Blackbox Kunde. Die GDI_Channels-Studie: Weshalb Kunden wo und was einkaufen
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- Klara Kirchner
- vor 8 Jahren
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1 Die GDI_Channels-Studie: Weshalb Kunden wo und was einkaufen Unter Mitarbeit des Kompetenzzentrums für Distribution und Kooperation der Universität St. Gallen von Lars Feldmann, Marcus Schögel und Daniel Staib 2004
2 Impressum von Lars Feldmann, Marcus Schögel und Daniel Staib GDI 2004 Cover: GDI ISBN Bestelladresse Gottlieb Duttweiler Institut Langhaldenstrasse 21 CH-8803 Rüschlikon / Zürich Telefon studien@gdi.ch
3 3 Inhalt Inhalt 4 Einleitung 8 Teil 1: Was Channel-Management treibt 13 1 Kunden machen mal dies und mal das 16 2 Technologie 35 3 Innovationen in der Distribution nicht die Regel, aber auch nicht die Ausnahme 44 Teil 2: Wo Channel-Management gefordert ist 49 Hot Topic 1: Kundenwissen und Kundensegmentierung Basis für die Gestaltung von Vertriebsstrategien 50 Hot Topic 2: Einführung neuer Kanäle überwinden der kritischen Masse 58 Hot Topic 3: Koordination von Absatzkanälen in der Handel- Hersteller-Beziehung 62 Hot Topic 4: Channels-Konflikte: Abschied vom konfliktfreien Vertrieb 67 Hot Topic 5: Wie Kunden in Channels gesteuert werden 70 Hot Topic 6: Weshalb Marken weiterhin wichtig bleiben 75 Anhang 77
4 4, die GDI_Channels-Studie, konzentriert sich auf die Fragestellung, weshalb Kunden in bestimmten Kanälen kaufen. Während heute grosse Anstrengungen unternommen werden, um herauszufinden, wo die Kunden einkaufen, wird das weshalb oft vernachlässigt. Das Wo kann auf Grund der Kundenbesuche leicht eruiert werden, die Gründe des Kunden, einen bestimmten Kanal in einer bestimmten Situation zu wählen das Weshalb ist antizipatives Know-How, das sich zur proaktiven Gestaltung und Optimierung von einzelnen Kanälen wie auch integrierter Vertriebsstrategien einsetzen lässt. Der Fragestellung «weshalb Kunden wo einkaufen» sind wir mit einem dreigleisigen Konzept begegnet. In persönlichen Expertengesprächen haben wir die Hot Topics des Channel-Managements herausgefiltert sowie Aussagen zu Kundenverhalten allgemein und den Umgang mit Kunden in Vertriebssystemen gesammelt. Eine explorative Online-Befragung bei über hundert Experten aus dem Vertrieb hat die wichtigsten Aussagen und Thesen der Studie quantifiziert. Mittels Deskresearch als drittem Element, haben wir die Trends und Entwicklungen im Kundenverhalten sowie Konzepte und Methoden des Vertriebsmanagements in den Kontext der Expertenmeinungen gestellt. Die Ergebnisse in Kürze: Teil 1: Was Channel-Management treibt Der stärkste Treiber der Entwicklungen im Channel-Mangagement ist gemäss Aussagen der befragten Experten das veränderte Kundenverhalten. Ebenfalls wichtig ist das Bedürfnis, über neue Kanäle zu mehr und besserem Kundenwissen, zu stabileren und profitableren Kundenbeziehungen zu kommen. Technologische Entwicklungen wie Internet oder mobile Endverbrauchergeräte (Handy, PDA) beeinflussen das Channel-Management ebenfalls stark. Die Angst vor neuen Anbietern, insbesondere solchen, welche mit neuen Vertriebskonzepten Teile der Wertschöpfungskette radikal umgestalten (z.b. vertikal integrierte Unternehmen wie Zara oder Produzenten wie Dell, welche die Kunden in den Wertschöpfungsprozess einbauen), ist bei Herstellern ein wichtiger Grund, sich mit Channel-Management auseinander zu setzen. Die proaktive Gestaltung neuer Kanäle mit einer klaren Wachstumsorientierung scheint nicht zuoberst auf der Prioritätenliste der Vertriebsexperten zu stehen. 1 Kunden machen mal dies und mal das Kunden sind als Segmente heute kaum noch fassbar, geschweige denn zu verstehen. Die Einkaufsstättenwahl des individuellen Kunden gleicht heute einem Weg mit unzähligen Verzweigungen, Abkürzungen und Doppelspurigkeiten. Nicht von der Person aus, sondern viel eher von der Einkaufssituation her ist die Präferenz des Kunden für einen bestimmten
5 5 Channel nachvollziehbar. In unterschiedlichen Einkaufssituationen, beispielsweise wenn s drängt, oder wenn es etwas Spezielles, etwas sehr Billiges oder etwas Exklusives sein soll, sind die Nutzenerwartungen des Kunden an den Channel unterschiedlich. Erst das Verständnis für die Nutzenerwartungen von Kunden in bestimmten Kaufsituationen oder in Phasen des Kaufprozesses erlaubt es, Vertriebswege für die Kunden optimal zu gestalten. Die zentralen Motive, die hinter den Kaufprozessen der Kunden stehen, sind unserer Meinung nach: _Wunsch und Lust nach dem Billigen _Bedürfnis und Sehnsucht nach dem Einfachen _Suche nach erinnerbaren, identitätsstiftenden Erlebnissen _Notwendigkeit, das persönliche Zeitbudget zu optimieren 2 Technologie Technologische Entwicklungen schaffen die Voraussetzungen für Channel- Innovationen (Internet, TV-Shopping, Einkauf per Handy). Technologie brachte auch neue Möglichkeiten, Wissen über Kunden zu sammeln, auszuwerten und gewinnbringend einzusetzen. Die innovativsten Händler segmentieren heute ihre Kundschaft nach Warenkorbanalysen, steuern und gestalten Sortimente auf der Basis von Kundendaten, steuern Kunden über Bonus- und Loyalitätsprogramme, optimieren ihr Aktionsmanagement und bringen Leben in die Categories. Auch der Kunde hat technologisch aufgerüstet. Er ist informiert, hat eine grössere Markttransparenz als früher, kann im Internet Preise vergleichen, sich per Handy Produktinformationen zukommen lassen, er munitioniert sich in Internet-Communities mit Fachwissen auf und kann intelligente Fragen stellen. 3 Innovationen in der Distribution Die Gestaltung des Vertriebsmanagements verläuft entlang zweier Dimensionen. Dimension 1 ist der Innovationsgrad des Kanals. Handelt es sich beim neu einzuführenden Kanal um einen branchentypischen oder innovativen Verkaufskanal? Dimension 2 ist die Einsatzweise des neuen Kanals. Wird dieser offensiv oder defensiv angegangen? Aus diesen zwei Dimensionen ergeben sich vier typische Wettbewerbsverhalten im Channel-Management: _ Akzeptierer: Lässt sich nur auf bewährte Vertriebskonzepte ein, betreibt sein Mehrkanalsystem defensiv. _ Absatzkanalinnovator: Konzentriert sich auf unkonventionelle und branchenunübliche Absatzkanäle, geht mit neuen Konzepten in den Markt, verknüpft jedoch nicht offensiv das gesamte Vertriebsmanagement. _ Systeminnovator: Zeichnet sich durch den offensiven Einsatz innovativer Absatzkanäle aus. Setzt dabei bewusst auf die innovative Wirkung eines Mehrkanalsystems. _ Systemoptimierer: Operiert mit konventionellen Kanälen, setzt diese jedoch offensiv und mit einem schlüssigen Multi-Channel-Konzept gegenüber der Konkurrenz ein.
6 6 Teil 2: Wo Channel-Management gefordert ist Hot Topic 1: Kundenwissen und Kundensegmentierung Basis für die Gestaltung von Vertriebsstrategien Kunden kaufen nicht an einem bestimmten Ort ein, weil sie Senioren sind, weil sie in einer Stadt wohnen oder weil sie eine höhere Schulbildung genossen haben, sondern sie sind nutzengesteuert. Damit kann erst eine nutzwertorientierte Segmentierung, kombiniert mit den Informationen des beobachtbaren Einkaufsverhalten und soziodemografischen oder psychografischen Kriterien, Kunden in ihrer Kanalwahl fassbar machen. Ein one-fits-all-kanal hat immer weniger Chancen seine Kundschaft zu finden. Es bieten sich zwei Extremvarianten an im Umgang mit dem komplexen Kundenverhalten: In einem geschlossenen System (Bundling) den Kunden auf allen erdenklichen Kanälen zu bedienen, zu begleiten, zu verfolgen, oder sich in einem offenen System auf einzelne, spezifische Einkaufssituationen oder bestimmte Phasen des Kaufprozesses (Unbundling) zu konzentrieren. Hot Topic 2: Einführung neuer Kanäle überwinden der kritischen Masse Die zentrale Herausforderung bei der Einführung neuer Kanäle heisst: «Wirkungsschwelle überschreiten». Die Fixkosten eines Eintritts in neue Kanäle sind hoch, die Umsatzerwartungen relativ bescheiden. Strategien im Umgang mit diesen divergierenden Voraussetzungen sind: _ Stufenkonzepte: In mehreren Teilprojekten werden durch Synergien zu bestehenden Vertriebswegen neue Absatzkanäle schrittweise aufgebaut. _ «Stand alone»-konzepte: Konzentration der Kräfte auf die schnelle Einführung eines neuen Absatzkanals. Hot Topic 3: Koordination von Absatzkanälen in der Handel-Hersteller- Beziehung Absatzkanäle müssen abgestimmt werden. In allen Kanälen alles für den Kunden zu jedem Preis anzubieten führt nicht nur zur Verwirrung der Kunden, sondern auch zu einem Wildwuchs, der die Wirtschaftlichkeit des Channelmanagements massgeblich gefährdet. Unternehmen muss es gelingen, Produkte und Leistungen des Channels auf die Kundengruppen und Marktsegmente auszurichten. Im Mittelpunkt steht dabei vielfach eine prozessorientierte Ausrichtung der Channels auf unterschiedliche Phasen der Information, des Kaufs und der Nutzung der Leistungen durch den Kunden. Hot Topic 4: Channels-Konflikte: Abschied vom konfliktfreien Vertrieb Der grundlegende Konflikt im Vertrieb zwischen Handel und Hersteller ist folgender: Der Hersteller strebt eine langfristige Profilierung seiner Produkte und Leistungen an. Der Handel möchte sein Sortiment profilieren, wobei das einzelne Produkt in diesem Bemühen eine reine Manövriermasse ist (z.b. als Frequenzbringer oder Aktions-Objekt). Auch die Rollenverteilung zwischen Handel und Hersteller hat sich verändert. Der Handel über-
7 7 nimmt immer mehr die Funktion des Marktgestalters und entfernt sich von der Funktion des reinen Warenverteilers. Der Hersteller, traditionell in der Rolle des Marktgestalters, sieht sich auf die Rolle eines Lieferanten degradiert. Konflikte stehen also auf der Tagesordnung des Channel- Managements. Es gilt, sich zu fragen, welche Konflikte produktiv sind und welche sich negativ auf die Unternehmensleistung auswirken, denn eine Eliminierung ist illusorisch. Konfliktanfällig ist auch das Zusammenspiel von verschiedenen Kanälen innerhalb eines Vertriebssystems. Neue Kanäle sind immer eine Konkurenz der Stammkanäle, werden zumindest subjektiv von den Vertriebsleuten in den angestammten Kanälen als Konkurrenz und nicht als Ergänzung gesehen. Hot Topic 5: Wie Kunden in Channels gesteuert werden Jeder möchte seinen Kunden dort haben, wo er ihm so viel als möglich zu minimalen Kosten verkaufen kann. Fast die Hälfte der von uns befragten Unternehmen versucht heute, Kunden bewusst in bestimmte Kanäle zu steuern. Wachstums- und Kostenüberlegungen stehen wie erwartet im Vordergrund. Als Möglichkeiten der Kundensteuerung sehen die Experten in erster Linie die Preisgestaltung, eine Differenzierung über das Sortiment und über Dienstleistungen. Technologische Möglichkeiten der Kundensteuerung werden gering eingeschätzt. Hot Topic 6: Weshalb Marken weiterhin wichtig bleiben Die Bedeutung von Marken nimmt zu als Folge von Produktoverload und Informationsoverload. Kunden suchen Orientierung, that s it. Und die Marke gibt ihnen diese Orientierung ob als Produktmarke, als Retail Brand oder als Kennzeichnung eines Vertriebskanals, ist dem Kunden vollkommen egal. Die Herausforderung für das Channel-Management besteht darin, Produkt- und Handelsmarken oder Retailbrands genügend klar gegeneinander abzugrenzen, dass jede Marke ihre spezifische Orientierungsleistung erbringen kann.
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