Version 1. Stand: Februar 2006
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1 TAKTISCHE EINSATZGRUNDSÄTZE FÜR DEN BEREICH ABC-ERKUNDUNG Version 1 Stand: Februar 2006
2 Zusammenfassung Diese Einsatzgrundsätze wurden in einer Arbeitsgruppe aus Fachleuten des Bundes und der Länder erarbeitet und abgestimmt. Grundlage der Arbeit ist die Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland und die Auslieferung von ABC-Erkundungskraftwagen in den letzten Jahren. Die Grundsätze beschreiben das taktische Vorgehen bei einer Erkundung von Gefahrenlagen mit radioaktiver, biologischer und chemischer Kontamination. Sie sind für die ABC-Erkundung generell gedacht, jedoch sind sie unter besonderer Berücksichtigung des ABC-Erkundungskraftwagens formuliert. Die mit der Erkundung zusammenhängenden Begriffe werden definiert. Die Funktionsweise und Eigenschaften der radiologischen und chemischen Messgeräte des ABC-Erkundungskraftwagens werden beschrieben. Die Verfahren Grenzmessung, Eintauchen, Kreuzen, Markieren und Sektoreneinteilung werden erläutert. Hinweise zur Fahrgeschwindigkeit bei der Erkundung und zum Probentransport werden gegeben. Es werden beispielhaft Möglichkeiten zur Einbindung der ABC- Erkundungskraftwagen in die Führungsstruktur der Feuerwehr beschrieben. Abschließend werden die Aufgaben und die technische und personelle Ausstattung einer notwendigen Messleitkomponente und der Ablauf eines Einsatzes zusammen mit dem ABC-ErkKW skizziert. - I -
3 TAKTISCHE EINSATZGRUNDSÄTZE FÜR DEN BEREICH ABC-ERKUNDUNG Inhaltsverzeichnis ZUSAMMENFASSUNG...I INHALTSVERZEICHNIS... II VORWORT AUSSTATTUNG DES ABC-ERKUNDUNGSKRAFTWAGENS... 2 CHEMISCHE MESSTECHNIK... 2 RADIOLOGISCHE MESSTECHNIK BEGRIFFE EINSATZTAKTIK GRENZMESSUNG EINTAUCHEN UND KREUZEN MARKIEREN SEKTORENEINTEILUNG FAHRGESCHWINDIGKEIT BEI DER ERKUNDUNG PROBENTRANSPORT BEISPIELE FÜR DIE EINBINDUNG DER ABC-ERKKW IN DIE FÜHRUNGSSTUFEN BEISPIELE FÜR DIE EINBINDUNG DER MLK UND DER ABC-ERKKW IN DIE FÜHRUNGSSTUFEN DIE MESSLEITKOMPONENTE AUFGABEN DER MESSLEITKOMPONENTE ABLAUF DES EINSATZES: MINDESTANFORDERUNG AN DIE TECHNISCHE AUSSTATTUNG DER MLK MINDESTANFORDERUNG AN DAS PERSONAL DER MLK ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS VERWENDETE LITERATUR II -
4 Vorwort Die Innenministerkonferenz hat sich mit dem Bund Anfang Juni 2002 auf eine neue Rahmenkonzeption für den Zivil- und Katastrophenschutz verständigt ("Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland"). Mit der neuen Strategie sollen u. a. die vorhandenen Hilfspotenziale des Bundes und die der Länder, also vornehmlich Feuerwehren und Hilfsorganisationen, besser mit einander verzahnt werden. Der Bund hat im Rahmen seiner Zuständigkeit für den Zivilschutz in den vergangenen Jahren die Beschaffung von ABC-Erkundungskraftwagen beschleunigt durchgeführt. Diese Fahrzeuge sind den Ländern zur Weitergabe an die für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden übergeben worden und sollen von diesen in das vorhandene Gefahrenabwehrpotenzial eingebunden werden. Der Bund hat sich hinsichtlich der Einsatztaktik seinerzeit nicht geäußert, da er nach dem neuen Zivilschutzgesetz lediglich die Ausstattung des Katastrophenschutzes der Länder ergänzt und eine ergänzende Zivilschutzausbildung vorsieht, nicht jedoch einheitliche Führungsgrundsätze oder taktische Einsatzgrundsätze vorgibt. Das Fehlen einer einheitlichen Einsatztaktik für die ABC-Erkundung ist mehrfach gegenüber dem Bund thematisiert worden. Einzelne Länder und Kommunen haben zwischenzeitlich eine entsprechende Einsatztaktik erarbeitet oder mit deren Erarbeitung begonnen. Vor diesem Hintergrund sowie der Bewältigung großflächiger Gefahrenlagen und der damit verbundenen möglichen Notwendigkeit des kommunen- und länderübergreifenden Zusammenwirkens von Einheiten mit ABC-Ausstattung ist aus Sicht des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zumindest eine Verständigung auf einsatztaktische Grundsätze erforderlich. Darüber hinaus sieht die Umsetzung der neuen Strategie ein Stufenkonzept unter Einbeziehung einer Messleitkomponente für den ABC-Bereich vor, die bei den Überlegungen zur Einsatztaktik mit zu berücksichtigen ist. Vereinzelt sind auch hier schon Konzepte in der Bearbeitung. Um sicherzustellen, dass künftig die ABC-Komponenten bei der Detektion ohne Probleme länderübergreifend zusammenarbeiten können, wird vorgeschlagen, dass Bund und Länder sich auf gemeinsame Einsatztaktische Grundsätze verständigen. Zu diesem Zweck hat die Zentralstelle für Zivilschutz des Bundesverwaltungsamtes (heutiges Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, BBK) unter Mitwirkung von Fachleuten aus der gesamten Republik an der Brandschutz- und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge (BKS) vom einen Workshop zur Erarbeitung taktischer Einsatzgrundsätze für die ABC-Erkundung veranstaltet. Ziel der Veranstaltung war die Erstellung eines Entwurfspapiers unter Berücksichtigung messtaktischer sowie führungstaktischer Aspekte, das nachfolgend über den AFKzV den Ländern zur Zustimmung zugeleitet wurde. Die Stellungnahmen der Länder wurden geprüft und so weit möglich in die Schlussfassung übernommen Version 1 Februar 2006
5 1. Ausstattung des ABC-Erkundungskraftwagens Das Fahrzeug soll schwerpunktmäßig bei chemischen und radiologischen Lagen eingesetzt werden, um Kontaminationen festzustellen, kontaminierte Gebiete einzugrenzen und diese zu markieren. Für den Bereich B-Erkundung ist derzeit keine spezielle Ausstattung auf dem Fahrzeug vorhanden. Der ABC-Erkundungskraftwagen enthält einen transportablen Messcontainer, auf dem moderne kontinuierlich messende radiologische und chemische Messgeräte untergebracht sind. Der Container ist sowohl während der Fahrt als auch abgesetzt vom Fahrzeug autark betreibbar. Die Geräte sind handelsüblich, jedoch für den Einsatz auf dem Container modifiziert. Chemische Messtechnik Bei den chemischen Messgeräten handelt es sich um einen Photoionisationsdetektor und ein Ionenmobilitätsspektrometer. Sie sind in der Lage, viele gasförmige Industriechemikalien und chemische Kampfstoffe kontinuierlich zu detektieren. Der Photoionisationsdetektor Die Umgebungsluft wird von einer Pumpe durch eine Messkammer gesaugt und dort dem UV-Licht einer hochenergetischen Gasentladungslampe ausgesetzt. Befinden sich Substanzen in der Luft, die durch die UV-Strahlung ionisierbar sind, entsteht im elektrischen Feld der Messkammer ein Stromfluss, der verstärkt und auf dem Display des Gerätes als Konzentration angezeigt wird. Die Bestandteile der Luft werden von der eingebauten Standardlampe nicht ionisiert. Gut nachweisbar sind aber z. B. aliphatische Kohlenwasserstoffe ab einer C-Zahl von 5, aromatische Kohlenwasserstoffe, einige gängige Lösungsmittel und eine Vielzahl von unterschiedlichen anorganischen, vor allem aber organischen Substanzen. Der Photoionisationsdetektor (PID) arbeitet kontinuierlich und liefert ein Summensignal, d.h. es wird bei Gemischen die Summe aller ionisierbaren Bestandteile angezeigt. Das Ionenmobilitätsspektrometer Das Messprinzip des Ionenmobilitätsspektrometers, speziell des RAID-1, beruht auf der unterschiedlichen Beweglichkeit von Ionen verschiedener Größe in einem elektrischen Feld. Diese unterschiedliche Mobilität wird messtechnisch als Spektrum erfasst und ist innerhalb gewisser Grenzen zur Charakterisierung und damit Identifizierung geeignet. Durch Vergleich des Spektrums mit einer Bibliothek können die unten genannten Substanzen identifiziert und quantifiziert werden. Das RAID-1 wurde ursprünglich für militärische Anwendungen konzipiert. Daher ist es originär für den Nachweis von und die Warnung vor chemischen Kampfstoffen geeignet. Das RAID-1 des ABC-Erkunders besitzt eine Kampfstoff-Bibliothek (CWA), in der folgende Kampfstoffspektren enthalten sind: VX Soman Sarin Tabun Version 1 Februar 2006
6 Schwefel-Lost Stickstoff-Lost Lewisit Weiterhin besitzt das RAID-1 noch eine Bibliothek zur Messung der Industriechemikalien (ITOX): Ammoniak Chlor Blausäure Chlorierte Kohlenwasserstoffe Toluoldiisocyanat Essigsäure Schwefeldioxid Eine genaue Identifikation des Stoffes und der Konzentration muss jedoch in einem professionellen Labor geschehen. Daher gehört zur weiteren Ausstattung des Fahrzeuges ein Probenahmesatz, mit dessen Hilfe gasförmige, flüssige und feste Proben genommen, gekennzeichnet und transportiert werden können. Radiologische Messtechnik Die radiologische Messtechnik besteht aus zwei Sensoren, die sich hinsichtlich der Messaufgaben und des Messbereichs ergänzen. Die Sensoren decken gemeinsam den Dosisleistungsbereich von etwa 10 nsv/h bis zu 1 Sv/h ab. Für den Dosisleistungsbereich bis 100 µsv/h, der auch im Umweltschutz einsetzbar ist, wurde eine Szintillationszählersonde mit einem 2-Liter-Plastikszintillator ausgewählt. Ein handelsüblicher Dosisleistungsmesser mit einem Proportionalzählrohr deckt den Dosisleistungsbereich bis 1 Sv/h ab. Die Szintillationszählertechnik erlaubt in Verbindung mit der sehr hohen Empfindlichkeit des Detektors 10 4 Imp/s pro µsv/h bei 661 kev eine gerade im Umweltbereich interessante Auswertung mit dem NBR-Verfahren (Natural Background Reduction). Mit dieser Technik ist es möglich, vor einem örtlich und zeitlich stark schwankenden natürlichen Strahlungshintergrund auch geringe Beimischungen von künstlichen Quellen zu detektieren. Es werden bereits Beiträge von künstlichen Strahlern von 20 % zum natürlichen Hintergrund erkannt. Dies ermöglicht auch eine hochempfindliche Suche von Punktquellen. Eine Nuklididentifikation ist mit der Ausstattung des ABC-ErkKW nicht möglich, aber für den Einsatzzweck auch nicht notwendig. Für die Erkundung relevant ist die Aussage, dass ein künstlicher Strahler vorliegt. Alle drei Messgeräte können gleichzeitig Daten aufnehmen. Die Messwerte werden automatisch durch die Software ausgelesen und zusammen mit den jeweiligen Ortskoordinaten des Differenzial-GPS abgespeichert. Die Darstellungen der Messwerte erfolgen in einem laufend aktualisierten, weg- oder zeitbezogenen xy- Diagramm, als Wertetabelle oder als Wegstrecke auf einer topographischen Karte (z. Z. nur für Radiologie möglich). Die Messdaten können auch nach Abschluss der Messungen wieder aufgerufen werden. Weiterhin sind Schutzausrüstung für die Besatzung, ein Satz mit Kennzeichnungstafeln für kontaminiertes Gelände, ein Handwettermesssatz, eine handbetriebene Dekontaminationsspritze, eine Durchsageeinrichtung und Funkausstattung (2m und 4m Band) vorhanden Version 1 Februar 2006
7 2. Begriffe Für die vorliegende Dokumentation gelten grundsätzlich die Begriffsbestimmungen der vfdb-richtlinie 10/05 sowie der FwDV 500. Die folgenden Definitionen wurden an die Erfordernisse des ABC-Erkundungseinsatzes angepasst bzw. neu vereinbart. ABC-Erkundung ist Teil der Lagefeststellung und bezeichnet das Messen, Spüren und Melden von ABC-Gefahren, die Probenahme, die Kennzeichnung und Überwachung, die Erhebung von Wetterdaten sowie allgemeine Beobachtungen. Analysieren ist mit den Geräten des ErkKW derzeit nicht möglich, auch mit dem IMS (hier RAID 1) ist begründet durch die Querempfindlichkeit keine eindeutige Stoffidentifikation möglich (siehe auch vfdb 10/05). Eine Nuklididentifikation ist mit der radiologischen Ausstattung des ABC-ErkKW nicht möglich, aber für den Einsatzzweck auch nicht notwendig. Dosisrichtwert Da ein Schutz der Einsatzkräfte vor direkter äußerer Gammastrahlung nicht möglich ist, werden Dosisrichtwerte festgelegt, die das Einsatzrisiko in ein zum Einsatzerfolg vertretbares Verhältnis setzen. Einsatzdosis gibt den Wert der Personendosis an, die während des gesamten Einsatzes aufgenommen werden darf Version 1 Februar 2006
8 Erkundungsverfahren (Ergänzung der taktischen Varianten nach vfdb-rl 10/05) - Grenzmessung Eigenständiges Vorgehen unter Nutzung des vorhandenen Wegenetzes aus dem nicht kontaminierten Bereich bis zum Feststellen eines Schwellenwertes, Meldung des geographischen Ortes (der Koordinaten) an die Messleitung und Weiterführung des Auftrages auf möglichst parallelem Weg. Der Schwellenwert ist stoff- und lageabhängig festzulegen, in der Chemie z. B. ETW, AEGL, ERPG, Erstnachweis, in der Radiologie Dosisleistung, Alarm künstlicher Strahlungsanteil. - Eintauchen Eigenständiges Vorgehen mit geeigneter (vorbereiteter) persönlicher Schutzausrüstung unter Nutzung des vorhandenen Wegenetzes aus dem nicht kontaminierten Bereich über den Ort des Schwellenwertes hinaus, Meldung des geographischen Ortes an die Messleitung und Fortführung der Erkundung bis zum Erreichen einer Umkehrgrenze Version 1 Februar 2006
9 - Kreuzen Eigenständiges Vorgehen mit geeigneter (vorbereiteter) persönlicher Schutzausstattung unter Nutzung des vorhandenen Wegenetzes aus dem nicht kontaminierten Bereich über den Ort des Schwellenwertes hinaus, Meldung des geographischen Ortes an die Messleitung und Fortführung der Erkundung bis zum Erreichen eines gegenüberliegenden Punktes, an dem der Schwellenwert unterschritten wird. - Überwachung / Monitoring (stationäre Messstelle) Zur zeitlich begrenzten, kontinuierlichen Überwachung eines Schadengebietes bzw. von vorgegebenen Geländepunkten können stationäre Messstellen eingerichtet werden, an denen in vorbestimmten zeitlichen Abständen die Dosisleistungswerte bzw. die Kontamination für die Dauer einer akuten Gefährdung zu messen sind. Messen Konzentrationsbestimmung beim bekannten Stoff bzw. in der Radiologie die Bestimmung von Ortsdosisleistung und aufgenommener Dosis. Nachweistaktik Spezielle Vorgehensweise zum Nachweis von Gefahrstoffen im konkreten Einsatzfall. Probenahme Sicherstellung von gasförmigen, flüssigen oder festen Stoffen an Einsatzstellen durch Einsatzkräfte/Fachpersonal nach Maßgabe des verantwortlichen Einsatzleiters. Mit dem ABC-ErkKW ist derzeit nur eine behelfsmäßige Probenahme möglich (Notfallprobe) Version 1 Februar 2006
10 Spüren / Detektieren Suche nach freigesetzten Gefahrstoffen zur Ermittlung der von ihnen ausgehenden Gefahren mit einfachen Nachweismöglichkeiten, die eine Ja-Nein-Aussage ermöglichen. Das Spüren kann zu Fuß oder mit Fahrzeugen erfolgen. Spürverfahren siehe Erkundungsverfahren Umkehrdosis Die Umkehrdosis ist die halbe Einsatzdosis (Merkregel). Umkehrgrenze Ein von der Einsatzleitung festgelegter geographischer Punkt, Grenzwert, Konzentration, Dosis oder Ortsdosisleistung. Bei Erreichen der Umkehrgrenze ist ein Erkundungsauftrag, der ein weiteres Eindringen in stärker kontaminiertes Gebiet erfordert, abzubrechen Version 1 Februar 2006
11 3. Einsatztaktik Die ABC-Erkundungskraftwagen sind konzipiert für die Erkundung großflächiger Gefahrenlagen, denn sie ermöglichen in Folge ihrer Beweglichkeit sowie der relativ hohen Stückzahl die flächendeckende Erfassung entsprechender Kontaminationslagen. Die Bewältigung derartiger großflächiger ABC-Gefahrenlagen erfordert ein angemessenes taktisches Vorgehen der Einsatzkräfte. Von besonderer Bedeutung sind dabei die ABC-Erkundungsverfahren. Grundsätzlich können diese sowohl zu Fuß (abgesetzte Messung) als auch fahrzeuggestützt durchgeführt werden. Der große Vorteil der ABC-Erkundungskraftwagen, rasch die Kontamination größerer Gebiete erfassen zu können, würde bei einer abgesetzten Vorgehensweise jedoch verloren gehen. Insofern ist diese Erkundungsart bei großräumigen Gefahrenlagen für den Einsatz von ABC-ErkKW eher von untergeordneter Bedeutung Grenzmessung Die Grenzmessung ist geeignet, schnell die Grenzen eines Gefahrenbereiches 1 bei einer großflächigen Schadstoffausbreitung im zugewiesenen Einsatzraum zu ermitteln und ggf. zu kennzeichnen, die Kräfte einer verhältnismäßig geringen Gefährdung durch ABC-Gefahrstoffe auszusetzen und eine Kontamination der Geräte weitgehend auszuschließen. Nur wenn Grenzwerte für ein gefahrloses Arbeiten ohne Schutzausrüstung vorliegen, wie bei ausgewählten Industriechemikalien (vgl. z. B. ETW- Konzept der vfdb-rl 10/01), kann bis zu einem vorgegebenen Schwellenwert vorgegangen werden. Sonst ist grundsätzlich bei Erstnachweis/Ersterkennung umzukehren (bzw. bei radioaktiven Stoffen bei einer vorgegebenen Dosisleistung) und an anderer Stelle ein erneuter Vorstoß durchzuführen. Gegebenenfalls ist eine Probe zur weitergehenden Analyse zu nehmen. Bei Vorliegen von Kontaminationen mit ABC-Gefahrstoffen ist geeignete Schutzausrüstung zu tragen (z. B. bei chemischen Kampfstoffen (CWA) gasdichter CSA bzw. ein Overgarment). Die Ergebnisse der Grenzmessung ermöglichen die Festlegung von Warngebieten oder von Gebieten, in denen eine ärztliche Nachsorge oder Dekontamination erforderlich werden kann. Sie erlauben aber grundsätzlich keine Aussagen zum Ausmaß der Kontamination innerhalb des betroffenen Areals und insofern auch nur sehr eingeschränkt Prognosen über die Folgen für die betroffene Bevölkerung, die weitere Verdriftung sowie die voraussichtliche Dauer des Ereignisses. Bei Freisetzungen von flüchtigen Gefahrstoffen sind die Ergebnisse von Grenzmessungen insofern zumindest zur Durchführung von Ausbreitungsrechnungen zu unspezifisch. Hinzu kommen hier die rasche Veränderung der Kontaminationsgrenzen infolge schneller Ausbreitung sowie die infolge ungleichmäßiger Ausbreitung nur schwer feststellbare absolute Kontaminationsgrenze. Bei sesshaften Gefahrstoffen (hierzu gehören z. B. viele chemische Kampfstoffe) liefert die Grenzmessung ausreichende Informationen, da die Verdriftung infolge der Sesshaftigkeit wesentlich langsamer sowie bodennah und weitgehend beschränkt auf die Hauptabdriftrichtung erfolgt. Die Grenzmessung empfiehlt sich bei sesshaften Gefahrstoffen sowie radioaktivem Staub im Übrigen auch zur Minimierung der 1 definiert nach FwDV Version 1 Februar 2006
12 Eigenkontamination, da bei diesem Verfahren nicht in stark kontaminiertes Gebiet hineingefahren wird. Bei B-Gefahren wird eine Kontamination vielfach nur an Hand von beobachteten Auffälligkeiten in der Umwelt, z. B. Tierkadavern und ähnlicher äußerer Faktoren ermittelt werden können Eintauchen und Kreuzen Die Verfahren Eintauchen und Kreuzen sind geeignet zur Abschätzung der Gefahrenlage für die Bevölkerung im Gefahrenbereich sowie zur Unterstützung von Ausbreitungsrechnungen und prognosen und zur Probenahme. Das Eintauchen bzw. Kreuzen führt in stärker kontaminiertes Gebiet. Es erfordert daher zumindest Atemschutz. Bei Überschreitung kritischer Konzentrationen von Industriechemikalien bzw. vermuteter CWA-, B- oder A-Kontamination ist darüber hinaus geeignete Schutzkleidung erforderlich. Eine messtechnisch gut feststellbare Umkehrgrenze besteht für das Eindringen bei radioaktiver Kontamination. Hier sind die Umkehrdosisleistung sowie die Einsatzdosis zu beachten (Strahlungsaufnahme auf Rückweg beachten!). Die ABC-Erkundungskraftwagen sind für Eintauchen und Kreuzen nicht konzipiert. Infolge der erheblichen Kontaminationsgefahr sowie der Gefährdung der Einsatzkräfte ist ein solches Vorgehen sorgfältig abzuwägen! Hierbei ist unbedingt eine Dekontamination der Einsatzkräfte sicherzustellen. Ein Eintauchen in ein kontaminiertes Gebiet bzw. Durchstoßen ist nicht sinnvoll, wenn von einer relativ gleichmäßigen Kontamination ausgegangen werden kann. Dies gilt umso mehr, als die Erkundungsfahrzeuge nach solchen Einsätzen im kontaminierten Gebiet verbleiben bzw. aufwendig innen und außen dekontaminiert werden müssen. Eine begrenzte Weiternutzung ist zwar grundsätzlich durch Tausch der Besatzungen möglich, doch bleibt das Problem der Dekontamination der Besatzungen (der ABC-ErkKW ist nicht gasdicht ausgeführt), der geringen Einsatzzeiten bei Verwendung von Pressluftatemgeräten (PA) und Chemikalienschutzanzügen (CSA). Bei Kontaminationen mit nicht sesshaften Gefahrstoffen, wie vielen Industriechemikalien, ist das Eintauchen demgegenüber ein effizientes Verfahren, um die bestehende Kontamination ermitteln und eine Gefährdungsabschätzung durchführen zu können. Insbesondere das Kreuzen eignet sich dabei zur Ermittlung der Daten für Ausbreitungsrechnungen. Zur Probenahme ist entsprechende Schutzausrüstung zu tragen, wobei diese im nicht kontaminierten Gebiet anzulegen ist. Dabei sind Kontaminationsverschleppungen zu vermeiden. Dies gilt auch für die Rückkehr in nicht kontaminiertes Gebiet, zur EL bzw. zum Stationierungsort. Grundsätzlich ist bei Einsätzen mit ABC-Gefahrstoffen beim Verlassen des Gefahrenbereichs, ein Dekon-Platz zu durchlaufen. Sollte kein Dekon-Platz zur Verfügung stehen, ist eine behelfsmäßige Dekontamination mit Mitteln des ABC- ErkKW durchzuführen. Kontaminierte Ausrüstung verbleibt im kontaminierten Gebiet Version 1 Februar 2006
13 3.3. Markieren Die Grenzen eines kontaminierten Gebietes bzw. des Gefahrenbereiches sind mit geeigneten Mitteln zu kennzeichnen. Dies soll verhindern, dass ungeschützte Einsatzkräfte oder Personen aus der Bevölkerung das Gebiet betreten und sich gefährden oder dass Kontaminationen verschleppt werden. Eine Kennzeichnung sollte an wichtigen Zufahrtsstraßen und wegen ins kontaminierte Gebiet, insbesondere Gebiete mit längerfristiger Kontamination erfolgen. Durch luftgetragene C-Gefahrstoffe ( Schadstoffwolken ) gefährdete Gebiete werden nicht gekennzeichnet, sondern ggf. durch Ordnungskräfte gesperrt. Die Kennzeichnung sollte in der Regel durch andere Kräfte/Einheiten erfolgen, um den/die ErkKW nicht von der Fortführung der Messaufgabe abzuhalten Sektoreneinteilung Für die großräumige Erkundung ist eine Einteilung des Gebiets in mehrere Sektoren sinnvoll. Die Messfahrzeuge bekommen einzelne Sektoren zugewiesen und können den Erkundungsauftrag zügig beginnen. Beispielhaft ist die Sektoreneinteilung in der Umgebung kerntechnischer Anlagen im Folgenden abgebildet Zentralzone Radius 2 km 10 4 Mittelzone Radius 10 km Außenzone Radius 25 km Sektor 3.5. Fahrgeschwindigkeit bei der Erkundung Bei Erkundungsfahrten ist die Fahrgeschwindigkeit zu begrenzen. Neben der Aufwirbelung der Materialien ist hierbei die Reaktionszeit des Messsystems zu beachten, da es bei höherer Fahrgeschwindigkeit zu einem stärkeren Überfahren der Schwellenwertgrenze kommen kann. Besonders kritisch ist dies für den Nachweis von sesshaften Gefahrstoffen, weshalb bei der Grenzmessung sowie beim Eintauchen Schrittgeschwindigkeit zu empfehlen ist. Beim Eintauchen sind infolge ohnehin eintretender Kontamination sowie großräumigen Kontaminationen lageabhängig auch höhere Geschwindigkeiten möglich (z. B km/h bei C- Lagen, bis 50 km/h bei A-Lagen mit Flächenkontamination). Bei flüchtigen Gefahrstoffen, wo es v. a. das Überfahren ungleichmäßiger Kontaminationen zu Version 1 Februar 2006
14 vermeiden gilt, sollten Richtgeschwindigkeiten von etwa 10 km/h nicht überschritten werden. Der Begrenzung der Geschwindigkeiten im Erkundungseinsatz stehen allerdings der hohe Informationsbedarf und die begrenzte Zahl an Messfahrzeugen entgegen. Hinzu kommt z. B. bei radiologischen Kontaminationen die aufenthaltsbezogene Abhängigkeit der Dosisaufnahme. Entsprechend sind einsatzbezogene Abwägungen zwingend Probentransport Die gesammelten Proben können mit den auf dem ABC-ErkKW befindlichen Behältnissen aus dem Erkundungsgebiet heraus transportiert werden und an andere Einheiten bzw. das Untersuchungslabor übergeben werden. Eine Verschleppung von Kontaminationen muss weitgehend ausgeschlossen werden, z. B. durch eine behelfsmäßige Dekontamination. Der Transport von größeren Mengen chemischer Gefahrstoffe bzw. von radioaktiven Quellen ist kein Probentransport und damit nicht Aufgabe der Erkundungseinheiten. Die ABC-ErkKW bieten keine Möglichkeit, radioaktive Quellen ohne Gefährdung für die Fahrzeugbesatzung zu transportieren. Der Abtransport muss durch die dafür zuständigen Stellen veranlasst werden Version 1 Februar 2006
15 4. Beispiele für die Einbindung der ABC-ErkKW in die Führungsstufen Neben den alltäglichen Gefahren durch ABC-Gefahrstoffe muss auch der Einsatz von ABC-Kampfmitteln in einsatztaktische Überlegungen der Gefahrenabwehr integriert werden. Dazu müssen Verfahren implementiert werden, die sowohl in der alltäglichen Gefahrenabwehr als auch in diesen speziellen Lagen eine Bewältigung des Einsatzes möglich machen. Denn nur Verfahren und Taktiken, die ständig eingeübt werden (im Alltagseinsatz) werden auch in speziellen Einsatzlagen und bei Großschadensereignissen den gewünschten Erfolg haben. Bezogen auf den ABC-Einsatz und die ABC-ErkKW bedeutet dies, dass eine Einbindung dieser Fahrzeuge in die alltägliche Gefahrenabwehr zwingend erforderlich ist. Bei einsatztaktischen Überlegungen muss deshalb vom Alltäglichen zum Besonderen vorgegangen werden. Die Erfassung von Messergebnissen erfolgt über die Messtechnik des ABC-ErkKW oder anderer Messfahrzeuge. Für eine Weiterverarbeitung und Auswertung dieser Messergebnisse sind derzeit keine einheitlichen Strukturen vorhanden. In den einzelnen Ländern gibt es nur in begrenztem Umfang Institutionen, die in der Lage sind, Schadstofffreisetzungen auszuwerten und graphische Vorhersagen zu erstellen. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, eine Einrichtung zu installieren, die in der Lage ist, diese Aufgaben zu übernehmen die Messleitkomponente (MLK). Diese Messleitkomponente hat die Aufgabe, die Erkundungseinheiten zu führen, Messergebnisse zusammenzufassen, für den Einsatz vorläufig zu bewerten und diese ggf. grafisch aufzubereiten. Die MLK führt keine eigenen Messungen durch. Die MLK kann sowohl stationär (ortsfest) als auch mobil in einem Fahrzeug untergebracht sein (z. B. ELW). Diese Aufgaben zusammen mit dem Aufwachsen des Einsatzes vom normalen Gefahrstoffeinsatz bis zum Großschadensereignis lassen ein vierstufiges Führungssystem (angelehnt an die Feuerwehrdienstvorschrift 100) sinnvoll erscheinen. Grundsätzlich können bei dem Einsatz des ABC Erkundungskraftwagens zwei Situationen unterschieden werden, die sich dann noch weiter entwickeln können. (I) Bis zu 5 ABC-Erkundungskraftwagen können von einer MLK geführt werden. Ein Einsatzabschnitt Messen ist hierbei nicht zwingend. Kommt es zur Bildung eines Einsatzabschnittes Messen, kann der Leiter der Messleitkomponente auch Leiter des Abschnittes Messen sein. (II) ABC Erkundungskraftwagen werden in großer Stückzahl benötigt. Mehrere Messleitkomponenten kommen zum Einsatz und werden unter einem Abschnitt Messen geführt. Hierbei ist es nicht mehr möglich, den Leiter einer Messleitkomponente in Personalunion die Führung des Abschnitts Messen übernehmen zu lassen (siehe hierzu auch die folgenden Abbildungen I und II). Die Abschnittsleitung Messen hat hier den Einsatz der nachgeordneten MLK zu koordinieren Version 1 Februar 2006
16 Es handelt sich im Folgenden um eine allgemeine Rahmenempfehlung, die von den einzelnen Ländern nach jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden muss. Einbindung der ABC-Erkundungskomponenten in eine Führungsstruktur (I) Leitstelle Einsatzleitung Einsatzabschnitt Messen MLK ABC-ErkKW 1 ABC-ErkKW 2 ABC-ErkKW Version 1 Februar 2006
17 Einbindung der ABC-Erkundungskomponenten in eine Führungsstruktur (II) Einsatzleitung Abschnitt 1 Abschnitt 2 Abschnitt Messen Unterabschnitt 1 Unterabschnitt 2 MLK 1 MLK 2 MLK 5 ABC-ErkKW 1 ABC-ErkKW 2 ABC-ErkKW Version 1 Februar 2006
18 4.1. Beispiele für die Einbindung der MLK und der ABC-ErkKW in die Führungsstufen Abweichend von der FwDV 100 werden bei den Führungsstufen anstelle der Buchstaben A, B, C, D Ziffern verwendet, um eine Verwechslung mit atomar (A), biologisch (B) und chemisch (C) zu vermeiden. Führungsstufe 1 In Stufe 1 wird der lokal begrenzte Einzelfahrzeugeinsatz dargestellt. Diese Stufe umfasst den alltäglichen Gefahrstoffeinsatz, in dem der ABC-ErkKW wie ein Gerätewagen Messtechnik oder ein beliebiges Messfahrzeug eingesetzt wird. Für diese Einsätze kann der ABC-ErkKW noch mit ortsüblicher Messtechnik ergänzend ausgestattet werden. Die Führung erfolgt auch hier bereits über die MLK. Dies erfordert bei der Alarmierung eine gleichzeitige Alarmierung von MLK und Messfahrzeugen. Die MLK besteht aus mindestens einer fachkundigen Person und kann zu einer Gruppe oder einem Stab aufwachsen. Das formale Vorhandensein einer MLK auch bei Einsatz nur eines Erkundungsfahrzeuges erleichtert das Aufwachsen und übt die Abläufe bereits im alltäglichen Einsatz. Leitstelle Einsatzleitung MLK ABC-ErkKW Version 1 Februar 2006
19 Führungsstufe 2 Bei der Stufe 2 handelt es sich um die Führungsstruktur, die für größere Schadensereignisse mit Chemikalienfreisetzung / Brand innerhalb einer Kommune am wahrscheinlichsten ist. Hierbei kann die MLK den zu bildenden Einsatzabschnitt Messen führen. Ungeachtet der konkreten Anzahl von Messfahrzeugen (bis zu fünf) und deren personeller Besetzung kann der Führer der MLK auch als Abschnittsleiter Messen fungieren. Die Anzahl fünf dürfte hierbei die Obergrenze sein, da bedingt durch die Messtechnik/ Messanordnung des ABC-ErkKW eine sehr große Datenmenge anfällt. Die Datenübertragung, das geeignete Übertragungsmedium sowie evtl. eine Auswahl von Daten zur Übertragung wird gesondert geregelt werden. Die ABC-ErkKW melden zentral an die MLK, die die Messergebnisse sammelt, bewertet und an den Abschnittsleiter weiterleitet. Hierbei sollten nicht alle Messergebnisse an die Einsatzleitung weitergegeben werden. Leitstelle Einsatzleitung Einsatzabschnitt Messen MLK ABC-ErkKW 1 ABC-ErkKW 2 ABC-ErkKW Version 1 Februar 2006
20 Führungsstufe 3 Bei der Stufe 3 handelt es sich um die Führungsstruktur, die z. B. für ein überörtliches Schadensereignis häufig Verwendung finden wird. Dabei besteht ein erhöhter Koordinationsbedarf bzw. es sind mehrere Kommunen betroffen. Zur Abarbeitung eines solchen Ereignisses muss auf Fachbehörden und andere Stellen zurückgegriffen werden. Es wird ein Abschnitt Messen gebildet, in dem bis zu fünf MLK geführt werden können. Unter jeder Messleitkomponente können dann jeweils 5 ABC ErkKW zusammengefasst werden. Der Leiter des Abschnittes Messen ist nach Landesrecht zu definieren. Die Datenübertragung, das geeignete Übertragungsmedium sowie evtl. eine Auswahl von Daten zur Übertragung wird gesondert geregelt werden. Leitstelle Einsatzleitung Fachbehörden Führungsgruppe Abschnitt Abschnitt Abschnitt Messen MLK 1 MLK 2 MLK 5 ABC-ErkKW 1 ABC-ErkKW Version 1 Februar 2006
21 Führungsstufe 4 Stufe 4 ist die oberste Stufe. An der Spitze steht hierbei die politisch gesamtverantwortliche Instanz. Diese gesamtverantwortliche Instanz ist je nach Größe des Schadensereignisses und der Struktur des betroffenen Landes unterschiedlich. (Als oberste Instanz sind die IM der Länder und nachgeordnet die Bezirksregierungen, ADD usw. soweit vorhanden - zu sehen.). Bei länderübergreifenden Ereignissen und entsprechenden Szenarien könnten hier auch zentrale Einrichtungen wie die Interministerielle Koordinierungsgruppe und das GMLZ eine Rolle spielen. Ab Stufe 2 werden insbesondere die MLK verstärkt gefordert sein, da bedingt durch die eingehende Datenflut alle Ergebnisse gebündelt und in Übersichtsdarstellungen umgearbeitet werden müssen. Dies gilt umso mehr ab Führungsstufe 3, d.h. bei Installation mehrerer MLK in einem Abschnitt Messen. Politisch Gesamtverantwortlicher Administrativ-organisatorische Komponente Operativ-taktische Komponente Abschnitt 1 Abschnitt 2 Abschnitt Messen Unterabschnitt Unterabschnitt MLK 1 MLK 2 MLK 5 ABC-ErkKW 1 ABC-ErkKW 2 ABC-ErkKW 5 ABC-ErkKW Version 1 Februar 2006
22 5. Die Messleitkomponente Im vorherigen Kapitel wurde die Messleitkomponente (MLK) aus einsatztaktischen Gründen für sinnvoll und notwendig erachtet, um effiziente Einsätze von ABC-ErkKW in unterschiedlicher Anzahl zu gewährleisten. Im Folgenden werden die Aufgaben, Funktionalitäten und notwendigen Hilfsmittel beschrieben, die eine MLK erfüllen muss Aufgaben der Messleitkomponente Die Messleitkomponente hat die Aufgabe, die Messergebnisse zusammenzufassen, für den Einsatz vorläufig zu bewerten und grafisch aufzubereiten. Sie ist in der Lage, unterschiedliche Messkomponenten (ABC-ErkKW, GW-Mess usw.) zu führen. Sie fungiert als Auswerte- und Leitkomponente. Die MLK führt keine eigenen Messungen durch. Bei Einsatz eines oder mehrerer ABC-ErkKW ist sicherzustellen, dass fachkundiges Personal für die Auswertung und Bewertung der Messergebnisse zur Verfügung steht. Bei Alarmierung des ABC-ErkKW ist deshalb auch gleichzeitig eine Auswertekomponente (MLK) zu alarmieren bzw. zu besetzen. Die MLK kann sowohl stationär (ortsfest) als auch mobil in einem Fahrzeug untergebracht sein. Sie besteht aus mindestens einer fachkundigen Person und kann zu einer Gruppe oder einem Führungsgremium mit Stabsstrukturen aufwachsen. Die MLK kann durch entsprechende Fachberater (z. B. Experten aus Wissenschaft, Industrie und Technik) ergänzt werden. Diese müssen nicht zwingend vor Ort sein, sondern können auch telefonisch eine Bewertung durchführen. Dem Personal der MLK ist entsprechende technische Ausstattung zur Auswertung und Unterstützung bei der Lageerfassung zur Verfügung zu stellen. Bei Bedarf können die Komponenten durch Landesausstattung ergänzt werden. Kommen mehr als fünf ABC-ErkKW zum Einsatz, werden weitere Messleitkomponenten installiert. Diese werden durch eine übergeordnete Abschnittsleitung Messen geführt. Die Abschnittsleitung hat dann die Aufgabe, die durch die einzelnen MLK aufbereiteten Messwerte zusammenzufassen und eine Gesamtlage darzustellen sowie die entsprechenden Lagemeldungen und Einsatzvorschläge an die übergeordnete Führungsebene (z. B. Einsatzleitung) weiterzuleiten Ablauf des Einsatzes: Der ABC-ErkKW wird über die Leitstelle alarmiert und durch die Abschnittsleiter Messen geführt. Die Ergebnisse werden an die Auswertestelle (MLK) übermittelt. Ablauf nach Alarmierung: MLK: Arbeitsbereitschaft herstellen ABC-ErkKW: Erkundungsbereitschaft herstellen Erteilung des Erkundungsbefehls durch die MLK an den/die ABC-ErkKW Kontinuierliche Messung während der Anfahrt und an der Einsatzstelle durch den ABC-ErkKW Möglichst kontinuierliche Messdaten-Übertragung an die MLK Auswertung und Bewertung durch die MLK und Ableitung von Einsatzvorschlägen und deren Übermittlung an die übergeordnete Führungsebene Version 1 Februar 2006
23 Installation einer übergeordneten Abschnittsleitung Messen mit der Aufgabenstellung der Koordinierung des Erkundungseinsatzes bei einem Einsatz von mehreren MLK. Die Abschnittsleitung Messen übernimmt die Erfassung, Auswertung und Weiterleitung der aufbereiteten Daten an die übergeordnete Führungsebene Mindestanforderung an die technische Ausstattung der MLK Die Messleitkomponente muss die folgende technische Unterstützung bieten: rechnergestützte automatisierte Auswerteeinheit Datenfernübertragung (DFÜ), möglichst kontinuierlich Datenbankanbindung/Nachschlagewerke (z. B. ABC-Gefahrstoffdatenbank) Prognosemodelle (Ausbreitungsrechnungen) für die Bereiche A, B, C Wetterdatenanbindung optimale Vernetzung mit anderen bestehenden Informationssystemen rechnergestützte Empfangseinheit rechnergestützte Lagedarstellungseinheit (Visualisierung der Messdaten und ihres zeitlichen und örtlichen Verlaufs) Funkausstattung mit zwei Kanälen (Führungs- und Arbeitskanal) Möglichkeit der drahtgebundenen Kommunikation zur übergeordneten Führungsebene zusätzliches Softwaremodul zum Einsatz der MLK als Abschnittsleitung Messen Kartenmaterial (in elektronischer und in Papierform) Arbeitsfläche (u. a. auch für Kartenbenutzung) Diese Auflistung ist nicht abschließend, die genaue Ausstattung wird durch die technische Entwicklung der nahen Zukunft sowie durch die Ergebnisse von Untersuchungen und Pilotprojekten während der Konzeptionsphase bestimmt. Neben den technischen Möglichkeiten muss auch eine Rückfallebene bei Ausfall der Technik vorgehalten werden Mindestanforderung an das Personal der MLK Personell sind für die MLK vier Stellen einzuplanen (1 Leiter und 3 Auswerter). Je nach Einsatzlage kann die Personalstärke abweichen. Dabei sollte der Leiter als Mindestanforderung die Zugführer-Ausbildung (F IV / B IV) sowie ABC 1 und 2 (Lehrgänge gemäß FwDV 2) besitzen. Zusätzlich muss das noch zu definierende Ausbildungsmodul MLK belegt werden. Das Curriculum für die Ausbildung MLK wird gesondert nach der Konzeptionierung der MLK erstellt. Die Auswerter besitzen eine Feuerwehrgrundausbildung, die Ausbildung ABC 1 gemäß FwDV 2 sowie ebenfalls zusätzlich das noch zu definierende Ausbildungsmodul MLK. Das Personal der MLK kann durch Fachberater unterstützt werden. Das Führen der Erkundungseinheiten übernimmt weiterhin der Leiter MLK, da der Fachberater nicht zwingend ein Feuerwehrangehöriger ist Version 1 Februar 2006
24 ANHANG Abkürzungsverzeichnis ABC-ErkKW ABC-Erkundungskraftwagen ADD Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion AEGL Acute Exposure Guideline Levels AFKzV Ausschuss für Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung AGBF-NRW Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren in Nordrhein-Westfalen AK V Arbeitskreis V Feuerwehrangelegenheiten, Rettungswesen, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung der Ständigen Konferenz der Innenminister und senatoren der Länder BKS Brandschutz- und Katastrophenschutzschule CSA Chemikalienschutzanzug CWA Chemical Warfare Agents DFÜ Datenfernübertragung EL Einsatzleitung ELW Einsatzleitwagen ETW Einsatztoleranzwert ERPG Emergency Response Planning Guidelines FwDV Feuerwehrdienstvorschrift GMLZ Gemeinsames Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern IM Innenminister MLK Messleitkomponente PA Pressluftatmer PSA Persönliche Schutzausrüstung RL Richtlinie TEL Technische Einsatzleitung vfdb Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.v Version 1 Februar 2006
25 Verwendete Literatur AGBF-NRW: ABC-Erkundung strategische und taktische Konzepte, Düsseldorf, September 2003 Freie und Hansestadt Hamburg, Feuerwehr, Arbeitskreis Spüren und Messen, Entwicklung eines Einsatzkonzeptes zum Messen und Spüren bei atomaren, biologischen und chemischen Stoffen. Ablaufdarstellung in einem Flussdiagramm mit einer Taschenkarte und standardisiertem Probennahme - und Laborprotokoll, Version 3 vom Dipl.-Ing. Torsten Hinsche, Es ist ein Konzept zu entwickeln, wie das vom Bund zur Verfügung gestellte ABC-Erkundungsfahrzeug in die allgemeine Taktik der Gefahrenabwehr der Feuerwehren integriert werden kann. Hausarbeit im Rahmen der Staatsprüfung für den höheren feuerwehrtechnischen Dienst, Landesfeuerwehrverband Sachsen e.v. Rahmenempfehlung 002 Führungsorganisation und Führungsmittel für Feuerwehreinsätze mit gefährlichen Stoffen und Gütern Frank Schuppe, Taktisches Konzept für den Einsatz der ABC-ErkKW, Jahresforschungsbericht IdF LSA Heyrothsberge, 2003 FwDV 100: Führung und Leitung im Einsatz, Führungssystem, Ausgabe März 2003 FwDV 500: Einheiten im ABC-Einsatz, Stand Vfdb RL 10/01: Bewertung von Schadstoffkonzentrationen im Feuerwehreinsatz, März 2003 Vfdb RL 10/05 Teil2: Nachweistaktik, Entwurf März 2003 Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen,GMBL 1999,Nr.28/29 Technische Kurzbeschreibung des ABC-ErkKW, ZfZ im BVA, Stand 2002 Internetauftritt des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Version 1 Februar 2006
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