Patientenbeteiligung im
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- Marta Morgenstern
- vor 8 Jahren
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1 Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen Vom unverbindlichen Ideal zum realisierten Programm konzeptuelle Grundlagen und internationale Erfahrungen Peter Nowak Ich danke Rudolf Forster und Benjamin Marent für die zur Verfügung gestellten Unterlagen PatientInnen beteiligen wie, wann, wo? AK Salzburg, FH Salzburg,
2 Überblickbli» Konzeptuelle Grundlagen» Individuelle Beteiligung» Kollektive Beteiligung 2
3 KONZEPTUELLE GRUNDLAGEN 3
4 Was meint Beteiligung/Partizipation? Ein breites Spektrum an Möglichkeiten» Partizipation: Prozess der Einbeziehung in Entscheidungen, die für die Betroffenen relevant sind» 4 Grunddimensionen der Partizipation:» Was wird Thema? Woran Patienten beteiligen?» Wie wird man einbezogen?» Wer entscheidet bzw. wird einbezogen?» Wann wird man einbezogen? 4
5 Woran Patienten t beteiligen?» Individuelle Behandlungsentscheidungen und prozesse» Kollektive Entscheidungen» Makro-Ebene: gesundheitspolitische Prioritäten» Meso-Ebene: Gestaltung der Organisationen des Gesundheitswesens 5
6 Wie wird man einbezogen? 9 Stufen der (Nicht-)Beteiligung (Wright 2010) Selbstorganisation Entscheidungsmacht Teilweise Entscheidungsmacht Geht über Beteiligung hinaus Beteiligung Mitbestimmungti Einbeziehung Anhörung Information Vorstufen der Beteiligung Anweisung Nicht Instrumentalisierung Beteiligung g 6
7 Wann wird man einbezogen? Public Health Action Cycle (n. Rosenbrock et al. 2011)
8 INDIVIDUELLE BETEILIGUNG 8
9 Gesundheit und Selbstbestimmung: Ottawa-Charter 1986 Gesundheitsförderungsdefinition:» Gesundheitsförderung zielt auf den Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen.» Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist, selber Entscheidungen zu fällen und eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben
10 Warum individuelle Beteiligung: Gesundheit und Selbstbestimmung:» Salutogenese: Kohärenzgefühl als Grundlage von Gesundheit (Antonovsky 1987, 1996)» Verstehbarkeit» Handhabbarkeit» Bedeutsamkeit (Sinnhaftigkeit)» Systemtheorie: Therapiegespräch und körperliche Behandlung sind Interventionen in komplexe Systeme (Bewusstsein und Körper), also Irritation von außen und keine Steuerung Gesundheit entsteht im und durch den betroffenen Menschen Heilung und Interaktion sind also immer Koproduktionen zwischen Therapeut und Patient
11 Tradition und Krise des professionellen Paternalismus (Coulter 2002)» Tradition des professionellen Paternalismus:» Ärzte und Patienten haben gemeinsame Ziele; es gibt eindeutig Grundlagen für die beste Behandlung» Ärzte wissen am besten Bescheid und treffen Entscheidungen zum besten Wohl der Patienten» Patienten wollen i.d.r. weder umfassend informiert werden noch Verantwortung für Entscheidungen übernehmen» Zunehmende Anzeichen einer Vertrauenskrise:» Mangelnde Evidenz für viele Behandlungsverfahren; steigende Erwartungen;» Kommunikationsmängel sind die häufigste Quelle der Unzufriedenheit von Patienten» Passive Patientenrolle ist eine Quelle für medizinische Fehler und mangelnde Qualität der Behandlung 11
12 Notwendigkeit eines Kulturwandels Kulturwandels Veränderungen der Patientenrolle (Coulter 2002)» Patienten müssen das Versorgungsgeschehen besser verstehen, um ihren eigenen Beitrag zur Gesundung machen und die Gesundheitsdienste angemessen nützen zu können» Gesundheitsberufe müssen das Wissen und die Präferenzen der Patienten besser verstehen, um angemessen behandeln zu können» Vier Rollendimensionen für Patienten: Entscheidungsbeteiligteg g bei ihrer Behandlung Versorgungsmanager im Rahmen ihrer Behandlung (Ko- Produzenten) Entwicklung von Gesundheitskompetenz Bewerter der Leistungen der Gesundheitsdienste di aktive Bürger, die sich für qualitätsvolle und bedürfnisgerechte Gesundheitsdienste engagieren g 12
13 Selbstbestimmung im Gespräch mit Gesundheitsberufen Patienten in wesentlichen Bereichen an der interaktiven Kontrolle des Gespräches beteiligen:» welche Informationen der Patient t wie gibt (eigenständige Antworten und Beiträge)» welche Informationen der Patient wie vom Arzt erhält (eigenständige Fragen)» ob Entscheidungen getroffen werden und wer welche Entscheidungen wie trifft (eigenständige Entscheidungsrolle)» welche interaktiven Verfahren eingesetzt werden: Fragetechnik, Geschichten h erzählen, Umgang mit zeitlichen Ressourcen, Verwendung von Fach-Sprache etc. 13
14 Folgewirkungen von individueller (Entscheidungs-)Beteiligung» Verbesserte Outcomes (Scheibler et al. 2003)» Patientenzufriedenheit (allgemein, mit Behandlung, mit Ärzten, mit Beteiligung an sich)» Subjektive Lebensqualität» Krankheitsverständnis und wahrgenommene Kontrolle (über Medikation, Eingriffe, Entscheidungen)» Verbesserung von Krankheitssymptomen (durch höhere Entscheidungsqualität und konsequentere Durchführung)» führt eher zu konservativen und risiko-vermeidenden (d.h. meist auch kostengünstigeren) Entscheidungen (Coulter 2002)» Kaum unrealistischer Patientenwünsche 14
15 Ansatzpunkte für die Implementierung von mehr Entscheidungsbeteiligung» Aus und Fortbildung der Gesundheitsberufe: Training von Kommunikationsfähigkeiten; Supervisionsmöglichkeit» Entscheidungshilfen für Patienten (decision aids)» zur Klärung eigener Präferenzen, zur Reduktion von Unwissen und Unsicherheit; für eine Abwägung von potentiellen Vorteilen und Nachteilen alternativer Behandlungspfade (evidenzbasiert; ausgewogen; aktuell)» Kein Ersatz für gute face-to-face-kommunikation, aber Entlastung für Profis» Vielfach noch nicht entwickelt oder begrenzt brauchbar» Unabhängige Patientenberatung; Patientenanwaltschaften» Organisationale Voraussetzungen und finanzielle Anreizsysteme» Öffentlichkeitsarbeit & Monitoring der Kommunikation 15
16 Individuelle id Beteiligung in eigene Versorgungsplanung: Klient als Teammitglied - Windhorse-Modell Betreuerin Psychotherapeutin Teambesprechung Supervisorin Betreuerin Klientini Mitbewohner Organisation Team- leiterin Familien besprechung Psychiaterin Angehörige + Freunde
17 Individuelle Beteiligung in Patientensicherheit: Plattform Patientensicherheit & WHO (2013)» noch wenig Evidenz über die Effektivität» Empfehlungen:» Informationen über Patientenrechte, Selbstmanagement, Polypharmazie u. Händehygiene» Ausbildung der Gesundheitsberufe in effektiver Kommunikation» Systematische Unterstützung von Patienten mit geringer Gesundheitskompetenz» Übersetzungsdienste» Öffentlichkeitsarbeit 17
18 Kollektive Beteiligung» Makro-Ebene: gesundheitspolitische Prioritäten» Meso-Ebene: Gestaltung der Organisationen des Gesundheitswesens 18
19 Warum Patienten kollektiv beteiligen? Makro-Ebene - Gesundheitspolitik» Gesundheitspolitik hat den demokratischen Vertretungsauftrag glz. gesamtgesellschaftlichen Auftrag» Partikularinteressen stark vertreten: Sozialversicherung, Ärztekammer, Wirtschaft, lokale Politik» Alle argumentieren mit dem Patienteninteresse!» Spezifische Patienteninteressen werden nicht gehört Demokratisierungsanspruch: kompetentere, engagiertere Öffentlichkeit mehr Vertrauen und Verständnis Legitimation politischer Entscheidungen 19
20 Woran kann die Community bei Projekten partizipieren? (Riffkin 1988) 200 Fallstudien 5 Faktoren wurden destilliert 1. Needs-Assessment: Wie stark wurde die Community bei der Identifizierung der Gesundheitsbedürfnisse involviert? 2. Leadership: Ist die Community vertreten? Sind auch vulnerable Gruppen repräsentiert? 3. Organisation: Wie stark wird das Programm mit bestehenden Strukturen (Organisationen) der Community verknüpft? 4. Resource Mobilisation: Werden Ressourcen der Community (Geld, Arbeitszeit, Materialien) genutzt? 5. Management: Wie stark ist die Community im operativen Management beteiligt? 20
21 Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss (DE)» Seit 2004 auf gesetzlicher Grundlage» Patientenvertreter : Selbsthilfeorganisationen, Gesundheitsberater, Behindertenverbände» Entscheidungen über den Leistungskatalog und die externe Qualitätssicherung in der stationären Versorgung Lernerfahrungen: Bessere finanzielle u. strukturelle Unterstützung Bessere Ausbildung der Patientenvertreter Geringer Entscheidungseinfluss Transparentere p Verhandlungskultur 21
22 Zehn Bausteine der guten Praxis kollektiver Beteiligung von Patientenorganisationen Patienten-& Bürgerbeteiligung in Australien, Dänemark, England, Wales, Frankreich, Niederlande, Schottland, Schweden und EU (Ovey et al. 2011)» Gesetzliche Verpflichtung» Transparenz über Entscheidungsverfahren» Transparenz über Beteiligungsmöglichkeiten» Rekrutierung über Ausschreibungen» Kriterien für Patientenvertretern» Aktive Ansprache von Patientengruppen» Finanzierung von Patientenvertretern» Online-Partizipationsverfahren» Verbindliches Feedback» Advocacy-Schulungen 22
23 Warum Patienten kollektiv beteiligen? Meso-Ebene - Gesundheitseinrichtungen» Welche Gesundheitsdienstleistungen werden angeboten?» Wie ist der Zugang zu den Gesundheitsdienstleistungen?» Mit welcher Qualität werden sie angeboten?» Welchen Beitrag können Patientenorganisationen leisten? Qualitätsanspruch: Bedarfsgerechtere Angebote Patientenorientierte Angebot Qualitätsvollere Angebote Identifikation mit lokalen Gesundheitseinrichtungen 23
24 Selbsthilfefreundliche Gesundheitseinrichtungen: 6 Stufen der Kooperation Analyse Gesundheitsförderung im Krankenhaus (Forster et al. 2013) Beteiligung gvon Repräsentanten mehrere SHG an Planungs und Strategieprozessen Beteiligung von SHG an Entwicklung von spezifischen Programmen Einbeziehung der SHG ins Monitoring der Einrichtung Unterstützung der Aktivitäten von SHG Aktive Förderung der Kontaktaufnahme von Patienten mit SHG Information von Patienten über SHG 24
25 Selbsthilfefreundliche Gesundheitseinrichtungen: Erfolgskriterien (Trojan et al. 2012)» Verpflichtende Standards und Kriterien für selbsthilfefreundliche Gesundheitseinrichtungen» Anknüpfung an das Qualitätsmanagement» Nominierung von Ansprechpersonen» Formelle Kooperationsvereinbarungen» Unterstützungsstellen auf Landesebene (Kontaktanbahnung, methodische Hilfen)» Ressourcen für Koordination und Unterstützung 25
26 Patientenbeirat im Gesunden Kinzigtal» Jedes zweite Jahr wählen die Mitglieder auf Mitgliederversammlungen ihre Vertreter als Patientenbeiräte» 5 Patientenbeiräte und ein Ombudsmann» Aufgaben:» Patienten und Teilnehmer bei Problemen unterstützen - Sprachrohr» Anregungen für die Weiterentwicklung des Projekt Gesundes Kinzigtal» Zwei und nach Bedarf mehrere Sitzungen pro Jahr 26
27 Zusammenfassung: zentrale Aspekte von kollektiver Beteiligung (Forster, Marent 2012) Ziele utilitaristisch demokratisch Determinanten Partizipation Outcomes Kapazitäten (Ressourcen, Unterstützung, Ausbildung) Gesetze Partizipationskultur/ Einstellungen Akteure (wer?) Domains (woran?) Ausmaß (wie?) sachlich, sozial, zeitlich Methoden Fokusgruppen BürgerInnenforen Befragungen u.a. Qualität der Services Empowerment (individuell/kollektiv) Zufriedenheit Besserer Zugang Gesundheit 27
28 Die Rolle von Patienten ein langer Weg Kickbusch (2009): Ein Gesundheitssystem, das Innovation so sehr braucht, kann von kritischen und aktiven Patienten nur profitieren. Gesundheitskompetenz bedeutet Machtbalance zwischen Versorgern, Nutzern und Patienten im System
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