4.6 Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel
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- Marie Günther
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1 4.6 Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel Der Klimawandel steht uns nicht bevor, der Klimawandel findet statt. Angesichts dieser Ausgangslage sind Klimaschutz und Maßnahmen zur Klimawandelanpassung langfristige Prozesse, die weiter intensiviert und initiiert werden müssen. Das betrifft den Lebenswandel ebenso wie Ernährungsgewohnheiten und die Energiegewinnung Herausforderungen Der globale Klimawandel (vgl. Kapitel 3.3) hat große Auswirkungen auf den Alpenraum und auf Tirol. Wenngleich globale Entwicklungen nicht verändert und nur beschränkt beeinflusst werden können, ergreift Tirol aktiv Maßnahmen zum Schutz des Klimas und zur Anpassung an den Klimawandel. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse ermöglichen jedoch nur beschränkte Aussagen auf kleinräumige Regionen wie Tirol. Fakten und Prognosen bezogen auf Österreich und den Alpenraum Die österreichischen Aufzeichnungen belegen, dass sich die Temperaturen entgegen dem globalen Durchschnitt in den letzten 150 Jahren nicht um 0,75 C, sondern sogar um 1,8 C erhöht haben. Seit den 1990er Jahren haben sich besonders die Sommertemperaturen stark erhöht. Bis 2050 wird die Temperatur im Mittel in Österreich um weitere 2,0 bis 2,5 C zunehmen, am Alpenhauptkamm etwas mehr. Die Niederschläge bleiben über das Jahr gesehen konstant, es kommt jedoch zu einer Verlagerung vom Sommer- in das Winterhalbjahr. Durch die Verlagerung der Niederschläge in den Winter ist in Zukunft wahrscheinlich mit häufigeren Trocken- und Dürreperioden zu rechnen. Die Veränderungen der Landnutzung und des Klimas erhöhen die Verletzbarkeit der menschlichen Lebensräume und das Risiko von Geo- und Naturgefahren. Land- und Forstwirtschaft müssen mit vielfältigen und unterschiedlichen Veränderungen rechnen (zunehmende Trockenperioden und Starkregenereignisse, zunehmender Schädlingsbefall usw.). Die Artenvielfalt im Alpenraum ist bedroht. Das Heben der Baumgrenze führt zu einer Veränderung des alpinen Ökosystems. 103
2 Klimaschutz und Klimawandelanpassung betreffen sowohl die zu treffenden Maßnahmen als auch den Zeitraum, zu dem diese greifen werden: Die Umsetzung von Klimawandel- Maßnahmen erfordert einerseits entsprechende infrastrukturelle Investitionen (etwa den Ersatz von Versorgungs- und Verteilungseinrichtungen für fossile Energieträger). Andererseits weisen auch die Ergebnisse dieser Maßnahmen einen entsprechend langen Erwartungshorizont auf. Klimaschutz und Klimawandelanpassung sind daher in Generationen zu denken. Es stellen sich zwei zentrale Handlungsfelder für die künftige nachhaltige Strategie a. Klimaschutz: Wie kann der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um mehr als 2 C vermieden werden? b. Klimawandelanpassung: Wie können sich Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt im Rahmen eines nachhaltigen Wirtschaftens an den stattfindenden Klimawandel anpassen? Beide Bereiche bedingen sich gegenseitig. Ungeachtet von regionalen Auswirkungen würde ein ungehemmtes Fortschreiten der Klimaerwärmung letztlich weltweit in katastrophale Auswirkungen münden. Damit der Klimawandel auf eine Erwärmung von weniger als 2 C beschränkt bleibt, wurde seitens der Europäischen Union auf Basis des vierten IPCC 72 -Berichtes das Reduktionsziel mit 80% bis 95% bis 2050 gegenüber 1990 festgelegt. Ohne konsequenten Klimaschutz nimmt der Anpassungsbedarf noch mehr zu oder es wären im ungünstigsten Fall bei Nichterreichung des 2 C-Zieles gar keine wirksamen Anpassungen mehr möglich. Auf der anderen Seite ist eine Anpassungsstrategie an die neuen Herausforderungen auch von großer Wichtigkeit für den Klimaschutz selbst, da Energieeffizienz, Unabhängigkeit von fossilen Energiequellen etc. die Basis für ein erfolgreiches Erreichen der Klimaschutzziele darstellen. Zu a.) Tirols aktive Beiträge zum Klimaschutz Tirol handelt letztendlich im Eigeninteresse, wenn es alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzt und weiterentwickelt, um die verpflichtend festgelegten CO 2 - Reduktionsziele des Kyoto-Protokolls und der Roadmap zu erreichen. Abgesehen davon erfüllt Tirol damit geltendes Recht und seine Pflichten. 72 Siehe FN COM (2011) 112 vom 8. März Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO 2-armen Wirtschaft bis Anmerkung: Nationale Ziele für einzelne Sektoren liegen derzeit noch nicht vor. 104
3 Klimaschutzkonzept Am 29. März 2011 hat die Tiroler Landesregierung zudem die Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes als Schwerpunktaufgabe beschlossen. Durch ein übergreifendes und umfassendes Klimaschutzkonzept sollen die bereits getroffenen Aktivitäten zusammenfassend dargestellt, weiße Flecken identifiziert und Aktivitäten im Verhältnis zu anderen Bundesländern vergleichbar werden. Zu b.) Anpassungsstrategien 74 Der Klimawandel findet statt. Auch weil die Kosten des Nicht-Handelns im Klimaschutz weit höher sind als die Kosten des Handelns, ist es dringend notwendig, erforderliche Anpassungsstrategien und Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Diese betreffen u. a. folgende Bereiche: Die Vegetation bzw. die land- und forstwirtschaftliche Produktion Veränderungen bei den Naturgefahren bzw. den Schutz vor diesen Den Wasserhaushalt und die Wasserversorgung Die Energieversorgung und -verwendung Die Siedlungsentwicklung Die Wirtschaftsentwicklung, insbesondere im Tourismus. Bereits praktizierter Klimaschutz des Landes Tirol 75 Tiroler Energiestrategie 2020 Tiroler Mobilitätsprogramm Tirol mobil Projekte und Cluster der Tiroler Standortagentur Planungen im Tiroler Tourismus Tiroler Maßnahmen auf Basis des IG-Luft mit Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen entlang der A12 Inntalautobahn 74 Vgl. Weißbuch der Europäischen Kommission zur Anpassung an den Klimawandel ( bzw. Entwurf der Österreichischen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel ( 75 Weitere Projekte und Maßnahmen finden sich in der Auflistung der Aktivitäten des Landes Tirol für eine Nachhaltige Entwicklung (Anhang zu Kapitel 4). 105
4 Tiroler Sanierungsprogramm Tirol A++ zur Hebung der Gebäude- und Energieeffizienz ZukunftsRaum Tirol_2011 Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel betreffen als Querschnittsthema die Arbeitsbereiche vieler Organisationseinheiten und Einrichtungen des Landes. Im Interesse eines aktiven und koordinierten Vorgehens wurde daher ab 1. April 2011 ein Klimaschutzbeauftragter im Amt der Landesregierung (Gruppe Umwelt und Verkehr) eingesetzt. 106
5 4.6.2 Ziele und Maßnahmen Ziel Stärkung des Bewusstseins für Klimaschutz und Ausbau von Netzwerken Verstärkte Integration und Bearbeitung des Handlungsfeldes Klimawandel als Querschnittsmaterie in alle relevanten Aktivitätsbereiche Einrichtung einer Zusammenarbeitsplattform der maßgeblichen Akteure im Bereich von Landespolitik und -verwaltung Laufende Koordination einschlägiger Projekte verbunden mit umfassender, verständlicher Kommunikation sowie Kampagnen, um die Relevanz des Themas sowie die unausweichliche Notwendigkeit zum Handeln gegenüber der Bevölkerung und Wirtschaftstreibenden verstärkt sichtbar zu machen Maßnahmen Vertiefung und Verbreiterung des Wissens um den Klimawandel in verständlicher Form unter Einbeziehung verschiedenster Medien Verstärkte Zusammenarbeit von Wissenschaft Wirtschaft und Landwirtschaft Politik Verwaltung Zivilgesellschaft bei der Entwicklung von thematischen Strategien und Aktionsprogrammen Planung und Umsetzung von Projekten und Maßnahmen unter Einbeziehung aller betroffenen Gruppierungen; Partizipation steht im Mittelpunkt eines strukturierten und zielorientierten Handelns. Information und Kommunikation über klimafreundliche Ernährung 107
6 Ziel Unterstützung und Förderung bei der Umsetzung von Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsmaßnahmen im Bereich der vorhandenen Ressourcen durch das Land Tirol Ausrichtung des Förderwesens des Landes auf Klimaschutzaspekte, indem beispielsweise Kriterien für Nachhaltigkeit eingebaut werden (siehe auch Kapitel 4.12) Maßnahmen Zurückführung der Treibhausgas-Emissionen im Einklang mit den europäischen und nationalen Zielen aus dem Sektor Verkehr bis 2030 unter das Niveau von 1990; durch eine Kombination von Maßnahmen zur Verhinderung von Luftverschmutzung und Verkehrsüberlastungen, intelligenter Stadt- und Raumplanung und einer Verbesserung des öffentlichen Verkehrs bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung einer bezahlbaren Mobilität (siehe auch Kapitel 4.7) Weitere Sicherung der Siedlungsräume und Infrastrukturen vor Naturgefahren durch alle Gebietskörperschaften; integriertes Zusammenwirken aller Beteiligten im Handlungskreis Prävention Schutzeinrichtungen Katastrophenmanagement Katastrophenbewältigung; Bewusstmachen und Stärkung der Eigenverantwortung des Einzelnen im Umgang mit dem vorhandenen Restrisiko Anpassung der Baumartenvielfalt vor allem in den tiefer gelegenen Waldgebieten durch die Forstwirtschaft, damit die Reaktionsfähigkeit der Wälder auf die Folgen der Klimaveränderung (Borkenkäferrisiko, Windwurfgefahr...) verbessert wird Best-practice- Beispiele AdaptAlp Aktionsprogramm nach 9a IG-L 108
7 Ziel Fortschritte bei Energieeffizienz und Einsatz von erneuerbaren Energieträgern in allen Sektoren Setzung von Schwerpunkten und Anreizen zur Energieeffizienz und zum Umstieg auf erneuerbare Energieträger in allen Sektoren Weiterer maßgeblicher Beitrag der Tiroler Industrie- und Gewerbebetriebe zur Erreichung der Klimaziele (etwa durch Fortschritte bei der Energieeffizienz und den Einsatz von erneuerbaren Energieträgern). Einsatz von ressourcenschonenden und energieeffizienten Industrieprozessen und anlagen Insbesondere bei energieintensiven Produktionsprozessen (Zement-, Holz-, Metall- oder Papierindustrie etc.) vermehrter Einsatz von Recycling und Technologien zur Verringerung von Nicht-CO2-Emissionen (z. B. Stickoxide und Methan) somit Reduktion der Emissionen um mindestens die Hälfte bis 2050 Maßnahmen Verstärkte Unterstützung der Bio-Landwirtschaft, des integrierten Landbaus sowie anderer einschlägig als natur- und tierfreundlich erwiesener Landwirtschaftsweisen. Die Nachhaltigkeit bei der Produktion und Nutzung von Biomasse ist sicherzustellen. Dabei wird auf den Einsatz von genmanipulierten oder nicht standortgerechten Pflanzen (Neophyten) verzichtet, der Nahrungsmittelanbau richtet sich nach dem Prinzip Teller vor Trog vor Tank. Förderung Klima schonenden Handelns und des Einsatzes erneuerbarer Energiequellen im Tourismus; An- und Abreise sowie die Mobilität im Urlaubsort werden kundenfreundlich auch ohne eigenes Auto ermöglicht. Attraktivitätssteigerungen zur Positionierung des Urlaubslandes Tirol erfolgen unter der Prämisse und der Vermarktung einer nachhaltigen Sicherung von Landschaft und Umwelt als Rohstoff für einen langfristig erfolgreichen Tourismus. Intensivierung der einschlägigen Grundlagenforschung und der anwendungsbezogenen Forschung, um möglichst konkrete und 109
8 verlässliche Grundlagen über die regionalen Ausprägungen und Auswirkungen des Klimawandels zu gewinnen Maßnahmen im Bereich der Energiegewinnung und -verteilung erfolgen unter Berücksichtigung der Unabhängigkeit von fossilen und nuklearen Energiequellen, der Regenerationsfähigkeit der Energieträger (CO 2 -Neutralität) und dem Schutz der davon betroffenen Ressourcen (Tier- und Pflanzenwelt, Landschaft, Wasserhaushalt ). Best-practice- Beispiele Die Energiemanager Solarpotenzialstudie Der Tiroler Weg
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