage beim Arbeitsgericht Cottbus eingereicht. Die Kündigung ist der Klägerin am zugegangen. Die Klage ist am beim Arbeitsgericht Cottbus eingegangen. Insoweit kann dahinstehen, ob aufgrund von 4 Satz 4 KSchG die Klagefrist bei Kündigung von Schwangeren einzuschränken ist oder nicht.
4 4 2. Die Kündigung ist gemäß 9 Absatz 1 Satz 1 MuSchG unwirksam. a) Nach dieser Vorschrift ist die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. b) Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unstreitig schwanger. Dahinstehen kann, ob die Klägerin - wie von ihr behauptet - tatsächlich dem Geschäftsführer der Beklagten die Schwangerschaft vor Zugang der Kündigung mitgeteilt hat, oder aber - wie von der Beklagten behauptet - die Beklagte erst mit Zustellung der Klageschrift von der Schwangerschaft erfahren hat. Eine etwaige Fristüberschreitung wäre nämlich unschädlich. Die Fristüberschreitung würde auf einem von der Klägerin nicht zu vertretenden Grund beruhen. aa) Eine Fristüberschreitung ist von der schwangeren Frau dann im Sinne des 9 Absatz 1 Satz 1 2. Halbsatz MuSchG zu vertreten, wenn sie auf einen gröblichen Verstoß gegen das von einem ordentlichen und verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartenden Verhalten zurückzuführen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, durch welchen Umstand die schwangere Frau an der Fristeinhaltung gehindert ist. Dementsprechend kann eine unverschuldete Versäumung der Zwei-Wochen-Frist nicht nur vorliegen, wenn die Frau während dieser Frist keine Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hat, sondern auch dann, wenn sie zwar ihre Schwangerschaft vor Zugang der Kündigung kennt, aber durch sonstige Umstände an der rechtzeitigen Mitteilung unverschuldet gehindert ist (BAG vom AZR 392/01 mit weiteren Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung des BAG). Ein Verstoß liegt nicht vor, wenn die schwangere Arbeitnehmerin vor Ablauf der Zwei-Wochen-Frist einen Rechtsanwalt mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage beauftragt und dieser gegenüber dem Arbeitgeber die Schwangerschaft nicht innerhalb der Frist mitteilt (BAG vom AZR 214/82 -, Juris; KR Bader, 8. Auflage, 9 MuSchG, Rn. 57 a; Ranke-Schöllmann, HK MuSchG, 9 MuSchG, Rn. 51; Küttner- Reinecke, Personalhandbuch 2006, Ziffer 317 (Mutterschutz), Rn. 41).
5 5 bb) Die Kammer schließt sich der Auffassung an, dass ein Verschulden der schwangeren Arbeitnehmerin nicht vorliegt, wenn sie - wie hier - vor Ablauf der Zwei- Wochen-Frist des 9 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 MuSchG einen Rechtsanwalt mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage beauftragt und diesem die Schwangerschaft mitgeteilt hat. Die Klägerin durfte nämlich davon ausgehen, dass sie mit Beauftragung und Information ihres Prozessbevollmächtigten alles Notwendige getan hatte und alles Weitere ihr Prozessbevollmächtigter ordnungsgemäß und fristgemäß erledigen würde. Ein Verschulden der Klägerin ist insbesondere nicht darin zu sehen, dass sie bei der Beauftragung dem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hat, dass sie selbst die Beklagte bereits mündlich informiert hat. Es hätte nämlich dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus anwaltlicher Fürsorge unabhängig von einer bereits erfolgten mündlichen Information der Klägerin oblegen, die Beklagte parallel zur Bearbeitung der Klage, nachweisbar eine direkte Mitteilung über die Schwangerschaft zu machen. Die verzögerte Mitteilung beruht damit letztendlich auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin. cc) Die Klägerin muss sich das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der rechtzeitigen Mitteilung der Schwangerschaft nicht zurechnen lassen. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz nach geltendem Recht, dass der Vertretene für das Verschulden seines Bevollmächtigten in jedem Falle einzustehen habe. Eine Zurechnung nach der Vorschrift des 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder 85 Absatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) scheidet aus. (1) Aus 278 BGB kann nach der Rechtsprechung des BAG ein Einstehen der Klägerin für ein zur Fristversäumung führendes Verhalten ihres Prozessbevollmächtigten nicht hergeleitet werden. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift scheide aus, weil sie sich nur auf die Erfüllung von Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger beziehe. Bei der Schwangerschaftsmitteilung handele es sich jedoch um eine im eigenen Interesse der Arbeitnehmerin liegende Verpflichtung gegen sich selbst (Obliegenheit). Der von ihr mit der Mitteilung beauftragte Dritte sei nicht Erfüllungsgehilfe im Sinne des 278 BGB (so auch BAG vom AZR 214/82 -, Juris, Rn. 32).
6 6 Auf Obliegenheiten könne 278 BGB, insoweit der Gesetzgeber dies nicht, wie z. B. in 254 Absatz 2 Satz 2 BGB für die Mitverursachung des Schadens durch den Geschädigten, ausdrücklich bestimmt habe, auch nicht entsprechend angewendet werden (BAG vom AZR 214/82 -, Juris, Rn. 33; Palandt-Heinrich, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Auflage, 278, Rn. 24). (2) Eine Zurechnung des Verschuldens des Prozessbevollmächtigten folgt nach der Rechtsprechung des BAG auch nicht aus 85 Absatz 2 ZPO. Diese Vorschrift gelte unmittelbar nur für Prozesshandlungen. Zu ihnen zähle nicht die Mitteilung der Schwangerschaft, da sie die Wahrung einer im immateriellen Recht ( 9 Absatz 1 MuSchG) begründeten Ausschlussfrist betreffe. Zwar bejahe die herrschende Meinung die analoge Anwendung dieser Vorschrift bei der Versäumung der materiellen Klagefrist des 4 KSchG. Dies sei mit der Rechtsähnlichkeit des Verfahrens der nachträglichen Klagezulassung nach 5 KSchG mit dem Wiedereinsetzungsverfahren nach 233 ff ZPO begründet. An einer als Grundlage für die analoge Anwendung des 85 Absatz 2 ZPO in Betracht kommenden verfahrensrechtlichen Regelungen für die Wahrung der Mitteilungsfrist des 9 Absatz 1 Satz 1 MuSchG bei unverschuldeter Fristversäumung fehle es jedoch (so auch BAG vom AZR 214/82 -, Juris, Rn. 35; KR-Bader, 8. Auflage, 9 MuSchG, Rn. 57 a mit weiteren Nachweisen). (3) Die Kammer folgt diesen Auffassungen, dass eine Zurechnung des Verschuldens eines Prozessbevollmächtigten nach 278 BGB oder 85 Absatz 2 ZPO abzulehnen ist. Dies gebietet insbesondere der Normzweck des 9 MuSchG. Der mutterschutzrechtliche Sonderkündigungsschutz dient nicht nur der Sicherung der wirtschaftlichen Interessen der von ihm erfassten Frauen. Er dient gleichermaßen dem Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind vor zusätzlichen seelischen Belastungen im Zusammenhang mit einem Kündigungsschutzverfahren (BAG vom AZR 595/92 -, Juris; Griebeling, NZA 2002, 838, 844). Mit dieser Regelung wird der in Artikel 6 Absatz 1 und 4 Grundgesetz (GG) gewährleistete Anspruch der Mutter auf besonderen Schutz und Fürsorge durch den Staat und der Gemeinschaft konkretisiert. Dieser Schutzzweck rechtfertigt es, schwangere Arbeitnehmerinnen nur für ein persönliches Verschulden bei der Unterrichtung des Arbeitgebers einstehen zu lassen, zumal es auch um den Schutz des ungeborenen Kindes geht. Es kann einer schwangeren Arbeitnehmerin nicht zugemutet werden, nach einer Kündigung durch ihren Arbeitgeber mehr zu tun, als einen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen (Griebeling, NZA 2002, 838, 844).
7 7 dd) Die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzes für werdende Mütter scheitert nicht daran, dass die Klägerin oder ihr Prozessbevollmächtigter die Mitteilung nicht unverzüglich nachgeholt hätten. Zum Zeitpunkt, als die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter erfuhren, dass der Beklagten die Schwangerschaft der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung nicht bekannt gewesen sein soll, war die Beklagte durch die zugestellte Klageschrift bereits über die Schwangerschaft in Kenntnis gesetzt. Eines weiteren Nachholens der Mitteilung bedurfte es nicht. II. Die Kostenentscheidung beruht auf 46 Absatz 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), 91 Absatz 1 ZPO. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. III. Die Entscheidung über die Höhe des Streitwertes folgt aus 63 Absatz 1 ArbGG, 42 Absatz 4 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Kammer hat für den Kündigungsschutzantrag als Streitwert drei Bruttomonatseinkommen angesetzt. Dabei ist die Kammer von einem Bruttomonatseinkommen in Höhe von 840 Euro ausgegangen. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist,
8 8 b) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, c) in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder d) wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe. Die Berufungsschrift muss von einem zugelassenen Rechtsanwalt oder einem Vertreter einer Gewerkschaft beziehungsweise einer Arbeitgebervereinigung oder einem Zusammenschluss solcher Verbände eingereicht werden. Die Berufungsschrift muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Magdeburger Platz 1, Berlin eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass Berufung gegen dieses Urteil eingelegt werde. Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb einer Frist von zwei Monaten in gleicher Form schriftlich zu begründen. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit der Einlegung in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt. Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung.
9 9 Das Zustelldatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt. Für die klagende beklagte Partei ist keine Berufung gegeben. Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erbeten. Mittelstädt
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