Regionalbischof Hans-Martin Weiss
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- Paulina Acker
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1 Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern Evang.-Lutherischer Kirchenkreis Regensburg Büro des Regionalbischofs Hans-Martin Weiss Liskircher Straße Regensburg Telefon Zentrale: 0941/ Telefax: 0941/ Regionalbischof Hans-Martin Weiss Predigt in der Christvesper zu Titus 2,11-14 Dreieinigkeitskirche Regensburg Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen und nimmt uns in Zucht, dass wir absagen dem ungöttlichen Wesen und den weltlichen Begierden und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilandes Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das eifrig wäre zu guten Werken. Liebe Gemeinde, das sind die Worte, über welche die evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer heute am Weihnachtsabend predigen sollen. Vor ein paar Jahren habe ich hier in Regensburg schon einmal über diese Worte gepredigt. Über den Inhalt dieser Predigt ist damals in der Zeitung sehr fair berichtet worden. Aber eine Zeit später hat mir die für diesen Bericht verantwortliche Redakteurin zu verstehen gegeben: Müsst ihr in der Kirche immer über Moral reden. Könnt ihr es nicht einfach und ohne Umschweife Weihnachten werden lassen? Diese Nachfrage von damals hab ich im Gedächtnis behalten. Ich will sie beherzigen. Aber auch um es einfach und ohne Umschweife Weihnachten werden zu lassen, brauchen wir schon Aufmerksamkeit und Bereitwilligkeit für die Aufforderungen und Bitten, die Gott an uns richtet. Den Worten, die sie gehört haben, werde ich nicht ausweichen. Aber zunächst möchte ich mit ihnen zwei andere Aufforderungen anhören, die in der Bibel an anderer Stelle stehen. Die eine Aufforderung haben Sie vorhin in der Lesung gehört, die Worte des Engels an die Hirten auf den Feldern vor Bethlehem: Fürchtet euch nicht Die Hirten hatten Angst vor der Erscheinung der himmlischen Heerscharen. In ihre Angst hinein sprach der Engel:
2 Fürchtet euch nicht Auch heute gibt es Anlass genug, Menschen zu zurufen und zuzusprechen: Fürchtet euch nicht Es ist genug geschehen dieses Jahr, jedem von ihnen ist das präsent. Ich muss es nicht im Einzelnen ansprechen. Wir hören und sehen es täglich, was uns und andere umtreibt. Da ist es schon gut, mehrmals zu hören: Fürchtet euch nicht Aber durch einfaches Wiederholen, durch nachdrückliches Betonen allein werden wir Menschen nicht dazu bewegt, Furcht und Sorge hinter uns zu lassen und abzulegen. Das ist zu viel verlangt. Das kann man als fromme Spinnerei hören und abtun. Da melden sich schon die Stimmen, die fragen: Ist das noch realistisch? Kann man die Menschen mit ihren heutigen Erfahrungen einfach dazu bringen, ihre Zukunftsangst abzulegen, ihre Sorgen und Befürchtungen abzugeben, einfach furchtlos zu sein? Die Bibel ist von Menschen geschrieben worden, die viel Realitätssinn hatten. An einer anderen Stelle im Brief an die Epheser heißt es:...seid nüchtern und wacht... Ich umschreibe diese Aufforderung so: seid keine Schlafmützen, seid keine frommen Spinner, lasst euch nicht ein X für ein U vormachen, erkennt die Zeichen der Zeit, schaut sie euch genau an, deutet sie. Es ist so wichtig, dass beides in der Bibel angesprochen wird, das, was uns erleichtert, uns aufschließt und uns die Beklemmung und die Besorgnisse nimmt, und das, was uns vor Illusionen bewahrt und es uns richtig zur Pflicht macht, genau hinzuschauen, uns um ein zutreffendes Urteil bemühen, uns zu besprechen und uns gegenseitig zu verständigen und gemeinsam zu fragen: Was ist jetzt dran? Was muss jetzt getan werden?
3 Furchtlos sein, realistisch die Dinge sehen wie sie sind das sind für mich die Voraussetzungen dafür, ein Leben anzustreben, das man besonnen, gerecht und fromm nennen kann. Da will ich noch einmal an die Zeitungsredakteurin erinnern, die mir vor Jahren so ehrlich und deutlich Rückmeldung gegeben hat. Müsst ihr in der Kirche immer über Moral reden. Könnt ihr es nicht einfach und ohne Umschweife Weihnachten werden lassen? Oh ja, wir können es einfach und ohne Umschweife Weihnachten werden lassen, wir können uns von Herzen freuen, dass wir einen Gott haben, der ein freundliches Angesicht trägt, der ein menschliches Angesicht trägt, ein Angesicht, in dem wir uns wieder erkennen können, ein schönes und frohes Angesicht, ein verletztes und gepeinigtes Angesicht. An Weihnachten begegnet uns Gott als ein Kind. Diese Begegnung zwischen Gott und Mensch hat die christliche Kultur entscheidend geprägt. In kaum einer anderen Religion gibt es so viel Zeichen der Zuwendung und der Liebe gerade gegenüber dem Leben das beginnt, wie im Christentum. Die Taufe gehört zu den schönsten Festen in der Kirche. Als ich Gemeindepfarrer war, habe ich mit Freude getauft und immer wieder viel Zuversicht gewonnen in der Begegnung mit einem Menschen, dessen Leben am Anfang stand. In diesem Jahr war es für mich besonders schön, dass sich seit langem wieder einmal taufen durfte. Da geht einem das Herz auf, da darf man sich mitfreuen an so viel Glück und so viel Menschlichkeit. Noch einmal zum Anliegen der Zeitungsredakteurin, dass wir es einfach Weihnachten werden lassen und davor keine emotionalen und ethischen Hürden aufbauen, dass wir einfach Freude anbieten und es andern Menschen möglich machen, in diese Freude einzustimmen. Wir haben diesen Gottesdienst für Sie und für uns vorbereitet, um mit Ihnen Freude zu erleben und zu empfinden. Die wollen wir mit Ihnen teilen heute und das ganze Jahr über. Wir wollen mit Ihnen Christen sein, denen die Freude an unserm Gott das Leben erleichtert. Wir wollen Ihnen das ganze Jahr über Mitchristen sein. Wir werden das unsere tun, um Sie hier und an anderen Orten auch in den anderen Monaten einzuladen, sich mit uns an unserm Gott zu freuen und mit ihm zu feiern.
4 Heute feiern wir, wie wir es in Dreieinigkeit gewohnt sind. Wir singen die Lieder, die wir kennen, wir beten die Gebete, die wir gelernt haben, wir hören viele Worte, die wir schon kennen. Und zuhause feiern wir so wie es uns über die Jahre lieb und vertraut geworden ist mit Bräuchen, die wir auch in anderen Familien finden, mit Bräuchen, die ganz besonders sind und in unserer Familie zur schönen Gewohnheit geworden sind. Wir feiern einfach Weihnachten, stärken uns an Leib und Seele, geben einander das Beste, was wir haben, erhalten das Beste, was wir bekommen können und öffnen uns dem Glück, das für uns bereitsteht. Das braucht man nicht auf den Heiligen Abend und die Festtage danach begrenzen. Solche Freude kann man das ganze Jahr über erleben und sich das ganze Jahr können. Die Kirche feiert das ganze Jahr, das ganze Jahr lädt sie zur Freude ein und gibt Freude weiter. Die Kirche feiert, sie schaut auf das Leben jetzt, sie schaut auf das Leben, das kommt. Die Kirche eröffnet uns eine Perspektive auf das alltägliche Leben eines jeden von uns und auf die Bestimmung unseres Lebens über alle Tage und Zeiten hinaus. Wir haben eine Botschaft, die weit hinausreicht über unsere täglichen Aufgaben und Besorgungen. Wir leben in dieser Welt und warten auf die Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes. Wir versuchen, einen Blick zu gewinnen, der uns eine Vorstellung davon gibt, dass das Leben eines jeden einzelnen von uns unvergänglich ist nicht einfach nur beginnt, irgendwann aufhört sondern hinausreicht über die Zeit, die wir wahrnehmen und erfassen können. Das soll uns stark machen, besonnen, gerecht und fromm zu leben, gute Kinder und gute Eltern zu sein, gute Eheleute und gute Nachbarn zu sein, gute Kollegen und gute Mitbürger zu sein und vieles mehr. Liebe Gemeinde, es soll einfach Weihnachten werden. Ich nehme an, dass einige unter Ihnen von diesem Ort eine Stellungnahme erwarten zu dem, was derzeit in der Welt geschieht, zu dem, wie mit den Flüchtlingen umgegangen wird, die in unser Land kommen, zu dem, worüber sich derzeit viele Menschen bei uns und andernorts Sorgen machen. Ich nehme diese und andere Fragen ganz und gar ernst und sehe mich Ihnen gerade auch in diesen Fragen als Seelsorger deutlich verpflichtet. Das versuche ich Ihnen gegenüber zu sein durch den Zuspruch aus dem Wort Gottes. Ich glaube Ihnen nicht dienlich sei zu sein, wenn sie von mir die xte Meinung zu Themen wie Flüchtlingssoli, Obergrenzen, Sicherheitsprobleme, Islamismusgefahr et cetera hören. Mir liegt daran, dass Sie wissen, auch unsere Kirche bemüht sich hier um die Unterstützung sachgemäßer und menschenorientierter Sozialpolitik. Mir liegt genauso daran, dass Sie wissen, unsere Kirche hält an der Botschaft fest, dass Gott unser Heil ist, dass er nur Gutes für uns will und bereithält.
5 Diese Botschaft sollen Sie hören und in Ihrem Herzen bewegen können. Dafür und dazu suchen wir mit Ihnen die Gemeinschaft. Können wir es einfach Weihnachten werden lassen? Wir können es an uns geschehen lassen, dass so viel Liebe, so viel Herzlichkeit, so viel Gnade für uns bereitstehen viel mehr als wir glauben. Amen Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
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