Hermann Hesse. Der Steppenwolf

Transkript

1 Hermann Hesse Der Steppenwolf Inhaltsangabe : Eine Inhaltsangabe von Hermann Hesses Buch Der Steppenwolf zu erstellen ist eine schwierige Aufgabe: Es beschreibt eine Reise ins Innere, in die Abgründe der eigenen Persönlichkeit, zum Kern des Individuums. Diese Reise wird durch eine verworrene Mischung aus Träumen, Visionen und Phantasien geschildert, ein klarer, strukturierter Handlungsablauf ist nicht erkennbar, dennoch werde ich im Folgenden versuchen den Inhalt in verkürzter Form wiederzugeben.

2 Das Buch beginnt mit einem Vorwort des Herausgebers, dem Neffen der Vermieterin Harry Hallers, der die Hauptperson des Buches ist. Der besagte Neffe lebt ebenfalls im Haus seiner Tante und kennt Haller daher nur aus flüchtigen Begegnungen, vereinzelten Gesprächen und äußerst seltenen, gemeinsam verbrachten Abenden. Er beschreibt Haller als stillen Mitbewohner, der keiner geregelten Arbeit nachgeht, menschenfremd ist und insgesamt sehr zurückgezogen lebt. Diese Informationen erhält er teilweise auch durch Spionage, er schleicht sich in Hallers Wohnung und findet dort diverse Flaschen mit alkoholischem Inhalt, Zigarettenkippen und enorm viele Bücher. Diese Bücher waren größtenteils jedoch nicht gelehrten Inhalts, sondern Werke von Dichtern unterschiedlichster Epochen und Kulturkreise, beispielsweise Goethe, Lessing, Dostojewski und Jean Paul. Daraus schließt er das Haller ein Büchermensch sei, ein Denker der ein vergeistigtes Leben führt. All diese Eigenarten Hallers stellt er in den Kontext mit dessen Aufzeichnungen, die dieser schriftlich dem Neffen hinterlies, er solle damit handhaben wie er möchte. Diese Aufzeichnungen sind auch der Hauptinhalt des Buches, denen Haller eine Art Warnung mitgab: Nur für Verrückte. Sie sind so etwas wie ein Tagebuch, Notizen und Gedanken über einen Lebensabschnitt. Das besondere daran ist: Haller wähnt sich selbst als gespaltenes Wesen, teils Mensch, teils Steppenwolf, daher auch der Titel. Er durchlebt schreckliche Zeiten der Einsamkeit, gebeutelt von Krankheit und Selbsthass, bis ihm eines Tages durch seltsame Umstände ein mysteriöses Buch in die Hände fällt, Das Traktat vom Steppenwolf. Dieses Manuskript beschreibt haargenau Haller Zustand, nach kurzer Zeit wird es zu einer Art Offenbarung für ihn, vollgespickt mit Hinweisen und erschreckend genauen Beschreibungen der folgenden, geheimnisvollen Ereignisse. Einige Zeit später, nach einem gravierenden Konflikt mit einem ehemaligen Bekannten, kommt er wieder durch Zufall in den Schwarzen Adler, einem Tanzlokal, überfüllt mit Menschen, die Haller für gewöhnlich zutiefst verachtet. Dort trifft er eine seltsame Gestalt, Hermine, die in der späteren Handlung eine tragende Rolle spielt. Diese außergewöhnliche Persönlichkeit kennt ebenfalls exakt Hallers Zustand, kann ihm aber im Gegensatz zum Traktat konkret weiterhelfen. Das Traktat vom Steppenwolf beschreibt Hallers Seelenleben in einem sehr objektivem, wissenschaftlich gefassten Stil, mit dem Haller sich nicht anfreunden kann. Hermine hingegen erfasst seine Situation auf eine intuitive, weibliche Art und Weise, die auch seine Gefühle stark mit einbezieht. Haller fühlt sich sehr zu Hermine hingezogen, er will ihr dienen, denn sie fordert absoluten Gehorsam von ihm, bis hin zum letzten Befehl, dem Mord an ihr selbst. Sie führt ihn in eine ihm bis dahin völlig unbekannte Welt ein; eine Welt voller Begierde, Leben, Tanz, Genuss und wilden Exzessen, dies muss während der Zeit der Roaring Twenty s gewesen sein. Mühsam erlernt der Steppenwolf das Savoir Vivre, doch nach einiger Zeit findet er gefallen daran. Hier lernt er auch einen peruianischen Musikanten kennen, Pablo, der sich ebenfalls als eine sehr wichtige Figur entpuppen wird. Nach einer schicksalsträchtigen Nacht führt Pablo Haller und Hermine an den Ort, an dem die Geschichte zu ihrem

3 Höhepunkt gelangen soll, ins magische Theater. Dies ist kein realer Ort, sondern ein Spiegel Hallers Seele, eine Art Vision, hervorgerufen durch den Konsum psychoaktiver Stoffe. Dort lernt er in dramatischen, irrealen Szenen viel über sich selbst, dieser Ort ist der Kern seiner chaotischen Persönlichkeit, hier soll er seinem wahren Ich gegenüber treten. Viele stark symbolische Ereignisse spielen sich in diesem Theater ab, im Mittelpunkt steht immer ein anderer Aspekt seiner Selbst. Verwirrt und entsetzt über das Gesehene, tötet er in einer dramatischen Szene Hermine, und wird zur Strafe für 12 Stunden aus dem Theater verbannt, kann es jedoch danach wieder betreten und mehr über sich selbst lernen. Hier endet das Buch, der Ausgang bleibt offen, wir erfahren nicht ob Haller endlich zu sich selbst findet oder im Chaos seiner Gefühle verstrickt bleibt. Zu den Personen: Zwei Personen möchte ich hier näher erläutern, da sie den Hauptbestandteil des Buches ausmachen. Harry Haller: Schon gleich der Name verrät den Bezug zum Schriftsteller selbst; Harry Haller und Hermann Hesse, ein Anagramm also, das auf die autobiographischen Züge des Buches hinweist. Doch es gibt noch mehr Hinweise auf den Autor: Beispielsweise Hesses Vorliebe für Indien, die in verschiedenen Passagen durchscheint: Der Professor für indische Mythologie, mit dem er früher lange Gespräche führte, den Aufschriften der Türen im magischen Theater wie Kamasutram oder Wollen Sie sich vergeistigen? Weisheit des Ostens. Auch waren beide( Haller und Hesse) im selben Alter, um die 50, litten an Gicht und starken Depressionen, hassten das Bürgertum und waren Menschen von hohem Intellekt. Bei Hermine hingegen handelt es sich um eine besondere literarische Figur: Sie hat starke Ähnlichkeit mit einem Jugendfreund Hallers, Hermann, der männlichen Variante von Hermine und Hesses Vorname. Hesse wählte bewusst die Polarisation der Geschlechter um einen ganz anderen, gravierenden Unterschied darzustellen. Dieser Gegensatz ist der Lebensweg, den beide wählten: Haller, der vergeistigte, einsame Denker, fernab der normalen Gesellschaft, und Hermine, eine Lebenskünstlerin die sich auf sämtliche bürgerlichen, gesellschaftlichen und sexuelle Umgangsformen bzw. Praktiken versteht, also eine Art alter ego, das in einem völlig anderen Umfeld lebt, im Grunde aber die selbe Person wie Haller ist, auch sie ist innerlich einsam und sehnt sich nach dem Tod. Soweit zum stark gekürzten Inhalt eines faszinierenden Buches über die Probleme des Mensch-Seins selbst.

4 Aussagen des Autors: Der eigentliche Inhalt des Buches ist das Thema der Selbstfindung, doch es fließen noch zahlreiche andere Elemente mit ein, wie Hallers Verhältnis zum Suizid, der Illusion des Egos, den Unsterblichen und der Kritik der damaligen Gesellschaft, um nur einige zu nennen. Da dieses Buch in gewisser Weise ein Autobiographisches ist, sind viele persönliche Ansichten Hesses zu diversen Themen zu finden, welche zwar sehr interessant sind, aber den Rahmen dieses Referates bei weitem sprengen würden. Das menschliche Seelenleben ist ein unglaublich großes Feld, und da eben dieses die Persönlichkeit ausmacht, möchte ich mich auf einige wenige Punkte beschränken. Der zentrale Gedanke Hesses ist seine Selbstsicht, bzw. analyse, die Einteilung Hallers Seele in einen Steppenwolf und einen Menschen. Der Wolf in Haller steht für das Triebhafte, die animalischen Wünsche nach Blut, Fleisch und Lust, ebenso wie die Verachtung allen menschlichen Tuns. Dieser Wolf strebt nach Unabhängigkeit, er ist ein Einzelgänger der durch die Steppe trabt, weit weg von der menschlicher Zivilisation. Dieser Drang zur Unabhängigkeit treibt Haller letztendlich in die Einsamkeit, die totale Isolation von sozialen Bindungen. Er

5 will niemandem dienen, er verabscheut die Menschen für ihre Eitelkeiten, ihre dummen, verlogenen Sitten und Konventionen, denen er nicht gewillt ist sich unterzuordnen. Das Buch wurde 1927 veröffentlicht, also nur wenige Jahre vor der Machtergreifung Hitlers, der Nationalsozialismus beherrscht das soziale Gefüge in Deutschland. Diese Ideologie verteufelt den Individualismus, wer nicht mit der Masse geht wird als Vaterlandsverräter abgestempelt und später sogar verfolgt. Hallers Drang zur Einsamkeit ist also vor diesem Hintergrund zu betrachten und wird dadurch verständlicher, da die Normen dieser Zeit auch in meinen Augen verabscheuenswert waren. Der andere Teil Hallers Seele ist der Mensch, der sich nach Kultur, Wissen und den Unsterblichen sehnt, auf die ich später noch näher eingehen werde. Wolf und Mensch leben in ewiger Zwietracht miteinander. Haller fühlt sich innerlich zerrissen und ist am Rande eines Nervenzusammenbruches, er hält diese innere Spannung nicht mehr aus und denkt oft an Selbstmord. Im Traktat des Steppenwolfs wird diese Beziehung zum Suizid näher beschrieben: Während man allgemein annimmt dass ständige Selbstmordgedanken in die Verzweiflung treiben, ist es bei Haller genau der umgekehrte Fall. Indem er sich selbst diesen letzten Ausweg vor Augen hält, schöpft er aus diesem Gedanken Kraft, ihm steht dieser Weg immer offen, falls sich die Depressionen verschlimmern sollten kann er jederzeit den Freitod wählen. Mit diesem tröstlichen Gedanken vor Augen, schleppt er sich weiterhin mühsam durchs Leben, immer den letzten Akt verzögernd. Das besagte Traktat gibt ihm jedoch noch einen weiteren, wichtigen Denkanstoss: Es lässt ihn über die zweifelhafte Zweiteilung seiner Persönlichkeit nachdenken. Diese Zweiteilung von so etwas komplexem wie der menschlichen Seele sei mit einer Vergewaltigung gleich zu setzten. Der Mensch hat nicht nur ein einziges Ego, oder auch nur zwei, sondern tausend, ja sogar Millionen verschiedener Aspekte, Facetten seiner Persönlichkeit. Im magischen Theater wird diese Erkenntnis in einer bemerkenswerten Szene zum Ausdruck gebracht: Ein Schachspieler greift sich einige kleine Hallers, sie symbolisieren einige Teile seiner Persönlichkeit, und stellt sie wie Schachfiguren auf das Brett. Nun beginnen diese Figuren miteinander zu agieren, menschliche Dramen, Tragödien aber auch Freundschaften entstehen in kürzester Zeit zwischen den einzelnen Figuren. Dann bricht der Schachspieler das Spiel ab, und versetzt die Figuren auf andere Positionen, der Bauer wird zum König, der Springer zum Läufer. Wieder entsehen Beziehungen unter den Spielfiguren, doch wird diesmal das Verhältnis der einzelnen Figuren zueinander ein völlig anderes: Aus Liebe wird Hass, aus Feindschaft wird Freundschaft. Hesse setzt diese Erkenntnis mit der indischen Lehre der Wiedergeburt gleich, Inkarnationen einzelner Menschen sollen seiner Meinung nach verschiedene Aspekte der Persönlichkeit eines Menschen darstellen, doch führt eine detaillierte Darstellung dieses Sachverhalts hier zu weit.

6 Einen besonderen Gedanken Hesses möchte ich aber dennoch erwähnen: Das Ideal des Menschen, in Hallers gespaltener Seele, sind die Unsterblichen. Zu diesen zählt Haller Goethe, Novalis und andere Genies oder Geistesgrößen, allen voran jedoch Mozart, dessen Musik er zutiefst verehrt. All diese Menschen sollen etwas Großes, eine Art göttliche Wahrheit hinter allem erkannt und diese Wahrheit in ihren Dramen, Kompositionen und Bildern verarbeitet haben. Durch die Erkenntnis des göttlichen wurden sie selbst zu Göttern, den Unsterblichen. Sie tauchen des öfteren im Buch auf und spielen eine wichtige Rolle in Hallers Entwicklung, sie lehren ihn den göttlichen Humor, das Lachen über das oft komische Handeln der Menschen. Um den Konflikt, der Feindschaft zwischen Mensch und Wolf, dreht sich das ganze Buch, bis Hesse schließlich diesen Irrtum erkennt und sich seiner gesamten Vielfalt von Persönlichkeiten öffnet. Ich denke Hesse hat in diesem Buch seine eigenen Probleme verarbeitet, seine Ablehnung der Gesellschaft, seine Einsamkeit ( er hatte sich zu diesem Zeitpunkt von seiner Frau getrennt) und seinen Hang zum Suizid. Dieses Buch hat mich begeistert, ich konnte mich oft mit Haller identifizieren, und ich bin sicherlich nicht der Einzige, da es momentan in Japan und den USA wieder einen Hesse-Boom gibt. Es ist eine kritische Auseinandersetzung mit der damaligen Gesellschaft und viele dieser Gedanken sind auch auf unsere Zeit übertragbar, man denke nur an die Spaßgesellschaft und die Goldenen Zwanziger, hier lassen sich leicht parallelen ziehen. Es gab viele Kontroversen über dieses Buch, Kritik vor allem von Konservativer Seite, ich denke es wird auch vielen Menschen nicht gefallen, es ist eben nur für Verrückte.

7 Informationen über den Autor: Hermann Hesse wurde am 2. Juli 1877 in Calw, Württemberg als Sohn des Missionars Johannes Hesse geboren. Er besuchte das evangelische Klosterseminar in Maulbronn, verließ dieses jedoch nach nur 7 Monaten, weil er entweder Dichter oder gar nichts werden wollte schließt er eine Lehre als Turmuhrmechaniker ab und beginnt eine zweite Ausbildung als Buchhändler in Tübingen gelang ihm dann mit Peter Camenzind der literarische Durchbruch und er konnte von nun ab als freier Schriftsteller leben macht er eine Indienreise, aus der später Siddartha und Aus Indien hervorgehen siedelt er schließlich in die Schweiz, nach Montagnola, da das NS-Regime seine Schriften als volkshetzerisch anprangert bekommt er dann die Schweizer Staatsbürgerschaft, 1927 erschien Der Steppenwolf.

8 Er erhielt 1946 den Literaturnobelpreis für sein Lebenswerk und verstarb 1962 am 9.August in Montagnola.