NICOL LJUBIĆ MEERESSTILLE (1) (S )

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Jürgen Hase
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1 NICOL LJUBIĆ MEERESSTILLE (1) (S )

2 WÖRTER UND DINGE (S.11) Konversation (Vergangenheitsform) Sie und er liegen am Strand der Ostsee Sie fragt : Wie heißt das, wenn das Meer ruhig ist? Keine Antwort. Kein Wort auf Deutsch. Serbisch: Bonaca. Thema angedeutet : Sprache & Realität Schwierigkeit der Kommunikation Beschreibung der Frau (Gegenwartsform): Ernste Augen, Wangenknochen, eine schmale Nase, ein paar Falten auf der Stirn, blasse Haut, fast schon anämisch, dazu ihr dunkles Haar. Ernst und Fragilität. Vorstellung in der Retrospektive: Fehlender Abdruck im Sand Unsicherheit der Erinnerung

3 BESCHREIBUNG DES GERICHTSSAALS (S. 12) Kopfhörer Er hört ein leises Stimmenwirrwarr, das aus den vielen Kopfhörern dringt. Sprach-Kakophonie Beschreibung der Personen: die Farben schwarz und weiß Angeklagter: weißes Hemd, schwarzes Haar Richter: schwarze Roben, weißes Haar Suggestion einer klaren Welt : entweder oder Unterbrechung der Übersetzer Sprache: Verständnisschwierigkeiten

4 RHETORIK DES ANKLÄGERS & REAKTION DES ANGEKLAGTEN(S ) Einführung der Zeugin durch den Ankläger Antizipation der Gefühle und Gedanken der Richter (Zukunftsform) : Sie werden den Schmerz erkennen Die Wahrheit der Zeugenaussage: Unmenschlichkeit vs. erfahrenes Leid (Familie verbrannt) Autobiographie als Sprache der Wahrheit Der Angeklagte: demonstrative Verweigerung der Auseinandersetzung Kopfhörer Untersuchung der eigenen Hände (Fingernägel), reiben der Hände Andeutung der möglichen Unschuld (Pilatus) Ambivalenz von er (Robert) Wunsch nach Hass Indirekte Beziehung als Hindernis Loyalitätskonflikt?

5 ANKLAGE & BEOBACHTUNGEN (I) (S ) Ereignisse Zlatko Simic: falscher Vertreter des Roten Kreuzes Begleiter der Familie Hasanovic in das Haus, wo alle (42 Personen) außer der Zeugin später verbrannten Vorspiegelung der Sicherheit Die Familie Hasanovic (letzte Muslimfamilie) wollte fort, suchte Vertreter des Roten Kreuzes Position von Zlatko Simic: Unschuldig, zu dieser Zeit im Krankenhaus, Beweis: Aufnahmeprotokoll Rhetorik Aussage gegen Aussage : wer lügt? Schauen Sie [der Zeugin] in die Augen, und Sie werden verstehen, dass diese Frau nicht lügen könnte. Beobachtung von Robert Augen als Spiegel der Seele Hätten Anas Augen lügen können?

6 ANKLAGE & BEOBACHTUNGEN (II) (S ) Zlatko Simics Verbrechen, laut der Anklage Nicht direkte Ursache des Mordes, sondern Helfer Verbrechen: Falsches Hilfsangebot, Lüge: Sicherheit, abschließen des Hauses + Komplize mit den Tätern Täter: Raub, Erniedrigung (Kleider ausziehen), Brandstiftung Konklusion: Zlatko Simic hat zweiundvierzig Menschen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, mit Vorsatz in den Tod geführt. Zeichen der Rohheit von Zlatko Simic: Das abgebrannte Haus als Schweinestall Beobachtung von Robert Die Ruhe des Anklägers Rhetorik des Anklägers Wiederholung: Mut der Zeugin

7 ROBERTS BEOBACHTUNG DER LEUTE IM GERICHTSSAAL & GEDANKEN (S ) Zlatko Simic kämmt sich, spielt mit der Krawatte, sieht niemanden an, sitzt reglos da Anwälte & Richter Notizen, Gesten der Müdigkeit Zuschauer (Robert nimmt den Kopfhörer ab) Frau, die weint Erinnerung an Ana : Er denkt daran, wie viel leichter es für ihn gewesen wäre, hätte sie jemals geweint und ihm die Möglichkeit gegeben, ihre Tränen zu trocknen. [ ] Warum ist sie nicht hier neben ihm? Andeutung des Grundes seiner Präsenz: Ana Die junge Frau neben Robert: ihre Hand Wunsch, dass es Ana wäre? Frau, die flucht und Zlatko Simic laut verdammt & Reaktion des Aufpassers Robert wieder mit Kopfhörer: Die Frage nach der genauen Identität des Hauses (Pionirska-Strasse: zwei Häuser, wo Menschen verbrannten) Aufpasser Tadel (Aufstehen, Respekt) Ende der Sitzung Die Verteidiger ziehen die Roben aus Angst, dass Simic ihn sieht: Robert will sich verstecken Von der formalen Welt des Gerichtes zur menschlichen Realität

8 ERINNERUNG AN DIE REISE NACH DEN HAAG & GRUND DER REISE (S ) Aktivitäten im Zug Zeitschriften, Landschaft: kahl, unbewohnt, Wolken, Regen Hotel am Meer Dauer des Aufenthalts: 4-5 Nächte, vielleicht länger. Zwischenfall bei der Zugreise : Selbstmörder Nach einer Stunde : schon vergessen Gedanken an Ana: Einen Toten vergessen?: Ana konnte das nicht. Das war ihm auf einmal klargeworden. Zweiundvierzig Tote, zweiundvierzig qualvolle Tode. Und ein Mann, der seine Krawatte glättet. Wie wollte Ana ihren Vater sehen? Roberts Problem: Aber sie hatten nicht mehr miteinander gesprochen, sie hatten sich nicht mehr gesehen. Er wusste nicht, ob es das Ende war oder nicht. Er wusste nicht, was es war, warum sie es ihm nicht früher erzählt hatte. Warum hatte sie ihm nicht vertraut? Manchmal wusste er nicht, warum sie es ihm überhaupt erzählt hatte. Grund für die Reise nach Den Haag Ana verstehen Zweifel und Angst nach den ersten Stunden im Gericht Entfremdung von Ana Sympathie für Zlatko Simic Gefühlskonflikt: Dilemma

9 DIE AUSSAGE DER ZEUGIN (I) (S ) Charakterisierung der Zeugin Schwarze lange Haare, Narbe im Gesicht, sieht Simic nicht an Informationen aus der Befragung Krankenschwester, Muslimin Grund der Flucht von Koritnik nach Visegrad am 14. Juni 19992: Todesdrohungen Etwa 50 Flüchtlinge, ein Baby, Bruder der Zeugin In Visegrad: Kontaktierung der Polizei, dann des Roten Kreuzes, dann Bekanntschaft mit dem Mann, der Hilfe anbietet Identifizierung des Mannes: Zlatko Simic Verweigerung, Simic genau anzusehen Roberts Gedanken Imaginärer Dialog mit der Zeugin: Hass? Wortbruch. Was sagt die Stimme über die Emotionen? Englisch Serbisch Der Sinn der Worte und der Klang der Worte

10 DIE AUSSAGE DER ZEUGIN (II) (S ) Ereignisse laut der Zeugin Simics Garantie der Sicherheit: Zettel Die drei Männer: Raub und Drohung mit dem Messer Kleider ausziehen: Erniedrigung der Zeugin, Weigerung der Mutter, Zwang durch Tochter und Tante Bestrafung eines Kindes, das Geld hatte: Schläge ins Gesicht Rückkehr der Männer in der Nacht, Todesangst der Tante Plötzlich Feuer in verschiedenen Farben Die Flucht der Zeugin Flucht durch das Fenster (Scheibe kaputt geschlagen) Handgranate, Verletzung der Zeugin durch Splitter, Versteck beim Bach, unter der Brücke Schüsse auf die anderen, die aus dem Fenster sprangen Schreie eine Stunde lang, vielleicht auch zwei

11 FORTSETZUNG DER STRANDSZENE VOM ANFANG DES KAPITELS (S ) Kontrast zur vorangehenden Beschreibung des Massakers Mögliche Frage: Kann jemand ein solches Verbrechen begehen und der Vater einer Frau wie Ana sein? Anas Körper Metaphern der Landschaft: Ausschnitt des T-Shirts als Delta Die Haut vom Hals als Fluss, der sich unter den Kleidern verteilt Andeutung: Meer Taktile Erinnerungen: Handgelenk, Brüste: Form Bauch, Zehen, Hände: Wärme Visuelle Erinnerungen: Bauch, Zehen, Beine Objekt von Roberts sexuellem Verlangen Unberührbarkeit & Fragilität ( Du tust mir weh ) Andeutung: Roberts Unsicherheit: wer ist die Person mit diesem Körper?

12 DIE FRAGEN DES VERTEIDIGERS (MR NURZET) (S ) Befragung der Zeugin: Frage: Warum keine Flucht nach dem Raub? Antwort: Sachen nehmen vs. Seele nehmen Wir dachten, wir seien Menschen Frage: Identifikation des Autos der Täter Antwort: Geräusch Auspuff kaputt Frage: Identifikation der Täter: Räuber = Mörder? Antwort: die anderen aus meiner Familie haben gesagt, dass es dieselben seien Beobachtung von Simics Verhalten: Lächeln? Befragung der Zeugin: Frage: Elektrizität, Licht Antwort: es war dunkel Befragung der Zeugin: Absicht des Verteidigers: Simic war nicht da Nervosität des Publikums, und von Robert: Er hat das Gefühl, als erzeuge Ungerechtigkeit eine Spannung, die sich nach außen zu entladen sucht. Er fühlt ein Jucken im Innern des Körpers. Robert kneift sich nützt nichts geht hinaus.

13 RÜCKKEHR ZUM HOTEL (S ) Robert geht zu Fuß zurück Andeutung: Robert geht von der Welt des Gerichts in eine andere Welt (Personalausweis) Die Frage nach der Zeit Eine Stunde muss sie noch durchhalten. Dürfte eine Zeugin den Gerichtssaal einfach verlassen? Was würde passieren? Andeutung: Ich kann die Welt der Erinnerung an den Jugoslawienkrieg verlassen aber nicht alle; nicht die Zeugin vielleicht auch Ana nicht? Gedanken an Simic: Warum hat er sich nicht freiwillig gestellt? Er hätte sich stellen können, wenigstens das. Schuldvermutung Verwirrung Roberts: Obwohl er langsam geht, schwitzt er in seiner Jacke. Er sieht sich um, ob nicht vielleicht eine Straßenbahn kommt. Er bleibt kurz unter dem Dach der Haltestelle. Es beruhigt ihn, dieses Dach so nah über seinem Kopf zu haben. Andeutung: Roberts Verlangen nach Sicherheit

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