Menschen gegen Rechts verteidigen. Quelle: Charisius / Reuters
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1 Menschen gegen Rechts verteidigen Quelle: Charisius / Reuters
2 Menschen gegen Rechts verteidigen heisst: die Menschenwürde schützen Eine Demonstration am Internationalen Tag der Menschenrechte in Berlin, Quelle: Boness / Ipon Rechtsextremismus ist menschenfeindlich. Mindestens 182 Menschen wurden seit 1990 in Deutschland getötet, weil sie nicht in das rechtsextreme Weltbild der Täter passten. Zehn Morde gehen auf das Konto einer rechten Terrorzelle, die jahrelang systematisch Anschläge verübte. Mit Gewalt, Hetze und Geschichtsfälschung wollen Neonazis die Demokratie abschaffen. Nazis und ihre SympathisantInnen leugnen die Gleichwertigkeit und Würde aller Menschen. Dennoch gelingt es rechtsextremen Politikern immer wieder, sich in demokratische Institutionen wählen zu lassen verpasste die NPD zwar deutlich den Einzug in den Bundestag, sie hat aber über 300 Abgeordnete in kommunalen Vertretungen. In Sachsen wurde die Partei 2009 erstmals in ein Landesparlament wiedergewählt und konnte so ihre Strukturen dort festigen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern stellt sie seit 2011 zum zweiten Mal eine Landtagsfraktion. Gestärkt werden rechtsextreme Positionen durch Parteien und Zusammenschlüsse, die bewusst am rechten Rand fischen, wie die Pro-Bewegungen oder die rassistisch angehauchte Partei Die Freiheit. 2 3
3 Doppelbödige Strategien Rechtsextreme streben eine ideologische und kulturelle Vorherrschaft an. Sie wollen nicht nur ihre eigene Position durchsetzen, sondern auch anders Aussehende, Lebende oder Liebende vertreiben. Von Indoktrination über scheinbar harmlose Angebote bis zu unverhohlener Drohung mit Gewalt ist ihnen jedes Mittel recht. Gezielt setzen sie oft dort an, wo es an staatlichen oder zivilgesellschaftlichen Angeboten mangelt. Wo Jugendclubs schließen, keine Perspektiven erkennbar sind und demokratische Vorbilder fehlen, können Neonazis diese Lücken nutzen. In manchen Regionen sind sie die einzigen, die vor Ort Kultur- oder Freizeitangebote schaffen. Sie sitzen in Nachbarschaftsheimen und bei der Feuerwehr. Rechts gesinnte Frauen mischen gezielt in Kitas, Elternbeiräten und Spielgruppen mit. Gegen diese doppelbödigen Strategien der Nazis braucht es eine gesamtgesellschaftliche Demokratieoffensive. Es geht darum, die durch Rechtsextreme gefährdeten Regionen, von ihnen besetzte Orte und Ortsteile für den demokratischen Rechtsstaat zurückzugewinnen. Falsche Gleichsetzungen Die Bundesregierung aus Union und FDP stellt in ihrer Politik Links- und Rechtsextremismus als staatsfeindliche Haltungen gleichwertig nebeneinander. Zwischen den so definierten extremen Rändern - häufig noch ergänzt um Islamismus - wird in der Mitte eine tadellos demokratische Mehrheitsbevölkerung angenommen, die keine Probleme verursacht. Diese Extremismustheorie halten wir für falsch. In der Praxis hat sie zudem fatale Auswirkungen: Denn mit einer Extremismusklausel stellt die Bundesregierung Initiativen, die sich gegen Rechts engagieren, unter den Verdacht des Linksextremismus. Man verlangt ihnen Gesinnungsschnüffelei bei den Partnern ab, wer sich dem verweigert, verliert die Chance auf Bundesförderung. Die Klausel untergräbt das Miteinander in der Zivilgesellschaft und entmutigt wichtige Akteure. Es muss klar gesagt werden, dass von extrem rechten Haltungen und Aktivitäten heute die größte Gefahr hinsichtlich Ausmaß, Bedrohungspotenzial, Erscheinungsformen und Anschlussfähigkeit in die Mitte der Gesellschaft ausgeht. Mit ihrem Misstrauen gegenüber Anti-Nazi-Initiativen zieht Schwarz-Gelb die Aufmerksamkeit von der wahren Bedrohung ab. 4 5
4 Die sogenannte Extremismusklausel macht blind auf dem rechten Auge. Eine Demonstration am Internationalen Tag der Menschenrechte in Berlin, Quelle: Boness / Ipon 6 7
5 Was kann ich selbst tun? Den zunehmend verästelten braunen Strukturen müssen wir direkt vor Ort begegnen. Wir brauchen den lokalen Zusammenschluss von Demokratinnen und Demokraten. Breite Bündnisse von Initiativen, Politik, Verwaltung und Bevölkerung sind essenziell, um den Neonazis demokratische Strukturen und Eigeninitiative entgegenzusetzen. In allen Bundesländern gibt es gute Beispiele für Projekte, die durch Bundesprogramme unterstützt oder auch durch das Bündnis für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet worden sind. Persönlicher Einsatz ist auch immer dann gefragt, wenn Menschen beleidigt, diskriminiert oder angegriffen werden. Helfen kann zum Beispiel bedeuten, einen Notruf abzusetzen, wenn man Zeuge von Bedrohung oder tätlicher Gewalt wird. Oft zeigt sich Zivilcourage im Kleinen, zum Beispiel wenn man nicht über einen Ausländer- oder Schwulenwitz lacht, sondern dessen versteckte Botschaft aufdeckt und ablehnt. Demokratie stärken Demokratische Parteien dürfen rechtsextreme Hetze nicht gesellschaftsfähig machen, eindeutige Abgrenzung ist Pflicht. Wo Nazis in Parlamenten sitzen, unterstützen wir alle Bemühungen, ihre Ziele und Ideologien zu entlarven. Politik wie Medien müssen sich differenziert mit rechtsextremer Argumentation auseinandersetzen. Die Extremismusklausel muss ersatzlos gestrichen werden. Sie schadet unserer Demokratie. Wir brauchen einen politischen Konsens, um alle gesellschaftlichen Kräfte gegen Rechtsextremismus zu bündeln. Dazu muss man nicht nur die Menschen von der Demokratie überzeugen, sondern ihnen auch mehr Brücken zur aktiven Mitwirkung bauen. Denn positive Erfahrungen mit der Demokratie machen immun gegen demokratiefeindliche Denkmuster. Um braunen Parolen gewachsen zu sein, sind spezielle Bildungsangebote in Schulen, Jugendeinrichtungen, Verwaltungen, bei Polizei und Gerichten vonnöten. Zahlreiche Initiativen leisten bereits gute Arbeit. Insbesondere bewährte mobile Beratungsteams und Opferberatungsstellen brauchen aber bundesweit eine dauerhafte Finanzierung. 8 9
6 Rechtsstaat gegen Rechts Dreizehn Jahre lang konnte die Terrortruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) rauben, bomben und morden, ohne dass die Sicherheitsbehörden den rechtsextremen, rassistischen Hintergrund der Verbrechen erkannten - ein erschütternder Befund. Bündnis 90/Die Grünen haben sich im Bundestag erfolgreich für die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses stark gemacht, der diese Vorgänge rückhaltlos aufklären soll. Behördenfehler, Hintergründe und Unterstützer-Netzwerke des NSU müssen aufgedeckt werden. Aus diesen Erkenntnissen sind Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu ziehen: Wir erwarten, dass unser Rechtsstaat braune Gewalt mit allen ihm zur Verfügung stehenden, verfassungskonformen Mitteln bekämpft. Die Arbeit der Sicherheitsbehörden muss strategisch neu ausgerichtet werden. Die Erkenntnisse zivilgesellschaftlicher Initiativen sollten die Behörden nicht beiseite schieben, sondern sorgfältig in ihre Analysen einbeziehen. Und die Parlamente brauchen bessere Möglichkeiten, die Arbeit des Verfassungsschutzes zu kontrollieren. Nach den Erfahrungen der letzten Zeit ist dies dringend geboten. 10 Quelle: picture alliance Quelle: Imago, Engel/laif 11
7 Grauzonen ausleuchten Viele Nazis haben gelernt, ihr Erscheinungsbild zu ändern und das Web 2.0 für ihre Propaganda und Vernetzung zu nutzen. Extrem rechte Pseudointellektuelle verwischen über ihre Medien gezielt die Grenze zwischen rechtskonservativer und rechtsextremer Ideologie mit Auswirkungen bis ins Bildungsbürgertum und die Mitte der Gesellschaft. Es gilt, rechtspopulistischer Propaganda entschieden entgegenzutreten und ihre menschenfeindlichen Hintergründe offenzulegen. Wer mit Ängsten vor angeblicher Überfremdung, mit antiislamischen Ressentiments oder der Diffamierung alternativer Jugendkulturen spielt, liefert rechten Schlägern eine ideologische Rechtfertigung. Jede Bagatellisierung des Rechtsextremismus in Deutschland und seiner Gefahren erweitert den Aktionsradius der Neonazis. Wir dürfen nicht hinnehmen, wie Rechtsextremisten und Rassisten sich in unserer Gesellschaft breit machen und die Fundamente angreifen, auf denen unser freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat beruht
8 Quelle: Focus Jede Bagatellisierung des Rechtsextremismus in Deutschland und seiner Gefahren erweitert den Aktionsradius der Neonazis
9 Noch Fragen? Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion Monika Lazar MdB Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus Arbeitskreis 3: Demokratie, Recht und Gesellschaftspolitik T , F Zum Weiterlesen: Themen A-Z» Rechtsextremismus 17/76 Bundestagsdrucksachen: 17/2482 Daueraufgabe Demokratiestärkung (Antrag) 17/4551 Demokratieinitiativen (Antrag) 17/8453 Einsetzung Untersuchungsausschuss Rechtsextremismus (Antrag) Diese Veröffentlichung informiert über unsere parlamentarische Arbeit im Deutschen Bundestag. Sie darf im Wahlkampf nicht als Wahlwerbung verwendet werden. Impressum: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion Platz der Republik 1, Berlin Gestaltung: Stefan Kaminski Stand: Mai 2012, Schutzgebühr: 0,05
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