Ein paar Worte zur Fraktur unter Berücksichtigung der Umsetzung mit LaTeX

Transkript

1 Ein paar Worte zur Fraktur unter Berücksichtigung der Umsetzung mit LaTeX Gregor Barth v2.07 vom 30. April ALLGEMEINES ZUR FRAKTUR UND IHREM SATZ 1.1 Vorwort Zusammenstellungen über den»richtigen«satz der Frakturschrift sind im Internet zahlreich vertreten; an dieser Stelle fasse ich die meiner Meinung nach wichtigsten Aspekte zusammen und offeriere außerdem eine Vorteil/Nachteil-Betrachtung bei der Nutzung der Fraktur eine Auflistung, die meiner Kenntnis nach viel zu selten geschrieben steht. Dessen ungeachtet werbe ich nicht dafür, der Frakturschrift wieder zu größerer Verbreitung zu verhelfen oder gar zum generellen Ersatz der heute global verwendeten Antiqua-Schriften! Zweifelsohne gehört die Fraktur in die Vergangenheit, kann jedoch für besondere Textarten dennoch reizvoll sein. Gebrochene Schriften, worunter die Fraktur (Fraktura) neben der Textur (Gotische Schrift, Textura), Rundgotischen (Rotunda) und Schwabacher nur eine ist (und keinesfalls das Synonym für»gebrochene Schriften«!), mögen nach Ansicht einiger Leute erheblich aus der Mode gekommen sein. Spätestens seit dem Fraktur-Verbot von 1941 im faschistischen Deutschland wurde die Fraktur im europäischen Raum durch die Antiqua-Schriftarten ersetzt. Einige mögen den gebrochenen Schriftarten hinterhertrauern, da sie doch einen Duktus»urtypischen«Schriftbildes zu bedeuten scheinen; heute halten althergebrachte Fraktura meist nur noch zum Satz von Gasthaus-Schildern und Bier-Marken her, um das»gemütliche«und»traditionelle«zu unterstreichen. Leider haftet der Fraktur auch ein Echo an, das viele unbewusst oder unbedacht mit der rechtsextremen Szene und/oder Rocker-Banden verbinden. Die rein typografische Schönheit der gebrochenen Schriften zu verteidigen, kann daher mühselig, manchmal hoffnungslos sein; gerade, weil die heutigen Anti- 1

2 qua-schriften so makellos und vollendet in ihrem Anwendungsspektrum erscheinen 1. Die heutige Generation kann die gebrochenen Schriften häufig weder lesen noch schreiben bzw. zeichnen. Das hat vor allem zwei Ursachen: (A) die Buchstabenformen sind durch gebrochene oder teilgebrochene Abschnitte komplizierter als die Formen der Antiqua oder Grotesk; (B) gebrochene Schriften kennen weitere Buchstaben, etwa das runde Schuss- R oder zwei Formen des Minuskel-s, die in modernen Schriften nicht mehr vorkommen (unnötig sind 2 ). Auch viele Versalien scheinen sich auf den ersten Blick stark zu ähneln. Warum dann also diese überholte Tradition wieder ausgraben, um damit Texte zu setzen? Dazu siehe nächster Abschnitt. Man beachte bei all seinen Vorurteilen gegenüber einer Gebrochenen Schrift, dass das»schlecht lesbare«schriftbild nur daraus resultiert, dass es nicht gewohnt ist. Den Menschen, die Anfang des letzten Jahrhunderts die Tageszeitung in Fraktur gelesen haben, kam die heutige Antiqua ebenso schlecht lesbar und fremd vor, wie uns heute die gebrochenen Schriften! Frakturschrift ist übrigens keinesfalls eine allein»deutsche Schrift«, wie häufig falsch angenommen wird. In der Tat waren sie vor Jahrhunderten in ganz Europa verbreitet und wurden in Frankreich ebenso benutzt wie in Italien und Dänemark, insbesondere aber auch in Böhmen. Richtig ist, dass seitdem die Frakturschriften nur im deutschen Sprachraum benutzt und weiterentwickelt wurden. Wichtig ist noch zu wissen, dass sich die Frakturschriften, d. h. die jüngste Abart der gebrochenen Schriften, für den Mengentext sehr wohl eignen (nicht umsonst wurde sie über Jahrhunderte zum Setzen von Büchern verwendet!). Die Gotische oder Schwabacher Schrift sei allenfalls für kurze Texte oder Überschriften einzusetzen. Aber auch nicht jede Fraktur kann für angenehmes Lesen hergenommen werden (siehe Abschnitt 2)! 1 Dabei handelt es sich nur um weniger kompliziert gezeichnete Formen derselben Buchstaben; eine Entwicklung, die momentan in den Grotesk-Schriften mündet, aber nicht zwingend ein Plus an Lesbarkeit bedeutet! 2 Gleiches wird allerdings auch vom deutschen Eszett behauptet, wobei unbedacht bleibt, dass das Eszett (und alle Akzentbuchstaben) nicht ohne Grund existieren, denn sie kennzeichnen die Silbenbetonung. 2

3 1.2 Objektiv bewertete Vor- und Nachteile der gebrochenen Schriftarten, insbes. Frakturschriften Vorteile Frakturbuchstaben sind nicht einfach nur»eckige Varianten«der uns bekannten Antiqua-Buchstaben, sondern weisen einige Eigenheiten auf: Im Vergleich zu den Antiqua-Buchstaben sind die Buchstabenformen der Fraktur vielfältiger; Gemeine und Versale haben häufiger und deutlicher ausgeprägte Ober- und Unterlängen; die Buchstaben unterscheiden sich stärker voneinander und können damit beim Lesen leichter erfasst werden. Das Schriftbild ist dadurch abwechslungsreicher (das Auge ermüdet weniger beim Lesen), aber auch gleichmäßiger, weil sich die von der Antiqua bekannten»zeilenbänder«weniger abzeichnen: Je nach Fraktur-Schriftart können die zahlreichen Winkel und Neigungen der Buchstaben die Zeilenbildung sogar begünstigen. Die Fraktur-Buchstaben haben generell kaum Fleisch oder Überhänge 3. Dadurch wirkt das Satzbild weniger»löchrig«. Außerdem sehen die Kleinbuchstaben neben den Großbuchstaben weniger»fremd«aus als in einer Antiqua-Schriftart 4. Beides erhöht den Grauwert der Seite. Die Frakturschriften kennen viel mehr Ligaturen als die Antiqua- Schriften: neben fi und fl gelten ch, ck und tz als sog. Zwangsligaturen und müssen immer gesetzt werden. Weitere Ligaturen sind z. B. tt, fft, fj, ll. Da der Gebrauch des langen Minuskel-s normal ist, gibt es außerdem Ligaturen damit: ſt, ſl, ſi usf. Ligaturen erhöhen im Allgemeinen die Qualität vom Lesefluss. Die Minuskeln stehen üblicherweise viel dichter als in einer Antiqua. Viele der Buchstaben sind auch schlanker als ihr Antiqua-»Gegenstück«, z. B. das Minuskel-k. Silben und Wörter haben daher eine geringere Laufweite und können vom Auge mit einem Blick erfasst werden. Insbesondere die deutsche Sprache kennt eine ganze Menge Silben, die aus vielen Buchstaben bestehen (schmerz-, kraft-, wunsch-, schwarz-); alle diese Textbestand- 3 wohl auch wegen der gelegentlich Überhand nehmenden, Fleisch-füllenden»Schnörkelung«4 die ja ursprünglich aus karolingischen Unzialen und römischer Capitalis zusammengeworfen wurde. 3

4 teile werden dadurch in ihrer Breite reduziert. Vor allem das lange Minuskel-s trägt dazu bei. Die geringere Laufweite der Wörter (siehe vorheriger Punkt) erhöht die Textdichte einer Seite, d. h. man kann bei Verwendung einer Fraktura mehr Text pro Seite unterbringen als mit einer ähnlich großen Antiqua. Der enge Text gestattet außerdem die problemlose Anwendung von Blocksatz, sodass das Satzbild meistens ausgesprochen geschlossen wirkt. Weit aufgerissene Wortabstände, wie man sie von einer schlecht umgebrochenen Antiqua im Blocksatz kennt, wird man in einer Fraktura selten finden. In vielen Fällen kann eine Fraktura problemlos in zwei engen Spalten gesetzt werden, ohne dass das Satzbild zerreißt 5. Der Gebrauch des Alinea ist nicht ungewöhnlich. Früher hat man einen Text ohne Absätze als fortlaufenden Block gesetzt; Absätze markierte man mit einem vorangestellten Alinea, das erst mit der Zeit an den Beginn einer neuen Zeile rutschte 6. Der so beschriebene Einsatz eines Alineas ist keinesfalls ein Muss; man kann Frakturtext natürlich auch absatzweise mit einer kleinen Einrückung setzen! Der übermäßige Gebrauch eines Alineas in Antiqua-Texten sieht dagegen seltsam aus. Einen angeblichen Vorteil, dem ich mich nicht anschließe, möchte ich wiedergeben: Demzufolge hilft die zusätzliche Minuskel-s- Form (das lange ſ) bei Wortunterscheidungen. Da das lange Minuskel-s nur nach ganz bestimmten Regeln eingesetzt werden darf (z. B. immer im Anklang einer Silbe), können Wörter mit uneindeutiger Bedeutung leichter identifiziert werden 7. 5 Obwohl Gutenberg eine Vielzahl von unterschiedlich breiten Leerzeichen und Buchstaben verwendet hat, um ein möglichst harmonisches Satzbild zu erreichen, ist die 42-zeilige Gutenberg-Bibel ein gutes Beispiel für den Gebrauch der gebrochenen Schrift (in diesem Fall eine Textura). Wenig bekannt ist, dass zur damaligen Zeit Wörter beinahe beliebig abgekürzt werden konnten (Weglassen von Buchstaben, Kennzeichnung mit Bogen); nur so ist Gutenbergs perfekter Blocksatz erklärbar. Eine Methode, die uns mit modernen Texten nicht mehr zur Verfügung steht, sodass Blocksatz meistens mit Einbußen beim Wortzwischenraum und Wortzusammenhalt erkauft werden muss. 6 Da das Alinea früher erst nach dem Setzen eingefügt (gemalt) wurde, ließ man einen kleinen Abstand; dieser Abstand ist heute das, was uns als Einrückung am Beginn eines neuen Absatzes vertraut ist. 7 Das Parade-Beispiel ist das Wort»Wachstube«: Je nachdem, was gemeint ist (Wach- Stube oder Wachs-Tube) wird in der Fraktur s oder ſ eingesetzt; so ergibt sich ganz 4

5 Wissenschaftliche Literatur sollte generell in Antiqua gesetzt werden, nicht nur, weil man sie aufgrund der internationalen Lesbarkeit in Englisch verfasst und das Englische eben besser in Antiqua gesetzt wird 8. Auch hat eine Antiqua mehr Auszeichnungsmöglichkeiten, die in wissenschaftlich-strukturierten Texten einfacher und deutlicher angewendet werden können. Es bleibt also festzuhalten, dass je nach Sprache und Textinhalt auch die richtige Schrift ausgewählt werden muss. Immerhin kommt auch niemand auf die Idee, Thailändisch oder eine der afrikanischen Sprachen mit lateinischer Schrift zu transkribieren 9! Nachteile Nicht vertraute Buchstabenformen, deren Lesen von jungen Generationen erst wieder erlernt werden muss. Speziell zu beachtende Regeln beim Satz von Frakturtext, z. B. hinsichtlich Auszeichnung oder den zwei Minuskel-s-Formen. So wird Typographie wieder zu einem Handwerk, das durch Laien nicht einfach so mit einem PC und ein paar Schriftarten-Dateien imitiert werden kann. Einige gut ausgebaute Frakturschriftarten sind programmiert und bieten eine Heuristik für das lange Minuskel-s und Ligaturen. Das erleichtert die Eingabe enorm, kann bei umfangreichen Texten aber auch die Rechenleistung anheben. Weniger Möglichkeiten zur Auszeichnung von Wörtern oder Textabschnitten. Bei der Fraktur z. B. Sperrung (unsichtbar bei wenigen Buchstaben) oder Schriftmischung (die übliche Schriftmischung mit einer Schwabacher ist nicht sehr auffällig innerhalb von Fraktur-Text); bei Antiqua dagegen Kursivieren, Kapitälchen, Versalien usf. Richtigerweise müssten der Grundsprache nicht klar, ob das eine oder andere Wort gemeint ist. Der Grund, weshalb ich mich diesem»vorteil«nicht anschließe ist, dass sich die Bedeutung eines Wortes in jedem Fall aus dem Kontext ergibt:»die Soldaten betreten die Wachstube.«bzw.»Ich öffne den Deckel der Wachstube (Wachſtube).«Der Leser kann unmöglich an die jeweils andere Wortbedeutung denken! Davon abgesehen: Seit wann wird Wachs in Tuben aufbewahrt? Und wie oft verwendet man dieses Wort wirklich, falls es überhaupt existiert? 8 Die Fraktur-Schriften sind ganz besonders für deutsche Texte vorgesehen; in gegensätzlicher Betrachtung lässt sich die englische Sprache am besten in einer Antiqua setzen, denn sie enthält wie Latein, für das die Antiqua ursprünglich geschaffen wurde kaum Versale, kurze Wörter und keine Akzentbuchstaben. 9 Zu unterscheiden von einer Übersetzung in lateinischer Schrift! 5

6 zugehörige Fachwörter in Antiqua gesetzt werden. Das sind bei modernem Deutsch eine ganze Menge Fraktur ist wahrscheinlich nur für literarische Texte/Gedichte geeignet, da der Satz wissenschaftlicher Texte meistens eine Vielzahl von Akzenten, mathematischen Operatoren und Sonderbuchstaben voraussetzt, die im Fraktursatz (abhängig vom Ausbau der verwendeten Fraktur-Schriftart) einfach nicht enthalten sind. Je nach Schriftart ähneln sich viele Fraktur-Versalien, z. B. das N und U oder S und G. Das kann den Lesefluss behindern. Allerdings ergibt sich der richtige Buchstabe in jedem Fall aus dem Kontext. Gewöhnung an das Lesen gebrochener Schrift trägt auch seinen Anteil. Muss man mehrere Versalien als Abkürzung setzen (z. B. Partei- Namen), verringert sich die Lesbarkeit. Kenner empfehlen gleich den Satz in einer Antiqua. Hier gibt es wohl keine verbindliche Regelung. Viele Frakturschriften gibt es nur in einem einzigen Schnitt, eine zugehörige Halbfette oder Fette ist selten, noch seltener Titel- Schnitte für große Schriftgrößen. Kursive, die man aus der Antiqua-Welt kennt, fehlen generell und sind in Frakturschriften weder vorgesehen noch angebracht. Für wenige Frakturschriften gibt es verschiedene Designgrößen (siehe Tabelle). Die vielen Ligaturen und auch die zwei s/ſ-formen können die Durchsuchbarkeit des Textes in einem PDF verhindern. Die normale Rechtschreibprüfung eines Texteditors oder Textverarbeitungsprogramms (Word, LibreOffice Writer etc.) ist für gewöhnlich nicht auf langes Minuskel-s und die vielen Ligaturen eingestellt und wird an jeder Stelle entsprechende Warnungen mutmaßlich falsch geschriebener Wörter ausgeben. Die Texterkennung (OCR) eines eingescannten Frakturtextes wird wahrscheinlich versagen. Wird der Frakturtext mit einer anderen Schrift (Antiqua, Schwabacher) gemischt, ist dringend die Absatzformatierung der Textverarbeitung (Word, Writer) beizubehalten. Denn eine vollständige Umstellung auf eine andere Fraktur-Schriftart mittels Alles 6

7 markieren würde natürlich auch die einzelnen Wörter bzw. Textpassagen der gemischten Schrift beeinflussen! Das durch die komplexeren Buchstabenformen erzeugte dichte Satzbild erfordert mehr Tinte beim Druck. 1.3 Worauf ist zu achten? Soll ein Text in Fraktur gesetzt werden, gilt folgendes zu beachten: 1. Soll die Fraktur zur Zeit des Textes passen? Ein Werk von Goethe in Arial zu setzen ist genauso unsinnig wie eine Webseite in Fraktur. Dementsprechend sollte man für einen historischen Text auch eine Fraktur aussuchen, die zur damaligen Zeit verwendet worden ist. Sortierung der Tabelle nach Erscheinungsjahr. 2. Wenn der vorangegangene Punkt irrelevant ist, wählt man nach typografischen Kriterien, d. h. nach Verfügbarkeit bestimmter Zeichen, die zum Setzen des Textes erforderlich sind: Vorhandensein des langen Minuskel-s (unverzichtbar) 10. Vorhandensein von Eszett und Umlauten (für deutsche Texte unverzichtbar). Soll Brottext gesetzt werden, könnte die Frakturschriften, die nur in einem halbfetten oder fetten Schnitt vorliegen, zunächst übergangen werden. Unverzichtbare Ligaturen müssen enthalten sein: Standard- Ligaturen ff, fi und fl, und Zwangsligaturen ch, ck und tz. Willkommen (aber kein Muss) sind Ligaturen von Doppelkonsonanten (ll, tt) und das doppelte lange Minuskel-s (ſſ). All diese Ligaturen kommen in deutschen Texten häufig vor. 10 Frakturschriften, die kein langes Minuskel-s mitgeben (z. B. bei sehr modernen Frakturschriften aus dem amerikanischen Raum der Fall = Blackletter), kommen bei mir nicht in Betracht. Wer sich schon auf dieses typografische Abenteuer einlässt (Beachtung von korrekten Ligaturen und langem Minuskel-s), der muss auch die Regeln befolgen. Daher lehne ich auch Frakturschriften ab, die allein mit einem runden Minuskel-s arbeiten in Anlehnung an die heutigen Antiqua-Schriften und die Gewohnheiten der Bevölkerung (die Grundregel»Typografie dient allein guter Lesbarkeit«hat nichts damit zu tun!). Dasselbe gilt für Anpassungen und Vereinfachungen der Frakturbuchstaben an heutige Formen der Antiqua (Versal-Y, -G, -S und andere). Unsinnig ist ebenfalls, wenn enthalten ist, aber kein langes Minuskel-s; hat in einer Fraktur nichts zu suchen, ebenso wie ein langes Minuskel-s nicht fehlen darf! 7

8 Außerdem sind Ligaturen sinnvoll, die mit dem langen Minuskel-s gebildet werden (ſi, ſl, ſt, ſp). Die Ligaturen aus langen Minuskel-s und l sowie k (ſl, ſk) sind (waren) z. B. im skandinavischen Sprachraum häufig, aber für den deutschen Fraktursatz irrelevant. Der sog. Spiegelstrich (der Gedankenstrich in Frakturtexten) sollte enthalten sein. Das Alinea sollte zur Grundschriftart passen. 2. Ein in Fraktur gesetzter Text ist im Druckbild üblicherweise kräftiger, kann aber auch viele haarfeine Linien enthalten, die beim Druck wegbrechen können. Viele Frakturen bestehen aus dünn gezeichneten Buchstaben und ergeben ein lichtes Satzbild; das ermüdet die Augen beim längeren Lesen. 3. In einigen Frakturschriften stechen Satzzeichen wie Kommata, Satzpunkte und Anführungszeichen durch ihre eckige Form oder Größe auffällig aus der Menge heraus. Sie mögen zwar zur Grundschrift passen, lenken aber das Auge zu sehr ab. 4. Kostenlos/kostenpflichtig: Wie bereits geschrieben, gibt es manchmal ein- und dieselbe Fraktur bei unterschiedlichen Anbietern, mal kostenlos zum Download, mal für eine Lizenzgebühr. Uneingeschränkt empfehlen kann ich die von der Ligafaktur-Webseite bereitgestellten Schriften. Von der Ligafaktur-Website verlinkt sind die sog.»lindenthal-schriften«, die viele weitere Gotische, Rundgotische, Schwabacher und Fraktur-Schriftarten kostenlos anbietet. Alle diese Schriften (Ligafaktur und Lindenthal) sind tadellos digitalisiert und gut ausgebaut. 1.4 Sonstiges zum Satz von Fraktur Häufige Fehler Kursivierung bzw. Schrägstellung als Textauszeichnung ist tabu, Schriftmischung (traditionell mit der Schwabacher) sind problematisch, da wenig auffällig. Wie Unger dereinst feststellte, ist die Sperrung das angemessene Mittel zur Auszeichnung in Frakturtext. Als Anführungszeichen kommen allein die»deutschen Gänsefüßchen«infrage, d. h. Entweder ( ) oder ( ). Che- 8

9 vrons (» «) und Guillemets () sind tabu und bleiben in der Antiqua (sind aber oft im Glyphensatz digitalisiert)! Aus dem Lateinischen stammende Kunstwörter, Markenbezeichnungen und anderes, das nicht aus der Grundsprache abgeleitet ist, sollte in einer Antiqua gesetzt werden, so z. B. taxonomische Begriffe (Gattung/Art). Ebenso sollten chemische Symbole und physikalische Einheiten nicht in gebrochener Schrift gesetzt werden. Verbindliche Regeln gibt es aber nicht, auch wenn sie überall zu stehen scheinen. Anwendung der neuen deutschen Rechtschreibung auf Frakturtexte: Ist oftmals unsinnig, z. B. sollte die Schreibung von»daß«mit Eszett der Schreibung mit doppel-s vorgezogen werden (in diesem Fall»daſs«. Im Zweifelsfall ziehe man einen Duden vor 1940 zu Rate! Werden Auflistungen innerhalb des Textes verwendet, setzt man die vorangestellten Nummern in einer Antiqua (siehe auch Abschnitt 3.11) Schriftgröße und Zeilenabstand Für fast alle Fraktur-Schriftarten hat sich eine Schriftgröße von wenigstens 14 pt (Cicero) bei einem Zeilenabstand von 0,95- bis 1-fach bewährt (Grundschrift, Mengentext). Natürlich hängt es von der einzelnen Schriftart ab, ob diese Werte stimmig sind (siehe Tabelle) Satzspiegel und Seitengröße Frakturtexte wurden für Bücher entwickelt, die nicht unseren heute allgegenwärtigen (europäischen) Papiernormen (A 4 und die anderen Abwandlungen vom sog. Normformat) entsprachen. Einen Satzspiegel nach dem Goldenen Schnitt auf ein A 4 zu zeichnen ist schwierig; die beste Annäherung gelingt mit einem Seitenrand von Bund- und Kopfsteg zu 2,65 cm und Fuß- und Außensteg zu 4,29 cm. Das zweispaltige Layout ist für informative Texte immer gern gesehen; bei Prosa in Fraktur ist der geschlossene Satzblock aber besser. 9

10 2 FRAKTUR-EMPFEHLUNGEN Aus Gründen der Übersichtlichkeit habe ich in einer Tabelle die typografischen Eigenheiten und Metainformationen zahlreicher Frakturschriftarten für den Digitalsatz zusammengestellt, hierzu folgende Anmerkungen: 2.1 Tabelle Stilgruppe Meistens Fraktur, einige haben Mischcharakter mit Textur, auch gängige Schwabacher sind aufgenommen. Eignung Für welche Zwecke die Schriftart eingesetzt werden sollte. Meistens für Mengentext, aber einige sind so schlecht digitalisiert/ausgebaut oder in ihrem Grundschnitt bereits so wuchtig/ verziert, dass sie sich bestenfalls für Überschriften eignen. Frakturschriften ohne langes Minuskel-s und wenige/fehlende Ligaturen wurden als»eingeschränkt«gekennzeichnet. Favorit Die von mir favorisierten Schriften. Erscheinungsjahr und Gestalter, soweit bekannt. Angegeben sind nicht Jahr und Gestalter der digitalisierten Fassung. Anbieter Geläufige Frakturen wie die Breitkopf-Fraktur stehen gleich an mehreren Stellen im Internet zum Download bereit, manche kostenlos, andere kostenpflichtig. Auf der Ligafaktur-Seite sind die Frakturschriften kostenlos, bestens digitalisiert und programmiert (kontextsensitive Ersetzungen von Ligaturen etc.). Glyphenzahl Entspricht dem Umfang der Schrift. Schnitte Mager, Halbfett, Fett, Titel (für größere Schriftgrade gedacht), Zierbuchstaben. Ligaturen ff, fi bis tt, tz. Je nach Anbieter der Fraktur kann die Verfügbarkeit variieren. Eszett Verfügbarkeit von Minuskel-ß und Versal-Eszett. Das Minuskel-Eszett ist unentbehrlich in deutschen Texten. Der Nutzen eines Versal-Eszett in Fraktur-Schriften scheint mir zweifelhaft, da selbst kürzeste, nur in Versalien gesetzte Wörter oder Textpassagen in Fraktur nahezu unleserlich sind. Alinea sollte meiner Meinung nach immer vorhanden sein. Vorsicht! In vielen Fällen passt das Alinea nicht zur Grundschrift; es scheint aus einer Antiqua hier platziert worden zu sein, um die 10

11 Glyphe zu besetzen (in der Tabelle mit»ja (hässlich)«gekennzeichnet). Wer ein Alinea ohnehin nicht benutzt, dem kann das egal sein. langes ſ Die meisten Fraktur-Schriftarten haben es in ihrer Glyphentabelle, und so sollte es auch sein. Ohne das lange Minuskel-s ist eine Frakturschrift unsinnig 11. Versal-J Die ältesten Frakturschriften unterscheiden noch kein Versal-I und Versal-J, so wie wir das heute kennen. In diesem Fall wurde dann der Buchstabe des Versal-Is benutzt. Diese Anwendung kann bei historischen Texten durchaus sinnvoll sein, ich persönlich bevorzuge eine eigens dafür gezeichnete J-Glyphe. Achtung! In vielen Fällen wurde einfach die Versal-I-Glyphe etwas in die Länge gezogen, um ein»j«zu imitieren, manchmal auch nur ein Querbalken eingefügt. Das wirkt dann unstimmig. Umlaute Meint das Vorhandensein der im Deutschen üblichen Buchstaben Ä, Ö, Ü und deren Minuskel-Formen. Akzentbuchstaben Meint Buchstaben mit Akzenten, wie sie beispielsweise im französischen, polnischen, dänischen oder tschechischen Sprachraum verwendet werden. Das ist ein deutliches Plus für die Schriftart, aber unwesentlich, wenn man ohnehin nur deutsche Texte verfasst. Doppeltes m und n mit Querbalken Meint die Verkürzungsformen der Doppelbuchstaben, d. h. das Vorhandensein einer Glyphe m und n mit einem jeweiligen Balken darauf. Diese Kurzform wurde früher anstelle des längeren (und schlechter lesbaren) mm oder nn verwendet. Mittelalterliche Texte sind geradezu vollgestopft mit solchen Abkürzungen. Rundes r Meint das Vorhandensein des berüchtigten»runden Minuskel-r«, einer Kurzform des»normalen«minuskel-r, das man als Folgebuchstaben nach Buchstaben mit»bauch nach Rechts«11 Ich bin der Meinung, dass sich ein Text in gebrochener Schrift nicht sinnvoll ohne langes Minuskel-s setzen lässt. Es gibt einige moderne Interpretationen, die verzichten ganz bewusst auf diesen ungewollten und häufig irritierenden (da nicht vertrauten) Buchstaben doch wenn man ihn ablehnt, sollte man auch nicht in Fraktur setzen. Übrigens: Das lange Minuskel-s wurde auch Jahrhundertelang in Antiqua- Schriften eingesetzt (genau aus denselben Vorzügen, etwa der Verkürzung des Wortes oder der Unterscheidbarkeit gleich geschriebener Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung), und ist auch heute noch bei aufwändig digitalisierten Antiqua-Interpretationen (z. B. Libertine, EB Garamond, Junicode, Brill) enthalten. 11

12 (b, d, h, o, p) setzen kann. Auch gilt die Regel, es immer dann einzusetzen, wenn ein Wort mit»r«endet. Allerdings kann der häufige Gebrauch des runden r die Lesbarkeit auch deutlich reduzieren. Vielleicht als typografische Spielerei in Überschriften brauchbar? rc Diese heute nicht mehr gebrauchte/bekannte Glyphe ist eine Ligatur aus»(rundem) r«und»c«(ursprünglich von relinquo cetera = lat.»den Rest lass ich weg«; nach anderen Autoren aber auch anders interpretiert) und wird in Funktion eines»usw.«oder»etc.«eingesetzt. Ein typografischer Bonus, der gerne eingesetzt werden darf. Leider ist die Ligatur in digitalisierten Frakturschriften nur selten enthalten. Geviert Meint das Vorhandensein eines längeren Spiegelstrichs, wie er eigentlich ausschließlich in Frakturtexten eingesetzt werden sollte. Er wird wie ein Gedankenstrich (zur Abgrenzung eingefügter Textpassagen) gebraucht, hat aber eine Geviertlänge, wie man ihn heute von Gedankenstrichen aus englischen Texten kennt. Der Geviertstrich ist nicht zu verwechseln mit dem Bindestrich (den man aus der Antiqua kennt = Gedankenstrich ) oder dem Fraktur-Bindestrich (in Frakturschriften häufig ein»geneigtes Gleichheitszeichen«)! Pfeile In wenigen Fällen ist ein Rechts- und ein Linkspfeil enthalten. Wahrscheinlich überflüssig. Qualität der Digitalisierung In den meisten Fällen gut, bei wenigen zeigt sich bei starker Vergrößerung der Glyphen, dass sie nur schlecht digitalisiert wurden, d. h. die Buchstabenrundungen sind nicht rund, sondern bestehen aus zahlreichen Knoten und Haken. Manchmal ist dies bewusst in Kauf genommen worden, um den»historischen Duktus«zu erhalten und kann auch für den Satz historischer Schriften interessant und gewollt sein. Im Druck fällt diese unsaubere Zeichnung meist nicht auf. Weitere, im folgenden nicht beschriebene Schriften finden sich in der beiliegenden Tabelle. 2.2 Fraktura für den Mengentext/Brottext Betrachten wir die für den Mengentext geeigneten und bei Ligafaktur erhältlichen Fraktura genauer. Empfehlenswert ist hier in der Tat der tag 12

13 Ligafaktur, denn er gewährleistet eine vollprogrammierte Schriftart, die automatisch Ligaturen und das lange Minuskel-s setzt. Das ist während des Tippens eine bedeutende Erleichterung. Selbstverständlich lassen sich auch unprogrammierte Schriften nutzen, nur muss man dann nachträglich Ligaturen und langes Minuskel-s per Hand ersetzen. Im Folgenden betone ich nur die Besonderheiten, alle anderen Details sind in der beiliegenden Tabelle enthalten. Mainzer Fraktur Mit einem Fett-Schnitt. Gut lesbar, bei einem hohen Grauwert. Das Alinea ist auffällig und einige Versalien reißen Löcher (P, O). Normal-Fraktur Bei einem hohen Grauwert hervorragend lesbar, obwohl Komma und Anführungszeichen zu auffällig sind. Ruehlsche Fraktur Leider nur in einem halbfetten Schnitt verfügbar, dementsprechend hoher Grauwert und relativ dunkles Druckbild. Die Ziffern sind auffällig, das Alinea dagegen kaum und fügt sich gut ein. Das Komma zeigt nur einen undeutlichen Haken. Atlantis-Fraktur Insgesamt stimmiges Druckbild, obwohl relativ weit laufend und daher stark zeilenbildend. Alle Buchstabenformen angedeutet rundlich. Das Alinea ist auffällig. Breitkopf-Fraktur Mit einem halbfetten Schnitt und für mehrere Schriftgrößen verfügbar. Leider hat die Fraktur zu viele Auffälligkeiten: Die Anführungszeichen sind viel zu groß; ebenso die Kommata; das Semikolon ist unpassend, da der untere Teil nicht dem Normal-Komma entspricht; einige Versalien wie das P flecken; die Ziffern sind in ihrer Strichstärke zu dünn und daher auffällig unpassend (außerdem andere Formen als in Schriftmusterbüchern mit Fraktur-Alphabeten!). Poppl-Fraktur Gut lesbar und eng laufend, einige Striche fast zu dünn. Das Alinea ist scheußlich und in der Menge sofort (gewollt?) auffällig. Rungholt-Fraktur Gut lesbar, dicke und rundliche Buchstabenformen. Theuerdank-Fraktur Die älteste und erste Fraktur überhaupt. In der Digitalisierung leider komplett ohne Ligaturen! Auch der Geviert-Strich fehlt. Das Alinea ist auffällig. Unger-Fraktur Mit einem fetten Schnitt. Hell aber gut lesbar, obwohl eine relativ starke Zeilenbildung einsetzt. Alinea auffällig. 13

14 Vineta-Fraktur Hervorragend lesbar. Walbaum-Fraktur dunkles Druckbild, wenn auch kaum Fleckung. Hässliches Alinea. Weber-Mainzer-Fraktur Gut lesbar, aber vergleichsweise anstrengend. Anführungszeichen sehr groß, Komma und Satzpunkt auffällig eckig. Alinea hässlich. Weiß-Fraktur Mit einem halbfetten Schnitt und Schnitten für mehrere Schriftgrößen. Hervorragend lesbar, Versalien aber fleckig. Wieynk-Fraktur Im Druckbild dick und schwer; Buchstabenformen mehr rund als eckig, aber gut lesbar. Ziffern hübsch. Fragezeichen gut spationiert. Zentenar-Fraktur Mit einem halbfetten Schnitt und Schnitten für mehrere Schriftgrößen. Gut lesbar. Neben diesen gibt es weitere, für den Mengentext geeignete Fraktura, wenn auch nur teilweise programmiert. Daher ist ihr Einsatz ggf. mit Nacharbeit verbunden: Berthold-Mainzer-Fraktur Im Druckbild dunkel, eng und dicht; Versalien fleckig. Alinea unauffällig. Offenbar kein Geviert-Strich verfügbar. Des-Malers-Fraktur Läuft eng, aber die Versalien S, D und O reißen Löcher ins Satzbild. Alinea auffällig. Kleist-Fraktur Mit einem halbfetten Schnitt und sogar Zierbuchstaben und mathematischen Symbolen. Das Alinea ist auffällig. Offenbar kein Geviert-Strich verfügbar. Einige Versalien wie D und S reißen leider Lücken. Luthersche Fraktur Mit einem halbfetten und einem Titel- Schnitt. Leider sind in der mir vorliegenden digitalisierten Version lediglich die fi- und fl-ligaturen enthalten; das ist für Fraktursatz eigentlich ein Ausschluss-Kriterium. Auch der Geviert-Strich fehlt; dafür sind mathematische Symbole enthalten (hier wurde offenbar die Priorität der Glyphen-Digitalisierung verfehlt). Auch das Minuskel-s ist in meiner digitalisierten Fassung nicht enthalten, erscheint aber in Schriftmusterbüchern. Es ist im Druckbild eine zarte Fraktur mit vielen dünnen Strichen (z. B. die Unterlänge vom Minuskel-g). 14

15 Typographer-Fraktur Mit einem zusätzlichen Kontur- und Schatten-Schnitt sowie mathematischen Symbolen. Das Druckbild ist dunkel, und es scheint eine starke vertikale Spaltenbildung aufzutreten. Das Alinea ist scheußlich. Unifraktur Maguntia Die am besten ausgebaute Fraktur, die mir bisher untergekommen ist. Das Druckbild ist relativ dunkel. Wittenberger Fraktur Mit einem fetten Schnitt und mathematischen Symbolen. Das Druckbild ist licht und geschlossen, aber leicht fleckig. Hübsches Alinea. Übrigens: A. Kapr hält große Stücke auf die Breitkopf- und Zentenar-Fraktur, J. Tschichold bevorzugt die Luther-, Unger- und Walbaum-Fraktur. Meine persönlichen Favoriten sind die Normal-, Post-, Unger-, Vineta-, Weiß-, Wieynk- und Zentenar-Fraktur. Von diesen bevorzuge ich die Wieynk-Fraktur am meisten, da ihre Formen relativ wenig verspielt und zart gezeichnet sind, sodass sie im Druck nicht wegbrechen. 2.3 Und für Überschriften? Neben Fraktura eignen sich auch Textura und Bastarda, sofern nicht zu verspielt, für den Satz von Überschriften. Zunächst stelle ich jene vor, die bei Ligafaktur erhältlich und damit vollprogrammiert sind: Claudius (eine Textur) Leider in einer schlechten (hakeligen) Digitalisierung vorliegend, auch fehlt der Geviert-Strich. Sie ist hervorragend lesbar, aber nur für kurze Texte/Überschriften geeignet. Auch in Lyrik dürfte sich die Claudius gut machen. Das Alinea ist auffällig. Fette Fraktur = Weber-Fraktur Zusätzlich zu einem fetten Schnitt auch mit Schnitten für 2 Schriftgrößen und mathematischen Symbolen. Thannhäuser-Fraktur (eine Bastarda) Zusätzlich mit halbfetten und fetten Schnitt sowie Zierbuchstaben. Im Glyphensatz sind sogar genealogische Symbole enthalten. Im Druckbild stark zeilenbildend (daher nur für Überschriften einsetzen!), das Alinea ist unauffällig. Fette Hänel-Fraktur Wie der Name sagt, nur in einem fetten Schnitt vorliegend; Alinea scheußlich. Außerdem fehlt der Geviert-Strich. 15

16 Peter Schlemihl Eine aus der Tiemann-Fraktur abgeleitete Fraktur, leider in einer schlechten (hakeligen) Digitalisierung vorliegend. Diese ansehnliche Fraktur ist für Mengentext ungeeignet, aber in einzigartigen (Buchtitel) oder sich wiederholenden Überschriften (Gedicht-Titel) bestens platziert. Außerdem für Überschriften, aber auch kurze Texte geeignet: Clairveaux (eine Bastarda) In Schnitten für 3 Schriftgrößen. Insgesamt stimmig, aber nur für kurzes Material geeignet. Der Strichstärkenwechsel ist relativ stark. Der Geviert-Strich fehlt. Duc de Berry (eine Bastarda) Ästhetisch und gut lesbar. Allerdings sind einige Zierlinien in den Versalien sehr zart und können beim Druck verloren gehen. Ein Geviert-Strich fehlt. Gilgenart (eine Fraktur) Eng laufend und relativ kräftig. Auffälliges Alinea. Koch-Fraktur =»Deutsche Schrift«Mit Schnitten für 2 Schriftgrößen. Durch den Textur-Charakter dunkel und schwer. Die Ziffern sind recht weitständig. Post-Fraktur Läuft eng, erzeugt einen hohen Grauwert und ist hervorragend lesbar. Ein spezieller Titel-Schnitt bietet einen Mehrwert. Leider reißt das Versal-D Löcher. Nur die vier zuletzt genannten sind bei Ligafaktur erhältlich und damit vollprogrammiert. Ich persönlich bevorzuge für Überschriften die Claudius, die Novellenschrift oder die Schmale Kanzlei. 2.4 Schriften für kurze Texte (Lyrik) Civitype (eine Bastarda) Ausgesprochen hübsch und harmonisch. Alinea unauffällig. Frühling (eine Fraktur) Mit Zierbuchstaben. Licht und offen. Alinea auffällig. Rhapsodie (eine Bastarda) Mit Zierbuchstaben. Aufgrund des zittrigen Schriftbildes in Mengentext unerträglich! Die Anführungszeichen sind bemerkenswert unauffällig, ebenso die Ziffern. Die Versalien fügen sich großartig an die Minuskeln. Hübsches Eszett. 16

17 2.5 Eingeschränkt nutzbare Fraktura Cölnische Current Erschreckend schlechte Digitalisierung. Durch ihre Herkunft aus dem 16. Jahrhundert mit viel Schmuck an den Buchstaben. Nicht unter 16 pt zu gebrauchen (aber auch nicht zu groß, sonst sieht man die schlechte Digitalisierung!), und am besten nur für die Auszeichnung einzelner Wörter! Ziffern passen gut zu den Buchstaben. Alinea auffällig und hässlich. Ehmcke-Federfraktur Nur in einem fetten Schnitt vorliegend (selbst für Überschriften fast zu fett!) und schlecht digitalisiert. Die Gemeinen nur mit kurzen Unterlängen. Ein Geviert-Strich fehlt. Humboldt-Fraktur Zusätzlich mit einem halbfetten Schnitt und Schnitten für 2 Schriftgrößen; Digitalisierung leider unzureichend. Selbst die unabdingbare tz-ligatur fehlt. Im Druckbild dunkel und weitläufig, stark zeilenbildend. Ziffern unauffällig. Klaber-Fraktur Dunkel und einschüchterndes Druckbild. Einige sehr zarte Striche (z. B. Unterlänge vom Minuskel-z). Das lange Minuskel-s ist im Vergleich zum Minuskel-f zu fett. Alinea unpassend. Kleukens-Fraktur Dunkles und dichtes Druckbild; Alinea zu zart und hässlich. Ein Geviert-Strich fehlt. Moderne Fraktur Offenbar so modern, dass keine einzige Ligatur und auch das lange Minuskel-s nicht enthalten sind (nur für Anwender, die erwarten, dass eine Fraktur wie eine Antiqua aussehen muss)! Manche Ziffern mit gegabelten Füßen. Hübsches Alinea. Neue Fraktur Mit Schnitten für mehrere Schriftgrößen. Alinea hässlich und auffällig. Ein Geviert-Strich fehlt. Das lange Minuskel-s fehlt! Schoensperger-Fraktur (die einzige dieser Auflistung, die bei Ligafaktur erhältlich und damit vollprogrammiert ist) Ziffern auffällig. 2.6 Unbrauchbare Fraktura Hier noch einige»schwarze Schafe«, deren Gebrauch nicht empfohlen werden kann, meistens weil die für den ordentlichen Fraktursatz notwen- 17

18 dige Glyphen fehlen. Es muss aber betont werden, dass sich dies nur auf die mir vorliegende Digitalisierung bezieht. Burte-Fraktur Nur in einem fetten Schnitt vorliegend, der auch noch schlecht digitalisiert worden ist. Kaum Ligaturen (immerhin die Zwangsligaturen). Das lange Minuskel-s fehlt. Das Alinea fehlt. Der Geviert-Strich fehlt. Cuxhaven-Fraktur Ohne eine einzige Ligatur. Auch der Geviert- Strich fehlt sowie das lange Minuskel-s! Buchstaben fleckig, zum Lesen zu anstrengend. Sehr kleines Fragezeichen. Fraktura Fonteria Mit Ausnahme des doppelten Minuskel-t keine Ligaturen und kein langes Minuskel-s! Alinea fehlt. Geviert-Strich fehlt. Im Druck hakelig und auf Dauer kaum lesbar. Ginkgo-Fraktur Ohne eine einzige Ligatur und ohne langes Minuskel-s! Hans-Fraktur Nur mit den drei Ligaturen ff, fl und ch verfügbar. Obwohl es m und n mit Querbalken und sogar das runde Minuskel-r gibt, fehlt das lange Minuskel-s! Ebenso fehlt der Geviert- Strich und die Digitalisierung ist auch noch mies. Das Versal-L ist sehr auffällig. Leibnitz-Fraktur = Kein langes Minuskel-s! Anführungszeichen unpassend. Ziffern zu zart. Alinea sehr klein. Versalien fleckig. Münchener Fraktur Enthält nur die Ligaturen ch und ck, selbst das lange Minuskel-s fehlt. Nicht einmal die deutschen Umlaute sind enthalten. Digitalisierung furchtbar schlecht. Geviert-Strich fehlt. Für Mengentext (der sich ohnehin nicht sinnvoll setzen ließe) viel zu anstrengend. Sachsen-Fraktur Kein langes Minuskel-s! Kein Alinea. Zenda-Fraktur Von allen untersuchten Schriften mit der geringsten Glyphenzahl (nur 80); daher fehlen auch die meisten Ligaturen (mit Ausnahme von ch, ck und sogar dem seltenen sch!), das lange Minuskel-s und die deutschen Umlaute. Der Geviert-Strich fehlt ebenfalls. Die Digitalisierung ist mies. Das Minuskel-l hat zu viel Fleisch. Offenbar gibt es keine anführenden Gänsefüßchen im Glyphensatz?! 18

19 3 SATZ GEBROCHENER SCHRIFTEN MIT LATEX Das einzige von den gängigen TeX-Distributionen mitgelieferte, aber stark veraltete Paket zur Darstellung gebrochener Schriften mit LaTeX heißt yfonts. Leider zeigt es, trotz der Anpassungen mit dem neuen frakturx- Paket, zahlreiche Mängel. Davon ist ein unvollständiger Zeichensatz nur ein Aspekt. Insgesamt ist die Situation unter TeX unbefriedigend. 3.1 Probleme mit der yfonts-fraktur (yfrak) yfonts stellt Befehle zum Erzeugen von Gotischer-, Schwabacher- und Fraktur-Schrift bereit. Letztere scheint eine Mischung verschiedener Frakturschriften zu sein: aus der Zentenar-Fraktur: Versal-Z aus der Walbaum-Fraktur: Versal-Y, Minuskel-k und die meisten Ligaturen aus der Breitkopf-Fraktur: Versal-F, Versal-Q, Minuskel-z und alle Ziffern Minuskel-x und die Ligatur aus dem langen Minuskel-s und t scheinen eine eigene Entwicklung zu sein; jedenfalls habe ich in meinen Musterbüchern keine Vorlage gefunden. Hier zeigt sich schon das erste Problem mit der yfrak-fraktur: sie vereint Fraktur-Buchstaben aus verschiedenen Epochen und mischt sie bunt zusammen. Das kann nicht stimmig sein. Außerdem: Das Alinea fehlt. Während des Kompilierens wird ein Versal-J in ein Versal-I übersetzt, obwohl ein separates Versal-J laut Glyphentabelle enthalten ist! Es scheinen einige wichtige (fi, fl) und unwesentliche (tt, ft) Ligaturen zu fehlen. Die Versalien sind viel zu schmal und wirken künstlich gedrängt. Kommata und Anführungsstriche sind sehr auffällig. Im Druckbild ist die yfrak-fraktur schlecht lesbar. 3.2 Verwendung der yfrak-fraktur Das yfonts-paket wird in die Präambel eingebunden: 19

20 \usepackage{yfonts} Innerhalb von Antiqua-Passagen kann man temporär auf gebrochene (hier: Frakturschrift) Schrift umschalten: Zwischen den Zeilen braucht man \textfrak{\large ungewohnte Buchstaben-Folgen}. Sollen ganze Passagen oder gar das ganze Dokument in gebrochener Schrift gesetzt werden, schaltet man auf die entsprechende Schriftfamilie um: Dazu wird ein \frakfamily vor dem betreffenden Abschnitt oder am Beginn des Dokumentes platziert: {\frakfamily \large Hier steht mein in gebrochener Schrift gesetzter Abschnitt.} Neben der Frakturschrift können weitere gebrochene Schriften angesprochen werden: \gothfamily bzw. \textgoth{text} für Gotische Schrift; \swabfamily bzw. \textswab{text} für Schwabacher Schrift; und \initfamily bzw. \textinit{text} für Fraktur-Initale (siehe Abschnitt 3.12). 3.3 Textauszeichnungen Durch Schriftmischung mit Schwabacher \textfrak{\large Im \textswab{satz} gibt es: \textswab{etwas:} aus:zuzeichnen Durch Schriftmischung mit Antiqua Aus dem Lateinischen stammende Fremdwörter (auch Eigennamen, Personen-Namen etc.) sollte man in einer etwas verkleinerten Antiqua setzen: \textfrak{\large Wie sich zeigt, lassen sich \textnormal{ionen} von \ textnormal{calcium} und \textnormal{mangan} problemlos: \ textnormal{substituieren}.} 3.3.3Durch Sperrung Die Sperrung eines Wortes kann leicht über eine Option des microtype- Pakets und einen Befehl \textls{gesperrtes Wort} erreicht werden: \usepackage[letterspace=200]{microtype}... \textfrak{\large Innerhalb eines: Fraktur-Textes: kann man ganz \ textls{wunderbar} die Wörter hervorheben, indem man sie \ 20

21 textls{sperrt}. Dabei werden Zwang-Ligaturen wie ch und tz \ textls{richtigerweise} zusammengehalten \textls{gesetzt}.} 3.4 Ligaturen Die verfügbaren Ligaturen werden automatisch gesetzt. Dazu zählen z. B. ch, ck, tz und ſſ. Müssen Ligaturen an bestimmten Stellen aufgehoben werden, geschieht dies, wie in LaTeX üblich, durch Eingabe von " ent" ziehen nicht entziehen 3.5 Deutsche Umlaute Deutsche Umlaute können bei Minuskeln auf die ursprüngliche 12 oder moderne Weise dargestellt werden. Die Eingabe erfolgt mit dem Asterisk: l*auten, m*ogen, k*ussen Wer die moderne Schreibweise mit dem Trema bevorzugt, benutzt im Quellcode die ASCII-Anführungszeichen: l"auten, m"ogen, k"ussen Ergänzt man das yfonts-paket mit der Option varumlaut, kann man ggf. die bestehende Schreibweise der deutschen Umlaute beibehalten. Die oben beschriebene Vorgehensweise funktioniert so nur mit den Minuskel- Umlauten; die Versal-Umlaute werden auf diesem Weg nur mit Strichlein anstelle dem aufgesetzten Minuskel-e dargestellt. Wer mit XeLaTeX kompiliert, könnte mitunter beim Setzen der Majuskel- Umlaute auf Fehlermeldungen stoßen. 3.6 Langes und rundes Minuskel-s, Eszett Wird im Quellcode das»normale«minuskel-s geschrieben, setzt LaTeX daraus automatisch ein langes Minuskel-s. Das runde Minuskel-s wird mit einem folgenden Doppelpunkt gekennzeichnet: sicher Rasen Haus: aus:laufen 12 Statt der zwei Strichlein (heute nur noch Pünktchen = Trema über a, o und u) erscheint ein Minuskel-e. 21

22 3.7 Akzente Die mit yfonts mitgelieferte Fraktur gestattet die Eingabe einer ganzen Reihe von Akzentbuchstaben: á bzw. \'a č bzw. \v{c} 3.8 Binde- und Spiegelstriche Die Eingabe eines einzelnen Bindestrichs im Quellcode führt zu der in der Fraktur typischen Darstellungsweise: Haus:-Besuch Eingefügte Textpassagen werden mit einem langen Spiegelstrich (keinem Gedankenstrich und keinem Bindestrich!) abgegrenzt: Damals: --- als: ich noch hier lebte --- war alles: schöner. 3.9 rc-ligatur Das vom yfonts-paket bereitgestellte Kommando \etc erzeugt die sog. rc- Ligatur (siehe Abschnitt 2.1) Anführungszeichen Im Fraktursatz werden die klassischen deutschen Anführungszeichen (Gänsefüßchen) verwendet: "`Das: ist toller Text"', sagte er Aufzählungen Aufzählungen werden innerhalb des Fraktursatzes mit Ziffern einer Antiqua-Schrift gesetzt: {\frakfamily \fraklines \large Was: f*ur den Urlaub mit" zunehmen ist: \textnormal{(1)} ein Handtuch, \textnormal{(2)} der Regenschirm, \ textnormal{(3)} die Sonnenmilch. 22

23 3.12Initiale Eine großartige Sache des yfonts-pakets sind die Initiale, die sich auf einfache Weise erzeugen lassen: {\frakfamily \fraklines \yinipar{m}it diesem Beispiel will ich etwas: Text zeigen. Damit ich nicht viel tun mus{s:}, setze ich mit Blindtext fort. Wie man erkennt, gehts: hier weiter.\par} Ohne das \par-kommando am Ende des Blocks wird das Initial außerhalb der Kolonne dargestellt. 3.13Schriftgröße beeinflussen Ohne Nachbesserung fällt die Schriftgröße der Fraktur meiner Meinung nach zu klein zum Lesen aus. Zur Vergrößerung einfach die geläufigen Größenregler wie \large, \Large etc. voranstellen: \textfrak{\large Dieser Text ist viel gr*oßer gesetzt und damit leichter les:bar!} 3.14Anpassung des Zeilenabstands Für gewöhnlich ist der Zeilenabstand (in LaTeX der sog. baselineskip) für Frakturschriften mit yfrak etwas zu groß und sollte daher mit dem Kommando \fraklines (nur für die Gruppen Fraktur und Schwabacher Schrift!) korrigiert werden, indem er zu Beginn der angesprochenen Gruppe gesetzt wird. Der Befehl muss nach jedem Wechsel der Schriftgröße wiederholt werden. {\frakfamily \large \fraklines \blindtext \par} 23