Zur hydrodynamischen Interaktion zwischen den Sturmflutkomponenten Windstau, Tide und Fernwelle Zwischenbericht Teilprojekt 1a

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1 Zur hydrodynamischen Interaktion zwischen den Sturmflutkomponenten Windstau, Tide und Fernwelle Zwischenbericht Teilprojekt 1a Gabriele Gönnert, Birgit Gerkensmeier, Jan-Moritz Müller Kristina Sossidi, Sigrid Thumm 7. Juli 2010 Zusammenfassung: Der vorliegende Zwischenbericht legt den Stand der Arbeiten im Teilprojekt 1a dar und befasst sich mit den Aktionen 1.2 Ermittlung der Bandbreite extremer Sturmflutverläufe und 1.4 Entwicklung von Verfahren zur Ableitung von möglichen Sturmflutverläufen. Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 03F0483A gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.

2 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten ZUSAMMENFASSUNG Grundlage der Entwicklung einer Extremflut ist die Analyse der meteorologischen und hydrodynamischen Zusammenhänge des Sturmflutgeschehens. Hierzu wird ein deterministisches Verfahren erarbeitet, das Sturmfluten in die Komponenten Windstau, Springtide und Fernwelle aufgliedert und die Interaktionen zwischen diesen Komponenten untersucht. Ausgangspegel für die Untersuchung ist der Pegel Cuxhaven, da er eine homogene Zeitreihe aufweist. Für diesen Pegel wird das Verfahren beispielhaft angewendet und eine erste Extremsturmflut konstruiert. Ausgehend vom Pegel Cuxhaven kann der methodische Ansatz auf weitere Pegel übertragen werden. Zur vollständigen Erfassung der physikalischen Zusammenhänge werden die Wasserstandsreihen in Cuxhaven in Hinblick auf ihre Genese und damit auf ihre Einzelfaktoren analysiert. Hintergrund ist, dass eine Sturmflut von Starkwindlagen gebildet wird, die bei auf die Küste gerichteten Windrichtungen dort zu einer Stauwirkung führen. Die an die Küste transportierten Wassermassen überlagern die vorherrschende astronomische Tide. Zusätzlich kann aus dem Atlantik eine Fernwelle in die Nordsee einschwingen, die die Tide überlagert. Der Wind, der die Sturmflut verursacht, transportiert die Wassermassen in Richtung Küste und sattelt damit den Windstau auf den durch Astronomie und Fernwelle erhöhten Wasserstand auf. Diese Überlagerung erfolgt nicht linear, da ein auf die Küste gerichteter Transport von Wassermassen eine entgegengesetzt wirkende Ausgleichsströmung am Meeresboden hervorruft. Die Ausgleichsströmung nimmt mit abnehmender Reibung aufgrund von erhöhten Wasserständen zu. Diese Tatsache führt zu der Arbeitshypothese, dass eine bestimmte Windgeschwindigkeit nur in der Lage ist, eine bestimmte Schrägstellung des Wasserspiegels von der Nordsee zur Küste hin zu halten, so dass eine unbegrenzte Überlagerung nicht möglich ist. Die Genese einer Sturmflut und ihre hydrodynamischen Wirkzusammenhänge machen es notwendig, ein Verfahren zur Entwicklung einer Extremsturmflut zu entwickeln, das alle Faktoren einer Sturmflut einzeln berücksichtigt und die bisher eingetretenen höchsten Werte der Komponenten nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten nicht-linear überlagert. Somit werden für das Verfahren der höchste bisher eingetretene Windstau, die maximale Springerhöhung und die höchste nachweisbare Fernwelle mit der mittleren Tide überlagert. Zwischenbericht_TP1a_ doc - i - Oktober 2010

3 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Zur Erfassung der nicht-linearen Effekte zwischen den einzelnen Komponenten und in der Gesamtsumme wird wie folgt vorgegangen: Es wird anhand der vorhandenen Beobachtungsdaten der maximale Windstau zu allen Tidephasen analysiert. In einem weiteren Schritt wird mit Hilfe der vorhandenen Daten erarbeitet, wie groß der Einfluss einer zusätzlichen Springtideauslenkung auf den Scheitelwasserstand einer Sturmflut zu bewerten ist. In einem dritten Schritt wird anhand der Entwicklungen einer Fernwelle von Aberdeen bis Cuxhaven erarbeitet, wie sie sich ohne bzw. mit Starkwindlagen und damit im Zusammenhang mit einem Windstau über der Nordsee entwickelt. Aus den Ergebnissen werden die nichtlinearen Effekte bei Überlagerung der einzelnen Faktoren erarbeitet und eine Extremflut berechnet, deren Verlauf sich an den Charakteren von sehr schweren Sturmfluten anlehnt. Zur Erfassung der bisher höchsten durch Wind verursachten Staueffekte wird für ein Kollektiv von rund 250 Sturmfluten jeweils die Windstaukurve über den gesamten Sturmflutverlauf berechnet. Die Berechnung der Windstaukurve erfolgt sowohl über die Differenz zwischen Wasserstand und mittlerer Tidekurve als auch als Differenz zwischen dem Wasserstand und der astronomischen Tidekurve. Über den daraus möglichen Vergleich der Windstaukurven wird die Auswirkung der astronomischen Ungleichheiten auf den Windstau untersucht. Für die separate Überlagerung wird der so ermittelte astronomische Effekt einer Springtideerhöhung wie alle anderen Einzelfaktoren auf die mittlere Tidekurve bezogen. Damit kann für jede Sturmflut ein maximaler Windstauwert unabhängig von der Tidephase berechnet werden. Die höchsten beobachteten Windstauwerte treten um Niedrigwasser auf. Grundsätzlich gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Tidephase und dem vorherrschenden Wind. Infolgedessen kann die maximale Energieeinwirkung des Windes auch zu anderen Tidephasen, z.b. um Tidehochwasser erwartet werden. In ihrer Auswirkung auf die Wasserstandshöhe ist diese Annahme jedoch durch die Gesetzmäßigkeiten der Hydrodynamik eingeschränkt. Es zeigt sich, dass die Windstauwerte bei Tidehochwasser geringere Höhen erreichen als bei Tideniedrigwasser. Eine umfassende Analyse der Wirkungszusammenhänge zwischen Windstauhöhe, Tidephase und entsprechender Windgeschwindigkeit ergibt, dass bei Hochwasser eine Stauhöhe erreicht wird, die 60-90% der Stauhöhe bei Niedrigwasser entspricht. Dabei gilt, dass der prozentuale Anteil des Windstaus, der bei Hochwasser noch erreicht wird, größer ist, je höher der Effektivwind ist. Hierbei muss der stauwirksame Effektivwind längere Zeit in der genannten Größenordnung wirken. Dieses Ergebnis entspricht den Untersuchungen von SIEFERT (1998), wobei mit dem dort verwendeten Verfahren nicht der Zusammenhang zwischen Zunahme der Windgeschwindigkeit und verstärkter Stauerhöhung bei Hochwasser erfasst wird. Diesen Zusammenhang zeigt die Sturmflut vom besonders deutlich, bei der der Windstau von 415 cm um Tnw bei gleichbleibendem Effektivwind eine Reduzierung auf 89% (entspricht 370 cm) bei Thw erfahren hat. Werden diese Erkenntnisse für die Verschiebung der höchsten Windstauereignisse um Niedrigwasser zu Hochwasser angewendet, müssen die Windstauwerte aufgrund Zwischenbericht_TP1a_ doc - ii - Oktober 2010

4 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten zu geringer Höhen bei Hochwasser ausgeschlossen werden. Infolgedessen werden die bislang höchsten Windstaumaxima bei Hochwasser, die keine Fernwelle enthalten, berücksichtigt. Da der höchste Windstau (aufgetreten 1962) eine Fernwelle enthält, wird auf den höchsten Windstau ohne Fernwelle zurückgegriffen, der am mit 370 cm auftrat. Wird eine Sturmflut generiert, bei der ein bisher eingetretener Windstau mit einer Springtide zusammentreffen soll, stellt sich die Frage, ob die maximal beobachtete periodische Springtideauslenkung (in Cuxhaven: 60 cm) auch tatsächlich den Sturmflutwasserstand in der Summe um den vollen Betrag erhöhen wird. Somit ist das Ziel, einen Wert zu ermitteln, der die Springerhöhung bei einem sehr hohen Windstau erfasst. Hierzu wurden vier verschiedene Methoden angewendet, um die nicht-linearen Effekte herauszuarbeiten. Grundlage bildet die Berechnung der astronomischen Tidekurve über ein harmonisches Verfahren. Der Windstau spiegelt unmittelbar den Verlauf des Effektivwindes wider. Durch Vergleich des Windstaus berechnet über die astronomische Tide und berechnet über die mittlere Tide mit dem Effektivwind lässt sich erkennen, welche Bezugstide die korrekte Berechnungsgrundlage liefert. Über Kreuzkorrelation zeigt sich, dass die periodische Auslenkung sowohl im Maximum als auch im Verlauf des Windstaus eine Rolle spielt, allerdings keine sehr große. Das entspricht den weiter unten geschilderten Ergebnissen der numerischen Modellierung von DICK (2000), der aufzeigen konnte, dass der Einfluss der periodischen Ungleichheit abnimmt, je größer der Windstau ist, und in der Summe recht gering ausfällt. Die vorliegende Untersuchung zur Höhenzunahme des Windstaus bei Hochwasser in Relation zum Niedrigwasser spiegelt die Zunahme des Einflusses des Windes gegenüber allen anderen Einflussfaktoren bei steigenden Windgeschwindigkeiten wider. Werden die Ergebnisse zusammengefasst, bestätigen sie die Arbeitshypothese, dass der Springtideeinfluss mit zunehmender Windgeschwindigkeit abnimmt. Bei den hier betrachteten Wasserstandshöhen wird er eine nur geringe Höhe einnehmen. DICK (2000) ermittelt mit einer Ausgangsspringtideerhöhung von 44 cm eine Größenordnung von 7-14 cm bzw %, das würde bei 60 cm eine Höhe von cm ergeben. Bei der hier verwendeten Windstauhöhe von 375 cm verbliebe ein Springtideanteil von 27 % (= 16,2 cm). Wird der Windstau um den Fernwellenanteil erhöht, müsste nach DICK (2000) ein Springtideanteil von 16 % angenommen werden, was 9,5 cm entspricht. In einer Dreisatzberechnung kann die Wirkung des Springtideanteils für das Ereignis der Sturmflut 1976 unter Verwendung der Ergebnisse aus der empirischen Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Windeinwirkung und Stauerhöhung ermittelt werden. Unter der Annahme, dass die Reduzierung des Springtideeinflusses sich verhält wie die Reduzierung des Windstaus, was einer Abnahme um 11 % entspricht, und der Annahme einer linearen Beziehung zwischen Windstauerhöhung und Springtide, wird ein wirksamer Springtideanteil von 7,4 cm ermittelt. Zwischenbericht_TP1a_ doc - iii - Oktober 2010

5 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Auf Grund der dargelegten Analyse wird die kalkulierte Flut mit einem wirksamen periodischen Zuschlag von 7-16 cm versehen. Da davon auszugehen ist, dass bei einer sehr hohen Flut der Springtideeinfluss im unteren Bereich dieser Spanne liegen wird, erfolgt für die erste Extremflut ein Zuschlag von 10 cm. Fernwellen (external surges) entstehen im Nordatlantik durch Änderungen des statischen Druckes an der Meeresoberfläche und Windschub (SCHMITZ 1965). Der Transport einer solchen external surge vom Atlantik in die Nordsee erfolgt bevorzugt, wenn ein intensives Tiefdruckgebiet aus dem Seegebiet südlich von Grönland und Island schnell nach Osten, nördlich von Schottland vorbei in Richtung Norwegen zieht. Die Fernwelle wandert dann ähnlich dem Verlauf der Gezeitenwelle von Norden kommend in die Nordsee. Sie bewegt sich ähnlich dem Verlauf der Gezeitenwelle entgegen dem Uhrzeigersinn von Aberdeen über Immingham entlang der westund ostfriesischen Küste bis nach Cuxhaven (ANNUTSCH 1977) und überlagert sich der Gezeitenwelle. Üblicherweise gewinnen die Fernwellen bis Immingham an Höhe, um danach wieder abzuflachen (GÖNNERT 2003). Die Untersuchung von 73 Fernwellen, die in den Jahren 1971 bis 1995 aufgetreten sind, ergab, dass der Reststau, der in Cuxhaven messbar ist und als Fernwellenhöhe außerhalb des Windeinflusses interpretiert wird, von 10 cm bis 109 cm reicht. Je nach Zugbahn kann ein Tief, das eine Fernwelle im Atlantik auslöst, mehr oder weniger großen Einfluss auf den Wasserstand in der Nordsee haben. Diese Wasserstandsänderungen in der Nordsee können durch statischen Luftdruck, zeitliche Änderungen des Luftdrucks, die Wassertemperatur und die Temperaturdifferenz zwischen Luft und Wasser sowie durch zusätzlichen Wind hervorgerufen werden. Um bei der Betrachtung der Fernwelle als Einzelfaktor diese Wechselwirkungen möglichst auszuschließen, werden für die Ermittlung der maßgebenden Fernwelle die Ereignisse genauer betrachtet, die unabhängig von einer Sturmflut aufgetreten sind. Sie sind gekennzeichnet durch Zugbahnen, die relativ weit nördlich im Atlantik südlich von Island verlaufen. Diese haben im Mittel von Aberdeen nach Cuxhaven um ca. 30 % abgenommen. Die höchste Fernwelle in Aberdeen erreichte eine Höhe von 1,08 m. Reduziert man diese um die genannten 30 %, um die Höhe der Fernwelle in Cuxhaven zu ermitteln, kommt man auf eine Höhe von rund 80 cm (77 cm). Dies entspricht der Fernwellenhöhe, wie sie während der Sturmflut 1962 beobachtet wurde (LAUCHT 1968). Zusammenfassend erreicht die erste Extremflut unter Berücksichtigung einer nichtlinearen Überlagerung der Einzelkomponenten Springtide, Windstau und Fernwelle einen maximalen Scheitelwasserstand von PN + 11,10 m bzw. NN + 6,10 m. Diese Extremflut wurde von der BAW von Cuxhaven elbauf bis Hamburg Geesthacht modelliert. Mit einem Oberwasserzufluss von m³/s und dem Windfeld der Sturmflut vom 3. Januar 1976 wird in Hamburg St. Pauli ein Scheitelwasserstand von NN + 8,00 m berechnet. Zwischenbericht_TP1a_ doc - iv - Oktober 2010

6 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten INHALT Zusammenfassung... i 1 Einleitung Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut Die Arbeitshypothese Das Arbeitskonzept und das Verfahren Unterschiedliche Verfahren zur Ermittlung extremer Sturmfluten Darstellung wichtiger Forschungsergebnisse Das Verfahren XtremSturmflut Einordnung des entwickelten Verfahrens Sturmfluten Entstehung einer Sturmflut Unterschiedliche Definitionen einer Sturmflut Die Sturmflutkomponenten Tide Windstau Fernwelle Untersuchungsgebiet und Daten Windstau Zum Vorgang der Windstauentwicklung Windstauverhalten in Abhängigkeit zur Tidephase Methodisches Vorgehen zur Untersuchung des Windstauverhaltens Vergleich von Windstaukurven auf Basis der mittleren und astronomischen Tidekurve Ergebnisse aus der Forschung zum Verhältnis des Windstaus zu Tideniedrig- und Tidehochwasser Untersuchung der Abhängigkeit zwischen Windeinfluss und Windstauentwicklung Maximaler Windstau zur Konstruktion der Extremflut 44 6 Tide Die Tidekurve als Basis für die Berechnung des Windstaus Die mittlere Tidekurve Die astronomische Tidekurve Sturmflutatlas Cuxhaven Vergleich der mittleren und astronomischen Windstaumaxima Methode Vergleich der Windstaumaximahöhen Zwischenbericht_TP1a_ doc - v - Oktober 2010

7 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Vergleich der Eintrittszeiten Die Interaktion zwischen Tide und Windstau: Erfassung der nicht-linearen Effekte Statistische Auswertung Berechnung der Höhe des Einflusses der Springtide bei einer sehr schweren Sturmflut Vergleich mit der numerischen Modellierung Schlussfolgerungen für die Berechnung des Einflusses der Springtide Fernwelle Fernwellen und Großwetterlagen Fernwellen und ursächliche Zugbahnen der Tiefdruckgebiete Höhenentwicklung zwischen Aberdeen und Cuxhaven sowie Abhängigkeit von den Zugbahnen Schlussfolgerungen für die Berechnung des Einflusses der Fernwelle 87 8 Die erste Extremflut Die erste Extremflut am Pegel Cuxhaven Die erste Extremflut am Pegel St. Pauli 91 9 Ausblick Literatur Anhang Zwischenbericht_TP1a_ doc - vi - Oktober 2010

8 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1: MUSE-Simulationen zur Sturmflut vom Abb. 2: Maximale Windstaukurve für Cuxhaven... 7 Abb. 3: Verfahren zur Berechnung einer Extremflut unter Berücksichtigung nicht- linearer Effekte... 9 Abb. 4: Sturmfluttypen an der deutschen Nordseeküste Abb. 5: Komponenten einer Sturmflut Abb. 6: Linien gleichen mittleren Hochwasserunterschiedes Abb. 7: Der Windstau als Sturmflutkomponente und seine Bestandteile Abb. 8: Definition der Windstaukurve Abb. 9: Vorgang der Windstauentstehung bei mäßigem Windeinfluss zu unterschiedlichen Tidephasen Abb. 10: Lage der Windstaumaxima in Relation zur Tidephase am Pegel Cuxhaven ( ) Abb. 11: Kritische Windrichtung bei Sturmflutscheiteln in Cuxhaven seit Abb. 12: Einteilung der idealisierten Tidekurve in sechs Abschnitte Abb. 13: Abhängigkeit der Windstauhöhe von eingehender Wasserstandshöhe und Effektivwindgröße Abb. 14: Wasserstand-Windstau-Verhältnis zu Effektivwindgeschwindigkeiten bei 5-10 m/s, m/s, m/s und m/s Abb. 15: Anteil des Windstaus zu THW am Windstau zu TNW Abb. 16: Windstau in Cuxhaven zur Hochwasserzeit bei stauwirksamer Richtung. 43 Abb. 17: Schematische Darstellung von Spring- und Nipptide Abb. 18: Veränderungen der Windstaukurve durch Verwendung der astronomischen Tidekurve am Beispiel der Sturmflut vom Abb. 19: Veränderung der Windstaukurve in ihrer Verlaufsform unter Verwendung der astronomischen Tidekurve am Beispiel der Sturmflut vom Abb. 20: Verteilung der Höhenabweichung der Windstaumaxima Abb. 21: Abweichungen der Eintrittszeiten der Windstaumaxima Abb. 22: Abweichungen der Eintrittszeiten zwischen mittleren und astronomischen Windstaumaxima Abb. 23: Räumliche Dimension des Modellsystems in MAYERLE (2010) Abb. 24: Anzahl der Fernwellen nach Großwetterlage Abb. 25: Anzahl der Fernwellen < 48 cm und 48 cm nach Großwetterlage Abb. 26: Zugbahn eines Tiefdruckgebiets, durch das es zu einer Fernwelle in der Nordsee kam Abb. 27: Zugbahn eines Tiefdruckgebiets, durch das es zum zeitgleichen Eintreten von Fernwellen und Sturmflut kam Abb. 28: Zugbahnen zweier Tiefdruckgebiete, die zum zeitgleichen Auftreten von Sturmflut und Fernwelle am Pegel Cuxhaven führten Zwischenbericht_TP1a_ doc - vii - Oktober 2010

9 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Abb. 29: Zugbahn des Tiefs, das die Fernwelle vom auslöste Abb. 30: Anzahl Fernwellen nach gemessener Reststauhöhe in Cuxhaven Abb. 31: Häufigkeit von Fernwellen zum Zeitpunkt einer Sturmflut für den Zeitraum Abb. 32: Wasserstand und Einzelkomponenten der Extremflut auf Basis der Sturmflut 1976 am Pegel Cuxhaven Zwischenbericht_TP1a_ doc - viii - Oktober 2010

10 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten TABELLENVERZEICHNIS Tab. 1: Grenzwerte zur Definition von Sturmflutklassen nach LÜDERS (1956) Tab. 2: Sturmflutdefinition des BSH Tab. 3: Verwendete Pegeldaten Tab. 4: Windstau in m in Abhängigkeit von Windgeschwindigkeit, Schubspannung, Fetch und Tiefe Tab. 5: Vorgehen zur Ermittlung der Zusammenhänge zwischen Windstau und Tide Tab. 6: Ergebnisse des Vorgehens zur Ermittlung des maßgebenden Windstaus Tab. 7: Vorgehen zur Ermittlung der Wirkung des periodischen Anteils der Ungleichheit auf die Tide Tab. 8: Stammtiden Tab. 9: Korrelationskoeffizienten für den Windstau aus astronomischer und mittlerer Tide Tab. 10: Numerischen Modellierung zum Einfluss der Springtide von DICK (2000) 67 Tab. 11: Numerische Modellierung zum Einfluss der Springtide von MAYERLE (2010) Tab. 12: Ergebnisse der Methoden zur Erfassung der nicht-linearen Effekte zwischen Tide und sehr schwerem Windstau Tab. 13: Beschreibung ausgewählter Großwetterlagen Tab. 14: Höhendifferenz Aberdeen - Cuxhaven Tab. 15: Ergebnisse des Vorgehens zur Ermittlung der maximalen Fernwelle Zwischenbericht_TP1a_ doc - ix - Oktober 2010

11 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten SYMBOLVERZEICHNIS A Amplitude einer Partialtide dh Windstau dp Luftdruck zur Zeit des Hoch- bzw. Niedrigwassers minus hpa f Frequenz einer Partialtide M Mittelwert des Staus MT F mittlere Flutdauer MT E mittlere Ebbedauer Rst Reststau S HW Stau zu Hochwasser S NW Stau zu Niedrigwasser Tst Tabellenstau 3,5 Stunden vor Eintritt des Hoch- bzw. Niedrigwassers φ Phase einer Partialtide Zwischenbericht_TP1a_ doc - x - Oktober 2010

12 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS BAW BSH CSM DWD GBM GMT GWL HHThw KFKI MEZ MThb MThw MTnw NCEP NN NSM PN Thw Tnw Bundesanstalt für Wasserbau Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Continental Shelf Model Deutscher Wetterdienst German Bight Model Greenwich Mean Time Großwetterlage höchster Tidehochwasserstand Kuratorium für Forschung im Küsteningenieurwesen Mitteleuropäische Zeit mittlerer Tidenhub mittleres Tidehochwasser mittleres Tideniedrigwasser National Centers of Environmental Predicition Normalnull North Sea Model Pegelnull Tidehochwasser Tideniedrigwasser Zwischenbericht_TP1a_ doc - xi - Oktober 2010

13 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 1 Einleitung 1 Einleitung Zielsetzung von Teilprojekt 1 ist es, Extremsturmfluten zu ermitteln, bei deren Auftreten die untersuchten Standorte Hamburg und Sylt vulnerabel werden, d.h. bei welchen Sturmflutverläufen katastrophale Schäden zu erwarten sind. Hierbei gilt es, zwischen Extremfluten unter den derzeitigen Klimabedingungen und bei Klimaänderungen zu unterscheiden. Hierzu werden die Sturmfluten in ihre Komponenten zergliedert und untersucht, welche Extremwerte der einzelnen Sturmflutkomponenten physikalisch möglich sind und welche physikalisch sinnvollen Kombinationen zu extremen Sturmflutverläufen führen. Die bestehenden Unsicherheiten sollen dabei explizit berücksichtigt werden. Daher ist ein probabilistisches Vorgehen unverzichtbar. Die Ergebnisse werden entsprechend als Eingaben für die Teilprojekte 2-4 aufbereitet. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Klimaänderung erfolgte gemeinsam mit TP1b eine umfassende Analyse des Meeresspiegelanstiegs, die derzeit in der Zeitschrift Die Küste veröffentlicht wird. Im vorliegenden Bericht werden die bisherigen Ergebnisse der Arbeiten des Teilprojektes 1a für die Aktionen 1.2 und 1.4 gemäß des Projektablaufplans dargestellt. Es wird zunächst das Verfahren zur Entwicklung von Extremsturmfluten und das Konzept der nicht-linearen Überlagerung der Sturmflutkomponenten Windstau, Tide und Fernwelle dargestellt. Darauf folgend werden die einzelnen Komponenten und ihre Wechselwirkungen untereinander untersucht. Abschließend wird die erste auf diese Weise für Cuxhaven konstruierte Extremsturmflut in ihrer Höhe und ihrem Verlauf vorgestellt und diskutiert. Ein Ausblick über die weiteren Arbeiten bildet den Abschluss. Zwischenbericht_TP1a_ doc -1- Oktober 2010

14 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 2 Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut 2 Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut In diesem Kapitel werden zuerst die Arbeitshypothese und anschließend das Arbeitskonzept sowie das Verfahren der Untersuchung dargestellt. Die konkrete Umsetzung des Verfahrens setzt Detailkenntnisse über die Entstehung einer Sturmflut, ihre Definition und die einzelnen Sturmflutkomponenten voraus. Auf diese Grundlagen wird im Kapitel 3 detailliert eingegangen. 2.1 Die Arbeitshypothese Der Wind, der eine Sturmflut verursacht, transportiert die Wassermassen in Richtung Küste und hebt den durch astronomische Einflüsse und ggf. eine Fernwelle erhöhten Wasserstand um den Windstau an. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, wie hoch diese Sturmflut werden kann, wenn die Einzelkomponenten Windstau, Springtide und Fernwelle in ihrer jeweils höchsten eingetretenen Ausprägung überlagert werden. Die Überlagerung der Komponenten erfolgt nicht linear, da ein auf die Küste gerichteter Transport von Wassermassen mit einer entgegengesetzt wirkenden Ausgleichsströmung am Meeresboden beantwortet wird. Diese nimmt mit abnehmender Reibung aufgrund von erhöhten Wasserständen zu und führt damit zu einer Absenkung der Wassersäule bzw. der Schrägstellung der Wasserspiegelachse in Richtung Küste. Diese Tatsache führt zu den folgenden Arbeitshypothesen: 1. Eine bestimmte Windgeschwindigkeit ist nur in der Lage eine bestimmte Schrägstellung des Wasserspiegels von der Nordsee zur Küste hin zu halten. Jede Effektivwindgeschwindigkeit, gebildet aus der Windgeschwindigkeit projiziert auf die für das Gebiet stauwirksame Windrichtung, entspricht einer bestimmten maximalen Schrägstellung. Bei Überlagerung mit weiteren Sturmflutkomponenten wird der durch den Wind schräggestellte Wasserspiegel erhöht. Bis zu einem bestimmten Punkt kann der Wind diese erhöhte Schrägstellung noch aufrecht erhalten; eine unbegrenzte Überlagerung ist jedoch nicht möglich. 2. Es gibt einen Gleichgewichtszustand, bei dem sich der an die Küste transportierte Stau aufgrund des hohen bodennahen Rücktransportes auch bei Zunahme der Windgeschwindigkeit nur noch stark verlangsamt erhöht. Der Windstau steigt ab diesem Punkt nicht mehr im Quadrat der Windgeschwindigkeit, sondern deutlich langsamer bis zu einem asymptotischen Verlauf. Zwischenbericht_TP1a_ doc -2- Oktober 2010

15 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel Das Arbeitskonzept und das Verfahren Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut Die Entwicklung eines Verfahrens, das den oben genannten Arbeitshypothesen Rechnung trägt, setzt eine Berücksichtigung und Prüfung bereits existierender Verfahren und der daraus resultierenden Untersuchungsergebnisse voraus. Im Folgenden sollen die unterschiedlichen Verfahren sowie wichtige Untersuchungsergebnisse aus ihrer Anwendung in der Forschung geschildert werden. Anschließend erfolgt die Vorstellung des gewählten Verfahrens und dessen Einordnung in den Kontext der bestehenden Verfahren Unterschiedliche Verfahren zur Ermittlung extremer Sturmfluten Basiert eine extreme Sturmflut ausschließlich auf der Betrachtung des Wasserstandes, kann auf zwei grundsätzlich unterschiedliche Arten vorgegangen werden: Zum einen durch die Anwendung deterministischer Verfahren, die sich an bisher eingetretenen Höchstwerten orientieren. Zum anderen gibt es statistische Verfahren, bei denen eine Eintrittswahrscheinlichkeit vorgegeben und der zugehörige Wasserstand berechnet wird. In der Anwendungspraxis werden die Verfahren auch kombiniert. Deterministisches Verfahren Deterministische Verfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass die Verwendung bestimmter, eindeutiger Eingangswerte immer zu demselben, eindeutigen Ergebnis führt. Dabei sind das Einzelwert- und das Vergleichswertverfahren zu unterscheiden. Mithilfe des Einzelwertverfahrens wird der Wasserstand aus der Summe der höchsten eingetretenen Einzelfaktoren bestimmt. Diese sind: 1. Das mittlere Tidehochwasser. 2. Springtidehochwasser: Die periodischen täglichen Ungleichheiten der Tide haben ihr Maximum in der Springtide. Diese kann in der deutschen Bucht Größenordnungen von + 60 cm im Tidehochwasser erreichen. 3. Der beobachtete Windstau, der alle Faktoren einer Sturmflut wie Wind, Fernwelle, Eigenschwingung der Nordsee etc. enthält. Er kann berechnet werden als Differenz zwischen dem eingetretenen Tidehochwasser (HHThw) und dem mittleren oder astronomisch berechneten Tidehochwasser. Das Vergleichswertverfahren richtet sich dagegen ausschließlich nach dem bisher höchsten aufgetretenen Sturmflutwasserstand. Bei deterministischen Verfahren wird jeweils der höchste Wert eines Betrachtungszeitraumes berücksichtigt. Somit basiert der deterministische Ansatz auf Einzelkomponenten, deren Größen bekannt sind. Zwischenbericht_TP1a_ doc -3- Oktober 2010

16 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 2 Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut Deterministisches Stauverfahren in Hamburg Das deterministische Stauverfahren, das derzeitig zur Berechnung des Bemessungswasserstandes in Hamburg angewendet wird, wurde von einer Arbeitsgruppe der drei Elbanrainer Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen entwickelt. Das Verfahren basiert auf der Bestimmung einer maßgeblichen Sturmtidekurve für die Elbmündung (Pegel Cuxhaven), deren Höchstwert den Bemessungswasserstand darstellt (SIEFERT 1998). Der entscheidende Unterschied zu dem deterministischen Einzelwertverfahren ist, dass der höchste Windsstau zu allen Tidephasen berücksichtigt wird. Der bei Niedrigwasser aufgetretene maximale Stau wird von Niedrigwasser zu Hochwasser verschoben und dabei um 10 % reduziert. Diese Windstaukurve bildet die Grundlage für die Modelluntersuchung, die für jeden Ort an der Elbe einen angepassten Wasserstandswert ergibt (GÖNNERT et al. 2007). Statistisches Verfahren Das statistische Verfahren definiert den zu ermittelnden Wasserstand über die Eintrittswahrscheinlichkeit. Dabei wird der Wasserstand oder der Windstau als Ganzes betrachtet, unabhängig davon, welche Höhe die Einzelkomponenten erreichen, aus denen er sich zusammensetzt. Der statistische Ansatz geht - anders als das deterministische Verfahren - davon aus, dass sich die Komponenten zufällig überlagern. Dabei ist nicht bekannt, in welcher Größenordnung die Kombination der einzelnen Komponenten physikalisch möglich ist. Empirisches Verfahren Als weiterer Ansatz, der einen Zugang zur Konstruktion einer extremen Sturmflut eröffnet, sind empirische Verfahren zu nennen. Die empirischen Verfahren erstellen auf Grund gezielter Beobachtungen, in Form von Beobachtungsdaten, eine Ableitung ausgehend vom Speziellen auf die theoretischen Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten. Numerisches Verfahren Die numerischen Verfahren arbeiten entgegen dem Vorgehen der Empirie deduktiv. Sie verwenden theoretische Grundlagen in Form physikalischer Gesetzmäßigkeiten, um eine bestimmte Situation zu simulieren. Die Anwendung findet im Rahmen numerischer Modellierungen statt. Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen am Pegel Cuxhaven dargestellt. Dort finden sich Anwendungsbeispiele der genannten Verfahren, die deren Herangehensweisen in detaillierterer Form erläutern. Zwischenbericht_TP1a_ doc -4- Oktober 2010

17 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel Darstellung wichtiger Forschungsergebnisse Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut In den letzten Jahren wurden zur Windstauentwicklung am Pegel Cuxhaven umfangreiche Analysen durchgeführt (z.b. SIEFERT 1968, GÖNNERT 2003), die jeweils unterschiedliche Untersuchungsansätze verfolgt haben. Im Folgenden soll eine Zusammenstellung dieser Ergebnisse für heutige Klimabedingungen und unter Anwendung der oben aufgeführten unterschiedlichen Verfahren vorgestellt werden. JENSEN (1985) untersucht Wasserstandsreihen verschiedener Pegel an der deutschen Nordseeküste über statistische Analysen. Anhand der Erkenntnisse über die bisherige Entwicklung sollen Aussagen über zukünftige Entwicklungen mit geeigneten Modellen abgeleitet werden. Dabei wird auf Grund der physikalischen Parameter zwischen einer Analyse der mittleren Tidewasserstände (lang- und mittelfristige Klimaschwankungen) und extremer Tidewasserstände (wenige kurzfristige meteorologische Zufallsereignisse) unterschieden. Die Analyse der mittleren Tidewasserstände seit 1960 zeigt für alle untersuchten Pegel einen verstärkten Anstieg der mittleren Thw (MThw) bei einem nahezu konstanten mittleren Tnw (MTnw). Die Zeitreihen der jährlichen Maximalwasserstände wurden für die Ermittlung von maßgeblichen Sturmflutwasserständen und deren zeitliche Entwicklung aufbereitet. Auf Grund der komplexen Überlagerung der verschiedenen Sturmflutparameter können nur wahrscheinlichkeitstheoretische Aussagen (im Gegensatz zu exakten Sturmflutwasserständen) angegeben werden. Eine statistische Wahrscheinlichkeitsanalyse von 50-jährigen Extremwertzeitreihen ( ) ermöglicht am Pegel Cuxhaven eine Vorhersage des maßgebenden Sturmflutwasserstandes (bezogen auf das Jahr 2000) von NN + 5,35 m. Dabei ist hervorzuheben, dass sich sowohl die größten Werte der Zeitfunktion des säkularen Meeresspiegelanstiegs als auch der extrapolierten 100-jährlichen Wasserstände fast ausschließlich am Ende des Beobachtungszeitraumes befinden. Diese Höhenveränderungen im Bereich der MThw und MTnw weisen damit auf meteorologische Veränderungen hin, die sich von den Schwankungen der jüngsten Vergangenheit unterscheiden. Die Länderarbeitsgruppe, die die Bemessungssturmflut 2085 A an der Elbe alle 10 Jahre überprüft (zuletzt 2007), wählt einen empirischen Ansatz. Auf Basis von Beobachtungsdaten wird der maximal mögliche Windstau mit 385 cm zu Thw bzw. 430 cm zu Tnw angegeben. Das ergibt in Cuxhaven einen Wasserstand von NN + 5,35 m. Dieses Bemessungsverfahren differenziert nicht nach den wasserstandserhöhenden oder sturmflutverursachenden Auslösern Wind, Fernwelle und Tide (GÖNNERT et al. 2007). Im MUSE-Projekt (JENSEN et al. 2005) werden über numerische Modellierungen auf Basis realistischer, bisher nicht eingetretener extremer Wetterlagen verschiedene historische Sturmfluten bezüglich der möglichen Windentwicklungen und damit verbunden Windstauentwicklung betrachtet. Hierzu wurde geprüft, welche extremen Windsituationen sich aus den Ausgangslagen der sehr schweren Sturmfluten wie 1962, 1976 und 1999 hätten entwickeln können. Mit diesen synthetischen aber phy- Zwischenbericht_TP1a_ doc -5- Oktober 2010

18 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 2 Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut sikalisch möglichen Winden wird im numerischen Modell der Windstau berechnet. Dies bedeutet, dass die Sturmfluten im numerischen Modell reproduziert werden, einschließlich ihrer zugrunde liegenden astronomischen Tiden und den aufgetretenen Fernwellen. Diese beiden Faktoren werden in den Untersuchungen nicht variiert. Der maximale Windstau zu Thw bei modifizierter Wetterlage ergibt sich aus den Randbedingungen der Sturmflut vom zu 465 cm (Simulation EPS45, s. Abb. 1). Daraus ergibt sich ein maximaler Scheitelwasserstand für Cuxhaven (Simulation EPS45) von NN + 6,51 m. Bei diesem Ereignis entsprechen die zugrundeliegenden Tideverhältnisse der mittleren Tide. Es ergab sich innerhalb der Realisierung ein Fernwelleneinfluss, der jedoch nicht weiter quantifiziert wurde. Im Rahmen der Untersuchung wurde eine zusätzliche zeitliche Verschiebung der extremen Wetterlage vorgenommen, um ein zeitgleiches Eintreten von maximalem Windstau und Gezeitenhochwasser zu erreichen (1976 EPS45plus4). Aus diesen Berechnungen ergab sich eine weitere Erhöhung des Scheitelwasserstandes in Cuxhaven auf NN + 7,10 m. In der weiteren Realisierung wurde dieses Ergebnis jedoch nicht dem weiter verwendeten Kollektiv zugeführt (JENSEN et al. 2005), da die projektbegleitende KFKI-Arbeitsgruppe Zweifel an der Korrektheit aufgrund der Schwierigkeiten mit dem Windschubspannungskoeffizienten hatte. Abb. 1: MUSE-Simulationen zur Sturmflut vom (JENSEN et al. 2005) Weitere Untersuchungen zu Sturmflutszenarien finden sich unter anderem in der Analyse des Sturmflutereignisses vom von GÖNNERT & MÜLLER-NAVARRA (2000). Dort erfolgt eine Simulation der Sturmflut unter Verwendung des real aufgetretenen, jedoch räumlich und zeitlich verschobenen Sturmtiefs im Staumodell des BSH. Grundlage für die Verschiebung des Sturmtiefs bilden Analysen der Charakteristik von Sturmfluten und der entsprechenden Windsituationen am Pegel Cuxhaven seit Durch die Verschiebung der Zugbahn des Tiefdruckgebietes nach Süden (um 80 km) und ein verzögertes Eintreten (3 Std. später) erhöhte sich der zu Thw eingetretene Windstau von 331 cm auf nunmehr 402 cm (unter Berücksichtigung des Zwischenbericht_TP1a_ doc -6- Oktober 2010

19 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 2 Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut Nipptide-Einflusses). Die Annahme eines Springtide-Einflusses führte in der Simulation zu einem Windstau zu Thw von 410 cm, womit sich der Wasserstand vom ursprünglich PN cm auf PN cm am Pegel Cuxhaven erhöht. Auf Grundlage von Beobachtungsdaten nimmt GÖNNERT (2003) eine Kombination von empirischen Untersuchungen vollständiger Sturmflutverläufe in Cuxhaven mit statistischen Analysen für den Pegel Cuxhaven vor, um daraus eine maximale Windstaukurve für diesen Pegel zu entwickeln. In der Untersuchung wird der Windstau über die mittlere Tide berechnet, so dass im Windstau die Aspekte Springtideerhöhung, Fernwelle und Windstau enthalten sind. Über Korrelation der Parameter Anstieg, Scheiteldauer und Abfall der Windstaukurve mit dem Windstaumaximum ließ sich im Ergebnis ein maximaler Windstau unabhängig zur Tidephase ermitteln. Die in Abbildung 2 dargestellte Maximalstaukurve erreicht eine Höhe von 450 cm, und weist eine charakteristische Form einer sehr schweren Sturmflut mit steilem Anstieg, kurzem Scheitel und langem Abfall auf. Diese Form wiederum weist auch bei Überlagerung mit der Tide jene Form auf, wie sie in 9 von 10 Fällen am Pegel Cuxhaven bei einer sehr schweren Sturmflut aufgetreten ist, und hat damit eine große Nähe zu den Naturdaten. Durch die Anwendung der maximalen Staukurve zu unterschiedlichen Tidephasen stellen sich jedoch Veränderungen vor allen Dingen bezüglich der Scheitelform ein. Ein Auftreten des Windstaumaximums kurz vor Hochwasser würde durch das Herüberziehen eines hohen Windstaus von Tnw bis zum nächsten Thw eine Verlängerung des Scheitelbereiches nach sich ziehen. Dieser Verlauf mit einem steilen Anstieg, einem langem Scheitel und einem langen Abfall entspricht dem Charakter der Sturmflut von 1976, so dass dieser Verlauf als charakteristisch für eine sehr schwere Sturmflut unterstrichen werden kann. Abb. 2: Maximale Windstaukurve für Cuxhaven (GÖNNERT 2003) Entscheidend für den Pegel Cuxhaven ist zudem, dass nicht wie bislang immer angenommen langsam ansteigende, langanhaltende Winde, die den Vorfüllungsgrad der Deutschen Bucht erhöhen, für Cuxhaven von besonderer Bedeutung sind. Stattdessen haben schnell ansteigende Windgeschwindigkeiten die zentrale Bedeutung, Zwischenbericht_TP1a_ doc -7- Oktober 2010

20 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 2 Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut da sie ein sehr hohes Windstaumaximum bewirken. Da dieses in der Regel um Tnw bis 2-3 h vor Thw auftritt, bedarf es eines ergänzenden Faktors wie einer anhaltend hohen Windgeschwindigkeit, die den Stau dann zum Hochwasserscheitel zieht. Die bei GÖNNERT (2003) beschriebenen maximal möglichen Windstauwerte von 450 cm liegen sehr nah an den Windstauwerten nach MUSE für die Realisation der Sturmflut 1976 mit einem Stau von 465 cm, womit diese Werte (die jeweils eine Fernwelle enthalten) sich gegenseitig stützen. Da hier mit verschiedenen Methoden (anhand von Beobachtungsdaten und anhand der numerischen Modellierung) gleiche Ergebnisse erzielt wurden, die sich in diesem Projekt erneut bestätigen, scheint diese Windstauhöhe für Cuxhaven eine zentrale Bedeutung einzunehmen. Die oben angeführten Untersuchungen wurden für die Entwicklung des hier erarbeiteten neuen Verfahrens berücksichtigt. Die Betrachtung der verschiedenen Verfahren zeigt, dass bisher sowohl bei der Anwendung rein statistischer, empirischer oder numerischer Methoden den Windstau als ein Faktor angenommen wird, bzw. die Größe der Einzelkomponenten, aus denen sich der Windstau zusammensetzt, nicht ermittelt werden kann. Das hier vorgestellte neue Verfahren zur Ermittlung von Extremsturmfluten nimmt als entscheidende Neuerung eine Zergliederung des Windstaus in seine ausschlaggebenden Komponenten vor. Gleichzeitig werden die Wechselwirkungen der Komponenten untereinander untersucht. Die daraus abgeleitete nicht-lineare Überlagerung der Sturmflutkomponenten ermöglicht es, physikalisch plausible Sturmflutereignisse abzubilden. Im folgenden Kapitel soll das neue Verfahren in detaillierter Form dargestellt werden Das Verfahren XtremSturmflut Grundlage des Verfahrens ist ein deterministisches Vorgehen, das die hydrodynamischen Interaktionen der einzelnen Faktoren der Sturmfluten sowie deren meteorologischen Zusammenhänge berücksichtigt. Hierbei wird die Sturmflut in ihre Komponenten Windstau, periodische Anteile durch die Astronomie und Fernwelle aufgegliedert. Bei der Erstellung von Extremfluten gilt, dass die bislang höchsten aufgetretenen Werte der Komponenten berücksichtigt werden müssen. Da diese Werte der Einzelkomponenten in verschiedenen Sturmfluten aufgetreten sind, bedarf es einer Zusammenführung und Überlagerung dieser Faktoren. Es gilt zu berücksichtigen, dass durch die Überlagerung ein Ergebnis abgebildet werden soll, welches den in der Natur vorhandenen Gesetzmäßigkeiten Rechnung trägt. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben entspricht die konstruierte Extremflut einer real zu erwartenden, schweren Sturmflut. Aus diesem Grund bedarf es einer Prüfung, ob das Zusammentreffen der jeweils ermittelten Maximalwerte der einzelnen Faktoren physikalisch möglich ist. Konkret stellt sich hierbei die Frage, ob eine Springtide von erheblicher Höhe, hohe Fernwellen und ein sehr hoher Windstau zeitgleich in Cuxhaven eintreffen können. Zwischenbericht_TP1a_ doc -8- Oktober 2010

21 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 2 Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut Auf Grund der Genese und der hydrodynamischen Wirkungszusammenhänge einer Sturmflut ist es erforderlich, zur Erfassung der nicht-linearen Effekte zunächst eine Trennung der einzelnen Komponenten des Windstaus voneinander vorzunehmen. Jede Sturmflutkomponente wird einzeln in Hinblick auf ihre maximal beobachtete Größe und die Ausprägung ihrer Wirkungszusammenhänge mit anderen Komponenten untersucht. Im Rahmen einer umfassenden Analyse werden die Sturmflutkomponenten zunächst einzeln und anschließend in ihrer Wechselwirkung unter Anwendung empirischer, statistischer und numerischer Verfahren untersucht. Durch die Zusammenführung der Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsmethoden kann somit die Erfassung der physikalischen Zusammenhänge in bestmöglichem Maße erfolgen. Die nicht-lineare Interaktion der Komponenten wird herausgearbeitet. Abschließend werden die höchsten eingetretenen Ausprägungen der einzelnen Komponenten nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten zu einer Sturmflut überlagert. Die Abbildung 3 gibt einen schematischen Überblick über die Vorgehensweise des Verfahrens zur Ermittlung einer Extremsturmflut. Abb. 3: Verfahren zur Berechnung einer Extremflut unter Berücksichtigung nicht-linearer Effekte Zwischenbericht_TP1a_ doc -9- Oktober 2010

22 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 2 Grundlagen zur Ermittlung einer Extremflut Somit wird für das hier vorgestellte Verfahren der bisher eingetretene höchste Windstau die aus Daten nachweisbare höchste Fernwelle und die maximale Springerhöhung unter Berücksichtigung der physikalischen Gesetzmäßigkeiten nicht-linear überlagert Einordnung des entwickelten Verfahrens Die Abgrenzung des hier beschriebenen Verfahrens gegenüber den bisher verwendeten deterministischen und statistischen Verfahren liegt eindeutig in der Berücksichtigung der physikalischen Zusammenhänge und der anschließend durchgeführten, nicht-linearen Überlagerung der einzelnen Sturmflutkomponenten. Um eine bestmögliche Abschätzung real zu erwartender Sturmfluten zu erhalten, erscheint es unumgänglich, die physikalischen Gesetzmäßigkeiten und die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Komponenten des Windstaus in einem geeigneten Verfahren zu bündeln. Eine nicht-lineare Überlagerung der Sturmflutkomponenten zur Ermittlung einer sehr schweren Sturmflut ist in dieser Form bisher noch nicht vorgenommen worden. Die für dieses Vorgehen nötige Zerlegung des Windstaus in seine drei Hauptkomponenten Springtideeinfluss, windinduzierter Stau und Fernwelle (Reststau) ist dabei ebenfalls in bisherigen Verfahren nicht in dieser Form berücksichtigt worden. Dies wird in einer Gegenüberstellung mit anderen Verfahren deutlich: Innerhalb des deterministischen Einzelwertverfahrens findet keine Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den Sturmflutkomponenten statt. Das deterministische Stauverfahren (Hamburg) bildet bereits eine Annäherung an die vorgestellten Ansätze des nicht-linearen Überlagerungsverfahrens, da im Gegensatz zu der additiven Überlagerung bei dem Einzelwertverfahren die Überlagerung des Windstaus mit der mittleren Tide physikalischen Gesetzmäßigkeiten entspricht. Hier besteht jedoch Forschungsbedarf hinsichtlich der genaueren Analyse der Höhe des Stauwertes bei Hochwasser. Bei allen bisherigen deterministischen Verfahren wird der Windstau als Summe aller sturmflutbildenden Komponenten in die Berechnung einbezogen, ohne dass diese Komponenten näher spezifiziert werden. Eine Trennung der Bestandteile der Windstaus erfolgte bislang nicht. Somit ist auch die mögliche Überlagerung der bisher höchsten Komponenten noch nicht untersucht worden. Der Vorteil des deterministischen Vorgehens liegt vor allem in der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Bei Ermittlung einer extremen Sturmflut als Summe aller Komponenten unter Anwendung des Einzelwertverfahrens werden die hydrodynamischen Ge- Zwischenbericht_TP1a_ doc -10- Oktober 2010

23 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten setzmäßigkeiten bei Überlagerung einzelner Faktoren und Zunahme des Wasserstandes nicht berücksichtigt. Der statistische Ansatz betrachtet den Wasserstand bzw. den Windstau als Ganzes. Somit wird von einer zufälligen Kombination der Einzelfaktoren ausgegangen. Die Größenordnungen der Komponenten werden hier nicht ermittelt, so dass nicht festgestellt werden kann, ob diese Kombination der Komponentengrößen den physikalischen Gesetzmäßigkeiten entspricht. Es bleibt daher unklar, ob eine ermittelte Windstaugröße in dieser Form unter natürlichen Bedingungen auftreten kann. Zwischenbericht_TP1a_ doc -11- Oktober 2010

24 3 Sturmfluten Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Für wissenschaftliche Fragestellungen, die in Zusammenhang mit Sturmflutereignissen stehen, müssen zu Beginn Überlegungen zur genauen Definition einer Sturmflut angestellt werden. Am Anfang steht die Etymologie des Wortes Sturmflut, wobei das Wort Flut eine große Wassermenge und somit einen hohen Wasserstand impliziert. Da ein Auftreten von Sturmfluten auch an gezeitenfreien Küsten möglich ist, handelt es sich um ein von den Gezeiten unabhängiges Ereignis. Als wichtigster Einflussfaktor ist der Wind bereits im Wort Sturmflut enthalten. Ist dieser Faktor bei einem Ereignis hoher Wasserstände nicht vorhanden, beispielsweise bei erhöhtem Wasserstand in Flussmündungsgebieten auf Grund hoher Abflüsse aus dem Binnenland, werden diesen Ereignissen andere Begrifflichkeiten, zum Beispiel der Begriff Flutwellen, zugeordnet (PETERSEN & ROHDE 1991). 3.1 Entstehung einer Sturmflut Voraussetzung für eine Sturmflut ist das Einwirken eines starken Windes aus stauwirksamer Richtung. Der dadurch verursachte Windschub führt in den oberflächennahen Schichten neben der beginnenden Wellenbildung zu einer Bewegung der Wassermassen in Richtung des einwirkenden Windes. Der Bewegungsimpuls der oberen Wasserschichten wird durch Reibung auf die darunter liegenden Schichten übertragen, verliert allerdings mit zunehmender Tiefe an Intensität und verebbt letztendlich. Die Driftströmung in den oberflächennahen Schichten führt in räumlich begrenzten Seegebieten wie der Deutsche Bucht zu einem Massentransport in Windrichtung, in diesem Fall in Richtung Festland. Als Folge dieser Verlagerung stellt sich eine der Windrichtung entgegengesetzte Neigung des Wasserspiegels ein. Das aus der Erhöhung des Wasserstands an der Küste resultierende Wasserstandsgefälle führt zu einem Druckgefälle innerhalb des Wasserkörpers. Ab einer gewissen Höhe der angestauten Wassermassen an der Küste führt das Druckgefälle zur Ausbildung einer bodennahen Rückströmung. Die Intensität dieses Rückstroms ist abhängig von der Mächtigkeit der unteren Wasserschicht, in der keine windinduzierte Strömung mehr vorliegt. Weist die bodennahe Schicht eine geringe Mächtigkeit auf, entsteht ein hoher Reibungseinfluss, der die Rückströmung behindert und dazu führt, dass sich das Wasser an der Küste aufstaut. Der Wasserstand steigt an, bis sich ein Gleichgewicht zwischen Zu- und Rückströmung eingestellt hat (HERRMANNS & JENSEN 2006, ANNUTSCH 1977). Der Wind stellt also den einflussreichsten Faktor bei der Entstehung einer Sturmflut dar. TOMCZAK (1952), KOOPMANN (1962a) und HANSEN (1965) identifizierten die Windfelder über der Deutschen Bucht als auslösende Effekte der Sturmfluten an der deutschen Nordseeküste. Dem lokalen Wind kann höchstens eine untergeordnete Rolle zugewiesen werden (SIEFERT 1978). Zwischenbericht_TP1a_ doc -12- Oktober 2010

25 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Für das Eintreten einer Sturmflut an einem Küstenort sind die die Windgeschwindigkeit und die Windrichtung von entscheidender Bedeutung. Diese Parameter variieren je nach Lage des zu betrachtenden Ortes an der Küste. Zur Entstehung einer Sturmflut in der Nordsee ist nach OUMERACI (2001) ein lang anhaltender Wind mit einer Mindeststärke von 9 Beaufort (ca. 22 m/s) erforderlich; JENSEN & MÜLLER-NAVARRA (2008) sprechen von Windgeschwindigkeiten über 25 m/s als Ursache hoher Sturmfluten an der deutschen Nordseeküste. Die Wasserstandsänderungen folgen den Windänderungen mit etwa drei Stunden Verzögerung (SIEFERT 1978). Die vorliegende Untersuchung weist nach, dass diese Verzögerung sich auf eine Stunde verkürzen kann. Der durch die Übertragung der Windenergie auf die Wasseroberfläche erzeugte Windstau ist ungefähr proportional zum Quadrat der Windgeschwindigkeit, wobei auch der Einfluss der Windrichtung in den Proportionalitätsfaktor eingeht (ANNUTSCH 1977). Auch die Anlaufstrecke des Windes (fetch) ist als den Windstau beeinflussende Größe zu beachten (ANNUTSCH 1977). Für den Standort Cuxhaven führen auflandige Winde aus westlicher und nordwestlicher Richtung ( ) zum Auftreten schwerer Sturmfluten. Werden auch die leichteren Sturmfluten in diese Betrachtung mit einbezogen, erweitert sich die Spanne der sturmfluterzeugenden Winde auf (GÖNNERT 2003). ANNUTSCH (1977) identifiziert 300 als die stauwirksamste Windrichtung bei Hochwasser für Cuxhaven. Starkwinde, die zu Sturmfluten in der Nordsee führen können, werden durch außertropische Zyklone hervorgerufen. Diese entwickeln sich entlang der Polarfront über dem Atlantischen Ozean und treten je nach Temperaturunterschied zwischen den Luftmassen des subtropischen Hochdruckgürtels und der subpolaren Tiefdruckrinne in unterschiedlich starker Ausprägung auf. Da die verschiedenen Luftmassen im Winter die höchsten Temperaturdifferenzen aufweisen, ist dies auch die Zeit besonders ausgeprägter Zyklonen (WEISCHET 2002). Die Zyklonen, die im Herbst und Winter über den Nordatlantik nach Nordwesteuropa ziehen, bilden eine Voraussetzung für die Entstehung einer Sturmflut (KRUHL 1977). Faktoren wie die Drucksituation in der Höhe, die Lage des Tiefdruckgebietes zu den umgebenden Hochdruckgebieten, die Lage der Fronten sowie die Zugbahn und geschwindigkeit des Tiefdruckgebiets bestimmen zusätzlich, ob sich durch diese Zyklonen wirklich eine Sturmflutsituation einstellt (GÖNNERT et al. 2001). In Abhängigkeit von der Zugbahn eines Tiefdruckgebiets können drei Haupttypen von Wetterlagen unterschieden werden, die bei geeigneter Kombination mit den übrigen genannten Einflussfaktoren an der deutschen Nordseeküste schwere bzw. sehr schwere Sturmfluten hervorrufen (PETERSEN & ROHDE 1991): Zwischenbericht_TP1a_ doc -13- Oktober 2010

26 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten 1. Beim Jütland-Typ verlaufen die Zugbahnen der Sturmtiefs vom Entstehungsgebiet an der nordamerikanischen Küste nach Osten, überquert Jütland zwischen dem 55. und 57. Breitengrad und zieht dann entweder weiter nach Osten über Südschweden oder biegt nach Nordosten ab. Diese Tiefdruckgebiete ziehen in der Regel sehr schnell und verursachen kurz andauernde, sehr starke Stürme über der Nordsee, die erst aus Südwest kommen, später aber nach Nordwest drehen. Besonders betroffen von Sturmfluten dieses Typs sind die Westküste Schleswig-Holsteins und das Elbe-Ästuar. Die Sturmflut vom beispielsweise lässt sich diesem Typ zuordnen. 2. Der Skandinavien-Typ ist durch Sturmtiefs gekennzeichnet, die im Gebiet von Grönland und Island entstehen, von dort nach Südosten ziehen und Skandinavien zwischen dem 60. und 65. Breitengrad überqueren. Diese Tiefdruckgebiete weisen oft langsame Zugbahnen oder lange Verweilzeiten auf, so dass die Deutsche Bucht trotz vergleichsweise geringer Windgeschwindigkeiten stark mit Wasser gefüllt wird, so dass es auch bei diesem Typ zu schweren Sturmfluten kommen kann. Als Beispiel sei die Sturmflut vom 16./ genannt. 3. Die Zugbahn eines Sturmtiefs des Skagerrak-Typs verläuft zwischen den Zugbahnen der bereits genannten Typen. Sie schneidet den 8. Längengrad zwischen dem 57. und dem 60. Breitengrad. Dieser Typ tritt am häufigsten auf und ist durch im Vergleich zu den anderen Typen besonders hohe Wasserstände gekennzeichnet. Die Auswirkungen betreffen meist die gesamte deutsche Nordseeküste, da der Wind im gesamten Raum der Nordsee auf die Küste gerichtet ist. Im Januar und Februar 1990 kam es zu einer Häufung von Sturmfluten des Skagerrak-Typs. Die meisten Sturmfluten werden nicht von einem einzelnen der drei genannten Typen geprägt, sondern stellen eine Kombination aus verschiedenen Typen dar. Daher gibt GÖNNERT (2007) als vierten den gemischten Typ an. Zwischenbericht_TP1a_ doc -14- Oktober 2010

27 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Abb. 4: Sturmfluttypen an der deutschen Nordseeküste (OUMERACI 2001) Da erst das Zusammentreffen vieler eine Sturmflut begünstigender Faktoren zum Auftreten einer Sturmflut führt (KRUHL 1977) ist die alleinige Betrachtung verschiedener Typen von Sturmflutwetterlagen für die Untersuchung der Entstehung einer Sturmflut nicht von Bedeutung. Da die verschiedenen Wetterlagen aber durch charakteristische Verläufe der Windstaukurven gekennzeichnet werden (vgl. Abb. 4), liefert die Betrachtung der Wetterlage allerdings Anhaltspunkte über den Verlauf der Sturmflut. 3.2 Unterschiedliche Definitionen einer Sturmflut Allgemein kann eine Sturmflut als Zeitspanne mit hohen Wasserständen an den Küsten oder in Flussmündungen, die vorwiegend durch starken Wind hervorgerufen sind (PETERSEN & ROHDE 1991) bezeichnet werden. Um eine Sturmflut von erhöhten Zwischenbericht_TP1a_ doc -15- Oktober 2010

28 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Tiden abzugrenzen, bedarf es allerdings einer genaueren Definition. Diese kann auf zwei grundsätzlich verschiedene Arten erfolgen. Definition über den Scheitelwasserstand Der erste Ansatz zur Definition einer Sturmflut beruht auf dem Scheitelwasserstand. Hierbei werden deterministische und statistische Herangehensweisen unterschieden. Bei der Verwendung deterministischer Verfahren werden Höhenbereiche der Tidewasserstände festgelegt, anhand derer Sturmfluten in unterschiedliche Klassen eingeteilt werden. Ein klassisches Verfahren ist das Springtide-Verfahren nach LÜDERS (1956), bei dem für einen zu untersuchenden Pegel Grenzwerte für drei Klassen aus den Mittelwerten langfristiger Scheitelwerte eindeutig festgelegt werden (s. Tab. 1). Da dieses Verfahren zur Definition von Sturmflutklassen die grundlegenden Ansprüche diverser späterer Verfahren widerspiegelt (u.a. Anwendbarkeit für unterschiedliche Küstenorte, Einbeziehung von Besonderheiten der Küstengestalt in die Berechnungen), kann es als Grundlage für viele deterministische Verfahren angesehen werden. Tab. 1: Grenzwerte zur Definition von Sturmflutklassen nach LÜDERS (1956) Flutklasse Untere Grenze Windflut MSpThw + ¼ MSpThb Sturmflut MSpThw + ½ MSpThb Orkanflut MSpThw + ¾ MSpThb Statistische Verfahren teilen Sturmfluten auf Basis der Häufigkeit ihres Auftretens bzw. der Eintrittswahrscheinlichkeit des Scheitelwasserstandes in Klassen ein. Die DIN vom Oktober 1994 teilt Sturmfluten anhand der statistischen Eintrittswahrscheinlichkeit in leichte, schwere und sehr schwere Sturmfluten ein. Es ergibt sich folgende Klassifizierung: Leichte Sturmfluten: Tidehochwasserstände der mittleren jährlichen Überschreitungszahl von 10 bis 0,5 an der Nordsee (Ostsee von 2 bis 0,2) Schwere Sturmfluten: Tidehochwasserstände der mittleren jährlichen Überschreitungszahl von 0,5 bis 0,05 an der Nordsee (Ostsee von 0,2 bis 0,05) Sehr schwere Sturmfluten: Tidehochwasserstände der mittleren jährlichen Überschreitungszahl von unter 0,05 an der Nordsee (Ostsee von unter 0,05) Es gibt zudem die Definition nach Perzentilen. Hier wird z.b. der Wert des 98 %- Perzentils oder des 95 %-Perzentils verwendet. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) definiert ebenfalls drei Sturmflutklassen (s. Tab 2). Zwischenbericht_TP1a_ doc -16- Oktober 2010

29 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Tab. 2: Sturmflutdefinition des BSH Flutklasse Sturmflut Schwere Sturmflut Sehr schwere Sturmflut Grenzwasserstand 1,5 bis 2,5 m über MThw 2,5 bis 3,5 m über MThw > 3,5 m über MThw Aufgrund der Zuständigkeit des BSH für die Wasserstandsvorhersage an der deutschen Nord- und Ostseeküste wird die untere Grenze der Definition von 1,5 m über MThw als Grenzwert für die offiziellen Warnungen eines erhöhten Wasserstands an der Nordseeküste verwendet. Durch die Einbeziehung des mittleren Tidehochwassers (MThw) in die Definition ist trotz der Unterschiede im Tidenhub an einzelnen Pegelstandorten eine ortsspezifische Anwendung möglich. Zusätzlich kann durch diese Definition der säkulare Meeresspiegelanstieg berücksichtigt werden, da es sich beim MThw um eine variable Größe handelt (BSH 2007, GÖNNERT 2003). Definition über die Windstaukurve Der zweite Ansatz betrachtet den Windstau, so dass der gesamte Verlauf einer Sturmflut erfasst werden kann. Die Windstaukurve zeigt die Differenz zwischen der berechneten astronomischen bzw. mittleren Tide und dem tatsächlich eingetretenen Wasserstand (SIEFERT 1978). Sie entspricht dem physikalischen Wert einer Sturmflut (SIEFERT 1968) und stellt somit ein Abbild sowohl der gesamten als auch der maximalen Energieeinwirkung während des Ereignisses dar (GÖNNERT 2003). Ein wichtiger Aspekt bei der Definition über den Windstau ist die Betrachtung zu jeder Tidephase, wodurch herausgestellt wird, dass der einwirkende Wind und die auftretende Tide voneinander unabhängige Ereignisse sind, deren Zusammentreffen zufällig erfolgt (LÄNDERARBEITSGRUPPE 1988). LEPPIK (1950) betrachtet in einer Analyse von Sturmfluten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Ereignisse mit einem Windstau von mindestens 230 bzw. 200 cm (je nach Datenlage) in Cuxhaven. Eine Definition auf Basis der Windstaukurve von SIEFERT (1985) beschreibt eine Sturmflut als Ereignis mit Windstauhöhen von 2 m oder mehr in Cuxhaven. Beide Autoren betonen, dass es keine Rolle spielt, zu welcher Tidephase dieser Stau aufgetreten ist. Kombinierte Definition GÖNNERT & SIEFERT (1998) kombinieren für die Zusammenstellung eines Sturmflutkollektives für den Pegel Cuxhaven die beiden vorgestellten Ansätze. Basierend auf der Sturmflutdefinition von SIEFERT (1985) und der ergänzenden Bedingung von FERK (1993), dass der Windstau von mindestens 2 m in Cuxhaven zwischen Tnw und maximal 4 Stunden nach Thw auftritt, ergibt sich ein Kollektiv, das viele Ereignisse enthält, die nur einen niedrigen Scheitelwert erreichen und somit nicht den statistischen Anforderungen genügen. Dies hängt damit zusammen, dass der Windstau unter konstanten Windverhältnissen bei Tnw höher ansteigt als bei Thw und damit die Wahrscheinlichkeit, dass ein Windstau von 2 m erreicht wird, bei Tnw größer ist als bei Thw. Zwischenbericht_TP1a_ doc -17- Oktober 2010

30 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Um eine Auswahl der Wasserstände zu erhalten, die durch eine bestimmte minimale Energieeinwirkung hervorgerufen wurden, wird die genannte Definition um das Kriterium des BSH ergänzt, demzufolge Ereignisse ab einem Tidehochwasserstand von 1,5 m über MThw als Sturmflut angesehen werden. 3.3 Die Sturmflutkomponenten Für die Ausprägung eines Sturmflutereignisses sind vor allen Dingen die Komponenten Windstau, Fernwelle und Tide von Bedeutung (s. Abb. 5). Im Folgenden werden die einzelnen Faktoren kurz erläutert. Abb. 5: Komponenten einer Sturmflut Tide Unter dem Begriff Tide werden die periodischen Änderungen des Wasserspiegels und die horizontalen Bewegungen der Wasserteilchen zusammengefasst. Nach DIN enthält der Begriff alle Faktoren, die zu einer Änderung des Wasserspiegels führen können. Als Gezeit wird dabei das vertikale Steigen und Fallen des Wassers bezeichnet, das horizontale Hin- und Herströmen der Wasserteilchen wird als Gezeitenstrom definiert (LÜTHJE 2008). Die Gezeitenwellen gehören zu den fortschreitenden langen Wellen, die in Bereichen mit geringeren Wassertiefen zu stehenden Wellen umgeformt werden können. In der Nordsee kann eine Gezeitenwelle einige hundert Kilometer lang sein, im offenen Ozean zwischen fünf und zehn Kilometer. Daran wird deutlich, dass die Gezeitenwellen im Verhältnis zu ihrer Länge sehr flach sind (LÜTHJE 2008). Diese Wellen werden in den Ozeanen durch Reflexion, Corioliskraft und Reibung umgeformt (DIETRICH et al. 1975). Besonders stark treten diese Effekte in flachen Meeresgebieten, Buchten und in Küstennähe auf, wo die Tiefwasserwelle von den Flachwassereffekten umgeformt und überlagert wird. Zwischenbericht_TP1a_ doc -18- Oktober 2010

31 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Hinter der für den Betrachter als ein Ganzes sichtbaren Veränderung des Wasserspiegels verbergen sich bei eingehender Betrachtung viele einzelne Komponenten, die sich durch Addition zu den übergeordneten Erscheinungen zusammenfügen. Es handelt sich bei den Komponenten um ca. 600 einzelne Tiden, die als Partialtiden bezeichnet werden (SIEFERT 1997). Hervorgerufen durch den Mond oder die Sonne, beschreiben sie einen Verlauf mit unterschiedlichen Frequenzen über unterschiedlich lange Perioden. Eine Partialtide ist nichts weiteres, als eine Sinusfunktion, die über Frequenz f, Amplitude A und Phase beschrieben werden kann (KASTENS 2007). Die Amplitude A und Phase sind ortsabhängige Komponenten. Die Frequenz f wird sowohl durch die Überlagerung der durch Mond und Sonne erzeugten Kräfte als auch durch die rotierenden Bewegungen der Systeme Erde-Mond und Erde-Sonne bestimmt. Durch diese Überlagerung entstehen Zyklen unterschiedlicher zeitlicher Ausprägung, die in halbtägige und ganztägige Tiden unterschieden werden (BSH 2008). Die halbtägigen Tiden beschreiben einen Verlauf mit zwei Hoch- und zwei Niedrigwasserständen von jeweils annähernd gleicher Höhe. Als dominante Form treten sie vor allem im Atlantischen Ozean auf. Die ganztägigen Tiden beeinflussen das Tidegeschehen mit nur einem Hochwasserereignis pro Tag als überwiegender Faktor im Pazifischen Ozean. Zwischen den beiden beschriebenen Tidetypen liegen die Mischtiden, die anhand ihrer Verlaufsformen in zwei weitere Kategorien unterteilt werden. Die gemischte, überwiegend halbtägige Gezeitenform ist geprägt durch zwei Hoch- und Niedrigwasserereignisse, die jedoch Unterschiede in Zeit und Höhe aufweisen. Die gemischt, überwiegend ganztägige Gezeitenform bildet den Übergang zur Kategorie mit nur einem Hochwasser pro Tag (LANG 2004, GÖNNERT et al. 2001). Aufgrund der ortsspezifischen Ausprägungen der einzelnen Partialtiden treten an den Küsten der Weltmeere unterschiedlich ausgebildete Tideschwankungen auf. Im Untersuchungsgebiet der Deutschen Bucht stellt die halbtägig wiederkehrende Hauptmondtide M2 die dominierende Größe dar (LANG 2004). Als einflussreichste Partialtide ist sie hauptsächlich verantwortlich für die hier auftretende Gezeitenform mit zwei Hoch- und zwei Niedrigwasserständen am Tag. Über diese genannten Klassifizierungen hinaus gibt es Partialtiden, deren Frequenzen weitaus größere Zeitspannen umfassen. Als wichtigste ist in diesem Zusammenhang die Nodaltide zu erwähnen. Diese vom Mond verursachte Partialtide mit einer Frequenz von 18,61 Jahren ruft vor allem periodische Veränderungen des Tidenhubs hervor (KASTENS 2007). In Flachwassergebieten kommt es aufgrund erhöhter Sohlreibung und Reflexion an den Küsten zu einer Überlagerung und Addition unterschiedlicher astronomischer Hauptfrequenzen. Die aus diesen nicht-linearen, dynamischen Prozessen entstehenden Flachwassertiden beeinflussen das Tidegeschehen erheblich (LANG 2004). Zwischenbericht_TP1a_ doc -19- Oktober 2010

32 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Die unterschiedlichen, periodischen Konstellationen von Mond, Erde und Sonne verursachen Ungleichheiten in den auftretenden Wasserständen. Eine der markantesten Ungleichheiten sind die Spring- und Nipptidezyklen, die auf Grund des zeitlichen Rhythmus ihres Erscheinens als halbmonatliche Ungleichheiten bezeichnet werden. Stehen die Planeten Sonne, Mond und Erde zu Zeiten von Neu- und Vollmond auf einer Linie, addieren sich die von Sonne und Mond ausgehenden Kräfte. Das Ergebnis sind besonders starke Gezeitenkräfte, die in Form erhöhter Hochwasserstände und besonders niedriger Niedrigwasserstände auftreten. Zu Zeiten der Nipptide, bei der die Planeten eine rechtwinklige Stellung zueinander einnehmen, wirken die Kräfte der Sonne und des Mondes entgegengesetzt, wodurch der Betrag der Restkraft, welche die Gezeiten erzeugt, besonders niedrig ist. Die Hochwasserstände liegen daher unter den durchschnittlichen Werten, zu Niedrigwasser sinkt der Wasserstand nicht bis auf die mittleren Messwerte ab (GODIN 1998). Die LÄNDERARBEITSGRUPPE (1988) gibt nach Aussage des Deutschen Hydrographischen Instituts (heute Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie) die Spannbreite möglicher Schwankungen durch astronomische Einflüsse mit maximal 60 cm für den Pegel Cuxhaven an. Der höchste Tidenhub zur Springzeit tritt etwa zwei Tage nach Voll- bzw. Neumond auf. Man nennt diesen verspäteten Eintritt Springverspätung oder auch Alter der Gezeiten (SIEFERT 1997). Auch der durch die Nipptide verursachte geringere Tidenhub tritt mit etwa ein- bis dreitägiger Verspätung auf (DIETRICH et al. 1975). Die Gezeitenwelle aus dem Atlantik läuft aus nördlicher Richtung durch die Enge zwischen Schottland und Norwegen und im Westen durch den Ärmelkanal in die Nordsee ein. Dabei wird sie durch Reflexion an den Küsten, die Wirkung der Corioliskraft und durch aufgrund des ansteigenden Meeresbodens zunehmende Reibung verändert (DIETRICH et al. 1975, GÖNNERT et al. 2004). Läuft eine Tidewelle mit einer Phase von 12 Stunden und 25 Minuten in die Nordsee ein, wird sie an der Küstenlinie reflektiert. Innerhalb der Nordsee trifft diese zurückgeworfene Welle auf die nächste, bereits einlaufende Tidewelle. Durch die Überlagerung der beiden stehenden Gezeitenwellen aus unterschiedlichen Richtungen, die beide eine geringe Rechtsablenkung durch die Wirkung der Corioliskraft erfahren haben, bilden sich Drehwellen aus. Der Knotenpunkt einer solchen Bewegung wird als amphidromischer Punkt bezeichnet. Diese Punkte treten an unterschiedlichen Stellen auf und liegen im Falle der Nordsee an den tiefsten Punkten der drei Nordseebecken (Abb. 6). Im Allgemeinen ist die Drehrichtung der Gezeitenwelle um die amphidromischen Punkte auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn gerichtet, auf der Südhalbkugel tritt diese Bewegung im Uhrzeigersinn auf. Das Hochwasser umläuft einen Knotenpunkt innerhalb von 12 Stunden vollständig. Die Höhe des Tidenhubs steigt dabei ausgehend vom nahezu hubfreien Knotenpunkt mit zunehmender Entfernung an (DIETRICH et al. 1975). Zwischenbericht_TP1a_ doc -20- Oktober 2010

33 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Abb. 6: Linien gleichen mittleren Hochwasserunterschiedes (LÜTHJE 2008) Beim Einlaufen in die Deutsche Bucht wird die Tidewelle durch zunehmende Reibung und Reflexion sowie aufgrund des trichterförmigen Küstenverlaufs steiler, der Tidenhub steigt daher an (DIETRICH et al. 1975). In der Deutschen Bucht sind unterschiedliche Faktoren erkennbar, die zu Veränderungen der Tidewelle führen können. Besonders die Wattgebiete und vorgelagerte Inseln beeinflussen die Tidewelle in ihren Merkmalen. Die häufig wechselnde Topographie des Meeresbodens lässt hier kein gleichmäßiges Ansteigen des mittleren Tidehochwassers (MThw) zu. Läuft die Tidewelle in einem Ästuar, wie zum Beispiel die Elbe, weiter landeinwärts, steigt das MThw kontinuierlich an. Die Werte des mittleren Tideniedrigwassers (MTnw) hingegen sinken flussaufwärts ab, wobei diese Absenkung etwas stärker an topographische Veränderungen gebunden ist, als es beim MThw der Fall ist. Aus diesen Veränderungen ergibt sich ein erhöhter mittlerer Tidenhub (MThb) in den Ästuaren (GÖNNERT et al. 2004). Zwischenbericht_TP1a_ doc -21- Oktober 2010

34 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Windstau Der Windstau bildet die gesamte Veränderung des Wasserstands über den normalen Tideablauf ab. Die Windstaukurve ist die Differenzkurve zwischen dem eingetretenen Wasserstand und der für diesen Zeitraum vorausgerechneten astronomischen oder mittleren Tidekurve (SIEFERT 1978). Abb. 7: Der Windstau als Sturmflutkomponente und seine Bestandteile Der Windstau berechnet über die mittlere Tidekurve enthält gemittelte astronomische Anteile. Wird der Windstau über die astronomische Tidekurve berechnet, enthält er keine astronomischen Anteile, da die Einflüsse der Astronomie (astronomische Ungleichheiten) bereits bei der Erstellung der Tidekurve berücksichtigt wurden. Durch einfache Subtraktion (gelaufener Pegel minus Tidekurve) enthält die Windstaukurve alle Faktoren, die eine Erhöhung der Tide bewirken (SIEFERT 1968), wobei neben dem ausschlaggebenden Faktor Wind weitere Größen wie der statische Luftdruck, zeitliche Änderungen des Luftdrucks, die Wassertemperatur und die Temperaturdifferenz zwischen Luft und Wasser sowie mögliche Anteile von Fernwellen (ANNUTSCH 1977) enthalten sind. Abbildung 7 stellt die unterschiedlichen, im Windstau enthaltenen Faktoren und ihre Interaktionen untereinander dar; im Anhang sind zudem nähere Erläuterungen zu den einzelnen Faktoren zu finden. Bei der Zerlegung des Windstaus in seine Komponenten wird diesen Faktoren Rechnung getragen. Sowohl auf Grund ihrer unterschiedlichen, anteiligen Größenordnung an der gesamten Windstauhöhe, als auch auf Grund der vorhandenen rechnerischen Möglichkeiten diese Anteile aus den Daten (Windstauhöhe) herauszulösen, wird der Windstau in der fol- Zwischenbericht_TP1a_ doc -22- Oktober 2010

35 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten genden Untersuchung in seine Hauptkomponenten windinduzierter Stau (im folgenden als Windstau bezeichnet), Fernwelle (Reststau) und Springtideerhöhung zerlegt (s. Abb. 8). Der hohe Anteil des Faktors Wind am Windstau zeigt sich in der Darstellung der Windstaukurve, die annähernd auch den Verlauf der aufgetretenen Windverhältnisse widerspiegelt. Aus diesem Grund entstand die Bezeichnung Wind stau. Anhand von Beobachtungen konnte eine Beziehung zwischen Wind und verändertem Wasserstand hergestellt werden, die zeigt, dass sich zu Zeiten von Niedrigwasser höhere Stauwerte als zu Hochwasser entwickeln (ANNUTSCH 1977). TOMCZAK (1960) gibt dazu an, bei Tidehochwasser produziere ein Wind lediglich etwa 4/5 des Windstaus, der bei Tideniedrigwasser auftreten kann. Nach GÖNNERT (2007) führt die geringere Wirkung des Windes auf tiefes Wasser in Cuxhaven dazu, dass die maximale Windstauhöhe bei Tidehochwasser etwa 10 % unter der Windstauhöhe liegt, die bei Tideniedrigwasser erreicht werden kann. Das bisher höchste Windstaumaximum bei Tnw betrug 4,30 m (SIEFERT 1998). Bei gleichbleibender Windgeschwindigkeit sind ca. drei Stunden nach Einsetzen des Windes aus stauwirksamer Richtung maximale Windstauwerte zu erwarten (ANNUTSCH 1977). Abb. 8: Definition der Windstaukurve In Untersuchungen, in denen den Verläufen der Windstaukurven Bedeutung zugemessen wird, wird zur besseren Handhabung eine Parametrisierung der Windstaukurve vorgenommen. Die Kurve wird grundlegend in drei Abschnitte unterteilt. Dabei handelt es sich erstens um den Anstieg, der den Verlauf der Windstaukurve bis zum Erreichen des Maximums beschreibt. Daran schließt sich zweitens der Scheitel an, der die höchsten Windstauwerte umfasst und somit den Bereich der größten Störung der Tideverhältnisse darstellt. Der dritte Abschnitt wird als Abfall bezeichnet und umfasst den Zeitraum, in dem der Windstau wieder absinkt (GÖNNERT et al. 2001). Zwischenbericht_TP1a_ doc -23- Oktober 2010

36 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 3 Sturmfluten Fernwelle Fernwellen in der Nordsee werden durch sogenannte deep water surges im offenen Nordatlantik ausgelöst. Deep water surges sind Wasserstandsänderungen auf offenen Ozeanflächen außerhalb der Kontinentalschelfe, die durch meteorologische Effekte (Änderungen des statischen Druckes an der Meeresoberfläche und Windschub) ausgelöst werden (SCHMITZ 1965). Diese deep water surges sind instationär und breiten sich in die Gebiete der Schelfe und Randmeere aus, wo sie die sog. external surges ausbilden. Der Transport einer external surge vom Atlantik in die Nordsee erfolgt bevorzugt, wenn die Zugbahn einer Zyklone aus dem Seegebiet zwischen Irland und Island nach Mittelnorwegen führt (SCHMITZ et al. 1988). Hinter dem nach Osten ziehenden Tiefdruckgebiet steigt der Luftdruck stetig wieder an. Die zeitliche Luftdruckänderung hängt von der Zuggeschwindigkeit der Zyklone und der Größe des zugehörigen Druckgradienten ab. Die Druckänderung bewirkt entlang der Zugbahn eine Auslenkung der Meeresoberfläche, was sowohl zu einer an der Oberfläche sichtbaren Welle als auch einer internen Welle im Wasserkörper führt. Aufgrund der Dichteunterschiede ist die Auslenkung in der sich in ca m Tiefe befindenden Dichtesprungschicht größer als an der Wasseroberfläche. Liegt die Zuggeschwindigkeit des Tiefdruckgebietes im Bereich der Fortpflanzungsgeschwindigkeit freier interner Wellen, so tritt ein Resonanzeffekt auf, der die Welle verstärkt. Die interne ozeanische Welle wird zu einer freien fortschreitenden Welle. Beim Übergang vom Tiefwasser zum Kontinentalschelf wird die interne Welle in eine Oberflächenwelle transformiert. Der Ablauf dieser Transformation ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt (GÖNNERT 2003). Auf diesem Wege wandert eine Fernwelle ähnlich dem Verlauf der Gezeitenwelle von Norden kommend in die Nordsee. Sie bewegt sich entgegen dem Uhrzeigersinn entlang des Küstenverlaufs von Aberdeen über Immingham entlang der west- und ostfriesischen Küste bis nach Cuxhaven (ANNUTSCH 1977) und überlagert sich der Gezeitenwelle. Üblicherweise gewinnen die Fernwellen bis Immingham an Höhe, um danach wieder abzuflachen. Sie verhalten sich somit ähnlich einer Tidewelle, sind aber nicht an diese gekoppelt (GÖNNERT 2003). Die in Cuxhaven im Zeitraum 1971 bis 1995 aufgetretenen Fernwellen bewegen sich in der Gesamtgrößenordnung 10 bis 109 cm. Die Ausgangshöhe in Aberdeen liegt zwischen 30 und 108 cm (GÖNNERT 2003). Nach KOOPMANN (1962a) hängt es wesentlich von der Energie der Schwallerhöhungen ab, ob die an der englischen Ostküste beobachteten Wellen in der Deutschen Bucht wirksam werden. Ist dies der Fall, kann davon ausgegangen werden, dass die Fernwelle auf dem Weg von Aberdeen bis Cuxhaven in der Regel um ca. 20 cm abnimmt (GÖNNERT 2003). Zwischenbericht_TP1a_ doc -24- Oktober 2010

37 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 4 4 Untersuchungsgebiet und Daten Untersuchungsgebiet und Daten Für das Projekt wurden als Untersuchungsgebiete Hamburg als eine Megacity im Ästuar und Sylt als Standort an der offenen Küste ausgewählt. Da der vorliegende Bericht das Vorgehen zur Ermittlung von Extremsturmfluten für Hamburg beschreibt, werden im Folgenden die für dieses Untersuchungsgebiet verwendeten Daten vorgestellt. Pegeldaten Um Extremsturmfluten für Hamburg zu generieren, wird auf Daten des Pegels Cuxhaven zurückgegriffen. Dies ist damit zu begründen, dass die Zeitreihen von Ästuarpegeln wie dem Pegel Hamburg St. Pauli stark durch Ausbaumaßnahmen beeinflusst sind. Für den Pegel Cuxhaven ist lang andauernde ungestörte Zeitreihe vorhanden, aufgrund derer er bereits als Referenzpegel für viele Untersuchungen herangezogen wurde. Die Daten dieses Pegels sind in umfangreichen Untersuchungen auf Plausibilität und Fehler hin überprüft worden und gelten als qualitativ hochwertig (MUDERS- BACH 2009). Veränderungen der Pegelstandorte durch Sackungen u.ä. wurden berücksichtigt und in den Datensätzen entsprechend korrigiert (JENSEN et al. 2003). Regelmäßige Wasserstandsaufzeichnungen an der deutschen Nordseeküste sind seit etwa 1840 überliefert, wobei der Pegel Cuxhaven zu den ersten Pegeln gehörte. Seit 1843 werden dort die Hoch- und Niedrigwasserwerte aufgezeichnet. Die Installation eines automatischen Pegelschreibers im Jahr 1899 eröffnete auch in Cuxhaven die Möglichkeit einer kontinuierlichen Aufzeichnung des gesamten Tideverlaufs. Im November 1997 erfolgte an diesem Pegel die Umstellung auf eine digitale Datenaufzeichnung (BREMER 2008). Die für die Untersuchungen der Sturmfluten herangezogenen Pegeldaten sowie ihre zeitliche Auflösung sind in Tabelle 3 dargestellt. Tab. 3: Verwendete Pegeldaten Daten Zeitraum Quelle Sturmflutverläufe Wasser- und Schifffahrtsamt Cuxhaven, Digitalisierung und Aufbereitung im Rahmen des Forschungsprojektes Windstauanalysen in Nordund Ostsee BSH Stundenwerte BSH Astronomische HW- /NW- Werte BSH Die astronomischen Hoch- und Niedrigwasserwerte lagen für den Zeitraum 1991 bis 2008 in digitaler Form vor. Für die Jahre vor 1991 wurden die Scheitelwerte für die Zwischenbericht_TP1a_ doc -25- Oktober 2010

38 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 4 Untersuchungsgebiet und Daten Zeiträume der einzelnen Sturmflutereignisse aus den Gezeitentafeln des BSH digitalisiert. Die Pegeldaten bilden die Grundlage für die Erstellung des Sturmflutatlas Cuxhaven, der die Sturmflutereignisse zwischen 1901 und 2008 auf Basis der astronomischen Tidekurve darstellt. Mit Hilfe der Stundenwerte und der Tidescheitelwerte wird die prognostizierte astronomische Tidekurve (Kap ) berechnet. Aus der astronomischen Tidekurve können in Verbindung mit den Sturmflutverläufen nun Windstaukurven erstellt werden, in denen der stochastische von dem deterministischen Anteil getrennt wird und somit keine astronomischen Einflüsse mehr enthalten sind. Winddaten Die Winddaten wurden vom Seewetteramt Hamburg zur Verfügung gestellt. Es wurden hierzu Druckdaten des geostrophischen Windes von 6 Messstationen zu einem Bodenwind mit Windrichtung und geschwindigkeit umgerechnet. Dieses Verfahren erfolgte in Anlehnung an SCHMIDT & STORCH (1993), die aus einem Druckdreieck den Wind über der Nordsee ermittelten. Der Vergleich mit dem Wind auf Scharhörn zeigt, dass die umgerechneten Bodenwinddaten eine relativ hohe Genauigkeit aufweisen Bis 1948 sind die Winddaten jeweils nur für drei Messzeitpunkte eines Tages bekannt (8:00, 14:30, 21:00). Ab dem Jahr 1949 stehen die aus Druckdaten umgerechneten Informationen zu Windrichtung und geschwindigkeit im Drei-Stunden-Rhythmus zur Verfügung. Ab 1996 liegen Daten der Windmessstation Scharhörn vor. Die Winddaten werden für die Untersuchung der Abhängigkeit zwischen Windeinfluss und Windstauentwicklung (Kap ) herangezogen und sind daher für die gesamte Untersuchung der nicht-linearen Wechselwirkungen zwischen Tide und Windstau (Kap. 6.3) von Bedeutung. Daten zu Fernwellen Für den Zeitraum 1971 bis 1995 (Datenlücke zwischen 1974 und 1978) liegen Aufzeichnungen zu Wasserständen an den Pegeln Aberdeen, Immingham und Cuxhaven des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) vor. Mit diesen Informationen wurden vom BSH Reststauberechnungen in Cuxhaven durchgeführt. Für den Zeitraum nach 1995 liegen keine Daten vor, da die Aufzeichnungen beim BSH abgebrochen wurden. Aus dem berechneten Reststau und den Angaben des gemessenen Wasserstands an den Pegeln Aberdeen, Immingham und Cuxhaven können in Verbindung mit Angaben zu den Zugbahnen der ursächlichen Tiefdruckgebiete Fernwellen erkannt und die Entwicklung der Fernwellen von Aberdeen bis Cuxhaven getrennt nach ihrer Genese herausgearbeitet werden (Kap. 7.3). Zwischenbericht_TP1a_ doc -26- Oktober 2010

39 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau 5 Windstau Der Windstau stellt die größte Komponente einer Sturmflut dar. Zur Untersuchung der zu erwartenden Größe des Windstaus, der durch ein Starkwindereignis produziert werden kann, wird in dem folgenden Kapitel zunächst der Vorgang der Windstauentwicklung beschrieben. Die bislang vorhandenen Ergebnisse aus Windstauuntersuchungen werden analysiert und anschließenden mit den Ergebnissen zur Abhängigkeit der Windstauhöhe von Tidephase und Wind zu einem Ergebnis in Form eines möglichen, auf Beobachtungsdaten begründeten maximalen Windstaus zusammengeführt. 5.1 Zum Vorgang der Windstauentwicklung Die bei Sturmflut beobachteten Auslenkungen der Wasserstände resultieren aus der Wirkung der äußeren vor allem meteorologischen Einflüsse auf den Ausgangszustand. Die Entwicklung von Windstau bzw. ungewöhnlich hohen Wasserständen folgt bekannten Schemata, deren physikalische Vorgänge aus der theoretischen Meereskunde bekannt sind. Dabei wurde in grundlegenden Arbeiten in der Vergangenheit bereits betont, dass die Betrachtung winderzeugter Bewegungen im Ozean sowohl über die Betrachtung der Ströme als auch über den Stau erfolgen muss, um vereinfachte Beziehungen zwischen Wind und Staubildung herleiten zu können (u.a. SCHALKWIJK 1947, HANSEN 1950). Da sich die Windstauentwicklung nicht auf unendliche, offene Ozeane bezieht, reichen die klassischen Untersuchungen von EKMAN (1905 u. 1906) nicht zur Erklärung aus. Vor allen Dingen in den Flachwasserbereichen, in denen geringere Meerestiefen vorherrschen, muss besonders die Vertikalkomponente berücksichtigt werden, um physikalisch sinnvolle Ergebnisse zu erhalten. Zum Einfluss von Wind, Tiefenverteilung und weiterer Einflüsse auf die Strömungen im Wasserkörper müssen die hydrodynamischen Gleichungen und die Kontinuitätsgleichung berücksichtigt werden (HANSEN 1950). Aus dem Starkwindfeld, das bei einer Sturmflut auf den Wasserkörper einwirkt, erfolgt ein Impulseintrag über den Wind in den Wasserkörper über sogenannte Schubkräfte, die an der Grenzfläche Luft-Wasser auf Grund molekularer Reibung und durch Druck- und Sogkräfte an den Rauheitselementen, den Wellen, gebildet werden (GÖHREN 1968). Der dabei stattfindende Energieumsatz fördert die Bildung von Seegang, durch den die Rauheit der Meeresoberfläche zunimmt und einen erhöhten Impulseintrag in den Wasserkörper ermöglicht (EAK 2002). Ebenfalls wird eine Bewegung der oberflächennahen Wasserteilchen in Richtung der auftretenden Windschubkraft hervorgerufen, die als primäre Triftströmung bezeichnet wird, und die eingetragene Energie im wesentlichen in Form von kinetischer Energie beinhaltet (GÖHREN 1968). Bei der Übertragung des Bewegungsimpulses in tiefere Wasserschichten verringert sich der Impuls durch die auftretende Reibung sowohl in seiner Größe als auch in seiner Fortschrittsgeschwindigkeit (EAK 2002). Zwischenbericht_TP1a_ doc -27- Oktober 2010

40 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Im Flachwasserbereich pflanzt sich der Bewegungsimpuls auf Grund der geringen Mächtigkeit des Wasserkörpers bis in die bodennahen Wasserschichten fort. Der Transport der Wassermassen in der oberflächennahen Schicht wird durch die Windschubkraft in Richtung des Windes und damit einhergehend in Richtung der Küstenlinie bestimmt. Dem Wasser, das an die Küsten herantransportiert wird, ist die Möglichkeit eines Fortschritts in horizontaler Richtung verwehrt, weshalb die Bewegungsenergie in eine vertikale Komponente transferiert wird. Daraus entsteht ein Anstieg des Wasserstands an der Küste (ANNUTSCH 1977), wie in Abbildung 9 a dargestellt. Die großräumige Betrachtung zeigt das Ansteigen des Wasserstands an der Küste als Teileffekt einer durch den Massentransport in der oberen Wasserschicht hervorgerufenen veränderten Lage des Wasserspiegels. Neben dem leeseitigen Hub des Wasserstands kommt es an der Luvseite des Wasserkörpers zu einer Absenkung. Es ist eine Kippung der Wasserspiegelachse eingetreten (GÖHREN 1968, EAK 2002). Das entstandene Wasserstandsgefälle bildet im Inneren des Wasserkörpers ein Druckgefälle aus. Gemäß den physikalischen Gesetzmäßigkeiten unterliegt auch dieses Druckungleichgewicht dem Bestreben einen Gleichgewichtszustand herzustellen. Auf Grund dessen entstehen Ausgleichsströmungen, die im Wasserkörper in Form von Rückströmungen in den bodennahen Schichten auftreten. Ist die der Rückströmung zur Verfügung stehende Wasserschicht zu gering, kann als Folge der auftretenden Bodenreibung nicht so viel Wasser zurückströmen, wie an der Oberfläche zugeführt wird und es kommt zu einer Erhöhung des Wasserstands an der Küste (ANNUTSCH 1977). Dieser Anstieg des Wasserstandes hat zur Folge, dass sich der Bewegungsimpuls aus der Windschubkraft weiter in die Tiefe fortpflanzen kann und dabei an Größe verliert. Auf Grund dieser Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit in den tieferen, bodennahen Wasserschichten können sich die Ausgleichsströmungen in entgegengesetzter Richtung stärker ausbilden. Der Einfluss der Bodenreibung, die dem Ausgleichsstrom entgegengesetzt ausgerichtet ist, nimmt umso weiter ab, je höher der Wasserstand steigt (Abb. 9 b). Daraufhin wird sich in kurzer Zeit ein Ausgleich des Druckgefälles einstellen können (Abb. 9 c). Die zunehmende Wassertiefe wirkt daher abschwächend auf den Windstaueffekt. Das Verhalten des Windstaus zu Zeiten unterschiedlich hoher Wasserstände kann durch Berücksichtigung der Bodenreibung im quadratischen Reibungsansatz erklärt werden. Unterschiedliche Autoren (z. B. TANG et al. 1996, PRANDLE & WOLF 1978) haben herausgestellt, dass die Bodenreibung ausschlaggebend für die Windstauentwicklung ist. Im Hinblick auf die Interaktion zwischen Tide und Windstau liefert die quadrierte Bodenreibungsformel in diesen Untersuchungen eine physikalische Begründung für die Annahme von nicht-linearen Effekten zwischen diesen beiden wasserstanderhöhenden Faktoren (TANG et al. 1996, PRANDLE & WOLF 1978). FLATHER (2001) verweist in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Abhängigkeit des Staus von der Änderung der Wassertiefe in Abhängigkeit der Zeit, die zusätzlich zur Zwischenbericht_TP1a_ doc -28- Oktober 2010

41 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Bodenreibung ein Abraten von einer linearen Überlagerung (Superposition) begründet. Abb. 9: Vorgang der Windstauentstehung bei mäßigem Windeinfluss zu unterschiedlichen Tidephasen (GERKENSMEIER 2009) Grundsätzlich kann daher festgehalten werden, dass ein fortschreitendes Aufstauen der Wassermassen an der Küste nur dann möglich ist, wenn die Windschubspannung in ihrer Größe ständig zunimmt. Für die Schrägstellung des Wasserspiegels wird daher umso mehr Energie benötigt, je höher der Wasserstand steigt (EAK 2002). Dieser steigende Energiebedarf kann nur über die eingebrachte Windschubspannung gedeckt werden, wobei angenommen wird, dass die Schubkraft mit dem Quadrat der Windgeschwindigkeit wächst (GÖHREN 1968). Daraus ist ebenfalls abzu- Zwischenbericht_TP1a_ doc -29- Oktober 2010

42 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau leiten, dass der Windstau in seiner Größe ungefähr proportional zum Quadrat der Windgeschwindigkeit ist (ANNUTSCH 1977, MÜLLER-NAVARRA & GIESE 1999). Da der Wasserstand den periodischen Schwankungen der Gezeiten unterliegt, beeinflussen diese Wasserstände zusätzlich die Ausgangsbedingungen für die beschriebene Bildung von Windstau an der Küste. Bei Niedrigwasser bildet sich eher ein Windstau aus, da auch bereits geringere Windgeschwindigkeiten in einer relativ niedrigen Wassersäule zur Staubildung ausreichen. Je höher der Wasserstand steigt, desto mehr Windenergie wird benötigt, um eine vorhandene Druckdifferenz im Wasserkörper aufrecht zu erhalten. 5.2 Windstauverhalten in Abhängigkeit zur Tidephase Der Windstau bildet als Erhöhung über dem vorausberechneten Wasserstand die wichtigste Kenngröße sowohl bei der ereignisspezifischen Sturmflutwarnung als auch bei der Berechnung möglicher schwerer Sturmfluten und Extremfluten. Für eine Bewertung der maximalen Windstaugröße muss zunächst eine durch diverse Arbeiten belegte Abhängigkeit der Windstauhöhe von der Phase der Gezeit betrachtet und bewertet werden (u.a. TOMCZAK 1952, SIEFERT 1998, GÖNNERT 2003). Es wird allgemein beobachtet, dass sich zu Niedrigwasserzeiten höhere Windstauwerte ausbilden als unter gleichbleibenden Bedingungen zu Hochwasserzeiten (HANSEN 1950). Die theoretischen Grundlagen der Abhängigkeit zwischen Windstauhöhe und Lage zur Tidephase bilden die physikalischen Gesetzmäßigkeiten der theoretischen Meereskunde (s. dazu auch Kap. 5.1). Wie im vorherigen Abschnitt bereits beschrieben, stellt die vertikale Komponente in Form der Wassertiefe eine entscheidende Größe bei der Windstauentwicklung dar. Die Arbeit von HANSEN (1950) gibt einen Überblick über die bei der Anwendung der hydrodynamischen Grundgleichungen auf ein eindimensionales Modell im Kanal ermittelten Windstauwerte für ausgewählte Tiefen, Schubspannung und Fetch (s. Tab. 4). Daraus geht sichtbar deutlich hervor, dass der Windstau in geringen Wassertiefen deutlich höher aufgestaut wird als in tieferen Bereichen. Zudem zeigt sich die deutliche Abhängigkeit der Windstauhöhe sowohl von der einwirkenden Windgeschwindigkeit als auch vom Fetch. TOMCZAK (1960) greift die theoretischen Überlegungen von HANSEN (1950) auf und belegt diese mit einem Vergleich zu Beobachtungsdaten. Dabei ermittelt er ein Verhältnis von Windstau bei Tnw : Windstau bei Thw für Cuxhaven von 5:4. Weiterhin konnte ermittelt werden, dass dieses Verhältnis stark durch die Morphologie des vorgelagerten Watts geprägt ist. Je nach Windrichtung des auflandigen Windes beeinflussen unterschiedliche Flächenanteile des Watts die darüber stattfindende Windstauentwicklung in unterschiedlich starker Weise (TOMCZAK 1960). Zwischenbericht_TP1a_ doc -30- Oktober 2010

43 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Tab. 4: Windstau in m in Abhängigkeit von Windgeschwindigkeit, Schubspannung, Fetch und Tiefe (modifiziert nach HANSEN 1950) Wassertiefe in m Windgeschwindigkeit in m/sec (Windschubspannung *10-4 im m²/sec²) 5 (0,1) 10 (0,3) 20 (1,3) 30 (2,9) 5 km Fetch (Länge des Kanals) Windstau in m 1 0,1 0,2 0,7 1, ,2 0, ,1 0, , , km Fetch (Länge des Kanals) 1 0,1 0,4 1,2 2, ,1 0,4 0, ,2 0, ,1 0, ,1 0, ,1 20 km Fetch (Länge des Kanals) 1 0,2 0,7 2 3, ,2 0,7 1, ,1 0,4 0, ,2 0, ,1 0, ,1 0,2 50 km Fetch (Länge des Kanals) 1 0,5 1,4 3,5 5,7 5 0,1 0,5 1,7 3,3 10 0,1 0,2 0, ,1 0,5 1, ,1 0,3 0, ,2 0,4 100 km Fetch (Länge des Kanals) 1 0,9 2,3 5,3 8,4 5 0,2 0,9 3 5,6 10 0,1 0,3 1,8 3,7 20 0,1 0,2 1 2, ,2 0,5 1, ,1 0,4 0,9 Zwischenbericht_TP1a_ doc -31- Oktober 2010

44 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Wie notwendig die Analyse des Windstaumaximums zur Tidephase ist, lässt sich anhand der Abbildung 10 zeigen. Sie stellt die Anzahl der Windstaumaxima am Pegel Cuxhaven in Relation zur Tidephase dar. Daran ist deutlich erkennbar, dass die größte Häufigkeit der Windstaumaxima im Bereich um Niedrigwasser bis zu 3 h nach Niedrigwasser vorliegt. Da die dazugehörigen Windstauhöhen dieser Sturmflutereignisse um Tnw oftmals große Höhen erreichen, müssen sie in der Betrachtung der maximalen Windstauhöhe über Tidehochwasser berücksichtigt werden. Abb. 10: Lage der Windstaumaxima in Relation zur Tidephase am Pegel Cuxhaven ( ) 5.3 Methodisches Vorgehen zur Untersuchung des Windstauverhaltens In der vorliegenden Untersuchung erfolgte eine Auswertung der Windstaudaten in Abhängigkeit der Windverhältnisse und der jeweiligen Tidephase unter Anwendung unterschiedlicher Methoden (s. Tab. 5). Dieser Untersuchung geht ein Vergleich der Windstaukurven sowohl auf Basis der mittleren als auch der astronomischen Windstaukurve voraus (s. auch Kap. 6.2). Dieser Schritt klärte, welche der beiden Tidekurven als Grundlage für die Berechnung des Windstaus in den nachfolgenden Untersuchungen notwendig ist. Dabei liegt der Fokus auf der möglichen Wirkung der astronomischen Ungleichheiten auf den Gesamtwasserstand. Die Ergebnisse der Untersuchung zum Verhältnis des Windstaus zu Tnw und Thw wird anschließend, unter Betrachtung bereits in der Literatur verzeichneter Untersuchungen, dargestellt. Abschließend erfolgt eine Anwendung dieser Erkenntnisse zur Konstruktion einer maximalen Windstaukurve. Sowohl für die Auswertung der Komponente Windstau als auch für die im anschließenden Kapitel Tide betrachteten Komponente Springti- Zwischenbericht_TP1a_ doc -32- Oktober 2010

45 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau deanteil ist es in den Untersuchungen gelungen, durch die Verwendung der zu Grunde gelegten astronomischen Tidekurve die deterministischen von den stochastischen Anteilen über den gesamten Sturmflutverlauf zu trennen. Für statistische Analysen ist diese saubere Trennung der beiden Anteile von Bedeutung, da der maximale Stauanteil, der zur Überlagerung verwendet wird, somit auch um Tnw gewählt werden kann. Tab. 5: Vorgehen zur Ermittlung der Zusammenhänge zwischen Windstau und Tide Methode Trennung des stochastischen vom deterministischen Prozess Abhängigkeiten zwischen Windeinfluss und Windstauentwicklung Numerische Modellierung Ziel: Analyse der Zusammenhänge zwischen Windstau und Tide Fragestellung Wie groß ist die Welche Grundlage Wie groß ist die pe- Abhängigkeit ist für die riodische Ungleich- zwischen Wind, Berechnung des heit bei Sturmfluten? Windstau und Windstaus von Wasserstand? Bedeutung? Wie groß ist der Anteil einer Windstauhöhe bei Thw, die bei Tnw aufgetreten ist? Wie groß ist der Anteil einer Windstauhöhe bei Thw, die bei Tnw aufgetreten ist? Welche Wirkung hat die astronomische Ungleichheit auf den Gesamtwasserstand? Wie groß ist die Wirkung der Springtide auf einen Sturmflutwasserstand? Vergleich von Windstaukurven auf Basis der mittleren und astronomischen Tidekurve Der Untersuchung der Interaktion zwischen Tide und Windstau soll auf Grund der umfassenden Datengrundlage zu Sturmflutereignissen seit 1901 durch GÖNNERT & SIEFERT (1995) und GÖNNERT & BUß (2009) zunächst eine vergleichende Untersuchung der beiden Sturmflutkollektive voraus gehen. Dabei wird ein Vergleich der Windstaukurven, die durch GÖNNERT & SIEFERT (1995) auf Basis der mittleren Tidekurve und durch GÖNNERT & BUß (2009) auf Grundlage der astronomischen Tidekurve berechnet wurden, vorgenommen. Die Fragestellung, ob sich die Verwendung der astronomischen Tidekurve und der darüber ermittelten Windstaukurve für weitere Untersuchungen, vor allen Dingen in Hinblick auf Wirkung der astronomischen Anteile an der Windstaubildung, anbietet, konnte daraufhin positiv beantwortet werden (GERKENSMEIER 2009). In der Gegenüberstellung der Verläufe der Windstaukurven für die einzelnen Sturmflutereignisse konnten Veränderungen sowohl innerhalb der Höhenwerte (auch der maximalen Windstauwerte) als auch Formveränderungen, besonders im Scheitelbereich, festgestellt werden. Im Einzelnen konnte beobachtet werden, dass tägliche Zwischenbericht_TP1a_ doc -33- Oktober 2010

46 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau und halbmonatliche Ungleichheiten vor allen Dingen zu Veränderungen der Windstauhöhen führen. Dabei überwiegen die Ereignisse, bei denen sich die Windstauwerte über die Berechnung mit der astronomischen Tidekurve erhöhen. Bei einem Zusammentreffen von stark ausgeprägten Spring- oder Nipptideereignissen mit einer Sturmflut konnte weiterhin eine veränderte Verlaufsform der Windstaukurven, hauptsächlich im Scheitelbereich, beobachtet werden. Grundsätzlich wurden zwischen der Form der mittleren und der astronomischen Tidekurve Unterschiede festgestellt, die sich in Formveränderungen der Windstaukurven niederschlagen. Zu erkennen sind diese Veränderungen in den Scheitelbereichen der astronomischen Windstaukurve, wobei zwei Phänomene beobachtet werden konnten: Zum einen tritt der Scheitel der astronomischen Windstaukurve im Vergleich der beiden Staukurven früher ein, zum anderen kann eine Ausdehnung des astronomischen Scheitelbereichs in Richtung des nächstgelegenen Niedrigwassers erkannt werden. Im Bereich niedriger Wasserstände (um Tnw) konnten unter Verwendung der astronomischen Tidekurve kleine Windstaupeaks zu dieser Tidephase erkannt werden, die in der mittleren Windstaukurve nicht erkennbar sind. Die häufig schlankere Form der astronomischen Tidekurve sowie die Wasserstandsschwankungen auf Grund der astronomischen Ungleichheiten, die in dieser Tidekurve in ihrer gesamten Ausprägung berücksichtigt werden, scheinen hier einen windstauerzeugenden Effekt zu offenbaren. Dieser ist nicht über die Windwirkung, sondern über die Tidephase zu erklären. Weiterhin zeigte ein grundsätzlicher Vergleich aller Windstaukurven mit den gemessenen Windverhältnissen, dass die Windstaukurve auf Grundlage der astronomischen Tidekurve die Windverhältnisse insgesamt besser abbildet als die Windstaukurve über die mittlere Tidekurve. Besonders in Fällen unterschiedlich verlaufender Tidekurven stellt der astronomische Windstau die Windverhältnisse eindeutig besser dar. Da es sich beim Einfluss des Windes um den wichtigsten stauerzeugenden Faktor handelt, sind die Beobachtungen zum Zusammenhang zwischen Windverhältnissen und Windstauentwicklung von großer Bedeutung (GERKENSMEIER 2009) Ergebnisse aus der Forschung zum Verhältnis des Windstaus zu Tideniedrig- und Tidehochwasser Die LÄNDERARBEITSGRUPPE (1988) betrachtet das Verhältnis zwischen Windstau zu Tnw und Thw im Zusammenhang mit der Ermittlung eines damals neuen Bemessungswasserstandes (2085A). Die Auswertung des auch in dieser Untersuchung vorliegende Kollektivs von 180 Sturmflutereignissen (beginnend ab 1901) über der mittleren Tidekurve bestätigt ebenfalls die bereits geschilderte Verteilung der Windstaumaxima und argumentiert übereinstimmend, dass auf Grund dieser Verteilung die Ereignisse zu Tnw in der Auswertung nicht vernachlässigt werden konnten. Zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Tide und Windstau wurden diejenigen Ereignisse detaillierter untersucht, die einen relativ konstanten Wind über mehrere Zwischenbericht_TP1a_ doc -34- Oktober 2010

47 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Tiden hinweg aufweisen. Es liegen für diese Grundbedingung nur relativ wenige (27) Sturmfluten vor, dennoch geben sie einen wichtigen ersten Anhalt. Daraus ermittelt die Länderarbeitsgruppe ein Verhältnis von Windstau über MThw zu Windstau über MTnw von 90 %. Es handelt sich hierbei um einen Rundungswert des maximalen Verhältnisses, da alle ungünstigen Übertragungen auf Hochwasserereignisse über diese Rundung erfasst werden sollten. Unterstützt wird das 90 %ige Verhältnis Windstau MThw : Windstau MTnw durch numerische Untersuchungen des Dänischen Hydraulischen Instituts aus dem Jahre 1983, deren Ergebnis eine maximale Windstauverschiebung am Ereignis vom darstellt. Über eine Phasenverschiebung des Windstaus (zu Tnw = 410 cm) konnten zu Thw noch 83 % (340 cm) der Ausgangshöhe nachgebildet werden (LÄNDERARBEITSGRUPPE 1988). Die Überprüfung des Bemessungswasserstandes 2085A sowohl im Jahr 1995/1996 durch SIEFERT (1998) als auch 2007 durch GÖNNERT et al. (2007) bestätigten das maximale Verhältnis des Windstaus MThw : Windstau MTnw von 90 %. Es wird, wie bereits 1988 geschehen, in beiden Überprüfungen darauf hingewiesen, dass sich in den verwendeten Windstauwerten zu Tnw mögliche Anteile aus Fernwellen, Schwingungen und weiteren Faktoren enthalten sein können (LÄNDERARBEITSGRUPPE 1988, SIEFERT 1998, GÖNNERT et al. 2003). In einer separaten Untersuchung werten SIEFERT & HAVNØ (1989) Sturmfluten zwischen 1901 und 1964 in Hinblick auf das Verhältnis Windstau MThw: Windstau MTnw aus und können anhand von 14 Ergebnissen eine Spannbreite des Verhältnisses von 63 % bis 83 % ermitteln (Mittelwert 73 %) Untersuchung der Abhängigkeit zwischen Windeinfluss und Windstauentwicklung Zielsetzung dieses Arbeitsschrittes ist es herauszuarbeiten, ob es eine Wasserstandshöhe oder Windgeschwindigkeit gibt, bei der der Wind bzw. die hydrodynamischen Kräfte größer werden als die Wirkung der astronomischen Anteile. Methodisches Vorgehen Zur verbesserten Analyse der Wirkzusammenhänge zwischen Wind und Windstauwirkung werden die beiden Windparameter Windgeschwindigkeit und Windrichtung auf das Maß des Effektivwindes umgerechnet. Dazu gilt es zunächst die stauwirksame Windrichtung für Cuxhaven zu ermitteln. Im historischen Verlauf der Sturmflutforschung konnte die maßgebende Windrichtung zur Generierung einer Sturmflut immer weiter eingegrenzt werden. Ermittelte SCHAUMANN (1857) noch einen Näherungswert in Form der Angabe der Windrichtung WNW, so wurde diese erst durch SIEFERT (1972) und anschließend durch ANNUTSCH (1977) bereits auf etwa 300 näher spezifiziert. Die Untersuchung von GÖNNERT (2003) konnte durch die Auswertung des großen Sturmflutkollektivs von detailliertere Werte ermitteln. Danach wird deutlich, dass sich die Windrichtung, die in Cuxhaven Sturmfluten unterschiedlich Zwischenbericht_TP1a_ doc -35- Oktober 2010

48 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau starker Ausprägung generiert, auf einen Bereich zwischen 220 und 350 eingrenzen lässt (s. Abbildung 11) Scheitelhöhe [cm] S SSW SW WSW W WNW NW NNW N Windrichtung [grad] Abb. 11: Kritische Windrichtung bei Sturmflutscheiteln in Cuxhaven seit 1900 (GÖNNERT 2003) Anhand der Verteilung der Sturmfluten nach ihrer kritischen Windrichtung zum Zeitpunkt des Windstauscheitels (Abb. 11) ergab die Extrahierung der schweren und sehr schweren Sturmfluten eine Einschränkung der kritischen Windrichtung auf westliche bis nordwestliche Winde im Bereich von 280 bis 310. Dieser Bereich stellt somit die für Cuxhaven wirksamste Windrichtung dar (GÖNNERT 2003). Im MUSE- Projekt wird zur Berechnung des Effektivwindes eine Windrichtung von 295 für Cuxhaven als die spezielle Windrichtung verwendet, die laut Auskunft des BSH in empirischen Studien als der Wert ermittelt [wird], bei dem die Windschubspannung in der Deutschen Bucht hinein kulminiert (JENSEN et al. 2005). Dieser Wert deckt sich mit dem Mittelwert der angegeben Spannbereite der stauwirksamsten Windrichtung nach GÖNNERT (2003). Aus diesem Grund wird die Berechnung des Effektivwindes sowohl an die Methodik zur Berechnung des Effektivwindes nach MUSE als auch an den dort ebenfalls verwendeten Wert der effektivsten Windrichtung von 295 angelehnt (JENSEN et al. 2005). Diese Umrechnung erfolgt unter Zuhilfenahme der folgenden Umformung: Effektivwind [m/s]= Windgeschwindigkeit [m/s] * cos (295 -Windrichtung[ ]). Für die hier angeführte Untersuchung wurden die Sturmflutereignisse (GÖNNERT & BUß 2009) nach ihren maximalen Windstauwerten aufgelistet. Um den Zusammenhang zwischen Wind und Windstauentwicklung möglichst genau untersuchen zu können, werden die Sturmflutereignisse auf das Vorhandensein eines möglichen Reststaus (rechnerische Wasserstandserhöhung oberhalb des durch Wind verursachten Staus, s. Kap. 7), verursacht durch eine Fernwelle, überprüft. Dazu wird so- Zwischenbericht_TP1a_ doc -36- Oktober 2010

49 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau wohl das Reststauverfahren nach ANNUTSCH (1995), als auch ein Abgleich mit den zu erwartenden Windstauwerten nach MÜLLER-NAVARRA & GIESE (1997) vorgenommen. Auf diesem Wege werden Ereignisse mit großen Reststauanteilen herausgefiltert. Desweiteren wurden Sturmflutereignisse vor 1930 auf Grund zu geringer Datenwerte für die Windverhältnisse ausgelassen. Daraus ergeben sich 34 Sturmflutereignisse, die in die Auswertung einbezogen wurden. Zur differenzierten Untersuchung wird die Tidekurve in jeweils 3 Bereiche im Flutund Ebbeast (um TNW, um THW und Bereich starker Steigung zwischen Niedrigund Hochwasserbereich) von jeweils ca. 2 Stunden unterteilt, wie in Abbildung 12 skizziert. Diese Einteilung erfolgte über die gesamte Windstaukurve eines Sturmflutverlaufs. Somit konnte jeder gemessene Windstauwert den Abschnitten I bis VI zugeordnet werden, wobei Abschnitt I und VI der Tidephase um Tnw, die Abschnitte III und IV der Tidephase um Thw und die Abschnitte II und V dem Bereich des erhöhten Anstiegs im Flut- und Ebbeast entsprechen. Gleichzeitig wurde der Windstauwert dem zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Effektivwind zugeordnet. Abb. 12: Einteilung der idealisierten Tidekurve in sechs Abschnitte Diese Einteilung bietet die Möglichkeit einer differenzierteren Betrachtung der Zusammenhänge zwischen Wasserstand, Größe des Windes und der Höhe des Windstaus zum Zeitpunkt unterschiedlicher Tidephasen. Abhängigkeit zwischen Windstau und Wasserstand Zur Schaffung einer gesicherten Ausgangslage für die Betrachtung der Wirkungszusammenhänge die bei der Windstauentwicklung eine Rolle spielen, soll überprüft werden, ob der Wasserstand, wie anzunehmen ist, als Bezugsgröße verwendet werden kann. Hierzu wird der Wind in Klassen von 5 m/s-schritten eingeteilt. Zu Beginn wurden die erfassten Größen Wasserstand, Effektivwind und astronomische Tidekurve jeweils mit dem entsprechenden Windstauereignis in einem Diagramm aufgetragen. Durch die direkte Gegenüberstellung von astronomischer Tidekurve und Windstauhöhe konnte ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen diesen beiden Größen ausgeschlossen werden. Vielmehr wurde durch die Gegenüberstellung von Zwischenbericht_TP1a_ doc -37- Oktober 2010

50 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Wasserstand und Windstau deutlich, dass der gesamte beobachtete Wasserstand (der somit die astronomischen Anteile enthält) für die Untersuchung der Interaktion zwischen Tide und Windstau mit dem Windstau ins Verhältnis gesetzt werden muss. Wie zu erwarten war, zeigten sich ebenfalls deutliche Abhängigkeiten zwischen der Effektivwindgröße und der Windstauhöhe, wobei hohe Windgeschwindigkeiten grundsätzlich höhere Windstauwerte produzieren als niedrigere Windgeschwindigkeiten. Weiterhin zeigen sich auffällig hohe Windstauwerte auch bei geringeren Windgeschwindigkeiten zum Zeitpunkt um Tideniedrigwasser. Relativ zur Windgeschwindigkeit erreichen sie um Niedrigwasser höhere Werte als um Hochwasser (vgl. Kap ). Diese Beobachtung unterstreicht die Rolle der Tidephase für die Windstauausprägung, da zum Zeitpunkt des Tidehochwassers der Tidenhub von 3 m die Staubildung beeinflusst. Der direkte Zusammenhang zwischen Windstau und Wasserstand zeigt sich am deutlichsten unter der Verwendung der Windstauhöhen und der Wasserstandswerte zum selben Messzeitpunkt. Erkennbar ist, dass der Wasserstand unmittelbar von der Windstauhöhe abhängig ist. Abbildung 13 veranschaulicht die beschriebenen Beobachtungen. Auf der x-achse ist hier der Wasserstand und auf der y-achse der Windstau dargestellt. Farbig markiert ist die Windgeschwindigkeit in Schrittweiten von 5 m/s. Abb. 13: Abhängigkeit der Windstauhöhe von eingehender Wasserstandshöhe und Effektivwindgröße Abhängigkeit der Windstauhöhe von Tidebedingungen und Wind Die in der statistischen Auswertung aufgezeigten eng beieinander liegenden Korrelationskoeffizienten der mittleren und astronomischen Tidekurve bei schweren und sehr schweren Sturmfluten haben gezeigt, dass der Einfluss der periodischen Ungleichheiten auf die Windstauhöhe zu Zeiten schwerer Ereignisse nur in geringem Maße vorhanden zu sein scheint. Diese Beobachtung gilt es konkreter zu analysieren. Es stellt sich dabei die Frage, ob die Wirkung der astronomischen Ungleichheiten im Zusammenhang mit sich verändernden Wasserstandshöhen variiert. Die Un- Zwischenbericht_TP1a_ doc -38- Oktober 2010

51 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau tersuchung der relevanten Windstau verursachenden Größen erfordert die Einbeziehung des Einflusses des Windes. Eine differenzierte Beobachtung der Abhängigkeit zwischen der Größe des Effektivwindes und der entsprechenden Windstauhöhe unter Berücksichtigung des Wasserstandes wird anhand von Gruppierungen ähnlicher Windgeschwindigkeiten vorgenommen. Dabei werden Abschnitte mit Klassen von jeweils 5 m/s betrachtet, beginnend bei 0-5 m/s Effektivwind bis m/s und in einer abschließenden Klasse > 30 m/s. Die Größe der Kreise bildet die Windgeschwindigkeitsunterschiede innerhalb der Klassen ab. Das bedeutet, dass die kleinen Kreise die niedrige Windgeschwindigkeit der Klasse abbilden und die großen Kreise die höheren Windgeschwindigkeiten der jeweiligen Klasse (s. Abb. 14). Dazwischen liegen nach Größen abgestuft die weiterhin in dieser Klasse vorhandenen Windgeschwindigkeiten. Innerhalb der Abschnitte mit den Windgeschwindigkeiten 0-5 m/s und 5-10 m/s zeigt sich eine deutliche Abhängigkeit der Windstauhöhe vom vorherrschenden Wasserstand. Trotz recht geringer Windgeschwindigkeiten werden in der Klasse von 5-10 m/s bei Tnw am abfallenden Tideast Windstauhöhen von maximal 305 cm erreicht. Bei Hochwasser dagegen werden Windstauhöhen von maximal 165 cm beobachtet (dies entspricht einem Verhältnis Windstau (Thw) : Windstau (Tnw) von 54 %). Diese geringen Windgeschwindigkeiten reichen nicht aus, um den bei geringen Wasserständen um Tideniedrigwasser (Tnw) produzierten Windstau auch bei steigenden Wasserständen bis hin zum Tidehochwasser (Thw) aufrecht zu erhalten. Während der hohen Wasserstände zu Hochwasserzeiten wirkt sich der verstärkt auftretende Rückströmungseffekt im bodennahen Bereich des Wasserkörpers limitierend auf die Windstauhöhe aus. Bei dieser Betrachtung muss aber berücksichtigt werden, dass es sich hierbei um die Analyse der höchsten Windstauwerte handelt. Werden alle Untersuchungswerte betrachtet, liegen die Windstauwerte um Tnw (Mittelwert: 115 cm) und um Thw (Mittelwert: 101 cm) etwa auf gleicher Höhe. Für den Extremfall ist demzufolge der niedrigere Wasserstand der Tide als Ausschlag gebende Größe der hohen Windstauausbildung bei geringen Windgeschwindigkeiten verantwortlich. Solche Sturmfluten, die durch tidebedingten Windstau entstehen, werden auch als Passiver Windstau (BREMER & GÖNNERT 2009) bezeichnet (Windstau, bei dem der vom Wind abgegebene Impuls auf die Windstauwelle zu gering ist, als dass er sich elbaufwärts erhöhend entwickeln kann ; BREMER & GÖNNERT 2009). Zwischenbericht_TP1a_ doc -39- Oktober 2010

52 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Abb. 14: Wasserstand-Windstau-Verhältnis zu Effektivwindgeschwindigkeiten bei 5-10 m/s, m/s, m/s und m/s Zwischenbericht_TP1a_ doc -40- Oktober 2010

53 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Ab einer Windgeschwindigkeit von m/s verstärkt sich der Einfluss des Windes auf den Staubildungsprozess. Die ausgewerteten Daten zeigen deutlich, dass die Wirkung des exponentiellen Zusammenhangs zwischen Effektivwind und Windstau zunimmt (vgl. Abb. 14). Das heißt mit zunehmender Windgeschwindigkeit steigt die Abhängigkeit der beiden Größen voneinander. Allerdings liegen diese Windgeschwindigkeiten noch im unteren Geschwindigkeitsbereich bei dem überhaupt Sturmfluten entstehen können, so dass zur Genese eines hohen Windstaus noch die Tidephase bzw. der Ausgangswasserstand eine Rolle spielt. Infolgedessen zeigt sich bei der Untersuchung der Datensätze bis zu einer Größe von m/s Effektivwind eine Konzentrierung der höheren Windstauwerte um Tnw in den Tideabschnitten I und VI. Die geringen Windgeschwindigkeiten reichen nur zur Ausbildung von hohen Windstauwerten zu Tnw, nicht aber zu Thw aus. So erreicht um Tnw der Windstau eine Höhe von bis zu knapp 4 m (maximaler Beobachtungswert 385 cm), um Thw nur knapp 240 cm (maximaler Beobachtungswert), so dass bei Hochwasser 62 % der Windstauhöhen wie bei Niedrigwasser erreicht werden. Mit den steigenden Windgeschwindigkeiten im Bereich zwischen 15 und 20 m/s nimmt die Wirkung des Windes auf die Windstaubildung weiter deutlich zu gegenüber der Wirkung des Tidewasserstandes. Die Differenz zwischen den Windstaumaxima bei Tnw und bei Thw verkleinert sich deutlich, sie liegt für Thw nach Auswertung der maximalen Beobachtungswerte bei 78 % der Höhe um Tnw, d.h. der Stau reduziert sich bei Tidehochwasser nur noch um rund 20 %. Unterstrichen wird die zunehmende Wirkung des Windes auf den resultierenden Wasserstand unter Hinzuziehen der Windstauwerte im Bereich m/s. Dort erreichen die maximalen Beobachtungswerte des Windstaus zu Tnw 85 % zu Thw. Trotz der zunehmenden windstauerzeugenden Kraft des Windes ist in allen drei Abschnitten der Abbildung 14 eine Verteilung der Windstauwerte um Tnw und Thw erkennbar, was die Wirkung von Tide und Wasserstandsänderung durch die Astronomie deutlich erkennen lässt. Somit sind hier zwei Kernaussagen möglich. Zum einen, dass aufgrund der erhöhten Windgeschwindigkeit die Wirkung des Windes trotz zunehmender Rückströmung zunimmt. Zum anderen sind die Wirkung der Tidephase und der Hydrodynamik noch erkennbar, da bei Hochwasser nicht 100 % der Höhe bei Niedrigwasser erreicht wird. Die beobachtete Grenze zwischen den dominierenden Größen Tide und Wind innerhalb des Windstaubildungsprozesses liegt bei ca. 15 bis 20 m/s. Maßgeblicher Einfluss auf die Windstaubildung im Bereich geringer Windgeschwindigkeiten (<15 m/s) wird durch die Tidephase (Wasserstandshöhe) ausgeübt, wobei die Ausbildung von hohen Windstauwerten zu Thw unterbunden wird. Der dominierende Einfluss des Windes tritt ab einer Größe von >15 m/s in Erscheinung, wobei die zuvor limitierende Rückströmung im bodennahen Bereich des Wasserkörpers durch den verstärkte Windschub bis zu einem bestimmten Wasserstands-Windgeschwindigkeitsverhältnis abgeschwächt werden kann. Ein solches Ergebnis stellt auch der von BREMER & GÖNNERT (2009) beschriebene passive Windstau dar. Dort wird die Grenze des passiven Windstaus deutlich unter 20 m/s festgestellt. Werden nicht allein die Maxima verwendet sondern die 10 höchsten und die 20 höchsten Windstauwerte Zwischenbericht_TP1a_ doc -41- Oktober 2010

54 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau gemittelt und anschließend die Werte bei Tnw mit denen bei Thw verglichen, zeigt sich auch hier, dass eine klare Zunahme der Windwirkung bei Thw mit Ansteigen der Windgeschwindigkeit vorliegt. Allerdings ist die Wirkung nicht mehr so eindeutig. Je mehr Werte hinzugezogen werden, desto stärker verändern sich diese Angaben vor allen Dingen im Bereich der niedrigen Windgeschwindigkeiten. Abb. 15: Anteil des Windstaus zu THW am Windstau zu TNW Abbildung 15 zeigt eine Gegenüberstellung der Anteile des Windstaus zu Thw am Windstauwert zu Tnw unter Verwendung unterschiedlicher Wertegruppen (Einzelwerte (höchster Wert), 10 höchsten Beobachtungswerte, 20 höchsten Beobachtungswerte, Mittelwert aller Beobachtungswerte). Auffällig erscheinen die Abschnitte 5-10 und m/s innerhalb derer sich der Anteil des Windstaus zu Thw am Stau zu Tnw stark erhöhen, je mehr Werte zur Berechnung des Verhältnisses verwendet werden. Zu begründen ist dies vor allen Dingen durch die relativ geringe Zahl der vorliegenden Werte im Vergleich zu den Klassen m/s und m/s, wodurch die Höhenzuordnung mehrdeutig wird und die nicht vergleichbaren, sehr niedrigen Werte stärkeren Einfluss auf die Ermittlung nehmen. Bei einer Mittelung einer größeren auszuwertenden Datenmenge (Mittelwert der gesamten Beobachtungswerte) kann davon ausgegangen werden, dass man sich einer realistischen Betrachtung der Veränderungen der Windstauhöhen von Niedrigwasser zu Hochwasser bereits stark annähert. Auf Grundlage der Fragestellung nach möglichen, hohen Bedingungen bei Stauereignissen wird im Folgenden eine Verwendung der Angaben auf Grundlage der Extremwerte (schwarze Säule) als beste Annäherung an die tatsächlichen Gegebenheiten verwendet. Die dargestellten prozentualen Anteile der Windstauhöhen von Thw zu Thw über die Mittelwertebildung der Beobachtungsdaten (graue Säulen) Zwischenbericht_TP1a_ doc -42- Oktober 2010

55 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau zeigt eine starke Zunahme des Verhältnisses Windstau (Thw) : Windstau (Tnw) ab Windgeschwindigkeiten über 20 m/s. Bei einer Verschiebung des Windstaus von Niedrigwasser zu Hochwasser muss demzufolge davon ausgegangen werden, dass bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 20 m/s 80 % des Windstaus bei Niedrigwasser auch bei Hochwasser auftreten werden. Diese Ergebnisse entsprechen jenen von SIEFERT (1998), der bei einer Verschiebung von Tnw zu Thw von % ausgeht, sowie den Ergebnissen der numerischen Modellierung (s. Kap ). Zudem kann davon ausgegangen werden, dass alle anderen Faktoren mit Zunahme des Windeinflusses an Wirkung abnehmen, so auch die Anteile der astronomischen Ungleichheiten. Die Zunahme der Wirkung des Parameters Wind auf die Windstaubildung bei zunehmender Windstärke und die damit verbundene Abnahme der Wirkungskraft anderer Faktoren ist ebenfalls in empirischen Untersuchungen von MÜL- LER-NAVARRA et al. (2003) zu erkennen. Abbildung 16 zeigt den Windstau in Cuxhaven zu Thw bei stauwirksamer Windrichtung von 295. An der exponentiellen Zunahme der Verlaufskurve wird deutlich, wie stark die stauwirksame Leistung des Windes mit zunehmender Windstärke ansteigt. Ebenfalls sind relativ geringe windinduzierte Stauwerte im Bereich niedriger Windgeschwindigkeiten zu erwarten. Diese Ergebnisse unterstützen die hier beschriebenen Beobachtungen, dass hohe beobachtete Windstauwerte zu Tnw neben dem Wind noch durch andere, anteilig stärker wirkende windstaubildende Faktoren zu erklären ist. Abb. 16: Windstau in Cuxhaven zur Hochwasserzeit bei stauwirksamer Richtung (295 ), nach MÜLLER- NAVARRA et al. (2003), modifiziert Zwischenbericht_TP1a_ doc -43- Oktober 2010

56 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Die Untersuchungen von GÖNNERT (2003) gehen davon aus, dass es ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit in Relation zum Wasserstand eine Windstauhöhe gibt, bei der sich ein Gleichgewicht zwischen Windschub zur Küste und Rückströmung auf dem Meeresgrund einstellt. In diesem Fall wird sich der exponentielle Anstieg deutlich abschwächen und nur mehr vermutlich asymptotisch ansteigen. Aus der Untersuchung (GÖNNERT 2003) geht hervor, dass eine solche Grenze bei etwa 450 cm Windstau für den Pegel Cuxhaven liegen könnte. Zusammenfassung: Die Auswertung des Zusammenhangs zwischen Windgeschwindigkeit, Windstau und Tidephase ergaben die folgenden Erkenntnisse: Es ist bei jeder Windgeschwindigkeit und bei jeder Tidephase noch eine Tidewirkung erkennbar, da eine deutliche Gruppierung der Windstaumaxima nach Tidephasen bei allen Windgeschwindigkeiten vorliegt. Mit ansteigender Windgeschwindigkeit nimmt die Wirkung des Windes zu und die Wirkung sowohl der astronomische Ungleichheit als auch der Tidephase nimmt ab: m/s: 62 % Windstau bei Thw (im Mittel 79 %) m/s: 78 % Windstau bei Thw (im Mittel 78 %) m/s: 85 % Windstau bei Thw (im Mittel 86 %) Bei einer Verschiebung des Windstaus von Niedrigwasser zu Hochwasser muss demzufolge davon ausgegangen werden, dass bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 20 m/s etwa 80 % des Windstaus bei Niedrigwasser auch bei Hochwasser auftreten werden. Dieser Trend ist sowohl über die Ermittlung des Verhältnisses Windstau (Thw) : Windstau (Tnw) anhand der höchsten beobachteten Werte zu erkennen, als auch an der Zunahme des Verhältnisses berechnet über den Mittelwert der gesamten Beobachtungsdaten. Diese Ergebnisse entsprechen den Ergebnissen weiterer empirischer Untersuchungen von SIEFERT (1998) und denen der numerischen Untersuchung von MAYERLE et al. (2010). Gleichzeitig nimmt die Wirkung aller anderen Faktoren wie auch der periodischen Ungleichheit mit zunehmender Windwirkung ab. 5.4 Maximaler Windstau zur Konstruktion der Extremflut Die Konstruktion eines maximal möglichen Windstaus zur Ermittlung einer Extremflut erfolgt über die Einbeziehung der voranstehenden Ergebnisse unterschiedlicher Untersuchungsansätze. Zwischenbericht_TP1a_ doc -44- Oktober 2010

57 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Ausgehend vom Kollektiv der Sturmflutereignisse ab 1901 über mittleren Tideverhältnissen (SIEFERT & GÖNNERT 1995, erweitert) beträgt der höchste beobachtete Windstau 430 cm ( ). Dieser Stau trat gemäß den in Kapitel 5.2 beschriebenen Beobachtungen zu Tnw auf. Die Anwendung der Ergebnisse der empirischen Untersuchungen (v.a. SIEFERT 1998, SIEFERT & HAVNØ 1989), wonach ein Verhältnis zwischen Windstau zu Thw zu Windstau zu Tnw von % vorliegt, ergibt einen maximalen Stau zu Thw von 385 cm (s. (1)). Empirische Berechnung: Windstau bei gleichbleibendem Wind W(Mthw): W(MTnw) = % W(Mtnw) max = 430 cm (1) W(Mthw) ber = cm Numerische Berechnung: Windstau bei gleichbleibendem Wind W(MThw):W(Mtnw) 1967 = 75 % (2) W(Mthw) ber = 320 cm Ein Abgleich mit den Ergebnissen der numerischen Modellierung (MAYERLE 2010) zeigt, dass bei der Modulation des Windstaus der Sturmflut vom bei einer Verschiebung von Tnw zu Thw nur eine Windstauhöhe von 320 cm erreicht werden konnte, was einem maximalen Verhältnis von Windstau (Thw) : Windstau (Tnw) von 75 % entspricht (s. (2)). Bei der Betrachtung der Beobachtungsdaten für die Sturmflut vom ergibt sich ein zusätzlicher Einwand gegen die Verwendung dieser Windstauwerte. Die meteorologischen Bedingungen zu diesem Ereignis beschreiben zur Mittagszeit des ein starkes Eindrehen des Windes, wobei die Effektivwindgeschwindigkeit innerhalb von 3 Stunden um 13 m/s von 13 auf 26,5 m/s zunimmt. Diese Windgeschwindigkeiten können jedoch nur über 3 Stunden gehalten werden und beginnen zeitgleich mit dem Ansteigen des Flutastes wieder auf 23 m/s abzusinken. Anhand der in Kapitel beschriebenen Ergebnisse der Auswertung zur anteiligen Wirkung des Windstaus zu Thw am Wert zu Tnw ist bei einem Wind von m/s eine Verschiebung des Windstaus von Tnw zu Thw von ca. 85 % zu erwarten. Bei einem maximalen Windstauwert von 430 zu Tnw ist demnach bei Thw eine Windstauhöhe von 365 cm zu erwarten. Sowohl der nach der Berechnung von 85 % Windstauverschiebung von Tnw zu Thw als empirisches Ergebnis als auch unter Berücksichtigung der numerischen Ergebnisse wird der beobachtete maximale Windstauwert (1967) soweit verringert, dass er unterhalb der höchsten zu Thw gemessenen Windstauwerte liegt. Die Verwendung dieses Wertes muss daher abgelehnt werden, da er unterhalb der höchsten beobachteten Werte zu Thw liegt und somit dem Anspruch, die maximale Windstaugröße darzustellen, nicht gerecht werden kann. Auf Grund dieser Erkenntnis werden die nachfolgend zu Tnw eingetretenen höchsten Windstauereignisse geprüft. Innerhalb dieser Prüfung wurde festgestellt, dass sich der Verlauf dieser hohen Windstauereignisse sehr ähnlich zu den Windstauverhält- Zwischenbericht_TP1a_ doc -45- Oktober 2010

58 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau nissen vom verhält. Auch die numerische Modellierung (zur Beschreibung der Modellierung siehe Kap ) zeigt anhand der dort untersuchten Beispiele, dass der Sturmflutverlauf einen deutlichen Einfluss auf die Variation des Windstaus mit der Tide hat (MAYERLE 2010). Daher ist davon auszugehen, dass auch diese Windstauereignisse über eine Verschiebung zu Thw nur ca. 75 % (MAYERLE 2010) bis 85 % (Ergebnis der vorliegenden Untersuchung) auf Grund ihrer starken Ähnlichkeit in der Verlaufsform erreichen werden. Es gilt daher, diese Ereignisse ebenfalls nicht für die Bestimmung des maximalen Windstaus zu verwenden. Auf Grund dieser Erkenntnis werden im nachfolgenden Schritt die maximalen, nach der Verschiebung der Windstauwerte von Tnw zu Thw höchsten Windstauwerte des Kollektivs zu Thw einer Prüfung unterzogen. Das höchste Ereignis liegt in diesem Fall am 16./ mit einem Windstaumaximum von 375 cm vor. Eine detaillierte Prüfung dieses Ereignisses unter Einbeziehung anderer Arbeiten zu diesem Sturmflutereignis (u.a. JENSEN et al. 2005, KOOPMANN 1962b, MÜLLER-NAVARRA et al. 2006) konnte belegen, dass zum Zeitpunkt der Sturmflut ein Fernwelleneinfluss von ca. 80 cm (LAUCHT 1968) bis 90 cm (Schwallerhöhung nach KOOPMANN 1962b) im Windstau enthalten war. Der nachweisbare hohe Fernwellenanteil im Windstau ist ein negatives Kriterium, um diesen Windstau innerhalb der Konstruktion einer Extremflut zu verwenden. Da die Windstaukomponente bei der nicht-linearen Überlagerung der Komponenten der Extremflut mit einer Fernwellenkomponente überlagert wird, darf der Windstau in seiner Ausgangsgröße keine Fernwellenanteile enthalten, um das Ergebnis nicht zu verzerren. Der Ausschluss des Windstaumaximums vom 16./ führt zur Betrachtung des zweithöchsten beobachteten Windstauwertes zu Thw, der am auftrat. Auch dieses Ergebnis wurde in Hinblick auf seine mögliche Verwendung geprüft. Die Sturmflut von 1976 stellt über die Betrachtung des Scheitelwasserstandes die höchste beobachtete Sturmflut dar (PN + 10,10 m) was dem Windstaumaximum von 415 cm (zu Tnw) entspricht; zu Thw betrug die Windstauhöhe noch 370 cm. In einem ersten Schritt wird die Sturmflut auf einen möglichen Einfluss durch eine Fernwelle untersucht. Über die Betrachtung der Zugbahn des sturmflutauslösenden Tiefdruckgebietes kann festgestellt werden, dass der Verlauf der Zugbahn des Tiefs keiner klassischen fernwellenerzeugenden Situation entspricht. Der beobachtete Verlauf liegt relativ weit südlich und verläuft über die Landmasse Großbritanniens, so dass keine Fernwelle gebildet werden kann. Diese Argumentation wird durch die MUSE- Ergebnisse gestützt. Dort wird festgestellt, dass Sturmfluten des Zirkulartyps (u.a ) einer wesentlich geringeren Wahrscheinlichkeit unterliegen, mit einer Fernwelle zusammenzutreffen. Für die Sturmflut am wurde keine Fernwelle festgestellt (JENSEN et al. 2005). Die Prüfung bezüglich möglicher Fernwelleneinwirkung bestätigt die Verwendbarkeit der 1976er Sturmflut. Im anschließenden Schritt wird die Komponente Windstau eingehend betrachtet und geprüft. Es handelt sich um den höchsten Windstauwert zu Thw, nach Ausschluss der Sturmflut 1962 (auf Grund von Fernwelleneinfluss). Zwischenbericht_TP1a_ doc -46- Oktober 2010

59 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Weiterhin ist die Sturmflut vom in ihrem Verlauf durch einen besonderen Charakter gekennzeichnet. Das Zusammentreffen von ablaufendem Wasser gleichzeitig mit sich schnell in Richtung maximaler Effektivwindgröße ändernden Windverhältnissen bewirkt einen sehr hohen Windstau. Der steile Anstieg auf Grund kurzeitiger starker Zunahme des Effektivwindes produziert einen hohen Windstauwert zu Tnw. Der verlängerte Scheitel begünstigt bei annähernd gleichbleibenden hohen Windgeschwindigkeiten ein Verschieben des hohen Windstaus von Tnw zu Thw mit einem Verhältnis von 90 %. Die relativ langsam abfallenden Windgeschwindigkeiten bilden einen langgezogenen Abfall der Windstaukurve aus. Somit wird zum einen der hohe Windstauwert von Tnw bis Thw beibehalten. Zum anderen unterbindet ein langer Abfall ein schnelles Abfließen der angestauten Wassermassen und verlängert daher die Dauer der erhöhten Wasserstände (s. auch GÖNNERT 2003). Die dann relativ langanhaltend große Höhe des Windstaus auf Grund der langanhaltend hohen Windgeschwindigkeiten produziert auch bei Thw einen hohen Windstauwert. Nach Ausschluss der Sturmflut 1967 und den nächsthöheren Sturmfluten mit hohen Windstaumaxima zu Tnw stellt der beobachtete Windstauwert der Sturmflut 1976 zu Tnw ebenfalls den höchsten auszuwertenden Windstauwert zu Tnw dar. Die Auswertung der beiden erreichten Windstauwerte zeigt, dass eine Verschiebung des Windstaus (Tnw) zum Windstau (Thw) mit annähernd 90 % erfolgt ist (s. (3)). Damit kann die Annahme eines Verhältnisses von Windstau (MThw) : Windstau (MTnw) = % bei hohen Windgeschwindigkeiten (>20 m/s), die in dieser Untersuchung festgestellt wurde, in Bezug auf die obere Grenze belegt und daher als verwendbar angenommen werden. Sturmflut : Windstau bei gleichbleibendem Wind W(Tnw) beo = 415 cm W(Thw) beo = 370 cm W(Tnw):W(Thw) = 90 % (3) W(Thw) max = 373 cm W(Tnw) beo = 370 cm W(Tnw):W(Thw) beo = 89 % Sowohl die hohen Windstauwerte zu Tnw und Thw, die eine Verschiebung von Tnw zu Thw von annähernd 90 % der Windstauhöhe belegen, als auch die charakteristische Form des Verlaufes für eine potentielle maximale Flut oder Extremflut (s. GÖN- NERT 2003) zeichnen die 1976er Sturmflut sowohl für die Bestimmung einer maximalen Windstaukurve als auch für eine abschließende Konstruktion einer Extremflut aus. Unter Verwendung dieser Werte werden die momentan möglichen Windstauhöhen anhand einer der bisher beobachteten, höchsten Windstauhöhen sehr gut berücksichtigt. Ein Vergleich mit den Ergebnissen des MUSE-Projekts (JENSEN et al. 2005) zeigt, dass die dortige Modellierung verschiedener hoher Sturmflutwasserstände die höchsten Werte ebenfalls bei der Modellierung der 1976er Sturmflut erreichte. Zwischenbericht_TP1a_ doc -47- Oktober 2010

60 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau Diese Parallelen zeigen, dass die ausgewählten beobachteten Windstauwerte der Sturmflut 1976 zur Berechnung einer Extremflut in enger Beziehung zu möglichen, zum jetzigen Zeitpunkt nur modellierter Windstauwerte stehen. Es wird damit deutlich, dass Charakter und Höhe der gewählten Sturmflut zu jenen gehört, die maximale Werte bewirkt. Dabei liegt der in dieser Untersuchung verwendete, eingetretene maximale Windstauwert deutlich unterhalb der Windstauhöhen aus dem MUSE- Projekt. Dies entspricht der Zielsetzung dieser Untersuchung, da keine modellierten, sondern bislang eingetretene Faktoren von Bedeutung sind. Dabei gilt dennoch, die modellierten extremen Sturmfluten zu berücksichtigen und zu diskutieren. Unter Berücksichtigung der hydrodynamischen Gesetzmäßigkeiten ist die gewählte Windstauhöhe von 370 cm im Kontext zu weiterer Untersuchungen ebenfalls zu belegen. In der Arbeit von GÖNNERT (2003) wird postuliert, dass es Maximalwerte gibt, bei denen sich ein Gleichgewichtszustand zwischen vor der Küste aufgestautem Wasserstand und bodennaher Rückströmung einstellt. Ab diesem Gleichgewichtszustand steigt der Wasserstand im Verhältnis zur Windgeschwindigkeit nicht mehr exponentiell bzw. etwa im Quadrat der Windgeschwindigkeit an, sondern deutlich langsamer. In der genannten Arbeit wird eine Windstaugröße von etwa 450 cm bei Hochwasser angenommen. Da diese Größenordnung derzeit noch nicht erreicht wurde und bei Modellsimulationen zur Erzeugung eines solchen Zustandes zudem Windgeschwindigkeiten von mehr als 30 m/s angenommen werden müssen, bei denen im numerischen Modell Probleme mit dem Windschubspannungskoeffizienten entstehen, kann eine solche Windstauhöhe zur Zeit noch nicht nachgewiesen werden. Dennoch gilt, unabhängig von einer Zahl, dass es eine solche Wasserstandshöhe geben muss. Eine Windstauhöhe von 370 cm, deren Generierung bei Windgeschwindigkeiten unter 30 m/s entsteht, liegt nach dieser Untersuchung deutlich im Bereich der unter Berücksichtigung der Hydrodynamik nachweisbaren und belegten Windstauhöhen. Zusammenfassung Zur Erfassung der bisher höchsten durch Wind verursachten Staueffekte wird für ein Kollektiv von rund 250 Sturmfluten jeweils die Windstaukurve über den gesamten Sturmflutverlauf berechnet. Die Berechnung der Windstaukurve erfolgt sowohl über die Differenz zwischen Wasserstand und mittlerer Tidekurve als auch als Differenz zwischen dem Wasserstand und der astronomischen Tidekurve. Über den daraus möglichen Vergleich der Windstaukurven wird die Auswirkung der astronomischen Ungleichheiten auf den Windstau im Gegensatz zu den mittleren Verhältnissen untersucht. Für die separate Überlagerung wird der daraus ermittelte astronomische Effekt einer Springtideerhöhung wie alle anderen Einzelfaktoren auf die mittlere Tidekurve bezogen. Damit kann für jede Sturmflut ein maximaler Windstauwert unabhängig von der Tidephase berechnet werden. Das Vorgehen zur Ermittlung des höchsten bisher eingetretenen Windstaus wird in Tabelle 6 zusammengefasst. Die höchsten beobachteten Windstauwerte treten um Niedrigwasser auf. Vom Grundsatz gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Ti- Zwischenbericht_TP1a_ doc -48- Oktober 2010

61 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 5 Windstau dephase und dem vorherrschenden Wind. Infolgedessen kann die maximale Energieeinwirkung des Windes auch zu anderen Tidephasen wie um Tidehochwasser erwartet werden. Tab. 6: Ergebnisse des Vorgehens zur Ermittlung des maßgebenden Windstaus Vorgehensweise Ergebnisse Anwendung Windstau Betrachtung der Stauereignisse zu Tnw Bisher beobachtete Stauereignisse zu Tnw werden bei Verschiebung zu Thw niedriger als die höchsten zu Thw beobachteten Stauwerte 430 cm höchster beobachteter Windstau zu Tnw ( ) Reduzierung des Windstaus von Tnw zu Thw Bei Verschiebung zu Thw werden % des Staus zu Tnw erreicht; entscheidend ist dabei die direkte Abhängigkeit zur Windgeschwindigkeit (und -richtung) Beobachtete Windstauverschiebung von Tnw zu Thw: m/s: 62 %, m/s: 78 %, m/s: 85 % Prüfung der Ereignisse zu Tnw Prüfung der Ereignisse zu Thw Empirisch: 360 cm zu Thw Numerisch: cm zu Thw (DHI zitiert nach SIEFERT & HAVNØ 1989 und MAYERLE et al. 2010) Empirisch Ereignisse vom (und Ereignisse mit sehr ähnlicher Verlaufsform) sind auszuschließen, da sie geringer ausfallen als der höchste beobachtete Windstauwert zu Thw (= 370 cm zu Thw am ) Ereignis vom 16./ auf Grund einer Fernwelle ausgeschlossen Ergebnis 370 cm Windstau am : Höchster beobachteter Wert zu Thw nach Prüfung In ihrer Auswirkung auf die Wasserstandshöhe ist diese Annahme durch die Gesetzmäßigkeiten der Hydrodynamik jedoch eingeschränkt. Es zeigt sich, dass die Windstauwerte bei Tidehochwasser geringere Höhen erreichen als bei Tideniedrigwasser. Eine umfassende Analyse der Wirkzusammenhänge zwischen Windstauhöhe, Tidephase und entsprechender Windgeschwindigkeit zeigt auf, dass bei Hochwasser % der Stauhöhe bei Niedrigwasser erreicht werden. Dabei gilt, dass der prozentuale Anteil des Windstaus zu Niedrigwasser, der bei Hochwasser noch erreicht wird, größer ist, je höher der Effektivwind ist. Hierbei muss der stauwirksame Effektivwind längere Zeit in der genannten Größenordnung wirken. Dieses Ergebnis entspricht den Untersuchungen von SIEFERT (1998), wobei mit dem dort verwandten Verfahren nicht der Zusammenhang zwischen Zunahme der Windgeschwindigkeit und Stauerhöhung bei Hochwasser erfasst wird. Dieser Zusammen- Zwischenbericht_TP1a_ doc -49- Oktober 2010

62 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide hang zeigt sich besonders deutlich bei der Sturmflut vom mit 415 cm um Tnw und 89 % bei Thw (rund 370 cm). Werden diese Erkenntnisse auf die höchsten Windstauereignisse um Niedrigwasser angewandt, müssen diese aufgrund zu geringer Höhen bei Hochwasser ausgeschlossen werden. Infolgedessen werden die bislang höchsten Windstaumaxima bei Hochwasser berücksichtigt, die keine Fernwelle enthalten. Da der höchste Windstau 1962 eine Fernwelle enthält, wird auf den höchsten Windstau ohne Fernwelle am mit 370 cm zurückgegriffen. Zwischenbericht_TP1a_ doc -50- Oktober 2010

63 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide 6 Tide Die Tide bezeichnet den Zyklus von Ebbe und Flut, der in unterschiedlicher Ausprägung innerhalb großer Gewässer auftritt. In Cuxhaven liegt ein mittlerer Tidehub von 3 m vor. Die periodische Ungleichheit in Form von Spring- und Nipptideeinfluss weist eine maximale Erhöhung des Springtidehochwassers in Cuxhaven von + 60 cm auf. Es existieren unterschiedliche Annahmen zur Wirkung der periodischen Ungleichheiten bei einem Sturmflutereignis. Zum einen wird die Annahme vertreten, dass durch Einwirkung starker Winde auf den Wasserkörper die periodischen Ungleichheiten annähernd geglättet werden und somit im Größenbereich von mittleren Tideverhältnisse liegen. Zum anderen wird der erst genannten Annahme die Überlegung entgegengestellt, dass sich die Ausprägung der periodischen Ungleichheiten im Sturmflutfall in voller Höhe (60 cm) auf den Scheitelwasserstand hinzuaddiert. Die in den folgenden Abschnitten beschriebene Untersuchung will klären, welche Annahmen tatsächlich für die Berechnung einer Sturmflut von Bedeutung sind, und wie groß der Einfluss der zusätzlichen Springtideauslenkung auf den Scheitelwasserstand bei Sturmflut zu bewerten ist (s. Tab. 7). Tab. 7: Vorgehen zur Ermittlung der Wirkung des periodischen Anteils der Ungleichheit auf die Tide Ziel: Analyse der Wirkung des periodischen Anteils der Ungleichheit auf die Tide Methode Fragestellung Trennung des stochastischen vom deterministischen Prozess Wie groß ist die Abweichung der mittleren Tide von der astronomischen Tide bei bisher eingetretenen Sturmfluten? Analyse des nicht-linearen Effektes zwischen Tide und Windstau. Abhängigkeit zwischen Windeinfluss und Windstauentwicklung Numerische Modellierung Verhältnis Tide: Windstau (Dreisatz) Analyse des nicht-linearen Effektes zwischen Tide und Windstau. Analyse des nicht-linearen Effektes zwischen Tide und Windstau. Analyse des nicht-linearen Effektes zwischen Tide und Windstau. Hierfür wird zunächst der Windstau über die astronomische Tide berechnet und die Abweichung zur mittleren Tide analysiert. Mit diesen statistischen Größen wird im zweiten Schritt der nicht-lineare Effekt der Tide-Stauwirkung analysiert, um daraus die verbleibende Erhöhung des Wasserstandes für die Extremflut zu ermitteln. Zur Unterstützung der Ergebnisse werden hierzu die Ergebnisse der numerischen Modellierung von DICK (2000) mit herangezogen. Zwischenbericht_TP1a_ doc -51- Oktober 2010

64 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel Die Tidekurve als Basis für die Berechnung des Windstaus Tide Zur korrekten Analyse der Tidewirkung auf das Sturmflutereignis und zur Berechnung eines Windstaus als Differenz zwischen eingetretenem Wasserstand und vorausberechneter Tidekurve ist es notwendig, die vorausberechnete astronomische Tidekurve zu ermitteln. Bisher wurde für Untersuchungen zu Sturmfluten die mittlere Tidekurve verwendet. Sie zeigt jedoch Ungenauigkeiten gegenüber der astronomischen Tidekurve. Diese Auswahl wurde aus rein pragmatischen Gründen getroffen: Die mittlere Tidekurve ist eine mit relativ geringem Rechenaufwand erzeugbare statistische Größe. Daneben bilden die mittleren Verhältnisse gut die mittlere physikalische Wechselwirkung Sturmflut Tide ab, so dass sie einen guten Anhaltswert über die Stauentwicklung im jeweiligen Gebiet geben (SIEFERT 1968 u. 1992). Die astronomische Tidekurve für jeden beliebigen Tag zu berechnen stellte in der Vergangenheit eine große Herausforderung an mathematischem Können und Zeitaufwand dar. Inzwischen stehen Programme zur Verfügung, mit denen die Berechnung der astronomischen Tidekurve mit vergleichsweise geringem Aufwand durchgeführt werden kann. Auf diese Weise wird es möglich, den astronomischen Einfluss von der Windwirkung zu trennen. Zudem erlaubt diese Vorgehensweise empirische Untersuchungen zur Wechselwirkung zwischen Tide und Sturmflut. Dieses Kräftespiel von Sonne und Mond ist unabhängig von meteorologischen Einflüssen, so dass die durch sie erzeugte Tide als Basis für Vorhersagen und Analysen des eingetretenen Wasserstandes gewählt wird. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Daten der eingetretenen Tiden von den täglichen meteorologischen Bedingungen beeinflusst werden. Zur Analyse des Einflusses der periodischen Ungleichheit ist es notwendig einen Vergleich zwischen dem Windstau berechnet über die mittlere Tide und berechnet über die astronomische Tide zu erstellen, weshalb ihre Berechnungen im Folgenden dargestellt werden Die mittlere Tidekurve Die mittlere Tidekurve ist die Ganglinie der arithmetisch gemittelten, einander zur Tidephase entsprechenden Wasserstände mehrerer Tidekurven für einen bestimmten Ort über eine bestimmte Zeitspanne (DIN ), zumeist der letzten fünf Jahre. Dabei werden Tidekurven unterschiedlicher Mondphasen verrechnet, so dass die Differenzen von Spring- und Nipptide nicht mehr erkennbar sind (s. Abb. 17). Zwischenbericht_TP1a_ doc -52- Oktober 2010

65 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Abb. 17: Schematische Darstellung von Spring- und Nipptide Zur Berechnung einer mittleren Tidekurve wurden im Laufe der Zeit verschiedene Verfahren entwickelt, die sich mit der zunehmenden Technisierung und leistungsfähigeren Computern verändert haben. Folgende Berechnungsansätze stehen zur Verfügung (nach SIEFERT 1998): Auswahl einer tatsächlich gelaufenen Tide, die von den entsprechenden Mittelwerten mittleres Tideniedrigwasser MTnw, mittleres Tidehochwasser MThw, mittlere Flutdauer MT F und mittlere Ebbedauer MT E am geringsten abweicht. Verbindung des MThw und des MTnw durch Tideäste gelaufener Tiden. Flutund Ebbeast können dabei von verschiedenen Tiden stammen. Auswahl mehrerer Tiden, die annähernd den mittleren Tidebedingungen entsprechen (MTnw, MThw, MT F, MT E ). Diese werden grafisch überlagert und die obere und die untere Hüllkurve bestimmt. Mit Hilfe der mittleren Abstände zwischen den Einhüllenden wird die mittlere Tidekurve konstruiert. SIEFERT & LASSEN (1985) wählen nach einem Verfahren von LÜDERS (1950) 20 Einzeltiden aus, deren Scheiteldaten um maximal ± 10 cm und ± 20 min von den Mittelwerten (MTnw, MThw, MT F und MT E ) abweichen, die zuvor aus einem Datensatz bestimmt wurden. Stehen jedoch weniger als 20 vollständige Einzeltiden zur Verfügung, so werden separate Flut- und Ebbeäste mit ausgewertet. Diese werden in 12 jeweils gleichlange Zeitabschnitte geteilt. Für jeden Teilwert wird der Mittelwert des Wasserstandes gebildet. Die auf diesem Weg bestimmten 24 Punkte dienen als Stützpunkte zur Konstruktion der Tidekurven. Die Genauigkeit kann durch das statistische Mittel bestimmt werden, wobei für jeden Teilabschnitt eine Standardabweichung mit dem dazugehörigen Vertrauensbereich berechnet wird. Die Genauigkeit je Teilabschnitt einer auf diese Weise erzeugten mittleren Tidekurve geben SIEFERT & LASSEN (1985) mit einer Standardabweichung von insgesamt ± 5,8 cm bis ± 11,2 cm und einem entsprechenden Vertrauensbereich von ± 2,7 cm und ± 5,2 cm an. Zwischenbericht_TP1a_ doc -53- Oktober 2010

66 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Das vom SIEFERT (1998) empfohlene rechnergestützte Verfahren zur Bestimmung der mittleren Tidekurve richtet sich nach der Definition der mittleren Tidekurve nach DIN Hiernach ist die mittlere Tidekurve die Ganglinie der arithmetisch gemittelten Wasserstände mehrerer Tidekurven für einen bestimmten Ort und eine bestimmte Zeitspanne. Es wird für die zu untersuchende Zeitspanne eine mittlere Flutdauer MT F und eine mittlere Ebbedauer MT E in Minuten bestimmt. Die Anzahl der Minuten von MT F und MT E bilden die Anzahl der Teilungsschritte, in die jeder Flut- bzw. Ebbeast aller Tiden unterteilt wird. Anschließend wird für jeden Punkt der einzelnen Tidekurve der zugehörige Wasserstand durch Interpolation mit Hilfe der benachbarten Wasserstände ermittelt. Die Darstellung des arithmetischen Mittels der Wasserstände jedes Teilpunktes ergibt, im Minutenabstand aufgetragen, die mittlere Tidekurve. Die Beschreibung des Tideverlaufs durch die mittlere Tidekurve ist geeignet, um über lange Beobachtungszeiträume die zeitlichen Veränderungen der Tidekurve zu erfassen. In der Vergangenheit wurde auch für Untersuchungen zu Sturmfluten, die mittlere Tidekurve verwendet. Hierdurch konnten die astronomisch bedingten Ungleichheiten der Tidekurve keine Berücksichtigung finden Die astronomische Tidekurve Die astronomische Tidekurve gibt die periodische Schwingung des Meeres wieder, die durch das Zusammenwirken von Schwer- und Fliehkräften verursacht wird, welche bei der Bewegung des Mondes um die Erde und der Erde um die Sonne entstehen. Bei Neu- und bei Vollmond verstärken sich die Gezeiten bedingt durch die Überlagerung der Gezeitenkräfte von Mond und Sonne zur Springtide. Bei Halbmond werden die Gezeitenkräfte des Mondes zum Teil von der Sonne aufgehoben, es entsteht die flachere Kurve der Nipptide. Zur Berechnung der astronomischen Tidekurve gibt es zwei verschiedene Verfahren, die harmonische Synthese der Gezeiten und das non-harmonische Verfahren. Diese beiden Verfahren unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass mittels der harmonischen Synthese der Verlauf der Tidekurve berechnet werden kann, wohingegen mit dem non-harmonischen Verfahren lediglich die Höhe und die Eintrittszeit der Hoch- und Niedrigwasser bestimmt werden können. Harmonische Synthese der Gezeiten Die Perioden der Partialtiden sind aus der Lehre von den Bewegungen des Mondes und der Sonne bekannt und für jeden Ort gleich. Die Perioden der wichtigsten Partialtiden (Stammtiden) sind in Tabelle 8 dargestellt. Die Amplitude und die Phase hingegen sind ortsabhängig und können aus Zeitreihen der Wasserstände mittels der Harmonischen Analyse abgeleitet werden. Die Harmonische Analyse der Gezeiten ist eine spezielle Form der Fourierzerlegung einer Zeitreihe (BAW 2008) und beruht Zwischenbericht_TP1a_ doc -54- Oktober 2010

67 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide auf der Zerlegung der Gezeiten in ihre streng periodischen harmonischen Partialtiden (BSH 2008). Tab. 8: Stammtiden (LANDOLDT-BÖRNSTEIN 1952) Bezeichnung Herkunft Entstehung Periode S 2 S halbtägige Hauptsonnentide 12,00 h M 2 M halbtägige Hauptmondtide 12,42 h P 1 S eintägige Hauptsonnentide 24,07 h O 1 M eintägige Hauptmondtide 25,82 h Mf M Deklinationstide zu M 0 13,66 Tage MSf M Variationstide zu M 0 14,77 Tage Mm M Elliptische Tide 1. Ordnung zu M 0 27,55 Tage MSm M Evektionstide zu M 0 31,81 Tage Ssa S Deklinationstide zu S 0 182,62 Tage Sa S Elliptische Tide erster Ordnung S 0 365,26 Tage M 0 M konstante Mondtide S 0 S konstante Sonnentide Um sicherzustellen, dass die Amplituden und Phasen aller Stammtiden analysiert werden können, empfiehlt es sich, der Analyse eine mindestens 366 Tage umfassende Zeitreihe zu Grunde zu legen (SCHMAGER et al. 2008). Sind die Amplituden und Phasen der einzelnen Partialtiden bekannt, kann mittels der Harmonischen Synthese, d.h. Summation aller Partialtiden, eine Vorhersage des Wasserstandes für einen vorgegeben Zeitraum erfolgen (BAW 2008). Mit diesem Verfahren können die Gezeiten für tiefe Gewässer recht gut vorausberechnet werden. Für Küstenregionen können die Einflüsse aus Reibung und Reflexion nicht mit abgedeckt werden (MÜLLER-NAVARRA 2008). Nonharmonisches Verfahren Mit dem non-harmonischen Verfahren können für Orte mit halbtägiger Gezeit die Eintrittszeiten und Höhen der Hoch- und Niedrigwasser vorausberechnet werden. Hierbei werden die Meridiandurchgangszeiten des Mondes mit den mittleren Hoch- und Niedrigwasser-Intervallen sowie den Ungleichheiten in Höhe und Zeit verrechnet. Gegebenenfalls können Verbesserungen zur Berücksichtigung von lokalen Besonderheiten mit einbezogen werden (BSH 2008). Zur Abschätzung von Höhen und Zeiten zwischen den non-harmonisch ermittelten Hoch- und Niedrigwassern wird zu Zwecken der Schifffahrt vom BSH zum einen eine graphische und zum anderen eine rechnerische Einspannung der mittleren Springund Nipptidekurven zwischen dem Hoch- und Niedrigwasser empfohlen. Verfahrensbedingt können diese Werte bis zu 10 cm voneinander abweichen (BSH 2008). Zwischenbericht_TP1a_ doc -55- Oktober 2010

68 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Für die wissenschaftliche Analyse von Sturmflutereignissen ist eine Ungenauigkeit von 10 cm nicht hinnehmbar, so dass für die hier dargestellten Ergebnisse das harmonische mit dem non-harmonischen Verfahren verknüpft wird. Diese Verknüpfung erfolgt, indem die harmonisch berechnete astronomische Tidekurve zwischen die non-harmonisch ermittelten Hoch- und Niedrigwasser eingehängt wird. Hierdurch erhalten sowohl die zum jeweiligen Zeitpunkt wirkenden gezeitenverursachenden Kräfte sowie die lokalen Reibungs- und Reflektionsanteile Berücksichtigung (THUMM 2008). Über die Berechnung der prognostizierten astronomischen Tidekurve besteht nun die Möglichkeit Windstaukurven zu erstellen, deren astronomische Anteile nicht mehr enthalten sind und die sich aus den meteorologischen Einflüssen und Fernwellen zusammensetzen Sturmflutatlas Cuxhaven Die voranstehenden Arbeitsschritte zur Berechnung der astronomischen Tidekurve wurden für die Sturmflutereignisse des bestehenden Sturmflutkollektivs am Pegel Cuxhaven angewandt. Daraus entstand, in Anlehnung an GÖNNERT & SIEFERT (1998) eine Sammlung der Sturmflutereignisse von 1901 bis 2008 auf Basis der astronomischen Tidekurve, die somit auch der Windstauberechnung zu Grunde lag. Diese Art der Windstauberechnung macht es möglich, die unterschiedlichen astronomischen Ungleichheiten die zu unterschiedlichen Sturmflutereignissen wirksam waren, aus der Windstaukurve heraus zurechnen. Die Sturmflutsammlung, die unter dem Namen GÖNNERT & BUß (2009): Sturmfluten zur Bemessung von Hochwasserschutzanlagen veröffentlicht wurde, stellt eine wichtige Arbeitsgrundlage zur Analyse des Einflusses astronomischer Ungleichheiten, allen voran der Einfluss von Springtideereignissen, auf die Windstauhöhe und somit auf den zu erwartenden Wasserstand einer Sturmflut aus. 6.2 Vergleich der mittleren und astronomischen Windstaumaxima Für die Berechnung der Extremflut sind der maximale Windstau und dessen Überschreitungswahrscheinlichkeit zwei wichtige Größen im Rahmen des Hochwasserschutzes, so dass stets die bestmögliche Datengrundlage herangezogen werden muss. Mit der Möglichkeit der Berechnung der astronomischen Tidekurve kann eine Ungenauigkeit im Windstau eliminiert werden. Wird der Windstau auf der Basis der beiden unterschiedlichen Tidekurven berechnet, so unterscheidet sich, bedingt durch die astronomischen Ungleichheiten, der gesamte Verlauf der Windstaukurve. Die Abbildung 18 zeigt die Abweichungen zwischen den Windstaukurven berechnet auf Basis der mittleren und der astronomischen Tidekurve. Zwischenbericht_TP1a_ doc -56- Oktober 2010

69 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Abb. 18: Veränderungen der Windstaukurve durch Verwendung der astronomischen Tidekurve am Beispiel der Sturmflut vom (rot: mittlere Windstaukurve, blau: astronomische Windstaukurve) Für die Charakterisierung einer Sturmflut sind drei charakteristische Merkmale der Windstaukurve von Interesse: Die Höhe des Windstaumaximums, dessen Lage zur Tidephase und der Windstauverlauf. Durch die Höhe eines Windstaumaximums kann der Energieeintrag des Windes erfasst werden, durch die Eintrittszeit die Auswirkungen auf den absoluten Wasserstand (GÖNNERT 2003). Abb. 19: Veränderung der Windstaukurve in ihrer Verlaufsform unter Verwendung der astronomischen Tidekurve am Beispiel der Sturmflut vom (rot: mittlere Windstaukurve, blau: astronomische Windstaukurve) Aufgrund von Spring- und Nipptide können am Pegel Cuxhaven die maximalen Abweichungen der astronomischen Hoch- und Niedrigwasser zu den Werten der mittle- Zwischenbericht_TP1a_ doc -57- Oktober 2010

70 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide ren Tidekurve bis zu 60 cm betragen (LÄNDERARBEITSGRUPPE 1988). Dieser Wert bildet auch die Grenzen der Abweichungen zwischen den Windstaumaxima ermittelt auf Basis der astronomischen Tidekurve und den Windstaumaxima basierend auf der mittleren Tidekurve (vgl. Abb. 20). Für die Erforschung der physikalischen Zusammenhänge der Faktoren einer Sturmflut ist es nicht zulässig diesen Wert pauschal der mittleren Windstaukurve hinzuzurechnen, da die Windstaumaxima zu jeder Tidephase auftreten und Sturmfluten nicht ausschließlich zur Springzeit bzw. Nippzeit stattfinden. Es ist eine detaillierte Betrachtung der auftretenden Unterschiede notwendig. Die zyklischen Veränderungen der Lage von Sonne und Mond zur Erde führt nicht nur zur Änderung der Tidehöhen sondern auch zur Änderung der Tideverläufe (Abb. 19) Methode Zum Erlangen eines ersten Überblickes über die Unterschiede zwischen den auf verschiedenen Tidekurven basierenden Windstaukurven werden die Windstaumaxima der erfassten Sturmfluten mit einander verglichen. Von 1900 bis 2008 werden auf der Basis der mittleren Tidekurve 260 Windstaukurve mit einem Maximum über 200 cm registriert, wird es auf eine Mindesthöhe bei Hochwasser von 1,50 m begrenzt treten 164 Sturmfluten auf. Wird der Windstau unter Berücksichtigung der astronomischen Tidekurve berechnet, gibt es 27 Ereignisse, die keinen Windstau von 200 cm erreichen und somit per Definition kein Sturmflutereignis mehr darstellen. Es wurden für jede Sturmflut die astronomische Windstaukurve und die mittlere Windstaukurve berechnet und jeweils die Höhe, die Eintrittszeit und die Lage des Windstaumaximums zur Tidephase erfasst. Des Weiteren wurden die Höhenabweichungen der Windstaumaxima und die Unterschiede ihrer Eintrittszeiten ermittelt. Die Verteilungen der Lage zur Tidephase wurden gegenübergestellt. Die Gesamtergebnisse wurden analysiert und einige markante Einzelfälle gesondert betrachtet Vergleich der Windstaumaximahöhen Die Differenz der Windstaumaxima berechnet aus der astronomischen und der mittleren Tidekurve liegen zwischen 51 cm und 59 cm. (Abb. 20). Diese Werte waren zu erwarten, da sich diese Höhenunterschiede in etwa durch die Spring- und Nipptiden zwischen der astronomischen und der mittleren Tidekurve ergeben. Die Sturmfluten vom und vom sind zwei Beispiele für diese großen Abweichungen. Zwischenbericht_TP1a_ doc -58- Oktober 2010

71 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Anzahl n bis bis bis bis bis bis 0 0 bis bis bis bis bis bis 60 Höhenabweichungen der Windstaumaxima [cm] Abb. 20: Verteilung der Höhenabweichung der Windstaumaxima Die Verteilung der aufgetretenen Abweichungen ist nicht symmetrisch. Es gibt mehr astronomische Windstaumaxima, die niedriger ausfallen als die mittleren Windstaumaxima. Im Durchschnitt liegt das astronomische Windstaumaximum 6,5 cm niedriger als das mittlere Windstaumaximum. Am häufigsten treten Abweichungen zwischen 20 cm und +10 cm auf (57 %). In drei Fällen liegt das astronomische Windstaumaximum mehr als 40 cm höher als das mittlere Windstaumaximum, dreimal so häufig (in 9 Fällen) liegt es mehr als 40 cm niedriger Vergleich der Eintrittszeiten Neben den Höhen der Windstaumaxima unterscheiden sich die astronomischen und die mittleren Windstaukurven auch in ihrem zeitlichen Verlauf. Von Interesse ist, wie viel sich die Windstaumaxima in ihrem zeitlichen Eintreten unterscheiden. Ob das Maximum bei einem langen Windstauscheitel zu Beginn oder zum Ende der Scheitelbereiches eintritt, kann für die Erkenntnisse der physikalischen Zusammenhänge Windfeld-Windstau von großer Bedeutung sein. Der Vergleich des zeitlichen Auftretens der astronomischen Windstaumaxima und der mittleren Windstaumaxima zeigt, dass die Windstaumaxima in Ausnahmefällen bis zu 1,5 Tage versetzt zueinander auftreten können (Abb. 21). Windstaukurven, die eine derart große Zeitabweichung ihrer Maxima aufweisen sind jedoch Einzelfälle. Es handelt es sich hierbei um Windstaukurven mit extrem langen Scheitelbereichen, bei denen einzelne Windstauspitzen in der Höhe variieren. Zwischenbericht_TP1a_ doc -59- Oktober 2010

72 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Abb. 21: Abweichungen der Eintrittszeiten der Windstaumaxima Bis auf 5 Ausnahmen weichen die Eintrittszeiten um weniger als einen Tidezyklus voneinander ab (Abb. 22). Von den verbleibenden 159 Ereignissen weisen 128 (80 % der erfassten Ereignisse) eine Abweichung von ± 90 min auf. Eine weitere Verfeinerung der betrachteten Zeitintervalle zeigt, dass 88 Windstaumaxima (54 %) bis zu 30 Minuten voneinander abweichen. 44 Windstaumaxima (26 %) treten bis zu 5 Minuten voneinander versetzt auf. Da bei dieser Untersuchung die Pegeldaten in 5- Minuten-Werten vorlagen, kann für ein Viertel der Ereignisse gesagt werden, dass keine zeitlichen Unterschiede im Auftreten der astronomischen und mittleren Windstaumaxima vorliegen. Zwischenbericht_TP1a_ doc -60- Oktober 2010

73 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Häufigkeit [%] Zeitversatz [h] Abb. 22: Abweichungen der Eintrittszeiten zwischen mittleren und astronomischen Windstaumaxima Aufgrund dieser Daten kann gesagt werden, dass sich im Allgemeinen die Eintrittszeit der Windstaumaxima nicht wesentlich verändert. 6.3 Die Interaktion zwischen Tide und Windstau: Erfassung der nicht-linearen Effekte Im Zusammenhang mit einer Sturmflut existiert immer wieder die Vorstellung, dass auf den durch Wind verursachten Windstau die Höhe dieser Springtideerhöhung hinzuaddiert werden kann. Es ist jedoch grundsätzlich davon auszugehen, dass ein bestimmter Effektivwind, bestehend aus stauwirksamer Windrichtung und Windgeschwindigkeit, nur eine bestimmte Erhöhung des Wasserstandes an den Küsten verursachen kann. Die bodennahe Rückströmung wird durch den erhöhten Wasserstand und die damit verbundene Verminderung der Bodenreibung verstärkt und mindert damit die absolute Wasserstandserhöhung. In diesem Abschnitt gilt es nunmehr zu klären, in welchem Umfang sich der Wasserstand bei einem windinduzierten Stau von deutlich mehr als 3 m bei einer zusätzlichen Erhöhung durch die periodischen Springtidezyklen weiterhin erhöhen wird. Dabei kann nicht abschließend geklärt werden, ob die zusätzliche Wasserstandserhöhung durch die Springtide eine weitere Anhebung des Windstaus vermindert oder ob die Wirkung der Ungleichheit abgeschwächt wird. Methodisches Vorgehen Nicht-lineare Effekte aus reinen Wasserstandsdaten herauszuarbeiten ist nicht möglich. Es bedarf einer Bezugsgröße bzw. einer Wasserstands-/Stauentwicklung, um Zwischenbericht_TP1a_ doc -61- Oktober 2010

74 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Veränderungen herausarbeiten zu können. Es wird deshalb zunächst davon ausgegangen, dass die mittlere Tidekurve und ihre Wasserstandsentwicklung die mittleren Ausgangsbedingungen bei einer Sturmflut widerspiegeln, die in dieser Form eine auf jeden Fall vorhandene Wasserstandsauslenkung als Grundbedingung auch bei einer Sturmflut darstellt. Die astronomische Tide dagegen bildet die zum Zeitpunkt der Sturmflut vorausberechneten Tidebedingungen mit ihren Ungleichheiten ab, die ohne Sturmflut eingetreten wären. Die Differenz der jeweiligen Tidekurve zum gelaufenen Wasserstand zeigt den Einfluss der Astronomie im Sturmflutfall. Es ist in diesem Fall geglückt, die deterministischen von den stochastischen Anteilen zu trennen. Dies ist nicht nur für den Scheitelwert, sondern über den gesamten Sturmflutverlauf gelungen. Die Windstaukurve spiegelt den Verlauf des Windes wider. Nachdem die Höhendifferenzen zwischen astronomischer Tide und mittlerer Tide im Fall einer Sturmflut berechnet wurde, wird zur Erfassung der nicht-linearen Effekte analysiert, wie groß die Unterschiede im Verlauf der Windstaukurve sind. Inwieweit die astronomische Ungleichheit noch Wirkung auf den Verlauf zeigt, lässt sich anhand des Vergleiches zwischen Effektivwind und einer Windstaukurve berechnet mit der astronomischen Tidekurve und einer Windstaukurve berechnet über der mittleren Tidekurve ermitteln. Dabei wird von folgenden Arbeitshypothesen ausgegangen: 1. Die Wirkung des Windes nimmt mit zunehmender Windgeschwindigkeit und ansteigendem Wasserstand in Relation zur Wirkung der astronomischen Ungleichheit zu. 2. Die Wirkung der astronomischen Ungleichheit lässt sich erkennen, wenn die Windstaukurve berechnet über die astronomische Tidekurve in ihrem Verlauf besser mit dem Verlauf des Effektivwindes korreliert. 3. Die Wirkung des Windes in Relation zum ansteigenden Wasserstand lässt sich abschätzen, indem der Zusammenhang zwischen Windgeschwindigkeit und Wasserstandshöhe dargelegt wird. Als Anhaltspunkt hierfür dient die Tidephase. 4. Mit zunehmendem Wasserstand nimmt die Wirkung des Windes ab. Zu Beantwortung der Fragen werden deshalb folgende Arbeitsschritte gewählt: 1. Statistische Auswertung: Berechnung der Korrelation zwischen Effektivwind und Windstau. Dabei wird jeweils der Windstau berechnet über die mittlere und die astronomische Tide verwendet. 2. Berechnung der Höhe des Einflusses der Springtide bei einer schweren Sturmflut. 3. Abschätzung der Wirkung die Springtide auf den maximalen Wasserstand. Die Datengrundlage Die Untersuchung wird auf Grundlage vorhandener Daten am Pegel Cuxhaven durchgeführt. Dabei werden Messwerte in Form des Wasserstandes am Pegel Cux- Zwischenbericht_TP1a_ doc -62- Oktober 2010

75 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide haven sowie Windgeschwindigkeits- und Windrichtungsmesswerte der Station Scharhörn einbezogen (GÖNNERT & BUß 2009). Der Windstau wird rechnerisch als Differenz zwischen dem gemessenen Wasserstand und der vorausberechneten astronomischen Tidekurve ermittelt. Die Erstellung der astronomischen Tidekurve für den Pegel Cuxhaven erfolgte durch die Verknüpfung des harmonischen mit nonharmonischen Verfahren (THUMM 2008). Für den Vergleichswindstau berechnet über die mittlere Tide liegen mittlere Windstaukurven gebildet seit 1900 vor. Sie wurden mit einem Mittelungsintervall von 5 Jahren nach dem Verfahren von SIEFERT & LAS- SEN (1985) berechnet Statistische Auswertung Wie bereits in Kapitel und beschrieben, errechnet sich der Windstau aus der Differenz zwischen der prognostizierten astronomischen Tide oder der mittleren Tide und der gelaufenen Tide (s. Kap ). Da sich die Höhe der astronomischen Tide während der Spring- und Nipp-Zeiten erheblich von der der mittleren Tide unterscheidet, wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Interaktion zwischen Tide und Windstau untersucht. In zahlreichen Studien wurde gezeigt, dass sich Tide und Windstau nicht-linear überlagern (z.b. PRANDLE & WOLF 1978). Die in der Literatur beschriebene Nicht-linearität besteht im Wesentlichen darin, dass die 14-tägige Ungleichheit stark durch die Dominanz des Windstaus reduziert wird. Um abschätzen zu können, ob der prognostizierte astronomische oder der mittlere Tideverlauf für die Ermittlung der maßgebenden Extremsturmflut anzusetzen ist, wurde untersucht, welcher der beiden Tideverläufe sich während einer Sturmflut mehr auf die Wasserstände auswirkt. Hierzu wird der berechnete Verlauf des Windstaus mit der auf die stauwirksame Windrichtung (295 ) transformierten, effektiven Windgeschwindigkeit (s. Kap ) korreliert. Der Korrelationskoeffizient stellt ein Maß für den linearen Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen, im vorliegenden Fall der effektiven Windgeschwindigkeit und dem Windstau, dar. Da es eine gewisse Zeit dauert bis der Wind eine entsprechende Aufstauung des Wassers bewirkt, weist der Verlauf des Windstaus einen Phasenverzug gegenüber dem Verlauf der Windgeschwindigkeit auf. Die Dauer der Verzögerung ist bei den untersuchten Sturmfluten unterschiedlich groß. Da sie sich allerdings auf die Korrelationskoeffizienten auswirkt, wird für die Korrelationsanalyse der Verlauf des Windstaus um den Zeitverzug zur Windgeschwindigkeit korrigiert. Abschätzungen mittels Kreuzkorrelationen im Rahmen dieser Arbeit haben ergeben, dass der maximale Windstau am Pegel Cuxhaven i.d.r. 2-3 Stunden nach der maximalen Windgeschwindigkeit auftritt. Für einige der auf die oben beschriebene Fragestellung hin untersuchten Sturmfluten wurden hohe Korrelationskoeffizienten (in Tab. 9 mit rot gekennzeichnet) bei der mittleren Windstaukurve, für andere bei der astronomischen Windstaukurve ermittelt. Es zeigt sich jedoch, dass bei schweren und sehr schweren Sturmfluten die effektive Windgeschwindigkeit stärker mit dem aus der astronomischen Tide ermittelten Windstauverlauf korreliert als mit der aus der mittleren Tide berechneten. Das bedeutet für den Aufbau der Extremsturmflut, dass zur Erzeugung von sehr hohen Wasserständen die astronomi- Zwischenbericht_TP1a_ doc -63- Oktober 2010

76 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide sche Tide anzusetzen ist, da der für die Extremflut ungünstigere Fall zu betrachten ist. Jedoch zeigt die geringe Differenz zwischen astronomischer Tide und mittlerer Tide, dass die astronomische Ungleichheit bei sehr schweren und schweren Sturmfluten recht gering sein muss. Tabelle 9 zeigt die ermittelten Korrelationskoeffizienten für den Windstau aus astronomischer und mittlerer Tide am Pegel Cuxhaven. Tab. 9: Korrelationskoeffizienten für den Windstau aus astronomischer und mittlerer Tide Datum max. Wasserstand +NN Spring-, Mitt- und Nippzeit Korrelation astronomische Korrelation mittlere Spring/Mitt. 0,94 0, Nipp/ Mitt. 0,92 0, Spring 0,91 0, Spring 0,9 0, Nipp 0,94 0, Nipp 0,98 0, Mitt. 0,79 0, Spring/ Mitt. 0,9 0, Spring 0,74 0, Nipp 0,93 0, Nipp/ Mitt. 0,88 0, Spring/ Mitt. 0,87 0, Nipp/ Mitt. 0,89 0, Spring/ Mitt. 0,89 0, Nipp 0,80 0, Spring 0,89 0, Spring 0,84 0, Spring 0,65 0, Mitt. 0,87 0, Nipp 0,88 0, Nipp 0,89 0,83 Zusammenfassend lässt sich festhalten: 1. Die Astronomie zeigt besonders bei den hohen Sturmfluten einen besseren Korrelationskoeffizienten. 2. Da für eine Extremflut immer der höchste Fall gewählt werden muss, gilt die Verwendung der astronomischen Tide. 3. Die geringe Differenz zwischen astronomischer Tide und mittlerer Tide zeigt, dass die noch wirkende astronomische Ungleichheit bei sehr schweren und schweren Sturmfluten recht gering sein muss. Zwischenbericht_TP1a_ doc -64- Oktober 2010

77 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Berechnung der Höhe des Einflusses der Springtide bei einer sehr schweren Sturmflut Die Ergebnisse der Statistik (s. Kap ) und der Auswertung der Wirkung des Windes (s. Kap ) auf den Windstau zeigt, dass es eine astronomische Wirkung oberhalb der mittleren Verhältnisse auch bei Sturmflut gibt. Sie ist jedoch nicht mehr voll ausgeprägt, was durch die geringe Differenz im Korrelationskoeffizienten zwischen mittlerer und astronomischer Tidekurve dargestellt ist. Das bedeutet, dass die periodischen Ungleichheiten als wirksamer Faktor nicht gänzlich vernachlässigt werden dürfen. Zudem zeigt die Auswertung der anteiligen Wirkung des Windes an der Windstaubildung, dass bei starkem Wind (hohe Windgeschwindigkeiten) der Anteil des windinduzierten Staus an der gesamten Windstauhöhe zunimmt. Daher muss der anteilige Stau, der durch andere stauinduzierende Faktoren, wie die astronomischen Ungleichheiten, hervorgerufen wird, bei steigenden Windgeschwindigkeiten abnehmen. Die bei m/s beobachteten wirksamen windinduzierten Stauanteile liegen bei ca. 90 %, sodass anzunehmen ist, dass die Wirkung einer Springtideerhöhung nur noch im Bereich der verbleibenden ca. 10 % des Windstaus anzusiedeln ist. Der Einfluss des Windes, der mit zunehmender Windgeschwindigkeit ansteigt, wird ab ca. 20 m/s zur deutlich dominierenden, windstauerzeugenden Größe. Die Wirkung der astronomischen Ungleichheiten verliert im Gegenzug an Einfluss auf den Bildungsprozess des Windstaus, weshalb sich ihre Wirkung bei hohen Windgeschwindigkeiten auf den Bereich der verbleibenden 10 % der Stauanteile (die nicht durch den windinduzierten Staubildungsprozess abgedeckt werden) beschränken lässt. Zudem zeigt sich an der Korrelation Windstau - Tidephase - Wasserstand, dass eine Abhängigkeit zwischen Windstauhöhe und Wasserstandshöhe besteht, die besagt, dass bei erhöhtem Tidewasserstand die Windstauhöhe reduziert auftritt. Geht man davon aus, dass die Reduzierung des Springtideeinflusses der Reduzierung des Windstaus entspricht, wobei ein maximaler Springtideeinfluss von 60 cm und ein mittlerer Tidehub von 295 cm (Mittelwert seit 1970) für den Pegel Cuxhaven angenommen werden, wäre der folgende Ansatz zu wählen (THUMM 2009, WAHL 2009): Unter der Annahme, dass die Reduzierung der periodischen Ungleichheit der Windstauabnahme bei steigendem Hochwasser entspricht, ergeben sich für eine Abnahme der Windstauhöhe bei einer Verschiebung von Tnw zu Thw von % (s. Kap. 5.2) folgende Ausgangsgleichungen der beiden Randwerte: Windstau Thw max = 0,9 * Windstau Tnw (4) Windstau Thw min = 0,6 * Windstau Tnw (5) Ausgehend von diesen Gleichungen können die Einflüsse einer maximalen Springtideerhöhung folgendermaßen über einen Dreisatz hergeleitet werden: Zwischenbericht_TP1a_ doc -65- Oktober 2010

78 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide 295 cm Wasserstanderhöhung 10 % Windstaureduktion ( ) cm Wasserstanderhöhung X % Windstaureduktion 13 % Windstaureduktion (6) 295 cm Wasserstanderhöhung 40 % Windstaureduktion 48 % Windstaureduktion (7) Aus der Spannbreite der Annahmen zur Verschiebung der Windstauhöhen von Tnw zu Thw ergibt sich rechnerisch eine Reduktion der Windstauhöhe auf Grund eines Springtideeinflusses von 13 % [6] - 48 % [7]. Anhand dieser Werte lässt sich ebenfalls die Größenordnung des wirksamen Teils der Springtideerhöhung ermitteln, wobei die Windstaureduzierung für einen Wert zwischen % festzulegen ist. Windstau Thw = 0,9 * Windstau Tnw ; Windstau Thwber = 0,87 * Windstau Tnw Windstau Thw - Windstau Thwber = Differenz Windstauwerte (8) 60 cm - Differenz Windstauwerte = Wirksamer Anteil der Springtide Die Gleichung [8] erlaubt daher die jeweilige Berechnung des Springtideanteils für einzelne beobachtete Sturmflutereignisse. Eine konkrete Anwendung dieses Ansatzes soll an der Sturmflut 1976, an der auch die Analyse des Windstaus durchgeführt wurde (s. Kap. 5.3), vorgenommen werden. Dabei werden die beobachteten Windstauwerte direkt zu Tnw (370 cm) und Thw (373 cm) sowie die daraus abzuleitende Windstauverschiebung von 89 % des Windstaus von Tnw zu Thw zur Berechnung herangezogen. Daraus ergibt sich folgende Größe: Windstau Thw = 0,89 * Windstau Tnw 295 cm Wasserstanderhöhung 11 % Windstaureduktion ( cm) cm Wasserstanderhöhung X 13 % Windstaureduktion (9) 0,89 * Windstau Tnw = Windstau Thw ; 0,87 * Windstau Tnw = Windstau Thwber = 328,41 cm = 321,03 cm Windstau Thw - Windstau Thwber = Differenz Windstauwerte 328,41 321,0 = 7,38 cm Das Ergebnis beschreibt bei einer Windstauhöhe zu Tnw von 370 cm eine zu erwartende Erhöhung des Windstaus, unter Annahme eines 60 cm hohen Springtideeinflusses, von 7 cm. Unberücksichtigt bleibt bei dieser Berechnung, dass die hydrodynamische Wirkung in Stausituationen nicht nur eine Frage des absoluten Wasserstandes ist vielmehr eine Frage der Größenverhältnisse, d.h. der Relation ist. Es ist anzunehmen, dass die Zwischenbericht_TP1a_ doc -66- Oktober 2010

79 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Veränderung des Verhältnisses zwischen wirksamen Springtideanteil und der Höhe des Wasserstandes einer nicht-lineare Beziehung unterliegen. Bei diesem Ansatz gilt es zu berücksichtigen, dass damit davon ausgegangen wird, dass Fernwelle, Tide und Windstau die alle unterschiedliche Entstehung haben und unterschiedlichen Perioden und Phasen aufweisen, in der Überlagerung sich gleich verhalten. Die numerische Modellierung wird an dieser Stelle die Ergebnisse im Detail unterstützen Vergleich mit der numerischen Modellierung Die Frage, wie viel die Springtide bei einer Sturmflut den Wasserstand erhöht, wird auch von DICK (2000) und MAYERLE (2010) mit Hilfe der numerischen Modellierung geprüft. Grundlage bildet hier die Sturmflut Anatol vom (s. Tab. 10). Tab. 10: Numerischen Modellierung zum Einfluss der Springtide von DICK (2000) + % Verschiebung nach Süden: Windstauerhöhung + Springerhöhung 44 cm + % Verschiebung nach Süden und zeitlich: Windstauerhöhung + % alle Faktoren zusammen: Windstauerhöhung W stauursprung 3,10 m W stausüd 3,75 m W stausüd/zeit 4,0 m + 65 cm = + 20 % + 14 cm = + 31 % + 12 cm = + 27 % + 7 cm = 16 % + 25 cm = + 6,6 % + 90 cm = 29 % In der Fallstudie von DICK (2000) zum Sturmflutereignis am wird das operationelle Windstaumodell des BSH zur Untersuchung verwendet. Die Fallstudie untersucht sowohl den Einfluss des Windschubkoeffizienten als auch die Auswirkung der Anwendung modifizierter Windfelder und den Einfluss der Gezeiten auf den Windstau. Wenngleich es sich bei dieser Untersuchung um ein Extremereignis handelt, können keine Angaben zur Eintrittswahrscheinlichkeit gemacht werden. Innerhalb des zweidimensionalen Modells (Gitterabstand 10 km) erfolgt die Anregung durch die Faktoren Gezeiten, Wind- und Luftdruckprognosen vom DWD, Oberwassereintrag und Fernwellen. Der jeweilige Windstau für das Sturmflutereignis wird sowohl mit den originalen Windfelddaten, als auch mit modifizierten Windfeldern des DWD berechnet. Zusätzlich zur Modifikation der Windfelder wird ein räumlicher und zeitlicher Versatz der Zugbahnen des Anatol-Sturmftiefs vorgenommen. Im Zusammenhang mit den an dieser Stelle im vorliegenden Bericht vorgestellten Untersuchungen zur Wirkung der Springtide bei einem schweren Sturmflutereignis soll auf den Untersuchungsschritt zum Einfluss der Springtide von DICK (2000) näher einge- Zwischenbericht_TP1a_ doc -67- Oktober 2010

80 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide gangen werden. Zum Zeitpunkt von Anatol lagen Nipptide-Verhältnisse vor (GÖNNERT & MÜLLER-NAVARRA 2000). Der Windstau über mittlerem Hochwasser lag bei der Ausgangswindlage bei 310 cm. In dem Jahreskollektiv der astronomischen Vorausberechnungen 1999 lag eine Springtide von 44 cm vor. Diese ließ DICK ins System einschwingen und überlagerte sie mit dem Wind von Anatol am Von den 44 cm Springerhöhung hatten nunmehr nur 14 cm einen Einfluss auf die Wasserstandserhöhung. Im Falle eines verstärkten Windes durch Verlegung der Zugbahn nach Süden, erhöht sich der Wasserstand um 64 cm, entsprechend einem Windstau von 387 cm; die Springtideerhöhung vermindert sich jedoch um weitere 2 cm auf nunmehr 12 cm. Bei einer Verschiebung des Windfeldes um 3 Stunden in Richtung Tidehochwasser erhöht sich der Windstau um weitere 25 cm auf ein Windstaumaximum von 407 cm, die Springtidewirkung vermindert sich auf 7 cm. Hintergrund ist, dass damit die maximalen Windgeschwindigkeiten so verschoben werden, dass ihre Maxima nunmehr direkt effektiv auf den Pegel Cuxhaven zu Thw wirken. Deutlich zeigt sich also, dass die täglichen Ungleichheiten in ihrer Größenordnung abnehmen je höher die Windgeschwindigkeit ist und demzufolge je höher der durch den Windstau verursachte Wasserstand ist. Werden die Anteile verglichen, zeigt sich, dass die prozentuale Erhöhung des Windstaus durch Verschiebung des Tiefdruckgebietes und damit Erhöhung der Windgeschwindigkeit nicht zu einer vergleichbaren prozentualen oder linearen Verminderung des astronomischen Anteils führt. Das bestätigt, dass die einzelnen Faktoren unabhängig interagieren auch wenn sie vom Grundsatz den Regeln der langen Wellen folgen. Zu erklären wäre dies mit den unterschiedlichen Phasenlängen. Deutlich wird jedoch, dass der Springtideeinfluss abnimmt, je höher die Windgeschwindigkeit wird und damit verbunden je höher der Wasserstand ist. Die Untersuchungen von MAYERLE (2010) im Rahmen einer Sensitivitätsstudie zur Physik von Sturmfluten in der Deutschen Bucht umfassen auch die Analyse des Springtideeinflusses. Grundsätzlich wurde in der genannten Untersuchung mit hydrodynamisch-numerischen Modellen gearbeitet, die einheitlich auf dem von Delft Hydraulics entwickelten Modellsystem Delft3D basieren. Das verwendete Modellsystem besteht dabei zunächst aus einer Downscaling-Sequenz. Innerhalb dieser werden aus einem geringer auflösendem (10 km) Continental Shelf Model (CSM), das die großräumige Strömungsverteilung im Nordost-Atlantik und der Nordsee abbildet und an seinen offenen Rändern sowohl durch 11 astronomische Konstituenten sowie zeitlich und räumlich variable Wind- und Druckfelder angetrieben wird, die Randwerte für ein German-Bight-Model (GBM) mit einer mittleren Auflösung vom 1 km erzeugt. Zur Verifizierung des Modellsystems wird die Bathymetrie des Nordseegebietes aus zeitnahen Untersuchungen hinzugezogen. Der meteorologische Antrieb der Modelle erfolgte über Wind- und Luftdruckdaten aus dem im Rahmen des Projektes PRISMA (LUTHARDT 1987) entstandenen Datensatzes (zeitliche Auflösung: 3 Std, räumliche Auflösung: 42 km). Zur verbesserten Durchführung der angestrebten Isolation und Überlagerung unterschiedlicher Sturmflutprozesse in der Nordsee wurde ein North- Sea-Modell (NSM) zwischen das CSM und das GBM integriert. Am Rand des Nord- Zwischenbericht_TP1a_ doc -68- Oktober 2010

81 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide seemodells gehen die Werte der dort vorliegenden CSM-Modellierung ein und erzeugt Wasserstandswerte für den Bereich des GBM (für die räumliche Dimension s. Abb. 23). Abb. 23: Räumliche Dimension des Modellsystems in MAYERLE (2010) Werden die Untersuchungen von MAYERLE (2010) für die Betrachtung des Springtideeinflusses mit herangezogen, so zeigt sich ein etwas anderes Bild als in den oben vorgestellten Untersuchungen. Für die gleiche Sturmflut Anatol vom und für die Sturmflut vom wird wiederum eine Springtide als Grundvoraussetzung angenommen. Es zeigt sich, dass sich die Springtide von angenommenen 39 cm im Wasserstand einer schweren Sturmflut mit % auswirkt (Tab. 11). Die Unterschiede in der Modellierung lassen sich nicht eindeutig klären. Werden die Ergebnisse über mittlere Tideverhältnisse berechnet, so entsprechen sich die modellierten Höhen mit 319 cm über MThw sehr gut, nicht jedoch die Erhöhung durch Springtideeinfluss. Vom Grundsatz entsprechen die Ergebnisse tendenziell dem Ansatz von WAHL (2009), der von einer Springverminderung entsprechend der Windstauverminderung spricht. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Windstauhöhe und Wasserstandhöhe keinen Einfluss hat, im Gegenteil beim höchsten Wasserstand 1976 ist der noch erkennbare Springanteil am höchsten. Das lässt darauf schließen, dass es sich hier mehr um die Modellungenauigkeit und weniger um die Springwirkung handelt. Zwischenbericht_TP1a_ doc -69- Oktober 2010

82 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tab. 11: Numerische Modellierung zum Einfluss der Springtide von MAYERLE (2010) Wasserstand Wasserstand bei mittleren Datum bei Springtideverhältnissen Differenz Prozentualer Anteil Tideverhältnissen NN + 4,67 m NN + 5,00 m 33 cm 92 % Tide NN + 4,67 m NN + 4,98 m 31 cm 79 % NN + 5,25 m NN + 5,61 m 36 cm 92 % Zusammenfassung: Der Windstau erreicht bei Hochwasser eine Höhe von % im Vergleich zur Höhe bei Niedrigwasser. Dabei wird mit zunehmender Windgeschwindigkeit die Höhendifferenz geringer und erreicht bei m/s bei Hochwasser bis zu 90 % der Höhe bei Niedrigwasser. Demgegenüber verliert mit zunehmenden Windgeschwindigkeiten der Einfluss der täglichen Ungleichheiten gegenüber dem Windeinfluss auf die Windstaubildung an Größe. Der Einfluss der astronomischen Ungleichheiten nimmt somit mit zunehmendem Wasserstand und der einhergehenden Erhöhung des Windstaus ab. Die prozentuale Erhöhung des Windstaus durch Verschiebung des Tiefdruckgebietes und damit Erhöhung der Windgeschwindigkeit führt nicht zu einer vergleichbaren prozentualen oder linearen Verminderung des astronomischen Anteils. Das bestätigt, dass die einzelnen Faktoren unabhängig interagieren auch wenn sie vom Grundsatz den Regeln der langen Wellen folgen. Zu erklären wäre es mit den unterschiedlichen Phasenlängen. Unter Anwendung der herausgearbeiteten Zusammenhänge zwischen Windstauentwicklung und Windeinfluss wird anhand eines Dreisatzes die Wirkung eines maximalen Springtideanteils von 60 cm in Cuxhaven ermittelt. Die dabei zu Grunde liegende Annahme, dass die Reduzierung des Springtideeinflusses der Reduzierung des Windstaus entspricht ergibt sich im Fall der Sturmflut vom eine Wirkung des 60 cm hohen Springanteils von 7,38 cm (bei einer Windstauverschiebung von 89 %) Schlussfolgerungen für die Berechnung des Einflusses der Springtide Wird eine Sturmflut generiert, bei der ein bisher eingetretener Windstau mit einer Springtide zusammentreffen soll, stellt sich die Frage, ob die periodische Springtideauslenkung von 60 cm auch tatsächlich den Wasserstand in der Summe um diese 60 cm erhöhen wird. Somit ist das Ziel einen Wert zu ermitteln, der die Springerhöhung bei einem sehr hohen Windstau erfasst. Zwischenbericht_TP1a_ doc -70- Oktober 2010

83 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 6 Tide Hierzu wurden vier verschiedene Methoden angewendet, um die nicht-linearen Effekte herauszuarbeiten (Tab. 12). Grundlage bildet die Berechnung der astronomischen Tidekurve über ein harmonisches Verfahren. Durch Vergleich des Windstaus berechnet über die astronomische Tide und die mittlere Tide mit dem Effektivwind lässt sich erkennen, welche Bezugstide die korrekte Berechnungsgrundlage liefert. Über Kreuzkorrelation zeigt sich, dass die periodische Auslenkung sowohl im Maximum als auch im Verlauf des Windstaus eine Rolle spielt, allerdings keine sehr große. Das entspricht den Ergebnissen der numerischen Modellierung von. DICK (2000), der aufzeigen konnte, dass der Einfluss der periodischen Ungleichheit abnimmt je größer der Windstau ist und in der Summe recht gering ausfällt. Die Zunahme des Einflusses des Windes bei ansteigender Windgeschwindigkeit gegenüber der Zunahme aller anderen Einflussfaktoren spiegelt die Untersuchung zur Höhenzunahme des Windstaus bei Hochwasser in Relation zum Niedrigwasser wider. Tab. 12: Ergebnisse der Methoden zur Erfassung der nicht-linearen Effekte zwischen Tide und sehr schwerem Windstau Vorgehensweise Tide Ergebnisse Anwendung auf astronomische Ungleichheit von 60 cm auf Windstau 1976 Statistik Periodische Ungleichheit ist erkennbar, jedoch geringfügig geringfügig Höhenzunahme des Windstaus bei Thw durch Windzunahme in Relation zum Tnw Dreisatzberechnung Theor. Grundlage: Springtide reduziert sich entsprechend Windstau von Tnw nach Thw (60 90 %) Numerische Modellierung St. Dick m/s: 78 % Windstau bei Thw (im Mittel 78 %) m/s : 85 % Windstau bei Thw (im Mittel 86 %) Wirksamer Springtideanteil % Je nach Wasserstandshöhe verbleiben von der Springerhöhung % geringfügig (ca %) 1976: bei 89 % Windstauverschiebung 7,4 cm bei Windstau 1976: 16 cm bei Windstau Fernwelle 9,5 cm Werden die Ergebnisse zusammengefasst, bestätigen sie die Arbeitshypothese, dass der Springtideeinfluss mit zunehmender Windgeschwindigkeit abnimmt. Bei den hier betrachteten Wasserstandshöhen wird er eine nur geringe Höhe einnehmen. Bei DICK (2000) mit einer Ausgangsspringtideerhöhung von 44 cm zeigt sich eine Größenordnung von 7-14 cm bzw %, das würde bei 60 cm eine Höhe von cm ergeben. Um den vergleichbaren Anteil herausarbeiten zu können, werden die Windstauhöhen verglichen. Bei der Windstauhöhe von 375 cm, die hier verwendet wird, verbliebe ein Springtideanteil von 27 % (= 16,2 cm). Bei einer Erhöhung des Windstaus, im hier dargelegten Fall um den Fernwellenanteil, müssten nach DICK Zwischenbericht_TP1a_ doc -71- Oktober 2010

84 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle (2000) 16 %, entsprechend einer Springtideerhöhung von 60 cm = 9,5 cm angenommen werden. Auf Grund der dargelegten Analyse wird die kalkulierte Flut mit einem wirksamen periodischen Zuschlag von 7-16 cm versehen. Da davon auszugehen ist, dass bei einer sehr hohen Sturmflut der Springtideeinfluss im unteren Bereich dieser Spanne liegen wird, erfolgt für die erste Extremflut ein Zuschlag von 10 cm. Ergebnis: Die Extremflut erhält einen Zuschlag für die periodische Ungleichheit von 10 cm. Die Schwankungsbreite der Sturmflutkomponente periodische Ungleichheit liegt bei 7 bis 16 cm. Zwischenbericht_TP1a_ doc -72- Oktober 2010

85 7 Fernwelle Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Fernwellen (external surges) entstehen im Nordatlantik durch Änderungen des statischen Druckes an der Meeresoberfläche und Windschub (SCHMITZ 1965). Der Verlauf einer solchen external surge vom Atlantik in die Nordsee erfolgt bevorzugt, wenn ein intensives Tiefdruckgebiet aus dem Seegebiet südlich von Grönland und Island schnell nach Osten, nördlich an Schottland vorbei in Richtung Norwegen zieht. Die Fernwelle bewegt sich dann entgegen dem Uhrzeigersinn entlang des Küstenverlaufs von Aberdeen über Immingham entlang der west- und ostfriesischen Küste bis nach Cuxhaven (ANNUTSCH 1977) und überlagert sich der Gezeitenwelle. Methodisches Vorgehen Wird eine Fernwelle mit einem sehr hohen Windstau überlagert, ist davon auszugehen, dass sich ihr Einfluss auf den Wasserstand nicht in der vollen Höhe ausprägen wird. Es stellt sich die Frage, wie sehr der Wasserstand durch eine Fernwelle, die ohne Staueffekt etwa 1,10 m in Cuxhaven erreicht, erhöht wird. Anhand der Wasserstände oder Reststauhöhen allein ist das nicht möglich. Es muss geprüft werden, wie sich die Fernwelle von Aberdeen bis Cuxhaven verändert. Hierbei ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Fernwelle handelt, die gemeinsam mit einer Sturmflut auftritt oder eine Fernwelle, die ohne Sturm über der Nordsee vorkommt. Dabei werden folgende Arbeitsschritte vorgenommen: 1. Es werden die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete untersucht und geprüft, ob diese zur Bildung einer Fernwelle geführt haben können. 2. Die Abhängigkeit der Höhenentwicklung von der Zugbahn der Zyklone und vom Einfluss zusätzlicher meteorologischer Effekte über der Nordsee wird geprüft. 3. Es wird die Höhenentwicklung der Fernwelle von Aberdeen nach Cuxhaven untersucht und diese in Zusammenhang mit den Zugbahnen gestellt. Die Datengrundlage Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hat für den Zeitraum von 1971 bis 1995 die Wasserstände von Aberdeen und Immingham aufgezeichnet, wobei von 1974 bis 1978 keine Daten vorliegen. Mithilfe der für die Pegel berechneten astronomischen Hoch- und Niedrigwasserstände wurde beim BSH aus den beobachteten Pegeldaten der Windstau zu Hoch- und Niedrigwasser bestimmt. Dieser Stau wird über eine Mittelwertbildung geglättet, um die täglichen Wasserstandsschwankungen und astronomischen Einflüsse zu eliminieren. Der Mittelwert des Staus wird aus den Stauwerten zweier zeitlich aufeinanderfolgender Ereignisse berechnet und anschließend alle sechs Stunden aufgetragen: M = (10) Zwischenbericht_TP1a_ doc -73- Oktober 2010

86 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 wobei M = Mittelwert des Staus, S HW = Stau bei Hw, S NW = Stau bei Nw ist. Fernwelle Für den Pegel Cuxhaven wird dagegen der Reststau bestimmt, also der Stau, der nicht durch die Wirkung des Windes und des Luftdrucks im Küstenvorfeld erklärt werden kann. Dafür wird ebenfalls die Differenz zwischen eingetretenem und berechnetem Wasserstand (Windstau) bestimmt. Zur Ermittlung des Reststaus wird vom Windstau (dh) der Tabellenstau (Tst) und der durch den Luftdruck erzeugte Stau zum Zeitpunkt von Hoch- und Niedrigwasser minus 1015 hpa (dp) abgezogen, wobei nach KOOPMANN (1962b) für 1 hpa Luftdruckunterschied 1 cm Wasserstandsänderung angesetzt werden kann. Rst = dh Tst dp (11) Diese Beziehung gilt sowohl für Hoch- als auch für Niedrigwasser. Dabei ist der Tabellenstau (Tst) jener Stau, den das BSH für Windrichtung und Windgeschwindigkeit (in kn) 3,5 h vor Eintritt des Hoch- und Niedrigwassers berechnet, also der reine Windstau. Die so ermittelten Werte für Aberdeen, Immingham und Cuxhaven werden alle 6 h aufgetragen. Um eine zeitliche Vergleichbarkeit der Staudaten für Aberdeen und Immingham mit dem berechneten Reststau in Cuxhaven zu erreichen, wird eine zeitliche Verschiebung vorgenommen. Die Daten von Aberdeen werden 15 Stunden später aufgetragen als sie eingetreten sind. Diese vom BSH angenommene Zeitspanne für Aberdeen ist ein wenig länger als die Eintrittszeitdifferenz einer Fernwelle zwischen Aberdeen und Cuxhaven, die bei Stunden liegt (GÖNNERT 2003). Für Immingham bis Cuxhaven liegt nach KOOPMANN (1962b) die Verlagerung des Peaks bei ca. 7 Stunden. Die Stauwerte für Aberdeen und Immingham werden als Indikator für das Auftreten von Fernwellen verwendet. Da aus ihnen der reine Windstau nicht herausgerechnet wurde, ist dieses Signal möglicherweise durch Windstau überlagert. Nach KOOPMANN (1962b) ist der Windstau bei Aberdeen allerdings infolge der Wassertiefe als gering und bei Immingham als mäßig anzusehen, so dass er an dieser Stelle vernachlässigt werden kann. Der ermittelte Reststau in Cuxhaven enthält neben der Fernwelle noch weitere Einflussfaktoren. So nennt KOOPMANN (1962b) als Bestandteile der Reststaus neben der Schwallerhöhung (=Fernwelle) den Luftdruck und seine Schwankungen (die den Wasserstand beeinflussen), die Böigkeit des Windes (die Einfluss auf den Windstau hat) und Eigenschwingungen in der Querrichtung der Nordsee. Da mit der oben genannten Formel der statische Luftdruck schon aus dem Reststau herausgerechnet wird, blieben somit neben der Fernwelle noch die eventuell durch schnelle Luftdruckänderungen erzeugten freien Wellen, die Auswirkungen der Böigkeit auf den Wind- Zwischenbericht_TP1a_ doc -74- Oktober 2010

87 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle stau und die Eigenschwingungen der Nordsee im Reststau enthalten. Nach HUBER (2000) ist der Beitrag der Eigenschwingungen zur Wasserstandshöhe allerdings gering. ANNUTSCH (1977) unterscheidet bei der Erklärung des Staus meteorologische Fernwirkungen und lokale meteorologische Einflüsse über der Deutschen Bucht. Als Ursachen der lokalen Effekte nennt er den Wind (Richtung und Stärke), den statischen Luftdruck, die zeitliche Änderung des Luftdrucks (bei einer raschen zeitlichen Änderung des Luftdrucks können in der Nordsee freie Wellen von bis zu 1 m Höhe entstehen), die Wassertemperatur und die Temperaturdifferenz zwischen Luft und Wasser (je kälter die Luft und je größer die Temperaturdifferenz, desto größer ist die Wirkung des Windes auf das Wasser). Somit wären im ermittelten Reststau für Cuxhaven neben der Fernwelle auch noch eventuelle freie Wellen, die durch zeitliche Änderungen des Luftdrucks hervorgerufen werden, sowie der Einfluss der Wassertemperatur und der Temperaturdifferenz zwischen Luft und Wasser auf den reinen Windstau enthalten. JENSEN & MÜLLER-NAVARRA (2008) nennen neben der Temperaturdifferenz zwischen Luft und Wasser noch die Rauheit der Meeresoberfläche durch Seegang als Faktoren, die das Windprofil und damit den Windstau beeinflussen. Die aufgeführten möglichen Bestandteile des Reststaus zeigen, dass der für Cuxhaven berechnete Reststau nicht mit einer Fernwelle gleichgesetzt werden darf. Da die Anteile der übrigen genannten Bestandteile allerdings nicht quantifiziert werden können, wird für die Untersuchung von Fernwellen die gesamte Reststauhöhe herangezogen. MÜLLER-NAVARRA & GIESE (1999) haben ebenso in einem anderen Verfahren die Fernwelle aus dem Windstau heraus gerechnet. Für die Anwendung des dort entwickelten Verfahrens fehlten in der längeren Datenreihe der hier vorliegenden Arbeit die durchgehenden Parameter, um beide Verfahren vergleichend gegenüber zu stellen. Die Prüfung der Daten wies jedoch nach, dass die berechneten Fernwellenhöhen sich entsprachen oder nur sehr geringfügig abwichen. Definition von Fernwellen Bei Betrachtung der Stauberechnungen in Aberdeen, Immingham und der Reststaukurve von Cuxhaven sind Schwingungen in Aberdeen und Immingham in Höhe von ± 40 cm zu vernachlässigen, da sie alltäglich von örtlichen, meteorologischen Faktoren verursacht werden und daher nicht als Fernwellen zu bezeichnen sind. Um das alltägliche Rauschen durch Seegang, örtlichen Wind etc. zu eliminieren, wird eine Fernwelle wie folgt definiert (GÖNNERT 2003): Sie muss in Aberdeen und in Immingham auftreten. Stau in Aberdeen 40 cm. Zwischenbericht_TP1a_ doc -75- Oktober 2010

88 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Geringfügig erhöhte Wasserstände 20 cm werden berücksichtigt, wenn diese eine Wasserstandserhöhung unmittelbar nach bzw. vor einer Fernwelle darstellen, und somit ein deutlicher Zusammenhang mit der Fernwelle nachzuweisen ist. Alle surges, die in Immingham niedrigere Werte als in Aberdeen erreichen, werden nicht verwendet. Ausnahme bilden jene Fälle, bei denen die Höhendifferenzen zwischen h maxab und h maxim von ± 10 cm nicht überschritten werden und sie somit hinsichtlich ihres Charakters eindeutig als Fernwelle einzuordnen sind. Die Zeitdifferenz T zwischen T maxim : T maxab darf nicht größer als 5 h sein. Ergänzend erfolgte hier eine Prüfung der Wetterlagen mit der Definition: Vor dem Auftreten der Fernwelle muss ein Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik mit weniger als 1000 hpa Kerndruck aufgetreten sein und eine Zugbahn aufweisen, die die Entstehung der Fernwelle verursacht haben kann. 7.1 Fernwellen und Großwetterlagen Die Großwetterlagen (GWL) der Tage, an denen Fernwellen auftraten, sind dem Katalog der Großwetterlagen Europas (GERSTENGARBE et al. 1999) entnommen. Die Bezeichnungen der in den 73 Fällen herrschenden GWL lauten: WZ (West zyklonal), WA (West antizyklonal), WW (winkelförmige Westlage), NWZ (Nordwest zyklonal), SWZ (Südwest zyklonal), SWA (Südwest antizyklonal), SA (Süd antizyklonal), HM (Hoch Mitteleuropa), BM (Hochdruckbrücke Mitteleuropa), TRW (Trog Westeuropa), TRM (Trog Mitteleuropa). Abb. 24: Anzahl der Fernwellen nach Großwetterlage In Kombination mit der Zugrichtung wird angegeben, ob Hoch- oder Tiefdruckeinfluss überwiegt (antizyklonal bzw. zyklonal). Abbildung 24 zeigt die Anzahl der Fernwellen in Abhängigkeit von der herrschenden GWL. Zwischenbericht_TP1a_ doc -76- Oktober 2010

89 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Es ist deutlich zu erkennen, dass die meisten Fernwellen bei der Wetterlage West zyklonal auftreten. Diese GWL weist in Relation zu den übrigen hier aufgeführten Großwetterlagen im Zeitraum 1881 bis 1997 die höchste Häufigkeit pro Jahr auf. Sie ist zudem typisch für Sturmtiefs, die ihre Zugbahn über die Nordsee oder Skandinavien nehmen und damit Starkwindereignisse in der Nordsee auslösen können. Aber auch bei der antizyklonalen Variante der Westlage treten immer noch viele Fernwellen auf. Eine gewisse Häufung von Fernwellen ist auch bei den Wetterlagen Südwest antizyklonal und Hochdruckbrücke Mitteleuropa (ähnlich der Wetterlage SWA ). In Tabelle 13 sind diese vier Wetterlagen beschrieben. Für die Entstehung der hier untersuchten Fernwellen muss folglich starker Tiefdruckeinfluss über dem Nordatlantik herrschen. Tab. 13: Beschreibung ausgewählter Großwetterlagen (nach GERSTENGARBE et al. 1999) GWL WA WZ SWA BM Beschreibung In der nordwärts bis etwa 60 N vorgeschobenen atlantischen Frontalzone wandern Einzelstörungen von Schottland über Südskandinavien hinweg in Richtung Baltikum. Ihre Frontausläufer greifen nur zeitweise und oft abgeschwächt auf Mitteleuropa über. Das steuernde Tief liegt meist nördlich von 65 N bei Island; das mit seinem Kern nördlich der Inselgruppe liegende Azorenhoch reicht mit einem Keil bis weit ins südliche Mitteleuropa hinein. Die Frontalzone liegt zwischen 50 und 60 nördlicher Breite. Tiefdruckgebiete wandern vom Seegebiet westlich von Irland nördlich der Britischen Inseln und der Nord- und Ostsee bis nach Osteuropa und biegen dann, besonders im Winter, nach Nordosten um. Das steuernde Zentraltief liegt meist nördlich von 60 N, so dass über dem Nordatlantik tiefer Luftdruck herrscht. Das in normaler Lage befindliche Azorenhoch reicht meist mit einem Ausläufer bis nach Südfrankreich oder sogar bis in den Alpenraum. Über Südeuropa und Westrussland liegt eine Hochdruckzone. Zwischen diesem und einem Tiefdrucksystem über dem mittleren Nordatlantik und dem westlichen Nordmeer erstreckt sich eine von SW nach NE gerichtete Frontalzone, die vom Seegebiet südwestlich Irland bis ins Baltikum reicht. Die nordostwärts ziehenden Störungen streifen nur das westeuropäische Küstengebiet, während der größte Teil Mitteleuropas unter antizyklonalem Einfluss steht. Zwischen einem nördlich bis nordöstlich der Azoren liegenden Subtropenhoch und einem osteuropäischen Hoch besteht über Mitteleuropa hinweg eine brückenförmige Verbindung. Nördlich der Hochdruckbrücke verläuft eine von West nach Ost gerichtete Frontalzone, in der Einzelstörungen nach Osten ziehen und mit ihren Kaltfronten zeitweise die Brücke durchbrechen. Über dem Mittelmeer herrscht bis in die Höhe tiefer Luftdruck. Da die Wetterlagen, die besonders häufig mit dem Auftreten von Fernwellen in Verbindung stehen, zudem jene Wetterlagen sind, bei denen häufig Sturmfluten auftreten, ist ein Zusammentreffen von Sturmflut und Fernwelle schon von der Wetterlage her sehr wahrscheinlich. Dies zeigt sich besonders bei der Häufigkeit der Wetterlage WZ. Offensichtlich ist die Frage der Zugbahn des Tiefs im Rahmen der Großwetterlage für die Kombination Fernwelle und Sturmflut mit verantwortlich. Zwischenbericht_TP1a_ doc -77- Oktober 2010

90 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Eine Untersuchung der Anzahl der Fernwellen in Abhängigkeit von der herrschenden GWL unterteilt nach Höhe des gemessenen Reststaus (s. Abb. 25) zeigt, dass bei überdurchschnittlich hohem Reststau in Cuxhaven Westwetterlagen, besonders die zyklonale Variante, in den meisten Fällen der Auslöser waren. Auch bei unterdurchschnittlich hohem Reststau in Cuxhaven liegt häufig die Wetterlage West zyklonal vor, der Anteil der Wetterlage West antizyklonal geht jedoch deutlich zurück, während die übrigen Wetterlagen stärker vertreten sind. Abb. 25: Anzahl der Fernwellen < 48 cm und 48 cm nach Großwetterlage Fernwellen stehen somit meist mit einer überwiegend zyklonalen Westlage über Mitteleuropa in Verbindung. Nach der Untersuchung der Großwetterlagen sollen im Folgenden die ursächlichen Tiefdruckgebiete und ihre Zugbahnen analysiert werden. 7.2 Fernwellen und ursächliche Zugbahnen der Tiefdruckgebiete Für die Untersuchung der Bedingungen für das Einschwingen einer Fernwelle in die Nordsee wurden die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete über dem Nordatlantik und Europa dargestellt, auf welche die identifizierten Fernwellen im Zeitraum 1971 bis 1995 zurückgeführt werden können. Die Zugbahnen wurden aus Reanalyse-Wetterkarten des amerikanischen Wetterdienstes National Centers of Environmental Predicition (NCEP) rekonstruiert (ENDERS 2009). Die Auswertung dieser Zugbahnen ergab, dass Fernwellen bevorzugt auftreten, wenn ein intensives Tiefdruckgebiet mit einem Luftdruck deutlich unter 1000 hpa aus dem Seegebiet südlich von Grönland und Island schnell nach Osten, nördlich an Schottland vorbei in Richtung Norwegen zieht. Dies bestätigt die Ergebnisse von SCHMITZ et al. (1988), der eine in relativ hohen Breiten verlaufende östliche Zugbahn eines Tiefdruckgebiets aus dem Seegebiet zwischen Irland und Island nach Mittelnorwegen als besonders geeignet für den Verlauf einer external surge vom Atlantik in die Nordsee identifizierte. Eine Zugbahn, die südostwärts über Schottland hinwegführt, scheint ihm zufolge den Einlauf einer Zwischenbericht_TP1a_ doc -78- Oktober 2010

91 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Fernwelle in die Nordsee eher zu behindern. Die Sturmflut vom 3./ , die als Grundlage für die hier zu entwickelnde Extremflut herangezogen wird, ist auf eine solche ostwärtige Zugbahn über Großbritannien zurückzuführen (vgl. LAMB 1991). Abbildung 26 zeigt ein typisches Beispiel für eine Zugbahn, die zur Entstehung einer Fernwelle im Atlantik führt, die in die Nordsee transformiert wird. Die letzte eingezeichnete Position des Tiefkerns ist dem Zeitpunkt am nächsten, an dem das Reststaumaximum in Cuxhaven eingetroffen ist, so dass die Wettersituation in den 36 Stunden vor dem Eintreffen der Fernwelle in Cuxhaven deutlich wird. In diesem Fall trat der maximale Reststauwert am um 14 Uhr in Cuxhaven auf. Fernwelle am um 14:00 MEZ am Pegel Cuxhaven Zeitdifferenz Reststaumax. Aberdeen bis Cuxhaven: 15 h Fernwellenhöhe Ab.: 48 cm Fernwellenhöhe Imm.: 62 cm Fernwellenhöhe Cux.: 40 cm : : :00 GWL: HM 980 hpa 965 hpa 965 hpa : hpa = Position des Tiefkerns :00 = Datum und Uhrzeit in GMT 995 hpa = Luftdruck im Tiefkern Abb. 26: Zugbahn eines Tiefdruckgebiets, durch das es zu einer Fernwelle in der Nordsee kam Es treten aber auch Fernwellen auf, wenn Tiefdruckgebiete sehr langsam ziehen oder stationär werden. Die Fernwellen erreichen allerdings bei relativ schnell ostwärts ziehenden Tiefs aufgrund des Resonanzeffekts (s. Kap ) in der Regel höhere Werte. Bei Fernwellen, die zeitgleich mit einer Sturmflut auftreten, lassen sich generell zwei verschiedene Wettersituationen unterscheiden: 1. Das Tief, das eine Sturmlage über der Nordsee verursacht, hatte zuvor bereits Fernwellen verursacht, die in die Nordsee einlaufen. Fernwellenpeak und Sturmflutscheitel treten in der Deutschen Bucht zeitgleich auf und überlagern sich. Dadurch wird der Sturmflutwasserstand am Pegel Cuxhaven zusätzlich Zwischenbericht_TP1a_ doc -79- Oktober 2010

92 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle erhöht. Das ist der häufigste Fall der Überlagerung, der so auch bei der Sturmflut 1962 auftrat. 2. Es treten zwei Tiefdruckgebiete auf. Während das erste zeitlich vor dem Sturmtief durchzieht und eine Fernwelle produziert, zieht das zweite Sturmtief zeitlich so versetzt, dass Fernwellenpeak und Starkwindlage zeitgleich in Cuxhaven auftreten. Diese Situation kann auch umgekehrt vorkommen. Dann zieht zuerst das Sturmtief in die Nordsee, wird dort stationär und verweilt so lange, dass Fernwellen, die durch ein entferntes Tief erzeugt werden, ausreichend Zeit haben, ihren Peak vom Nordseerand nach Cuxhaven zu transportieren. An entsprechenden Beispielen soll das illustriert werden: Betrachtet man die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete in den Fällen, in denen Fernwellen und Sturmflut durch dasselbe Tief ausgelöst wurden und zeitgleich auftraten, zeigt sich, dass diese meist auf relativ südlicher Bahn ziehen. In Abbildung 27 ist ein Beispiel für eine solche Zugbahn dargestellt. In diesem Fall trat der höchste Windstau bei Cuxhaven ca. 3 Stunden vor TNW auf. Das Tiefdruckgebiet verursachte mit seinem Sturmfeld damit eine Sturmflut. Das über die Nordsee ziehende Tiefdruckgebiet bewirkt dort Wasserstandänderungen, die durch die Temperaturdifferenz zwischen Luft und Wasser, die Böigkeit usw. (s. Kap. 7, Abschnitt Die Datengrundlage ) besonders hoch ausfielen. Fernwelle am um 22:30 MEZ am Pegel Cuxhaven Zeitdifferenz Reststaumax. Aberdeen bis Cuxhaven: 12,5 h Fernwellenhöhe Ab.: 71 cm Fernwellenhöhe Imm.: 68 cm Fernwellenhöhe Cux.: 91 cm GWL: WZ : : hpa 955 hpa : : hpa 960 hpa Sturmflut in Cuxhaven: Windstau: 265 cm am um 01:00 MEZ Scheitel 2,5 h versetzt = Position des Tiefkerns :00 = Datum und Uhrzeit in GMT 960 hpa = Luftdruck im Tiefkern Abb. 27: Zugbahn eines Tiefdruckgebiets, durch das es zum zeitgleichen Eintreten von Fernwellen und Sturmflut kam Zwischenbericht_TP1a_ doc -80- Oktober 2010

93 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Eine Situation, in der Sturmflut und Fernwelle durch zwei verschiedene Tiefdruckgebiete ausgelöst wurden, ist in Abbildung 28 dargestellt. Bei diesem Ereignis trat zuerst das Tief auf, das für die Entstehung von Fernwellen im Atlantik sorgte, die ihren Peak am Pegel Cuxhaven am um 15 Uhr erreichten. Zeitlich versetzt zog ein weiteres Sturmtief vom sog. Jütland-Typ (s. Kap. 3.1) über Großbritannien hinweg ostwärts, auf das die am selben Tag auftretende Sturmflut zurückzuführen ist. Der höchste Windstau von 220 cm trat am um 17:25 Uhr auf, also nur wenig später als der gemessene Fernwellenpeak. Fernwelle am um 15:00 MEZ am Pegel Cuxhaven Stationäres Tiefdruckgebiet Zeitdifferenz Reststaumax. Aberdeen bis Cuxhaven: 18 h Fernwellenhöhe Ab.: 50 cm Fernwellenhöhe Imm.: 50 cm Fernwellenhöhe Cux.: 51 cm ca. 960 bis 970 hpa :00 GWL: WZ : : hpa 965 hpa Sturmflut in Cuxhaven: Windstau 220 cm um 17:25 MEZ 975 hpa Scheitel 2,5 h versetzt : : hpa 1005 hpa = Position des Tiefkerns :00 = Datum und Uhrzeit in GMT 975 hpa = Luftdruck im Tiefkern Abb. 28: Zugbahnen zweier Tiefdruckgebiete, die zum zeitgleichen Auftreten von Sturmflut und Fernwelle am Pegel Cuxhaven führten Es ist demzufolge davon auszugehen, dass das Zusammentreffen einer Fernwelle mit einer Sturmflut sowohl von zwei Tiefdruckgebieten ausgelöst werden kann als auch von einem. Infolgedessen werden die Fernwellen bezüglich ihrer Höhe und Zugbahn überprüft, um den höchsten Effekt beim Zusammentreffen von Sturmflut und Fernwelle zu erreichen. 7.3 Höhenentwicklung zwischen Aberdeen und Cuxhaven sowie Abhängigkeit von den Zugbahnen Im Folgenden werden die Kriterien dargestellt, die bei der Auswahl einer im Sturmflutfall entscheidenden Fernwelle verwendet werden. Der Untersuchungsansatz der nicht-linearen Überlagerung der einzelnen Komponenten macht deutlich, dass es erforderlich ist, die Entwicklung einer Fernwelle zwischen Aberdeen und Cuxhaven Zwischenbericht_TP1a_ doc -81- Oktober 2010

94 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle sowohl unabhängig von einer Sturmflut als auch in Verbindung mit einer Sturmflut zu untersuchen. Anschließend an die Darstellung der Ausgangsüberlegungen werden die Ergebnisse der Untersuchung von Höhe und Häufigkeit bisher aufgetretener Fernwellen geschildert. Kriterien zur Auswahl der für eine Sturmflut entscheidenden Fernwelle Für die Auswahl der korrekten Fernwelle zur Überlagerung mit einem Sturmereignis werden zunächst die folgenden Arbeitsschritte durchgeführt: 1. Auswahl der höchsten Reststauhöhe in Aberdeen und Cuxhaven 2. Analyse der Zugbahn in Hinblick darauf, ob diese neben der Fernwelle auch eine Sturmflut erzeugt hat. Kriterium für die gesuchte Zugbahn ist, dass sie keine Sturmflut verursacht hat und möglichst keine deutlich ersichtlichen zusätzlichen Auswirkungen auf den Wasserstand der Nordsee hat. Grund ist, dass das eine Fernwelle verursachenden Tiefdruckgebiet von den meteorologischen Effekten des Sturmtiefs getrennt berücksichtigt wird und keine zusätzlichen Erhöhungen durch Wechselwirkungen berechnet werden. Zudem sind die nicht-linearen Effekte am genauesten zu berechnen, je geringer der Einfluss aller anderen Faktoren außerhalb der Fernwelle in der Reststauberechnung ist. Infolgedessen gilt: Es ist eine Sturmflut auszuwählen, die in Cuxhaven eine große Höhe erreicht, wobei die Zugbahn des auslösenden Tiefdruckgebietes dergestalt ist, dass keine Fernwelle enthalten sein kann. Die Fernwelle wird von einem weiteren Tief gebildet, das unabhängig von dem Sturmtief ist. Das Tief, welches die Fernwelle auslöst, ist durch eine möglichst nördliche Zugbahn und geringe zusätzliche meteorologische Effekte auf den Wasserstand der Nordsee, gekennzeichnet. Es sollte jedoch in einem späteren Schritt geprüft werden, ob die Möglichkeit besteht, dass die gewählte Sturmwetterlage bei gleicher Ausgangslage, aber geänderten Bedingungen in der Wetterlage, wie es im MUSE Projekt entwickelt wurde, auch eine Wetterlage hätte bilden können, bei der das Tief der Sturmflut eine Fernwelle hätte initiieren können. Unter Anwendung dieser Ausgangsbedingungen zeigt sich, dass die Fernwelle vom mit einer Ausgangshöhe in Aberdeen von 108 cm am besten geeignet ist. Das die Fernwelle verusachende Tief hat keine Sturmflut im der Deutschen Bucht verursacht und die Zugbahn des Tiefs verläuft relativ weit nördlich (s. Abb. 29). Zwischenbericht_TP1a_ doc -82- Oktober 2010

95 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Fernwelle am um 17:00 MEZ am Pegel Cuxhaven : hpa Zeitdifferenz Reststaumax. Aberdeen bis Cuxhaven am : 17 h Fernwellenhöhe Ab.: 108 cm Fernwellenhöhe Imm.: 97 cm Fernwellenhöhe Cux.: 109 cm : hpa : hpa GWL: SWA : : hpa 965 hpa = Position des Tiefkerns :00 = Datum und Uhrzeit in GMT 965 hpa = Luftdruck im Tiefkern Abb. 29: Zugbahn des Tiefs, das die Fernwelle vom auslöste Auswertung: Die Frage, die sich nach Auswahl der Fernwelle ergibt, ist, welchen Beitrag zum Wasserstand die Fernwelle leistet, wenn sie mit einem sehr hohen Windstau in Cuxhaven zusammentrifft. Diesbezüglich wird angenommen, dass es bei einer nichtlinearen Überlagerung der Fernwelle mit einer Sturmflut zu einer Verringerung der Fernwelle kommt. Ziel ist es anhand der Daten die nicht-linearen Effekte herauszuarbeiten und die Größenordnung der Höhenminderung durch Überlagerung festzulegen. Die Auswertung von nicht-linearen Effekten auf Sturmfluten ist bei dem ausschließlichen Vorhandensein von Beobachtungsdaten ein recht komplexes Unterfangen. Es wird deshalb zunächst die Höhe und Häufigkeit bisher aufgetretener Fernwellen analysiert, um dann die Entwicklungen zwischen den Pegel Aberdeen, Immingham und Cuxhaven zu betrachten. Die Erkenntnisse werden in den Zusammenhang mit den Zugbahnen gestellt. Im Zeitraum 1971 bis 1995 ( : Datenlücke) traten 73 Fernwellen auf. Abbildung 30 gibt einen Überblick über die Häufigkeiten der beim Auftreten einer Fernwelle gemessenen Reststauhöhe in Cuxhaven. Zwischenbericht_TP1a_ doc -83- Oktober 2010

96 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Abb. 30: Anzahl Fernwellen nach gemessener Reststauhöhe in Cuxhaven Zeitgleich mit einer Sturmflut traten neun der beobachteten 73 Fernwellen auf (Abb. 31). Die Höhe dieser Fernwellen liegt zwischen 25 und 100 cm. Sieben der neun Fernwellen bei Sturmfluten erreichten eine Höhe von 60 cm oder mehr in Cuxhaven. Im Beobachtungszeitraum gab es insgesamt 39 Sturmfluten. Das bedeutet, dass jede fünfte bis sechste Sturmflut zeitgleich mit einer Fernwelle größer 60 cm eintritt Höhe der Fernwellen über NN [cm] Mittelwert Keine Daten Datum der Fernwellen zum Zeitpunkt einer Sturmflut Abb. 31: Häufigkeit von Fernwellen zum Zeitpunkt einer Sturmflut für den Zeitraum Höhenentwicklung von Aberdeen bis Cuxhaven Der Reststau, der in Cuxhaven messbar ist und als Fernwellenhöhe außerhalb des Windeinflusses interpretiert wird, reicht im Zeitraum von 10 cm bis 109 cm. Die Ausgangshöhe in Aberdeen liegt bei 30 cm bis 108 cm. Zwischen 1956 und 1960 traten laut KOOPMANN (1962b) Fernwellen in Cuxhaven von maximal 95 cm bei Hochwasser bzw. 120 cm bei Niedrigwasser auf. Für den Zeit- Zwischenbericht_TP1a_ doc -84- Oktober 2010

97 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle raum beträgt die maximale Reststauhöhe in Cuxhaven 90 cm bei Hochwasser und 109 cm bei Niedrigwasser. Von den untersuchten Fernwellen ist in gut 70 % der Fälle in Cuxhaven eine deutliche Verringerung des Reststaus im Vergleich zum Wert in Aberdeen zu verzeichnen, wobei zum größten Teil die Höhendifferenz bei -1 bis -20 cm liegt. Deutlich weniger Fernwellen werden von Aberdeen bis Cuxhaven um 20 bis 40 cm niedriger (s. Tab. 14). Nur einige Fernwellen erreichen in Cuxhaven einen Reststau, der deutlich höher ist als in Aberdeen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass in der Regel die Fernwelle auf dem Weg von Aberdeen bis Cuxhaven um bis zu 20 cm abnimmt. Erhöhungen des Reststaus in Cuxhaven im Verhältnis zu Aberdeen müssen mit lokalen, nicht durch Fernwellen bedingten Ursachen zusammenhängen (GÖNNERT 2003). Tab. 14: Höhendifferenz Aberdeen - Cuxhaven Höhendifferenz Aberdeen - Cuxhaven Anzahl -50 bis 41 cm 2-40 bis 31 cm 1-30 bis 21 cm 1-20 bis 11 cm 4-10 bis 1 cm 13 0 cm 1 1 bis 10 cm bis 20 cm bis 30 cm 7 31 bis 40 cm 6 > 40 cm 0 Die Entwicklung der Fernwellenhöhe von Aberdeen bis Cuxhaven lässt sich besser analysieren, wenn Immingham hinzugezogen wird. Die Höhendifferenz zwischen Aberdeen und Immingham und Immingham und Cuxhaven gibt ein anschauliches Bild über die Höhenentwicklung einer Fernwelle. Die mittlere Höhe aller 73 untersuchten Fernwellen beträgt in Aberdeen 54 cm, in Immingham 63 cm und in Cuxhaven 48 cm. Die mittlere Höhe von Fernwellen wächst zwischen Aberdeen und Immingham also in der Regel an, um dann auf dem Weg nach Cuxhaven umso stärker an Höhe zu verlieren, sodass sie in Cuxhaven flacher sind als in Aberdeen. Diese Höhenabnahme auf dem Weg durch die Southern Bight und die Deutsche Bucht ist auf die Wirkung der Reibung zurückzuführen (SCHMITZ et al. 1988). Die Höhenzunahme von Aberdeen bis Immingham kann bis über 80 cm betragen; nur in seltenen Fällen verliert die Fernwelle zwischen Aberdeen und Immingham an Zwischenbericht_TP1a_ doc -85- Oktober 2010

98 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Höhe (bis -20 cm). Eine Abhängigkeit der Höhendifferenz zwischen Aberdeen und Immingham von der absoluten Höhe in Aberdeen ist nicht deutlich erkennbar. In ihrem weiteren Verlauf von Immingham nach Cuxhaven nimmt die Höhe der Fernwelle in der Regel wieder ab, und zwar um einige Zentimeter bis 30 cm (GÖNNERT 2003). Neun der 73 Fernwellen traten zum Zeitpunkt einer Sturmflut auf. Betrachtet man nur diese Fälle, sind die Fernwellen an allen drei Pegeln in der Regel deutlich höher. Ein starker Höhenzuwachs ist auf der Strecke zwischen Aberdeen (mittlere Höhe der Fernwelle 62 cm) und Immingham (mittlere Fernwellenhöhe 86 cm) festzustellen, wobei die Höhenabnahme bis Cuxhaven (mittlere Fernwellenhöhe 71 cm) weniger stark ausfällt. Die Fernwelle kommt im Mittel in Cuxhaven mit einer größeren Höhe als in Aberdeen an. Die Reststauwerte, die in den Fällen gemessen wurden, in denen eine Fernwelle zeitgleich mit einer Sturmflut auftrat, nahmen also in der Regel von Aberdeen nach Cuxhaven an Höhe zu, und zwar im Mittel um etwa 34 %. Diese Erhöhung von Aberdeen nach Cuxhaven ist auf die bereits geschilderten lokalen Effekte des Sturmtiefs in der Nordsee zurückzuführen. Die 64 Fernwellen, die unabhängig von einer Sturmflut auftraten, nahmen in der Regel von Aberdeen nach Cuxhaven an Höhe ab. Die mittlere Abnahme beträgt ca. 30 %. Dabei haben die zehn Fernwellen, die in Cuxhaven die höchsten Werte erreicht haben, auf ihrem Weg von Aberdeen nach Cuxhaven zugenommen. Die Fernwellen, die in Aberdeen besonders hohe Werte erreicht haben, haben auf ihrem Weg nach Cuxhaven an Höhe verloren. Dies deutet darauf hin, dass die Fernwellen in ihrer Entwicklung eine bestimmte Höhe aus vermutlich physikalischen Gründen nicht überschreiten. MAYERLE et al. (2010) beziehen in der von ihnen durchgeführten Sensitivitätsstudie zur Physik von Sturmfluten (zur Beschreibung des Modellsystems vgl. Kap ) ebenfalls die Fernwelle als Komponente der Sturmflut ein. In dieser Studie zeigt sich in Kombination mit Windstau und Springtide eine Reduzierung der Fernwelle in Cuxhaven um ca. 23 %. Die für die Modellierung verwendete Fernwelle weist den dritthöchsten gemessenen Wert in Cuxhaven auf. Sie nimmt auf dem Weg von Aberdeen nach Cuxhaven zu und entspricht somit nicht dem in der vorliegenden Arbeit ermittelten typischen Verlauf einer Fernwelle. Somit kann ihre Entwicklung von Aberdeen nach Cuxhaven nicht zu Vergleichszwecken herangezogen werden. Zusammenhänge zwischen Zyklonenbahnen und Höhenentwicklung In der obigen Untersuchung der Höhenentwicklung der Fernwellen von Aberdeen nach Cuxhaven zeigt sich bereits, dass die Fernwellen, die zeitgleich mit einer Sturmflut aufgetreten sind, eine andere Entwicklung durchlaufen als Fernwellen im Allgemeinen. Hier soll nun noch einmal auf die unterschiedliche Entwicklung von Fernwellen, die unabhängig von einer Sturmflut aufgetreten sind und Fernwellen, die zeitgleich mit einer Sturmflut aufgetreten sind, eingegangen werden. Zwischenbericht_TP1a_ doc -86- Oktober 2010

99 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Wie weiter oben bereits dargestellt, beträgt die mittlere Höhe aller 73 untersuchten Fernwellen in Aberdeen 54 cm und in Cuxhaven 48 cm. Betrachten man nun die zwei Kategorien von Fernwellen getrennt, beträgt die mittlere Höhe der Fernwellen, die unabhängig von einer Sturmflut aufgetreten sind, in Aberdeen 53 cm und in Cuxhaven 45 cm. Bei den neun Fernwellen, die zeitgleich mit einer Sturmflut aufgetreten sind, liegt der Wert in Aberdeen bei 62 cm und in Cuxhaven bei 71 cm. Das heißt also, dass im Falle eines zeitgleichen Auftretens der beiden Komponenten die Fernwellenhöhe an beiden Pegeln überdurchschnittlich hoch ist und die Höhe im Gegensatz zur üblichen Entwicklung von Aberdeen nach Cuxhaven zunimmt. Es lässt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Zugbahnverlauf des Tiefdruckgebiets und Entwicklung der Fernwelle erkennen. Somit sind Fernwellen, die von Aberdeen bis Cuxhaven an Höhe zunehmen, durch zusätzliche meteorologische Effekte in der Nordsee geprägt, die einen höheren Reststau in Cuxhaven bewirken als eine Wasserstandserhöhung allein durch Fernwelle aus dem Atlantik ergeben hätte. Bei gleichbleibenden bzw. abnehmenden Fernwellen von Aberdeen bis Cuxhaven bewirkt das sie verursachende Tief geringere oder keine meteorologische Effekte in der Nordsee. 7.4 Schlussfolgerungen für die Berechnung des Einflusses der Fernwelle Das Vorgehen zur Ermittlung der in Extremflut einfließenden Fernwelle ist in Tabelle 15 zusammengefasst. Um bei der Betrachtung der Fernwelle als Einzelfaktor Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Faktoren einer Sturmflut auszuschließen, werden für die Ermittlung der maßgebenden Fernwelle die Ereignisse betrachtet, die unabhängig von einer Sturmflut aufgetreten sind. Diese Fernwellen haben im Mittel von Aberdeen nach Cuxhaven ca. 30 % abgenommen. Betrachtet man von diesen Fernwellen diejenigen, die in Aberdeen eine Höhe 60 cm aufwiesen (14 Fernwellen), so zeigt sich, dass diese auf ihrem Weg von Aberdeen nach Cuxhaven zwischen 8 % und 43 % abnahmen. Die höchste Fernwelle in Aberdeen erreichte eine Höhe von 1,08 m. Reduziert man diese um die oben genannten 30 %, um die Höhe der Fernwelle in Cuxhaven zu ermitteln, kommt man auf eine Höhe von rund 80 cm (77 cm). Dies entspricht der Fernwellenhöhe, wie sie während der Sturmflut 1962 beobachtet wurde (LAUCHT 1968). Zieht man die Ergebnisse der numerischen Modellierung zu Vergleichszwecken hinzu, so zeigt sich, dass die Reduzierung der Fernwellenhöhe in Cuxhaven von 109 cm auf 80 cm in etwa der in der Modellierung ermittelten Reduzierung der Fernwelle in Verbindung mit Windstau und Springtide entspricht. Unter Beachtung des Schwankungsbereichs von 8 % bis 43 % Abnahme zwischen Aberdeen und Cuxhaven ergäbe sich eine mögliche Fernwellenhöhe am Pegel Cuxhaven von etwa 60 cm bis 100 cm. Zwischenbericht_TP1a_ doc -87- Oktober 2010

100 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 7 Fernwelle Tab. 15: Ergebnisse des Vorgehens zur Ermittlung der maximalen Fernwelle Vorgehensweise Fernwelle Ergebnisse Anwendung Einfluss der außertropischen Zyklone Fernwelle und Sturmflut können sowohl von der gleichen, als auch von zwei verschiedenen Zyklonen ausgelöst werden Abhängigkeit zur Zugbahn der außertropischen Zyklone Zugbahn der Zyklone weit nördlich (zw. Island und Schottland): Abnahme in der Höhe bzw. relativ konstant (Aberdeen-Cuxhaven) Zugbahn der Zyklone weiter südlich (nahe Schottland): Zunahme in der Höhe (Aberdeen-Cuxhaven) Verwendung einer Fernwelle ohne Sturmflut, daher Wahl einer beobachteten Fernwelle mit einer weit nördlich gelegenen Zugbahn Ermittlung der Fernwellengröße unabhängig von Sturmfluten Abnahme der Fernwellen von Aberdeen nach Cuxhaven um 30 % 77 cm (unter Verwendung der höchsten Fernwelle am ) Ermittlung der Fernwellengröße mit einer Sturmflut empirisch: 16./ Fernwelle 80 cm numerisch: bei Überlagerung mit Windstau und Springtide Reduzierung der Höhe in Cuxhaven um 23 % 80 cm in Cuxhaven bei der verwendeten Fernwelle Vergleich schwierig Im Zeitraum 1971 bis 1995 traten in Cuxhaven zwar vier Fernwellen zeitgleich mit einer Sturmflut auf, die die Höhe der Fernwelle während der Sturmflut 1962 um 5 bis 20 cm überschritten und folglich 85 bis 105 cm in Cuxhaven erreichten. Allerdings trat bei diesen vier Sturmfluten ( , , und ) nur vergleichsweise geringer Windstau auf. Der geringe Windstau führte nur zu einer vergleichsweise geringen Rückströmung, so dass die durch die Fernwelle bewirkte Wasserstandserhöhung kaum abgeschwächt wurde. Ein hoher Windstau, wie er bei der zu ermittelnden Extremflut herangezogen wird, hätte eine größere Rückströmung und folglich eine größere Reduktion der Wassersäule zur Folge, so dass auch die Fernwellenhöhe bei Überlagerung stärker reduziert werden würden. Ergebnis: Die Fernwelle für die Extremsturmflut hat in Cuxhaven eine Höhe von 77 cm. Die Schwankungsbreite der Sturmflutkomponente Fernwelle liegt bei 60 bis 100 cm. Zwischenbericht_TP1a_ doc -88- Oktober 2010

101 8 Die erste Extremflut Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 8 Die erste Extremflut Die Berechnung einer Extremflut in Hamburg erfolgt über die Analyse des Sturmflutgeschehens und dessen meteorologischen und hydrodynamischen Zusammenhänge. Ausgangspegel für Hamburg ist der Pegel Cuxhaven, da hierfür homogene Beobachtungszeitreihen seit 1901 vorliegen. 8.1 Die erste Extremflut am Pegel Cuxhaven Grundlage der Vorgehensweise ist, dass die Faktoren Windstau, Fernwelle und maximale Springerhöhung einer Sturmflut einzeln berücksichtigt und die seit 1843 eingetretenen höchsten Ereignisse nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten überlagert werden. Hintergrund ist, dass eine Sturmflut von Starkwindlagen gebildet wird, die bei auf die Küste gerichteten Windrichtungen zu einer Stauwirkung führen. Die an die Küste transportierten Wassermassen überlagern die vorherrschende astronomische Tide. Zusätzlich kann aus dem Atlantik eine Fernwelle in die Nordsee einschwingen, die die Tide überlagert. Der Wind, der die Sturmflut verursacht, transportiert die Wassermassen in Richtung Küste und sattelt damit den Windstau auf den durch Astronomie und Fernwelle erhöhten Wasserstand auf. Diese Überlagerung erfolgt nichtlinear, da ein auf die Küste gerichteter Transport von Wassermassen eine entgegengesetzt wirkende Ausgleichsströmung am Meeresboden hervorruft. Die Ausgleichsströmung nimmt mit abnehmender Reibung aufgrund von erhöhten Wasserständen zu und führt damit zu einer Absenkung der Wassersäule und einer Schrägstellung der Wasserspiegelachse in Richtung Küste. Letzterer Punkt wird durch die Annahme unterstützt, dass eine bestimmte Windgeschwindigkeit nur in der Lage ist eine bestimmte Schrägstellung des Wasserstandes von der Nordsee zur Küste hin zu halten, so dass eine unbegrenzte Überlagerung nicht möglich ist. Zur Erfassung der nicht-linearen Effekte wird anhand der vorhandenen Daten erarbeitet, wie viel der Windstau sich erhöht, wenn der Wind das Wasser über eine Springtide angestaut hätte. Weiterhin wird anhand der Entwicklungen einer Fernwelle von Aberdeen bis Cuxhaven erarbeitet, wie sich eine Fernwelle ohne Starkwindlagen und mit Starkwindlagen und damit im Zusammenhang mit einem Windstau über der Nordsee entwickelt. Aus den Ergebnissen werden die nicht-linearen Effekte bei Überlagerung der einzelnen Faktoren erarbeitet und eine Extremflut berechnet, deren Verlauf sich an den Charakteren von sehr schweren Sturmfluten anlehnt. Anhand der erarbeiteten Ergebnisse, die in den vorangegangenen Kapiteln für die einzelnen Komponenten und deren Wechselwirkungen mit anderen Größen geschildert wurden, wird eine Extremflut konstruiert. Als Grundlage wird das Sturmflutereignis vom verwendet. Die Analyse der höchsten Windstaumaxima zu allen Tidephasen wies bei Niedrigwasser bis zu 430 cm Stau auf und durfte damit nicht unbeachtet bleiben. Die Verschiebung der Zwischenbericht_TP1a_ doc -89- Oktober 2010

102 Hydrodynamische Interaktion der Sturmflutkomponenten Kapitel 8 Die erste Extremflut Windstaumaxima von Tnw nach Thw wies jedoch deutlich niedrigere Werte als bei Thw 1976 auf (Kap. 5.3) erreicht der Windstau kurz nach Tnw sein Maximum mit 415 cm Höhe, zu Thw liegt der beobachtetet Windstauwert bei einer Höhe von 370 cm und erreicht damit zu Thw 89 % der Windstauhöhe zu Tnw. Damit wird die Annahme einer Verschiebung von Winstau (Thw) zu Windstau (Tnw) von 90 % bei hohen Windgeschwindigkeiten nach der im Kapitel angeführten Analyse bestätigt, wodurch sich der beobachtete Windstau zur Verwendung bei der Konstruktion der Extremflut deutlich empfiehlt. Im Zuge der Kombination der Einzelfaktoren Windstau, Springtideerhöhung und Fernwelle, wird der Stau wie folgt modelliert: Die Ergebnisse zur Wirkung von Springtideerhöhungen auf den Scheitelwasserstand haben gezeigt, dass der wirksame Springtideanteil zu Thw bei 7-16 cm liegt (s. Kap ). Die Windstaukurve wird auf Grund dieser Ergebnisse dahingehend modifiziert, dass der wirksame Springtideanteil (10 cm) zu Thw in ganzer Größe wirkt, sprich hinzuaddiert wird. Abb. 32: Wasserstand und Einzelkomponenten der Extremflut auf Basis der Sturmflut 1976 am Pegel Cuxhaven Die Sturmflut vom trat erwiesenermaßen (s. Kap. 7.3) ohne einen Einfluss durch eine Fernwelle auf. Für die Extremflut wird der Ausgangslage in Form der Sturmflut 1976 eine Fernwelle beigefügt. Dazu wird die Fernwelle vom , die am Pegel Cuxhaven ohne ein Zusammentreffen mit einer Sturmflut eine maxima- Zwischenbericht_TP1a_ doc -90- Oktober 2010

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