Liebe Gemeinde! Pfr. U. Röskamp Ev. Jakobskirche Malterdingen am 4. März Korinther 12, 4-6 1
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- Silke Engel
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1 Liebe Gemeinde! Sie kennen diese kleine Szene sicher, haben sie schon mal irgendwo gehört, es geht um unseren Körper, um das Zusammenspiel der Organe und Gliedmaßen und wie das so geht, wenn das mit der Zusammenarbeit nicht so ganz klappt. Ich versuch das mal wenigstens ein bißchen nachzumachen: Ohr an Großhirn, Ohr an Großhirn: Habe soeben das Wort Saufkopf entgegennehmen müssen. Großhirn an Ohr: Von wem? Ohr an Großhirn: Ich kann nicht sehen! Mal Auge fragen. Großhirn an Auge: Wer hat da eben Saufkopf gesagt? Auge an Großhirn: Der Typ, der uns gegenüber steht. 1,95m groß, breite Schultern und Schlägertype. Äh..ähmm.. Großhirn an alle: Fertig machen zum Ärgern! Großhirn an Drüsen: Adrenalinausstoß vorbereiten! Milz an Großhirn, Milz an Großhirn: Was ist denn da los bei euch, ich krieg ja überhaupt nichts mit. Großhirn an Milz: Brauchst auch nix mitzukriegen, halt dich da raus. Sie sehen, die Aufgaben sind in diesem Körper klar verteilt, die Kommunikation scheint nicht so optimal zu laufen, aber es ist auch klar: Alle sind auf die jeweils anderen angewiesen. Wobei nicht so ganz klar zu sein scheint, dass es auch solche unsichtbaren Organe wie die Milz durchaus im Körper braucht. Szenenwechsel. Ein Mann schaut über die weite Ebene. Durch sein Gefängnisfenster sieht er längst nicht alles. Aber vor seinem inneren Auge schaut er die Pfr. U. Röskamp Ev. Jakobskirche Malterdingen am 4. März Korinther 12, 4-6 1
2 Menschen in Korinth. Sieht, wozu sie fähig wären. Sieht, was sie durch Christus sein könnten. Sicher, da sind die Probleme, die es dort gibt. Die kennt er nur zu gut. In ihm aber brennt das Feuer der Leidenschaft für Christus. Hat er nicht selbst erlebt, wozu Christus Menschen wie ihn begabt und befähigt? Und so schreibt er ihnen in fünf Abschnitten, was er ganz konkret empfiehlt für ihre Schwierigkeiten im Miteinander, im Gemeindeleben. Schreibt vom Essen des sog. Götzenopferfleisches. Ob Christen essen dürfen, was nichtchristlichen Göttern in den Tempeln geopfert wurde. Schreibt vom Agapamahl. Ein Miteinanderessen vor dem Abendmahl, zu dem die Wohlhabenden schon am Nachmittag kommen konnten, so dass für die Ärmeren später kaum noch etwas da war. Ganz praktische Empfehlungen und Weisungen gibt er. Dann bricht das Feuer seiner Leidenschaft für Jesus durch und er setzt einen ganzen Abschnitt hinzu, der ihr Leben in ganz neues Licht stellt: Er vergleicht die Christen in der Gemeinde mit einem Körper mit seinen unterschiedlichen Gliedmaßen und Organen. Menschen in einer Gemeinschaft verhalten sich zueinander wie die Glieder eines Leibes. Der Vergleich ist so einfach, dass er unmittelbar überzeugt. Er ist so schön und liegt so nahe, dass er schon lange vor Paulus bekannt war, und zwar in Rom. Fast 500 Jahre vor Christus haben die Plebejer, die Menschen für die niedrigsten Arbeiten, gestreikt und sind ausgewandert. Der Sage nach soll ein Menenius Agrippa sie wieder zum Arbeiten bewegt haben, indem er sagte: Wenn Arme und Beine nicht mehr für den Magen arbeiten wollen, dann geht es allen noch schlechter, als wenn sie nur schwer arbeiten. Paulus wird diese römische Sage gekannt haben, er war ja ein gebildeter römischer Staatsbürger. Natürlich will Paulus mit diesem Bildwort keine Ausbeutung der ohnehin Benachteiligten rechtfertigen. Im Gegenteil, er betont die Ehre der Geringen. Vor allem will er den Christen in Korinth helfen, ihre Spaltungen zu überwinden. Die einen haben diese Gaben, die anderen haben jene Fähigkeiten. Die Pfr. U. Röskamp Ev. Jakobskirche Malterdingen am 4. März Korinther 12, 4-6 2
3 einen werden in Leitungsämter gewählt, andere können schnell und zuverlässig das tun, was die begabten Planer nur denken können. Eigentlich ist das gar kein Bild mehr, sondern eine Wesensbeschreibung. Wenn Paulus von der Gemeinde als Leib Christi spricht, dann geht es nicht mehr um ein Bild, sondern um das, was sie ihrem Wesen nach ist. Von der Gemeinde als Leib zu sprechen ist darum nicht einfach so eine Idee. Die Gemeinde ist Leib. Wo die christliche Gemeinde lebt, da lebt sie wie ein Leib mit verschiedenen Gliedern. Paulus sagt: Ihr alle zusammen seid, bildlich gesprochen, der Leib Christi. Zusammengefügt und verbunden seid ihr durch die Taufe. Wer getauft ist, gehört voll zur Gemeinschaft, hat dieselbe Würde wie jede und jeder andere Getaufte. Wir dürfen das Bild auch weiterdenken. Über unsere Gemeinde hinaus auf alle Christen in Malterdingen. Über unseren Ort hinaus in die ganze Welt. Die weltweiten Gemeinden als der Leib Christi, mit ganz unterschiedlichen Gaben und Aufgaben. Dieser Leib umfasst den ganzen oikos, eben die Ökumene, wörtlich: alles Bewohnte. Alle Christen gehören dazu. Was aber bedeutet es, wenn wir von der Gemeinde als Leib sprechen? Es geht um eine neue Art des Denkens: Das Leib-Christi-Denken. Paulus stellt dem Denken im Leib-Christi-Bild das private Denken gegenüber: Da geht es nur um das Eigene, da denkt jemand nur an sich, betrachtet sein eigenes frommes Leben, beteiligt sich nur als Hörer am Gemeindeleben oder verliert sich in akademischen Gedanken. Wenn wir heute beklagen, dass so mancher, wenn es um die Gemeinde geht, die Frage stellt: Was habe ich davon?, dann hängt das auch mit einem fehlenden Leib-Christi-Verständnis zusammen. Bevor Paulus nun aber dieses Leib-Christi-Bild richtig entfaltet, gibt er in einer Art grundsätzlicher Überschrift diese drei Sätze vor: Es gibt zwar verschiedene Gaben, aber es ist immer derselbe Geist. Es gibt verschiedene Aufgaben, aber es ist immer derselbe Herr. Es gibt verschiedene Kräfte, aber es ist immer derselbe Gott. Pfr. U. Röskamp Ev. Jakobskirche Malterdingen am 4. März Korinther 12, 4-6 3
4 Er bewirkt das alles in allen. Ende der letzten Woche sind wir zusammengewesen. Die Einladung ging an alle Mitarbeitenden der Gemeinde. 37 Mitarbeitende sitzen zwei Tage lang zusammen, die Kirchenältesten sind dabei. Gemeinsam bitten wir um Leitung durch Gottes Geist. Fragen nach Bibelworten, die uns in unserer Gemeinde leiten können und sollen. Suchen nach der Perspektive, die Gott uns durch seinen Geist zeigen kann. Perspektiventwicklung heißt dieses Treffen. Miteinander wählen wir schließlich diese drei Zeilen aus dem Korintherbrief aus, die Paulus uns bis heute ins Herz schreiben möchte. Diese drei Verse aus dem Brief, den Paulus den Korinthern schreibt, finden die Mitarbeitenden unsere Gemeinde so wichtig, dass sie uns in der näheren Zukunft immer wieder vor Augen stehen sollen. Damit wir uns an ihnen ausrichten. Immer wieder auch überprüfen: Stimmt das denn so für uns? Natürlich geht es nicht um irgendeine Art von perfekter Gemeinde, sondern um ein Gehen in dieser Richtung und immer wieder daran ausrichten. An diesem Bibelwort haben wir uns in dieser sogenannten Perspektiventwicklung bereits orientiert und einen gemeinsamen Perspektivsatz entwickelt, der uns immer wieder in Erinnerung bringen soll, was uns wichtig ist. Wir sind eine offene und lebendige Kirchengemeinde, getragen und begeistert von der Liebe Gottes. Er schenkt uns einen Lebensraum, in dem sich unsere vielfältigen Gaben entfalten und in der Dorfgemeinschaft wirken. Sie merken schon, dass der Bibeltext hineinwirkt in diesen Perspektivsatz. Beides zusammen war dann die Grundlage für neue Ideen, die unser Miteinander in der Gemeinde und der Dorfgemeinschaft stärken sollen. Da soll es um einen Jugendkreis für 12-14jährige gehen, die Liebenzeller Gemeinschaft wird dabei unterstützend tätig sein. Dann geht es um diakonische Aufgaben in Malterdingen, von einem Abholdienst zum Gottesdienst bis hin zur Nachbarschaftshilfe sollen Ideen überdacht und ausgearbeitet werden. Und schließlich Pfr. U. Röskamp Ev. Jakobskirche Malterdingen am 4. März Korinther 12, 4-6 4
5 wird ein Begegnungsabend entstehen, an dem für Mitarbeitende und Interessierte regelmäßig Gelegenheit sein soll, sich auszutauschen. Denn das zeigt uns der Bibeltext ja auch auf. Gaben und Aufgaben, also Dienste, führen nicht unbedingt sofort und jederzeit zusammen. Die Vielfalt der Gaben und Aufgaben kann eben auch auseinanderdriften. Da kann Neid entstehen. Hat der oder die andere nicht die bessere, weil vielleicht sichtbarere Gabe? Die repräsentativere Aufgabe? Gottes Geist der Einheit hält uns zusammen. Der Geist, von dem die Gaben kommen, will stark werden unter uns. Dann geht es nicht mehr nur um mein privates Glaubensleben. Dann bin ich nicht länger Zuschauer auf der Tribüne, sondern mitten im Spiel. Neues Denken, das heißt für Paulus: Kein Ein-Mann-Leitungsstil. Nicht einer hat alle Gaben, nicht von einem kommen alle Ideen. Das Team ist gefragt, in dem viele Gaben sich ergänzen. Gaben, die nicht alle gleichartig sind und sein müssen, sie sind in jeden Fall aber gleichwertig. Im Team geht es darum, dass jeder eine bestimmte Aufgabe wahrnimmt und die Ergänzung durch ein anderes Teammitglied braucht. Dadurch kommt Leben ins Miteinander. Damit wird die Einheit in der Vielfalt betont. Einheit und Vielfalt sind keine Gegensätze, sondern notwendig für das Funktionieren eines Organismus. Es ist wie in unserem Körper, nur das Zusammenspiel der verschiedenen Organe macht unser Leben möglich. Es gibt dann aber auch kein Glied am Leib, das nicht gebraucht wird. Es gibt auch kein Glied, das so viele Funktionen wahrnehmen kann - weil es so viele Gaben hat - dass andere Glieder überflüssig werden. Das bedeutet dann wieder, dass eine Gemeinde ihr Leben so gestalten soll, dass alle Glieder ihre Gaben erkennen können und den Gaben entsprechend eine Aufgabe wahrnehmen können. Damit wird Verantwortung übernommen. Das Leib-Glied-Denken fördert die Verantwortung und das Wachstum der Gemeinde. Jedes Glied am Leib Christi übernimmt für seine Gabe und Aufgabe die Verantwortung. Die ist aber einge- Pfr. U. Röskamp Ev. Jakobskirche Malterdingen am 4. März Korinther 12, 4-6 5
6 bunden in die Gesamtverantwortung der ganzen Gemeinde. Wie können wir so übereinstimmen und uns wechselseitig ergänzen? Einander annehmen, wie Christus uns angenommen hat und jederzeit annimmt? Dazu müssen wir uns auf den Weg zum anderen machen. Ihn verstehen wollen. Ihn in der Gemeinschaft haben wollen. Dazu brauchen wir es, dass wir um unsere Einheit den bitten, der sie gerne stiften will. Wir dürfen darum beten und die Einheit schon in der Erwartung, dass sie uns geschenkt ist, leben. In Christus ist sie bereits wirklich, hat er doch selbst beim Vater darum gebeten. In einer solchen Gemeinde wachsen Mitarbeiter im gemeinsamen Tun heran. Nicht erst der im Glauben Gereifte, kann mitarbeiten, Mitarbeitende wachsen im Miteinander, getragen von der Gemeinschaft. Vieles davon können wir in unserer Gemeinde schon sehen, manches ist auf dem Weg, manches wird schon hineingetragen in die Dorfgemeinschaft. An anderem lernen wir noch, üben wir, sind Jünger und Jüngerinnen des einen Meisters. Wir haben eine Perspektive, er selbst zeigt sie uns auf. Großhirn an alle? Nein, Christus in allen und durch alle. Wenn wir jetzt miteinander das Abendmahl feiern, erneuert und vertieft er in uns die Gemeinschaft durch seine unbegrenzte Liebe zu jedem von uns. Amen. Pfr. U. Röskamp Ev. Jakobskirche Malterdingen am 4. März Korinther 12, 4-6 6
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