Flussrevitalisierung und Grundwasserschutz ein Paradox?
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- Mathias Bach
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1 Flussrevitalisierung und Grundwasserschutz ein Paradox? Olaf A. Cirpka Eawag, Wasserressourcen und Trinkwasser Woher kommt das Schweizer Trinkwasser? 20% Seewasser 40% Quellwasser Vornehmlich in Bergregionen 40% Aktiv gefördertes Grundwasser Vornehmlich in Flusstälern des Mittellandes 80% Grundwasser Angaben: SVGW 1
2 Winterthur: Landeskarte Töss Winterthur: Grundwasserkarte Grundwasserfassungen im Töss-Tal von Stadtwerk Winterthur (> 95% des Trinkwasserbedarfs in Winterthur) 2
3 Km N Eawag-Infotag 2008 Grundwasserfassungen im Thurtal Frauenfeld Weinfelden Kartenbearbeitung: simultec Grundwasserentnahmen (Grösse: Entnahmemenge) Fliessgewässer Berandung des Grundwasserleiters Wichtige Brunnen in Thurnähe (z.b. 97% des Trinkwassers der Stadt Frauenfeld [Pumpwerke Widen & Wuhr]) Gefährdung flussnaher Grundwasserfassungen Flusswasser Trinkwasser Einträge aus Siedlungsbereichen: Hygienische Belastung Rest-Nährstoffe Mikroverunreinigungen (z.b. Pharmarückstände) Schneller Schadstofftransport im Fluss bei Unfällen Forderung: 10-Tage Fliesszeit zwischen Fluss und Pumpwerk (Schutzzone S2) Filtration und Abbau von Schadstoffen im Grundwasser Vorwarnzeit bei Unfällen 3
4 Ausgangslage Viele Grundwasserfassungen befinden sich in der Nähe von Flüssen vornehmlich aus quantitativen Gründen Sie lassen sich nicht einfach verlegen Ein Teil des gefassten Grundwassers stammt aus den Flüssen Wieviel? Trinkwasserschutz erfordert ausreichende Fliesszeit zwischen Fluss und Grundwasserfassung Wie lässt sich die Fliesszeit bestimmen? Flusswasser verändert sich während der Grundwasserpassage Wie? Wie schnell? Kanalisierte Thur und Grundwasser Infiltration in kanalisiertem Mittelgerinne Vorland nur bei Hochwasser überschwemmt Drainage durch Binnenkanäle Pumpwerk in (ehemaligem) Auenwald 4
5 Flussrevitalisierung (Eawag Infotag 2006) Ökologische Aufwertung Flussraumaufweitung Naturnahes Sedimentregime Schaffung von Habitaten Umsetzung Abtrag der Vorländer Rückbau der Uferbefestigungen Wandernde Kiesbänke und inseln Integriert in Hochwasserschutz Revitalisierte Thur und Grundwasser A. Durchströmung von Kiesbänken und inseln B. Veränderte Flusssohle? C. Verkürzter Fliessabstand Fluss Pumpwerk D. Einfluss von Biberdämmen? 5
6 Befürchtungen 1. Verkürzung der Fliesszeit Geringere Reinigungsleistung Qualität des geförderten Grundwassers nimmt ab Aufbereitung wird erforderlich Höhere Verletzbarkeit gegenüber Unfällen im Fluss 2. Einträge während der Bauphase 3. Verstärkte Infiltration führt zu GW-Anstieg Trockene Kiesgruben werden zu Grundwasserblänken Keller im Grundwasser Vorgehen bei und Werkzeuge für die Bewertung 1. Analyse des Ist-Zustandes Herkunft des Wassers aus hydrochemischen Mischungsberechnungen Fliesszeiten aus Tracerversuchen Einschätzung in Voruntersuchung Natürlichen Tracern Veränderung der Wasserqualität bei der Grundwasserpassage Beprobung des Flusses, des Pumpwerkes und von Pegeln dazwischen Untersuchung der Untergrundstruktur 2. Kalibriertes Grundwassermodell 3. Vorhersage durch Variation der Modellparameter 6
7 Bestimmung von Aufenthaltszeiten (Stunden bis Wochen) 1. Tracerversuch Zugabe eines Markierstoffes in den Fluss Messung der Konzentration im Pumpwerk als Funktion der Zeit ( Durchbruchskurve ) 2. Messung der 222 Rn-Konzentration Freisetzung aus dem Gestein + radioaktiver Zerfall (t 1/2 = 3.8d) Konzentration hängt vom Alter ab (bis zwei Wochen) 3. Zeitreihen fluktuierender physikalischer Grössen Temperatur Spezifische elektrische Leitfähigkeit Elektrische Leitfähigkeit bei der Fliessgewässerinfiltration σ t 7
8 Pumpwerk Widen III Felben-Wellhausen, TG Elektrische Leitfähigkeit: Thur und Pumpwerk Widen III Saisonaler Trend: Leitfähigkeit nimmt im späten Frühjahr ab Ereignisse: Leitfähigkeit nimmt bei hohem Abfluss ab 8
9 Einige wenige mathematische Umformungen Fliesszeitverteilung für Pumpwerk Widen III Durchbruchskurve eines Tracers ohne Tracerexperiment Durchbruch beginnt gerade bei 10 Tagen 26% des geförderten Wassers ist frisches Infiltrat 9
10 Eawag-Infotag 2008 Beurteilung Widen Geforderte Fliesszeit von 10 Tagen wird gerade eingehalten Ö Keine Flussraumaufweitung auf der Seite des Pumpwerks Das geförderte Wasser wird allerdings bereits aufbereitet Geplantes PW Schachen Weinfelden, TG 10
11 Piezometerhöhen im Bereich Schachen nur 1 GW-Pegel folgt der Thur Temperatur und elektrische Leitfähigkeit Pegel KB5, Schachen Elektrische Leitfähigkeit (Thur, Grundwasser KB5) Leitfähigkeit ohne Aussage Temperatur Temperaturmaximum (Thur, Grundwasser im Dezember KB5) Keine schnelle Infiltration 11
12 Interpretation und Bewertung Schachen Korrelation der Pegelschwankungen irrelevant Keine gute Anbindung der Thur ans Grundwasser Thur schneidet in schlecht durchlässige Moräneschichten ein Flussraumaufweitung unkritisch, solang die Thur nicht in hoch durchlässige Kiese einschneidet Fazit Die Prozesse beim Austausch zwischen Fliessgewässern und Grundwasserleitern sind eigentlich sehr kompliziert und werden durch die Revitalisierung nicht einfacher Zeitreihen von Druck, Temperatur und Leitfähigkeit für Voruntersuchungen sehr wertvoll 1 Datenlogger: CHF ½-1 Jahr Datenaufnahme Keine Pegel = keine Daten = keine Interpretation 12
13 Kann s auch ein bisschen genauer sein? CCES-Projekt RECORD Vorhersagen erfordern detaillierte Untersuchungen im Nahfeld zwischen Fluss und Pumpwerk 2 Feldstandorte an der Thur für Forschungszwecke ca. 50 Pegel in Niederneunforn (revitalisiert) 18 weitere Pegel in Widen (kanalisiert) Interdisziplinäres Verbundprojekt des ETH-Bereichs Geophysik für die Untergrundstruktur (ETH AUG) Mischung, Fliesswege, Fliesszeiten (Eawag ) Gasaustausch (Eawag ) Natürliche Umsetzungen (ETH IBP) Mikroverunreinigungen (Eawag UCHEM) Sedimentdynamik + Hydraulik (ETH IfU) Modellierung (EPFL EcoLab) Bodenkunde und terrestrische Ökologie (WSL) Mitstreiter (für Wertungen meinerseits nicht verantwortlich) Eawag Eduard Hoehn Tobias Vogt Philipp Schneider Rolf Kipfer Markus Hofer Jürg Zobrist Amt für Umwelt, Kanton Thurgau Marco Baumann Andreas Scholtis Romeo Favero Robert Holzschuh Simultec AG Christian Gmünder Ulrich Spring 13
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