Gibt es in Deutschland nur noch zu warme Monate?
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- Liese Kolbe
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1 Gibt es in Deutschland nur noch zu warme Monate? Rolf Ullrich 1), Jörg Rapp 2) und Tobias Fuchs 1) 1) Deutscher Wetterdienst, Abteilung Klima und Umwelt, D Offenbach am Main 2) J.W.Goethe-Universität, Institut für Meteorologie und Geophysik, D Frankfurt am Main Dass sich das Klima in den letzten Jahrzehnten nicht nur global, sondern auch in Deutschland erwärmt hat, ist schon länger klar. Die Bevölkerung nimmt diese Entwicklung immer deutlicher wahr, obwohl das "Wettergedächtnis" vieler Menschen nicht sehr gut ausgeprägt ist. "In den letzten Jahren gab es keinen 'richtigen' Winter mehr!" ist eine immer häufiger wiederkehrende Aussage. Es scheint, dass sich überdurchschnittlich hohe Monatsmittel der Lufttemperatur zur Zeit fast ohne Ausnahme aneinanderreihen. Was registrieren nun die Messstationen des Deutschen Wetterdienstes genau? Zur Beantwortung dieser Frage ist es sinnvoll, sich die aktuellen Daten unter dem Blickwinkel der Abfolge von zu warmen Monaten anzuschauen. Als Basis dazu dienen die Abweichungen der Lufttemperatur vom vieljährigen Durchschnittswert der Zeitspanne 1961 bis Für Deutschland liegt inzwischen eine mittlere Temperaturreihe vor, die auf einem Gebietsmittel aus Daten in 1 km - Rastern beruht (zur näheren Erklärung siehe: Berichte des Deutschen Wetterdienstes 193: Numerische Verfahren zur Erstellung klimatologischer Karten, Müller-Westermeier, 1995). Abbildung 1 zeigt den Verlauf der Jahreswerte dieses deutschlandweiten Temperatur-Gebietsmittels, das in der Grafik zusätzlich auf die Standardabweichung normiert wurde (d.h. alle Gebietsmittelwerte wurden durch die Standardabweichung der Reihe dividiert). Auffällig ist, dass die Phase zu warmer Jahre, mit Ausnahme des kalten Jahres 1996, schon seit 1988 andauert. Eine derartige Folge zu warmer Jahre hat es im 20. Jahrhundert in Deutschland noch nicht gegeben. Abbildung 1: Jährliche Abweichung des Gebietsmittels der Lufttemperatur in Deutschland vom Mittelwert (normiert auf die Standardabweichung). Die rote Gerade stellt den linearen Trend dar. Um zu untersuchen, ob sich die Erwärmung in einzelnen Jahreszeiten stärker, in anderen schwächer oder vielleicht gar nicht zeigt, sind in Abbildung 2 die Abweichungen des Temperatur-Gebietsmittels in Deutschland vom Mittel getrennt für alle 4 Jahreszeiten seit 1985 dargestellt. Gut zu erkennen ist, dass die Warmphase der Jahresmitteltemperaturen zu Ende der achtziger und in den neunziger Jahren auf den überwiegend positiven Temperaturanomalien von Frühling, Sommer und Winter beruht. Der Herbst trägt dagegen kaum etwas zu diesem Verhalten bei. Am auffälligsten sind die Abweichungen im Winter; in der Abbildung erkennt man die kalten Winter 1985/1986 und 1995/1996 und insbesondere die sehr warmen Winter 1987/ /1990, 1994/1995, 1997/1998 und 1999/2000. Seite 1/5
2 Abbildung 2: Saisonale Abweichung des Gebietsmittels der Lufttemperatur in Deutschland vom Mittelwert für den Zeitraum 1985 bis Winter 1999/2000. Um eventuelle, in den Gebietsmitteln nicht auftretende, regionale Unterschiede zu erkennen, werden zusätzlich die Messreihen der vier Stationen Hamburg-Fuhlsbüttel, Hohenpeißenberg, Frankfurt/M.- Flughafen und München-Stadt betrachtet. Aufgrund der relativ hohen räumlichen Repräsentanz der Lufttemperatur unterscheiden sich diese Einzelmessungen allerdings nur unwesentlich vom Verlauf der Gebietsmittelreihe für ganz Deutschland, wenn auch einzelne Monate für Nord- und Süddeutschland durchaus unterschiedliche Anomalien aufweisen. In den folgenden Tabellen 1-5 sind die Abweichungen der Temperatur vom Referenzzeitraum in K für alle Monate seit Januar 1985 dargestellt. Diese Tabellen sollen im Klimainformationssystem des DWD (KLIS) regelmäßig aktualisiert werden. Die Publikation dieser Daten stellt im Sinne eines Klimamonitorings einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Information der Öffentlichkeit dar. Während sich in Deutschland vor 1997 häufiger auch Phasen zu kalter Monate zu verzeichnen sind (Tabelle 1), treten seit November 1998, der mit einer Abweichung von 2.3 Grad Celsius der bisher letzte deutlich zu kalte Monat war, nur noch zu warme bzw. ausgeglichene Monate auf. 17 Monate in Folge waren höher oder ähnlich hoch temperiert als der Mittelwert der aktuellen Bezugsperiode Besonders markant ist dieses Phänomen offenbar in der Mitte Deutschlands (vergleiche Tabelle 3 für Frankfurt/Main). Dort waren in den Jahren 1997 und 1998 drei Viertel der Monate zu warm. In den darauffolgenden Jahren 1999 und 2000 gab es mit Ausname des fast "normalen" Novembers 1999 ausschließlich zu warme Monate. Hamburg (Tabelle 2) meldet seit Januar 1999 ausnahmslos zu warme Monate. In München (Tabelle 4), das den Süden Deutschland repräsentiert, traten hingegen im Februar, Juni, Oktober und November des Jahres 1999 negative Anomalien auf. Die nur 55 km entfernte, von Stadteffekten unbeeinflusste Bergstation Hohenpeißenberg in Oberbayern (977 m über NN) zeigt sehr ähnliche Anomaliewerte (Tabelle 5). In 93 % der hier betrachteten Monate besteht bezüglich des Vorzeichens der Anomalie Übereinstimmung. Dies weist auf die hohe räumliche Repräsentanz der Lufttemperatur hin. Seite 2/5
3 Tabelle 1: Abweichung der Lufttemperatur vom Mittelwert in Deutschland, in Kelvin. Rot = zu (Als Basis dient das Gebietsmittel aus Rasterwerten Müller-Westermeier et al, ). Tabelle 2: Abweichung der Lufttemperatur vom Mittelwert in Hamburg, in Kelvin. Rot = zu Seite 3/5
4 Tabelle 3: Abweichung der Lufttemperatur vom Mittelwert in Frankfurt, in Kelvin. Rot = zu Tabelle 4: Abweichung der Lufttemperatur vom Mittelwert in München, in Kelvin. Rot = zu Tabelle 5: Abweichung der Lufttemperatur vom Mittelwert in Hohenpeissenberg, in Kelvin. Rot = zu Es ist sinnvoll, diese Anomalien genauer zu analysieren und zu objektivieren. Dazu wird zunächst definiert, was eine Folge zu warmer Monate ist, die ununterbrochen, das heißt ohne Ausnahme, andauert. Anschließend wird die Anzahl von Folgen bestimmter Mindestlänge (3, 4, 5, 6, usw. Monate) für jeweils 30-jährige Subintervalle bestimmt. Dies ergibt die in Abbildung 3 gezeigten Histogramme. Dabei ist die Anzahl der kurzen Folgen stets größer als die Anzahl der länger andauernden Folgen, da die kurzen in den langen Serien eingeschlossen sind. Deutlich ist der Anstieg von Folgen zu warmer Monate in den letzten vier Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu erkennen. In der Zeit zwischen 1969 und 1998 hat dieser Wert ein Maximum erreicht. In dieser Zeitspanne treten 28 Folgen mit einer Mindestdauer von 3 Monaten, 18 Folgen mit einer Mindestdauer von 4 Monaten, 13 Folgen mit einer Seite 4/5
5 Mindestdauer von 5 Monaten und noch 7 Folgen mit einer Mindestdauer von einem halben Jahr auf. Ein lokales Maximum von Folgen zu warmer Monate ist für das Intervall ca bis 1974 zu erkennen. Nach dem Mai 2000 weist auch der Juni, trotz seiner relativ kühlen dritten Dekade, deutschlandweit eine deutlich positive Abweichung auf. Die Folge zu warmer Monate in Deutschland hält mit nur minimalen Unterbrechungen schon seit dem Jahr 1997 an. Diese Anomalie ist eingebettet in die globale Entwicklung, denn die sogenannte "Weltmitteltemperatur" liegt schon seit 1994 jeden Monat um einige Zehntel C über ihren Normalwerten. Zu kalte Monate scheinen tatsächlich zu einer regelrechten Besonderheit geworden zu sein. Seite 5/5
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