Entsorgungsmöglichkeiten von glas- und kohlefaserhaltigen Abfällen
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- Friederike Bergmann
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1 Entsorgungsmöglichkeiten von glas- und kohlefaserhaltigen Abfällen K. Brockmann/pixelio.de Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt
2 Ad-hoc-Ausschuss faserhaltige Abfälle Im Januar 2016 vertrat der Abfalltechnik-Ausschuss der LAGA die Auffassung, dass Hausmüllverbrennungsanlagen nicht geeignet sind um Carbonfasern zu zerstören. November 2016 Gründung Ad-hoc Ausschuss faserhaltige Abfälle mit dem Ziel der Untersuchung von Verwertungs- und Entsorgungsmöglichkeiten für mineral- und carbonfaserhaltige Abfälle Mitarbeit von 9 Bundesländern und des Umweltbundesamtes bis jetzt 8 Treffen mit Vertretern aus Forschung und Industrie Erstellung eines umfangreichen Abschlussberichts zum Thema (Ziel: Übergabe an die Länder zur Abstimmung im April/Mai 2018) Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 2
3 glasfaserverstärkte Kunststoffe GFK Verbund aus Glasfasern und Kunststoff (z.b. Epoxidharz, Polyamid) Glasfasern liegen meist in Form von Geweben oder Gelegen vor und werden von einer Kunststoffmatrix umgeben durch gegenseitige Wechselwirkungen der beiden Komponenten erhält der Werkstoff eine höherwertigere Eigenschaft als die jeweiligen Einzelkomponenten sehr flexibel einsetzbar: von der Herstellung von Einzelteilen oder Kleinserien im Handlaminierverfahren bis hin zu großen Stückzahlen bei vollautomatischer Fertigung sensory360 BückerKunststoffe Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 3
4 glasfaserverstärkte Kunststoffe GFK Eigenschaften Verwendung preiswert vielseitig einsetzbar Massenprodukt elektrisch nicht leitend, hohe Isolationswirkung sehr gutes Korrosionsverhalten hohe Bruchdehnung bzw. hohe elastische Energieaufnahme Elektrotechnik Isolatoren, welche hohe mechanische Lasten übertragen müssen Behälterbau Bootsbau Rotorblätter an Windenergieanlagen Tim Siegert / Fotalia.com marina-balear.com vielfältige Anwendung, allein in Deutschland wurden 2016 ca Tonnen GFK produziert Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 4
5 Verwertung GFK Problem: eine saubere Trennung von Glasfaser und Matrix ist aufwendig und kostenintensiv, die einzelnen Komponenten haben nur einen geringen Marktwert (1 /kg Neufasern) erschwert wirtschaftliches Recycling trotz einer jährlichen Produktion allein in D. von t scheint es keine GFK-Abfälle auf dem Markt zu geben: WEA s werden in Osteuropa und Afrika wiederverwendet noch funktionstüchtige Rotorblätter werden als Ersatzteil gelagert bereits kurze Zeit nach Auslaufen der Produktion einer Baureihe sind die Rotorblätter nicht mehr als Ersatzteil verfügbar GFK besitzt keinen eigenen Abfallschlüssel Gefahr der Vermischung mit anderen Abfällen geringe erzielbare Erlöse und diffus vagabundierende Abfallströme erschweren Etablierung einer geeigneten Verwertungstechnik aktuell nur ein Verwertungsunternehmen auf dem deutschen Markt verfügbar Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 5
6 Verwertung GFK Firma neocomp Verwertung aller GFK-Produkte, Rotorblätter derzeit Anteil von 5 % genehmigte Anlagenkapazität von t/a, derzeitige Auslastung deutlich darunter Vorortzerlegung in transportfähige Teilstücke (2m x 1m) weitere Zerkleinerung und Zerfaserung in Anlage in Bremen Zugabe von Spuckstoffen aus Papierindustrie um Staubgehalt zu reduzieren Abgabe des hergestellten Gemischs an Zementwerk in Lägerdorf Papierreste und Harz dienen als Ersatzbrennstoff Glasfasern dienen als SiO 2 und Al 2 O 3 Quelle für den Zement energetische Verwertung der Matrix und stoffliche Verwertung der Fasern neocomp Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 6
7 Verwertung GFK Firma neocomp Kosten (Stand Mai 2017): 750 /t inkl. Vorzerkleinerung, Abtransport und Verwertung /t bei Anlieferung von vorzerkleinerten Material frei Bremen neocomp Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 7
8 Verwertung GFK Alternativen? Deponierung aufgrund des Organikgehalts der Matrix nicht möglich Verbrennung in Hausmüllverbrennungsanlagen: aktuelle Praxis: Zumischen in homöopathischen Dosen zum vorhandenen Abfall, Monofraktionen bereiten Probleme (Verkleben der Roste) mehr oder minder ausgebrannte GFK-Stücke gelangen in die Schlacke und werden deponiert oder bei entsprechender Eignung in der Bauindustrie verwertet es entstehen nach derzeitigem Wissensstand keine gesundheitlich bedenklichen Faserverkürzungen (im Gegensatz zu CFK) Freilegung und Wiederverwendung der Fasern z.b. durch Pyrolyse: bei derzeitigen Pyrolysekosten von 10 /kg und Rohfaserkosten von 1 /kg nicht wirtschaftlich Verfahren eines mitteldeutschen Entsorgers: mehrstufige Zerkleinerung mit anschließender Trennung von Fasern und Kunststoff, Verwertung des Kunststoffs als Ersatzbrennstoff, Recycling des gewonnenen Glasmehls zu neuen Glasfasern oder Schaumglas. ABER: Wirtschaftlichkeitsschwelle des Verfahrens liegt bei ca t/a, welche im Moment nicht verfügbar sind Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 8
9 Zusammenfassung GFK Verwertungsverfahren sind verfügbar, ABER aufgrund einer unzureichenden Getrennthaltung wird ein Großteil der anfallenden GFK- Abfälle nicht hochwertig verwertet Separate Erfassung und die Vergabe eines eigenen Abfallschlüssels für GFK-Abfälle ist notwendig weiterer Forschungsbedarf vor allem in Bezug auf wirtschaftliche Recyclingmethoden für Faser UND Matrix Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 9
10 kohlefaserverstärkter Kunststoff (CFK)- Eigenschaften ähnlicher Aufbau wie GFK Fasern aus reinem Kohlenstoff sind in eine Kunststoffmatrix eingebettet höhere Festigkeit bei gleichzeitig geringerer Dichte im Vergleich zu GFK sehr hohe Steifigkeit Faktor 10 bis 20 teurer als GFK energieintensive Herstellung (250 MJ/kg, Glasfaser 30 MJ/kg), Faser ist elektrisch leitend optisch ansprechende Oberfläche sglgroup.com carbon-components.de Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 10
11 kohlefaserverstärkte Kunststoffe - Verwendung Luft- und Raumfahrt (A t CFK) Fahrzeugbau (BMW I3 70 kg CFK) Windenergieanlagen (einige Hersteller verwenden CFK zur zusätzlichen Versteifung der Rotoren ca. 10% im Anlagenbestand) Sport- und Freizeitbereich Nutzung der extrem hohen.festigkeiten bei geringem Gewicht aber auch Anwendung aus rein optischen Gründen, weil es schick und luxuriös ist (Handyhüllen, Kunststoffverkleidungen) sgsgroup.de autozeitung.de 2015 wurden in Deutschland ca Tonnen CFK hergestellt Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 11
12 kohlefaserverstärkter Kunststoff - Recycling Ist eine Wiederverwendung von CFK-Abfällen nicht möglich, ist ein Recycling der Fasern der zu bevorzugende Entsorgungsweg, da: Carbonfasern sind inert gegen Korrosion und Materialermüdung Energieintensitäten für rezyklierte Materialen liegen bei nur ca. 30 MJ/kg, statt 250 MJ/kg für Neumaterial Kaufpreis von ca. 20 je kg CFK Neuware macht Recycling auch wirtschaftlich interessant ABER: derzeit nur ein Recycling-Verfahren am Markt etabliert kein Markt für Sekundärfasern vorhanden Produzenten setzen lieber Neufasern als Recyclingfasern ein Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 12
13 kohlefaserverstärkter Kunststoff - Pyrolyse bei Temperaturen um die 500 C und unter sauerstofffreier Atmosphäre zerfällt die Matrix zu einem Pyrolysegas und zurück bleiben die freigelegten Fasern Energiegewinnung aus Pyrolysegas Anlagenkapazität ca t/a, derzeitige Auslastung deutlich darunter Kosten ca. 400 /t CFK Aber: teilweise Oxydation der Faser kann nicht ausgeschlossen werden (ca % der Ursprungsfestigkeit) Faserverkürzung Faser muss nach einigen Durchgängen aus Kreislauf ausgeschleust werden CFK Valley Stade Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 13
14 CFK thermische Verwertung Was passiert bei thermischer Verwertung z.b. in Hausmüllverbrennungsanlagen? Mikroskopische Aufnahmen von CFK während eines Aufheizungsprozesses; Quelle: RWTH Aachen, TEER Charakteristisch für den Verbrennungsprozess ist die Abnahme des Durchmessers der Fasern mit zunehmender thermischer Belastung für vollständige Zerstörung der Fasern sind Temperatur, O 2 -Gehalt und Verweilzeit von entscheidender Bedeutung (Verweilzeit für vollständige Zerstörung > 6 min bei ausreichender Temperatur) Verweilzeiten in HMVA nicht gegeben Gefahr der Entstehung sogenannter WHO-Fasern welche alveolengängigen Asbestfasern ähneln Fasern wurden bereits in der Schlacke von Verbrennungsanlagen gefunden Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 14
15 CFK thermische Verwertung weiterhin kommt es durch die elektrische Leitfähigkeit zu Kurzschlüssen in den Elektrofiltern der Verbrennungsanlagen so lange nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass bei der Verbrennung von CFK in HMVA WHO-Fasern entstehen, ist sicherzustellen, dass CFK nicht in solche Anlagen gelangt (Forschungen zum Thema derzeit durch das UBA). getrennte Sammlung CFK-haltiger Abfälle zwingend notwendig. Dies würde durch die Festlegung spezieller Abfallschlüssel unterstützt Forschungsbedarf zur Etablierung weiterer Recycling- und Beseitigungsverfahren bis zum Abschluss der Forschungsvorhaben sollte eine Zwischen- /Langzeitlagerung der in Matrix gebundenen Fasern erfolgen Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 15
16 CFK Sonstige Verwertung Wie könnten andere Verwertungs-/Beseitigungverfahren aussehen? Solvolyse Auflösen der Matrix mit Lösungsmitteln oder überkritischem Wasser (T >370 C,p > 220 bar) keine Schädigung der Faser, Matrix kann stofflich verwertet werden derzeit noch im Forschungsstadium Kohlenstoffquelle bei der Stahlherstellung im Elektrolichtbogenofen: Verweilzeiten von bis zu einer Stunde und Temperaturen bis 1700 C sind geeignet, um Fasern zu zerstören Interesse von Anlagenbetreibern liegt vor Mitverbrennung im Zementwerk: theoretisch ausreichende Verbrennungstemperaturen und lange Verweilzeiten Versuche innerhalb des UBA Vorhabens sind geplant eine Verteilung der Fasern im fertigen Zement ist zwingend auszuschließen Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 16
17 Carbon-Beton Ersatz von Stahlbewährung im Beton durch Kohlefasern: ABER: deutliche Steigerung der Festigkeit und damit Betoneinsparungen von bis zu 80% keine Korrosionserscheinungen bis jetzt keine Möglichkeit der vollständigen Trennung von Beton und Faser Gefahr der ubiquitären Faserverteilung beim Betonrecycling (WHO- Problematik) Ad-hoc Ausschuss hält wegen der ungeklärten Entsorgungsfragen den Einsatz von Carbon-Beton für derzeit nicht tragbar Matthias Balk Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 17
18 Zusammenfassung GFK : um weitere Verwertungsverfahren zu etablieren muss die getrennte Erfassung von GFK-Abfällen deutlich verbessert werden (Vergabe eines eigenen Abfallschlüssels) CFK : keine zufriedenstellende Verwertungslösung vorhanden dringender Forschungsbedarf in Bezug auf Gesundheitsgefahren und WHO-Problematik Forschungsbedarf für zusätzliche Verwertungsverfahren Etablierung eines Marktes für RC-Fasern strikte Getrennthaltung von anderen Abfallströmen um eine unkontrollierte Verwertung/Beseitigung zu vermeiden Vergabe eines eignen Abfallschlüssels Solange die Entstehung von WHO-Fasern nicht sicher ausgeschlossen werden kann, ist der Einsatz von Carbon-Beton abzulehnen. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 18
19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 19
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