DVJJ, Hofgeismar 2013
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- Herbert Baumgartner
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1 Zum Umgang mit delinquenten, psychisch auffälligen Jugendlichen in der Schweiz DVJJ, Hofgeismar 2013 Hans-Werner Reinfried Rechtspsychologisches Institut Uster
2 Grundhaltungen des schweizerischen Jugendstrafrechts Ausrichtung auf erzieherische Veränderungen durch Massnahmen und nicht auf Strafen Duales System Die Mehrheit der Straftaten wird mit kleinen Strafen sanktioniert (soziale Arbeitseinsätze) Vielfältige Massnahmemöglichkeiten sollen weitere Delikte verhindern. Die Massnahmen richten sich nach den Bedürfnissen der Jugendlichen und sind nicht an die Deliktsart gekoppelt. Hans-Werner Reinfried 2
3 Die Schweiz als Experimentierlabor Unterschiede zwischen und innerhalb der Kantone Unterschiedliche Möglichkeiten der Massnahmen in einzelnen Kantonen Problematik der individuellen Rechtssprechung Hans-Werner Reinfried 3
4 Grundsätze der Fallführung I. Sofortige polizeiliche und jugendanwaltschaftliche Untersuchung Untersuchung des Deliktes, der Persönlichkeit und der sozialen Umstände durch Jugendanwalt, Sozialarbeiter und psychologischen Gutachter Allfällige Massnahmen sollen auf den Jugendlichen zugeschnitten sein und von ihm möglichst akzeptiert werden können. Massnahmen können superprovisorisch verfügt werden. Hans-Werner Reinfried 4
5 Grundsätze der Fallführung II. Der Jugendstaatsanwalt (Jugendanwalt) führt vor Gericht die Anklage oder fällt in einfacheren Fällen selbst das Urteil. Er überwacht und begleitet den Massnahmeverlauf bis zum Abschluss. Er bleibt mit dem Jugendlichen in Kontakt und lässt sich über Probleme und Fortschritte der Fallführung informieren. Er kann Massnahmen neuen Anforderungen anpassen. Hans-Werner Reinfried 5
6 Psychologische Begutachtung bei Sexuellen Straftaten Brandstiftung Gewaltdelikten Fortgesetztem deviantem Verhalten (gemischte Deliktskategorien) Psychischer Auffälligkeit des Jugendlichen Familiären und sozialen Problemen Alle stationären Massnahmen erfordern eine psychologische Begutachtung Hans-Werner Reinfried 6
7 Massnahmemöglichkeiten stationär Schulheim oder Heim mit Berufsbildungsmöglichkeiten Jugendstationen von psychiatrischen Kliniken Wohngemeinschaften mit intensiver Betreuung Alle stationären Massnahmen können mit ambulanten Massnahmen kombiniert werden. Hans-Werner Reinfried 7
8 Massnahmemöglichkeiten ambulant Individuelle Betreuung Psychotherapie Familienbegleitung Spezielle Hilfen Massnahmen können kombiniert oder nachträglich ergänzt und abgeändert werden. Hans-Werner Reinfried 8
9 Lebenssituationen psychisch auffälliger Jugendlicher Mangelhafte familiäre Unterstützung Fehleinschätzungen der Eltern, Irreführung und Überforderung der Jugendlichen Mangelnde gesellschaftliche Intergration Probleme in der Schule Keine adäquate Tagesstruktur, keine Freizeitgestaltung Enge Anbindung an eine Gruppe Gleichaltriger Drogen- (Cannabis) und Alkoholkonsum Hans-Werner Reinfried 9
10 Psychotherapie mit Jugendlichen Bedürfnisse und Realitäten des Klienten beachten: Was möchte er in der Therapie erfahren? Was hilft ihm im Augenblick am meisten? Beratung in Alltagsfragen Reflexion seiner Delikte Familienbeziehungen Schule, Berufslehre oder Institution Freundschafts- und Liebesbeziehungen Hans-Werner Reinfried 10
11 Was brauchen diese Jugendlichen? Führung, Anleitung und Vorbilder Partizipation an der Planung und Durchführung der Massnahme Verlässliche und konstante Ansprechpartner (Polizist, Jugendanwalt, Psychotherapeut, Sozialarbeiter, Familienhelfer etc.), die sich nicht leicht abschütteln lassen und die Probleme fortlaufend klären. Herausforderungen, die sie bewältigen können Erklärungen zum Sinn von Erziehungsmassnahmen Hans-Werner Reinfried 11
12 Psychologische Elternarbeit Eltern mit Immigrationshintergrund Eltern mit schweren psychischen Störungen Eltern mit Suchtproblemen Eltern mit häuslicher Gewalt Eltern mit gegenläufigem Erziehungsstil Beratungen, Familiensitzungen, Empfehlung zur eigenen Psychotherapie Hans-Werner Reinfried 12
13 Zusammenarbeit Alle Beteiligten stehen im Austausch und unterstützen sich gegenseitig Informationsaustausch und Schweigepflicht Stationäre Platzierung mit externer psychotherapeutischer Begleitung Fortlaufende Überwachung und Begleitung der Massnahme durch die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Jugendanwaltschaft wie auch durch die Jugendanwältinnen und Jugendanwälte Hans-Werner Reinfried 13
14 Dauer der Massnahmen Beginn möglichst rasch nach der ersten Einvernahme mit superprovisorischer Verfügung Ambulante Massnahmen dauern Monate bis mehrere Jahre Abschluss der Massnahme bei Zielerfüllung Jugend-Massnahmen bis zum 23. Altersjahr Fortsetzung einer Massnahme auf freiwilliger Basis mit Hilfe der Sozialbehörde möglich Hans-Werner Reinfried 14
15 Vorteile des schweizerischen Jugendstrafvollzuges Individualisierter Massnahmevollzug Hohe Flexibilität der Behörden Offenheit gegenüber neuen Möglichkeiten Zusammenarbeit mehrerer Berufsgruppen ohne Berührungsängste Viele Klienten erleben die Massnahmen als hilfreich Wahrscheinlich wenig rückfällige Täter Hans-Werner Reinfried 15
16 Danke für Ihre Aufmerksamkeit und viel Glück und Vergnügen bei der Arbeit mit Ihren Jugendlichen Hans-Werner Reinfried 16
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