Da kam die junge Thorfinna zu Herdis und fragte: Ja wie hast du die Mütze denn nun gemacht? Ich möchte meinem Gauti auch so eine machen!

Transkript

1 Eine Mütze für Gauti, der Wikinger Ab dem Überfall auf das Kloster von Lindisfarne im Jahr 793 ging in fast ganz Europa die Angst vor den Wikingern um. Die rauen Nordmänner plünderten und raubten. Aber nicht nur. Sie waren überwiegend Händler und bereisten mit ihren Wikingerschiffen viele Länder, in denen sie Handelsposten gründeten und sich auch niederließen. Und es ist schon erstaunlich, wohin es die Wikinger überall verschlagen hatte. Von Skandinavien aus bereisten Sie die Nord- und Ostsee, darüber hinaus Island und Grönland, und sie waren die wahren Entdecker von Amerika. Weltenbummler eben! Über Flüsse gelangten sie durch Russland bis ans Schwarze Meer und auch im Mittelmeer konnte man die Drachenboote sichten. Wenn sich Sven, Olaf, Erik, Thorn und wie sie alle hießen, auf eine neue abenteuerliche Seefahrt vorbereiteten, war warme schützende Kleidung sicherlich auch ein Thema. Vielleicht kam Herdis, die Mutter von Svensson dann zum Drachenboot gerannt und schwang eine warme Mütze in der rechten Hand und schimpfte: Mein Junge, du hast schon wieder deine Kappe vergessen! Du wirst dir noch den Tod holen auf dem Meer! Und Svensson schaute dann sicherlich sehr betroffen auf seine Fußspitzen, währen die anderen Männer schallend lachten. Aber gut, so eine Filzmütze war nicht ohne. Sie gab Wärme und war vor allem schön weich. Da drückte dann der Wikingerhelm nicht so sehr. Also nahm er den Spott hin und bedankte sich brav bei seiner strengen Mutter und nahm die Mütze gerne entgegen. Und während er die Kappe aufsetzte und das Drachenboot bestieg schimpfte Herdis den bärtigen Männern immer noch gehörig hinterher: Lacht nur! Ihr werdet euch noch die Ohren abfrieren. Wisst ihr überhaupt, was es für eine Arbeit gemacht hat, diese schöne Mütze zu machen? Zuerst musste ich ein Schaf fangen und ihm die Haare scheiden. Dann die schöne Wolle stundenlang waschen und säubern Aber das Boot hatte längst abgelegt und die Männer waren schon außer Hörweite und machten sich immer noch über Svensson und seine schimpfende Mutter lustig. Da kam die junge Thorfinna zu Herdis und fragte: Ja wie hast du die Mütze denn nun gemacht? Ich möchte meinem Gauti auch so eine machen! Und das erklärte die alte Herdis der Thorfinna gerne. Du brauchst schöne weiche feine Merinowolle vom Vlies etwas von der Seife, die wir von den Arabern bekommen haben hilft sehr heißes Wasser (und neuzeitlich Plastikfolie und Handtücher zum Abdecken vom Arbeitsplatz, wenn du keinen alten Holztisch vor der Hütte hast) ein Stück weiches Leder als Schablone (neuzeitlich Noppenfolie) Du musst erst mal eine Schablone anfertigen. Die trennt unsere beiden Seiten der Mütze. Sonst filzt das Ganze zusammen und du bekommst bestenfalls einen Untersetzter für heiße Kochkessel.

2 Am besten machst du die Schablone aus weichem Leder. Beachte aber, dass die Wolle beim Filzen % schrumpft und deshalb muss die Schablone größer sein als Gautis Dickschädel. Ich habe eine dünnere Schicht Wolle auf dem alten Holztisch ausgelegt und dann die Lederschablone daraufgelegt. Die Wolle wird an den Rändern abgezupft, dass sie der halbrunden Lederschablone angepasst ist und etwa 3 4 cm drüber hinaussteht. Danach habe ich die Schablone wieder weggelegt und das Vlies mit heißem Seifenwasser benetzt. Allerdings habe ich die Ränder noch trocken gelassen. Nur der untere Rand, den hab ich schon nass mitgefilzt. Die nasse Wolle habe ich dann einige Zeit lang sanft gerieben und gestrichen.

3 Dann habe ich die Lederschablone wieder aufgelegt und die trockenen Ränder eingeklappt über das Leder. Die musst du dann aber auch nass machen, weil sonst bleiben die gar nicht umgeklappt. Und achte darauf, dass die Wolle schön am Rand der Schablone ist. Nun legst du wieder neues Wollvlies auf. Machst es wieder nass und klappst die überstehenden Enden nach hinten um. Die sollten jetzt aber dünn ausgezupft sein. Sonst wird die Mütze an diesen Stellen viel dicker. Das ist nicht so gut. Nun hast du die Lederschablone ganz eingefilzt. Nur unten guckt sie raus. Da, wo nachher Gautis Holzkopf rein muss. Thorfinna grinste und ließ die mürrische Herdis weiter erklären. Nun kannst du alles ganz langsam schön sanft streichen und reiben. So lange, bis die Wolle sich ein wenig verfilzt hat und die Mütze einigermaßen stabil ist. Dann drehst und wendest du die Mütze und bearbeitest sie von allen Seiten. Auch von innen. Irgendwann hat sich die Wolle soweit verdichtet, dass du die Lederschablone entfernen und ohne sie weiterfilzen

4 kannst. Aber stecke immer mal zwischendurch die Hände in die Mütze und filze auch von innen. Oder wende die ganze Sache um. Du kannst sie auch zusammenrollen und walken. Immer hin und her und in alle Richtungen ein paar hundert Mal. Wenn du gut und ausdauernd gefilzt hast, dann ist die Mütze nun geschrumpft und die Wolle hält sehr gut zusammen. Dann wäschst du das Seifenwasser raus und lässt die Mütze trocknen. Am besten auf einem oben abgerundeten Holzblock, der so in etwa die Größe von Gautis Dickschädel hat. Da kannst du dann die Mütze noch etwas in Form ziehen. Am Schluss, wenn es dein Gauti überhaupt verdient hat, kannst du die Mütze noch verschönern, indem du eine Brettchenwebborte aufnähst oder sie schön bestickst. Maulend winkte sie ab und fügte noch hinzu: Ich glaube ja eigentlich, dass es keiner unserer wilden Männer verdient hat. Die wissen gar nicht, was wir uns für eine Arbeit für sie machen.

5 Spielen wilde Männer auf ihren Booten und lassen uns mit dem ganzen Kram hier im Dorf allein! Mürrisch rannte sie davon und Thorfinna sah ihr lächelnd nach. Denn sie wusste genau, dass die alte Herdis in Wahrheit gar nicht so bissig war und sich nur Sorgen um ihren Svensson machte. Viel Spaß beim nachfilzen wünscht euch Cerid, das Flachsschaf.