3. Von welcher Quote vegetarisch lebender Schülerinnen und Schüler an den Schulen in Baden-Württemberg geht sie aus?

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1 14. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abg. Renate Rastätter GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Vegetarisch lebende Schülerinnen und Schüler im Unterricht (u. a. im Fach Mensch und Umwelt) und beim Schulessen Kleine Anfrage Ich frage die Landesregierung: 1. In welchen Fächern, aufgeschlüsselt nach Schularten, gibt es Bildungsstandards die Ernährung betreffend, und inwieweit werden dabei die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (u. a. fünf Portionen Obst/Gemüse am Tag und nur 1 bis 2 Mal in der Woche Fleisch) zugrunde gelegt? 2. Ist in den Bildungsplänen auch die Vermittlung der Kompetenzen, sich vegetarisch vollwertig zu ernähren sowie die Vermittlung möglicher ethischer Gründe für eine vegetarische Lebensweise vorgesehen? 3. Von welcher Quote vegetarisch lebender Schülerinnen und Schüler an den Schulen in Baden-Württemberg geht sie aus? 4. Können vegetarisch lebende Schülerinnen und Schüler das Wahlpflichtfach Mensch und Umwelt in der Realschule wählen? 5. Haben sie in diesem Fall ein Recht darauf, keine Fleischgerichte zubereiten und abschmecken zu müssen? 6. Können sie darauf bestehen, alternativ zur Zubereitung von Fleischgerichten die Herstellung weiterer vegetarischer Gerichte/vegetarischer Vollwertgerichte/veganer Gerichte zu erlernen? Eingegangen: / Ausgegeben: Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter:

2 7. Haben Schülerinnen und Schüler in der Ganztagsschule ein Recht darauf, dass jeden Tag auch ein vollwertiges vegetarisches oder ggf. veganes Gericht angeboten wird? Rastätter GRÜNE Begründung Gesunde Ernährung und Bewegung sind die beste Prävention gegen sogenannte Zivilisationskrankheiten wie z. B. Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Adipositas. Sowohl die Deutsche Gesellschaft für Ernährung als auch die Krankenkassen bemühen sich deshalb, das Ernährungsverhalten der Bevölkerung positiv zu beeinflussen. Ziel ist hierbei u. a., den mit 1,5 kg statt den empfohlenen 300 bis 600 g Fleisch pro Person und Woche deutlich zu hohen durchschnittlichen Fleischverbrauch zu senken sowie den Konsum von Obst und Gemüse zu erhöhen. Auch in der vegetarischen Vollwertkost werden Vorteile gesehen. Rund 6 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher ernähren sich in Deutschland inzwischen fleischlos. Zunehmend entscheiden sich vor allem Jugendliche und junge Erwachsene mit höherem Bildungsstand für eine vegetarische Lebensweise. Für sie sind dabei vor allem ethische Gründe ausschlaggebend. Sie lehnen es ab, Tiere zu essen und/oder kritisieren die tierquälerischen Haltungsformen in der konventionellen Landwirtschaft. Auch ökologische Gründe wie die Belastung des Klimas durch die hohen Treibhausgase aus der Erzeugung tierischer Lebensmittel sowie die Problematik von (übermäßigem) Fleischkonsum im Hinblick auf Welternährung spielen bei der Entscheidung eine Rolle. Nicht nur die Familie, sondern auch die Schule hat die Aufgabe, Kinder und Jugendliche zu einer gesunden sowie ethisch und ökologisch vertretbaren Ernährungsweise zu erziehen. Mit dieser Anfrage soll geklärt werden, inwieweit in den Schulen gewährleistet wird, dass die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung im Unterricht behandelt werden und inwieweit Jugendlichen, die sich für eine vegetarische Lebensweise entschieden haben, in der Schule bei den Bildungs- und Essensangeboten hieraus keine Nachteile entstehen. Da in Einzelfällen Vegetariern und Vegetarierinnen empfohlen wurde, nicht das Fach Mensch und Umwelt zu wählen, soll dazu eine Klärung erfolgen. 2

3 Antwort Mit Schreiben vom 30. Juni 2009 Nr MUM/11/1 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. In welchen Fächern, aufgeschlüsselt nach Schularten, gibt es Bildungsstandards die Ernährung betreffend, und inwieweit werden dabei die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (u. a. fünf Portionen Obst/Gemüse am Tag und nur 1 bis 2 Mal in der Woche Fleisch) zugrunde gelegt? Die im Folgenden aufgeführten Kompetenzen zum Bereich Ernährung finden sich in den Bildungsplänen der Grund-, Haupt-, Realschulen und der Gymnasien. Grundschule Die Schülerinnen und Schüler können sich selbst, ihre Gefühle, ihre Körperlichkeit, körperliche Signale und Bedürfnisse wahrnehmen (BP GS, S. 100). Diese Kompetenz ist bereits für die Standards der Klasse 2 im Fächerverbund Mensch, Natur und Kultur formuliert. Als verbindliche Inhalte sind ergänzend Bewegung und Ernährung genannt. In den Kontext der Fragestellung gehört auch folgende Kompetenz: Die Schülerinnen und Schüler können ihre Kenntnisse von heimischen Lebewesen erweitern und festigen und daraus Wertschätzung entwickeln (und) für Pflanzen und Tiere sorgen und praktisches Wissen über Pflege, Umgang und Nutzung erwerben (BP GS, S. 102). Verbindlich sind auch Kenntnisse über die Nutzung von Pflanzen und Tieren als Grundlage von Nahrungsmitteln und Speisen sowie regionaler und saisonaler Produkte. Hauptschule/Werkrealschule Der Fächerverbund Wirtschaft Arbeit Gesundheit greift Aufgaben- und Problemstellungen auch aus dem privaten Lebensbereich auf. Durch haushalts- und gesundheitsbezogene Bildung erwerben die Schülerinnen und Schüler die notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur verantwortungsbewussten Lebensgestaltung und zur Förderung der Gesundheit (vgl. BP HS/WRS, S. 126). Der Bildungsplan sieht hier vor, dass die Schülerinnen und Schüler am Ende von Klasse 6 die Grundlagen einer gesunden Lebensführung und einer gesunden Ernährung kennen (vgl. BP HS/WRS, S. 128). In den Bildungsstandards für Klasse 9 ist vorgesehen, dass die Schülerinnen und Schüler Grundnahrungsmittel nach haushälterischen und gesundheitlichen Kriterien sowie nach Prinzipien der Nachhaltigkeit bewerten und verarbeiten können (und) einfache Stoffwechselvorgänge kennen und um Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit wissen (BP HS/WRS, S. 131). 3

4 Realschule Im Wahlpflichtfach Mensch und Umwelt der Realschule wird in den Standards der Klasse 8 festgelegt, dass Schülerinnen und Schüler mit der Ernährungspyramide/dem Ernährungskreis einen vollwertigen Tageskostplan erstellen; ausgewählte Lebensmittel als Nähr- und Wirkstoffträger unter ernährungsphysiologischen Gesichtspunkten bewerten (und) die Qualität ausgewählter Lebensmittel unter den Aspekten regional/ saisonal beurteilen können (BP RS, S. 151). In den Standards für Klasse 10 ist unter anderem formuliert: Schülerinnen und Schüler können Lebensmittelqualität unter den Aspekten Gesundheitsverträglichkeit, So - zialverträglichkeit, Umweltverträglichkeit beurteilen; gesundheitliche Folgen von Fehlernährung aufzeigen und Ernährungs- und Verhaltensregeln ableiten (und) vegetarische Kostformen nennen und unter verschiedenen Aspekten bewerten (BP RS, S. 152). Gymnasium Im Gymnasium ist die Thematik zunächst in den Standards für Biologie der 8. Klasse verankert. Hier findet man folgende Kompetenzformulierung: Die Schülerinnen und Schüler können die Zusammensetzung von Nahrungsmitteln analysieren und diese im Hinblick auf eine ausgewogene Ernährung beurteilen (BP GYM, S. 207). Außerdem sind sie sich der Bedeutung einer gesunden Ernährung bewusst und kennen die Probleme, die mit Essstörungen verbunden sind (vgl. BP GYM, S. 207). Im Profilfach Naturwissenschaft und Technik sollen folgende Kompetenzen erworben werden: Die Schülerinnen und Schüler können Körperfunktionen auf physikalische und chemische Vorgänge zurückführen. Sie wissen, welche Einflüsse eigenes Verhalten auf ihren Körper hat, werden dadurch sensibilisiert und in ihrer Eigenverantwortlichkeit gestärkt, um ihr erworbenes Wissen in gesundheitsbewusstes Handeln umzusetzen. Die Schülerinnen und Schüler können Ernährungsgewohnheiten und -pläne im Hinblick auf gesundheitliche und ökologische Folgen beurteilen (BP GYM, S. 207). 2. Ist in den Bildungsplänen auch die Vermittlung der Kompetenzen, sich vegetarisch vollwertig zu ernähren sowie die Vermittlung möglicher ethischer Gründe für eine vegetarische Lebensweise vorgesehen? Die Intention des Bildungsplanes von 2004 besteht darin, weniger über Inhalte als über Kompetenzen das Unterrichtsgeschehen zu steuern. Die inhaltlichen Festlegungen sind beschränkt, um den Schulen eine gewisse Freiheit bei der Auswahl von Themen und Unterrichtsgegenständen zu ermöglichen. 4

5 Bildungsstandards, die die Ernährung betreffen, sind gleichwohl für alle allgemein bildenden Schularten formuliert. Schülerinnen und Schüler sollen möglichst früh ein positives Verhältnis zum eigenen Körper entwickeln. Das Thema Ernährung und Gesundheit wird daher bereits in der Grundschule angegangen und in späteren Klassenstufen immer wieder aufgegriffen. Die Thematik Ernährung und Gesundheit ist somit im Bildungsplan 2004 an vielen Stellen berücksichtigt. Es steht den Schulen frei, die Thematik im Rahmen ihres Schulcurriculums zu vertiefen und zu erweitern. 3. Von welcher Quote vegetarisch lebender Schülerinnen und Schüler an den Schulen in Baden-Württemberg geht sie aus? Die Anzahl vegetarisch lebender Schülerinnen und Schüler wird nicht statistisch erhoben. 4. Können vegetarisch lebende Schülerinnen und Schüler das Wahlpflichtfach Mensch und Umwelt in der Realschule wählen? Das Fach Mensch und Umwelt ist ein für jede interessierte Schülerin/jeden interessierten Schüler der Realschule ab Klasse 7 wählbares Wahlpflichtfach. Das Wahlpflichtfach hat den Status eines Kernfaches. Da es neben dem Themenbereich Ernährung auch die Bereiche Bekleidung, Wohnen, Wirtschaften und den Bereich Zusammenleben in Familie und Gesellschaft umfasst, führt es die Einzelne/den Einzelnen hin zu einer bewussten Lebensgestaltung unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen zu Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. 5. Haben sie in diesem Fall ein Recht darauf, keine Fleischgerichte zubereiten und abschmecken zu müssen? Schülerinnen und Schüler mit vegetarischer Ernährungsweise nehmen selbstverständlich am regulären Mensch und Umwelt -Unterricht teil, erwerben die entsprechenden Qualifikationen und arbeiten im Rahmen dessen auch praktisch bei der Nahrungszubereitung mit. Es besteht keine Verpflichtung, dass eine Schülerin bzw. ein Schüler, die/der sich vegetarisch ernährt, die in der Gruppe zubereiteten Speisen auch isst. Bei Fragen oder Unklarheiten empfiehlt es sich, dass die Schülerin bzw. der Schüler sich rechtzeitig zum Beispiel zu Schuljahresbeginn an die entsprechende Fachlehrkraft wendet, um eine für alle Beteiligten praktikable Lösung zu finden. 6. Können sie darauf bestehen, alternativ zur Zubereitung von Fleischgerichten die Herstellung weiterer vegetarischer Gerichte/vegetarischer Vollwertgerichte/veganer Gerichte zu erlernen? Um umfassende Kenntnis im Themenbereich Ernährung zu erhalten, sind die von allen Schülerinnen und Schülern zu erreichenden Kompetenzen verbindlich formuliert. Das Erlernen von komplexen Arten der Nahrungszubereitung, der unterschiedlichen Garmethoden und Zubereitungstechniken gehört deshalb zum Unterricht. Die Fachlehrkraft trägt in diesem Rahmen für die didaktische Auswahl und Ausgewogenheit die Verantwortung sowohl für vegetarisch oder vegan lebende Schülerinnen und Schüler als auch für Jugendliche, die sich vor allem mit tierischen Produkten ernähren. 5

6 7. Haben Schülerinnen und Schüler in der Ganztagsschule ein Recht darauf, dass jeden Tag auch ein vollwertiges vegetarisches oder ggf. veganes Gericht angeboten wird? Die Bereitstellung einer Mittagsverpflegung, einschließlich der Festlegung von Qualitätsmerkmalen, ist eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf ein vollwertiges vegetarisches bzw. veganes Mittagessen. Dem Kultusministerium ist bekannt, dass vor Ort bei Bedarf auch individuelle Regelungen bei der Mittagsverpflegung getroffen werden. Rau Minister für Kultus, Jugend und Sport 6