Georg Büchner. Leonce und Lena. Presseinformation

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Klemens Egger
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2 Ich bin so jung, und die Welt ist so alt., II. Akt, zweite Szene Prinz Leonce vom Reiche Popo weiß nicht, wohin mit sich. Die große weite Welt kennt er nicht. Die Welt, die er kennt, ist ihm zu eng. Nur die Welt in seinem Kopf kennt er gut und sie quält ihn. Er langweilt sich und ist doch voller Sehnsucht. Da hört er vom Hofmeister, dass er morgen heiraten soll, irgendeine Fremde, die er noch nie gesehen hat: Prinzessin Lena vom Reiche Pipi. Dabei wird ihm Rosetta, seine aktuelle Geliebte, schon zu viel. Es muss sofort eine Lösung her. Nach einigem Hin und Her, währenddessen er die Vorschläge seines Freundes Valerio, erst Wissenschaftler, dann Held und schließlich Genie zu werden, verwirft, schlägt dieser vor: So wollen wir nützliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft werden. Antwort von Leonce: Lieber möchte ich meine Demission als Mensch geben. Zum Glück kommt ihm dann doch noch die zündende Idee: Fühlst du nicht das Wehen aus Süden? ( ) Wir gehen nach Italien. Auf dem Weg dorthin trifft Leonce ein hübsches Mädchen und verliebt sich. Es ist Lena, aber das weiß er nicht Friede den Hütten, Krieg den Palästen. Der Hessische Landbote, Erste Botschaft Das Königreich Pipi ist so klein, dass man die Landesgrenzen bequem vom Schlossturm aus überschauen kann. Und als Georg Büchner 1836 LEONCE UND LENA schrieb, bestand der Deutsche Bund nur aus rund 40 Staaten zu den besten Zeiten der deutschen Kleinstaaterei gab es über 350 Grafschaften, Fürsten- und Herzogtümer und Königreiche. Der Kaiser war kein Gebieter, sondern eher ein dauerreisender Grüßaugust. Während in England oder Frankreich bereits weitgehend zentralisierte Staaten mit Ansätzen einer Demokratisierung entstanden waren, herrschten im deutschen Sprachgebiet politisch noch quasi mittelalterliche Zustände. Adelsund Königshäuser regierten willkürlich über Untertanen, die absichtlich hungrig, arm und dumm gehalten wurden. Vor diesem Hintergrund steht Büchners satirisches Lustspiel, das nicht halb so unschuldig ist, wie es tut. Sämtliche Untertanen werden von freien Stücken, reinlich gekleidet, wohlgenährt, und mit zufriedenen Gesichtern sich längs der Landstraße aufstellen., III. Akt, zweite Szene Verpackt als Märchen rechnet Büchner in LEONCE UND LENA mit seinen Zeitgenossen ab: Die mit unzähligen Anspielungen gespickten Dialoge entlarven die Sehnsucht der Romantiker als sinnentleerte Weltflucht, die pseudophilosophischen Phrasen der Herrscher als Geschwätz dekadenter Hohlköpfe und das deutsche Gemeinwesen als Gipfel des Provinziellen. 2

3 Bei allem kindlichen Humor spielt LEONCE UND LENA in einer hermetisch abgeschlossenen Welt, ein seelenloses System hat alle Bereiche des Lebens erfasst. Jede herrschende Klasse scheitert nach Büchners Weltsicht früher oder später an ihrem Unvermögen, sich sinnvoll zu entwickeln und erstarrt in Langeweile die Menschen werden zu Maschinen. Sogar wenn sie sich dessen bewusst sind, es gibt keinen Ausweg. So ist es nicht erstaunlich, dass Büchner zwar für einigen Aufruhr in politischen und intellektuellen Kreisen sorgte, zu Lebzeiten aber unbeachtet blieb. Freigeist, der er war, setzte er sich immer wieder zwischen die Stühle. Er war den liberalen Nationalisten wie den Sozialisten gleichermaßen zu unberechenbar. Er war ideologisch einfach nicht greifbar. In seinen Kreisen galt er als geistreicher, leicht flegelhafter Dandy mit einem Hang zur Arroganz, gleichzeitig hatte er einen unverstellten Zugang zu Außenseitern aller Art. Ich komme vom Christkindelsmarkt, überall Haufen zerlumpter, frierender Kinder, die mit aufgerissenen Augen und traurigen Gesichtern vor den Herrlichkeiten aus Wasser und Mehl, Dreck und Goldpapier standen. Der Gedanke, dass für die meisten Menschen auch die armseligsten Genüsse und Freuden unerreichbare Kostbarkeiten sind, macht mich sehr bitter. Brief an die Familie. Straßburg, 1. Januar 1836 Bei Büchner geht es nie um die Sache, sondern immer um den Menschen, das unvollkommene Individuum. Also sind seine Helden weder gut noch böse, sondern einfach menschlich- widersprüchlich. Damit war er seiner Zeit voraus. Als er 1837 im Alter von 23 Jahren in Zürich an Typhus starb, hinterließ er ein schmales und unbeachtetes Werk, allein deshalb, weil mit und Woyzeck zwei seiner drei Stücke zu Lebzeiten gar nicht aufgeführt wurden. Heute ist Büchner von den Bühnen nicht wegzudenken. Seine Texte geben immer wieder Anstoß zu einer neuen Betrachtung. Das System der Macht zum Beispiel, das er in LEONCE UND LENA schildert, ist ungreifbar. Obwohl Leonce und Valerio am Ende wie Hippies der 1960er Freiheit predigen, ahnt man, dass ihre naive Vorstellung von Liebe von den Strukturen der Macht aufgefressen, dass das Individuum nur der Schaum auf der Welle sein wird. Das System, das heute am akutesten unsere Freiheit bedroht, ist paradoxerweise dasjenige, das sie am lautesten proklamiert: Das Internet mit seinen Datenkraken, Big Data genannt: Big Data bedeutet, dass Computer weltweit Informationen über uns sammeln, ( ) um Vorhersagen darüber zu machen, wie man den meisten Profit aus uns schlägt ( Wem gehört die Zukunft? von Jaron Lanier). Es ist eine Ironie des Schicksals, dass die Köpfe von Big Data alt gewordene Hippies sind, die ihre Wurzeln in der New-Age-Bewegung haben und wie Leonce und Valerio wohl tatsächlich glauben, dass ihre guten Absichten Gutes bewirken. Peter Hilton Fliegel 3

Georg Büchner Besetzung König Peter vom Reiche Popo... Thomas Marx Prinz Leonce, sein Sohn, verlobt mit... Paul Lücke Prinzessin Lena vom Reiche Pipi... aida-ira el-eslambouly Valerio.

4 Georg Büchner Besetzung König Peter vom Reiche Popo... Thomas Marx Prinz Leonce, sein Sohn, verlobt mit... Paul Lücke Prinzessin Lena vom Reiche Pipi... aida-ira el-eslambouly Valerio... Holger Spengler die Gouvernante... Julia Blechinger Hofstaat... Wolfgang Finck Sebastian Moske Robert oschmann Rosetta... Sarah Horak Regie... eva Lange Bühne & Kostüme... ulrike obermüller dramaturgie... Peter Hilton Fliegel Regieassistenz... Svea Krull Soufflage... Petra Hillers Inspizienz... Pascal Simon Grote Vorstellungsdauer... ca. 1:30, keine Pause Premiere... 08/03/2014, Stadttheater Wilhelmshaven Paul Lücke, aida-ira el-eslambouly 4

5 Termine Premiere: Samstag, 08/03/2014 / Uhr Stadttheater Wilhelmshaven Spieltermine im Stadttheater Wilhelmshaven: Sa., 15/03/2014 / Uhr So., 23/03/2014 / Uhr Mo., 31/03/2014 / Uhr Di., 13/05/2014 / Uhr Mi., 21/05/2014 / Uhr Di., 27/05/2014 / Uhr Spieltermine im Spielgebiet: Di., 11/03/2014 / Uhr / Esens, Theodor-Thomas-Halle Mi., 12/03/2014 / Uhr / Aurich, Stadthalle Do., 13/03/2014 / Uhr / Norden, Theatersaal Di., 18/03/2014 / Uhr / Emden, Neues Theater Mi., 19/03/2014 / Uhr / Leer, Theater an der Blinke Do., 20/03/2014 / Uhr / Weener, Karl-Bruns-Realschule Di., 25/03/2014 / Uhr / Norderney, Kurtheater Do., 27/03/2014 / Uhr / Wittmund, Aula Brandenburger Str. Mo., 28/04/2014 / Uhr / Vechta, Metropoltheater Di., 29/04/2014 / Uhr / Papenburg, Theater auf der Werft Mi., 30/04/2014 / Uhr / Papenburg, Theater auf der Werft Stand: 04/03/2014 / Änderungen vorbehalten! 5

6 Fotos Die Inszenierungsfotos finden Sie ab Mittwoch, 05/03/2014 zum Download im Internet: Reservierung von Pressekarten Bitte reservieren Sie rechtzeitig Ihre Karten! Schicken Sie einfach eine an Ansprechpartner Peter Hilton Fliegel, Dramaturg Telefon Jarno Stiddien, Pressesprecher Telefon

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