Liberalisierung in der Unfallversicherung
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- Maja Schneider
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1 Liberalisierung in der Unfallversicherung Von Lucius Dürr Direktor des Schweizerischen Versicherungsverbandes Medienkonferenz, 25. Januar 2006 Sehr geehrte Damen und Herren Präsident Albert Lauper hat es bereits erwähnt. Die obligatorische Unfallversicherung ist ein bedeutender Geschäftszweig der privaten Unfallversicherer. Es versteht sich deshalb von selbst, dass der Schweizerische Versicherungsverband der Revision des Unfallversicherungsgesetzes besondere Aufmerksamkeit schenkt. Er wird sich dafür einsetzen, dass seine Mitgliedgesellschaften liberalere Rahmenbedingungen vorfinden werden. Noch befindet sich die Gesetzesrevision in einem frühen Stadium. Eine Expertenkommission des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) erarbeitet seit März 2005 die Grundlagen. Sie wird dem Bundesrat noch diesen Winter ihren Bericht abliefern. Mit der anstehenden Gesetzesrevision eröffnet sich die Chance für mehr Wettbewerb in der Unfallversicherung. Wir sind überzeugt, dass in einem funktionierenden Markt echter Wettbewerb langfristig immer zu Effizienzgewinnen führt. Dies liegt ganz klar im Interesse einer effizienten, modernen Sozialversicherung. Was bedeutet dies konkret für die Revision? Erstens müssen gesellschaftsindividuelle Tarife eingeführt werden und die Rahmenbedingungen des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) entsprechend angepasst werden. Seit Einführung des UVG im Jahre 1984 wenden die privaten Unfallversicherer nämlich einen Gemeinschaftstarif an. Zweitens braucht es eine klare gesetzliche Abgrenzung zwischen den Tätigkeitsbereichen der Suva und den privaten Versicherern.
2 Der SVV will den vom ursprünglichen UVG-Gesetzgeber gewollten Zustand wieder herstellen. Wir akzeptieren nicht, dass die Teilmonopolanstalt ihr Tätigkeitsfeld zulasten der privaten Versicherungswirtschaft ausdehnt. 24 private Unfallversicherer und acht anerkannte Krankenkassen bilden heute einen unverzichtbaren Pfeiler in dieser Sozialversicherung. Sie haben klar bewiesen, dass sie die Unfallversicherung effizient durchführen. Sie versichern über eineinhalb Millionen vollbeschäftigte Personen aus über 70 Prozent aller Unternehmungen in der Schweiz. Sie haben im Jahr 2004 fast 300'000 Versicherungsfälle bearbeitet. Sie haben im Jahr ,191 Milliarden Franken an Nettoprämien eingenommen und 1,209 Milliarden Franken an Leistungen erbracht. Diese Gesellschaften stellen zudem hochwertige Arbeitsplätze zur Verfügung, was ihre volkswirtschaftliche Bedeutung noch zusätzlich unterstreicht. Wir haben eine legitime Grundlage, um unsere Forderungen in die Revision des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung einzubringen. Liberalisierung der Prämientarife Seit Einführung des UVG im Jahre 1984 wenden die Privatversicherer einen Gemeinschaftstarif an. Der SVV hat dazu seinen Mitgliedgesellschaften jedes Jahr einen Nettoprämientarif empfohlen. Das ist jener Teil der Gesamtprämie, der sich auf die Leistungserbringung an die Versicherten bezieht. Im Bereich der Verwaltungskosten ist bereits im Jahre 1996 Wettbewerb eingeführt worden. Im vergangenen Jahr verpflichtete sich der SVV gegenüber der Wettbewerbskommission (Weko), künftig keine weiteren Nettoprämientarife mehr zu empfehlen. Das bedeutet, dass die einzelnen privaten Unfallversicherer auf den 1. Januar 2007 je einen eigenen UVG- Tarif einführen werden und damit der Wettbewerb im UVG ganz wesentlich verstärkt wird. Dieser echte Wettbewerb schafft auch die Grundlage für Innovation in diesem Versicherungszweig. Noch ist das Bundesgesetz über die Unfallversicherung allerdings auf einen Gemeinschaftstarif ausgelegt. Damit der intensivierte Wettbewerb reibungslos funktioniert, müssen in der UVG-Revision gewisse Rahmenbedingungen angepasst werden. Diese möchte ich ganz kurz erläutern. Das Anhörungsverfahren ist durch die Kündigungsmöglichkeit der Betriebe zu ersetzen. Im heutigen Gesetz ist eine Anhörungspflicht für Tarifänderungen vorgesehen. Diese verlangt, dass die Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber vor geplanten 2
3 Tarifanpassungen angehört werden müssen. Nach der Einführung von gesellschaftsindividuellen Tarifen ist eine Anhörungspflicht nicht mehr sinnvoll, denn die Flut von Anhörungsverfahren könnte von den betroffenen Verbänden kaum bewältigt werden. Im Gegenzug muss den versicherten Betrieben eine Kündigungsmöglichkeit bei Tarifänderungen eingeräumt werden. Der bestehende Fonds zur Sicherung der künftigen Renten muss gesetzlich verankert werden. Die privaten Unfallversicherer haben auf den Zeitpunkt der Inkraftsetzung des UVG im Jahre 1984 einen Fonds zur Finanzierung der künftigen Renten geschaffen. Nur damit bleibt die gemeinschaftliche und kostengünstige Finanzierung der Teuerung aufrechterhalten. Dieser Fonds ist jedoch heute noch nicht gesetzlich verankert. Es muss eine Ereignislimite eingeführt werden, damit die Versicherer die Risiken in der Unfallversicherung berechnen können. Katastrophen jeglicher Art können zu einem nach oben unbegrenzten Aufwand für die Versicherer führen und deren Solvenz gefährden. Das UVG sieht jedoch für solche Ereignisse keine Beschränkung der Leistungspflicht vor. Wir beantragen eine Ereignislimite, die für alle Versicherer zusammen 500 Millionen Franken beträgt. Diese von uns vorgeschlagene Lösung orientiert sich an der bestehenden Lösung in der Elementarschaden-Versicherung. Gewinne in der Unfallversicherung müssen möglich sein. Das Prinzip der Mehrfachträgerschaft in der Unfallversicherung setzt voraus, dass die privaten Unfallversicherer ihr Geschäft nach privatrechtlichen Grundsätzen betreiben und damit Gewinne erzielen können. Wenn der Aktionär Risikokapital zur Verfügung stellen soll, muss er auch angemessen entschädigt werden. Das private Unternehmertum basiert darauf, dass Gewinne generiert werden können. Dies ist der Antrieb, unternehmerisch tätig zu werden, sich dem Wettbewerb zu stellen und durch stetige Innovation besser und effizienter zu werden. Letztere ist der beste Garant für eine gute und effiziente Sozialversicherung. Klare Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche Neben der Liberalisierung der Prämientarife und der genannten Anpassungen von verschiedenen Rahmenbedingungen hat der SVV ein weiteres zentrales Anliegen. Es gilt, den Tätigkeitsbereich der Suva im Rahmen der laufenden UVG-Revision gesetzlich so klar und präzise wie nur möglich von demjenigen der übrigen Versicherer abzugrenzen. Die heutige Situation ist völlig unbefriedigend und für die Privatversicherer inakzeptabel. Die Suva ist 3
4 nämlich dazu übergegangen, ihren Zuständigkeitsbereich auf Kosten der Privatversicherer extensiv auszulegen und Betriebe des dritten Sektors zu versichern. Beispiele sind einzelne Fotogeschäfte, Radio- und Fernsehgeschäfte, Werbe- und Grafikbetriebe, Sportgeschäfte oder Inndendekorationsbetriebe. Jüngstes Beispiel ist die gross angelegte Unterstellungsaktion der Suva bei den Optikerbetrieben. Dies deshalb, weil die Optiker in der Regel über eine kleine Schleifmaschine verfügen, mit der sie die Brillengläser an das vom Kunden gewünschte Brillengestell anpassen. Die unglücklich formulierte Unterstellungsnorm im UVG ermöglicht es der Suva, ihren Tätigkeitsbereich praktisch beliebig auszudehnen. Sie hält nämlich fest, dass Betriebe, die Metall, Holz, Kork, Kunststoffe, Stein oder Glas maschinell bearbeiten, in den Zuständigkeitsbereich der Suva fallen. Mit den gleichen Argumenten, mit denen die Suva die Optikerbetriebe per Verfügung unterstellt hat, kann sie weitere Betriebe versichern, die über einen ganz kleinen Maschinenpark verfügen, der von jedem Hobbybastler übertroffen wird. Der Schweizerische Optikerverband (SOV) hat übrigens beim Bundesrat eine Wiederzuteilung der Augenoptikergeschäfte zu den Privatversicherern beantragt. Gründe sind die langjährigen Vertragsverhältnisse mit den Privatversicherern und die höheren Prämien, die sie bei der Suva zahlen müssen. Die Praxis der Suva wird vom Eidgenössischen Versicherungsgericht (EVG) geschützt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung kann vor dem Hintergrund der unglücklich formulierten Unterstellungsnorm nur insofern kritisiert werden, als sie dem Willen des historischen Gesetzgebers in keiner Art und Weise Rechnung trägt. Dieser hat sich bei der Einführung des erweiterten UVG-Obligatoriums auf den Dienstleistungssektor im Jahr 1984 für eine Beibehaltung des damaligen Zustands ausgesprochen. Der dritte Sektor sollte weiterhin von den privaten Unfallversicherern versichert werden. Die gegenwärtigen Abgrenzungsprobleme lassen sich durch eine Präzisierung des Artikels 66 UVG lösen. Dabei strebt der SVV keine Einschränkung des Zuständigkeitsbereiches der Suva an. Er will lediglich den vom ursprünglichen UVG-Gesetzgeber gewollten Zustand wieder herstellen. Eine Zulassung der Suva zu weiteren Geschäftsfeldern bei Beibehaltung des Teilmonopols lehnt der SVV strikte ab. Engagement in der Unfallprävention Zum Schluss möchte ich auf einen Punkt zu sprechen kommen, der wenig spektakulär, für die Versichertengemeinschaft aber von grosser Bedeutung ist: die Unfallprävention. Die 4
5 hohe Zahl von Nichtberufsunfällen und der stark gestiegene Schadenaufwand pro Unfall lassen der Prävention einen hohen Stellenwert zukommen. Alleine die volkswirtschaftlichen Kosten der Freizeitunfälle belaufen sich auf rund 11,5 Milliarden Franken pro Jahr. Das sind vier Prozent des Bruttoinlandprodukts. Der SVV blickt auf ein langes Engagement in der Unfallprävention im Freizeitbereich zurück und setzt dort an, wo es Weh tun kann. Am Kopf beispielsweise, wie das Inserat unserer Kampagne «Monday Night Light» zeigt. Wir haben mit dieser Kampagne die Teilnehmer von «Monday Night Skate» letzten Sommer dazu animiert, immer mit Schutzausrüstung und Beleuchtung zu skaten. Die Finanzierung der Präventionsaktivitäten für die Freizeitsicherheit erfolgt über Prämienzuschläge der Nichtberufsunfallversicherung und der Motorfahrzeug- Haftpflichtversicherung. Der SVV führt eigene Projekte durch und arbeitet eng mit der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu), dem Fonds für Verkehrssicherheit (FVS) und mit weiteren Präventionsinstitutionen zusammen. Ich möchte speziell auf die Kampagne «Enjoy sport protect yourself» aufmerksam machen. Ziel ist, die Tragquote von adäquater Schutzausrüstung in populären Winter- und Sommersportarten markant zu erhöhen. Es ist nicht einfach Zufall, dass bereits jeder Dritte Wintersportler auf der Piste einen Skihelm trägt. Die Kampagne der bfu und des SVV läuft seit fast drei Jahren und ist ein voller Erfolg. Die privaten Unfallversicherer sind ein nicht wegzudenkender Partner in der Unfallversicherung. Wir setzen uns in der laufenden Revision für echten Wettbewerb ein, dessen Stärken auch im UVG für eine Liberalisierung sprechen. In einem funktionierenden Markt führt echter Wettbewerb langfristig immer zu Effizienzgewinnen. Wir fordern zudem, dass die Tätigkeitsbereiche zwischen den privaten Versicherern und der Suva gesetzlich klar geregelt werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 5
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