Vergleichsuntersuchungen zur Sicherheitsermittlung an Bäumen - Schalltomografie und Zugversuche

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1 Vergleichsuntersuchungen zur Sicherheitsermittlung an Bäumen - Schalltomografie und Zugversuche Dr. Georges Lesnino 1 Einleitung dasgrün.de mit freundlicher Genehmigung des Veranstalters aus Seminarband Baumtage Süd, Böblingen 2009 Die Verkehrssicherheit von Bäumen stellt eines der wichtigsten Elemente des Baummanagements dar. Vor allem für Bäume an öffentlichen Flächen, ist es von höchster Bedeutung, ihre statische Sicherheit genau zu beurteilen, um gegebenenfalls gezielte Sicherungsmaßnahmen schnell ergreifen zu können und somit die Sicherheit von Personen und Gut zu gewährleisten. Im Rahmen einer visuellen Baumkontrolle wurden sechs als Naturdenkmal geschützte Parkbäume ausgewählt, die eindeutige Defektsymptome aufwiesen. Diese Bäume stocken im Bereich von Parkanlagen in verschiedenen belgischen Städten. Aufgrund ihrer Lage stellen sie eine potentielle Gefahr für die Parkbesucher und anliegende Wohnanlagen dar. Eine eingehende Baumuntersuchung wurde daher empfohlen, um die innere Stammstruktur mit Hilfe der Schalltomografie und die statische Baumsicherheit mit Hilfe von Zugversuchen genau beurteilen zu können. Dadurch ergab sich die Gelegenheit beide Methoden zu vergleichen. 2 Material und Methoden 2.1 Material Bei den untersuchten Bäumen handelt es sich um einen (Liriodendron tulipifera) mit Stammeinwallungen und Pilzbefall durch den Kupferroten Lackporling (Ganoderma pfeifferi), eine (Aesculus hippocastanum) mit Pilzbefall durch den Riesenporling (Meripilus giganteus) zwischen den Wurzelanläufen, eine Gleditschie (Gleditsia triacanthos) mit Pilzbefall durch den Flachen Lackporling (Ganoderma lipsiense) im Stammfußbereich, eine zweite Gleditschie (Gleditsia triacanthos) mit Pilzbefall durch den Schwefelporling (Laetiporus sulfureus) im Stammfuß- und Stammbereich, eine (Fagus sylvatica purpurea) mit Stammeinwallungen und Pilzbefall durch den Riesenporling (Meripilus giganteus) sowie eine ( biloba) mit Stammeinwallungen und Pilzbefall durch den Kupferroten Lackporling (Ganoderma pfeifferi) (Tab. 1). Tabelle 1: Auflistung der untersuchten Parkbäume mit Baumdaten und visuellen Befunden. Baumart Stadt Höhe [m] Umfang [cm] Defektsymptome Lüttich 30,0 260 Pilzbefall (Lackporling), Adventivwurzeln Gleditschie 1 Lüttich 29,5 335 Offene Fäule, Pilzbefall (Lackporling), Adventivwurzeln Gleditschie 2 Lüttich 27,5 234 Totholz, Pilzbefall (Schwefelporling) Lüttich 24,0 392 Totholz, Pilzbefall (Riesenporling) Brüssel 20,0 375 Offene Fäule, Pilzbefall (Lackporling) Mons 26,0 478 Totholz, Pilzbefall (Riesenporling) 2.2 Methoden Die sechs Parkbäume wurden zunächst visuell untersucht. Eine eingehende Untersuchung erfolgte anschließend mit Hilfe der Schalltomografie und mit Hilfe von Zugversuchen. Die Schalltomografie ist ein verletzungsfreies technisches Verfahren, das die Geschwindigkeit der Ausbreitung eines Schalls durch einen Stammquerschnitt misst (Gutske und Rust 1999). Eine Verminderung der Schallgeschwindigkeit deutet auf eine Holzschädigung hin. Holzzerstörende Pilze bauen die Holzsubstanzen ab, dies führt zu einer Verringerung der Holzdichte und somit der Ausbreitungsge- 1

2 schwindigkeit des Schalls. Nach diesem Verfahren können geschädigte Holzbereiche lokalisiert und gemessen werden. Mit Hilfe von mehreren Empfängern und der geeigneten Software lässt sich die innere Topografie des Stammes als zweidimensionale Abbildung des untersuchten Querschnittes darstellen. Abgebaute Holzbereiche werden farbig dargestellt, dadurch ergibt sich die Möglichkeit, ihren Flächenanteil und die Restwandstärke zu ermitteln. Anschließend können die Widerstandsmomente (Widerstand, den ein Körper der Biegung entgegensetzt) mit Hilfe eines speziellen Programms für Bildanalyse berechnet werden. Die Größe des Widerstandmomentes ergibt sich aus der Geometrie der Querschnittsfläche als Quotient aus Flächenträgheitsmoment und dem Abstand der Randfaser zur neutralen Faser. Vergleicht man die für den Vollstamm berechneten Widerstandmomente mit den Widerstandsmomenten der noch tragfähigen Querschnittfläche, lässt sich der Restwiderstandsmoment des untersuchten Stammquerschnittes ermitteln. Der Zugversuch nach Wessolly (1995, 1998) ist eine verletzungsfreie Untersuchungs-methode, die eine genaue Ermittlung der Bruchfestigkeit des Stammes und die Standfestigkeit des Baumes ermöglicht. Dieses Verfahren basiert auf Regeln der Mechanik, der Materialfestigkeit und der Windbelastung auf Konstruktionen. Die drei Komponenten der Statik ( Dreieck der Statik ), die Last (Windbelastung, Eigengewicht), die Materialeigenschaften (Festigkeitseigenschaften des grünen Holzes) und die Form (Baumhöhe, Stammdurchmesser, Kronensegelfläche) sind die Grundlagen hierfür. Bei den Zugversuchen wird eine schwache Windbelastung mit Hilfe eines Greifzuges simuliert und die Reaktionen des Baumes werden als Dehnung bzw. Stauchung der Randfasern (Elasto-Methode) und Neigung des Wurzeltellers (Inclino-Methode) gemessen und registriert. Anhand der erzielten Messwerte werden unter Berücksichtigung der potentiellen Orkanlast die Bruchfestigkeit der untersuchten Stammbereiche und die Standsicherheit des Baumes genau ermittelt. Darüber hinaus wird anhand der Ergebnisse der Windlastanalyse der Biegemoment (als Quotient aus der ermittelten Windlast und dem Hebelarm) für den vollen Stamm und die tragfähige Querschnittsfläche errechnet. Dies ermöglicht wiederum die Ermittlung der im Vergleich zum Vollstamm. 3 Ergebnisse In der Tabelle 2 sind die Ergebnisse der Schalltomographie und der Zugversuche gegenübergestellt. Hieraus ist zunächst ersichtlich, dass vier der untersuchten Parkbäume - die zwei Gleditschien, die und der baum keine ausreichende Bruchfestigkeit mehr besitzen. Betrachtet man die zugehörigen Tomogramme, ist es ferner auffällig, dass der Anteil am gesunden Holz dementsprechend gering ist (vgl. Abb. 1). Hierdurch werden die Ergebnisse der Zugversuche eindeutig bestätigt. Durch Auswertung der Zugversuchergebnisse lässt sich die der untersuchten Stammbereiche im Vergleich zum Vollstamm berechnen. Der Restwiderstand lässt sich wiederum anhand der Tomogramme im Vergleich zum Vollstamm ermitteln. Die berechneten Werte sind in der Tabelle 3 gegenübergestellt. Auffällig ist hier die hohe Übereinstimmung der Wertepaare untereinander. Die Regressionsanalyse ergibt eine lineare Korrelation mit einem Bestimmtheitsmaß von mehr als 99 % (Abb. 2). Tabelle 2: Zusammenfassung der Ergebnisse. Gleditschie 1 Gleditschie 2 Höhe (m) ,0 26,0 Umfang (cm) Segelfläche (m²) Grundsicherheit GS Gleditschie 1 Gleditschie 2 Bruchsicherheit BS Standsicherheit SS Festes Holz Abgebautes Holz

3 Abbildung 1: nach der Baumfällung übriggebliebener Wurzelstock und Schalltomogramm von Gleditschie 1 in einer Stammhöhe von cm. Tabelle 3: Gegenüberstellung der berechneten en. Gleditsia 1 Gleditsia 2 Tomogramm 91,0 28,0 47,0 44,0 18,2 71,5 Elastometer BS / GS 92,6 27,0 41,0 41,0 14,7 68,3 83,9 24,5 38,8 38,5 13,1 66,7 3

4 Elastometer [%] n=6 y = 1,0449x - 4,7588 R² = 0, Restwiderstandsmoment Tomogramm [%] Abbildung 2: Korrelation zwischen der anhand der Elastometerwerte berechneten und des Widerstandmoments der tragfähigen Querschnittsfläche im Bezug auf den Vollstamm. 4 Schlussfolgerungen Die zerstörungsfreien Messverfahren, die im Rahmen dieser Untersuchung angewandt wurden, ermöglichen eine genaue Beurteilung des inneren Zustandes des Stammes und seiner mechanischen Widerstand gegen einer Windbelastung. Beide Methoden ergänzen sich, da die Schalltomographie in Verbindung mit dem Zugversuch den Einfluss einer inneren Stammfäule auf die Sicherheit des Baumes visualisiert. Auch wenn die Schalltomographie in Verbindung mit einer Lastanalyse eine Ermittlung des Bruchfestigkeit ermöglichen könnte, liegt der Vorteil der Zugversuche in der gesamte Betrachtung des Baumes. Unter Verwendung mehrerer Elastometer können unterschiedliche Stammbereiche eines Baumes in einem einzigen Zug geprüft werden. Die anhand von lediglich sechs Probebäumen erzielte enge Korrelation zwischen beiden Methoden lässt sich mit Sicherheit durch Untersuchungen an weiteren Bäumen untermauern. 5 Bibliographie Breloer H. (1996): Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen aus rechtlicher und fachlicher Sicht. 5. Aufl. Braunschweig: Bernhard Thalacker Verlag. 4

5 FLL (2006): Zusätzliche technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege und Baumsanierung - ZTV-Baumpflege -. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.v., Troisdorf. Gustke B., Rust S. (1999): Entwicklung eines neuartigen zerstörungsfreien Holzdiagnosesystems. Institut für Gehölze und Landschaft Dr. Gustke GmbH. Forschungsbericht. AIFKooperationsprojekt Jahn H. (1990): Pilze an Bäumen. Erweitert von Reinartz und Schlag. Patzer Verlag: Berlin, Hannover. Rust, S. (2005): Schalltomographie in der Praxis. BaumZeitung 3, Wessolly L., Erb M. (1998): Handbuch der Baumstatik und Baumkontrolle. Berlin: Patzer Verlag. Wessolly L. (1995): Bruchdiagnose von Bäumen. Teil 1-3. Stadt und Grün 6/95. Wessolly L. (1996): Wie hohl darf ein Baum sein? Neue Landschaft 11/96, 847. Wessolly L. (2008): Die Sicherheit des Anne Frank-Baumes. BaumZeitung 03/08, Autor Dr. Georges Lesnino Sachverständigenbüro Frühlingstr. 5 D Vierkirchen Tel.: Fax: lesnino@baum-expert.de 5