Abschlussbericht. "Gasumschlag mit Tank- und Kesselwagen"

Transkript

1 Abschlussbericht Amtsprogramm: A0436 Programmteam: GAI Gesmann (Programmleiter) GOI Gottheil "Gasumschlag mit Tank- und Kesselwagen" Bild 1 - Gastankfahrzeug mit ACME-Anschlussstutzen Problemdarstellung: Am ereignete sich in einer Mineralölraffinerie in Baden-Württemberg ein Arbeitsunfall mit tödlichem Ausgang bei der Befüllung eines Gasstraßentankfahrzeugs. Ursache dieses Unfalles war ein beidseitiger Verschleiß der Kupplungsteile an dem Tankfahrzeug und an dem Verladearm der Umfüllstation der Raffinerie. Die zur Herstellung der Verbindung zwischen Tankfahrzeug und Verladearm benötigten Gewindeteile (anlagenseitige Überwurfmutter und fahrzeugseitiger Gewindestutzen) mit amerikanischem ACME- Trapezgewinde (Bild 2) waren deutlich erkennbar durch eine Verformung der trapezförmigen Gewindegänge bis zur Dreiecksform verschlissen. 1

2 Bild 2 Anschlussstutzen mit ACME-Gewinde am Tankfahrzeug Da die Überwurfmutter deutliche Hammerschlagspuren aufwies, war von einem häufigen unsachgemäßen Festschlagen der Kupplungsteile auszugehen. Die v.g. Kenntnisse wurden zum Anlass genommen, gezielt Betriebe mit Gasumschlaganlagen im Rahmen eines Amtsprogrammes zu überprüfen. Programmziel: Ziel des Amtsprogrammes "Gasumschlag mit Tank-und Kesselwagen" war - Erkenntnisse über den Stand der Unterrichtung und der Unterweisung des Bedienungspersonals zu sammeln, - erforderliche technische und organisatorische Maßnahmen zu veranlassen, so dass sich ein solches Ereignis nicht wiederholt, - Sensibilisierung des betroffenen Personals. 2

3 Durchführung: Von November 2004 bis Ende Februar 2005 wurden 10 ausgewählte Betriebe, von denen bekannt war, dass sie als Absender, Befüller, Empfänger oder Beförderer von Gasen in Erscheinung treten, aufgesucht. In neun Betrieben wurden während der Besichtigungen Umfüllarbeiten durchgeführt, so dass in diesem Zusammenhang auch - 3 Gastankfahrzeuge, - 4 Gasaufsetztanks, - 1 Gastankcontainer und - 12 Eisenbahnkesselwagen überprüft werden konnten. Die Gasumschlaganlagen wurden anhand einer vorher erarbeiteten Checkliste (siehe Anlage) mit den Schwerpunkten Technischer Arbeitsschutz, Arbeitsschutzgesetz, Gefahrgutrecht und Gefahrstoffrecht überprüft. Ergebnisse: Im Rahmen des Programms wurden an einem Gastankwagen schwerwiegende Mängel im Bereich der ACME-Gewinde vorgefunden. Eine Überwurfmutter wies starke Hammerschlagspuren (Bild 3) auf, welches auf unsachgemäßen Umgang hindeutete. Bild 3 - Beim Anziehen durch Hammerschläge beschädigte Überwurfmutter 3

4 Der Fahrer gab dieses auch unumwunden zu, wobei er zu seiner Entschuldigung auf seinen Orginal-ACME-Schlüssel verwies, der nicht passgenau (Bild 4), und daher aufgrund der möglichen Abrutsch- und Verletzungsgefahr unbrauchbar war. Bild 4 - Wenn geeignetes Werkzeug / Schlüssel nicht vorhanden ist, wird schnell unzulässiger Weise die Überwurfmutter durch Hammschläge festgezogen. Als Alternative hatte er sich bereits einen selbstgebauten sogenannten F-Schlüssel (Bild 4) aus Eisen besorgt, mit dem er die Verschraubung dann festzog und anschließend noch mit einem Hammerschlag (Kupferfäustel) "sicherheitshalber" nachzog. Bild 5 sogenannter F-Schlüssel (Eigenbau) 4

5 Im vorliegenden Fall wurde die sofortige Auswechselung der beschädigten Kupplungsverbindung angeordnet. Der F-Schlüssel wurde gegen einen passgenauen Orginal-ACME-Schlüssel (Bild 6) ausgetauscht. Bild 6 passgenauer ACME-Schlüssel Das Verbot der Hammerbenutzung zum Nachziehen der Schraubverbindungen wurde in einer Betriebsanweisung festgeschrieben. Das Verladepersonal und die Fahrer erhielten konkrete Anweisungen. Weiter wurde darauf hingewirkt, dass in regelmäßigen Abständen die ACME-Gewindeverbindungen geprüft werden und dieses auch dokumentiert wird. Darüber hinaus ist die Prüfung und der Umgang mit den ACME-Gewindeverbindungen in der Gefährdungsbeurteilung mit zu berücksichtigen. Im übrigen wurde im Zuge der Überprüfungen weiter festgestellt, dass von einer Firma Gasbeförderungen in Straßentankfahrzeugen mit Entfernungen von weit über 100 Kilometern durchgeführt wurden, ohne dass die erforderlichen Bescheinigungen des Eisenbahn-Bundesamtes nach 7 Abs. 5 Satz 1 GGVSE (kein Gleisanschluß) vorlagen ( 7 in Verbindung mit Anlage 1 Tabelle 2.1 GGVSE). Die entsprechenden Bescheinigungen des Eisenbahn-Bundesamtes für die Fahrten zu den verschiedenen Beladestellen liegen zwischenzeitlich vor. 5

6 Bei der Überprüfung eines Gastankcontainers wurde festgestellt, dass die Dichtheits- und Funktionsprüfung des Gastankcontainers seit einem Vierteljahr überfällig war. Dieser Mangel war auch bei den regelmäßigen Befüllerprüfungen nicht aufgefallen, da die Gültigkeit der besonderen Zulassung für das Trägerfahrzeug nicht abgelaufen war und in dieser irrtümlicherweise vermerkt war: Nächste Tankprüfung Aug. 07. Hier wurde eine umgehende Dichtheits- und Funktionsprüfung durch den Sachverständigen angeordnet, die dann auch am darauf folgenden Tag erfolgte. Bei den weiteren Betriebsüberprüfungen wurden keine gravierenden Mängel mehr festgestellt, da diese Betriebe bereits durch einen Rundbrief des Deutschen Verbandes Flüssiggas e.v. über den Schadensfall informiert worden waren. Die Betriebe hatten daraufhin bereits mit eigenen Überprüfungen der Anschlussverbindungen und mit der Erstellung entsprechender Betriebsanweisungen reagiert. Es hat sich gezeigt, dass Betriebe, die in Verbänden und Organisationen zusammengeschlossen sind, auch schnell durch ihre Organisationen informiert und mit den entsprechenden Unterlagen versorgt werden. Hierdurch ist eine schnelle Reaktion nach besonderen Ereignissen möglich. Jedoch sind aus Kostengründen nicht alle Betriebe (insbesondere Kleinbetriebe, siehe v.g. Beispiel) in den entsprechenden Verbänden bzw. Organisationen Mitglieder. Somit ist gerade auf diese Betriebe ein besonderes Augenmerk zu legen, da diese oft nicht ausreichend informiert sind. In der Regel ist zwar ein Gefahrgutbeauftragter bestellt, der auch seine Überwachungsaufgaben wahrnimmt, aber darüber hinaus keine weiteren Informationen erhält und somit auch nichts veranlassen kann. In dem betreffenden Betrieb war zwar auch eine externe Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt, die ihre Arbeit ordnungsgemäß durchführte. Da der Unfall mit seinen Auswirkungen jedoch in diesem Betrieb nicht bekannt war, waren die Konsequenzen auch noch nicht in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt worden. Als Fazit dieses Programmes kann gezogen werden, dass gerade in den Klein- und Mittelbetrieben nur durch regelmäßige Informations/Beratungs- und Kontrolltätigkeiten sichergestellt werden kann, dass Informationen über bedeutsame Schadensfälle in diese Betriebe gelangen und dort dann erforderliche Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt werden. 6