Frühlings ErwachEn. von Frank wedekind. Presseinformation

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1 Frühlings ErwachEn von Frank wedekind Presseinformation

2 Frühlings Erwachen von Frank Wedekind Das Wichtigste in Kürze Welche Klamotten ziehe ich an, ohne peinlich zu wirken, wie schaffe ich die nächste Klausur und wie lande ich endlich mit dem begehrten Partner im Bett? Wendla, Martha, Melchior, Moritz, Ernst und Hänschen taumeln durch ihren Frühling und wissen nicht, wie ihnen geschieht. Wendla muss plötzlich züchtige Kleider tragen, Moritz versteht in der Schule nur noch Bahnhof und Melchior hat für Erwachsene nichts als Verachtung übrig. Als Moritz die Versetzung nicht schafft und Wendla schwanger wird, bricht das ohnehin fragile Leben der Heranwachsenden zusammen. Wo finden sie Hilfe auf ihrem Weg in die Erwachsenenwelt? Stattdessen bekommen sie vorgehalten, sie seien keine Kinder mehr und müssten selbst Verantwortung übernehmen. Sehr witzig! Denn wenn sie dann etwas Eigenes machen wollen, heißt es, dafür seien sie noch zu jung. Bei aller Tragik strahlt Frank Wedekinds Frühlings Erwachen eine lebenbejahende Kraft und einen feinen Humor aus, der oft, zu seinem eigenen Bedauern, untergegangen ist. Jan Steinbachs erklärtes Ziel ist es, die Extreme in diesem Stück gleichwertig zur Wirkung zu bringen, also dem Text ganz genau zuzuhören, um daraus mit den Schauspielern gemeinsam einen Theaterabend zu entwickeln, der vielleicht gar keine abschließende Aussage transportiert, sondern offenlegt, wie vielfältig und widersprüchlich das Leben ist und dass wir es nur aushalten, anpacken oder daran scheitern können. Und das gilt heute wie 1891, als Frühlings Erwachen erschien. 2

3 Frühlings Erwachen von Frank Wedekind Sexualität Wedekinds Lebensthema Zu Wedekinds Zeiten war es nicht möglich, gemütlich über die Fortpflanzung zu plaudern, wie es Melchior Gabor seinem Freund Moritz Stiefel empfiehlt. Schriftliche und bildliche Darstellungen des Geschlechtlichen waren vielfach schlicht verboten, vor allem die Schilderung des Geschlechtsaktes als Akt der Lust an sich, losgelöst von Fragen der Heilkunde oder der Fortpflanzung. Gleichzeitig begann sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Widerstand zu regen gegen die rigide Sexualmoral der Zeit und zwar zuerst unter Wissenschaftlern und Künstlern. Das ist für Wedekinds Verhältnis zur Sexualität von besonderem Interesse, war doch sein Vater Mediziner und seine Mutter Sängerin. Man kann sagen, dass Wedekind in einem für damalige Verhältnisse liberalen Elternhaus aufgewachsen ist, das gleichwohl geprägt war von untergründigen und ungelösten Konflikten. Einer von Wedekinds zentralen Texten ist das sogenannte Eden-Konzept ein unveröffentlichter Romanentwurf, an dem er parallel zu Frühlings Erwachen gearbeitet hat. In diesem Text entwirft er einen utopischen Staat, in dem sämtliche Familienstrukturen aufgelöst sind und die Jugendlichen durchorganisiert ins Sexualleben eingeführt werden. Höhepunkt der Initiation sind öffentliche Feiern, bei denen zum Frühlingsbeginn ein junger Mann und im Herbst eine Jungfrau in brutalen, tödlichen Ritualen durch exzessiven Geschlechtsverkehr und Folter geopfert werden. Es greift aber zu kurz, diesen Text als private, sadistische Fantasie eines kranken Menschen zu lesen; er ist vielmehr Rebellion gegen die Unterdrückung der Sexualität seitens der Gesellschaft. Statt alle Menschen unwissend und seelisch verkrüppelt ins Erwachsenenleben zu entlassen, übernimmt in Eden der Staat die sexuelle Erziehung und opfert stellvertretend jedes Jahr einen Mann und eine Frau, auf dass alle anderen als freie Menschen ein sexuell erfülltes und als urbane Bürger ein friedliches Leben führen können. Was auffällt, ist die Verquickung von Sex und Macht und die klare Trennung von männlichen und weiblichen Einflussbereichen. Während in Eden die als Opfer auserwählten Mädchen bis zum Ritual Jungfrauen bleiben müssen, werden die auserwählten Knaben von erfahrenen Frauen auf den rituellen Geschlechtsakt jahrelang vorbereitet. An den Orgien der Feste nehmen wiederum die erwachsenen Frauen aus der Stadt nicht teil, während die Männer der städtischen Bevölkerung dazu berechtigt sind. Überhaupt unterliegen alle erotischen Gefühle inklusive aller Aspekte von Mutterschaft, Kindheit, Jugend und Erziehung in Eden 3

4 staatlicher Kontrolle, wobei die Priesterinnen, also die Frau, über die Macht des Sexuellen wachen, aber gleichzeitig von Inspektoren und Ärzten, sprich dem Mann, kontrolliert werden. Dieser Hintergrund ist wichtig, um zu verstehen, welche erdbebenartige Wirkung Frühlings Erwachen auf das damalige Publikum hatte. Hier schilderte zum ersten Mal ein Künstler, was mit jungen Menschen passiert, wenn die Erwachsenen alles Sexuelle als Bedrohung empfinden und ihre Kinder in Unwissenheit und von Schuldgefühlen geplagt aufwachsen lassen. Bei Wedekind führt die Unterdrückung der Sexualität zu zwanghafter Onanie (Hänschen Rilow), Selbstmord (Moritz Stiefel) und gewaltsamem Sex mit tödlicher Abtreibung als Folge (Melchior Gabor und Wendla Bergmann). Befreite Sexualität zeigt Wedekind auch, in Gestalt von Ilse, die sich nackt malen und von den Malern verführen lässt und dabei die Macht genießt, die ihr dieses Leben verleiht. Und kurz vor dem hoffnungsvollen Ende, wenn Melchior Gabor dem vermummten Herrn ins Leben folgt, lässt Wedekind zwei seiner Knaben als schwules Paar unbeschwertes Liebesglück erleben. Bemerkenswert an der Szene ist vor allem, dass die beiden jungen Männer sich keine Illusionen über die Flüchtigkeit ihrer Liebe machen, sondern den Moment auskosten. Beide Seiten der Sexualität, ihre Zerstörungskraft wie auch ihre heilende Wirkung, konnten die damaligen Moralhüter nicht unzensiert auf die Bühne lassen. Frühlings Erwachen erschien zwar bereits 1891 als Buch, wenn auch nur auf eigene Kosten bei einem kleinen Verlag in der Schweiz, konnte aber erst am 20. November 1906 und massiv zensiert uraufgeführt werden. Zu dieser Zeit war Wedekind bereits ein gefeierter Dramatiker und Schauspieler und gerade auf dem Weg, seinem Leben eine am Ende leider tragische neue Richtung zu geben, die ihn weit von den in Frühlings Erwachen formulierten Idealen wegführen sollte. Vom Querdenker zum Wiederholungstäter Ein Leben voller Widersprüche In Wedekinds Weltbild ist die sexuell befreite Frau stärker als der Mann, weshalb dieser sich entweder von ihr beherrschen lassen oder die Kontrolle wieder erringen muss, zum hohen Preis der lebenslangen Einsamkeit beider Partner. Einerseits propagiert Wedekind freie Liebe und ein Leben ohne feste Bindungen, andererseits stürzt er sich mit seiner späteren Frau, der Schauspielerin Tilly Newes, in eine Ehe, die bei aller Liebe von Abhängigkeit, Demütigung und Eifersucht durchzogen ist als Benjamin Franklin Wedekind in Hannover geboren, wächst er ab 1872 auf Schloss Lenzburg in der Schweiz auf. Sein Vater, ein von den Idealen der US-amerikanischen Demokratie begeisterter Arzt, hat das Schloss gekauft, auf der Suche nach einer Bleibe außerhalb des repressiven 4

5 preußischen Einflussbereichs, dem er in Hannover ausgesetzt war. Wedekinds Mutter, die für ihre Ehe und die Kinder ihre internationale Karriere als Schauspielerin und Sängerin aufgegeben hatte, bricht in Tränen aus, als ihr Mann vom Schlosskauf erzählt. Sie fügt sich, lässt ihren Mann aber immer wieder spüren, wie unglücklich sie ist. Der junge Frank Wedekind, und mit ihm seine fünf Geschwister, spürt die unausgesprochenen Konflikte zwischen seinen Eltern er porträtiert sie als Eltern Gabor in Frühlings Erwachen - und entwirft auch unter diesem Eindruck sein Ideal einer Welt ohne emotionale Verstrickungen und feste Bindungen. Als junger Mann lehnt er sich auf, vertrinkt schreibend das Geld seines Vaters, das der ihm für ein Jura-Studium in München zur Verfügung stellt, was ihm ein mehrjähriges Hausverbot auf Schloss Lenzburg einbringt. Jahrelang versucht er, mehr oder minder erfolglos, als Dramatiker auf sich aufmerksam zu machen, und schafft den Durchbruch dann zunächst als Autor der Zeitschrift Simplicissimus und als Schauspieler und Sänger, unter anderem für die Münchner Kabarettgruppe Die elf Scharfrichter. Nach und nach wagen die Bühnen sich an seine Stücke, die neben provokanten Inhalten auch sprachlich und formal ihrer Zeit voraus sind. Es ist die Tragik seines Lebens, dass er 42-jährig sehenden Auges beginnt, seinen Vater nachzuahmen und trotzdem nicht anders kann. Nach Jahren, die er mit losen Beziehungen und Affären verbracht hat, lernt er die 22 Jahre jüngere Schauspielerin Tilly Newes kennen. Zunächst scheint es, als entwickle sich nur eine weitere von Wedekinds Bettgeschichten, ist Tilly doch noch mit dem späteren Intendanten Paul Eger liiert. Als sie ihm aber im Oktober 1805, nach Monaten intensiver Korrespondenz, nach Berlin nachreist, beginnt eine Beziehung, die von tiefer Liebe aber auch gegenseitiger Demütigung geprägt ist und 1918 mit Frank Wedekinds Tod endet. Es ist schwer zu sagen, wer von beiden den anderen mehr gequält oder geliebt hat. Als Frank am 16. Februar 1806 andeutet, dass er seine Freiheit und auch den Kontakt zu anderen Frauen nicht aufgeben will, zerbeißt Tilly ein Weinglas und stürzt sich blutüberströmt in die eiskalte Spree. Schockiert verspricht Frank ihr am Krankenbett sie hat sich eine Lungenentzündung geholt die Heirat und wirft ihr später vor, sie habe ihn mit ihrem Selbstmordversuch in die Ehe gezwungen. Aber Frank rächt sich. Als Tilly, bereits in Wien eine gefeierte Schauspielerin, sich anschickt, mit der Hauptrolle in Oscar Wildes Idealem Gatten Berlin zu erobern, dreht Frank durch, beklagt ihre mangelnde Liebe und droht mit Trennung, bis sie auf die Rolle verzichtet. Bis zu seinem Tod wird sie nur noch in seinen Stücken und an seiner Seite auf der Bühne stehen. Hätte Frank Wedekind vielleicht auf das bürgerliche Leben, das er als junger Mann so verachtet hatte, verzichten sollen? Oder war er doch glücklicher in einer unvollkommenen Ehe als ganz alleine? Die Frage ist nicht zu beantworten. Festzustehen scheint nur, dass die von ihm erkannten Missstände nicht weggeschrieben oder wegdiskutiert werden können. Sie begleiten unser Leben bis heute Peter Hilton Fliegel 5

6 Unfätigkeit, Aufklärung oder Humor Frank Wedekind über die Rezeption von Frühlings Erwachen Ich begann zu schreiben ohne irgendeinen Plan, mit der Absicht zu schreiben, was mir Vergnügen macht. Der Plan entstand nach der dritten Szene und setzt sich aus persönlichen Erlebnissen oder Erlebnissen meiner Schulkameraden zusammen. Fast jede Szene entspricht einem wirklichen Vorgang. Und der Humor, mit dem ich mein Frühlings Erwachen durchtränkte, hat bei meinem Publikum bis heute noch ebenso wenig Würdigung gefunden wie bei der Kritik. Zehn Jahre lang, von 1891 bis 1901, wurde das Stück allgemein (...) für eine unerhörte Unflätigkeit gehalten. Seit etwa 1901, vor allem seitdem Max Reinhardt es auf die Bühne brachte, hält man es nun für eine bitterböse, steinernste Tragödie, für ein Tendenzstück, für eine Streitschrift im Dienste sexueller Aufklärung und was der spießbürgerlich, pedantischen Schlagworte mehr sind. Nimmt mich Wunder, ob ich es noch erleben werde, dass man das Buch endlich für das nimmt, als was ich es vor zwanzig Jahren geschrieben habe, für ein sonniges Abbild des Lebens, in dem ich jeder einzelnen Szene an unbekümmertem Humor alles abzugewinnen suchte, was irgendwie daraus zu schöpfen war. Gestatten Sie mir, Ihnen mit gleicher Post eine Arbeit, Frühlings Erwachen, vorzulegen, in der ich die Erscheinungen der Pubertät bei der heranwachsenden Jugend poetisch zu gestalten suchte, um denselben wenn möglich bei Erziehern, Eltern und Lehrern zu einer humaneren rationelleren Beurteilung zu verhelfen. Inwieweit es mir gelungen, den an sich düstern Stoff in ein erträgliches Licht zu stellen, entzieht sich meinem Ermessen. Die Jugend in Zahlen 1900 stirbt jedes fünfte deutsche Kind noch während seines ersten Lebensjahres erlaubt Bayern als zweites Land nach Baden jungen Frauen das Studium ist jeder zweite Deutsche jünger als hat jeder fünfte Jugendliche kein eigenes Bett beziehen bayrische Wehrmachtssoldaten im rheinischen Neuss ihr Winterquartier. Als sie im Frühling abziehen, lassen sie 52 geschwängerte Mädchen unter 18 zurück werden in der BRD Jeans verkauft wächst jedes vierte schulfähige Kind ohne Vater auf verwenden zwei von drei deutschen Jungen Frisiercreme steht in Gaststätten eine Musikbox sind 33% der Deutschen zwischen 16 und 29 für Sex vor der Ehe studiert nicht einmal jeder zehnte junge Deutsche sind 36,3% jünger als tragen 32% der 16- bis 29-jährigen Männer lange Haare dürfen 48% der Jungen nach Hause kommen, wann sie wollen hat sich der 6

7 Abiturienten-Anteil in den vergangenen 12 Jahren verfünffacht üben 20% aller 15- bis 17-jährigen einen Beruf aus hat jeder vierte Deutsche unter 25 Erfahrungen mit illegalen Drogen gemacht ist jeder vierte Deutsche jünger als tanzen mehr als 1 Millionen Menschen auf der Love Parade erklären 57,8% der jungen Deutschen, hier lebten zu viele Ausländer stammen 27,8% der jungen Deutschen aus Familien mit Migrationshintergrund glauben 55% aller jungen Deutschen, ihre Beziehung halte für immer ist Deutschland so alt wie noch nie. 5,6% sind zwischen 15 und 20 Jahren. aus: Dummy / Jugend / Herbst 2010 / Ausgabe 28 7

8 Frühlings Erwachen von Frank Wedekind Besetzung Wendla Bergmann Aida-Ira El-Eslambouly Melchior Gabor André Lassen Moritz Stiefel Cino Djavid Ernst Röbel Christian Simon Hänschen Rilow Robert Oschmann Martha Bessel Laura Machauer Ilse, ein Modell Sara Spennemann Frau Bergmann, Mutter von Wendla Frau Gabor, Mutter von Melchior Sonnenstich, Rektorin Brit Bartuschka Zungenschlag, Lehrer Pastor Kahlbauch Aom Flury Herr Gabor, Vater von Melchior Fliegentod, Lehrer Rentier Stiefel, Vater von Moritz Christoph Sommer Dr. von Brausepulver Der vermummte Herr Sara Spennemann Regie Jan Steinbach Bühne & Kostüme Matthias Nebel Dramaturgie Peter Hilton Fliegel Regieassistentin Svea Krull Inspizient Björn de Groot Souffleuse Jannika Wübben Vorstellungsdauer ca. 2:30 (inklusive Pause) Premiere 23. Februar 2013 / Stadttheater Wilhelmshaven 8

9 Frühlings Erwachen von Frank Wedekind Termine Premiere: Samstag, 23. Februar 2013 / Uhr Stadttheater Wilhelmshaven Spieltermine im Stadttheater Wilhelmshaven: Sa., / Uhr Fr., / Uhr Mo., / Uhr (verlegt vom 11.3.) Mi., / Uhr Di., / Uhr Spieltermine im Spielgebiet Di., / Uhr / Theater auf der Werft Papenburg Di., / Uhr / Theodor-Thomas-Halle Esens Mi., / Uhr / Stadthalle Aurich Do., / Uhr / Aula Brandenburger Str. Wittmund Fr., / Uhr / Theater am Dannhalm Jever Mi., / Uhr / Theater an der Blinke Leer Do., / Uhr / Theatersaal Norden Do., / Uhr / Neues Theater Emden Do., / Uhr / Kurtheater Norderney Sa., / Uhr / Karl-Bruns-Realschule Weener Stand: 20. Februar 2013 / Änderungen vorbehalten! 9

10 Frühlings Erwachen von Frank Wedekind Fotos Die Inszenierungsfotos finden Sie ab sofort zum Download im Internet: Reservierung von Pressekarten Bitte reservieren Sie rechtzeitig Ihre Karten! Schicken Sie einfach eine an Ansprechpartner Peter Hilton Fliegel, Dramaturg Telefon Torben Schumacher, Pressesprecher Telefon