Zeit der Traurigkeit - lesbischer Alltag im Nationalsozialismus
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- Sarah Kaiser
- vor 6 Jahren
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1 Geschichte Imke Bittner Zeit der Traurigkeit - lesbischer Alltag im Nationalsozialismus Studienarbeit
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3 Zeit der Traurigkeit - lesbischer Alltag im Nationalsozialismus Imke Bittner Nationalsozialistische Frauenpolitik... 2 Bevölkerungspolitik und weibliche Homosexualität... 3 Strafverfolgung und weibliche Homosexualität... 4 Die Auflösung der Homosexuellenbewegung und ihre Auswirkungen auf das alltägliche Leben lesbischer Frauen... 7 Zeugnisse lesbischer Frauen im Konzentrationslager Die juristische Situation in Österreich Biographische und autobiographischen Zeitzeugenberichte Literaturliste In der hier vorliegenden Hausarbeit soll ein Einblick gegeben werden über das Alltagsleben lesbischer Frauen zur Zeit der nationalsozialistischen Diktatur. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema ist noch nicht weit fortgeschritten. Während es über manche Themen, besonders für die Zeit von 1933 bis 1945, zahlreiche Publikationen unterschiedlichster Verfasser gibt, sind zum Thema Lesbische Frauen in der NS-Zeit nur wenige zu finden. Am intensivsten hat sich die Berliner Historikerin Claudia Schoppmann mit diesem Thema beschäftigt, so daß ich mich in dieser Hausarbeit vornehmlich auf ihre Veröffentlichungen stütze. Zunächst soll dargestellt werden, wie die nationalsozialistische Frauen- und Bevölkerungspolitik aussah und welchen Einfluß sie auf das Leben lesbischer Frauen hatte. Ferner beschäftige ich mich mit der rechtlichen Grundlage und der Zerschlagung und Auflösung der Homosexuellenbewegung. Ich verweise auf die von Deutschland verschiedene Gesetzeslage in Österreich nach der Annexion Ausführlicher betrachte ich sowohl die Situation lesbischer Frauen innerhalb der nationalsozialistischen Konzentrationslager als auch die autobiographischen und biographischen Zeitzeuginnenberichte.
4 Nationalsozialistische Frauenpolitik Die nationalsozialistische Frauenideologie galt nur für arische und erbgesunde Frauen. Sie vertrat eine prinzipielle Bestimmung der Frau zu Mutterschaft und Ehe sowie strikt getrennte Lebens- und Arbeitsbereiche für Mann und Frau. Dies war jedoch eher Theorie als Praxis 1. Hauptanliegen der Nationalsozialisten war die Erhöhung der Geburtenrate, denn in den Jahren 1915 bis 1933 gab es, im Vergleich zu den vorhergegangen 18 Jahren, einen Rückgang von 14 Millionen Geburten. Reichsinnenminister Frick hatte so 1933 vor dem Sachverständigenbeirat für Bevölkerungs- und Rassenpolitik zusätzlich 30 % an Gebärleistungen der deutschen Frauen gefordert, denn 1934 sollten schon Geburten fehlen. Die Ehe war dieser Auffassung nach also nicht nur eine rein private Angelegenheit, sondern wurde zum politischen Instrument. Die echte Frau, so hieß es im schwarzen Korps, dem Organ der SS, leide schwer unter Ehelosigkeit, aber sie leide nicht an dem ihr fehlenden Geschlechtsverkehr, sondern an dem ihr fehlenden Kind, an der Nichterfüllung ihrer Bestimmung zur Mutterschaft. 2 Kinderlose Ehen wurden angefeindet und beispielsweise als völkische Fahnenflucht und biologische[r] Hochverrat bezeichnet 3. Abtreibungen wurden verboten und Eheschließungen materiell gefördert, finanziert durch die sogenannte Ledigensteuer. Ehepaare, die länger als fünf Jahre kinderlos blieben, mußten ab Februar 1938 Strafsteuersätze zahlen. Das Heiratsalter wurde gesenkt und das Scheidungsrecht erneuert: nach 48 StGB konnte eine Ehe bei Nachwuchsverweigerung und Unfruchtbarkeit geschieden werden. Die Zahl der Scheidungen stieg von 1938 bis 1939 erheblich an, bei 60 % der Scheidungen wegen Fortpflanzungsverweigerung oder Unfruchtbarkeit gab man der Frau die Schuld. Ab Mai 1933 wurden Abtreibung und Sterilisation per Gesetz stärker bestraft, Abtreibung mit bis zu zweijähriger Gefängnishaft, ab 1943 gar vereinzelt mit der Todesstrafe. 4 Die tatsächliche Zahl der heimlichen 1 Schoppmann, Claudia, Nationalsozialistische Sexualpolitik und weibliche Homosexualität, Pfaffenweiler, 2., überarbeitete Auflage 1997, S.18 2 Ebd., S.18 3 Ebd., S.18 4 Ebd., S.19
5 Abtreibungen ist nicht bekannt. Für die Jahre zwischen 1933 und 1939 ist ein Geburtenzuwachs tatsächlich zu erkennen, der dadurch entstand, daß mehr Frauen Kinder bekamen. Kleinfamilien waren die bevorzugte Lebensweise 5. Bevölkerungspolitik und weibliche Homosexualität Natürlich waren lesbische Frauen von den oben genannten Maßnahmen gegen ledige und kinderlose Frauen besonders betroffen. Es kann also davon ausgegangen werden, daß es einige homosexuelle Frauen nach 1933 vorzogen, zu heiraten und sich dadurch vor Verdächtigungen zu schützen 6. Ein unauffälliger Lebenswandel wurde für die Frauen wichtiger, als er vorher war 7. Viele Frauen zogen es nach 1933 auch vor, ihr Äußeres zu verändern, wie z. B. die Haare länger wachsen zu lassen oder sich weiblicher zu kleiden. 8 Innerhalb der von lesbischen Frauen eingegangen Ehen war der Ehemann nicht immer von der wahren sexuellen Orientierung seiner Frau unterrichtet. Beliebt waren auch Josefsehen zwischen homosexuellen Männern und Frauen, da dadurch auch dem Mann die Möglichkeit gegeben wurde, einer Verfolgung zu entgehen. Dazu führt Claudia Schoppmann folgendes Beispiel an: Ich lebte schon seit Jahren mit meiner Freundin zusammen. Manchmal munkelten die Leute: Haben die was? Als das Dritte Reich ausbrach, hieß es dann bösartig: Die haben was zusammen! Da waren Blockwarte und Hauswarte, die in unser Privatleben hineinleuchteten und Meldungen erstatten sollten. Unsere Zimmervermieterin wurde ausgefragt, ob sie etwas über unser Intimleben wüßte. Eines Tages kam unser Chefredakteur zu mir ins Atelier und sagte ungedulgig, ich müsse endlich heiraten oder er könne mich nicht weiter beschäftigen. Daraufhin beschließen die zwei Frauen, mit zwei schwulen Freunden zusammenzuziehen. Aber damit hatten wir den Geboten der neuen Zeit noch nicht genüge getan. Wieder war es der Hauswart mit dem Parteiabzeichen, der uns sagte: Sie können doch nicht in wilder Ehe leben, das ist nicht im Sinne des Führers. Dabei war der Mann nicht böswillig, sondern ein netter Berliner. Immerhin, wenn der schon so redete... 5 Ebd., S.20 6 Ebd. S.21 7 Ebd., S Schoppmann, Claudia, Zeit der Maskierung, Frankfurt am Main, 1998, S.101
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