Die Sieg als gestaltende Kraft der Kulturlandschaft flntere Sieg

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1 Helmut Fischer Die Sieg als gestaltende Kraft der Kulturlandschaft flntere Sieg Die Wahrnehmung der Sieg Auf ihrem Weg zum Rhein verlässt die Sieg bei Stadt Blankenberg das enge Gebirgstal und erreicht die Hennef-Siegburger Bucht, einen südöstlichen Teil der Niederrheinischen Tieflandbucht. Die gestaltende Tätigkeit des Flusses, die sich über Jahrhunderttausende hinweg vollzog, trifft mit der Besiedlung des Landschaftsraumes durch die Menschen auf deren bewusste Bedürfnisse und Eingriffer. Die Sieg und die Menschen begeben sich in eine Auseinandersetzung, in deren Verlauf die menschliche Einflussnahme gewinnt. Am Ende wird es sogar möglich, einen Talausschnitt und die zugehörigen Höhenlagen im Bereich der Stadt Hennef als Kulturlandschaft auszuweisen2. Als..Denkmal Kulturlandschaft Stadt Hennef: Unteres Siegtal" gewinnt dieser Raum an allgemeiner Beachtung. Seit dem 19. Jahrhundert finden die Sieg und die Sieglandschaft mehr und mehr die Aufmerksamkeit von Reisenden und Wanderem, von Geschichtsforschern und Naturfreunden. Ernst Weyden ( ), Oberlehrer in Köln, Redakteur und Schriftsteller, veröffentlicht 1865 ein Reisebuch durch das Siegtal unter dem Titel,,Das Siegthal. Ein Führer von der Mündung bis zur Quelle des Flusses und durch seine Seitenthäler. Zugleich Handbuch für Reisende auf der Deutz-Siegener Eisenbahn". Den,,topographisch-historischen Skizzen" fügt er,,statistische und naturgeschichtliche Andeutungen" hinzu. Seinen Beobachtungen nach folgt die Sieg,,in launenhaften Windungen den Krümmungen ihres Thales. bald zwischen lieblichen Wiesengründen, gut bestellten Aeckern und Weinbergen. bald zwischen mit dichtem Laubholz bestandenen, in sanften Linien sich hinziehenden Höhen bis, wo sie bei Siegburg ganzin die Ebene tritt, von Siegen ab in stets westlicher Richtung, und sich, gewöhnlich unbemerkt, schüchtern zwischen Weidenpflanzungen versteckt, bei Bergheim...in dem Strome des Rheins verliert". Der idyllischen Schilderung aber stellt der Verfasser noch die aufgeregte Beschreibung gegenüber:., Wie alle Bergflüsse kann sie aber auch unbändig, ja so ungestüm werden, dass sie in ihrem unteren Thale oft aller Nothwehr des Menschen spottet, rings die Feldfluren überschwemmt und an ihrer Mündung der Rheinschifffahrt äusserst geführlich ward durch die ungeheuren Massen von Sand und Geröll, welche sie dem Flussbette des Rheines zuftihrl... Ganz gebändigt ist die launenhafte Tochter der Berge jedoch noch nicht, wie bescheiden und schüchtern sie auch in der grössten Zeit des Jahres dem Rheine zuschleicht. Wenn aber im Sommer plötzlich ein starkes Gewitter sie aus ihrer trügerischen Ruhe aufscheucht, braust sie mit eben dem unbändigen Ungestüm dahin, wie im Frühjahr, wenn die Sonne den Schnee, der viele Monate lang ihre Wiege umlagerl, die Bergsäume und Schluchten ihres Bettes bedeckt und füllt, in unzählige Bäche und Bergströme verwandelt, und ihr Thal die von allen Seiten zulhr strömenden Wassermassen kaum zu fassen vermag"3. Ernst Weyden personifiziert die Sieg, indem er ihr bildhaft menschliche Verhaltensweisen nachsagt. Die,,launenhafte Tochter der Berge"

2 Die Sieg und die Menschen begegnen einander bei der Besiedlung. Die Dörfer entstehen in der Tallage wie Bülgenauel, Auel" Oberauel, Dondorf, Lauthausen. Allner. Weldergoven und Geistingen auf der Mittelterrasse, die Schutz vor dem Hochwasser des Flusses bietet, Die Niederterrasse in der Ebene eignet sich nur bedingt fiir die Anlage von Siedlungen. Hennef liegt mit der Pfarrkirche auf einer hochwassersichereren Bodenwelle ebenso wie Zissendorf. Stoßdorf und Buisdorf. Das Umland ist durch Überschwemmungen geflihrdet. Der Fluss bedroht die Menschen und richtet oft beachtliche Schäden an. Immer wieder wird von der nagenden Kraft des Wassers berichtet. Die Sieg untergräbt das Ufer. bricht Erdmassen heraus und lagert diese an anderer Stelle ab ist in Hennef ein Flurstück..von der Sieg verdorben" und,,von der Segen verdrungken". Der Fluss hat den Grund und Boden überspült und seine Nützlichkeit ausgehoben, der Pfarrer von Hennef die Pacht für das Grundstück verlorena hat die Sieg unter dem,,ftirstlichen schloß vnd der stat Blanckenberg'o an der untersten Mühle in Stein, und zwar an der sogenannten Burghaft, großen Schaden angerichtet. Daraufhin wird der Rentmeister des Amtes Blankenberg angewiesen, mit Klausen. Kribben und anderen Wasserbauten weiteren Zerstörungen vorzubeugent. Die Bewohner machen sich daran, das launische Gewässer durch Baumaßnahmen zu z;jgeln. Vor der Mitte des 18. Jahrhunderts spült die Sieg weite Teile des sogenannten Abtsschlamms auf der Allner Seite weg und treibt Kies und Sand auf dem Hennefer Ufer an. Dadurch wird die Mäanderschleife auf die Mündung des Hanfbachs zu erweitert und der Schlingenhals verengt. Westlich des Allner Rückens gräbt sich der Fluss ein Bett entlang der Abfallkante bis zum Prallhang unterhalb der Straße von Allner nach Weingaftsgasse, später."alte Sieg" genannt. Daraufhin plant man 1766 eine Siegbegradigung. Der Fluss soll von den Dörfern Hennef und Warth abgelenkt und in einem Durchstich durch die Spitze des Allner Rückens auf die Siedlung Allner zu verschoben werden. Die Grundstückseigentümer sind bestrebt, möglichst wenige Landverluste hinnehmen zu müssen. Ein reger Beftirworter dieser Einsprüche ist der Abt der Benediktinerabtei Siegburg. der um die Grundsteuerfreiheit des Abtshofbs in Hennef fiir 40 Morgen am Abtsschlamm fürchtet6. Die bergische Landesregierung spricht sich gleichfalls gegen das Vorhaben aus und lässt die Ufer befestigen und Kribben anlegen. Die Sieg provoziert die Menschen durch ihre zerstörerische Kraft, und die Menschen reagieren auf ihre Weise soll ein neuer Versuch gemacht werden, den Fluss umzuleiten. Die Eingesessenen von Allner. Müschmühle und Weldergoven wenden sich gegen das Projekt. Sie bezweifeln den möglichen Nutzen und halten es bei den hohen Kosten für unnölig. Die Einwohner verlieren ihre Weidegebiete, die von den Dört-ern abgeschnitten werden. Vor allen Dingen ist die Hochwassergelahr zu bedenken. Bei Weldergoven droht das Wasser im Falle eines Durchstichs die Felder bis Warth hin zu überschwemmen. Der Einspruch ist bei der kurfiirstlichen Regierung erfolgreich. Der Plan wird nicht ausgeführt. Wohl hat die Sieg im Allner Bogen in den vergangenen Jahrhundeften mehrmals ihr Bett verlagert. Etwa im 15. und 16. Jahrhundert fließt sie östlich von Allner näher an Weldergoven vorbei. Im Bereich der Mündung des Hanfbachs drängt sie an den Allner Rücken heran. während sie im Westen in Richtung Hennef verschwingt und nahe Weingartsgasse auf den Prallhang stößt. Vor der Mitte des 18. Jahrhunderts rückt der Fluss noch weiter auf

3 Weldergoven zü. Gleichzeitig wird die Schlinge auf die Hanfbachmündung hin vorgedrückt" so dass die Sieg westlich unmittelbar an der Anhöhe entlang strömt und in der,,alten Sieg" auf den Prallhang trifft. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wechselt der Fluss w'iederum dicht an den Allner Rücken heran. Vor der Mündung des Hanfbachs erweitert sich der Schlingenhals und wird nach Südwesten aufgeschoben. Dieser Zustand soll durch den vorgesehenen Durchstich von 1766 und 7778 verändefi werden. Wasserbauten und Deichbauten tragen zur Erhaltung des damaligen Flusslaufs im Wesentlichen bis in die Gegenwart bei7. Von einer Verlegung der Sieg ist schließlich im 19. Jahrhundert keine Rede mehr. Wohl werden Uferbefestigungen vorgesehen wird ein Damm in Erwägung gezogen, der dem Deich auf der Hennefer Seite entsprechen soll. Für die Kosten haben die Bewohner von Allner über die Hand- und Spanndienste aufzukommen. Erst 1847 sind die Bauarbeiten abgeschlost.n*. Das Dorf Allner besitzt nun einen sicheren Hochwasserschutz. ln den folgenden Jahrzehnten spielt die Abwehr des Hochwassers weiterhin eine wichtige Rolle. Man überlegt eine Flussbegradigung von Lauthausen bis Allner, zumal in diesem Bereich, das ist ein Teil der Gemeinde Altenbödingen in der Bürgenneisterei Lauthausen, 123 Morgen Ackerland, 109 Mor-een Wiesen und 409 Morgen Weidenholz regelmäßig überflutet werdene. Im Jahre 1906 wird ein entsprechender Plan vorgelegt. lgl l erwägt man den Ausbau des Siegdeichs bei Allner sowie Maßnahmen in Lauthausen und Kaldauen. Die Absichten sind allerdinss auch 1914 noch nicht verwirklichtr0. Der Erste Weltkries macht die Pläne zunichte. In den Jahren des wirtschaftlichen Aufstiegs nach dem Zweiten Weltkrieg entwirft man für Hennef großartige Entwicklungsvorhaben, die insbesondere die Sieg einbeziehen. Man schlägt um Hennef eine nördliche Umgehungsstraße vor, die auf einem Damm von Zissendorf aus die Siegaue durchschneidet, auf zwei Brücken die Sieg überquerl. die Bröltalstraße anbindet und unterhalb des Käsbergs die Frankflrter Straße oder die Bundesstraße 8 erreicht. Seit etwa 1950 erwägt man eine Verlegung der Sieg nach den Vorstellungen aus dem 18. Jahrhundert. Eine Verschiebung des Flusses brächte die Erschließung des minderwerligen Hochwassergebiets. Man könnte durch diese Maßnahme mit einem Schlag die Verkehrsprobleme und viele städtebauliche Fragen lösen, indem sich Hennef großzügig nach Norden ausdehnen könnte. Der Plan der Siegverlegung und der Baulandgewinnung wird um 1959 und 1960 nachdrücklich bedacht und hat etwas Bestechendes an sich. Denl die Flussbegradigung erscheint billiger und nützlicher als der Bau von zwei Brückenr r. Am Ende aber werden die Pläne aufgegeben beginnen die Bauarbeiten an der Autobalin 560" die mit zwei Brücken. vier Fahrbahnen und hohen Lämrschutzwällen wie ein Kragen die Siedlung Hennef gegen Norden umschließtr2. Hennef wird durch eine Hochwasserschutzmauer gesichert. Damit sind erhebliche Eingriffe in die Siegaue verbunden. Der Fluss jedoch behält sein Bett. Als Ausgleichsmaßnahme entstehen in der,,alten Sieg" bei Allner ein großes Biotopgebiet und der sogenannte Allner See. Die Auseinandersetzung zw'ischen der Sieg und den Menschen hat einen vorläufrgen Abschluss gefunden. Gefahren für Leib und Leben Die Sies fordert nicht allein die Abwehr der bedrohlichen Überschwemmunsen. der üblen

4 Schädigungen am Grundbesitzund den Streit um Nutzen und Nachteil von Sicherungsmaßnahmen heraus. Der Fluss bringt oft Gefahr ftir Leib und Leben. Er zieht Menschen in Strudel und Untiefen und reißt sie mit sich fort. Jedes Jahr. zumeist in der heißen Jahreszeit. verlangt er nach der Meinung der Leute ein Opfer. Der Hennefbr Pastor Sebastian Blesen berichtet von einem jungen Mann aus Ruppichteroth, der am 26. Juli 1711, dem Festtag der heiligen Anna. in der Sieg versinkt und ertrinkt. Er hat Pferde aus Bonn geholt. Beim Versuch, die Tiere an der sogenannten Domkaul, dem Einfluss des Brölbachs in die Sieg bei Müschmühle zur Tränke zu führen, geht er unter und kann nur noch tot geborgen werdenli. Am25. August 1845 wiederum wird die Leiche des am 19. August ertrunkenen Jakob Engels aus Allner bei Buisdorf aus dem Wasser gezogen'o. Zwei Ertrinkende verdanken im Juli 1895 dem Mut eines Retters ihr Leben. Die jungen Leute baden unterhalb von Hennef in der Kirchwaag in der Sieg. Dabei gerät ein Bäckerlehrling in einen Strudel und w-ird in die Tiefe gezogen. Ein Dreizehnjähriger kommt dem Ertrinkenden zur Hilfe, der ihn krampfhaft umklammert. Auf das Geschrei hin eilt ein Schreiner herbei und bringt den Lehrling unter Lebensgefahr an Land, während der Junge sich aus eigener Kraft rettet. Wie die Zeitung berichtet, ist die Unglücksstelle sehr gefährlich und nicht zum ersten Mal sind Badende dort dem Ertrinken nahels. Im Dezember 1904 rettet ein junger Mann eine Frau. die sich bei Auel am sogenannten,,nacheno'nach Bülgenauel übersetzen will. Sie schlägt in den angeschwollenen Fluten mit ihrem Fahrzeug um und wird abgetrieben. Ihren Dank fiir die Rettung stattet sie, nachdem sie wieder zu sich gekommen ist, mit den Worten ab:,.no set Ühr noch naaß wuden!"r6. Drei Tage vor Heilig Abend des Jahres 1964 stirztder vierjährige Stefan Harksel aus Allner bein-r Spielen ins Wasser und ertrinkt. Einige Stunden später gelingt es den Feuerwehrleuten, das Kind aus dem Fluss zu bergenrt. Die Sieg gibt ihr Opfer überraschend schnell wieder frei. Vom Nutzen der Sieg Die sichere Nähe zur Sieg ist fiir die Menschen nicht ohne Bedeutung. Neben den Brunnen ir.r den Dörfern werden Tränkstellen für das Vieh am Fluss unterhalten. Ilesondere Aufmerksamkeit finden die Wiesenflächen unmittelbar am Ufer- auf denen die Wäsche und das selbstgefertigte Leinen zum Bleichen ausgespreitet werden. Dort befindet sich auch die Waschstelle des Dorfes. Genannt werden der Bleichplatzbei Auel, die Bleiche bei Allner und die Dondorfer Bleiche't. At'.f diese Weise wird das Brunnenwasser im Dorf geschont. Seit dem Mittelalter bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts herrscht auf dem Unterlauf der Sieg eine rege Flussschifffahrt. Obwohl der Fluss von der großherzoglich-bergischen Regierung von Eitorf bis zur Mündung für schiff- und flößbar erklärt wird, kommt der Verkehr in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Erliegen. Die häufigen Veränderungen des Flussbetts, der gewöhnlich niedrige Wasserstand und die Aufgabe der Kanalisierungspläne sowie die Entwicklung größerer Schiffstypen beenden die Schiffahrtre. Als man l7l 5 mit dem Bau einer Steinbrücke über die Sieg bei Seligenthal beginnt, werden die mittleren Pfbiler so weit voneinander gesetzt. dass die Flöße. die das Holz von der oberen Sieg nach Mondorf an den Rhein befördern, leicht hindurchfinden 20. Allerdings wird clie Brücke alsbald wieder abserissen.

5 Die Grünflächen an den Uf-ern der Sieg sind als Wiesen und Weideplätze begehrt, wenn sie nicht durch das Hochwasser namentlich im Frühiahr und im Herbst überflutet und mit Geröll und Schutt überdeckt werden. Nützlich erweist sich die Sieg bis in die Gegenwart besonders bei der Fischerei. Der Fischfang fußt ursprünglich auf landesherrlichen Hoheitsrechten. Da das Fischereirecht meistens nicht vom Landesherrn selbst wahrgenommen wird, verleiht er die Gerechtsame an kirchliche Einrichtungen wie die Klöster oder an einzelne Adlige und adlige Sitze. Darum ist die Flussstrecke in einzelne Nutzungsbereiche aufgeteilt. Das Kloster Seligenthal hat seit seiner Gründung im l3..iahrhundert die Fischereigerechtigkeiten zwischen der Mündung des Brölbachs bei Müschmühle und dem Wolsberg bei Siegburg in Besitz. Bereits die Klosterstifter, Graf Heinrich III. von Sayn und seine Gemahlin Mechthild übereignen dieses Recht. das die Minoriten ständig in Anspruch nehmen2l. Die Mönche lassen den Fluss von eigenen Fischern befischen. Im 17. Jahrhundert liefern ihnen die Fischer jährlich 400 Pfund Fisch. Hinzu kommen noch 100 Pf-und Lachs22. Von der Brölbachmündung bei Müschmühle, der sogenannten Domkaule. flussaufi.r,zärls bis zur Einmündung des Hunnenbachs in die Sieg gegenüber Bülgenauel gehört die Fischerei dem Landesherrn, dem Herzog von Berg. Da der Landesherr sie nicht selbst ausübt, überlässt er sie 1645 dem jeweiligen Amtmann des Amtes Blankenberg. Dieser verpachtet sie und zählt den Ertrag von 40 Kaufmannsgulden zu seinen Einkünftenll. Moglicherweise noch im 17. Jahrhundert gelangen die Fischereigerechtsame auf einem Teilstück der Sieg an die Eigentümer von Schloss Allner reicht der,,allner District" von der Domkaule bis an die Dondorfer Bleiche" den Bleichplatz des Dorfes Dondorf. Die Strecke wird auf zwölf Jahre verpachtet. Damit ist die Verpflichtung verbunden, den ersten 14- bis l8-pfündigen Lachs, der gefangen wird, der,.herrschaftlichen Küche" in Allner zuzustellen. Wenn die Herrschaft zum Vergnügen fischen lässt, hat der Pächter kostenlos Nachen und Fanggeschirr bereit zu halten2a. Durch die Säkularisation 1803 fallen die geistlichen Fischereirechte an den Landesherrn. den Staat in Gestalt der Oberftirsterei Siebengebirge2s. Der Flussabschnitt von der Domkaule bis gegen Dondorf bleibt mit dem Schloss Allner verbunden. Die Fischerei in der Sieg wird streckenweise nach Losen öffentlich versteigert. Als Pächter erscheinen kapitalkraftige Großbürger aus Köln oder Zusammenschlüsse oftsansässiger Bürger wie der Fischerei-Verein Hennef-Warth. Man bedient sich zumeist der Hilfe eines berufsmäßigen Fischers, der im Auftrag seinem Gewerbe nachgeht und die Fischereiaufsicht ausübt. Der letzte selbständige Fischer am Mittellauf der Sieg ist Michael Körfer aus Müschmühle. Von 1882 an lernt er das Fischereihandwerk, insbesondere die Netzfischerei. Von 1889 bis 1931 ist er in seinem Beruf in seinem Heimatdorf tatig. In nachgelassenen Papieren teilt er Fangergebnisse und besondere Ereignisse mit. Nicht ohne Stolz erwähnt er immer wieder die eigene Tüchtigkeit26. Michael Körfer stirbt im Jahre Die Sieg ist noch im 19. Jahrhundert ein fischreiches Gewässer. Dr. Anton Lohrnann, Arzt und Kreisphysikus in Hennef. verfasst in den Jaluen 1829 und 1830 eine medizinische Topographie des Siegkreises und nennt die vorhandenen Fischarten, und zwar Makrele. Möne, Barbe, Karpfen, Schleie. Gründling, Hecht. Forelle. Wald- und Steinforelle. Barsch, Streber-Barsch, Kaulbarsch und Aal. Im März und April steigt der Lachs aus dem Rhein in

6 die Sieg und ihre Nebenbäche auf. Im September, Oktober und November folgen die Lachsforellen, die im November und Dezember laichen. Im Frühjahr kommen auch die Maifische oder Alsen. Die Fische werden unter anderem auf den Märkten in Bonn und Köln verkauft27. Michael Körfer fiingt 1895 einen Lachs von 3 %Pfund. Nach eigenen Angaben holt er in siebzehn Jahren 617 Lachse aus der Sieg heraus. Für seine Arbeit benutzt der Fischer unterschiedliche Gerätschaften. Die Maifische werden mit Streichnetzen, Blitz genannt, gefangen, die über eine Wippe oder Rolle vom Nachen aus bedient werden. Verbreitet ist auch der Hamen, ein Netzbeutel, der über eine große Gabel ins Wasser gelassen wird. Die Lachse sucht man beim Aufstieg über Hindemisse ebenso mit Schlingen zu ",ströppen". Beliebt ist das Speerfischen, besonders bei den Fischfrevlern. Vor allem des Nachts geht man beim Schein von Strohfackeln mit der dreizackigen Harpune auf die Jagd nach Lachsen und l{echten. Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts beklagt der Siegburger Fischhändler Friedrich Wilhelm Reuter. der unter anderem eine Strecke zwischen Dondorf und Bülgenauel gepachtet hat. den Rückgang des Fischbestandes wegen der Verschmutzung der Sieg durch Fabrikabwässer28. Die Sieg gilt bis zur leichtfertigen Beeinträchtigung des Wasserqualität als ein ausgezeichnetes Fischwasser. Die Sieg trennt und verbindet Die Sieg greift durch ihr bloßes Dasein und ihr wechselndes Bett in das Rechtsleben der Menschen ein. Die Gerechtigkeiten, die mit der Fischerei verbunden sind, werden durch andere Rechtsgüter überboten. Der Burgbann Blankenberg, der Rechtsbereich, der Burg und Stadt Blankenberg umschließt, wurde mit Bedacht bei der Gründung der politischen Einheit auf das rechte Flussufer und zum Nachteil des Kirchspiels Eigen ausgedehnt. Die Einwohner des Dorfes Auel sind Bürger der Stadt Blankenberg mit allen Rechten und Pflichten, obwohl die Lage jenseits des Flusses die Verbindung zur Stadt auf der südlichen Höhe behindert2e. Wahmehmbare rechtliche Unsicherheit erzeugt die Sieg, wenn sie das Land überspült, wegreißt und wieder ablagert. Zwischen den Grundeigentümem kommt es zum Streit wegen des verlorenen und gewonnenen Geländes'O. Aholi.h verhält es sich mit den Grenzen der Verwaltungseinheiten, die ursprünglich an den natürlichen landschaftlichen Gegebenheiten, zum Beispiel an Flüssen und Bächen verliefen. Zur Zeit der Festlegung der Honschaftsgrenzen bildet die Sieg die Grenze zwischen den Honschaften Altenbödingen und Geistingen des Kirchspiels Geistingen auf der einen und der Honschaft Striefen des Kirchspiel Eigen auf der anderen Seite3l. Die mehrfache Verlagerung des Flussbetts jedoch bewirkt" dass Geländeteile vom jew'eiligen Nutzungsbereich abgetrennt werden" der rechtliche Anspruch jedoch erhalten bleibt. In den Zeiten von Hochwasser und Überschwemmung können die Menschen das.ienseitige Ufer nicht erreichen. Die Bürger in Auel sind zum Beispiel an der Teilnahme am städtischen Leben in der Stadt Blankenberg gehindert. Ebenso ergeht es den Gläubigen auf dem nördlichen Ufer, die" etwa von Weingartsgasse aus nicht zur Pfamkirche nach Hennef gelangen können. Desgleichen sind die Einw-ohner der Dörfer rechts des Flusses vom Besuch der Kirche des Kirchspiels Geistingen ausgeschlossen. Besonders ftillt für die Bewohner der Mahlzwang ins Gewicht. Danach sind die Einwohner eines umgrenzten Bereichs verpflichtet. ihr Getreide nur auf einer bestimmten Mühle mahlen zu lassen. Für die Dörfer Buisdorf, Geistingen, Hennef r"rnd Stoßdorf bedeutet dies. dass sie die Mühle des Klosters Seligenthal

7 aufsuchen und die Sieg überqueren müssen. Die landesherrlichen Mühlen in Stein unter der Burg Blanlienberg bedienen aus dem Gebiet rechts der Sieg die Dörfer Auel, Berg, Halberg, Kningelthal, Niederhalberg, Oberauel, Oberhalberg, die Höfe auf der Harth bei Bödingen und das halbe Dorf Lautharsen". Der Mühlenzwans wird erst zu Becinn des 19. Jahrhunderts aufgehoben. Bei Niedrigwasser quert man die Sieg in Furten, deren Ein- und Ausgänge mit Steinen befestigt sind. Im Zuge der sogenannten Steinstraße von Hennef nach Seligenthal, einer mit Schotter belegten Verbindung. fiihrt eine Furt durch den Fluss. Eine ähnliche Stelle befindet sich in Weingartsgasse, wo auch eine Fähre verkehrt. Dieses Wasserfahrzeug wird vom Landesherm vergeben und hat eine überörtliche Bedeutung, indem es von der Postlinie der Kaiserlichen Post von Köln nach Frankfurt benutzt wird kommt es an dem Übergang zum Streit zwischen den Botendiensten der Städte und der Reichspost des Fürsten von Thum und Taxis. Der Postbote Georg Dart, der mit einem Frankfurter Boten den Fährkahn bei Weingartsgasse benutzen will" wird vom Schulheißen von Geistingen und sieben Schützen verhaftet und in den Verliesturm auf der Burg Blankenberg gesperrt ist die Fähre an den Fährmann Ispert Steinen und seinen Mitgesellen auf zwölf Jahre verpachtet. Personen zahlen eine kölnische Wertmünze. Von jeder großen oder kleinen Karre mit zwei Pferden fällen 4 oder 5 Albus, bei schwerer Last 6 Albus a.t33. Spät.r tritt an die Stelle des Nachens eine 7 Meter lange und 20 Personen fassende Ponte. Eine ähnliche Siegüberquerung befindet sich in Allner. Neben der Furt sorgt eine Fähre für den trockenen Übergang. Inhaber der Fährgerechtsame sind die Einwohner des Dorfes Allner. Die Dorfgemeinschaft zahlt dem Fährmann für das Übersetzen der Gemeindemitglieder jährlich ein Brot und 10 Malter Kom. Der Fährbetrieb wird mit zwei Nachen ausgefiihrt und in einer öffentlichen Versteigerung auf sechzehn Jahre verpachtet. Am Ende des Jahres wird der Gemeinde-Fährnachen durch Flut und Sturm abgetrieben, in der Nähe der Friedrich- Wilhelms-Hütte angelandet und ist nur mit hohen Kosten wieder zu beschaffen. Am 11. Mai 1849 erwarten außergewöhnliche Fahrgäste eine rasche Überfahrt. Gottfried Kinkel. Prof'essor an der Universität Bonn, Dichter und Revolutionär und sein Gesinrlungsgenosse Friedrich Annecke befinden sich auf der Flucht, nachdem ihr Versuch, das Zeughaus in Siegburg zu stürmen. gescheitert ist3a. Der Fährmann Peter Schäfer weiß nicht, welche,,geführlichen Leute" er übersetzt. Die Furt und die Fähre in Weldergoven stellen die Verbindung von der Franlifurter Straße in Warth zur Nutscheidstraße bei Bödingen her. Eigentümer sind die Dörfer Weldergoven auf dem linken Siegufer und Lauthausen und Altenbödingen sowie der l{of Auelsheck auf dem rechten Ufer35. Der Fährbetrieb wird bis etwa 1948 oder 1950 aufrechterhalten. Die Lage jenseits der Sieg erschwert den Einwohnem von Auel den Zugang zur Stadt Blankenberg. Das Dorf ist häufig durch das Hochw.asser daran gehindert, sich an den Verwaltungsgeschäften zu beteiligen und die Bannmühle in Stein aufzusuchen. Man benutzt bei Niedrigwasser die Furt bei Stein und ist im Übrigen auf die Fähre bei Oberauel angewiesen. Es handelt sich um eine,,nachbarfiihre", um eine von den Einwohnern zu unterhaltende Fähre. Die Fährleute erhalten von jedem Ehepaar am Martinstag ein Brot. Dafür müssen sie die Blankenbercer Bürser kostenlos tibersetzen. Die Überfahrt hat

8 besonderes Gewicht für den Wallfahrtsort Bödingenl6. Sie wird mit zweifahrzeugen betrieben. einem größeren für Fuhrwerke und einem kleinen für den Personenverkehr. Zwischen Auel und Bülgenauel besteht eine Nachenfahrt, um die Acker auf dem linken Siegufer aufsuchen zu können. Der Nachen verkehrt nach Bedarf oberhalb der Aueler Eisenbahnbrücke37. Zwischen 1910 und 1920 wird der Betrieb eingestellt. Eine ähnliche Bedarfsüberfahrt gibt es von Bülgenauel zu den Weinhängen der Stachelhart. Für den Unterhalt sorgen die Grundeigentümer. Den unsicheren Fährbetrieb suchen die Menschen durch eine schmale Überfiihrung über das Gewässer, durch einen Steg zu verbessem. In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wird die Fähre in Weingartsgasse durch einen hölzernen Fußgängersteg ersetzt, der allerdings bei Hochwasser häufig fortgerissen wird3s enichtet man eine auch bei höherem Wasserstand benutzbare Hängebrücke in Eisenkonstruktion, das,,.luggelbröckche", die nach der Zerstörung am Ende des Zweiten Weltkriegs 1952 bis 1953 erneuert wird. Ganz ähnlich verhalten sich die Einwohner von Allner. Die Dorfgemeinschaft baut am alten Fährplatz zunächst einen Steg. der bei einem Hochwasser 1897 abgetrieben wird. Es bildet sich eine..brückengenossenschaft", die 1905 eine Fußgängerbrücke baut. Die Kosten werden aus Spenden und der Brückenpacht bestritten kostet ein Übergang 3 Pfennige, mit,"retour" 5 Pfennige.. Nach der Sprengung im April 1945 machen sich die Bewohner sogleich an die Wiederherstellung3e wird die Benutzung untersagt. Als Ersatzdient der sogenannte Horstmann-Steg, genannt nach dem Bürgermeister der Gerneinde Lauthausen Rainer C. Horstmann, der seit i 961 in einem weiten Bogen das Überf-lutungsgebiet der Sieg überquert und Allner mit der Ortsmitte von Hennef verbindet. Die Flängebrücke wird beseitigt. Einen Holzsteg versuchen auch die Bewohner von Weldergoven über die Sieg zu schlagen gibt es ein solches Bauwerk. das jedoch dem Hochwasser nicht widersteht. Mit einem sogenannten Sommersteg hoffen die Eingesessenen von Lauthausen, ihre Weidegebiete bei Dondorf zu erreichen. Denn beim Bau der Eisenbahnstrecke durch das Siegtal wird in den Jahren von 1855 bis 1659 die Sieg in Richtung Lauthausen verschoben und die urspninglich sich nach Dondorf ausdehnende Flussschleife durch den Bahndamm abseschnittenr0. Diese Bemühungen werden schließlich aufgegeben. Bereits am Beginn des 18. Jahrhunderts entscheidet die bergische Landesregierung. dem Verkehr einen ungestörten Übergang über die Sieg zu verschaft-en. Brücken werden ein Bestandteil der überörtlichen Verkehrsplanung. Im Juni 1716legt man den ersten Stein an der steinernen Brücke, die Seligenthal mit Hennef verbinden soll und als Teilereines Steinw'egs, einer mit Schotter abgedeckten Landstraße auf einem befestigten Untergrund von Düsseldorf nach Frankfurt am Main gedacht ist. Gegen dieses Vorhaben erheben verschiedene Reichsstände, wohl die Kurfürsten von Köln, Trier und Mainz, Einspruch, die um einen Rückgang ihrer Rheinzölle fiirchten, wenn viele Güter auf dem Landweg beftjrderl w'erden könntenar. Die Brücke wird wieder abgerissen. ll33 aber nimmt Kurfiirst Karl Theodor von der Pfalz den Ausbau einer Fernstraße wieder auf. Eine hölzerne Brücke überspannt schließlich 1772 die Sieg bei Buisdorf, wo bislang eine Furt und eine Fähre den Übergang

9 ermöglichten. In den folgenden Jahrzehnten erhalten die Brücken über die Sieg eine steigende Bedeutung, vor allem auf dem wirtschaftlichen Gebiet. Am Ausgang des Bröltals stellt die Brücke tiber die Sieg bei Allner die Verbindung zwischen den Einschnitten und Höhenlagen des Bergischen Landes und der Ebene bei Hennef her. ljm die Mitte des 19. Jahrhunderts trifft die Bröltalstraße zunächst an der herkömmlichen Fährstelle auf den Fluss, den man dort mit einer Schalde, einem flachen und breiten Boot überquert. Die Bezirksstraße von Hennef nach Waldbröl, die 1861 fertig gestellt ist, regt den Betrieb in den Kalksteinbrüchen um Schönenberg und in den Eisensteingruben bei Ruppichteroth an. Man denkt daran, die Erze mit einer Pferdebahn nach Hennef und mit der Staatsbahn zur Friedrich-Wilhelms-Hütte bei Troisdorf zu verfrachten. Die Gleise werden auf dem Bankett der Bröltalstraße verlegt. Zum Ausgleich dafiir errichtet die Gesellschaft. die das Projekt betreibt. die Brücke über die Sieg bei Allner. Die hölzeme Sprengwerkbrücke über sieben Strompfeilem und die Eisenbahntrasse werden 1862 dem Verkehr übergeben. Ein Jahr später prusten die ersten Dampflokomotiven ins Bröltal. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts genügt die Brücke den Anforderungen nicht mehr wird mit dem Bau eines neuen Brückenwerks nordöstlich der Allner Mühle begonnen. Die Sieg aber wehrt sich und unterspült im Hochwasser einen Pfeiler, so dass ein Bogen einstürzt. Erst 1928 kann die neue Brücke für den Verkehr geöffnet werden. Fast zwanzig Jahre lang erfi.illt sie ihren Zweck. Dann greifen Menschen in die Geschicke von Sieg und Brücke ein. Im Zweiten Weltkrieg jagt ein deutsches Kommando in der letzten Märzwoche des Jahres 1945 zwei Bögen in die Luft. Die vorrückenden amerikanischen Truppen bauen vorübergehend eine Notbrücke. Allner Bürger erstellen ein Stück flussabwärts am Hängebrückchen aus Baumstärnmen einen provisorischen Übergang, dessen Kosten durch Gebühren gedeckt werdena3. Erst 1946 wird eine Behelfsbrücke errichtet. die 1954 ein Neubau ablöst. Das Beispiel der Allner Brücke veranlasst die Bewohner der Bürgermeisterei Lar.rthausen und der Gemeinde Blankenberg. von Auel, Bödingen. Oberauel und den anderen Or-ten auf dem rechten Ufer der Sieg am Beginn des 20. Jahrhunderts, auch eine Brücke über die Sieg zu fordern kommt der Brückenbau bei Oberauel zustande. Nun ist der Bahnhof Blankenberg mühelos zu erreichen. Im März 1945 wird die Brücke gesprengt. Amerikanische Soldaten lassen bei der Siegüberquerung ein Ponton zurück, mit dern an der ehemaligen Fährstelle der Übergang ermöglicht'*'ird erfotgt die Wiederherstellung der Brücke wird ein Bauwerk errichtet. das den Anforderungen des modernen Verkehrs genügt. Die Sieg und die Menschen, die Siegübergänge wie Furten, Fähren, Stege und Brücken und ihre Nutzer gehören zusammen beschreibt der Bürgermeister von Hennef den Zusammenhang folgendermaßen: In Hennef arbeiten aus der Bürgermeisterei Lauthausen. aus dem Gebiet nördlich der Sieg. insgesamt,,271mann" mit einem Verdienst von Mark. Zweimal überschreiten sämtliche von jenseits der Sieg kommenden Arbeiter den Fluss, 182 in Weingartsgasse, l9 bei Oberauel und 70 in Allneraa. Danach ist ftir den Verwaltungsbeamten klar, welche Bedeutung die Flussübergänge für die Erschließung des Hinterlandes, aber auch für den Industrieort Hennef haben. Die jahrhundertelangen Bemühungen, sichere Übergänge über die Sieg einzurichten, finden mit den beiden Brückenbauten de Autobahn 560 ihren wohl vorläufisen Abschluss. Der Fluss

10 ist nach menschlichem Ermessen gezügelt. Die Tatsache, dass seine Fluten mit Hochwasser und Überschwemmung oft beträchtliche Schäden und Unzuträglichkeiten hervonufen, fordefi starke menschliche Eingritfe in das Landschaftsgeftige heraus. Die Sieg stiftet Einsichten Die Sieg ist nicht bloß ein fließendes Gewässer mit einem eigenen Charakter. Sie gestaltet vielmehr die Landschaft und hat Teil an der Geschichte und an der Erinnerung des durchflossenen Raunres. Sie bestimmt die Siedlungen und das Leben der Menschen, steht in einem dynamischen Verhältnis zur Umgebung, zu Wiesen und Weiden, Ackern und Weinbergen und prägt die Veränderungen des Landschaftsbildes mit. Ihr Wasser rauscht und tost, wirkt kraftvoll und mit ljrgewalt. Sie hat eine existenzielle Beziehung zu den Menschen" ist geführlich und zerstörerisch, aber auch freundlich und nützlich und ordnet sogar durch das Frühjahr- und Herbsthochwasser das menschliche Zeiterleben. Die Sieg ist ein Hindernis, das es zu überwinden gilt. Die Menschen schaffen Übergänge durch Furten, Fähren, Stege und Brücken und greifen mit ihren vielf?iltigen anthropogenen Möglichkeiten, mit Begradigung und Kanalisierung, Befestigung, Schutzanlagen und Umleitung in die Wirksamkeit des Flusses und seine natürlichen Aktivitäten ein. Sie ziehen nicht weniger Nutzen aus dem Fluss, dessen Schiffbarkeit sie zeitweise verwenden und dessen Fischreichtum sie ausbeuten. Fluss und Landschaft besitzen darüber hinaus einen ästhetischen Reiza5. Das Landschaftsbild jedoch unterliegt einem ständigen Wechsel, der sich in den letztenjahrzehnten beschleunigt hat. Durch die umfangreichen baulichen Maßnahmen am und im Fluss und in seiner Umgebung ist die ehemals ungestörte Naturlandschaft in eine vielgestaltige manipulierte Kulturlandschaft verwandelt worden. Moderne Nutzungsinteressen wie die Ansprüche des Verkehrs und der Siedlungserweiterung treiben die Verändenrngen an und geben der Landschaftswahrnehmung eine oft zu duldsame Richtung. Ein ruinierter Talauenausschnitt wie die ehemalige Dondorfer Siegschleife wird nach der Auskiesung von 1970 bis 1990 zu einem großen Baggerseeau erfolgt die Ausweisung als Naturschutzgebiet. Im Jahre 2008 wird der Landschaftsausschnitt, der sich am Austritt der Sieg in die Hennef-Siegburger Bucht quer zum Tal der Sieg erstreckt, als Kulturlandschaft Unteres Siegtal: Stadt Blankenberg - Bödingen unter Denkmalschutz gestelltat. Die Einmaligkeit einer Landschaft als ein Gefüge von Fluss, Landschaftsgestalt, Siedlungen und kultureller Wirksamkeit der Menschen wird gesetzlich wahrgenommen und bestätigt. Welche existenzielle Betroffenheit sich mit der Sieg in einer geführlichen Situation verbindet, verdeutlicht ein Brief, den der Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll an seine Frau schreibt. Ostern 1945 liegt er als Wehrmachtssoldat,,an der Front" in Oberauel. Der Fluss bildet die Kampfgrenze zwischen den deutschen und den amerikanischen Verbänden. Am 3. April berichtet der Dichter von seinen Erfahrungen:,, Wir müssen Tag und Nacht mit kurzen Unterbrechungen Posten stehen, und tagsüber oft halbe und ganze Tage im Dach der Scheune als Beobachter hocken. Gestern habe ich von morgens sieben bis abends sieben mit dem Fernglas das Leben und Treiben die Amerikaner drüben an anderen Ufer von Blankenberg, Stein und Greuelsiefen (beobachtet)... Gestern beobachtete ich drüben auf der,.amerikanischen" Seite viele Frauen, die mit Milchtöpfen herumspazierten... Mädchen, Kinder, Jungen. Alte Herren mit Spazierstöcken laufen da in der Hauptkampflinie herum,

11 viele unterhielten sich mit den Amerikanern (...). Die Nacht von Karsamstag auf Ostern war ich vorne unter einer kleinen Siegbrücke nur 20 Meter vom Amerikaner entfernt auf Posten, vom Abenddämmer bis Morgendämmer, eiskalt, ohne Tabak - ich konnte ja nicht rauchen"48. Die Sieg ist vorübergehend zur Grenze und Kampflinie im Krieg geworden. Heinrich Böll ist sich der Lage bewusst und beobachtet die Ereignisse auf dem gegenüberliegenden Ufer mit einer gewissen Verwunderung. Der Fluss schweigt über seine Erfahrungen. I Müller-Goldkuhle, Jan: Das Stadtgebiet Hennef aus geographischer Sicht. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Hennef. Neue Folge 3 (2009), S Klein, Michael/Bruno P. Kremer: Die Sieg. Tallandschaft zwischen Rothaargebirge und Niederrheinischer Bucht. Köln (Rheinische Landschaften; 58), S, 10. 2Mainzer, Udo (Hrsg.): Denkmal Kulturlandschaft Stadt Hennef: Unteres Siegtal. Worms (Landschaftsverband Rheinland. Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege; 7l). 3 Weyden. Emst: Das Siegthal. Ein Führer von der Mündung bis zur Quelle des Flusses und durch seine Seitenthäler. Bonn 1865, S Fischer, Helmut: Allner. Eine Ortsgeschichte. Hennef (Sieg) 1988, S Archiv des Turmmuseums Stadt Blankenberg (ATMSIB): Q 1, fol Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland, Standort Düsseldorf (HSIAD): Siegburg, Akten Nr Fischer (Anmerkung 4), S Archiv des Rhein-Sieg-Kreises (ARSK): LA Siegkreis Nr HSTAD Kalkum: Regierung Köln l0 ARSK: LA Siegkreis Nr l Fischer (Anmerkung 4), S Bornheim, Erich: Umbruch in Hennef - Die sechziger bis neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Hennef. Neue Folge 2 (2008). S Mügge, Ingo; Die Flurbereinigung Hennef. Ebd. 3 (2009), S Historisches Archiv des Erzbistums Köln: Pfarrarchiv Hennef 19. S l4 Scheiffarth, Engelbert: Das Amt Menden. Siegburg7964. S Balensiefen, Friedrich(Helmut Fischer: Hennefer ZeitunglHennefer Volks-Zeitung. Politik und Wirtschaft, Kultur und Alltag in einem Lokalblatt. Erster Teil: Hennef (Beiträge zur Geschichte der Gemeinde Hennef-Sieg; 7), S. 220 Nr BalensieferVFischer (Anmerkung l5), Nr.283. I 7 Siegkreis-Rundschau, Fischer, Helmut: Name, Sprache, Geschichte. Die Gemarkung Blankenberg im Spiegel ihrer Flurnamen. Hennef (Beiträge zur Geschichte der Gemeinde Hennef-Sieg; %), S. 46 Nr Fischer (Anmerkung 4). S. 18 Nr Iagd und Fischerei um In: Heimatblätter des Siegkreises 14 (1938), S. 43.

12 19 Wülffing, Fr.: Beschreibung und Mittheilungen tiber die Resultate der Verwaltung des Kreises Sieg. Siegburg 1862, s Fischer, Helmut: Hennef - die Geschichte bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Hennef. Neue Folge 2 (2008). S (Göring, Peter): Mittheilungen aus den Acten-Regseten der bergischen Obergerichte. Düsseldorf 1897, S Eubel. Konrad: Geschichte der kölnischen Minoriten- Ordensprovinz. Köln 1906, S HSTAD: Kloster Seligenthal Nr. 19 (Kopiar) 23 ATM StB : Q t. 1bl Jagd und Fischerei (Anmerkung 18), S Schmitt, Herbert: Aus der Wald- und Forstgeschichte des Siegkreises. Siegburg 1973.(Veröffentlichung des Geschichts- und Altertumsvereins für Siegburg und den Rhein- Sieg-Kreis; 10), S Fischer (Anmerkung 4), S Fischer. Gert/Karl Schröder/Herbert Spieker (Bearb.): Die medizinische Topographie von Dr. Anton Lohmarur. Der Siegkreis um Siegbwg (Quellen zur Geschichte des Rhein-Sieg-Kreises; 1 4), S. ll Paul. Johann: Die Abwassergeschichte der Sieg im Industriezeitalter. Siegburg (Ortstermine: II), S Fischer, Helmut: Blankenberg. Ein kleines Städtchen auf dem Berge. Die Geschichte einer mittelalterlichen Stadt. Siegburg 1995, S. 43, Fischer (Anmerkung 4), S l Fischer (Anmerkung 4), S Fischer, Helmut: Stoßdorf, eine Dorfgeschichte. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Hennef. Neue Folge 5 (2011), S Fischer (Anmerkung29), S Link, Robert: Uraltes Weingebiet bei Hennef an der Sieg. Das Winzerdorf Weingartsgasse. In: Heimatblätter des Siegkreises l5 (1939), S Ders.: Die Hennefer Steinstraße und eine vergessene Siegbrücke. In: Beiträge Geschichte der Gemeinde Hennef3 (1972), S.29. ^)r 34 Fischer (Anmerkung 4), S Göhring, Helge: Weldergoven. Stadt Hennef (Sieg). Historisches - Volkskundliches. Hennef S Fischer (Anmerkung29), S Fischer (Anmerkung29), S Link (Anmerkung 33), S Weingartsgasse. Chronik und 100 Jahre MGV Constantia. (Weingartsgasse) 1987, S Fischer (Anmerkung 4), S

13 40 Göhring (Anmerkung 35), l Link (Anmerkung 33), Fischer (Anmerkung20), S Fischer (Anmerkrrng 4), S Bericht über die Verwaltung der Bürgermeisterei Hennef und der Gemeinde Geistingen in Siegburg 1907, S Wöbse, Hans Hermann: Landschaftsästhetik. Stuttgart (Hohenheim) 2002, S. l6l. 46 Klein/Kremer ((Anmerkung 1), S Mainzer (Anmerkung2).- Fischer, Helmut: Geschützte Kulturlandschaft. Das Denkmal Hennef: Unteres Siegtal Stadt Blankenberg - Bödingen. In: Rheinisches Jahrbuch ftir Volkskunde 3 8 ( ), S I Böll, Heinrich: Briefe aus dem Krieg München 2001, S. I 126.

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