Baurechtliche Genehmigungspraxis. Dipl.-Ing. Albert Schwan, Rhein-Sieg-Kreis. Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
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- Til Buchholz
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1 Baurechtliche Genehmigungspraxis Dipl.-Ing. Albert Schwan, Rhein-Sieg-Kreis Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, ich habe heute den praktischen Teil übernommen. Es geht dabei um lokale Besonderheiten, den status quo das Planungsrecht die Prüfung und Gewährleistung der Strahlensicherheit das Baugenehmigungsverfahren und die Perspektive für die Städte und Gemeinden 1. lokale Besonderheiten, status quo Wir haben eben über das Funknetz und die Netzverteilung gesprochen. Die Verteilung der Mobilfunkstationen ist abhängig von der Geographie und den sonstigen Erfordernissen des Funkverkehrs. Dabei besteht die Tendenz, in städtischen Bereichen kleinere Funkzellen und im ländlichen Raum größere Funkzellen mit entsprechend höheren Antennenanlagen zu bilden. So erklärt sich, dass die kleineren Mobilfunkantennen vorwiegend in den Städten auf den Dächern von Gebäuden montiert werden, weil die Anlagen dort entsprechend klein sein können. Der Vorteil der kleinen Funkzellen ist die geringere Leistung und Strahlenbelastung bei Sender und Empfänger. Abb. 1 zeigt den Ballungsraum Bonn/Rhein-Sieg, in welchem ca. 1 Mio. Menschen leben. Die Bevölkerungsdichte ist an den Rändern des Kreisgebietes gering, im Zentrum entsprechend stärker und in der Bundesstadt Bonn mit ca Einwohnern pro km² am höchsten (zum Vergleich: Windeck, Much und Ruppichteroth 100 bis 200 Einwohnern pro km²). An Hand der Karte wird deutlich, dass in Windeck eine andere Netzstruktur besteht als in der Stadt Bonn, dementsprechend variiert auch die Intensität der Strahlung. In Windeck und in Wachtberg z.b. stehen Anlagen, welche je nach Höhe des Mastes durchaus 15 km² versorgen. In den Gebieten wie Meckenheim und Bad Honnef sind die Masten im Allgemeinen kleiner und enger verteilt. Vereinfacht gesagt: Je dünner ein Gebiet besiedelt ist, desto größer sind die Funkzellen und die Antennenmasten. In Deutschland sind insgesamt ca aneinandergrenzende Funkzellen erforderlich, um einen flächendeckenden Empfang zu ermöglichen. Überschlägig entfallen dabei etwa 160 auf den Raum Bonn/Rhein-Sieg. Statistisch gesehen würden 8,125 km² pro Station abgedeckt werden. Allerdings sind die Funkzellen im ländlichen Raum wie gesagt im Allgemeinen größer und können durchaus auch 100 km² Siedlungsfläche versorgen
2 Abb. 1 Bevölkerungsdichte im Rhein-Sieg-Kreis Die Versorgung mit der UMTS Technik ist nach der Vereinbarung mit den Mobilfunkbetreibern zunächst einmal in den Ballungsräumen vorgesehen. Allein 50 % der Bevölkerung lassen sich in Deutschland bereits mit UMTS versorgen, sobald die 80 größten Städte entsprechend ausgerüstet sind. Der Ausbau dieses neuen Netzes wird daher zunächst in Bonn und im umliegenden Ballungsgebiet begonnen, weil man dort mit relativ geringem Aufwand die meisten Nutzer erreicht. Zur Definition einer Basisstation: Sie besteht immer aus dem Antennenträger, das ist im Allgemeinen ein Gebäude oder ein Mast, jeweils mit einer Sende- und Empfangseinrichtung und einer Versorgungseinheit mit den Schalt- und Steuerungseinrichtungen. Die Leistung beträgt bei kleinen Anlagen ca. 10 W, bei großen maximal 50 W und bei UMTS maximal 20 W. (Zum Vergleich: Fernsehsender haben eine Leistung von W Die Mobilfunkantennen werden auf Gitter- oder Schleuderbetonmasten montiert und sind meist ca. 40 m, in Ausnahmefällen 60 m hoch
3 Zur Frage der Genehmigungspflicht folgendes Schema: Baugenehmigung ja oder nein? genehmigungsfreie Anlagen sind: Parabolantennenanlagen samt den Reflektorschalen bis zu einem Durchmesser von 1,20 m und bis zu einer Höhe von 10,0 m, sonstige Antennenanlagen bis zu 10,0 m Höhe ( 65 (1) 18. BauO NRW) genehmigungspflichtig: sofern ein Gebäude als Antennenträger dient, liegt eine Nutzungsänderung vor. HINWEIS: In jedem Fall: Nachweis der Strahlensicherheit durch Standortbescheinigung der RegTP, je nach Leistung: Anzeige nach der 26. BimSchG VO beim Staatl. Umweltamt 2. Planungsrecht Antennen, ihre Träger, Masten, Gebäude und Zubehör (Versorgungskabel, Kabelstränge etc.) sind bauliche Anlagen im Sinne der Bauordnung der Länder. Sie sind städtebaulich relevant, sofern sie nicht völlig untergeordnet sind. Die Nutzung, das Erscheinungsbild und die Gestaltung können Auswirkungen auf das Straßen-, Ortsund Landschaftsbild haben und zu Konflikten mit der Nachbarbebauung führen. Sie gelten dann in jedem Fall als Vorhaben im Sinne des Baugesetzbuches ( 29 BauGB) und müssen daher wie Gebäude alle baurechtlichen Anforderungen erfüllen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anlage genehmigungspflichtig ist oder nicht. Mobilfunkanlagen sind im Außenbereich privilegiert; allerdings dürfen keine öffentlichen Belange ihrer Errichtung entgegen stehen. Insbesondere der Landschaftsschutz muss beachtet werden. Die Anlagen gelten als privilegiert zulässig, weil nach dem Baugesetzbuch ( 1 BauGB) die Telekommunikation zur Grundversorgung gehört, die gesichert sein muss. Außerdem sind sie im Allgemeinen standortgebunden, d.h. sie können technikbedingt nicht an beliebiger Stelle errichtet werden und sind daher auch auf den Außenbereich angewiesen. Sie sind Mobilfunkstationen sind nach der Systematik des Planungsrechts nicht störende Gewerbebetriebe im Außenbereich privilegiert zulässig (dienen dem Fernmeldewesen, 35 (1) 3. BauGB) Hinweis: Landschaftsschutz beachten (Eingriff in die Landschaft 4-6 LG-NRW)
4 Wegen des öffentlichen Interesses an einer funktionierenden Telekommunikation ist die Errichtung der Basisstationen planungsrechtlich im Innenbereich und - bis auf wenige Ausnahmen - praktisch in allen Baugebieten zulässig. Vorraussetzung ist die Einhaltung der Festsetzungen der Bebauungspläne ( 30 BauGB) bzw. das Einfügen der Anlage ( 34 BauGB). im Innenbereich: ohne Bebauungsplan ( 34 BauGB): -Vorhaben muss sich einfügen, mit Bebauungsplan ( 30): Festsetzungen beachten, ansonsten richtet sich die Zulässigkeit nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) Generell gelten Mobilfunkanlagen als nicht störende Gewerbebetriebe; dabei wird zwischen sogen. Haupt- und Nebenanlagen unterschieden. Sofern die Anlage nicht nur das betreffende Gebiet versorgt, handelt es sich begrifflich um eine Hauptanlage, die im Allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässig ist. Im Reinen Wohngebiet ist sie als fernmeldetechnische Nebenanlage ausschließlich zur Versorgung des betreffenden Baugebiets auch nur ausnahmsweise zulässig ( 14 (2) BauNVO). Sofern aus versorgungstechnischen Gründen der Standort für eine Hauptanlage nur im Reinen Wohngebiet möglich ist, kommt eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes in Betracht ( 31 Abs. 2 BauGB). im Innenbereich mit Bebauungsplan ( 30 BauGB): generell als Hauptanlagen zulässig: im: im im Besonderen Wohngebiet Dorfgebiet Mischgebiet Kerngebiet Gewerbegebiet Industriegebiet Sondergebiet Allgemeinen Wohngebiet als Hauptanlage nur ausnahmsweise zulässig Kleinsiedungsgebiet und Reinen Wohngebiet nur als Nebenanlagen ausnahmsweise zulässig, sofern nicht ausdrücklich ausgeschlossen Daher sind entsprechende Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen nachzuweisen, die den Eingriff kompensieren sollen. 3. Prüfung und Gewährleistung der Strahlensicherheit Für alle Anlagen muss die Strahlensicherheit durch die sogenannte Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) nachgewiesen werden. Anhand der Bauvorlagen und der Angaben über die
5 Antennen Senderleistung, Senderichtung wird der betreffende Grenzwert errechnet und der Sicherheitsabstand festgelegt. Die Berechnungen erfolgen anhand der elektromagnetischen Felder, die von der Anlage ausgehen, sowie aller anderen vor Ort vorhandenen Felder (beispielsweise von sonstigen ortsfesten Anlagen). Die folgende Abbildung zeigt zwei Seiten aus einer Genehmigung mit der Errechnung des Sicherheitsabstandes und einem Antennendiagramm
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7 Bei einem Gerichtsverfahren wird die Baugenehmigung in Bezug auf die Einhaltung des Baurechts überprüft, allerdings können im Einzelfall Messungen der tatsächlichen Strahlenbelastung angeordnet werden. Die Pflicht zur Vorlage der sogenannten Standortbescheinigungen als Nachweis der Strahlensicherheit werte ich deshalb als Erfolg, weil damit wirklich die gesamte Belastung auch aus den bereits vorhandenen Strahlenquellen nachgewiesen wird. (Bei der Diskussion über die Grenzwerte werden oft die u.u. geringeren Grenzwerte einzelner anderer Länder in die Diskussion gebracht. Dort stellt sich allerdings die Frage, ob - im Gegensatz zu den Verhältnissen bei uns - die Strahlung auch tatsächlich gemessen und die Einhaltung der Grenzwerte kontrolliert wird). 4. Genehmigungsverfahren Die Fragen zum Verfahren sind bereits angesprochen worden. Bestimmte kleinere Anlagen bedürfen keiner Baugenehmigung, nämlich Antennen bis 10 m Höhe. Trotzdem sehen die Verwaltungsgerichte die Errichtung von Basisstationen auf Gebäuden für genehmigungspflichtig an, wenn sich bei der Gesamtbetrachtung eine sogenannte Nutzungsänderung des Gebäudes ergibt, deren Auswirkungen insbesondere auf die Umgebung geprüft werden müssen. Dabei ist in erster Linie von Bedeutung, ob diese Anlage planungsrechtlich, d.h. nach der Gebietsart an diesem Standort zugelassen werden darf. Gelegentlich ist wegen der gestalterischen Auswirkungen der Denkmalschutz tangiert, dann sind die Untere Denkmalbehörde und der Landeskonservator zu beteiligen. Konflikte mit dem Denkmalschutz lassen sich meist dadurch lösen, dass der (technisch bedingte) Standort so verändert wird, dass eine Beeinträchtigung des Denkmals vermieden wird. Die Baugenehmigung darf erst erteilt werden, wenn die betreffende Gemeinde beteiligt worden ist. In den Fällen des 34 BauGB (Innenbereich, kein Bebauungsplan) und 35 BauGB (Außenbereich) ist das Einvernehmen der Gemeinde zwingend erforderlich. Die Frage, ob ein Eingriff in die Landschaft vorliegt, wird von der Landschaftsbehörde (Kreisverwaltung) beurteilt, u.u. kommt auch eine Befreiung von Vorschriften einer Landschaftsschutzverordnung in Betracht. In jedem Fall ist der Eingriff im Außenbereich durch geeignete Ersatz- bzw. Ausgleichsmaßnahmen zu kompensieren. Eine Mobilfunkanlage ist demnach nicht zulässig, wenn sie a) planungsrechtlich nicht der Gebietsart entspricht, b) öffentliche Belange entgegenstehen (im Außenbereich), c) Sicherheitsabstände nach der 26. BimschG VO oder d) Grenzabstände nach 6 BauO NRW nicht eingehalten werden. Mögliche Rechtsmittel: Ein Widerspruch gegen eine Genehmigung wird bei der Behörde (Untere Bauaufsicht) eingelegt, die den Bescheid erlassen hat, z.b. beim Kreis oder der Stadt Bonn. Die Entscheidung liegt bei der Oberen Bauaufsicht (Kreis bzw. Bezirksregierung in Köln), im weiteren Klageverfahren beim Verwaltungsgericht in Köln bzw. beim Oberverwaltungsgericht in Münster. Erfolgsversprechend sind derartige Verfahren nur, wenn eine übermäßige Strahlenbelastung nachgewiesen werden kann. Ein solcher Fall ist jedoch bislang nicht bekannt geworden
8 5. Perspektive Zum Schluss möchte ich auf die künftige Situation bei den Städten und Gemeinden eingehen, z. Zt. stehen den Städten und Gemeinden nämlich keine Einwirkungsmöglichkeiten, noch nicht einmal Bestandsdaten über die Mobilfunkanlagen zur Verfügung. ( Anmerkung: Die Bestandsdaten sind von den Mobilfunkbetreibern im Februar 2002 den Städten und Gemeinden übermittelt worden. ) Ich kann daher keine Auskunft über die Anzahl, die Standorte und Leistung aller Anlagen im Kreisgebiet geben. Generell wird aber der Ausbau des Netzes von den Kommunen unterstützt, weil der Ausbau der Telekommunikation zu den wesentlichen Standortfaktoren zählt. Die berechtigte Forderung ist jedoch: - Transparenz der Planung, Abstimmung der Standorte (Prioritätenliste) - Minimierung der Standorte - Mehrfachnutzung vorhandener Anlagen - möglichst geringer Eingriff in das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild - Vermeidung jeglicher gesundheitlicher Gefährdung, größtmögliche Sicherheit, Akzeptanz Das Resultat der Verhandlungen der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) mit den Netzbetreibern (DeTeMobil, E-Plus, Group 3G, Mannesmann Mobilfunk, VIAG Interkom) ist die Vereinbarung vom Juli 2001 über: 1. Information der Mobilfunkbetreiber über bestehende und künftige Netze, 2. Aufbau einer einheitlichen Datei, 3. Abgestimmte Vorgehensweise beim Bau neuer Sendeanlagen (Abstimmungsverfahren innerhalb von 8 Wochen), 4. Informationsveranstaltungen der Mobilfunkbetreiber. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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