F A K T E N B L A T T. 60 Jahre AHV. Vorsorge statt Fürsorge
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- Ferdinand Hochberg
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1 Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Sozialversicherungen BSV F A K T E N B L A T T 60 Jahre AHV Vorsorge statt Fürsorge Die Fürsorge für alte und behinderte Menschen war bis ins 19. Jahrhundert weitgehend Sache von Familienangehörigen, gemeinnützigen Organisationen und Kirche. Daneben gab es eine rudimentäre und oft restriktive öffentliche Armenfürsorge. In den 1880er Jahren wurde erstmals die Frage nach einer Eidgenössischen Alters- und Hinterlassenenversicherung laut. Auslöser war die Massenarmut der Fabrikarbeiterfamilien. Erst nach einem gescheiterten Anlauf 1931 dafür mit überwältigender Zustimmung wurde im Juni 1947 die Gesetzesvorlage zur AHV vom Volk angenommen. Damit konnte 1948 der Grundsatz der Vorsorge für das Alter an Stelle der Fürsorge für die Alten verwirklicht werden. Wie haben sich die Renten seit 1948 entwickelt? (Einfache Renten Monatsansätze in Fr.; Minimum/ Maximum) 2'500 2'000 Monatsansatz in Franken 1'500 1' Quelle: AHV-Statistik 2008, Tabelle T13 Ursprünglich leistete die AHV lediglich einen Beitrag an eine minimale finanzielle Sicherung: Die Mindestrente von Fr bei der Einführung der AHV würde heute unter Berücksichtigung der Teuerung einem Betrag von Fr entsprechen, die damalige Maximalrente von Fr einem Betrag von Fr Effektiv liegt die Minimalrente heute bei Fr. 1' und ist damit teuerungsbereinigt mehr als sechs Mal höher als Die Maximalrente beträgt Fr und ist somit knapp vier Mal höher als zu Beginn. Dieser Leistungsausbau ist im Wesentlichen auf drei Faktoren zurückzuführen: Die schrittweise Angleichung von Mindest- und Maximalrente auf das seit 1969 geltende Verhältnis von 1:2; Die generelle Verbesserung der Leistungen im Rahmen der Revisionen, insbesondere der 8. AHV-Revision;
2 Die Einführung des Mischindexes mit der 9. AHV-Revision ( ), wodurch bei der Festlegung der Rentenhöhe nicht nur die Teuerung, sondern auch die Lohnentwicklung berücksichtigt wird. Die Grundzüge der heutigen AHV Fällt das Erwerbseinkommen infolge Alter oder Tod weg, soll die AHV den Existenzgrundbedarf decken. Sie erbringt dazu Leistungen im Alter (Altersrente) oder an die Hinterlassenen (Witwen- und Waisenrenten). Die Leistungen sind abhängig von der Höhe des bisherigen Einkommens und der Beitragsdauer. Alle Personen, die in der Schweiz wohnhaft sind oder arbeiten, sind in der AHV obligatorisch versichert. Die AHV wird weitgehend nach dem Umlageverfahren finanziert: Die heute wirtschaftlich aktive Generation finanziert die heutigen Rentnerinnen und Rentner. Der Aufbau eines individuellen Kapitalstocks findet nicht statt. Beitragspflichtig sind alle in der Schweiz wohnenden oder erwerbstätigen Männer und Frauen. Diese Beiträge der Versicherten decken aber nicht alle Ausgaben. Zusätzlich kommt der Bund für knapp einen Fünftel der Ausgaben auf. Der Bundesbeitrag wird u.a. durch die Mehrwertsteuer (seit 1999) und die Tabaksteuer finanziert. Zudem fliesst ein Teil des Umsatzes der Spielbanken direkt in den AHV-Fonds. Wie haben sich die Beitragssätze seit 1948 entwickelt? Bis im Jahr 1969 betrug der Beitragssatz für die AHV stabil 4 Prozent des Bruttolohns, danach wurde er zur Finanzierung des Ausbaus in mehren Schritten erhöht. Seit 1975 beträgt er trotz weiteren Ausbauschritten bei den Leistungen 8.4 Prozent, also je 4.2 Prozent für Arbeitnehmende und Arbeitgebende. (Beitrag in Prozent des Erwerbseinkommens) Arbeitnehmende und Arbeitgebende zahlen je die Hälfte der Beiträge (aktuell je 4.2%) Die Beitragssätze für Arbeitnehmende (AN) und Arbeitgebende (AG) bzw. Selbständigerwerbende (SE) wurden in mehreren Schritten auf den seit 1975 bzw unveränderten Stand erhöht: AG/ AN 4% 5.2% 7.8% 8.4% 8.4% SE 4% 4.6% 6.8% 7.3% 7.8% Faktenblatt 60 Jahre AHV September /6
3 Wie haben sich die Finanzen der AHV seit 1948 entwickelt? Finanzhaushalt der AHV, in Mio. Franken (Quelle: BSV, SVS 2007) Rechnungssaldo der AHV , in Mio. Franken (Quelle: BSV, SVS 2007) Die Einnahmen der AHV lagen seit 1948 immer über den Ausgaben, abgesehen von einer Fünfjahresperiode Ende der 1970er Jahre, einer Vierjahresperiode Ende der 1990er Jahre und einem Defizit im Jahre Die AHV-Kapitalreserve machte im Jahre 2006 mehr als 32 Mrd. Franken aus. Dies entsprach erstmals seit 1994 wieder dem Grundsatz, dass die Kapitalreserve nicht unter den Betrag einer Jahresausgabe sinken darf. Faktenblatt 60 Jahre AHV September /6
4 Wie hat sich das Rentenalter seit 1948 entwickelt? Bei der Einführung der AHV galt für Männer und Frauen ein einheitliches Rentenalter von 65 Jahren. Eine Ehepaarrente wurde jedoch bereits ausgerichtet, wenn der Mann das Rentenalter erreichte und seine Frau mindestens 60 Jahre alt war. Damit konnte ein Ehepaar auch bei einem Altersunterschied von bis zu fünf Jahren gemeinsam in den Ruhestand treten. Entwicklung des Rentenalters seit 1948 (für einfache Renten) Jahr Männer Frauen Demografischer Wandel seit 1948 Das demografische Verhältnis wird als Indikator für die demografische Last verwendet, welche die AHV zu tragen hat. Es wird definiert als die Anzahl Personen im Rentenalter geteilt durch die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter. Dieses Verhältnis ist in der AHV von besonderer Bedeutung, weil im Umlageverfahren die Erwerbstätigen direkt für die Rentner/-innen aufkommen. 55 Ab 2000: Gemäss Szenario «Trend» des BFS Diese Grafik zeigt, wie viele 65-jährige und ältere Personen 100 Personen im Erwerbsalter (20-64) gegenüber stehen. Faktenblatt 60 Jahre AHV September /6
5 Die 10 AHV-Revisionen seit 1948 Die AHV wurde seit 1948 mit 10 Gesetzesrevisionen an neue Anforderungen angepasst. Mit den ersten sieben Revisionen wurde in erster Linie die Basisversicherung aufgebaut. Die 8. AHV-Revision stand im Zeichen des Ausbaus zur Existenzsicherung und brachte deutliche Verbesserungen auf der Leistungsseite. Mit den letzten beiden Revisionen wurde schliesslich das Erreichte konsolidiert und an aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen angepasst, namentlich mit der Einführung von Erziehungsund Betreuungsgutschriften. AHV-Gesetzesrevisionen Jahr Nr Kernelemente Erhöhung der Einkommensgrenze für Übergangsrenten Rentenerhöhung; Befreiung der über 65jährigen Erwerbstätigen von der Beitragspflicht Aufhebung der Einkommensgrenzen und der örtlichen Abstufung bei den Übergangsrenten Herabsetzung des Frauenrentenalters von 65 auf 63; Anpassung der Beitragsskala für Selbständigerwerbende Rentenerhöhung; Wegfall der Rentenkürzung für Ausländer Rentenerhöhung; Herabsetzung des Frauenrentenalters von 63 auf 62; Einführung der Zusatzrente für Ehefrau und der Kinderrenten; Erhöhung des Beitrages der öffentlichen Hand Rentenerhöhung; Rentenaufschub wird ermöglicht; Beitragssatzerhöhung; Erhöhung des Beitrages der öffentlichen Hand 1972 Verankerung des Drei-Säulen-Konzepts in der Bundesverfassung 1973/ 75 8 Rentenerhöhung zur existenzsichernden Leistung (zusammen mit EL); Beitragssatzerhöhung 1979/ 80 9 Einführung Mischindex bei der Rentenberechnung; Weitere Erhöhung des Bundesbeitrags sowie der Beiträge der Selbständigererbenden Rentensplitting; Erziehungs- und Betreuungsgutschriften; Möglichkeit des Rentenvorbezugs; schrittweise Erhöhung des Rentenalters der Frau von 62 auf 64 Jahre; Witwerrente Aufbau Ausbau Konsolidierung Aktuelle Projekte Zur Zeit stehen im Bereich der AHV die Einführung der neuen Versichertennummer, die anstehende Volksabstimmung über die Initiative «Für ein flexibles AHV-Alter» sowie die parlamentarische Beratung der 11. AHV-Revision an. Das System mit der bisherigen 11-stelligen AHV-Nummer, welches an seine Grenzen stösst und Rückschlüsse auf die versicherte Person zulässt, wird durch ein neues System mit einer 13-stelligen und völlig anonymen Nummer abgelöst. Damit wird nicht nur der Datenschutz verbessert, sondern es werden auch durchführungstechnische Mängel behoben, effizientere Abläufe geschaffen und der Mutationsaufwand verringert. Am 30. November befinden die Stimmberechtigten über die Volksinitiative «Für ein flexibles AHV- Alter». Die Initiative will Erwerbstätigen mit einem Einkommen unter rund Franken ab 62 Jahren die ungekürzte AHV-Rente gewähren, wenn sie ihre Erwerbsarbeit aufgeben. Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab. Die Initiative würde rund 90% aller Erwerbstätigen zum ungekürzten Rentenvorbezug berechtigen, was mit hohen Kosten verbunden und sachlich nicht gerechtfertigt wäre. Die grosszügige Senkung des Rentenalters für die Mehrheit der Bevölkerung widerspricht der demografischen Entwicklung diametral. Mit der 11. AHV-Revision schlug der Bundesrat die Erleichterung der Fühpensionierung für Personen mit kleinem Einkommen sowie die Angleichung des Frauenrentenalters an dasjenige der Männer vor. Der Nationalrat hat die 11. AHV-Revision im März dieses Jahres behandelt. Gegenwärtig ist sie im Ständerat hängig. Faktenblatt 60 Jahre AHV September /6
6 Ausblick Der Altersaufbau der Bevölkerung hat sich in den letzten Jahrzehnten massiv verändert. Die kontinuierliche Zunahme der Lebenserwartung, verbunden mit einer tiefen Geburtenrate, hat zu einer Verschiebung der altersmässigen Zusammensetzung der Bevölkerung geführt. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen, mit den entsprechenden Folgen für die Sozialversicherungen. Betroffen ist speziell die AHV, weil hier die aktiven Generationen für immer mehr Rentner/-innen aufkommen müssen. Dadurch wird sich allmählich der Stand des Kapitalkontos der AHV verschlechtern, selbst bei optimistischen Annahmen zur Entwicklung von Wirtschaft und Bevölkerung. Auskünfte Anton Streit, Vizedirektor BSV, Leiter des Geschäftsfelds Alters- und Hinterlassenenvorsorge, Bundesamt für Sozialversicherung, Tel. 031 / , anton.streit@bsv.admin.ch Faktenblatt 60 Jahre AHV September /6
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