Umschau. Psychotherapie-Zugang für psychotisch erkrankte Menschen verbessert. Wie Hometreatment psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen hilft

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1 Einzelpreis 9,90 Euro 30. Jahrgang aktuelles aus psychiatrie und gemeinde PSYCHOSOZIALE psychosoziale umschau 04 /2015 Umschau norbert mönter und norbert hümbs Psychotherapie-Zugang für psychotisch erkrankte Menschen verbessert gespräch mit isabel böge Wie Hometreatment psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen hilft ulrich krüger Pflegereform schreitet voran

2 2 Psychosoziale Umschau Editorial Das Versprechen der Teilhabe Foto: Ernst Fesseler Ein ungewöhnlich heißer Sommer liegt hinter uns. Mit den wiederkehrenden herbstlichen Temperaturen bekommen die Akteure der Sozialpsychiatrie hoffentlich wieder einen kühlen Kopf, um die sozialpolitischen Bewegungen des Sommers zu verarbeiten: Der erste Entwurf des Bundesteilhabegesetzes wird in diesem Jahr noch kommen. Die Ablösung der in der Sozialhilfe verorteten Eingliederungshilfe wird voraussichtlich noch in dieser Legislaturperiode Realität. Die Erwartungen an das Gesetz schwanken zwischen Hoffnung auf die Umsetzung des personenzentrierten Ansatzes und der Befürchtung eines Spargesetzes. In unserem Beitrag (S. 28 f.) werden die Essenzen des Abschlussberichts wiedergegeben, damit sich die Umschau lesenden Betroffenen, Angehörigen und Profis ein erstes Urteil über das zu Erwartende machen können. Die sozialrechtliche Überraschung des Sommers war der Referentenentwurf des Pflegestärkungsgesetzes II. Dieses wird für Menschen mit Demenz und Behinderung eine deutliche Verbesserung und finanzielle Entlastung bedeuten, wie unsere Infografik (S. 24 f.) und der Beitrag von Uli Krüger (S. 26) zeigen. Insbesondere die Leistungen der ambulanten Pflege können von Menschen mit psychischen Erkrankungen nun erstmals in ausreichendem Maße in Anspruch genommen werden, weil sie von der Pflegekasse in nennenswerter Höhe finanziert werden. Damit tritt im Bereich der Pflege eine Versicherungsleistung an die Stelle von sozialhilfefinanzierten Leistungen. Ob dies bei den Leistungen der ambulanten Soziotherapie ebenso der Fall sein wird, bleibt nach Auffassung der erfahrenen Soziotherapeutin Petra Godel-Ehrhardt abzuwarten. Nach langer Zeit wurde auch erreicht, dass alle Menschen mit psychischer Erkrankung Anspruch auf eine Psychotherapie haben (S. 34). Wie Martin Kroll (S. 45 f.) wurde diese vielen Menschen mit schizophrener Erkrankung jahrelang verweigert. Es bleibt abzuwarten, ob Psychotherapeuten in Zukunft das Tabu der Psychosentherapie überwinden oder sich mit Wartelisten etc. dem gesetzlichen Anspruch entziehen. Entscheidend wird sein, wie stark die Betroffenen und ihre Angehörigen auf die Einlösung der gesetz - lichen Vorgaben beharren. Wie die Beiträge von Manfred Desch (S. 41) und Christian Zechert (S. 40) zur Entwicklung der Psychisch- Kranken-Hilfegesetze in Hessen und die Reform des Maßregelvollzugs deutlich machen, muss die Selbsthilfe gehört werden, wenn Hilfen wirklich helfen sollen. Die Erwartungen sind hoch, dass die neuen Gesetze vieles besser machen, sie werden abkühlen wie der Sommer. Was bleibt, sollte daran gemessen werden, was versprochen wurde. Von allen Akteuren und natürlich auch von Ihrer Redaktion

3 Inhalt Psychosoziale Umschau Psychiatrie & Gemeinde Gemeindepsychiatrie können Profis nicht allein Einbeziehung und fachliche Unterstützung von Selbst- und Bürgerhilfe sind Schlüssel für die Teilhabe psychisch kranker Menschen Achim Dochat 4 Das selbsthilfefreundliche Krankenhaus Jens Bullenkamp 6 Crystal Meth Ein Versuch der Sensibilisierung unter Vermeidung einer Skandalisierung Charlotte Dahlheim 8 Sicherheit durch Kompetenz Bundeskonferenz Forensische Pflege setzt Zeichen Christoph Müller 10 Brückenbauer haben sich bewährt Nach zehn Jahren»Experienced Involvement«werden jetzt auch Angehörigen-Peers ausgebildet Cornelia Schäfer 12 Verrücktes Gesundheitswesen: Was macht mich krank? Was macht mich gesund? Der 4. Landespsychiatrietag in Baden-Württemberg Wilhelm Krauspe 13 Was Angehörige und in der Psychiatrie Tätige gemeinsam bewegen können Christian Zechert 14 Psychiatrische Praxis & Soziale Arbeit Psychoedukation in einfacher Sprache Sabine Fuchs 15 Wenn zu dem Befund das Befinden kommt In Bremerhaven arbeiten Genesungsbegleiter mit der Pflege auf Station Angelika Lacroix und Gisbert Eikmeier 16 Kunst & Kultur Kunst schafft Integration und Inklusion Heike Engelhardt 18 Nachgefragt Wenn das Krankenhaus nach Hause kommt Isabel Böge erzählt Cornelia Schäfer, wie Hometreatment psychisch kranken Kindern und Jugendlichen hilft 20 Im Blickpunkt Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Michael Konrad, Lina Kamwar 24 Sozial- & Gesundheitspolitik Pflegereform schreitet voran neues System ab 2017 Ulrich Krüger 26 Psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen Zivilgesellschaftliche und gesundheitspolitische Herausforderungen annehmen Daniel Deimel 27 Es kommt darauf an, was man daraus macht Die AG Bundesteilhabegesetz hat die Weichen für die Reform in der Eingliederungshilfe gestellt Michael Konrad 28 Ambulantisierung und Flexibilisierung der Leistungen Wie Hilfeplankonferenzen Planung und Gewährung von Teilhabe erfolgreich steuern Michael Konrad 30 Was bedeutet die Änderung der Soziotherapierichtlinie für die Gemeindepsychiatrie? Petra Godel-Ehrhardt 32 Psychotherapie-Zugang für psychotisch erkrankte Menschen verbessert Norbert Mönter und Norbert Hümbs 34 Recht konkret Anspruch auf Psychotherapie Margret Stolz 35 Arbeit & Rehabilitation Berufliche Perspektiven am allgemeinen Arbeitsmarkt Übergänge aus der Werkstatt für seelisch behinderte Menschen im Kontext der Aktion 1000 Berthold Deusch 36 Report: Arbeiten mit Schizophrenie Manfred Becker 38 Angehörigenbewegung Die Novellierung des Maßregelvollzugs was Angehörige sich wünschen Christian Zechert 40 Können, wollen, dürfen, müssen Das Psych-KHG in Hessen im Spannungsfeld zwischen Freiheitsrechten, Schutzrechten und Finanzierungsfragen Manfred Desch 41 Bundesverdienstkreuz für Hans Jochim Meyer Initiativen und Impulse des LVApK Hamburg strahlen über die Hansestadt hinaus Christian Zechert 42 Neu beim Bundesverband der Angehörigen 43 Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener Die Erleichterung, endlich zu wissen, was das Problem ist Der lange Kampf eines psychose-erfahrenen Mannes um einen Psychotherapieplatz Martin Kroll 45 Nutzercheck: Faktencheck-gesundheit.de Rainer Höflacher 47 Kurz & knapp Drogenbericht Klare Regeln für Pharmasponsoring 48 Mehr Miteinander im Krankenhaus 48 Aktionsbündnis Teilhabeforschung gegründet 49 Unabhängige Patientenberatungen vor dem Aus 49 Neues Vereinswiki online 49 Übersicht über das Sozialrecht 49 Kreativ-Selbsthilfe mit eigener Website 49 Recoverygeschichten gesucht 49 Bücher & Medien Fundiert und inspiriert Matthias Lauterbach: Engagiert und gesund bleiben Gabriele Tergeist 51 Führungsaufgabe Gesundheitsförderung Christian Janßen und Jürgen Lempert-Horstkotte (Hg.): Betriebliche Gesundheitsförderung zur systematischen Gestaltung gesunder Arbeit im Sozial- und Gesundheitswesen Christoph Müller 51 Gute Versorgung braucht gute Finanzierung Arno Deister, Bettina Wilms: Regionale Verantwortung übernehmen Sabine Fuchs 52 Netzwerktypen Heiko Hoffmann: Borderline-Interaktionen Reiner Zitzmann 53 Zuhören bitte Hartwig Hansen (Hg.): Höllenqual oder Himmelsgabe. Erfahrungen von Stimmen hörenden Menschen Christian Burr 54 Therapiewahn oder Normalität? Peter Wißmann: Nebelwelten Christoph Müller 54 Empörung aus Erfahrung Wilhelm Krauspe: Psychiatrie am Pranger Christian Zechert 55 Die subjektive Seite der Fakten Peter Mannsdorff u.a.: Das kleine ABC der Psychiatrie Eine Bestandsaufnahme der besonderen Art. Profis aus Erfahrung berichten Stephan Eberle 56 Leserbrief 57 Impressum 57 Termine 58

4 4 Psychosoziale Umschau Psychiatrie & Gemeinde Gemeindepsychiatrie können Profis nicht allein Einbeziehung und fachliche Unterstützung von Selbst- und Bürgerhilfe sind Schlüssel für die Teilhabe psychisch kranker Menschen Von Achim Dochat Es häufen sich Veröffentlichungen mit dem alarmierenden Befund, dass die Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen nicht nur nicht geringer geworden sind, sondern sogar zugenommen haben. Zusammenfassend wird festgestellt: Mehr Menschen glauben an biologische Ursachen der Krankheit, weniger an psychosoziale Erklärungen. Das Gefühl von Unbeeinflussbarkeit, Unverstehbarkeit und Gefährlichkeit steigt. Der Wunsch nach Distanz wächst, man möchte keinen»schizophrenen«als Kollegen, Nachbarn oder Schwiegersohn. Die Akzeptanz von Zwangsbehandlung und Zwangseinweisung steigt. Weniger Menschen sind bereit, abweichendes Verhalten zu akzeptieren. Offensichtlich hat sich die Vielzahl zur Verfügung stehender Informationen nicht in Einstellungs-, Gefühls- und Verhaltensänderungen niedergeschlagen. Was ist hier schiefgelaufen? Es sieht so aus, als ob die großen Anti - stigma- und Informationskampagnen wie zum Beispiel»Open the doors«zu Beginn der 2000er-Jahre auf das falsche Pferd gesetzt haben. Inhaltlich wurde sehr stark auf ein medizinisches Krankheitsverständnis abgestellt, das Schizophrenie als behandelbare Erkrankung in Analogie zu einem körperlichen Defekt beschreibt. (Ein Grund übrigens, warum sich auch Pharmafirmen stark finanziell beteiligt haben.) Man hat in der Folge einerseits erwartet, dass eine biologische Krankheitsursache mit größerem Behandlungsoptimismus verbunden wird. Andererseits hat man gehofft, dass die Tatsache, dass sie für ihre Gehirnerkrankung selbst nichts können, die Betroffenen entlastet und die Akzeptanz psychischer Erkrankungen erhöht. Das ist offensichtlich nicht aufgegangen, beide Effekte konnten nicht nachgewiesen werden. Stattdessen zeigen die Befragungsergebnisse, dass die Annahme biologischer oder genetischer Ursachen mit einem höheren Maß an Verunsicherung und Furcht vor einer potenziellen Gefährlichkeit verbunden sind. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Bürger gestiegen. Die Betonung des Selbstbestimmungsrechts psychisch kranker Menschen mit Ambulantisierung und Gemeinwesenorientierung bringt auch mit sich, dass abweichendes Verhalten stärker öffentlich wahrnehmbar wird und Toleranz fordert. Im Gefühl zunehmender Komplexität des Alltags sinkt die Bereitschaft, zusätzliche Belastungen auszuhalten, sich mit schwierigen Situationen oder Menschen auseinanderzusetzen. In der Folge kommt es zu mehr Abwehrhaltungen, Wünschen nach Ruhe und Privatheit und schließlich auch hier zu»fremden«feindlichen Haltungen. Sensations- und Horrormeldungen in den Medien von gefährlichen, unberechenbaren Menschen, das Bild psychisch Kranker in Spielfilmen u.a.m. reichern solche Meinungsbildungsprozesse emotional an. Man wird sich also kaum darauf verlassen können, dass gesellschaftliche Teilhabe ein von rationaler Einsicht getragener Selbstläufer sein wird. Vorurteilsbekämpfung braucht persönliche Erfahrung Psychische Erkrankungen sind gleichzeitig medizinisches und soziales Geschehen. Sie sind immer zu einem Teil auch Beziehungskrankheiten. Sowohl Krankheitsentwicklung als auch Behandlung vollziehen sich im Wesentlichen in Beziehungen. Wir wissen aus der Resilienzforschung und Recoverybewegung, dass soziale Eingebundenheit, Sinnerleben und Beziehungen wesentliche Förder- und Heilfaktoren sind. Einstellungen gegenüber Menschen und Gruppen ändern sich am ehesten im persönlichen Kontakt, im praktischen Umgang miteinander, im Kennenlernen des anderen als Mensch. Schließlich geht es ja auf beiden Seiten um Verunsicherung und ängstliche Distanzierung. Antistigma-Arbeit in diesem Sinne macht Erfahrungen des gegenseitigen Erlebens möglich und organisiert praktische Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Orte der Begegnung, des Lernens voneinander auf Augenhöhe haben sich als weit wirksamer erwiesen als medizinische Hochglanzaufklärung. Im persönlichen Kontakt finden durchaus Aha-Erlebnisse statt. Positive Beispiele für das Gelingen solcher lernenden Begegnungen sind Psychoseseminare, Fortbildungs- und Präventionsprojekte wie»irrsinnig menschlich«( oder auch inklusive Kunstprojekte und offene Ateliers, in denen sich Fachmitarbeiter, Psychiatrie-Erfahrene, Angehörige mit Bürgerinnen und Bürgern im kreativen Tun begegnen. Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen haben sich nicht durch Information erledigt. Sie scheinen sogar auf dem Vormarsch und erschweren damit nicht nur die Arbeit der Anbieter psychiatrischer Hilfen, sondern auch die Umsetzung der Forderungen der UN-BRK und vor allem das Leben jedes einzelnen Erkrankten. Ihre Zunahme bedeutet eine der größten Herausforderungen und ein erhebliches Risiko für die Weiterentwicklung des gemeindepsychiatrischen Projekts. Antistigma-Arbeit muss deshalb die große gemeinsame Zukunftsaufgabe der Gemeindepsychiatrie sein. Mit dem Aufbau von gemeindepsychiatrischen Angeboten war auch die Hoffnung auf die entstigmatisierende Wirkung von mehr Alltagsnähe und Akzeptanz psychi - scher Erkrankungen verbunden. Die beschützenden Einrichtungen und Betreuungsverhältnisse in der Gemeinde sind entstanden mit dem Ziel, Behandlung und Betreuung in die alltägliche Lebenswelt zurückzuholen und damit sozialen Ausschluss und die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken zu verhindern. Man hat mitunter den Eindruck, dass sie inzwischen ihrerseits zu einer eigenen Welt geworden sind, in der sich Marginalisierung und Mangel an gesellschaftlichem Wert bestätigen. Träger und ihre Mitarbeiter entwickeln ihr Angebot unter dem Blickwinkel von Betreuungsbedarf und Maßnahmen. Ergebnis sind dann oft nur finanzierbare Surrogate für Teilhabe, Kontakt, Beschäftigung und Freizeit. Es wäre aber zu einfach zu sagen, die Einrichtungen haben das Ziel der Eingliederung aus den Augen verloren. Der Auftrag an die Mitarbeiter, Platz zu schaffen in der Gemeinde für psychisch kranke Menschen, hat zwei Seiten. Sie sollen helfen, den Platz zu erstreiten in der Nachbarschaft, im Betrieb, im Verein. Und sie sollen einen eigenen Platz als Schutzraum bei Bedarf anbieten. Die Aufgabe heißt also, unter Wahrnehmung der Verletzlichkeit der Klienten Fragen der Richtung, des Werts des Lebens, der Position in der Gesellschaft Raum und Zeit zu geben und Teilhabe möglich zu machen.

5 Psychiatrie & Gemeinde Psychosoziale Umschau Die beeindruckende Geschichte der Professionalisierung und Institutionalisierung der Gemeindepsychiatrie hat ein Bild von guter Versorgung befördert, das die Antwort auf wachsende Herausforderungen allein in weiterer Professionalisierung sieht. Engagement von Erfahrenen, Angehörigen und Bürgerhelfern erscheint in diesem Verständnis lediglich als Ergänzungsangebot, das nur so lange gebraucht wird, bis ein vollprofessionelles Angebot die Mitarbeit von Laien erübrigt. Der Bedarf an ehrenamtlicher Mitarbeit und Selbsthilfeförderung besteht nicht, um Personallücken auszugleichen, sondern weil Integration und Teilhabe die Aufgabe ist. In ihrem anderen Zugang liegt ein eigener Wert für die Qualität des Angebots, eine andere Form von Beziehung, von Normalität und Alltagsorientierung, als sie durch professionelle Konzepte hergestellt werden kann. Es ist schon ein qualitativer und Beziehungsunterschied, ob Patienten von Profis Angebote der Alltagsgestaltung erhalten oder als Bürger von anderen Bürgern mitgenommen werden. Quelle: Ernst Fesseler Psychisch kranke oder behinderte Menschen brauchen Unterstützung bei der Eroberung der Welt außerhalb von Einrichtungen und gleichzeitig die Möglichkeit eines sicheren Rückzugs. Eine Kontaktstelle kann manchmal ein beruhigenderer Ort sein als ein Verein oder ein öffentliches Café. Bürgerhilfe hilft hier, die Verbindung zur Welt herzustellen und zu halten. Sie setzt behutsam im sicheren Raum an. Sie schafft Partizipations- und Engagementangebote, in denen Nutzer sich als Teil eines aktiven Netzwerks erleben mit eigenen Mitwirkungs- und Gestaltungschancen; Anerkennung und Nutzung des Erfahrungswissens der Klientel durch Einbeziehung von Peer-Beratung und Förderung von Selbsthilfe; normalisierende Begegnung und Berührung mit dem gesellschaftlichen Leben durch Bürgerhilfe. Bürgerhilfe stärken Ein sachgerechtes Verständnis von Professionalisierung der Gemeindepsychiatrie schließt auch Hilfe zur Selbsthilfe und Hilfe für die Helfer zur Selbsthilfe ein. Aktivierung, Förderung und fachliche Unterstützung von Selbst- und Bürgerhilfe mag sich bei Mitarbeitern der Gemeindepsychiatrie nicht uneingeschränkter Beliebtheit erfreuen, sie ist dennoch eine wesentliche und anspruchsvolle Aufgabe. Inklusion und Teilhabe ergeben sich nicht von selbst durch den Verzicht auf spezialisierte Hilfsangebote und Einrichtungen. Es kommt darauf an, die Chancen für Teilhabe zu verbessern durch: Schaffen der Voraussetzungen zum Erobern des Sozialraums, Ermöglichung von Begegnung, Sichern des Rückzugs, Helfen beim Finden und Erschließen von Möglichkeiten. Getreu dem Prinzip: So viel Teilhabe wie möglich, so wenig Unterstützung wie nötig. Während Psychiatrie-Erfahrene und Angehörige mit wachsendem Selbstbewusstsein und Erfolg dabei sind, ihren Platz selbst zu erstreiten, und das Verständnis für den Wert von Selbsthilfe und Peer-Beratung auch auf professioneller Seite wächst, scheint Bürgerhilfe zuletzt etwas ins Abseits zu geraten. Allerdings wäre der Verzicht auf diese Ressource ein unschätzbarer Verlust. Um Vorurteile abzubauen, sind persönliche Begegnungen hilfreicher als Antistigma-Kampagnen. Anschluss an die Gesellschaft, bietet Chancen auf Teilhabe und soziale Anbindung und nimmt dabei das Bedürfnis nach Schutz und Unterstützung ernst. Wer nach prägenden Erfahrungen der Zurückweisung, der Nichterwünschtheit den Weg in die Öffentlichkeit wagt, braucht Verbündete. Bürgerhilfe bringt Gesellschaft auf behutsame Weise in das geschützte System ein. Sie holt Menschen ab, unterstützt sie auf dem Weg aus der Psychiatrie heraus und ist selbst der erste Schritt auf diesem Weg. Sie ist Brückenbauer hin zur Gesellschaft und behutsamer Vorbereiter und Begleiter auf dem Weg über die Brücke. Und Bürgerhelfer sind ihrerseits wichtige Botschafter und Multiplikatoren in der Welt draußen. Auf die Mischung kommt es an Selbstverständlich kann Gemeindepsychiatrie nicht auf Fachlichkeit auf der Höhe der Zeit verzichten. Sie braucht aber auch: Das Wiedererstarken von Vorurteilen steht auch für die Begrenzung einer sich nur naturwissenschaftlich begründenden psychiatrischen Fachlichkeit. Antistigma-Arbeit durch Fachinformation ist nicht nur nicht gelungen, sie hat vermutlich mit zur Vorurteilsverstärkung beigetragen. Einer Gemeindepsychiatrie, die in falsch verstandener Professionalität die soziale und die persönliche Dimension psychischer Erkrankung ausblendet, droht der Verlust eines wesentlichen Teils ihrer Grundlage und ihrer Wirkung. Der Auftrag inklusiver, teilhabeorientierter Unterstützung ist auf diese Weise kaum erfüllbar. Auch wenn die Gemeindepsychiatrie es selbst mancherorts nicht wahrhaben will: Die Zukunft liegt in einer Mischung aus psychiatrischer Fachlichkeit, Selbsthilfe und Bürgerhilfe. Achim Dochat leitet das Geschäftsfeld Sozialpsychiatrie der BruderhausDiakonie.

6 6 Psychosoziale Umschau Psychiatrie & Gemeinde Das selbsthilfefreundliche Krankenhaus Von Jens Bullenkamp Seit dem 16. Juli 2012 ist das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim ein zertifiziertes»selbsthilfefreundliches Krankenhaus«. Was man darunter versteht und wie es hierzu kam, soll in diesem Beitrag beschrieben werden. Die Vorgeschichte Das Konzept des selbsthilfefreundlichen Krankenhauses wurde 2004 von Prof. Alf Trojan entwickelt, dem damaligen Direktor des Instituts für Medizin-Soziologie in Hamburg. Im Zuge eines Modellprojekts erhielten im Jahr 2006 erstmalig mehrere Fachabteilungen eines Krankenhauses in Hamburg das dazugehörige Qualitätssiegel verliehen. Hierfür mussten sie den Nachweis erbringen, dass sie die Erfahrungen der Selbsthilfe in das therapeutische Handeln der Klinik integriert hatten. In Zusammenarbeit mit Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen sollte vor allem der Kontakt zwischen Patienten und den vorhandenen Selbsthilfeangeboten aktiv unterstützt werden, was durch die Erfüllung verschiedener Qualitätskriterien überprüft wurde. Zur weiteren Verbreitung des Prinzips der Selbsthilfefreundlichkeit erfolgte dann im Juni 2009 die Gründung des»netzwerks Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen«. Mit Unterstützung des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen wurden Selbsthilfeagenturen in verschiedenen Regionen des Bundesgebiets eingerichtet, die den Auftrag erhielten, regionale Kooperationen von Selbsthilfekontaktstellen und ausgewählten Projektkrankenhäusern zu initiieren. Vor diesem Hintergrund kam es im Frühjahr 2010 zum ersten Kontakt zwischen der Agentur Selbsthilfefreundlichkeit Mannheim und dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit. Das ZI gewährleistet mit seinen vier Kliniken die psychiatrische Versorgung der Mannheimer Bevölkerung und ist gleichzeitig ein neurowissenschaftliches Forschungsinstitut von internationaler Bedeutung. Die Zusammenarbeit mit Selbsthilfeorganisationen wird hier bereits seit vielen Jahren gepflegt, sowohl in den einzelnen Klinikbereichen als auch im außerstationären Bereich. So verfügt das ZI bundesweit einzigartig über eine Abteilung Gemeindepsychiatrie, deren Hauptaufgaben die psychosoziale Nachsorge und die Kooperation mit komplementären Einrichtungen und Diensten beinhalten. Unter anderem wurden in Mannheim auf Initiative der Abteilung Gemeindepsychiatrie bereits in den frühen 1980er-Jahren eine Angehörigengruppe gegründet und Anfang der 1990er- Jahre ein trialogisch orientiertes Psychoseseminar aufgebaut. Das Projekt Der Weg zum selbsthilfefreundlichen Krankenhaus begann für das ZI mit der Ernennung eines Selbsthilfebeauftragten, womit bereits eines der vorgegebenen Qualitätskriterien erfüllt war. Übernommen wurde diese Funktion vom Autor, der als Leiter der Abteilung Gemeindepsychiatrie bereits zuvor Kontakt zu verschiedenen Selbsthilfegruppen und dem Gesundheitstreffpunkt Mannheim (GTP) hatte, der regional zuständigen Kontakt- und Informationsstelle. Am Anfang stand die Analyse der Ist-Situation; dabei zeigte sich, dass eine Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen auf verschiedenen Ebenen des ZI bestand, diese aber nur im Bereich der Klinik für Suchtmedizin regelmäßig und strukturiert erfolgte. In einem zweiten Schritt wurde dann in einem Treffen mit allen interessierten Selbsthilfegruppen über das Projekt Selbsthilfefreundlichkeit informiert. Hierzu erschienen mehr als 20 Gruppierungen, die überwiegend zuvor noch nie mit dem ZI zusammengearbeitet hatten. Dabei zeigte sich eine recht heterogene Interessenlage, die von dem Wunsch nach Gewinnung neuer Gruppenteilnehmer oder Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit bis hin zur Teilnahme an wissenschaftlichen Studien reichte. Im Oktober 2010 erfolgte dann die formale Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung zwischen ZI und der Agentur Selbsthilfefreundlichkeit Mannheim. Im Rahmen einer Kick-off-Veranstaltung wurde das Projekt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ZI vorgestellt, wobei vor allem Vertreter verschiedener Selbsthilfegruppen Gelegenheit erhielten, sich selbst und ihre Wünsche für eine bessere Zusammenarbeit mit dem ZI darzustellen. Im Zuge eines nachfolgenden Forums im GTP wurde eine repräsentative Auswahl von Selbsthilfegruppen gefunden, die gemeinsam mit den Projektpartnern einen»qualitätszirkel Selbsthilfe ZI«begründeten. Dieser begleitete den weiteren Prozess zum selbsthilfefreundlichen Krankenhaus, wobei er sich inhaltlich an den vorgegebenen Qualitätskriterien orientierte: Selbstdarstellung wird ermöglicht. Auf Teilnahmemöglichkeit wird hingewiesen. Die Öffentlichkeitsarbeit wird unterstützt. Ein Ansprechpartner ist benannt. Der Informations- und Erfahrungsaustausch ist gesichert. Zum Thema Selbsthilfe wird qualifiziert. Partizipation der Selbsthilfe wird ermöglicht. Kooperation ist verlässlich gestaltet. Die Umsetzung Den Schwerpunkt bildeten dabei Maßnahmen, über die Patienten und Angehörige sowie die Mitarbeiter des ZI mehr Informationen zum Angebot der Selbsthilfe erhalten sollten. Als erster Schritt wurde hierfür ab April 2011 eine monatliche Info-Veranstaltung im Foyer des ZI-Therapiegebäudes

7 Psychiatrie & Gemeinde Psychosoziale Umschau Foto: Jens Bullenkamp etabliert, bei der Vertreter von Selbsthilfegruppen sowohl über ihre eigenen Gruppen als auch über die Selbsthilfe im Allgemeinen informieren. Allen Selbsthilfegruppen wurde außerdem Gelegenheit geboten, ihre Informationsflyer an zentralen Punkten des ZI und auf den Stationen auszulegen. Darüber hinaus wurde ein Merkblatt»Selbsthilfe am ZI«erstellt (siehe Abbildung), das alle Patienten des ZI bei ihrer Aufnahme erhalten, und in dem über das Projekt, die beteiligten Selbsthilfegruppen und potenzielle Ansprechpartner informiert wird. Dieser Info-Flyer wird regelmäßig aktualisiert, da sich die Selbsthilfe als sehr lebendige Szene gezeigt hat, die einem steten Wandel unterliegt. Neu gegründete Gruppen können zusätzlich über Aushänge nach weiteren Interessenten für ihr Angebot suchen. Im Zuge dieser Maßnahmen gelang es auch, die Selbsthilfe direkt in das therapeutische Programm der diagnosespezifisch organisierten Stationen einzubeziehen. Turnusmäßig informieren Vertreter der relevanten Selbsthilfegruppen bei Depression, Psychose, Angst, u.a. über ihre Erfahrungen mit einer psychischen Erkrankung und die mögliche Bedeutung von Selbsthilfegruppen bei deren Bewältigung. Im Bereich der Klinik für Suchtmedizin ist dies bereits seit vielen Jahren etabliert gewesen, während dies für andere Bereiche des ZI eine Öffnung nach außen bedeutete. Hiervon profitieren alle Beteiligten erheblich: Patienten und Klinik durch das zusätzliche Behandlungsangebot, Selbsthilfegruppen durch mehr Öffentlichkeit und neue Teilnehmer. Die Öffentlichkeitsarbeit der Selbsthilfegruppen wird darüber hinaus noch durch Sonderveranstaltungen unterstützt, die gemeinsam vom ZI und dem GTP organisiert werden. Anfänglich diente dies vorwiegend der Information über das Projekt»Selbsthilfefreundliches Krankenhaus«und der Weiterbildung der Mitarbeiter des ZI. Nachdem aus dem Projekt inzwischen eine feste Institution geworden ist, findet jetzt jährlich ein»selbsthilfetag am ZI«statt, bei dem zahlreiche Info-Stände von Selbsthilfegruppen und -organisationen den Rahmen für ein Programm mit Themenvorträgen und kulturellen Beiträgen verschiedener Selbsthilfegruppen bilden. Durch die Integration in die»mannheimer Woche der Seelischen Gesundheit«zum Welttag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober konnte hierdurch ein beachtliches Interesse von Öffentlichkeit und Politik gefördert werden. Die Auswirkungen Zur Erfüllung der vom»netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit im Gesundheitswesen«vorgegebenen Kriterien für die Zertifizierung als»selbsthilfefreundliches Krankenhaus«mussten am ZI neben den vorgestellten Maßnahmen noch eine Reihe an organisatorischen Bedingungen beachtet werden. Nachdem diese nicht allzu hohen Hürden überwunden waren, erhielt das Institut dann am 16. Juli 2012 das Qualitätssiegel»Selbsthilfefreundliches Krankenhaus«. Dieses wird auf zwei Jahre verliehen und bedarf dann einer Re-Zertifizierung, die an eine Mitgliedschaft im Netzwerk gekoppelt und gebührenpflichtig ist. Entsprechend wurde die Arbeit in der oben dargestellten Weise in der Verantwortung des Selbsthilfebeauftragten fortgeführt, der darin vom GTP, dem Qualitätszirkel und den Selbsthilfegruppen unterstützt wird. Insgesamt ist die Präsenz der Selbsthilfe im Alltag der Klinik deutlich gestiegen, auch wenn dies natürlich nicht immer und überall gültig ist. So wird z.b. auf zahlreichen Wegen (Aushänge, , Homepage) auf den monatlichen Info-Stand aufmerksam gemacht, ohne dass diese Information auch alle Patienten erreichen würde. Dabei muss natürlich berücksichtigt werden, dass längst nicht jeder psychisch erkrankte Mensch und nicht jeder Angehörige an dem Angebot einer Selbsthilfegruppe interessiert ist. Es ist aber wichtig, dass möglichst viele Personen auf die grundsätzlich vorhandene Möglichkeit hingewiesen werden und dann auch Informationen erhalten, wie sie den Weg zur Selbsthilfe finden können. Die regelmäßigen Anfragen, die den Selbsthilfebeauftragten des ZI hierzu erreichen, sprechen dafür, dass dies am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim durch das Projekt»Selbsthilfefreundliches Krankenhaus«weitgehend gelungen ist. Dr. Jens Bullenkamp ist als Psychiater und Psychotherapeut Leiter der Abteilung Gemeindepsychiatrie am ZI und Selbsthilfebeauftragter der Klinik.

8 8 Psychosoziale Umschau Psychiatrie & Gemeinde Crystal Meth Ein Versuch der Sensibilisierung unter Vermeidung einer Skandalisierung Von Charlotte Dahlheim Keine andere Droge hat in den letzten Jahren so viel Aufsehen erregt wie Crystal Meth. Methamphetamin, wie die Chemiker sagen, ist ein synthetisches Stimulans auf Amphetaminbasis. Es wirkt wesentlich länger und stärker aufputschend als Amphetamin, das besser bekannt ist unter dem Namen Speed. Auf beide Geschlechter übt hergestellt und gelangt über den Handel in kleinen Mengen, dem sogenannten Ameisenhandel, in die deutschen Grenzregionen. Im kürzlich vorgestellten Drogenbericht 2015 wird durch die Bundesdrogenbeauftragte der gestiegene Konsum synthetischer Drogen thematisiert. Demnach ist die Zahl der Hilfesuchenden in den Grenzregionen, wurde in der Vergangenheit unter dem Namen Pervitin zur Dämpfung des Angstgefühls sowie zur Steigerung der Leistungsund Konzentrationsfähigkeit bei Soldaten, Fahrzeugführern und Piloten während des Zweiten Weltkriegs eingesetzt und auch im Sport als Dopingmittel geschätzt. Pervitin war bis 1988 als Fertigarznei im Handel trotz Foto: shotsstudio, clipdealer Die ganze Nacht feiern können ein häufiger Grund für den Konsum von Christal Meth. Methamphetamin eine stark euphorisierende und sexualisierende Wirkung aus. Über die langfristigen Folgen des Konsums von Crystal Meth kursieren spektakuläre Fotos und schlimme Prognosen für die psychische Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten des Stoffs. Immer wieder taucht in den Medien die Befürchtung auf, dass die sogenannte Horror- und Monsterdroge die Bundesrepublik flächendeckend überschwemmt. Was ist dran an diesen Szenarien und wie sieht es zum Beispiel in einer Großstadt wie Köln aus? Verbreitung und Wirkung Fachleute bestätigen, dass in der Bundesrepublik der Konsum von Methamphetamin vor allem in den Bundesländern, die an die Tschechische Republik grenzen, verbreitet ist. Mit geringem Aufwand und Kosten wird Methamphetamin in Tschechien die Methamphetamin konsumieren, in den letzten Jahren angestiegen und macht zwischen 50 und 70 Prozent der Klientel aus, was zu neuen Anforderungen an die Hilfsangebote in diesen Regionen führt. Zudem ist die Zahl der erstauffälligen Crystal-Konsumenten 2014 um 14 Prozent auf (2013: 2.746) angestiegen. Nach stetigem Anstieg der Jahressicherstellungsmengen von Crystal war diese Zahl im Jahr 2014 bundesweit erstmals leicht rückläufig und ging um gut fünf Prozent auf 73 Kilogramm Crystal zurück. Die Anzahl der polizeilich registrierten Fälle/Verstöße hingegen nahm erneut um 1,5 Prozent zu und beläuft sich mittlerweile auf Fälle (2013: 3847). Gemessen am Konsum von Alkohol oder Nikotin ist der Konsum von Crystal/Methamphetamin eindeutig eine Randerscheinung, wobei der Stoff aufgrund seiner gefährlichen Wirkung die Aufmerksamkeit sowie eine Sensibilisierung notwendig macht. Crystal Meth ist keine neue Droge. Es des hohen Abhängigkeitspotenzials und der durch die Einnahme hervorgerufenen gesundheitlichen Risiken, die mit der gewünschten Unterdrückung von Angst, Hunger, Schmerz und Müdigkeit hervorgerufen wurden. Heute weiß man um die weiteren Risiken und Langzeitfolgen von Methamphetamin. Sie liegen sowohl im Auftreten und der Verstärkung psychischer Störungen wie zum Beispiel Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen und Psychosen als auch in der Entwicklung von kardiologischen und kardiovaskulären Erkrankungen. Die Gefahren durch Mischkonsum, Ansteckungsrisiken beim intravenösen Konsum und Überdosierung können tödlich sein. In der»meth-studie«des Bundesgesundheitsministeriums von 2013/2014 wurden verschiedene Personengruppen identifiziert, die in bestimmten Freizeit- und Belastungssituationen Methamphetamin konsumieren. Dazu gehören Konsumenten mit Kin-

9 Psychiatrie & Gemeinde Psychosoziale Umschau dern, spezielle Subgruppen unter schwulen Konsumenten, Menschen mit riskanten Konsumgewohnheiten und Konsumenten mit psychischer Komorbidität und/oder Trauma-Erfahrungen, deren Symptome durch Methamphetamin kurzfristig zurückgedrängt werden. Der Einstieg in den Konsum von Methamphetamin geschieht häufig über den Freizeitbereich im Zusammenhang mit nächtelangen Partys, mit Feiern, Tanzen und Sex. Die erlebte Ausdauer- und Leistungssteigerung wird anschließend auch bei der Bewältigung von Anforderungen zum Beispiel im Beruf oder bei der Kindererziehung übertragen. Beispiel Köln Ob Methamphetamin auch in Köln eine Verbreitung gefunden hat und damit Risiken für die Bürgerinnen und Bürger bestehen, wollte das Gesundheitsamt der Stadt Köln genauer wissen. Es lud daher am 19. März 2015 etwa 30 Expertinnen und Experten aus Bund, Land und Kommune zu einem Expertengespräch in das Kölner Gesundheitsamt ein. Die Vertreterinnen und Vertreter der Kölner Hilfeeinrichtungen und Dienste sollten sich vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen mit Experten aus Sachsen austauschen sowie wenn nötig gemeinsam nach weiteren Vorgehensweisen für Köln suchen. Das ganztägige Expertengespräch unter externer Moderation startete mit einem Statement der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, gefolgt von der Vorstellung der Studienergebnisse des Bundes zum Thema. Diese Ausführungen wurden ergänzt durch die Erfahrungen aus dem Präventions-, Beratungs- und Behandlungsalltag der Experten aus Leipzig sowie den Erfahrungen der Kölner Experten zum Beispiel aus Suchtkliniken, Drogenberatungsstellen, Aidshilfe, Rettungsdienst, medizinische Fachpraxen für Infektionskrankheiten, Straßensozialarbeit und niederschwellige Einrichtungen, Fachdienst für sexuell übertragbare Krankheiten, Fachabteilungen des Gesundheitsamtes, wie den Sozialpsychiatrischen Dienst, die Psychiatrie- und Suchtkoordination sowie der Polizei. Von einigen Kölner Hilfeeinrichtungen, deren Angebote sich primär an Menschen mit sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten wenden, wurde mitgeteilt, dass einzelne Personen, vorwiegend aus einer Subgruppe schwuler Männer, einen hochriskanten Umgang mit der Droge pflegen. Die Drogenhilfeeinrichtungen, die medizinische Versorgung, der Rettungsdienst und niederschwellige (Sucht-)Hilfeeinrichtungen konnten von einer über die genannten Einzelfälle hinausgehenden Inanspruchnahme durch Methamphetamin gebrauchende Personen nicht berichten. Ein wichtiger Indikator zur Beurteilung der Verbreitung von Drogen ist die Anzahl polizeilich bekannt gewordener Verstöße mit der Droge. Durch das Polizeipräsidium Köln wurde berichtet, dass die Sicherstellungsmenge des Stoffs 2014 in Köln und Leverkusen bei 5,2 Gramm lag, wobei es sich um neun Fälle handelte. In Köln kann derzeit aufgrund der Ergebnisse des Expertengesprächs weder von einem nennenswerten Problem mit Methamphetamin noch von einer breiten Konsumentengruppe mit Ausbreitung in der Allgemeinbevölkerung gesprochen werden. Dennoch so wurde übereinstimmend festgestellt soll die weitere Entwicklung sorgfältig beobachtet werden, um eine mögliche Entwicklung, wie sie sich an den östlichen Grenzregionen darstellt, nicht zu übersehen. Auf die Schlussfrage, was darüber hinaus zu tun oder miteinander zu verabreden wäre, wurden noch folgende Anliegen bzw. Wünsche genannt: Vernetzung der vorhandenen Institutionen, damit langfristig therapeutische Erfolge für Betroffene erzielt werden; spezifische Datenerhebung und Datenanalyse als Grundlage für etwaige zukünftige Vorgehensweisen; Entwicklung von Konzepten bezüglich Methamphetamingebrauchs im Zusammenhang mit hochriskanten Sexualpraktiken; Vernetzung der Kommunen und Länder; Transportieren von Safer-Use-Botschaften in bestimmte Szenen. Wichtig war es vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dass zum Thema Metham - phetamin eine Balance gefunden wird zwischen Sensibilisierung und Skandalisierung. Eine Dokumentation des Expertengesprächs wird durch das Gesundheitsamt erstellt und kann auf Wunsch angefordert werden. Die Ergebnisse werden auch in den geplanten ersten Kölner Suchtbericht einfließen. Weitere Informationen zum Thema Methamphetamin sind zu finden unter lexikon/crystalmethamphetamin Irrtum und Preisänderungen vorbehalten. Die Mutterliebe und das Böse Ulrich Sachsse (Hrsg.) Proxy dunkle Seite der Mütterlichkeit Schonungslos und aufrüttelnd: Erster Erfahrungsbericht einer MBPS-Mutter Expertenperspektive: MBPS unter moralischen, kriminellen, strafrechtlichen, feministischen, psychoanalytischen, Trauma-spezifischen, pädiatrischen und psychiatrischen Gesichtspunkten Einfühlsam aufbereitet: Beleuchtet die Hintergründe, warum Mütter zu unfassbaren Taten fähig sind Sie lassen ihre Kinder hungern, verabreichen ihnen Medikamente, ersticken sie beinahe oder brechen ihre Knochen. Mütter, die unter dem sogenannten Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom (auch: Münchhausen-by-proxy-Syndrom, MBPS) leiden, fügen ihren gesunden Kindern heimlich, aber gezielt Schaden zu. So erzwingen sie eine medizinische Behandlung und erlangen die Aufmerksamkeit der Ärzte. Was treibt Mütter zu solchen Taten? Seiten, kart. 24,99 (D) / 25,70 (A) ISBN NEU

10 10 Psychosoziale Umschau Psychiatrie & Gemeinde Sicherheit durch Kompetenz Bundeskonferenz Forensische Pflege setzt Zeichen Von Christoph Müller Die zweite Bundeskonferenz Forensische Pflege, die am 13. und 14. Juli im Industriemuseum Zeche Zollern stattfand, wollte Zeichen setzen. Gelungen ist dies auf jeden Fall. Die Organisatoren haben nicht nur ein innovatives Tagungskonzept umgesetzt, sondern sie haben mit den mehr als 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Bundeskonferenz Themen identifiziert, die es in den kommenden Jahren zu bearbeiten gilt. Harald Joachim Kolbe, Bildungsreferent in der LWL-Akademie für Forensische Psychiatrie in Herne, und die Pflegedirektoren der Maßregelvollzugseinrichtungen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) haben es vermieden, Experten vom Podium Ideen für die Zukunft des Maßregelvollzugs entwickeln zu lassen. Stattdessen war das Engagement der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Sesselrunden und Workshops gefragt. Harald Joachim Kolbe ist angetan vom Outcome der Bundeskonferenz. Doch seien Recovery, das trialogische Miteinander und die Gesundheit der Pflegenden komplexe Themen, die der gedanklichen Vertiefung bedürfen. Nun komme es darauf an, diese Aufgabe ernst zu nehmen und nicht erst bis zur nächsten Bundeskonferenz Forensische Pflege in zwei Jahren zu warten. Die Einbeziehung der Teilnehmenden könne auch in diesem Zusammenhang gelingen, hofft Kolbe. Die Bundeskonferenz müsse ein Ort sein, kollektives Wissen in Dialogen zu nutzen. Differenzierung der Tätigkeiten und Ausbildungen unverzichtbar Dass ein großer Träger wie der LWL offen für die Partizipation der Pflege an der Gestaltung der Forensik ist, hat dessen Maßregelvollzugsdezernent Tilman Hollweg deutlich gemacht, der während der gesamten Tagung in Dortmund präsent gewesen ist. Die größte Berufsgruppe im Maßregelvollzug habe in den vergangenen dreißig Jahren»eine beispiellose Rollenverschiebung und Professionalisierung durchlaufen«, gleichwohl sei eine weitere Differenzierung der Tätigkeiten unverzichtbar. Der Krankenpfleger als Alleskönner werde künftig kaum noch gefragt sein, stattdessen gebe es vielerorts bereits einen Mix unterschiedlicher Ausbildungsniveaus vom Pflegebachelor über die Fachpflegerin bis hin zur Assistenzkraft. Der Pflegedirektor des LWL-Therapiezentrums in Marsberg, Jörg Dondalski, unterstrich diesen Punkt: Eine gute Grundausbildung garantiere nicht, gute Voraussetzungen für die Arbeit im Maßregelvollzug zu haben. Wer im Maßregelvollzug arbeite, brauche»hochwertige Handlungskompetenz«. Im stationären Alltag auf einer forensischen Station seien die psychiatrisch Pflegenden mit den mangelnden Alltagsfertigkeiten und den Probleme der Patienten ständig konfrontiert. Das stationäre Setting im Maßregelvollzug müsse deshalb»ein Lern- und Übungsfeld für existenzielle Themen des Einzelnen«sein. Dabei hat er nicht alte Weisheiten wiederholt, dass psychiatrisch Pflegende sieben Tage die Woche 24 Stunden an den Menschen dran seien. Dondalski betonte, dass Prozesse zwischen Pflegenden und begleiteten Menschen immer von Begegnungen lebten. Und diese Begegnungen lebten von den Akteuren im konkreten Handlungsfeld. Psychiatrisch Pflegende seien nicht nur maßgebliche Ansprechpartner im forensischen Alltag, sondern übernehmen sozialtherapeutische Aufgaben. Tagungsillustrator Andreas Gärtner bei der Arbeit Fotos: Anja Cord, LWL

11 Psychiatrie & Gemeinde Psychosoziale Umschau Die steigenden Anforderungen haben fast zwangsläufig das Thema der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Pflegenden, die in der forensischen Psychiatrie arbeiten, auf den Tisch gebracht. Wie diese aussehen könnte, darauf hat die zweite Bundeskonferenz keine eindeutige Antwort gegeben. Deutlich wurde, was in der Bildungslandschaft forensisch-psychiatrisch Pflegender angegangen werden muss. Es sind die Perspektiven der Krankenpflegeschulen und der Einarbeitung auf den Stationen thematisiert worden. Es sind die Profile der Weiterbildungsakademien sowie der Fachhochschulen und Universitäten deutlich geworden. Die Leiterin der Krankenpflegeschule der LWL-Klinik in Dortmund-Aplerbeck, Jutta von der Heide, hat die Wichtigkeit der Ausbildung der Grundkompetenzen in der grundständigen Pflegeausbildung unterstrichen. Spezialisierung dürfe erst nach dem Staatsexamen stattfinden. Wer in der forensischen Psychiatrie arbeiten wolle, der brauche einen Erfahrungsschatz, auf den er zurückgreifen könne, wenn er mit komplex erkrankten Menschen umgehen müsse, so Frau von der Heide. An diesem Punkt griff das Tagungskonzept der Organisatoren, als die Krankenschwester Helene Plett ihre Stimme erhob und damit die Perspektive der Neueinsteigerin in das Arbeitsfeld einbrachte. Helene Plett arbeitet erst seit wenigen Monaten in der LWL-Maßregelvollzugsklinik Schloss Haldem in Stemwede. Sie ist froh, von einem verantwortungsbewussten Team eingearbeitet zu werden. Sie sei im pflegerischen Alltag zwar ins kalte Wasser geworfen worden, aber die Kolleginnen und Kollegen hätten sie auch schwimmen lassen, so Plett. Selbstverantwortung ist an dem Punkt deutlich geworden, als sie erzählt hat:»bevor ich in Patientenakten gelesen habe, habe ich erst den Kontakt zu den Menschen gesucht. So habe ich in einem komplexen Tätigkeitsfeld mir die Angst vor den Menschen genommen.«den Blick auf die institutionelle Verantwortung hat hingegen Daniel Kasel gerichtet, als er von seinen Studien zur Einarbeitung in die pflegerische Arbeit in forensischen Einrichtungen berichtete. Die Einarbeitung orientiere sich in vielen Maßregelvollzugskliniken meist an Checklisten, die nicht das Kerngeschäft pflegerischen Handelns abbildeten, sondern die Grundlinien der Einrichtungen aufzeichneten, wenn sie Brandschutz, Dienstplan und Ansprechpartner abarbeiteten, so Daniel Kasel. De facto sei Das Tagungsmotto es von der Grundhaltung der einführenden Kolleginnen und Kollegen abhängig, wie die Softskills und die Haltungen in der forensisch-psychiatrischen Pflege vermittelt würden. Kasel:»Der Bruch von der Bauchchirurgie zum Impulsdurchbruch ist einfach beeindruckend für diejenigen, die neu in der Forensik sind.«der Bildungsreferent der LVR-Akademie für seelische Gesundheit in Solingen, Stefan Jünger, ging dann die Frage nach den Orten der Wissensvermittlung an. Er wollte von einem Wettbewerb von Akademien und akademischen Angeboten nicht sprechen. Entscheidend in der forensisch-psychiatrischen Pflege sei das lebenslange Lernen, dem sich jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter stellen müsse. Hochschulen und Weiterbildungsstätten müssten eine friedliche Koexistenz führen. Die Akademisierung in der Pflege sei zu begrüßen, so Jünger. Doch eine Weiterbildungsstätte sei»eine unverzichtbare Variante für diejenigen, die nicht akademisch lernen wollen«. Stefan Jünger ist es auch gewesen, der den bis dahin sehr ich-geleiteten Blick der forensisch-psychiatrischen Pflegenden auf die betroffenen Menschen richtete. Es könne nicht nur um die persönliche Entwicklung der Professionellen gehen, sondern um die Gestaltungsräume der betroffenen Menschen. Für den Bildungsreferenten der LWL- Akademie für Forensische Psychiatrie, Harald Kolbe, ist dies mehr als begrüßenswert. Kolbe hat davor gewarnt, dass die Akademisierung der Pflegenden die Flucht aus der Pflegepraxis bedeuten könne. Wenn Pflegende an die Hochschule gingen, müsse es um das Einsammeln wissenschaftlicher Kompetenz gehen, um den Theorie-Praxis- Transfer zu gewährleisten. Kolbe:»Kolleginnen und Kollegen, die studieren, brauchen Orientierung. Dies gewährleisten Stellenbeschreibungen und konkrete Entgeltvereinbarungen.«Sensibilität für die Pflege von Menschen für Menschen Wie gewohnt mit dem Gespür für aktuelle Signale hat Werner Stuckmann, Pflegedirektor der Klinik Nette-Gut für Forensische Psychiatrie im rheinland-pfälzischen Weißenthurm, die Zuhörenden ermuntert, neugierig auf die Menschen zu sein, die sie pflegen. Psychiatrisch Pflegende sollten sich stets die Frage stellen, wieso Patienten so handelten, wie sie es täten. Psychiatrie-erfahrene Menschen seien die Experten ihrer Erkrankung. Deshalb sei die Sensibilität für die Pflege von Menschen für Menschen unverzichtbar, so Stuckmann. Gleichzeitig müssten Pflegende im Maßregelvollzug eine weitere Leistung erbringen:»pflegende müssen dafür sorgen, dass Patienten sich keine Situationen schaffen, in denen sie wieder delinquent werden müssen.«es war ein Experiment, das die Organisatoren der Zweiten Bundeskonferenz Forensisch-Psychiatrische Pflege wagten. Mit einem interaktiven Konzept luden sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein, Visionen für die Zukunft zu entwickeln. Es ist aber nicht nur die Interaktivität gewesen, mit denen sie die Pflegepraktiker für die nächste Zeit rüsten wollen. Es ist die Multiperspektivität, mit der sie die forensischen Praktiker bereichern. Nicht nur psychiatrisch Pflegende saßen in den Diskussionsrunden. Psychiatrie-Erfahrene erhoben genauso das Wort wie Angehörige. So wurden Ansichten zu Einsichten, die wertvoll für das Finden neuer Wege sein können. Damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmen alles noch mal Revue passieren und in Ruhe nach neuen Wegen in der forensischen Pflege suchen konnten, hat der professionelle Illustrator Andreas Gärtner wie mit einem Brennglas die wichtigsten Diskussionsstränge und Argumente auf Flipcharts abgebildet. Diese Tagungsdokumentation der besonderen Art ist nun auch im Netz zu finden unter: Service/Dokumentationen/Bundeskonferenzen_ Forensische_Pflege/2015/2_BuKonf-ForensPsy PflegeMRV2015_Visualisierungsprotokoll.pdf Weitere Informationen über die Entwicklungen: Christoph Müller arbeitet als Krankenpfleger auf einer forensischen Station der LVR-Klinik Bonn.

12 12 Psychosoziale Umschau Psychiatrie & Gemeinde Brückenbauer haben sich bewährt Nach zehn Jahren»Experienced Involvement«werden jetzt auch Angehörigen-Peers ausgebildet Von Cornelia Schäfer Von Paracelsus, dem berühmten Arzt aus dem Mittelalter, stammt die Erkenntnis:»Der Mensch ist für den Menschen die beste Medizin.«Gyöngyvér Sielaff hat den Spruch schon vor langer Zeit an ihre Bürotür im Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf geheftet. Steht er doch für eine Haltung, die auch dem Einsatz der Genesungsbegleiter zugrunde liegt. Gyöngyvér Sielaff (links) mit dem Hamburger EX-IN-Team Zehn Jahre ist es her, dass die Psychologin und Leiterin der Hamburger EX-IN-Kurse zusammen mit anderen das Curriculum für die Ausbildung erarbeitete. In Hamburg laufen jetzt die Vorbereitungen für die zehnte Qualifizierung von Psychiatrie-Erfahrenen zu Genesungsbegleiterinnen und Dozenten. Mittlerweile gestaltet ein ganzes Team aus EX-IN-Absolventinnen und -Absolventen gemeinsam mit Gyöngyvér Sielaff die Kurse. Und das ist nicht die einzige Veränderung, die die zehn Jahre EX-IN gebracht haben: Außer den jährlichen Kursen werden regelmäßige Weiterbildungen sowie Supervisionen für die Genesungsbegleiter angeboten. Praktikumsplätze müssen nicht mehr erkämpft werden, sondern Kliniken und Einrichtungen nehmen gerne Ausbildungsteilnehmende auf. Die Ausbildung selbst wird mittlerweile an 32 Standorten in Deutschland angeboten, es gibt einen EX-IN-Dachverband. Und zahlreiche Genesungsbegleiterinnen und Genesungsbegleiter sind schon in der stationären und auch in der ambulanten Sozialpsychiatrie tätig. Allein in Hamburg müssten es Dutzende sein, sagt Gyöngyvér Sielaff, und mit seiner Verbreitung sei EX-IN»ein Politikum«geworden. Denn diejenigen, die Genesungsbegleiter beschäftigten, nähmen sie auch in ihre inhaltliche und strukturelle Ausrichtung auf. Fragen des Selbstverständnisses würden angestoßen, etwa die zentrale nach dem, worauf es ankommt bei der Begleitung von Menschen in Krisen. Und worauf kommt es an?»es geht bei EX-IN darum, sich von der Vorstellung von Behandlung zu lösen und füreinander auf Augenhöhe offen zu sein«, hat eine angehende Genesungsbegleiterin kürzlich ihre Herangehensweise beschrieben. Gyöngyvér Sielaff ergänzt, in der Ausbildung werde vor allem aus eigenen und fremden Erfahrungen mit Krisen und Erschütterungen sowie deren Bewältigung ein hilfreiches Erfahrungswissen gewonnen. Dieses, gepaart mit»solidarischer Geschwisterlichkeit«entfalte in der Genesungsbegleitung eine besondere»magie«, die durch fachliche Begleitung nicht zu ersetzen sei, aber gerne in diese ausstrahlen solle. Warum sollen nicht auch die fachlichen Mitarbeiter mehr ihre eigene Leidund Krisenerfahrung in die Begegnung mit psychisch Kranken einbringen? Foto: privat Die Magie der menschlichen Begegnung»Ich bin der Ansicht, dass die eigenen Verletzbarkeiten und deren Bewältigung von den Profis in der Psychiatrie die fachliche Begleitung vertiefen kann, das menschlich Verbindende erst möglich macht und somit in diesem Sinne selbstverständlich an den Arbeitsplatz gehört«, hat die Psychologin in ihrem Beitrag zu dem in Kürze erscheinenden Buch»Experten aus Erfahrung. Peerarbeit in der Psychiatrie«geschrieben und sich damit gegen die professionelle Distanz ausgesprochen. Aber selbst wenn Profis sich von den EX- INlern zu mehr Augenhöhe ermutigen lassen, bleibt die Rolle der Peers eine besondere. Durch ihre eigene Erfahrung in der Krisenbewältigung, aber eben auch ihre Auseinandersetzung mit Erklärungsweisen und Methoden der Psychiatrie können sie als Brückenbauer zwischen Patienten und Fachpersonal wirksam werden. Sie sind Gesprächspartner bei der Suche nach Sinn und Bedeutung des in der Krise Erlebten und auch Hoffnungsträger, dass Genesung möglich ist und aus dem Erfahrenen sogar (berufliche) Chancen erwachsen können. Eine solche Begleitung soll nun auch von Angehörigen für Angehörige ermöglicht werden. Nachdem erste Angehörigen-Peers im Rahmen des Projekts»psychenet Hamburger Netz psychische Gesundheit«ihre Nützlichkeit unter Beweis stellen konnten, will Gyöngyvér Sielaff ihr dafür entwickeltes Trainingskonzept nun für regelmäßige Angehörigenschulungen nutzen.»da geht es u.a. um die Fragen: Wie verkrafte ich, dass mein eigenes Leben so verändert wurde durch die Krankheit meines Angehörigen? Wie kann ich es wieder in die Hand nehmen?«es gibt bereits zahlreiche Interessierte aus der ganzen Bundesrepublik. Mit 15 bis 20 zueinander passenden Teilnehmenden soll der neue Kurs im Herbst starten.»ein bisschen schwierig wird evtl. nachher die Verankerung der Angehörigen-Peers in der Psychiatrie werden«, sagt Gyöngyvér Sielaff,»allein schon, weil die Krankenkassen ja traditionell nur Hilfen für die Kranken finanzieren. Da müssen wir noch mal verstärkt für das Prinzip werben, dass, was alle angeht, auch nur zusammen gelöst werden kann.«aber auch die Bezahlung der psychiatrieerfahrenen Genesungshelfer ist bislang nicht zufriedenstellend gelöst.»die bekommen meistens unglaublich wenig«, bedauert die EX-IN-Trainerin. Dabei brächten die Genesungshelfer aus ihrer Blockausbildung eine fundierte Qualifikation mit, die immer wieder aktuellen Erfordernissen angepasst werde.»jetzt, nach zehn Jahren, würde ich Paracelsus Spruch an meiner Tür deshalb so ergänzen wollen: Wenn Wissen mit Erfahrung und Erfahrung mit Wissen vergoren wird, dann kann daraus jenes Hilfspotenzial entstehen, das den Menschen für den Menschen zur besten Medizin werden lässt.«mehr Informationen: und bei

13 Psychiatrie & Gemeinde Psychosoziale Umschau Verrücktes Gesundheitswesen: Was macht mich krank? Was macht mich gesund? Der 4. Landespsychiatrietag in Baden-Württemberg Von Wilhelm Krauspe Über eineinhalb Jahre haben sich Psychiatrie-Erfahrene, Angehörige, Sozialarbeiter, Ärzte, Psychiater, Bürgerhelfer und Vertreter aus Politik und Krankenkassen gemeinsam mit der Planung und Gestaltung des vierten Landespsychiatrietages in Baden-Württemberg beschäftigt. Über 70 Personen waren in die Vorbereitung mit eingebunden. 650 Besucherinnen und Besucher ließen sich am 27. Juni in Stuttgart informieren und zur Diskussion über das ver-rückte Gesundheitswesen einladen. Sie waren beeindruckt von der Fülle der Themen, die dank der gemeinsamen Kraftanstrengung aller psychiatrisch Tätigen angeboten wurde. Das Eröffnungsreferat von Dr. Dirk Richter über den»gesellschaftlichen Wandel und psychische Erkrankungen«zeigte eine Vielzahl von Einzelfaktoren auf, die ein differenziertes Bild ergaben. So reduziert einerseits die erheblich bessere Behandlung die Krankheitsdauer und Wiedererkrankungsrisiken, andererseits erhöhen die zunehmende Individualisierung, die sich z.b. auch in den Wohnverhältnissen spiegelt, und die sich beschleunigenden Veränderungen der Arbeits- und Lebensverhältnisse das Risiko einer psychischen Erkrankung. Die Stigmatisierung der psychiatrischen Behandlung ist zurückgegangen, die Stigmatisierung psychisch kranker Personen nicht. Als ein wahrer Glücksfall erwies sich der Beitrag von Frau Antje Wilfert vom Stimmenhörer-Netzwerk in Berlin. Ihr Thema war»krücken, Brücken, Perspektiven oder: Was brauche ich, damit ich euch nicht mehr brauche?«ihre eigene Geschichte durch den»urwald der Hilfesysteme«und ihr Umgang mit psychotischen Erlebnissen beeindruckten die Zuhörer tief und regten zum Nachdenken an. Als weiteren Höhepunkt vor der Mittagspause kann man die Verleihung des Kunstpreises durch Dr. phil. Thomas Röske, Leiter der Prinzhorn-Sammlung, betrachten. 51 Kunstwerke von eingesandten ca Bewerbungen waren im Foyer zu bestaunen und sind in einem Katalog auf Hochglanzpapier mit dem Titel»so gesehen«zusammengefasst. Nach der Mittagspause ging es in zehn Foren weiter. Mancher Besucher hätte sich am liebsten zerteilt, weil es einfach zu viele interessante Themen gab. Nachfolgend werden die Themen einiger Foren vorgestellt sowie einige Stimmen zu diesen. Der genauere Inhalt aller Foren und der Einleitungsreferate kann auf der Homepage des Landespsychiatrietages nachgelesen werden Hometreatment Psychische Erkrankung zu Hause behandeln: Rainer Höflacher, Vorsitzender des Landesverbandes Psychiatrie-Erfahrener in Baden-Württemberg, moderierte dieses Forum, eine Form aufsuchender Hilfen mit Behandlung im häuslichen Umfeld. Bewegend war die Äußerung einer psychiatrieerfahrenen Mutter von drei Kindern, die fast unter Tränen sagte:»hätte es bei mir die Möglichkeit für Hometreatment gegeben, wäre mir und meinen Kindern viel erspart geblieben. Auch meine Psychose hätte in diesem Rahmen viel besser behandelt werden können.«wohnen für Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung: Voraussetzung für selbstständiges Leben ist eine Wohnung und der Erhalt dieser. Es ist schon schwer, für Gesunde eine Wohnung zu finden, doch welche Perspektiven hat ein psychisch Kranker? Iris Maier-Strecker von der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg befand hier: Es führt kein Weg an politischem Engagement vorbei, am besten gemeinsam initiiert durch Psychiatrie-Erfahrene, Angehörige und Träger. Die sanfte Psychiatrie von morgen: Da die Lebenserwartung schwer psychisch Erkrankter bis zu 25 Jahre geringer ist, beschäftigte sich das von Frau Gabriele Brenner moderierte Forum mit der Frage, wie die zukünftige Behandlung aussehen könnte und wie vor allem eine größere Lebensqualität zu erreichen ist. Dr. Erhard Sting, Psychiater, war überrascht, wie groß das Interesse an Therapieformen war, die mit Bewegung zu tun haben, wie Sport- und Bewegungstherapie, Fitness- und Entspannungsübungen. Foto: Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e.v. Die klassischen Therapieformen Pharmakologie und Psychotherapie waren weniger gefragt, obwohl Dr. Volkmar Aderhold als Experte anwesend war. 40 Jahre Psychiatrie-Enquete: Dr. Klaus Obert, Leiter der sucht- und sozialpsychiatrischen Hilfen der Caritas in Stuttgart, betonte, dass viele Forderungen verwirklicht Gut besucht: der Eröffnungsvortrag von Dr. Dirk Richter im Hospitalhof wurden, auch die Entwicklung und Etablierung der Selbsthilfeorganisationen stellt eine äußert positive Entwicklung dar. Allerdings harren nicht wenige Ziele noch der Verwirklichung: konsequente Regionalisierung und Versorgungsverpflichtung, Überwindung der Trennung von ambulanten und stationären Hilfen sowie auch das kostenträgerübergreifende Budget zur Flexibilisierung der Hilfen. Die Umsetzung einer sozialraumorientierten, gemeindenahen Psychiatrie stellt trotz aller positiven Entwicklungen unverändert eine gemeinsame Verantwortung dar. In der abschließenden Gesprächsrunde betonte Dr. Jens Bullenkamp, Leiter der Abteilung Gemeindepsychiatrie am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, dass es dringend erforderlich ist, die Forschung im Bereich Psychiatrie zu vertiefen. Die Organisatoren stellten erfreut fest, dass trotz des nahe liegenden Stadtzentrums und des schönen Wetters noch fast alle Teilnehmer anwesend waren und diesen Appell mit nach Hause nahmen. Wilhelm Krauspe ist für den LV ApK an der Organisation des Landespsychiatrietages beteiligt.

14 14 Psychosoziale Umschau Psychiatrie & Gemeinde Was Angehörige und in der Psychiatrie Tätige gemeinsam bewegen können Von Christian Zechert Gemeinsam etwas bewegen das Bild vom Einladungsflyer Das Verhältnis zwischen Angehörigen und beruflich Tätigen ist nicht immer ganz einfach. Trotz klinischer Angehörigengruppen und Sprechstunden für Angehörige wünschen sich manche Angehörige mehr Kooperation und Verständnis für ihre Situation. Daher stand dieser Aspekt im Mittelpunkt einer Tagung des Büros für Integrierte Sozialplanung und Prävention der Stadt Bielefeld, der Westfälischen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.v. und der Volkshochschule Bielefeld. Die Veranstalter wollten wissen, was Angehörige und Profis gemeinsam bewegen können, um eine gute Behandlung und eine gut organisierte Familienselbsthilfe zu gewährleisten. Wie geht man als Angehöriger mit Erwartungen an das klinische und ambulante Hilfesystem um? Sind Angehörige als»erfahrene«wirklich im Trialog»angekommen«oder muss ihre Rolle dort neu bestimmt werden? Wer fragt nach den Fähigkeiten, aber auch dem Leiden, den Grenzen und besonderen Kompetenzen von Angehörigen? Wie haben Psychiatrie-Erfahrene eigentlich ihre Angehörigen in den Herkunftsfamilien erlebt? Gleich vier renommierte Referenten boten die Bielefelder Veranstalter am 12. und auf, um von ihren Erfahrungen und Anregungen zu profitieren. Janine Berg- Peer (Angehörige und Coach, Berlin), Fritz Bremer (Angehöriger und Psychiatrie-Profi, Foto: Isabel B. Meyer, Fotolia.com Neumünster), Sibylle Prins (Psychiatrie-Erfahrene, Bielefeld) und Eva Straub (Angehörige, Gaimersheim) berichteten auf dem Hintergrund zum Teil sehr persönlicher und doch übertragbarer Erfahrungen, was Angehörige leisten, was sie sich wünschen. Wann Angehörige sich selbst Grenzen setzen sollten, aber auch, was Angehörige vom professionellen Hilfesystem einfordern sollten. Die Referate können unter chiatrie-bielefeld.de nachgelesen werden. Ebenso erfreulich: Auch der Sozialdezernent der Stadt Bielefeld, Ingo Nürnberger, kam für ein Grußwort, genauso wie Gudrun Schliebener vom BapK e.v. Allen Referentinnen gelang es, die Zuhörerschaft in ihren Bann zu ziehen. Sie forderten auf zuzuhören, stießen eine innere Reflexion an und vermittelten zugleich viel Erfahrungswissen. In den trialogisch gemischten Workshops wurden die praktischen Akzente gesetzt: Wie Angehörige und Psychiatrie-Erfahrene miteinander kooperieren, wie die Haltung und Kultur des Miteinander-Umgehens ist, ob Angehörige und Betroffene nicht doch die gleichen Vorurteile haben und vielleicht auch gemeinsame Ziele. Das können z.b. gemeinsame Aktionen in Schulen, in der Ärztefortbildung und in der Öffentlichkeitsarbeit sein. Erfreulich war auch das hohe Engagement der therapeutischen Leiterin für Allgemeinpsychiatrie in Bielefeld Bethel, Daniela Brandtner. Sie machte deutlich: Angehörige stärker wertzuschätzen, ihnen mit einer empathischen Grundhaltung zu begegnen, ist das eine, praktische Maßnahmen sind das andere. Das können sein: Aufklärung und Information binnen zwei Tage nach Aufnahme, mehr systemische statt ausschließlich auf den Patienten gerichtete Behandlung, Unterstützung beim Aufbau von Angehörigengruppen oder jährlich ein Ethikgespräch zur Entwicklung einer gemeinsamen Grundhaltung zwischen Klinikleitung und Angehörigenvertretern. Als weitere konkrete Wünsche wurden formuliert: die Entlassungsplanung und Terminabsprachen zu verbessern, das Empowerment von Angehörigen stärker zu unterstützen, die Grenzen und Möglichkeiten der Angebote offen zu benennen, einen kritischeren Umgang mit Neuroleptika zu entwickeln sowie sozio- und psychotherapeutische Möglichkeiten zu stärken. Auch die Aufwertung des Trialoggesprächs durch Teilnahme der Klinikleitung wurde vorgeschlagen. Drei dieser Vorschläge könnten rasch realisiert werden: einen Link auf die Internetstartseite der Klinik für Angehörige legen, ein jährliches Ethik- und Haltungsgespräch mit Angehörigen und Psychiatrie-Erfahrenen zu führen sowie eine Fortbildungsveranstaltung zur»trialogischen Kultur«. Auch wenn die Zahl von ca. 50 teilnehmenden Personen eher gering war, so imponierte doch die Ernsthaftigkeit und Bereitschaft aller Beteiligten, offen und konstruktiv miteinander zu kommunizieren. Dazu trug eine doppelte Expertenschaft bei, die sonst selten sichtbar ist: Fast alle Teilnehmer dieses Workshops berichteten, in der Psychiatrie zu arbeiten und zugleich Angehörige eines Erkrankten zu sein. Vielleicht sind diese besonders prädestiniert, die Anliegen der Angehörigen in die Öffentlichkeit zu tragen, die viel zu selten sichtbar sind? Für die Stadt Bielefeld sagte Wolfgang Voelzke als Psychiatrie-Koordinator:»Dort fehlt oft die Sichtweise der betroffenen Angehörigen.«Das stimmt leider, das Engagement der örtlichen Selbsthilfegruppe hat sich verringert. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Mit dieser Tagung wurde auch ein Versuch unternommen, dieser Entwicklung entgegenzutreten und engagierte Angehörige für die Gremienarbeit zu gewinnen. Nur wer sichtbar ist, kann auch etwas bewirken.

15 Psychiatrische Praxis & Soziale Arbeit Psychosoziale Umschau Psychoedukation in einfacher Sprache Von Sabine Fuchs Oft erleben psychiatrisch Tätige, dass psychosoziale Interventionen nicht zielführend sind. Patienten und Behandler bleiben ratlos mit dem Gefühl zurück, alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben. Mögliche Gründe hierfür sind Kommunikationsstörungen. Aus unterschiedlichen Gründen kann das Gesprochene nicht, nicht ganz oder falsch beim Gegenüber ankommen. Die Probleme können sich durch den Inhalt wie die Sprache selbst ergeben. Nocebo-Effekte und schwere Sprache Nocebo-Effekte sind Beschwerden, die unter einer Scheinbehandlung oder durch Suggestion negativer Erwartungen entstehen. Negative Erwartungen können z.b. von Ärzten und Pflegepersonal durch die Aufklärung über mögliche Komplikationen einer Therapie und die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen hervorgerufen werden. Das ist nicht ohne Probleme, denn natürlich besteht eine Pflicht zur Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen etwa von Psychopharmaka. Eine mögliche Strategie zur Lösung des ethischen Dilemmas zwischen der Aufklärungspflicht und der der Induktion von Nocebo-Effekten durch Aufklärung könnte in der Betonung der Verträglichkeit von Maßnahmen liegen. Eine professionelle Gesprächshaltung schließt immer auch einen dem Gegenüber zugewandten sprachlichen Ausdruck ein. Letzterer zeichnet sich aus durch Wortschatz, Körpersprache, Sprechtempo, Sprachstruktur, Sprechmelodie, Eindeutigkeit, Empathie und Kompetenz. Form und Inhalt der Kommunikation sind also zwei Seiten einer Medaille. Es ist sicherzustellen, dass die Klienten die Behandelnden verstehen. Patientinnen und Patienten sollen wissen, woran sie erkrankt sind und gleichzeitig erfahren, dass sie lernen können, mit ihrer Erkrankung umzugehen. Ein etabliertes Instrument der Wissensvermittlung ist die Psychoedukation. Das Gelernte soll Gruppenteilnehmer in die Lage versetzen, mündige Entscheidungen zu fällen. Allerdings werden Betroffene häufig nicht da abgeholt, wo sie stehen, sondern entsprechend eines vorgegebenen Manuals instruiert. Die Sprache wird selten hinterfragt. Recoveryplanung und Psychoedukation in Leichter Sprache Psychoseerklärung mit AHA-Effekt Als 2012 die Diakonie Oberbayern ein Wohnheim für Menschen mit psychischer Erkrankung eröffnete und neu für alle Beteiligten Menschen mit Lernschwierigkeiten aufnahm, wurde im Team aus Diplompädagogen, Arbeitserziehern und Heilerziehungspflegern die Sinnhaftigkeit einer Psychoedukationsgruppe zum Thema. Zeitgleich stieß das Team auf das Arbeitsmaterial»Das Leben wieder in den Griff bekommen ein Handbuch zur Planung deiner eigenen Recovery«( chiatrie.eu/files/recovery/theoriebuch_pdf _swdrucker.pdf). Einer der Arbeitserzieher hatte die Idee, beides zu kombinieren und die Autorin bekam den Auftrag, ein Konzept zu erstellen. Eine Möglichkeit, Sprachbarrieren für Menschen mit Lernschwierigkeiten abzubauen, ist, Texte in Leichte Sprache zu übersetzen. Um zu lernen, was Leichte Sprache ist, wurde ein Rategeber des Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Hilfe genommen ( chen.de/shareddocs/downloads/de/stds/ UN_BRK/LS_EinRatgeber.pdf? blob=publi cationfile. Unter Einbezug dieser Informationen kam es als Erstes zu einer neuen Bezeichnung des Programms. Psychoedukation ist ein Fremdwort, dies sollte vermieden werden. Die Wahl fiel auf: Das»Die-Krankheit-verstehen«-Programm. Ideal wäre es, das Programm von einer Prüfkommission lesen zu lassen. Da dies aber momentan finanziell nicht machbar ist, greifen wir auf Anraten der Lebenshilfe Bremen auf die Patientinnen und Patienten vor Ort zurück und verbessern das Programm sukzessive während der Durchführung. Die Entstehung des Programms ist also ein Prozess: Noch nicht evaluiert, noch nicht fest installiert und noch nicht vollständig es ist ein Anfang. Unser wichtigstes Instrument: Eine rote Karte. Jeder Teilnehmer bekommt eine rote Karte, die er heben kann, sobald er etwas nicht verstanden hat. Das neue Programm beruht inhaltlich auf den Arbeits- und Informationsblättern des Buches»Diagnosenübergreifende Psychoedukation«und ist angepasst an die Bedürfnisse von Menschen mit Lern schwierigkeiten. Weitere Zielgruppen könnten davon profitieren: Asylbewerber, Immigranten, Menschen mit Konzentrationsschwierigkeiten, Menschen ohne medizinische Vorkenntnisse usw. Erfahrungen Das»Die-Krankheit-verstehen«-Programm wurde zunächst im Einzelkontakt durchgeführt, später in Kleingruppen. Einheiten von 30 Minuten waren das Maximum, eine 15-minütige Pause war nötig. Auch war es nötig, alle Einheiten mehrmals abzuhalten. Nach der dritten Wiederholung war eine Verfestigung der Lerninhalte feststellbar. Teile des Psychopharmaka-Moduls waren für einige zu detailliert, andere konnten gut folgen. Hier braucht die Gruppenleitung Fingerspitzengefühl und muss individuell vorgehen. Eventuell werden aus den fünf Einheiten besser acht.

16 16 Psychosoziale Umschau Psychiatrische Praxis & Soziale Arbeit Dennoch: Die bisher erzielten»aha-effekte«haben uns erstaunt, die Teilnehmenden loben die Verständlichkeit und freuen sich über erkannte Zusammenhänge. Als wir die Psychosen besprachen, meinte ein Bewohner:»Da steht es, dass ich manchmal nicht kann. Mein Vater sagt oft, ich will nur nicht. Darf ich ihm das zeigen?«so kann man dann auch mal mit Angehörigen behutsam ins Gespräch kommen. Zu diskutieren bleibt allerdings: Wer profitiert wann von einer Diagnose? Ist Aufklärung Pflicht, oder kann sie schaden? Wer entscheidet wann darüber? Unser Fazit: Wenn das Wissen dazu dient, selbstbestimmt zwischen Behandlungsmöglichkeiten zu wählen und das Leben zu gestalten, ist Aufklärung richtig und wichtig, anderenfalls unnötig und schädlich. Richtig verstanden und angewandt kann Psychoedukation auch psychisch erkrankte Menschen mit Lernschwierigkeiten zu mehr Unabhängigkeit verhelfen und somit ihre Lebensqualität verbessern. Sabine Fuchs ist Heilerziehungspflegerin und seit 15 Jahren im Bereich»Menschen mit seelischer Erkrankung«in Herzogsägmühle tätig, eine Einrichtung der Diakonie in Oberbayern. Sie studiert Psychiatrische Pflege an der FHdD in Bielefeld. Kontakt: Wenn zu dem Befund das Befinden kommt In Bremerhaven arbeiten Genesungsbegleiter mit der Pflege auf Station Von Angelika Lacroix und Gisbert Eikmeier Am Klinikum Bremerhaven sind sieben Psychiatrie-Erfahrene mit einer EX-IN-Ausbildung als Genesungsbegleiter fest eingestellt. Sie unterstützen die psychiatrischen Pflegekräfte und begleiten und beraten Patientinnen und Patienten und deren Angehörige. Organisationsentwicklung durch Psychiatrie-Erfahrene Die Entscheidung zur Einbeziehung von Experten aus Erfahrung fiel 2007, als unsere 1976 gegründete Abteilung auch baulich saniert und modernisiert wurde. Dies war Anlass, auch über eine konzeptionelle Neuausrichtung nachzudenken. Wir wollten in unser bis dahin traditionell klinisch ausgerichtetes Behandlungskonzept das gelebte Erfahrungs- und Beziehungswissen Betroffener stärker einbeziehen und so der»subjektiven Seite«deutlich mehr Bedeutung beimessen. Neben der Besserung und Linderung von Symptomen sollte der Aspekte der Hoffnung auf ein sinnerfülltes, selbstbestimmtes Leben mit positiver sozialer Rolle und positiver Identität in den Vordergrund treten. Damals gab es keine gesicherten Erkenntnisse, welche konkreten Maßnahmen geeignet sein könnten, einen derartigen Prozess der Organisationsentwicklung erfolgreich umzusetzen. Es gab aber bereits die ersten Absolventen der EX-IN-Kurse (EX-IN: experienced involve - ment, deutsch: Einbeziehung Psychiatrie-Erfahrener). Durch diese Weiterqualifizierung werden Menschen, die psychische Krisen durchlebt und bewältigt haben, befähigt, ihr Wissen über genesungsfördernde Faktoren in psychiatrische Einrichtungen zu tragen. Wir haben deshalb den Schwerpunkt unserer Umstrukturierungsmaßnahmen auf die Integration von Betroffenen mit EX-IN-Ausbildung in unsere Behandlungsteams gelegt. Ziel war es, Profiwissen und Erfahrungswissen miteinander zu verbinden. Durch eine Beziehungsgestaltung auf Augenhöhe und eine alltagsnähere Begleitung wollten wir die personenzentrierte Genesung unserer Patientinnen und Patienten unterstützen. Aller Anfang ist schwer In einer längeren Vorbereitungsphase muss - ten wir zunächst die Geschäftsführung von unserer Idee überzeugen. Außerdem galt es, die Bedenken und Sorgen der anderen Berufsgruppen ernst zu nehmen, zu diskutieren und auszuräumen. Die Genesungsbegleiter haben motiviert durch die Pflegedienstleitung- aktiv und kontinuierlich an der konzeptionellen Weiterentwicklung der Klinik mitgearbeitet. Dazu fanden zahlreiche Teamsitzungen und zwei Workshops statt, an denen die Mitarbeiter aller Be - rufsgruppen teilgenommen haben. Die zukünftige Rolle der Genesungsbegleiter gegenüber den Mitarbeitern der anderen Berufsgruppen und den Patientinnen und Patienten schien vielen ungeklärt. Es gab Befürchtungen vor Einsparungen bei anderen Berufsgruppen, vor vermeintlicher Konkurrenz und vor Mehrbelastung durch die Übernahme von Verantwortung für die Arbeit der neuen Kolleginnen und Kollegen. Psychologinnen und Ärzte fürchteten mögliche rechtliche Konsequenzen, wenn es bei Patientinnen oder Patienten zu einer Verschlechterung kommen sollte, die auf die Tätigkeiten der Genesungsbegleiter zurückgeführt werden könnte. Durch die Erarbeitung einer Stellenbeschreibung und eines strukturierten Einarbeitungskonzepts für Genesungsbegleiter gelang es aber, in dieser schwierigen Phase bei den Mitarbeitern eine ausreichende Akzeptanz für das Projekt herzustellen. Schließlich konnten zum die ersten beiden Genesungsbegleiter zur Unterstützung der Berufsgruppe Pflege eingestellt werden, auch weil zusätzliche finanzielle Mittel für das Projekt für zwei Jahre von der Geschäftsführung bereitgestellt wurden. Seit 2012 nun entscheiden Pflegedienstleitung und Stationsleitungen bei jeder im Pflegebereich frei werdenden Stelle gemeinsam, ob diese durch eine Pflegekraft oder einen Genesungsbegleiter wiederbesetzt werden soll. Ziel ist ein Mix vielfältiger Angebote zur Alltagsbegleitung für die Patientinnen und Patienten. Die Resonanz auf die Arbeit der Genesungsbegleiter war bei den Patientinnen und Patienten sowie den meisten Mitarbeitern so positiv, dass heute sieben Genesungsbegleiter in der Klinik beschäftigt sind. Sechs unbefristet mit einer Wochenarbeitszeit von 30 oder 33 Stunden, einer noch befristet mit einer Wochenarbeitszeit von 23 Stunden. Auf unseren beiden Stationen mit 25 Betten arbeiten jeweils zwei Genesungsbegleiter, auf den beiden Stationen mit 19 Betten und in der Tagesklinik ist jeweils ein Genesungsbegleiter angestellt. Insgesamt sind so 8 % der Pflegestellen mit Genesungsbegleitern besetzt. Vergütet werden sie in den ersten zwei Jahren nach EG 1, danach nach EG 2 (Tarif öffentlicher Dienst). Nach zwei Jahren werden sie unbefristet weiterbeschäftigt und haben dann auch die Möglichkeit, ihre wöchentliche Arbeitszeit auf 30 Stunden zu erhöhen. Damit sind sie nicht mehr auf eine zusätzliche Unterstützung durch Arbeitslosengeld II angewiesen.

17 Psychiatrische Praxis & Soziale Arbeit Psychosoziale Umschau Der Arbeitsplatz Genesungsbegleiter arbeiten nach einem festen Dienstplan im Tagesdienst und sind als neue Berufsgruppe in die Stationsteams integriert. Sie unterstützen Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige bei der Tagesstrukturierung, informieren bei sozialen Fragen und bei der Orientierung im Hilfesystem. Dadurch fördern sie Selbsthilfe und Eigenständigkeit und bahnen den Patientinnen und Patienten den Weg zurück in ihre häusliche Umgebung. Der Fokus liegt auf der Ermutigung, der Vermittlung von Hoffnung, dem gemeinsamen Tun und oft auf dem»einfach-nur-da-sein«. Ihre Arbeit dokumentieren sie im Verlaufsbogen der Berufsgruppe Pflege. Gemeinsam haben Genesungsbegleiter und Pflegedienstleitung ein angepasstes Recoverykonzept für die Klinik entwickelt und ständig fortgeschrieben. Zurzeit werden von den Genesungsbegleitern jeweils zweimal wöchentlich eigenständig eine offene und eine geschlossene Gruppe angeboten, die sechs Module umfassen. Geplant ist eine dreimal wöchentlich stattfindende stationsübergreifende Gruppe. Ziel dieser Gruppenangebote ist, dass Patientinnen und Patienten wieder an sich selbst glauben lernen, optimistisch in ihre Zukunft blicken und sich auf eigene Stärken und Ressourcen konzentrieren. Sie werden unterstützt, ihre eigenen Interessen zu vertreten und zu verhandeln und auch kleine Schritte in Richtung Genesung positiv zu bewerten. Der Beitrag der Genesungsbegleiter ist aus unserer täglichen Arbeit nicht mehr wegzudenken. Sie haben dazu beigetragen, dass neben dem»befund«das»befinden«und damit die subjektive Perspektive unserer Patientinnen und Patienten ein deutlich stärkeres Gewicht in unserem Beratungs-, Behandlungs- und Hilfeangebot bekommen hat. Bei uns anderen professionell Tätigen hat dies bewirkt, dass wir uns häufiger selbstkritisch hinterfragen, ob und wie sich unser Denken und Handeln auf das Selbstwertgefühl, die Selbstbestimmung und Selbsthilfe unserer Patientinnen und Patienten auswirkt. Zur Nachahmung zu empfehlen Foto: Jörn Mante Die Genesungsbegleiter in Bremerhaven mit Angelika Lacroix (Mitte) und Gisbert Eikmeier (links) In halbstandardisierten Interviews, die eine unabhängige Untersucherin bereits im September 2013 mit Mitarbeitern, Nutzern, Geschäftsführung, Abteilungsleitung und Genesungsbegleitern durchgeführt und ausgewertet hat, wurde die Rolle der Genesungsbegleiter von allen Befragten sehr positiv bewertet. Sie zeugten von gegenseitigem Respekt. Genesungsbegleiter:»Wir können genauso wie Ärzte, Psychologen oder wer auch immer aus welcher Berufsgruppe unsere Meinung so vertreten und sagen, was wir möchten und brauchen da kein Blatt vor den Mund zu nehmen.«nutzerin:»es finden Recoverykurse statt. Da habe ich selber gerade einen absolviert und fand das sehr interessant. Die Ideen und Möglichkeiten, die sich eröffnen, wenn man wirklich mal darüber nachdenkt. Das ist eine Erkrankung und wie kann ich selber dagegen angehen oder mir selber helfen. Das ist ja der Hauptpunkt. Wie kann ich mir helfen, eben nicht mehr in akute Situationen zu geraten.«pflegefachperson:»ich frage mich immer häufiger: Wie kann ich den Patienten in der Krise begleiten und unterstützen, ohne die Verantwortung dem Patienten abzunehmen oder den Menschen in der Krise zu bevormunden und dennoch meine Verantwortung wahrzunehmen?«die positive Entwicklung der Integration von Genesungsbegleitern in die Stationsteams wäre ohne die Rückendeckung der Institutionsleitung und ohne die Anschubfinanzierung nicht möglich gewesen. Darüber hinaus muss unserer Erfahrung nach eine»kritische Masse«überschritten werden, um eine stärkere Berücksichtigung subjektiver Erfahrungen auf Station zu verankern. Das bedeutet, dass mindestens fünf, besser zehn Prozent der Beschäftigten Betroffene durch Erfahrung sein müssen. Anderenfalls bleiben sie Individualisten und nicht zugehörig zu den Teams. Für die Umsetzung und vor allem die Weiterentwicklung des Projekts in Bremerhaven waren die klare Stellenbeschreibung und das strukturierte Einarbeitungskonzept für die Genesungsbegleiter unverzichtbar. Die kontinuierliche fachkompetente Supervision und die regelmäßig stattfindenden Mitarbeiterentwicklungsgespräche auch für Genesungsbegleiter haben bisher verhindert, dass sich die Genesungsbegleiter zu stark an traditionelle institutionelle Strukturen anpassen oder sogar versuchen, die Rollen der anderen in der Psychiatrie tätigen Berufsgruppen zu übernehmen. Es darf aber nicht verschwiegen werden, dass unser institutioneller Veränderungsprozess genauso wenig wie Lebens- und Genesungswege geradlinig verläuft. Nach einer anfänglichen Phase der Begeisterung kam die Entwicklung ins Stocken, Probleme tauchten auf, es gab Rückschläge und auch Rückschritte. Bei allen Beteiligten, gerade auch bei den Genesungsbegleitern, führte dies zu Frustration, teilweise sogar zu Resignation. Es gelang bisher aber immer, gemeinsam die Situation zu analysieren, sich zu sammeln und neu zu versuchen, den Schwierigkeiten und Herausforderungen zu begegnen und diese zu bewältigen. Der gemeinsam zurückzulegende Weg ist noch weit und wird auch zukünftig oft holperig sein eine Umkehr können wir uns aber nicht mehr vorstellen, denn insgesamt haben sich unsere Erwartungen und Hoffnungen bisher überwiegend erfüllt. Angelika Lacroix, Pflegedienstleitung, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Klinikum Bremerhaven Reinkenheide ggmbh. Dr. med. Gisbert Eikmeier, Chefarzt, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Klinikum Bremerhaven Reinkenheide ggmbh.

18 18 Psychosoziale Umschau Kunst & Kultur Kunst schafft Integration und Inklusion Ein inklusives Kunstprojekt ermöglicht Menschen mit Behinderungen den Zugang zur Kunst und ebnet so den Weg zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben Von Heike Engelhardt Ihrer Kreativität freien Lauf lassen das können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kunstworkshops, die das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg in Ravensburg in angemieteten Räumen der Schule für Gestaltung anbietet. Zusammen mit dem Kunstmuseum Ravensburg hat das ZfP Ravensburg das Projekt ins Leben gerufen. Angeleitet von den Kunsttherapeutinnen Renate Reischmann und Monika Schlenker arbeiten psychisch behinderte und nicht behinderte Menschen gemeinsam. Erstmals waren jetzt auch Asylbewerber aus Afrika mit von der Partie. Sechs Männer und fünf Frauen haben sich an diesem Nachmittag eingefunden. Sie wollen an ihrem Projekt»Spuren«weiterarbeiten. Ein freundlicher Schutzengel, eine knallbunt in leuchtenden Farben bemalte Holzfigur, wacht über die Kunstschaffenden. Beim vergangenen Mal wurden neben Hand- und Fußabdrücken auch Masken aus Gips hergestellt. Inzwischen sind die Formen getrocknet und können jetzt weiterbearbeitet werden. Das Material liegt bereit: Farben und Pinsel, Spachtel und Farbroller, Sand und Gipsbinden, Öl und Wasser. Heute sollen Spuren festgehalten werden. Obstkartons können als Kiste, Rahmen oder Podest eingesetzt werden. Kunsttherapeutin Monika Schlenker berät eine Atelierbesucherin und legt ihr große Papierbögen bereit. Konzentriert gehen die Teilnehmenden zu Werke. Geschlecht, Hautfarbe, Kultur oder Behinderung spielen keine Rolle Bea Wäscher ist eine derjenigen, die als Nichtbehinderte an dem Projekt, gemeinsam mit Behinderten zu arbeiten, Gefallen gefunden hat. Ehrenamtlich engagiert sie sich außerdem beim Freundeskreis Asyl. Heute hat sie zwei junge Männer aus einer afrikanischen Krisenregion mitgebracht. Fotos Heike Engelhardt Bob und John (Namen sind zum Schutz der Personen von der Redaktion geändert) leben seit einem halben Jahr in Deutschland. Über Karlsruhe sind sie nach Bergatreute, einem kleinen Ort bei Ravensburg, gekommen. Sie würden gerne arbeiten, aber einen Job zu finden, ist für sie beide schwierig. Zu viele bürokratische Hürden im geeinten Europa sind zu überwinden. Still arbeiten sie mit ihren Hand- und Fußabdrücken und genießen es, mit den anderen Kunstschaffenden in Kontakt zu kommen. Auch wenn es mit dem Englischen auf beiden Seiten nicht so ganz flüssig klappen will, so verständigt man sich schon irgendwie. Da bekommt der Begriff»Inklusion«seine eigentliche Bedeutung. Alle gehören zusammen und erleben sich als Teil eines Ganzen. Niemand wird ausgeschlossen, Alter, Geschlecht, Religion, Hautfarbe, Kultur, psychische oder körperliche Behinderung, Nationalität und Herkunft spielen keine Rolle im inklusiven Kunstatelier. An einem Maltisch entsteht ein Osterkreuz. Das nächste Blatt legt der Künstler auf den Boden: Sein Rollator kann ebenso Spuren hinterlassen wie Hände und Füße. Kunsttherapeutin Renate Reischmann betrachtet mit ihm sein Werk. Der Mann ist zufrieden und nimmt sich als Nächstes eine Obstkiste zur Gestaltung vor. Seine Gipsmaske, die er sich beim vergangenen Mal vom Gesicht hat nehmen lassen, hat er in kräftigem Orange bemalt. Ob die Maske allerdings in der Obstkiste ihren Platz finden wird, weiß der Künstler noch nicht. Während manche emsig produzieren, lässt bei anderen die Inspiration auf sich warten. Im Hof etwas abseits hat ein ganz in Schwarz gekleideter Mann Platz genommen. Im Schatten der Mauer blickt er auf die Maske und die beiden Schuhabdrücke, die er letztes Mal gegossen hat. Künstlerpause?»Heute geht gar nichts«, beklagt der Mann im extravaganten Gothic-Outfit sein Schicksal. Die Muse hat ihn heute noch nicht geküsst. Spuren hinterlassen Kunst als echte Bereicherung Heilpädagogin Maria Müller-Hund vom Weissenauer Psychiatriezentrum begleitet das inklusive Kunstprojekt. Gefördert vom baden-württembergischen Sozialministerium und in Kooperation mit dem Ravensburger Kunstmuseum wurden schon mehrere Projekte gestemmt und auch Wettbewerbe veranstaltet. Zurzeit beteiligen sich einige der Teilnehmenden des Kunstworkshops an einer Ausstellung im behindertengerechten Hotel»CAP Rotach«, einem Integrationsprojekt in Friedrichshafen. Vor zwei Jahren trafen sich Grundschulkinder und Jugendliche, Erwachsene und Psychiatrie-Erfahrene, um das bekannte Kunstwerk

19 Kunst & Kultur Psychosoziale Umschau Heute geht was: Künstlerische Konzentration und prominenteste Ausstellungsstück im Ravensburger Kunstmuseum»Spanisches Mädchen«von Alexej von Jawlensky neu zu interpretieren. Diese Auseinandersetzung mit hochkarätiger Kunst gipfelte in einer öffentlichen Präsentation, bei der die städtische Museumsdirektorin die prämierten Werke würdigte. Psychologe Dr. Michael Konrad, Leiter des regionalen Geschäftsbereichs Wohnen in der Region Ravensburg- Bodensee des ZfP Südwürttemberg und Mitorganisator der Kunstwettbewerbe erklärt:»die Kooperation zwischen dem ZfP und dem Kunstmuseum Ravensburg stellt einen positiven Beitrag zur Inklusion dar. Die Teilnehmenden sind begeistert und empfinden den Austausch über die Kunst als eine echte Bereicherung.«Die Begeisterung ging für zwei Personen so weit, dass sie sich entschlossen, in Begleitung der Workshopleitung nach Heidelberg zu fahren und dort die Prinzhorn-Sammlung zu besuchen. Der Psychiater und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn hatte in den 1920er- Jahren in der Universitätsstadt systematisch eine Sammlung mit Gemälden psychisch Kranker angelegt. Zu sehen, dass Personen mit ähnlichen Erkrankungen wie sie selbst beachtenswerte Werke geschaffen und damit sowohl Psychiatrie- als auch Kunstgeschichte geschrieben haben, beeindruckte die Ravensburger Kunstschaffenden sehr. Erleben sie sich doch in ihrem Alltag oftmals als unzulänglich und erfahren wenig gesellschaftliche Anerkennung. Umso konzentrierter gehen die Künstlerinnen und Künstler im Atelier zu Werke. Sie mischen Farben, rühren Leinöl ein, greifen zu Pinsel und Spachtel, tragen auf, verwischen, korrigieren, übermalen.»brauchen Sie noch ein bisschen Grün?«, fragt ein Mann im karierten Malerhemd. Während er einen prüfenden Blick auf seinen ausgestalteten Obstkarton wirft, setzt er lächelnd hinzu:»ich glaube, ich habe mich in der Menge ein bisschen verschätzt.«eine Besucherin hat sich ein zweites Blatt geholt. Sie hat eine ganz genaue Vorstellung davon, wie ihr Bild aussehen soll, aber beim ersten Versuch war die Farbe zu nass. Das Papier hat sich gewellt. Und nun ist sie mit dem Ergebnis gar nicht zufrieden.»das muss perfekt sein, das bin ich gewohnt von mir«, erklärt sie. Früher hat sie im Siebdruck gearbeitet. Da kommt es auf Präzision an. Mit frischem Schwung trägt sie Blau in verschiedenen Schattierungen auf und wischt rosafarbene Bögen unter. Und plötzlich setzt sie ein kleines, gelbes Dreieck in einen entstandenen Zwischenraum. Das gibt dem Bogen den entscheidenden Pfiff. Der unglückliche Künstler aus dem Hof gibt für heute auf. Er wird zu Hause weiterarbeiten und sein Werk nächstes Mal mitbringen. Freundlich verabschiedet ihn Maria Müller-Hund und nimmt ihm das Versprechen ab, nächstes Mal wiederzukommen. Mit einem schüchternen Lächeln nimmt er seine Materialien, greift zum Hut und schreitet von dannen. Auch für die anderen Aktiven heißt es jetzt, zusammenzupacken. Zwei Stunden im Atelier sind schnell vorbei. Jetzt müssen die Werke erst mal trocknen. Nächsten Freitag geht s weiter. Heike Engelhardt ist Redakteurin und arbeitet als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der Unternehmenskommunikation beim ZfP Südwürttemberg. Heike.Engelhardt@ZfP-Zentrum.de Ver-rückt nach Europa von Europa lernen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.v. 19. bis in Trier, ERA Conference Centre, Metzer Allee 2-4 Ein Blick über Ländergrenzen hinaus bietet die Sicht auf Modelle guter psychiatrischer Behandlung und Versorgung. Doch schafft die EU-Ebene für eine Soziale Psychiatrie auch neue Herausforderungen: Welche Bedeutung hat das Soziale in einem ökonomisierten Europa? In Vorträgen und Foren wendet sich die DGSP mit ihrer Jahrestagung Zwang und Gewalt in der Psychiatrie zu, alternativen Wegen im Umgang mit Psychopharmaka oder dem Umgang mit der Sterbehilfe : in Deutschland und in den Nachbarländern. Informationen gibt es unter: Kontakt und Informationen: DGSP-Geschäftsstelle Zeltinger Str. 9, Köln Tel.: dgsp@netcologne.de

20 20 Psychosoziale Umschau Nachgefragt Wenn das Krankenhaus nach Hause kommt Isabel Böge erzählt Cornelia Schäfer, wie Hometreatment psychisch kranken Kindern und Jugendlichen hilft Dr. Isabel Böge ist die Leitende Ärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie Weissenau im Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg, Ravensburg. Seit Oktober 2011 bietet ihre Abteilung unter der Bezeichnung Be- ZuHG (Behandelt Zu Hause Gesund werden) Hometreatment für Kinder und Jugendliche an nach ersten Erkenntnissen aus der Begleitforschung mit Erfolg. Was hat Sie 2011 dazu bewogen, Hometreatment für Ihre junge Klientel einzuführen, und wie viele Kinder und Jugendliche haben Sie in den Jahren seitdem schon zu Hause behandelt? Seit Ende 2011 haben wir ca. 150 Patienten im Alter von 5 bis 17 Jahren mit ihren Familien behandelt. Ungefähr ein Drittel unserer jungen Patientinnen und Patienten kam Isabel Böge von der Kinderstation (5 12 Jahre), ein Drittel von der jüngeren Jugendstation (13 15 Jahre) und ein Drittel stammte von der älteren Jugendstation (16 17 Jahre). Dass wir damit begonnen haben, liegt daran, dass Hometreatment besondere Chancen birgt. Bisherige europäische Studien legen nahe, dass eine Zu-Hause-Behandlung bessere Möglichkeiten als eine rein stationäre Behandlung bietet, die Kinder und Jugendlichen nach ihrer Genesung wieder in ihre normalen Bezüge zu integrieren. Jugendliche sind vor allem in Peer-Gruppen gebunden, die Gleichaltrigen spielen eine enorme Rolle. Wenn aber jemand für ca. drei Monate zu einem stationären Aufenthalt kommt, läuft der oder die Betreffende hinterher Gefahr, aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden, denn unter Jugendlichen sind wir die»klapse«. Und wer dahin muss, der ist eben»verrückt«. Wenn erkrankte Jugendliche aber schnell wieder im regulären Alltag präsent sind, kann man das auffangen. Der zweite Punkt ist: Wir können mit Hometreatment die Familien viel besser in die Behandlung einbinden. Aus den Vorstudien wissen wir, dass die Familien anhand von Hilfestellungen zu Hause Kompetenzen erlernen, die es ihnen ermöglichen, Krisen selbstständig zu managen, sodass ein immer drohender Drehtüreffekt der Wiederaufnahme verhindert werden kann. Ein dritter Punkt ist, dass wir die Schule besser eingebunden bekommen. Wenn die Kinder oder Jugendlichen zum stationären Aufenthalt zu uns kommen, besuchen sie die Klinikschule. Zur Heimatschule haben wir dann in der Regel als Therapeuten kaum Kontakt. Dennoch ist gleichzeitig die Schule der Ort, wo sich viele der Probleme abspielen, zum Beispiel wenn selbstverletzende Jugendliche ihre Wunden in der Klasse zeigen. Hier macht es ganz viel Sinn, mehr vor Ort zu arbeiten, wenn die Jugendlichen zurückkommen. Ein ganz praktischer Anstoß, Hometreatment anzubieten, war letztendlich noch, dass meine Klinik mich freigestellt hat, mir für ein halbes Jahr in England ein Hometreatment-Projekt anzuschauen. Ich habe beim Aufbau des englischen Projekts mitgearbeitet und hab dann gesagt: Das können wir eigentlich in Deutschland auch gut gebrauchen. Wie haben Sie Ihr Angebot im Kreis Ravensburg dann ausgestaltet? Unser Hometreatment schließt an eine ca. vierwöchige stationäre Behandlung an. Schon währenddessen wird jedem Patienten und seiner Familie ein Therapeut aus dem BeZuHG-Team zugeordnet, im Idealfall ist es ein Mitarbeiter der Station, auf der das Kind bzw. die oder der Jugendliche behandelt wurde. Das ist übrigens eine Erkenntnis aus dem englischen Projekt: Es ist wichtig, dass die Patienten vorher während des stationären Aufenthalts schon an den Therapeuten angedockt haben. Dann kann man die Behandlungsfortschritte des Patienten auf der Station in das außerklinische Umfeld übertragen. Wenn man hingegen jemand Fremdes in die Familien reinsetzt, dann fängt man oft wieder bei null an. Wichtig: die Hauptbezugsperson Diese BeZuHGs-Therapeuten sind Pflegekräfte oder Pädagogen von den Stationen, die aber alle inzwischen eine therapeutische Zusatzausbildung haben. Das sind sehr qualifizierte und langjährige Mitarbeiter. Diese sind dann als Ansprechpartner für die Familien fallführend, sie haben den Überblick: Wer macht wann was? Zum Be- ZuHG-Team gehören auch eine Psychologin und ich als Psychiaterin. Mindestens eine von uns ist in jeder Familie mit involviert. Das heißt, dass wir einmal im Monat oder häufiger mit dazukommen und auch die Supervision bei der jeweils zuständigen pädagogischen oder pflegerischen Fachkraft machen. Es gibt aber auch Familien, in denen wir die ganze Zeit mit allen drei Fachgruppen arbeiten. Da bietet dann z.b. die Psychologin dem Patienten eine klassische Verhaltenstherapie an, der Pädagoge arbeitet mit den Eltern auf Elternebene, und ich stelle die Medikation ein. Bei uns gilt das Prinzip: Was die Familie braucht, das bekommt sie auch. Davon abgesehen wissen alle im Team über jede Patientin und jeden Patienten, die aktuell Hometreatment erhalten sowie über den Stand der Dinge Bescheid. Dies ist wichtig, wenn ein Patient, eine Patientin oder Eltern auf dem Notfallhandy anrufen. Der Mitarbeiter soll dann sofort einsteigen können und nicht erst lange Akten wälzen und Fallgeschichten nachlesen müssen. Warum ist überhaupt eine stationäre Phase vorgeschaltet? Man könnte doch direkt mit dem Hometreatment beginnen. Das bieten wir gerade auch an. Aber die meisten Eltern der ersten ausgewerteten 51 Hometreatment-Patienten haben in der anschließenden Befragung rückgemeldet: Wir brauchten die Auszeit vorher. Einmal durchschnaufen, bevor wir mit unserem Kind Fotos: Johanna Böge

21 Nachgefragt Psychosoziale Umschau nen: vom Patienten und seinen Eltern. Oft beziehen wir aber auch weitere Familienmitglieder in die Behandlung mit ein. So spielen z.b. Geschwister und deren Rivalitäten eine Rolle, aber auch Großeltern oder neue Lebenspartner sind ggf. wichtige Beteiligte in der Behandlung. In diesem größeren Einbezug der Familie sehe ich einen der wichtigsten Vorteile des Hometreatments. Die Familie kann lernen, wie man die Krisen vielleicht ganz verhindert oder auch wie man miteinander in der Krise umgeht. So erarbeiten wir mit den meisten Patienten bei der Aufnahme in die Hometreatment-Behandlung als Erstes einen Krisenplan, welcher aus verschiedenen Handlungsschritten besteht, was Eltern oder Kind machen können, wenn es z.b. zu einem depressiven Einbruch kommt. An letzter Stelle steht immer die sichernde stationäre Aufnahme, es werden aber vorher auch andere Punkte, die zu Hause stattfinden können, aufgelistet: z.b. eine Vertrauensperson anrufen, sich eine Auszeit nehmen (im Zimmer, wo die Eltern z.b. wissen, dass das Kind sicher ist), oder auch miteinander in einem bestimmten Rahmen reden, den BeZuHG- Mitarbeiter anrufen, sich erst einmal einen Kakao machen etc. Dadurch fühlen sich Kinder und Eltern oft wenn es zur Krise kommt handlungsfähiger, und wenn man die»richtigen Zutaten«gefunden hat, lassen sich Krisen gut entzerren und der letzte Punkt der Aufnahme ist nicht mehr nötig. Dieses findet so in der Erwachsenenpsychiatrie nur wenig statt. Und auch in der stationären Arbeit mit Kinder und Jugendlichen nicht intensiv genug, wenn auch in Das Ambulanzgebäude und der Eingang zu den Stationen wieder einen neuen Anlauf starten. Nur wenige hätten sich das Hometreatment ohne den vorherigen stationären Aufenthalt vorstellen können. Und die Erfahrung, die wir im Augenblick mit den reinen Hometreatment-Patienten machen, ist, dass ein paar Verläufe schwerer waren und wir die dann doch aufnehmen mussten, weil eben dieses Vertrauensverhältnis zu dem Hauptansprechpartner noch nicht aufgebaut war. In einigen Fällen hat es aber auch gut funktioniert. Da haben wir die Station gar nicht gebraucht. Gut, Sie schließen also die Zu-Hause-Behandlung mit dem multiprofessionellen Team an den stationären Aufenthalt an. Wie genau muss man sich das vorstellen? Wie oft wir nach Hause kommen einbis dreimal die Woche und welche Berufsgruppen einbezogen sind, hängt wie gesagt von den Bedürfnissen der Familie ab. Zusätzlich können die Patienten auch noch einzelne Angebote der Klinik nutzen, zum Beispiel Ergotherapie, Motopädie, Musik - therapie oder Reittherapie. Sie können noch die Klinikschule besuchen oder sogar noch tageweise oder mehrere Wochen einen Tagesklinikstatus haben. Das heißt, sie laufen dann auf der ihnen bekannten Station tagsüber mit und kehren abends nach Hause zurück. Sodass sie dann einerseits auf der Station die Vorteile der Gruppendynamik zwischen den Jugendlichen haben und andererseits den direkten Transfer des Erfahrenen und Gelernten nach Hause, ein Effekt, den man dann bei Besuchen zu Hause verstärken kann. Wie das Hometreatment in jedem individuellen Fall ausgestaltet ist, wird jeweils in einem Gespräch von dem Stationstherapeuten mit Eltern, Patient und BeZuHG-Mitarbeitern vor der Entlassung von der Station geklärt. Ein weiterer Aspekt des Hometreatments ist das systemische Arbeiten. Wir brauchen für jede Zu-Hause-Behandlung immer das Einverständnis von mindestens drei Perso- der Kinder- und Jugendpsychiatrie generell bei allen Patienten ein Einbezug der Eltern erfolgt. Bei einem stationären Aufenthalt von sechs Wochen kommt es in der Regel nur zu drei bis vier Elternkontakten. Das ist zum Teil durch Klinikstrukturen bedingt, zum Teil schaffen aber auch die Eltern nicht mehr, weil sie familiär oder beruflich stark eingebunden oder einfach nicht so mobil sind. Dann ist die oftmals notwendige Veränderung im Miteinander nur mäßig zu erreichen. Und natürlich begreift man das Verhalten eines Kindes oder Jugendlichen auch sehr viel besser, wenn man mal bei ihm zu Hause gewesen ist. Aufschlussreiche Hausbesuche Wir hatten zum Beispiel einen Patienten mit einer sozialen Phobie. Der hat auf der Station alles super gut gemacht. Kontakt zu Jugendlichen war kein Problem. Auch die Eltern waren nett und engagiert. So ganz konnten wir uns das nicht erklären und sind da mit Hometreatment reingegangen. Als der Mitarbeiter bei der Adresse vorfuhr, kam sofort der Vater raus. Und unser Kollege wunderte sich noch, wie der Vater das hatte sehen können, weil das Haus wie mit

22 22 Psychosoziale Umschau Nachgefragt einem Bollwerk von Mauern eingefasst war. Als er dann reinkam ins Haus, sah er, dass es in jedem Zimmer eine Überwachungskamera gab, die nach außen gerichtet war. Es stellte sich heraus, dass die Familie mal ein Kind verloren hatte. Der Verlust war nie aufgearbeitet worden, geblieben war stattdessen eine Angst vor allem von außen. Das fiel aber stationär gar nicht auf. Zu Hause Sind bei vielen Gesprächen mit Kindern und Jugendlichen dabei ließ es sich gut auflösen, sodass der Junge hinterher ganz normal integriert war. Das sind so einzelne Beispiele, wo man sieht, wie man manchmal mit einem Besuch mehr sieht als wir in vier oder fünf Wochen auf Station. Da musste dann die ganze Familie behandelt werden? Genau. Das haben wir dann auch gemacht. Nach einer inneren Verabschiedung von ihrem verlorenen Kind, konnten sie auch ihren Sohn mehr ziehen lassen. Das ist natürlich nicht in allen Fällen so eklatant, aber drei-, viermal war es so ähnlich. Bekommen Sie denn durch die Hausbesuche auch Missstände wie Misshandlung, Missbrauch, Verwahrlosung eher mit? Nicht mehr als auf der Station. Aber wie eng manche Familien doch leben, haben wir natürlich gesehen. Da kann man ja wenig dran ändern... Da kann man wenig dran ändern. Das ist auch nicht unser Auftrag, aber wenn uns etwas auffällt, dann können wir vermitteln an Menschen, die helfen können, z.b. Anlaufstellen für Schuldnerberatung oder Hilfen durch das Jugendamt. Das spielt natürlich für die Kinder auch eine Rolle, wenn die Eltern Schwierigkeiten mit der Lebensbewältigung haben. Muss man Kinder oder Jugendliche manchmal auch aus der Familie nehmen? Das Ziel ist, die Jugendlichen, wo immer es geht, in der Familie zu halten, ebenso in der Heimatschule. Das gelingt aber nicht immer. Wir haben bei zwei von den ersten 51 Jugendlichen hinterher eine Jugendhilfemaßnahme empfohlen. Der eine war ein Schulverweigerer. Da haben wir vorher ganz klar angekündigt: Wenn es dir nicht gelingt, regelmäßig und zuverlässig in die Schule zu gehen, dann wirst du in eine Einrichtung gehen müssen. Das war mit der Mutter auch klar kommuniziert und ließ sich unterm Strich dann leider nicht verhindern. So lange wir mit dem Hometreatment in der Familie waren, lief es perfekt. Die Maßnahme ist aber zeitlich begrenzt, und als dann klar war, dass wir die Maßnahme nun beenden würden, hat er die Schule wieder verweigert. Sodass er dann wie angekündigt in die Jugendhilfe umziehen musste. Und bei einem anderen Patienten haben Eltern und Sohn letztendlich dann selbst beschlossen, dass es so zu Hause nicht haltbar ist. Das ist aber eine wesentlich geringere Quote von Fremdunterbringungen als aus dem stationären Rahmen heraus. Foto: Johanna Böge Sie sprachen vorhin von einer Einbeziehung auch der Schule. Wie sieht die konkrete Arbeit da aus? Das ist ganz unterschiedlich und hängt davon ab, wie weit die Schulproblematik im Vordergrund steht. Bei einer Schulverweigerung kann es sein, dass der Mitarbeiter tatsächlich nur morgens vor Ort ist und sieht, dass das Kind in die Schule kommt bis die Eltern das selbst hinbekommen. In einem anderen Fall haben wir einen sozial auffälligen Jungen gehabt, 2. Klasse, bei dem wir in der Schule mit der Klasse und mit den Lehrern gearbeitet haben und den Jungen selbst ne ganze Weile zweimal pro Woche im Unterricht begleitet haben. Der Junge war damals schon ausgeschult, galt als nicht beschulbar. Inzwischen hat er eine Regelgrundschule durchlaufen. Psychoedukation in der Schule Manchmal gibt es aber auch nur ein Kooperationsgespräch, wo es lediglich darum geht, worauf die Lehrer vielleicht besser achten könnten zur Unterstützung des Patienten, wenn der wieder eingegliedert wird. Wieder anders ist es, wenn jemand z.b. eine Psychose hatte, da bieten wir wo gewünscht eine Psychoedukation für die Schüler und die Lehrer an: Was bedeutet es, eine Psychose zu haben? Was heißt das für das Kind und das Umfeld? Wie geht man damit um? Solch ein Vorgehen baut Vorurteile ab, und macht es den betroffenen Kindern leichter, wieder in den normalen Unterricht zurückzufinden. Das ist ja recht aufwendig Ja. Man ist schon zum Teil viele Stunden unterwegs. In 80 % der Hometreatment- Fälle gab es direkte Kontakte mit der Schule, in der stationären Vergleichsgruppe war das nur bei 20 % der Fall. Und das, obwohl es bei 75 % der kinder- und jugendpsychiatrischen Fälle neben der psychischen Problematik auch Probleme im Kontext der Schule gibt. Klar, die Schule ist ein Haupttageselement der Kinder. Da tritt eine Krise oder Störung oft als Erstes deutlich zutage, und da können auch Ursachen oder verstärkende Momente liegen. Wie viele Patienten haben Sie denn in der Zu-Hause-Begleitung? Zeitgleich jeweils zwischen 10 und 14 Patienten, wobei unsere drei Stationen je zehn Betten haben, d.h. jeder dritte bis vierte Patient bekommt im Anschluss Hometreatment angeboten. Und dauert das Hometreatment länger als die stationäre Behandlung? Ja. Wir haben mit drei Monaten angefangen damals, also vier Wochen stationär und dann noch mal drei Monate Hometreatment. Im Vergleich dazu dauerte die stationäre Behandlung acht bis zehn Wochen, die war also deutlich kürzer. Inzwischen sind wir mit der Zu-Hause-Behandlung bei drei bis sechs Monaten. Und oft sind es letztlich vier, fünf, sechs Monate, die die Familien brauchen, um die Sicherheit zu haben, dass sie klarkommen. Bringt das Hometreatment in dem Fall also gar nicht die Kosteneinsparung, an die man im ersten Augenblick denkt? Doch, unterm Strich ist ein verkürzter stationärer Aufenthalt mit Hometreatment hinterher billiger als ein rein stationärer Aufenthalt. Denn ein stationärer Tag ist sehr teuer, im Durchschnitt können wir deswegen dennoch Kosten sparen. In der ersten Auswertung von 100 Fällen zeigte sich, dass

23 Nachgefragt Psychosoziale Umschau wir selbst unter Einbezug von nötigen nicht medizinischen Kosten (Jugendhilfe, Schulbegleitung) pro Hometreatment-Fall ca Euro gespart haben, Natürlich gibt es auch immer einzelne Fälle, die teurer sind. Was haben Sie aus Ihrer Forschung denn über die Wirksamkeit des Hometreatments erfahren? Wir haben uns ja eine Reihe von Fragen gestellt. Die wichtigste war natürlich, ob man mit Hometreatment einen mindestens gleich guten, wenn nicht nachhaltigeren Behandlungserfolg erreichen kann, da ja die schon auf Station erreichten Erfolge noch über Wochen mit professioneller Begleitung in den häuslichen Rahmen übertragen und dort weiter ausgebaut werden können. Aber wir haben uns natürlich auch gefragt, ob es Unterschiede gibt je nach Diagnose, also: Für wen ist Hometreatment geeignet, und für wen ist es vielleicht besser, ausschließlich stationär behandelt zu werden? Unsere Beobachtung ergab: Hometreatment ist im Prinzip für alle Diagnosegruppen möglich, auch z.b. für Patientinnen mit einer starken Anorexie oder einer akuten Psychose, was nicht heißt, dass man generell stationäre Behandlungen mit Hometreatment ersetzen kann oder sollte, denn es spielen natürlich auch Schweregrad der Erkrankung, Bereitschaft zur Mitarbeit der Familie und andere Faktoren bei der Indikation für Hometreatment eine Rolle. Aber: Wir konnten zeigen, dass es keine primäre Ausschluss - diagnose gab. Alle Diagnosegruppen profitieren Den Erfolg der jeweiligen Behandlung haben wir sowohl von Eltern als auch von Patienten und Therapeuten beurteilen lassen, und zwar einmal direkt nach der Behandlung und dann noch einmal nach acht Monaten. Direkt nach der Behandlung fanden Therapeuten und Eltern gleich gute Effekte bei beiden Behandlungsformen. Die Kinder und Jugendlichen der BeZuHG-Gruppe beurteilten den Effekt ihrer Behandlung zu dem Zeitpunkt ein wenig schlechter als die stationär behandelten Patienten. Dies kann man allerdings damit erklären, dass die Kinder und Jugendlichen in der Hometreatment-Gruppe zum Zeitpunkt der Befragung den Konflikten zu Hause schon wieder drei Monate ausgesetzt waren, während die Jugendlichen und Kinder in der stationären Gruppe am Ende der Behandlung dem Alltag noch nicht wieder begegnet waren. Nach acht Monaten kann das ganz anders aussehen. Für diesen zweiten Befragungszeitpunkt haben wir erst die Rückmeldungen der Therapeuten detailliert ausgewertet. Diese zeigen aber, dass im Langzeiteffekt wie auch schon mehrere englischsprachige und eine deutsche Vorstudie ergeben haben die Erfolge der Zu-Hause- Behandlung doch tendenziell nachhaltiger sind als die der stationären Therapie. Ich habe jetzt auch schon mal die qualitativen Antworten der Eltern und Patienten zu wahrgenommenen Veränderungen nach acht Monaten angeschaut und gesehen, dass die Eltern der BeZuHG-Patienten zu fast 83 % positive Veränderungen in ihrem eigenen Erziehungsverhalten nach der Behandlung sehen, die Eltern der stationären Gruppe hingegen nur zu 54 %. Bei den Patienten selbst fanden zwei Drittel egal, ob zu Hause oder auf Station behandelt, dass sich etwas zum Guten geändert hat. Besonders hilfreich fanden die zu Hause Behandelten die begleitete Überleitung nach Hause, das Vertrauensverhältnis zum Therapeuten und die Gespräche. Die Kinder und Jugendlichen der stationären Gruppe benannten als besonders effektiv für sich die Gleichaltrigengruppe, die erlebnispädagogischen Elemente und die klaren Regeln und Strukturen auf der Station. Spricht also nicht alles dafür, dass man das Hometreatment-Angebot ausbaut selbstverständlich neben der Möglichkeit, weiterhin auf der Station behandelt zu werden? Ja, genau. Man muss schon gucken: Wer ist für was am besten geeignet? Ich würde jetzt nicht jeden ins Hometreatment schicken und sagen: Das ist das Nonplusultra. So kann man aus unseren Forschungsergebnissen tendenziell ableiten, dass das Hometreatment eher für verhaltensgestörte Jungen ist, aber z.b. sozial phobische Jugendliche besser von der Station profitieren, weil sie da die Gleichaltrigengruppe haben. Aber ja, es wäre sinnvoll und wünschenswert, das Hometreatment-Angebot als Regelangebot auszubauen. In der deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt es Hometreatment bisher leider nur ganz vereinzelt, als Projekt oder Modell. Im europäischen Ausland ist man da schon viel weiter. Foto: ZfP Südwürttemberg In erlebnispädagogischen Angeboten gewinnen Kinder Mut und Selbstsicherheit Woran liegt es denn, dass die Zu-Hause-Behandlung hierzulande ihr Potenzial nicht entfalten kann? Also, am mangelnden Interesse der Kollegen liegt es nicht! Die Hauptschwierigkeit liegt in der Struktur unseres Gesundheitssystems. Leistungen werden in zwei Sektoren unterteilt, in ambulante und stationäre Leistungen. Hometreatment benötigt aber eine sektorenübergreifende Finanzierung. Und die halten derzeit noch lange nicht alle Kassen vor. Wie lösen Sie dieses Problem? Denn Sie bieten ja nach wie vor Hometreatment an, oder? Ja. Es ist aber nicht einfach. Und bedarf leider einer Differenzierung nach Kassen. Krankenkassen, die Integrierte Versorgung anbieten, übernehmen z.b. Hometreatment in diesem Rahmen. Manchen Patienten müssen wir sagen, dass ihre Kasse dies einfach nicht finanziert, auch wenn es Sinn machen würde. Bei wieder anderen bekommen wir anteilig Kosten erstattet und bezuschussen dann den Rest intern durch Forschungsmittel. Meine Geschäftsführung ist sehr bereit, alle Möglichkeiten der Finanzierung auszuschöpfen und weiterhin nach Wegen zu suchen, das Hometreatment in die Regelversorgung zu übernehmen. Denn unsere Forschung hat eindeutig gezeigt, dass die Patienten und Eltern diese Form der Behandlung sehr gut annehmen, dass sie mitarbeiten und erheblich profitieren.

24 nt IM BLICKPUNKT Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff ebedürft eitsbegrifff Ab dem 1. Januar 2017 wird nach dem P flegestärkungsgesetz II I ein neuer P flegebedürftigkeitsbegr ifff gelten. Es wird nicht mehr unterschieden zwischen körperlicher Pflegebedürftigkeit und psychosozial lem Hilfebedarf, der bisher über L eistungen en für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz finanzier t wurde. Dies senkt die Zugangsschwelle zu Leistungen der Pflegeversicherung, insbesondere e für Demenzkranke und Menschen mit Behinderungen; es wird mit insgesamt mehr Anspruchsberechtigten gerechnet. Wer ist pflegebedürftig? ft 90 Jah hre und älteräl (ca ) 000) un ter 15 Jahre (ca ) 15 bis n (ca ) 70 bis unt Frauen Ambulant 2,5 Mio. Menschen in Deutschland gelten Stationär tionär Männer (ca. 1,6 Mio.) (ca. 1,8 Mio.) nach SGB XI bisher als pflegebedürftig ( ) (ca ) s unter 30 Jah hre ter 90 0 Ja Jah hre (ca. 1,5 1,5 Mio.) Quelle: le: Bundesministerium für Gesundheit (Stand Dezember 2014) 50 bis unter 70 Jahre (ca ) 30 bis unt ter 50 0 Jah Jahr hre e (ca ) Modul 1: Modul 2: Modul 3: Modul 4: Mobilität (5 Items) Kognitive und Verhaltensweisen und Selbstversorgung kommunikative Fähig- psychische Problemlagen (Alltagsverrichtungen) k eiten (11 Items) (13 Items) (12 Items ) 0 = selbstständig Fähigkeit ist 1 = überwiegend selbst- 0 = vorhanden ständig 1 = größtenteils vorhanden 2 = überwiegend unselbst- 2 = in geringem Maße ständig vorhanden 3 = unsel bstständig 3 = nicht vorhanden 0 = nie oder nur sporadisch 1 = selten (1- bis 2-mal in 2 Wochen) 2= häufig (2-mal oder mehrmals pro Woche, ab ber nicht täglich) 3 = täglich 0 = selbstständig 1 = überwiegend selbstständig 2 = überwiegend unselbst- ständig 3 = unsel bstständig Gewichteter Punktwert: 10 Gewichteter Punktwert: 15 Gewichteter Punktwert: 15 Gewichteter Punktwert: 40

25 Die neuen Pflegegrade Die bisherigen en drei Pflegestufen werden durch insgesamt fünf Pflegegrade abgelöst. Bereits eingestufte Pflegebedürft tige sollen ohne neue Antragstellung und Begutachtung tung zum 1. Januar 2017 umgestuftt werden. Die finanziellen len Leistungen gelten für die häusliche Pflege, in der stationären Pflege weichen sie leicht ab: Bisher ige P fleg estufe Leistung Y Übergeleiteter Pflegegrad Leistung 0 Y 1 Beratungsleistung 0 mit PEA* 104 Euro Y Euro I 468 Euro Y Euro I mit PEA* 572 Euro Y Euro IM BLICKPUNKT (ca. 1,4 Mio.) II Euro Y Euro II mit PEA* Euro Y Euro (ca ) III Euro Y Euro III mit PEA* Euro Y Euro III Euro Y Euro III+ mit PEA* Euro Y Euro (ca ) * Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz Berechnung echnung der neuen Pflegegrade 1 = überwiegend end selbst- ständig Modul 5: Modul 6: Umgang mit krankheits-/ Gestaltung des Alltagsltags - therapiebedingten lebens und soziale Anforderungen (14 Items) Kontakte (6 Items ) Bewertung, ob selbstständig, ansonsten Häufigkeit pro Tag /Woche Ge wichteter Punktwert: 20 0 = selbstständig 2 = überwiegend end unselbst- ständig 3 = unsel bstständig Gewichteter Punktwert: 15 Gesamtpunktw ert 0 12,4 Gesamtpunktwert 12,5 26,9 Gesamtpunktwert 27 47,,4 Gesamtpunktwert 47,5 69,9 Gesamtpunktwert 70 89,9 Gesamtpunktw tpunktwert Bei bestimmter Bedarfskonstellation Quelle: BWKG Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft esel lschaft e.v.. Die Pflegegrade werden über ein Punktesystem stem in sechs Modulen ermittelt mittelt. Zwei weitere Module, außer- häusliche Aktivitäten und Haushaltsführung, werden erhoben, fließen jedoch nicht in die Bewertung mit ein. Kein Pfleg flegegrad Pflegegrad 1 Pflegegrad 2 Pflegegrad 3 Pflegegrad 4 Pflegegrad 5 Pflegegrad 5 Quelle: BWKG Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft esellschaft e.v.. Recherche: Michael Konrad, Lina Kamwar; Grafik: Iga Bielejec

26 26 Psychosoziale Umschau Sozial- & Gesundheitspolitik Pflegereform schreitet voran neues System ab 2017 Von Ulrich Krüger Inzwischen bestreitet niemand mehr, dass Menschen mit psychischer Erkrankung in der Pflegeversicherung benachteiligt sind und diese Gerechtigkeitslücke dringend geschlossen werden muss. Die große Koalition hat sich vorgenommen, diese Aufgabe in der laufenden Legislatur zu bewältigen und Gesundheitsminister Gröhe lässt nun den Worten Taten folgen. Schon im Pflegestärkungsgesetz I waren einige Verbesserungen beschlossen worden, die vor allem Menschen mit Demenz oder anderen psychischen Erkrankungen zugutekommen. Seit dem liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Pflegestärkungsgesetz II vor. Darin wird die angekündigte grundlegende Reform vollzogen. Wesentliche Neuerungen sind ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, ein neues Begutachtungsverfahren und die Umstellung auf fünf Pflegegrade (PG) statt der bisherigen drei Pflegestufen (plus einigen Zusatzleistungen, siehe unsere Infografik auf S. 24 f.). Neu: Pflegebedürftigkeitsbegriff, Begutachtungsverfahren, Pflegegrade Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff werden Menschen mit somatischen, psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen gleichgestellt. Im Mittelpunkt stehen die Fähigkeiten des Menschen. Sofern diese zur alterstypischen Selbstständigkeit nicht ausreichen, sind Pflegeleistungen erforderlich. Mit dem»neuen Begutachtungsassessment«(NBA) werden die Fähigkeiten und Möglichkeiten des pflegebedürftigen Menschen beschrieben, indem anhand von 77 Kriterien der Grad der Selbstständigkeit einer Person in sechs pflegerelevanten Bereichen erfasst wird. Diese Bereiche (Module) sind: Mobilität, kommunikative und kognitive Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte. In den Modulen»außerhäusliche Aktivitäten«und»Haushaltsführung«werden die Fähigkeiten ohne Auswirkung auf die Einstufung erhoben. Die 2,8 Millionen Pflegebedürftige, die am Stichtag, dem , vermutlich Leistungen erhalten, werden automatisch, d. h. ohne neue Begutachtung, in das neue System übergeleitet. Die Einstufung erfolgt in den nächsthöheren Pflegegrad, also aus Pflegestufe 1 in Pflegegrad 2, aus 2 in 3 usw. Bei psychisch oder kognitiv eingeschränkten Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz wird um 2 Stufen erhöht, also aus Pflegestufe 1 in Pflegegrad 3 usw.; dadurch werden die bisherigen Zusatzleistungen in das Regelsystem integriert. Kein Pflegebedürftiger soll durch die Umstufung schlechtergestellt werden. Neue Antragsteller werden ab dem nach dem neuen Begutachtungsverfahren eingestuft. In Pflegegrad 1 werden Menschen eingestuft, die noch keinen erheblichen Unterstützungsbedarf haben, aber zum Beispiel eine Pflegeberatung, eine Anpassung des Wohnumfeldes (z.b. altersgerechte Dusche) oder Leistungen der allgemeinen Betreuung benötigen. Es wird erwartet, dass durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff Menschen erstmalig leistungsberechtigt werden, PG 1 PG 2 PG 3 PG 4 PG 5 Geldleistung 125 c 316 c 545 c 728 c 901 c Sachleistung ambulant 689 c 1298 c 1612 c 1995 c Leistungsbetrag stationär 125 c 770 c 1262 c 1775 c 2005 c die meisten davon Menschen mit Demenz oder anderen psychischen Erkrankungen. Der pflegebedingte Eigenanteil am Pflegesatz in vollstationären Pflegeeinrichtungen muss in den Pflegegraden 2 bis 5 in der einzelnen Pflegeeinrichtung gleich hoch sein. Das schafft Planungssicherheit für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen, weil der Eigenanteil bei einem Wechsel in höhere Pflegegrade nicht ansteigt. Die zusätzlichen Betreuungsangebote in stationären Einrichtungen bleiben bestehen. Das Gesetz begründet sogar einen individuellen Rechtsanspruch der Bewohnerinnen und Bewohner, sodass die Bereitstellung für alle Heime verpflichtend wird. Der Pflege-TÜV wird weiterentwickelt. Der Rechtsanspruch auf individuelle Beratung wird ausgebaut. Es werden verbindliche Qualitätsstandards für die Beratung entwickelt. Auch Pflegefachkräfte erhalten einen eigenständigen Anspruch auf Pflegeberatung, wenn die pflegebedürftige Person dem zustimmt. Für pflegende Angehörige soll es höhere Leistungsbeträge geben. Ab Pflegegrad 2 und mindestens zehn Stunden Pflege pro Woche (an mind. zwei Tagen) soll die Pflegeversicherung laut Entwurf die Beiträge zur Rentenversicherung übernehmen. Bei hohem Unterstützungsbedarf (PG 5) werden die Rentenversicherungsbeiträge um 25 % erhöht. Auch bei der Arbeitslosenversicherung der Pflegenden sind Verbesserungen vorgesehen. Die genannten Leistungsverbesserungen führen zu Mehrkosten für die Pflegeversicherungen. Deshalb ist eine Beitragserhöhung um 0,2 Prozentpunkte vorgesehen, die paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu zahlen sind. Daraus ergeben sich Mehreinnahmen von jährlich 2,4 Milliarden Euro. Da in der Umstellungsphase 4,4 Milliarden benötigt werden, soll zusätzlich einmalig auf die Liquiditätsreserve der Pflegeversicherung zugegriffen werden. Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit soll dann das Beitragsaufkommen bis 2022 ausreichend sein. Unklare Abgrenzung zur Eingliederungshilfe In den bisherigen Anhörungen haben viele Verbände und die Vertreter der Kommunen bemängelt, dass ein Pflegebedarf, der auch die Bereiche Kommunikation und Umgang mit Erkrankung bzw. kognitiver Einschränkung umfasst, kaum noch von der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung zu unterscheiden sei. Der Gesetzgeber formuliert im Pflegestärkungsgesetz 2 keinerlei Vorgaben zur Abgrenzung. Dies muss also spätestens im Bundesteilhabegesetz erfolgen. Dazu ist ja ebenfalls ein Entwurf für diesen Herbst angekündigt.

27 Sozial- & Gesundheitspolitik Psychosoziale Umschau Psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen Zivilgesellschaftliche und gesundheitspolitische Herausforderungen annehmen Von Daniel Deimel Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im August die Prognose der zu erwartenden Flüchtlinge auf für das Jahr 2015 hochgesetzt. Es ist davon auszugehen, dass der Zustrom von Menschen aus Kriegsgebieten und politisch instabilen Regionen weiter anhalten wird. Diese Situation stellt enorme Anforderungen an staatliche Organisationen, die Zivilgesellschaft und eben auch an die unterschiedlichen Akteure der Gesundheitsversorgung dar. Für das Gesundheitswesen bedeutet dies einerseits, dass schnelle und unkomplizierte Hilfen für diese Menschen geschaffen werden müssen. Daneben müssen mittelfristig Versorgungsstrukturen entwickelt und implementiert werden, welche nicht nur akute Not lindern und das Überleben in Deutschland sichern, sondern sich an dem Bedarf an Unterstützung richten, welcher in der physischen, psychischen und sozialen Situation der Menschen deutlich wird. Die vertriebenen Menschen, die zu uns kommen, waren und sind in dreifacher Hinsicht massiven körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt: Das Trauma des Krieges: Sie haben unvorstellbares Leid durch Krieg, Folter und Vertreibung in ihren Heimatländern erlebt, durch das sie zur Flucht gezwungen wurden. Sie mussten den Tod von nahen Angehörigen und Freunden erleben und wichtige Bezugspersonen in ihrer Heimat zurücklassen. Das Trauma der Flucht: Die mehrmonatige Flucht wirkt ebenso auf diese Menschen traumatisierend: Die Bilder von Flüchtlingsschiffen und der europäischen Grenze, welche tagtäglich die Nachrichten füllen, sprechen ihre eigene Sprache und lassen nur erahnen, welchen enormen körperlichen und psychischen Belastungen die Flüchtlinge ausgesetzt sind. Die Bewältigung der Migration: Kommen diese Menschen schließlich nach Deutschland, sind sie häufig in mehrfacher Hinsicht traumatisiert. Es werden jedoch weiterhin hohe Anforderungen an diese Menschen gestellt, den Migrationsprozess in Deutschland zu bewältigen. Eine unklare ausländerrechtliche Situation, Anfeindungen durch rechtsextreme Personen und Gruppen sowie eine unklare Zukunftsperspektive verstärken die Bewältigung dieses schwierigen Migrationsprozesses. Die Gefühle von Unsicherheit und Angst bleiben. Wie kann nun eine gute und schnelle gesundheitliche Versorgung dieser Menschen aussehen? Ein guter Vorstoß ist sicherlich die Einführung einer Gesundheitskarte, wie es jetzt in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bremen geschehen ist. Die Flüchtlinge können damit direkt zum Arzt gehen und müssen nicht wie bislang einen Behandlungsschein bei der örtlichen Behörde beantragen. Der schnelle Zugang zu einer psychotherapeutischen Behandlung dürfte damit allerdings schon allein wegen der fehlenden Plätze nicht möglich. Problematisch erscheint weiterhin die versäulte Struktur der Sozialgesetzgebung. Diese Menschen haben, wenn überhaupt, nur einen sehr begrenzten Zugang zu diesem Hilfesystem. Zudem ist das Asylbewerberleistungsgesetz als ein weiteres Sozialhilfesystem neben dem SGB II und SGB XII anzusehen. Es ist nicht in die Systematik des für die meisten Sozialleistungen in Deutschland maßgeblichen Sozialgesetzbuches einbezogen. Die sozialrechtlichen Grundsätze des SGB I und SGB X finden mit wenigen definierten Ausnahmen keine Anwendung. Es handelt sich rechtssystematisch um ein Sondergesetz, das teilweise auch als Teil des Ausländer- und Ordnungsrechts begriffen wird. Eine medizinische Versorgung erfolgt nur bei»akuten«oder»schmerzhaften«erkrankungen. Die Behandlung von chronischen Erkrankungen und Behinderungen bleibt im behördlichen Ermessen. Neben diesen strukturellen Hürden liegen die Lebenssituationen der Schutzsuchenden quer zu dieser Struktur. Sehr deutlich wird dies an der Situation von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Diese Kinder und Jugendlichen tauchen mit ihren komplexen Problemlagen in Einrichtungen der Jugendhilfe auf, ohne dass dort eine adäquate therapeutische Hilfe möglich ist. Eine aktuelle Untersuchung der TU München konnte aufzeigen, dass ein Drittel von 100 syrischen Kindern in einer Münchener Flüchtlingsunterkunft psychisch belastet war. Jedes fünfte Kind litt an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Organisationen wie die Malteser Migranten Medizin ( dizin.de), die Menschen ohne Krankenversicherung behandeln, dürften in naher Zukunft einen stärkeren Zulauf erfahren. Aber medizinische Hilfe beschränkt sich nicht Foto: antonchalakov, clipdealer Erschöpfte syrische Flüchtlinge in Bulgarien ausschließlich auf die Berufsgruppe der Ärzte. Ebenso sind Sozialarbeiterinnen und Psychologen, Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen sowie Pflegekräfte und Pädagogen in der Beratung und Behandlung von medizinischen und psychosozialen Notlagen beteiligt. Die Bewältigung dieser Anforderungen an die Hilfesysteme kann nur durch ein gemeinsames Handeln und Zusammenwirken aller beteiligten Akteure gelingen. Zudem bedarf es einer gesetzlichen Änderung: Asylbewerber benötigen dringend den Zugang zu den Leistungen des SGB II und XII. Parteipolitisches Agitieren oder berufspolitische Machtspiele sind fehl am Platz. Dadurch verlieren alle: Einzelne Gruppen werden gegeneinander ausgespielt, zivilgesellschaftliches Engagement wird untergraben und vor allem wird das Leiden der vertriebenen Menschen nicht unterbunden. Die Politik ist gefragt, die beteiligten Parteien an einen Tisch zu bringen und einen Dialog zwischen Kostenträgern, Leistungserbringer, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Interessenvertretungen der Flüchtlinge zu initiieren. Die aktuelle Praxis des Asylbewerberleistungsgesetzes hat jedenfalls ausgedient und gehört abgeschafft. Daniel Deimel ist Professor für Klinische Sozialarbeit an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, Standort Aachen.

28 28 Psychosoziale Umschau Sozial- & Gesundheitspolitik Es kommt darauf an, was man daraus macht Die AG Bundesteilhabegesetz hat die Weichen für die Reform in der Eingliederungshilfe gestellt Von Michael Konrad Die Arbeitsgruppe zum Bundesteilhabegesetz hat ihre Arbeit abgeschlossen und die Ergebnisse in einem Abschlussbericht zusammengefasst. Sie bestand aus Vertretern von Leistungsträgern und Behinderten - organisationen.. Die Leistungserbringer waren in dieser AG nicht vertreten. Vertreterin der psychisch Kranken war Ruth Fricke vom BPE. Derzeit tagt eine Bund-Länder-Kommunal-AG aus Fachleuten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), um aus dem Abschlussbericht einen Gesetzesentwurf zu formen. Da in den grundlegenden Punkten des Abschlussberichts ein Konsens der Beteiligten erzielt werden konnte, sollte im Gesetzgebungsprozess nachvollzogen werden, wie der Konsens umgesetzt wird. In einem ersten Beitrag sollen daher die Grundsätze des Abschlussberichts in der Auswirkung für psychisch kranke Menschen vorgestellt werden. Im Abschlussbericht werden drei wesentliche Grundsätze formuliert: Die Eingliederungshilfe soll aus dem bisherigen»fürsorgesystem«herausgeführt und zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt werden. Es geht also um die spezifischen (und noch zu definierenden) Leistungen der Teilhabe und nicht mehr um ein Auffangbecken für die angebliche Nicht-Zuständigkeit der Sozialversicherungsleistungen. Die Erarbeitung erfolgt nach dem Grundsatz der Selbstvertretung der Menschen mit Behinderungen:»Nichts über uns ohne uns«. Es soll in den Ländern keine neue Aus - gabendynamik entstehen. Der dritte Grundsatz klingt wie ein Abwehrmechanismus für jegliche Änderungen. Die beiden anderen Prinzipien sind aber seit vielen Jahren zentrale Forderungen der Sozialpsychiatrie. Die Frage ist, ob diese Prinzipien bei Einhaltung des dritten Grundsatzes adäquat umgesetzt werden können. Die wesentlichen Änderungsvorschläge Neuer Behinderungsbegriff: Der bisherige Behinderungsbegriff bildet nach Auffassung der AG die gesellschaftlichen Veränderungen und das gewandelte Rollenverständnis nicht mehr ab. Behinderung soll als Interaktion erfasst werden zwischen individuellen Beeinträchtigungen und gesellschaftlichen Barrieren. Entsprechend soll der neue Behinderungsbegriff auf Grundlage der ICF an den Ressourcen ansetzen, ohne dass damit eine Ausweitung oder Einschränkung des Personenkreises verbunden sein soll. Dazu muss der Bereich Teilhabe der ICF zu einem der seelischen Behinderung entsprechenden Klassifikationsinstrument ausgearbeitet werden. Fachleistungen werden von existenzsichernden Leistungen abgegrenzt: Die notwendige Unterstützung soll sich nicht mehr an der Wohnform ausrichten, sondern nur am individuellen Unterstützungsbedarf. Wohnheime werden sich infolgedessen massiv umstellen müssen, um den Übergang von der institutionszentrierten zur personenzentrierten Versorgung zu gewährleisten. Einigkeit bestand in der Arbeitsgruppe, dass»alle Bedarfe, die aus der Teilhabebeeinträchtigung resultieren, gedeckt werden müssen«. Die Verbände der Menschen mit Behinderung verbanden mit ihrer Zustimmung Verbesserungen bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Die Stolpersteine sind, dass der gesamte Teilhabebedarf sich in der Bemessung des Unterstützungsbedarfs widerspiegeln muss. Und dass die Frage nach bezahlbarem Wohn - raum kommunal zu lösen ist, wenn die Hilfeempfänger die Miete aus den existenzsichernden Leistungen bezahlen müssen. Ein neues Vertragsrecht soll nur die Erbringung von Fachleistungen regeln. Die Steuerungsfunktion der Leistungsträger und die Position der Menschen mit Behinderung im sozialhilferechtlichen Dreieck von Leistungsempfänger Leistungserbringer Leistungsträger gestärkt werden. Kriterien für Bedarfsermittlung und -feststellung: Diese sollen wie die Koordinierungsverantwortung bundesweit geregelt werden. Ziel ist eine optimierte Gesamtplanung, in die andere Sozialleistungsbereiche einbezogen werden. Es wird eine höhere Verbindlichkeit aller beteiligten Leistungsträger und eine schnellere Leistungserbringung angestrebt. Das Recht des Menschen mit Behinderung, auf Augenhöhe mit den Leistungsträgern an der Teilhabeplanung mitzuwirken, wird ausdrücklich betont. Die Verbesserung könne erreicht werden durch ein praktikables, bundesweit vergleichbares und auf Partizipation beruhendes Verfahren der Gesamtplanung, bei dem a) Verfahren und Instrumente zu trennen sind, b) die Instrumente auf an der ICF orientierten Kriterien beruhen, c) der Verfahrensablauf geregelt wird und d) Verfahrensbeteiligte mit Rechten und Pflichten bestimmt werden. Auf die Regelung der Koordinierungsverantwortung darf man nach der»pleite«mit den Gemeinsamen Servicestellen im Rahmen des SGB IX gespannt sein. Trägerunabhängige neutrale Beratung: Die bestehenden Beratungsangebote der Leistungsträger sollen durch Peer-Beratung oder unabhängige Fachberatung flankiert werden. Die Finanzierung eines solchen unabhängigen Beratungsangebots wurde von den Leistungsträgern jedoch abgelehnt. Die positiven Erfahrungen gemeinsamer Hilfeplankonferenzen von Leistungsträgern und Leistungserbringern wurden nicht berücksichtigt. Leider gibt es bisher keinen Nachweis, dass Hilfeplankonferenzen nicht zur Leistungsausweitung, sondern zu passgenauen Hilfen führen. Teilhabe am Arbeitsleben: Die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt wird als vorrangiges Ziel formuliert, die Inanspruchnahme von Werkstattleistungen soll jedoch erhalten bleiben. Die Öffnung der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) für andere Leistungsanbieter, die Einführung eines Budgets für Arbeit und die Einbeziehung der Tagesstrukturierung in die Werkstattförderung wurden diskutiert. Einvernehmen bestand hinsichtlich des Ziels, möglichst viele Beschäftigte der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu bringen, und in der Ablehnung des Vorschlags, die Zuständigkeit für die WfbM-Förderung auf die Agentur für Arbeit zu übertragen. Die personenzentrierte Ausrichtung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wird einvernehmlich begrüßt, ebenso der Hinweis, dass auch Maßnahmen zur Verbesserung der beruflichen Rehabilitation im SGB II erarbeitet werden sollen. Die spezifischen Probleme von Menschen mit seelischer Behinderung wurden offensichtlich nicht berücksichtigt, insbesondere die Tatsache, dass die psychische Erkrankung oftmals den erwarteten (berufs-) biografischen Verlauf zerstört und dementsprechend die WfbM für die meisten Betroffenen keine realistische Option darstellt.

29 Sozial- & Gesundheitspolitik Psychosoziale Umschau Foto: S. Kögler, BMAS Rechts neben Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ihre parlamentarische Staatssekretärin, Gabriele Lösekrug-Möller, und Ruth Fricke, Vorstandsmitglied des BPE Soziale Teilhabe: Für diese wird als Handlungsbedarf formuliert, die in vollstationären Einrichtungen gewährten Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft umfänglich aufzufangen. Hier sind flexiblere Möglichkeiten der Leistungserbringung erforderlich, um die in vollstationären Einrichtungen gewährten Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auch ambulant anbieten zu können. Über die Ausgestaltung des Leistungskatalogs bestand jedoch keine Einigkeit unter den AG- Mitgliedern, sodass in diesem Punkt der Gesetzesentwurf abgewartet werden muss, der hier vermutlich aber nur allgemeine Formulierungen enthalten wird. Leistungserbringer sollten gemeinsam mit Betroffenenverbänden Konzepte entwickeln, wie die in Artikel 19c der UN-Behindertenrechtskonvention vorgesehene Nutzung von Einrichtungen in der Gemeinde (VHS, Sportvereine etc.) umgesetzt werden kann. Bedürftigkeitsunabhängigkeit der Fachleistungen: Bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen gab es erwartungsgemäß gegenläufige Positionen zwischen Behindertenverbänden und Leistungsträgern: Während die Behindertenverbände für die bedürftigkeitsunabhängige Gewährung von Fachleistungen votieren und zumindest eine Erhöhung der Grenzen wünschen, äußerten sich Leistungsträger und Bundesländer skeptisch. Nicht nur die Berechnung der entstehenden Kosten ist relativ schwierig, auch bei Erhöhung der Grenzen ist mit zusätzlichen Personalkosten für die Prüfungen zu rechnen. Auf das Ergebnis im Gesetzesentwurf darf man gespannt sein. Kein Bundesteilhabegeld? Ursprünglich war es ja die Idee eines Bundesteilhabegeldes, die den Prozess der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe neuen Antrieb gegeben hatte. Fachlich wird das Teilhabegeld vor allem als Umsetzungsmöglichkeit des Persönlichen Budgets (Einkaufsmodell) betrachtet. Gleichzeitig gibt es die Befürchtung, dass bei Einführung des Bundesteilhabegeldes neue Personengruppen Leistungen erhalten, und in der Folge die Bedarfsdeckung bei mehrfach Behinderten erschweren, die sich nicht selbst gut vertreten können oder nicht gut vertreten werden. Trotz des Hinweises der Befürworter des Teilhabegeldes, dass die Höhe der Mitnahmeeffekte von der Ausgestaltung abhängig ist, lassen gleichwohl die Äußerungen im Abschlussbericht darauf schließen, dass sich das Bundesteilhabegeld nicht im Gesetzesentwurf finden wird. Stattdessen soll das Verfahrensrecht im Rehabilitationsrecht SGB IX verbessert werden, insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger. Dabei wären auch die als intransparent bezeichneten Zugänge zur medizinischen Rehabilitation für Menschen mit Behinderung zu regeln. Auch hinsichtlich des Schnittstellenmanagements zwischen Eingliederungshilfe und Krankenversicherung sowie Pflegeversicherung wird deutlicher Handlungsbedarf gesehen. Bereits in der Überschrift werden hier häusliche Krankenpflege und Soziotherapie genannt. Diese Schnittstellenregelung ist für die Gemeindepsychiatrie sehr relevant, kann die Inanspruchnahme ambulanter Behandlungsleistungen doch erwiesenermaßen Teilhabeleistungen ersetzen oder reduzieren. Hinsichtlich der Schnittstelle zur Pflegeversicherung ist jedoch schleierhaft, warum kein Konnex zum Pflegestärkungsgesetz hergestellt wird. Mit dem dort verankerten neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff ergeben sich klare Überschneidungen zu den Leistungen der Teilhabe. Trotz dieser Schwächen stellen die Grundsätze zur Erstellung des Bundesteilhabegesetzes eine Chance für die gemeindepsychiatrische Versorgung dar. Sprachlich finden sich viele Formulierungen, die seit Jahren zum Grundbestand gemeindepsychiatrischer Forderungen gehören. Kritische Äußerungen in der Diskussion des Abschlussberichts wurden vor allem von Vertretern der Behindertenhilfe formuliert. Angesichts der Tatsache, dass die Zuwächse bei den Eingliederungshilfeleistungen in den letzten zehn Jahren vor allem durch Menschen mit seelischer Behinderung verursacht wurden, besteht die Hoffnung auf Berücksichtigung. Die Beschäftigung mit den Ergebnissen der Expertenrunde der Bund-Länder-Kommunal-AG, die wir im nächsten Heft vorstellen wollen, wird Aufschluss darüber geben, ob die Hoffnung berechtigt ist. Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Teilhabe - gesetz kann im Internet heruntergeladen werden: Bundesteilhabegesetz/Abschlussbericht/Abschluss bericht_teil%20a.pdf? blob=publicationfile Werden Sie Mitglied der BAG EGH! Der Dachverband Gemeindepsychiatrie e.v. sieht in der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes die große Chance, eine modulare, sektorübergreifende Versorgung im Sinne einer regionalen, bedarfsorientierten und personenzentrierten Angebotsstruktur umzusetzen. Aus diesem Grund wird am in der Geschäftsstelle des Dachverbandes die Bundesarbeitsgemeinschaft Eingliederungshilfe (BAG EGH) gegründet werden. Die Mitgliedschaft in der BAG EGH bringt Ihnen wichtige Vorteile: Durch das gesammelte Know-how werden wir Sie in die Lage versetzen, Umsetzungsprozesse frühzeitig zu erkennen, zu initiieren und in Ihrem Sinne zu gestalten. Durch die Angebote der BAG EGH zur Vernetzung und Koordinierung, Beschaffung, Auswertung und Aufarbeitung von Informationen sowie Lobbyarbeit können sich die Mitglieder eigene aufwendige und zeitintensive Recherchen ersparen und dafür schnell auf zentrale Informationen und ein Trägernetzwerk zurückgreifen. Kontakt: dachverband@psychiatrie.de

30 30 Psychosoziale Umschau Sozial- & Gesundheitspolitik Ambulantisierung und Flexibilisierung der Leistungen Wie Hilfeplankonferenzen Planung und Gewährung von Teilhabe erfolgreich steuern Von Michael Konrad Im Landkreis Ravensburg kann man inzwischen auf über zehn Jahre Erfahrung mit der Hilfeplankonferenz zurückblicken. Nachdem von 2001 bis 2004 gemeinsam mit dem Bodenseekreis im Rahmen des Modellprojekts zur Implementierung des personenzentrierten Ansatzes eine gemeinsame Hilfeplankonferenz der beiden Landkreise eingeführt worden war, etablierten sich zwei Gemeindepsychiatrische Verbünde (GPV) mit zwei Standorten für Hilfeplankonferenzen. Die wichtigsten Prinzipien des GPV die gemeinsame Versorgungsverpflichtung aller Einrichtungsträger und die gemeinsame Weiterentwicklung der differenzierten Versorgung chronisch psychisch kranker Menschen in der Gemeinde wurden in beiden Landkreisen schriftlich vereinbart. Im seit Januar 2015 geltenden Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) in Baden-Württemberg wurden die GPV rechtlich verankert. Eine Basisdokumentation der Fallzahlen der verschiedenen Einrichtungen und Dienste ermöglicht seit 2003 nicht nur die Analyse der Veränderungen, sondern auch die Planung zukünftiger Angebote. Die Hilfeplankonferenz als Steuerungsinstrument Das zentrale Instrument der Fallsteuerung und Nutzerbeteiligung im GPV ist die Hilfeplankonferenz. Die monatlich stattfindende Hilfeplankonferenz berät über Hilfeplanungen, die von der koordinierenden Bezugsperson bzw. dem Sozialpsychiatrischen Dienst zusammen mit der Klientin, dem Klienten erstellt werden. In der Hilfeplankonferenz sind entscheidungsbefugte Vertreter der Einrichtungsträger der Leistungsträger und z.t. die Antragstellenden bzw. ihre gesetzlichen Betreuter vertreten. Ziel ist die passgenaue Bestimmung des Unterstützungsangebots, das sich aus dem individuellen Hilfebedarf der Person ergibt. Der Schwerpunkt der Hilfeplankonferenz liegt in der Diskussion von Leistungen der Eingliederungshilfe, vor allem im Bereich der verschiedenen Formen des Betreuten Wohnens. Die Hilfeplankonferenz ersetzt im Landkreis Ravensburg die Überprüfung des Hilfebedarfs durch das Fallmanagement der Eingliederungshilfe. Die Vorstellung des Hilfebedarfs erfolgt bei Maßnahmen der Eingliederungshilfe über den Integrierten Hilfeplan (InHiP), einer den Bedürfnissen des GPV Ravensburg angepassten Weiterentwicklung des Integrierten Behandlungsund Rehabilitationsplans (IBRP). Wünschenswert ist, dass der Klient oder die Klientin sich an der Diskussion der Hilfeplankonferenz beteiligt, nahezu die Hälfte der Personen, deren Hilfebedarf erstmals besprochen wird, macht hiervon Gebrauch. Während 2003, im ersten Jahr der Basisdokumentation, 166 Fälle besprochen wurden, waren es 668 im Jahr Die Fallzahlsteigerung kommt ausschließlich durch die regelmäßige Überprüfung des Hilfebedarfs zustande. Diese ist ein zentrales Element des personenzentrierten Ansatzes, der dem oft nicht konstanten Hilfebedarf von Menschen mit psychischen Erkrankungen Rechnung trägt. Um die Zahl der Fälle handhaben zu können, wird die Überprüfung des Hilfebedarfs nur dann in der Hilfeplankonferenz besprochen, wenn die Verlängerung der Maßnahme für den Leistungsträger im Hilfeplan nicht plausibel dargestellt ist. Eine wichtige Funktion im Vorfeld der Hilfeplankonferenz kommt dem Sozialpsychiatrischen Dienst zu. Er berät chronisch psychisch kranke Menschen, ob die Behandlungsangebote ausreichend sind oder ob sie Angebote der Eingliederungshilfe benötigen betreute oder beriet der Sozialpsychiatrische Dienst im Landkreis Ravensburg 888 Personen. In der Folge nimmt insbesondere die Klientel mit hohem Chronifizierungsgrad sie hat im Durchschnitt seit 14,4 Jahren eine psychiatrische Diagnose stärker ambulante Unterstützungsangebote wie ärztlich verordnete Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und Psychotherapie in Anspruch, d.h. Leistungen der Eingliederungshilfe konnten vermieden werden. Ein anderer, nicht zu unterschätzender Effekt der Hilfeplankonferenz und der weitgehenden Beschränkung auf hilfebedürftige Personen des Landkreises ist in der damit verbundenen Steuerbarkeit der stationären Wohnplätze zu sehen. So ergab die monatliche Abfrage der freien Heimplätze, dass es 2014 im Durchschnitt sechs freie Plätze in den Einrichtungen gab. Dieser Effekt ist ein Ergebnis der Selbstverpflichtung der Träger im GPV auf die regionale Versorgung, die im GPV-Kooperationsvertrag festgeschrieben ist. Für die Hilfe suchenden Personen besteht damit im Gegensatz zur Vergangenheit die Möglichkeit einer Auswahl der Plätze im stationär Betreuten Wohnen. Das stationär Betreute Wohnen spielt indes nicht mehr die Rolle, die verschiedenen Formen des ambulanten Betreuten Wohnen sind wichtiger geworden, wie rückblickend die Zahlen belegen, und werden noch wichtiger werden, wie die Entwicklung der Hilfebedarfe bei den jüngeren Klientinnen und Klienten zeigt. Entwicklung der Klientenzahlen im Betreuten Wohnen Im Jahr 2014 erhielten psychisch kranke Personen Leistungen in den Einrichtungen und Diensten der psychosozialen Versorgung des GPV im Landkreis Ravensburg, 729 in den verschiedenen Formen des Betreuten Wohnens: ambulant Betreutes Wohnen, stationär Betreutes Wohnen und Betreutes Wohnen in Familien. Wie Abbildung 1 zeigt, ist die Zahl der Klienten stark gestiegen. Wurden 2003 noch 387 Personen betreut, waren es 729 im Jahr Dies entspricht einer Steigerung um mehr als das Doppelte. Im Jahre 2009 kam ein Anbieter von ambulant und stationär Betreutem Wohnen für chronisch Suchtkranke in den GPV, wodurch sich der starke Anstieg der Klientenzahlen von 2008 auf 2009 erklärt. Der Anstieg entspricht dem Bundestrend der Eingliederungshilfe für Menschen mit seelischer Behinderung in diesem Zeitraum. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in der nach der Jahrtausendwende greifenden Wirkung der Enthospitalisierung psychiatrischer Kliniken. Viele Patienten, die früher auf den Langzeitstationen der psychiatrischen Kliniken versorgt wurden, erhalten zwischenzeitlich Leistungen von den Einrichtungen und Diensten der Eingliederungshilfe. Im Gegensatz zu anderen Regionen in Baden-Württemberg sind die Zahlen im ambulant Betreuten Wohnen enorm angestiegen, während sie im stationär Betreuten Wohnen leicht gesunken sind. Das Verhältnis von ambulant zu stationär Betreutem Wohnen hat sich von 34 %:66 % auf 70 %:30 % nahezu umgekehrt.

31 Sozial- & Gesundheitspolitik Psychosoziale Umschau Abbildung 1: Entwicklung der Klientenzahlen im Betreuten Wohnen Ambulant Betreutes Wohnen Stationär Betreutes Wohnen Betreutes Wohnen in Familien Das System des Betreuten Wohnens hat sich im Landkreis Ravensburg darüber hinaus stark ausdifferenziert. Neben dem qualitativ bedeutenden Angebot des Betreuten Wohnens in Familien wird außer dem ambulant Betreuten Wohnen mit Personalschlüsseln zwischen 1:10 und 1:12 auch ambulant Betreutes Wohnen plus mit intensiverer Betreuung entsprechend den Hilfe - bedarfsgruppen im stationär Betreuten Wohnen angeboten. Stationär Betreutes Wohnen wird bereits seit über zehn Jahren nicht nur in Form von Wohnheimen angeboten, sondern auch in Form von gemeinde - integrierten Wohnungen. Mit der Ablösung des Landesheimgesetzes durch das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG) zum wurde diese Form der stationären Wohnbetreuung in Baden-Württemberg offiziell eingeführt und nennt sich Teilweise Selbstverantwortetes Ambulant Betreutes Wohnen (TABeWo). In der GPV-Basisdokumentation wurde die Lebenssituation der Klientinnen und Klienten im stationär Betreuten Wohnen bereits nach dieser Systematik erhoben. Abbildung 2 zeigt, dass im Landkreis Ravensburg mittlerweile etwas weniger als die Hälfte der Klientinnen und Klienten des stationär Betreuten Wohnens in»klassischen«wohnheimen lebt, für die heimrechtlich die Kriterien der vollstationären Heimversorgung gelten. In Zukunft wird es auf Grundlage des WTPG möglich sein, die Wohnversorgung bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und die Existenz verschiedener ordnungsrechtlicher Regelungen in die Planungen einzubeziehen. Die Flexibilisierung im Betreuten Wohnen der Eingliederungshilfe erleichtert die Übergänge in Angebote mit mehr oder weniger Unterstützung. Voraussichtliche Entwicklung der Wohnangebote Werden die Klientinnen und Klienten unter 30 Jahren (U 30) separat betrachtet, verstärkt sich der Eindruck der Ambulantisierung noch. Da die Einrichtungen und Dienste im GPV Personen frühestens ab 18 Jahren aufnehmen, ist davon auszugehen, dass diese Altersgruppe nach Gründung des GPV über die Hilfeplankonferenz aufgenommen wurde. Insgesamt erhielten 178 U 30-Klienten im Jahr 2014 Leistungen in den Einrichtungen und Diensten des GPV. Abbildung 3 zeigt, dass die U 30-Klienten vor allem in ambulanten Angeboten oder medizinischer Rehabilitation zu finden sind. Abb. 2: Wohnformen im stationär Betreuten Wohnen TABeWo 47,5 % Wohnheim 46,5 % Alleine 6,5 % Abb. 3: Verteilung der U 30-Klienten Ambulante Wohnbetreuung 64 % Ambulante Arbeitsbetreuung 10 % Medizinische Rehabilitation 14 % Stationär Betreutes Wohnen 12 % Im Sozialpsychiatrischen Dienst, ambulant Betreuten Wohnen, ambulant Betreuten Wohnen plus und Betreuten Wohnen in Familien werden 64 % der 178 Personen unter 30 Jahren betreut, im stationär Betreuten Wohnen lediglich 12 %. Ambulante Unterstützung im Arbeitsleben (Integrationsfachdienst und Unterstützte Beschäftigung) erhalten 10 %. 14 % der jungen Klienten sind in einer Rehabilitationseinrichtung für psychisch Kranke und schaffen im Anschluss meist die Integration in das Arbeitsleben. Bedeutungsvoll ist, dass 7 % der Klientinnen und Klienten im ambulant Betreuten Wohnen und über die Hälfte der Klienten im ambulant Betreuten Wohnen plus aus dem stationär Betreuten Wohnen kommen, während keine Person aus dem ambulant Betreuten Wohnen in stationär Betreutes Wohnen gewechselt hat. Die Hilfeplankonferenz unterstützt die Hilfesuchenden also nicht nur darin, bei Neueintritt in das Versorgungssystem der Erwachsenen-Psychiatrie Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens wahrzunehmen, sondern auch darin, vom stationär Betreuten Wohnen in ambulant Betreutes Wohnen zu wechseln. Insgesamt kann aus den Zahlen der Basisdokumentation des GPV im Landkreis Ravensburg die Schlussfolgerung gezogen werden, dass ein GPV mit Versorgungsverpflichtung und einer mit Leistungsträger und Leistungserbringern besetzten Hilfeplankonferenz Ambulantisierung und Flexibilisierung der psychiatrischen Versorgung fördert und die Hilfeplankonferenz ein geeignetes Mittel zur Fallsteuerung in Richtung Teilhabe am gesellschaftlichen Lebens ist. Zum Schluss noch ein Wort zu den Kosten, die in der Debatte um die Teilhabe letztlich auch beachtet werden müssen: Die Kosten der Versorgung werden von der Basisdokumentation im GPV zwar nicht erfasst, aber wer weiß, dass ein Platz im stationär Betreuten Wohnen mindestens 1000 Euro mehr kostet als einer im ambulant Betreuten Wohnen, der ahnt, dass der fachlich und politisch erwünschte Weg in Richtung Ambulantisierung auch ökonomisch sinnvoll ist. Die Dokumentation Gemeindepsychiatrischer Verbund Baden-Württemberg 2013/2104, hg. vom Kommunalverband für Jugend- und Soziales (KVJS) ist online verfügbar: statistik-hzpfl/ gpv-endfassung.pdf Der Jahresbericht des GPV im Landkreis Ravensburg mit der Auswertung weiterer Daten der Bado ist in Lang- und Kurzform zu finden unter:

32 32 Psychosoziale Umschau Sozial- & Gesundheitspolitik Was bedeutet die Änderung der Soziotherapierichtlinie für die Gemeindepsychiatrie? Von Petra Godel-Ehrhardt Verordnungs- und Genehmigungspraxis der Soziotherapie sollen nach 15 Jahren endlich zu einer verbesserten Regelversorgung führen. Seit dem 15. April 2015 gilt die neue Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung von Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (siehe den Beitrag von Norbert Mönter in der PSU 3/2015). Damit besteht nun Hoffnung, dass der Zweck der Soziotherapie, des Dachverbandes gemacht wurden und zur Neufassung der Richtlinien der Soziotherapie genutzt werden. Insbesondere folgende Neuerungen in den Richtlinien sind für die Praxis bedeutsam: Das Diagnosespektrum wird deutlich erweitert, sind jetzt alle schwer psychisch erkrankte Menschen berechtigt, soweit sie absprachefähig sind. Basis der Verordnung ist nunmehr auch die Funktionsstörung. Stationäre Voraufenthalte sind nicht mehr Voraussetzung für die Genehmigung. Die Verordnungsfähigkeit wird ausgeweitet auf die psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) und weitere verordnungsfähige Fachärzte. Die enge Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern, sowohl zum Entlassungsmanagement als auch die stationäre Behandlung während der Soziotherapie, wird besonders hervorgehoben. Durch die Neuregelung ist es jetzt möglich, bei allen psychischen Erkrankungen Soziotherapie zu verordnen, wenn dies aus fachärztlicher Sicht indiziert ist, d.h. für alle psychischen Erkrankungen mit einem GAF (Globale Erfassung des Funktionsniveaus) Wert von 40 und niedriger. Die Berücksichtigung der Fähigkeitsstörung macht es möglich, soziotherapeutisch Foto: Ernst Fesseler Motivieren und aktivieren, Alltagsaufgaben anzugehen schwer psychisch Erkrankte in die Lage zu versetzen, ärztlich verordnete Leistungen in Anspruch zu nehmen und so stationäre Aufenthalte zu vermeiden und zu verkürzen, auch erreicht werden kann. Entsprechend haben Leistungen der Soziotherapie Vorrang vor Leistungen der Eingliederungshilfen. Individuelle kombinierte Gesundheitshilfen nach SGB V, wie sie in der Integrierten Versorgung praktiziert werden, ermöglichen diesen Prozess. Diese zeigen die Erfahrungen, wie sie unter anderem in den Projekten mit Patientinnen und Patienten zu arbeiten, bei denen zusätzlich zur psychiatrischen oder somatischen Krankheitssymptomatik die»fähigkeit zur Planung, Strukturierung und Umsetzung von Alltagsaufgaben stark eingeschränkt ist oder die Wegefähigkeit (sprich Mobilität) stark eingeschränkt ist«, so die Richtlinien. Auch wenn für diese Regelung eine besondere Begründung notwendig ist, eröffnet sich eine weitere Möglichkeit für die Verordnung von Soziotherapie aufgrund von Fähigkeitsstörungen, und das losgelöst von den Diagnosen.

33 Sozial- & Gesundheitspolitik Psychosoziale Umschau Der Gesamtbehandlungsplan Voraussetzung ist ein Gesamtbehandlungsplan. Dieser»soziotherapeutische Betreuungsplan«wird vom Patienten, dem Facharzt und vom Soziotherapeuten unterzeichnet und bildet somit die Grundlage für die gemeinsamen Behandlungsbemühungen. Die Problemlagen und die Umsetzung der Ziele fordern die Soziotherapie dazu heraus, einfühlend und kooperativ den Patienten zu unterstützen. In enger Zusammenarbeit mit dem behandelnden Facharzt werden in regelmäßigen Abständen von mindestens acht Wochen der Therapieverlauf und die Therapieziele abgestimmt. Die Eigenverantwortung des Patienten für die Behandlung seiner Erkrankung steht von Anfang an im Vordergrund sowie der Stabilisierung seiner so - zialen Lage. Alle Behandlungsziele und -schrit te werden gemeinsam abgesprochen. Die neuen Richtlinien verdeutlichen, dass die soziotherapeutischen Arbeitsinhalte aus der individuellen Analyse der aktuellen Lebens- und Erkrankungssituation resultieren. Die Krankheitsdynamik bestimmt faktisch die konkrete Aufgabenstellung. Der achtsame Umgang und das Verhalten der Patienten im gemeinsamen Kontakt geben vor, welche Schritte geplant und durchgeführt werden. Belastbarkeit, Motivation und Kommunikationsfähigkeit müssen in einem Mindestmaß gegeben sein. Soziotherapeutische Intervention müssen somit den gesamten Lebenskontext des Patienten erfassen, die krankheitsbedingten Einschränkungen und Beeinträchtigungen erkennen, die Ressourcen sehen und Bewältigungsstrategien mit den Patienten planen und umsetzen. Wichtigste Inhalte sind dabei die individuelle Lebenswelt, das Wohnumfeld und die Arbeitssituation des Patienten. Soziotherapie als koordinierende Hilfe lässt sich u.a. mit Psychotherapie und/oder Ergotherapie ergänzen, gegebenenfalls sind auch weitere haus- und fachärztliche Behandlung über die psychiatrische Behandlung hinaus notwendig. Soziotherapie geht damit über die reine Gesundheitshilfe gemäß SGB V hinaus. Das vorhandene gemeindepsychiatrische Netz und die regionalen, auch nicht psychiatrischen Angebote darin werden in die Arbeit mit einbezogen. In Krisensituationen kann der Soziotherapeut Leistungen der ambulanten psychiatrischen Pflege hinzuziehen, aber auch weitere mögliche Hilfen in Anlehnung an Vorgaben im SGB IX in Verbindung mit den Sozialgesetzbüchern. Die individuelle fallspezifische Gestaltung ist ein wechselseitiger Prozess zwischen Patient, Arzt und Soziotherapeut, daher versteht sich Soziotherapie nicht als reines Casemanagement in Anlehnung an die gängige Praxis im stationären Alltag. Die Kooperation mit der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt wurde ergänzt durch eine Berichtspflicht im Interesse der kontinuierlichen Patientenversorgung. Zu Beginn können ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse zunächst fünf Probestunden zur Motivierung durchgeführt werden. Danach ist der Betreuungsplan einzureichen, dies ist gängige Praxis. Das Ziel der Verhinderung von Krankenhauseinweisung oder Verkürzung bedingt die Handlungsweise, unverzüglich mit der Therapie zu beginnen. Die ärztliche Verordnung ist spätestens am dritten Werktag der zuständigen Krankenkassen vorzulegen. Damit ist gewährleistet, dass alle auch bei einer Ablehnung der Therapie erbrachte Stunden abrechnungsfähig und vergütungsberechtigt sind. Angemessene realistische Zulassungskriterien und Vergütungsregelungen von Leistungserbringern der Soziotherapie waren nicht Gegenstand der Neufassung der Richtlinien und müssen an anderer Stelle diskutiert werden. Sie sind schnell zu klären, um die Verbreitung der Soziotherapie zu fördern und auch zu fordern. Die Ermöglichung von Übergängen an den Schnittstellen des sozialpsychiatrischen Hilfesystems sollte dabei ein Maßstab sein, um die Ausgliederung zu schwer psychisch kranker Menschen zu vermeiden. Die Richtliniennovellierung und die daraus entstehenden Optionen für eine bedarfsgerechte Umsetzung lassen hoffen, dass eine wesentliche Verbesserung des gemeindepsychiatrischen Hilfesystems erreicht wird, um Hilfen lebenswelt- und sozialraumorientiert und damit selbstverständlich personenorientiert zu gestalten. Soziotherapie hilft, die Forderung der Gemeindepsychiatrie»ambulant statt stationär«zu erfüllen und konkret umzusetzen. Damit ist eine weitere Möglichkeit geschaffen, mit teambasierten, flexiblen Netzwerken, die leistungssektorenübergreifend arbeiten, Behandlung, Rehabilitation und psychosoziale Versorgung anzubieten. Petra Godel-Ehrhardt ist Vorstandsmitglied im Dachverband Gemeindepsychiatrie, freiberufliche Soziotherpeutin, rechtliche Betreuerin und Leiterin eines sozialpsychiatrischen Zentrums. Anzeige

34 34 Psychosoziale Umschau Sozial- & Gesundheitspolitik Psychotherapie-Zugang für psychotisch erkrankte Menschen verbessert Von Norbert Mönter und Norbert Hümbs Foto: AOK-Mediendienst Für Menschen mit einer psychotischen Erkrankung hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das höchste Gremium der ärztlichen Selbstverwaltung, weitreichende Entscheidungen getroffen und damit Möglichkeiten und Rechte, eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen, verbessert. Nach langer Diskussion erfolgte schon am ser Patientengruppe wesentlich verbessert worden. Allerdings zählen schizophrene und affektiv-psychotische Erkrankungen nicht zu den Primärindikationen zur Anwendung von Psychotherapie,»bei denen Psychotherapie als alleiniger oder zumindest überwiegend alleiniger Behandlungsansatz gelten kann«, wie dies z.b. für Zwangs- und Angststörungen gilt. Zu dieser Thematik gab es im G-BA eine Experten-Stellungnahme, die feststellt, dass»es sich bei dem Krankheitsbild der Schizophrenie um eine Erkrankung handele, die in der Regel eine wesentliche somatische Komponente habe und eine Komplexbehandlung erfordere. Dies bedeute, dass im Idealfall die Behandlung sowohl mit Antipsychotika als auch mit Psychotherapie in enger Abstimmung zwischen Psychotherapeuten und Psychiatern erfolgen sollte. In der Mehrzahl der Studien, auf die sich die Experten bezogen, seien die Patienten in psychiatrischer Behandlung gewesen und hätten zu einem überwiegenden Anteil auch eine antipsychotische Medikation erhalten. Allerdings wiesen einige Experten auch auf Studien hin, in denen Patienten rein psychotherapeutisch, d.h. insbesondere ohne entsprechende Medikation, erfolgreich behandelt worden seien. Zusätzlich betonten einige der Experten, dass auch bei Patienten, die eine psychiatrische bzw. medikamentöse Behandlung ablehnen, eine Indikation für ambulante Psychotherapie gegeben sein könne. Die Verbesserung der Versorgung, die die Experten forderten, bezog sich insbesondere auf einen leichteren Zugang zu qualifizierter Psychotherapie. Als Idealbehandlung stellten alle Experten eine multiprofessionelle Komplexbehandlung, insbesondere eine psychiatrische und psychotherapeutische, unter Einbeziehung von Medikamenten, dar«(zitat aus der Begründung des G-BA zur Änderung der Richtlinien). Damit wird eine Therapie-Alternativstellung von Psychopharmakotherapie versus Psychotherapie in der Richtlinienvorgabe überwunden. Psychotherapie als Teil der Gesamtbehandlung Auch eine Psychose kann eine Indikation für Psychotherapie sein ein Beschluss zur Aufnahme der schizophrenen und affektiven Störungen in den Indikationskatalog der Psychotherapie- Richtlinie ( 22); dadurch wurde die zuvor bevorstehende Indikationsbeschränkung auf»begleit-, Folge- und Residualsymptome psychotischer Erkrankungen«aufgehoben. Allerdings verblieb es bei der im Absatz 2 des 22 getroffenen Feststellung, dass»psychotherapie neben oder nach einer somatisch ärztlichen Behandlung von Krankheiten oder deren Auswirkungen angewandt werden kann, wenn psychische Faktoren einen wesentlichen pathogenetischen Anteil daran haben und sich ein Ansatz für die Anwendung von Psychotherapie bietet«. Der Beschluss ermöglicht jetzt den breiten, aber immer mit ärztlicher, in der Regel psychiatrischer Behandlung abzustimmenden Einsatz von Psychotherapie bei Menschen mit schizophrenen und affektiven Psychosen. Damit wird auch einer alten sozialpsychiatrischen Forderung entsprochen, wonach bei jedem Patienten eine umfängliche Therapieplanung zu erfolgen hat. Diese Ausrichtung hat der G-BA in einem weiteren aktuellen Beschluss vom 16. Juli 2015 unterstrichen, wonach die psychoanalytisch begründeten Verfahren ebenso wie die Verhaltenstherapie jeweils als Einzelbehandlung, als Gruppenbehandlung oder in Kombination durchgeführt werden können, wenn hierfür ein Gesamtbehandlungsplan erstellt wurde. Dieser ist zwischen dem Patienten und dem Therapeuten (ggf. mehreren) abzustimmen. Damit sind die Voraussetzungen zur Durchführung einer Psychotherapie bei die- Die Richtlinienänderungen stehen in Einklang mit einem recoveryorientierten Therapie- und Genesungsverständnis bei einem meist längeren Krankheitsverlauf. Die Krankheitserscheinungen und die Krankheitsverläufe sind durch die Persönlichkeit des Betroffenen und seine Lebensumstände geprägt. Deswegen ist es erforderlich, jeweils eine für den einzelnen Betroffenen passende individuelle Behandlung zu finden. In der Regel solle die psychotherapeutische Behandlung, so wird in der Begründung des GBA ausgeführt, in einem psychiatrischen Gesamtbehandlungskonzept erfolgen. In dieses sind u.a. die Soziotherapie und psychiatrische häusliche Krankenpflege optional einzubeziehen. Nach der Richtlinienänderung für die Soziotherapie im Februar 2015 und den hier dargelegten Änderungen der Psychotherapie-Richtlinien geht es nunmehr darum, die neuen Chancen in der Behandlung psychisch Erkrankter zu nutzen und auch operativ umzusetzen. So gilt es, die entsprechende Qualifizierung der Therapeuten für diese Aufgabe voranzutreiben, da bei dieser Psychotherapie sowohl im Hinblick auf die gewählte Therapietechnik als auch in Bezug auf die therapeutische Haltung wichtige Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Norbert Mönter und Nobert Hümbs sind Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie.

35 Recht konkret Psychosoziale Umschau Anspruch auf Psychotherapie Von Margret Stolz Bei der Inanspruchnahme von Psychotherapie ergeben sich für die Patienten, die ohnehin in einer schwierigen Situation sind und meist wenig Selbstbewusstsein haben, oft Fragen und Hindernisse. In diesem Beitrag soll der leistungsrechtliche Rahmen für die psychotherapeutische Behandlung aufgezeigt werden. Gesetzlich Versicherte haben einen rechtlich definierten Anspruch auf Psychotherapie. Bei den privaten Krankenversicherung gibt es hier keine eindeutige Regelung. In den Tarifbedingungen der Versicherer sind häufig sowohl der Kreis der Behandler als auch der Umfang der Leistungen eingeschränkt. Meistens ist auch eine vorherige Zustimmung der Versicherung erforderlich. Eine bestehende psychische Erkrankung bei Vertragsbeginn führt bei privaten Krankenversicherungen meistens zum generellen Leistungsausschluss. Psychotherapie wird von Krankenversicherern generell nur dann finanziert, wenn sie zur Behandlung einer psychischen Erkrankung notwendig ist. Hierzu gibt es für die gesetzliche Krankenversicherung ein Krankheitsverzeichnis, eine Liste der Diagnosen, für die eine Psychotherapie generell infrage kommt (Psychotherapierichtlinie). Private Krankenversicherungen nutzen diese Liste meistens auch. So gibt es bei diagnostizierten Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen ein Recht auf Psychotherapie, endlich auch bei Psychosen (siehe den Beitrag von Norbert Mönter und Norbert Hümbs in diesem Heft). Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen Psychotherapien, die von ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass die Ärzte oder Psychologen eine Zulassung für die Behandlung gesetzlich Versicherter haben, also Vertragspartner der Krankenkassen sind, und ein gesetzlich anerkanntes Verfahren nutzen, das sind die Verhaltenstherapie, die Psychoanalyse und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Die Zulassungen werden von den bei den Kassenärztlichen Vereinigungen geführten Zulassungsausschüssen erteilt. Die Krankenkassen zahlen die Behandlungshonorare nicht direkt an die Therapeuten, sondern über die Kassenärztlichen Vereinigungen. Das Recht der freien Therapeutenwahl Auch wenn jeder Versicherte das Recht der freien Therapeutenwahl unter den zugelassenen Psychotherapeuten hat, geschieht es immer wieder, dass jemand in zumutbarer Wartezeit (vier Wochen) keinen Therapieplatz findet. Da es einen Rechtsanspruch auf psychotherapeutische Leistungen und auch Psychotherapeuten ohne Vertragspartnerzulassung gibt, liegt der Weg nahe, die Psychotherapie privat durchführen zu lassen, in Vorleistung zu gehen und der Krankenkasse die Rechnungen zur Erstattung einzureichen. Zu dieser Vorgehensweise hat es viele Sozialgerichtsverfahren gegeben. Ergebnis war, dass der Versicherte der Krankenkasse zuerst Gelegenheit geben muss, einen Therapieplatz bei einem Vertragstherapeuten anzubieten, sonst werden keine Kosten erstattet. Hierauf haben die Krankenkassen reagiert und sind meistens in der Lage, gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigungen einen freien Therapieplatz zu organisieren. Wenn dies nicht möglich ist, sind die Krankenkassen gehalten, die Kosten für einen privat behandelnden Psychotherapeuten zu erstatten. Voraussetzung für eine Kostenerstattung durch die Krankenkasse ist aber auch bei einem privaten Therapeuten, dass er die persönlichen Kriterien erfüllt, die für eine Zulassung notwendig wären, also eine staatlich anerkannte Ausbildung als Psychotherapeut, eine Approbation und eine Heilberufserlaubnis besitzt. Private Psychotherapeuten, die eines dieser Kriterien nicht erfüllen, können grundsätzlich auch dann nicht zur Behandlung gegen Kostenerstattung aufgesucht werden, wenn kein anderweitiger Therapieplatz frei ist. Zum Vertragspsychotherapeuten besteht ein direktes Zugangsrecht, d.h. er kann vom Versicherten unmittelbar ohne ärztliche Überweisung aufgesucht werden. Um zu prüfen, ob eine psychische Erkrankung vorliegt, die einer Psychotherapie zugänglich ist, führt der Therapeut bis zu fünf (bei der Psychoanalyse bis zu acht) sogenannte probatorische Sitzungen durch. In dieser Zeit können Therapeut und Klient prüfen, ob sie ein tragfähiges Arbeitsbündnis aufbauen können und miteinander arbeiten wollen. So können Therapeuten auf Kollegen mit spezifischen Erfahrungen verweisen oder auch Klienten, die sich nicht verstanden oder respektiert fühlen, können sich einen anderen Therapeuten suchen. Mit diesem wären dann wieder probatorische Sitzungen möglich. Die eigentliche Therapie beginnt erst nach dem Antrag bei der Krankenkasse. Foto: bialasiewicz, clipdealer Dazu muss der Psychotherapeut spätestens nach Ende der probatorischen Sitzungen einen Konsiliarbericht eines Arztes einholen, um abzuklären, ob nicht doch eine körperliche Erkrankung die Behandlungsbedürftigkeit verursacht hat. Je nach Verfahren und Schwere der Erkrankung wird dann ein Stundenkontingent von 30 Stunden (in der Gesetzlich Versicherte haben einen rechtlich definierten Anspruch auf Psychotherapie. Verhaltenstherapie) oder bis zu 300 Stunden (in der Psychoanalyse) bewilligt. Gegenstand sozialgerichtlicher Verfahren ist gelegentlich die Fragestellung, ob die Anzahl an Therapiestunden ausgeweitet werden kann. Dies ist nach bisheriger Rechtsprechung auf medizinisch gut begründete schwerwiegende Einzelfälle beschränkt, aber nicht von vornherein ausgeschlossen. Wie bei der Erstbewilligung entscheiden die Sachbearbeiter der Krankenkasse auf der Grundlage zweier externe Gutachter, ob der Folgeantrag schlüssig und der Therapieplan stimmig ist. Wird eine Psychotherapie abgeschlossen, kann erst nach zwei Jahren eine neue beantragt werden. Manche Psychotherapeuten schöpfen deshalb in Absprache mit ihren Klienten ihr Kontingent nicht aus, um noch ein paar Stunden für Krisen- und Notfälle in»reserve«zu haben. Margret Stolz ist Beratungsapothekerin und Sozialversicherungsfachangestellte.

36 36 Psychosoziale Umschau Arbeit & Rehabilitation Berufliche Perspektiven am allgemeinen Arbeitsmarkt Übergänge aus der Werkstatt für seelisch behinderte Menschen im Kontext der Aktion 1000 Von Berthold Deusch Junge Menschen mit einer wesentlichen seelischen Behinderung haben häufig erhebliche Probleme, ihre beruflichen Wünsche und Ziele erfolgreich umzusetzen. Für viele ist ihre Vita durch schulische oder berufliche Abbrüche sowie häufige Erkrankungsphasen gekennzeichnet. Eine inklusive berufliche Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt bleibt deshalb oft ein schier unerreichbares Ziel. Am Ende aller erfolglosen Bemühungen, einen Schul-, Berufsoder Studienabschluss zu erreichen, steht häufig die Werkstatt für seelisch behinderte Menschen (WfbM). Die Aufnahme in eine WfbM fürchten viele Betroffene als zusätzliches Manko, sie ziehen eine Beschäftigung in einer Integrationsfirma oder am allgemeinen Arbeitsmarkt vor. Die Aktion 1000 Die inklusive berufliche Teilhabe wesentlich behinderter Menschen am allgemeinen Arbeitsmarkt war und ist für den Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS), seine Mitglieder und seine Kooperationspartner ein großes gesellschaftliches Anliegen. Deshalb wurde in Baden-Württemberg im Jahr 2005 gemeinsam mit den Beteiligten ein umfassender Entwicklungsprozess angelegt: die Aktion Sie sollte neue Ansätze beim Übergang aus Schulen und Werkstätten für wesentlich behinderte Menschen fördern und bis zum insgesamt 1000 wesentlich behinderte Menschen am allgemeinen Arbeitsmarkt integrieren. Zielgruppe waren Schülerinnen und Schüler bis 25 Jahren, beim Übergang aus der WfbM gibt es keine Altersbegrenzung. Tatsächlich konnte diese ehrgeizige Zielmarke entgegen aller Skepsis übertroffen werden. Bis zum wurden mehr als 1250 sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse für wesentlich behinderte Menschen am allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht. Mittlerweile wurde die Aktion zum dritten Mal verlängert, sie wird nun bis zum als Aktion 1000 Perspektive 2020 fortgesetzt. Es ist gelungen, die in der Aktion 1000 entwickelten und erprobten Angebote in die Fläche zu bringen und die meisten Arbeitsplätze zu halten. Bis zum konnten insgesamt 3293 sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse für wesentlich behinderte Menschen am allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werden. Von diesen Menschen kamen 32,3 Prozent aus einer WfbM für geistig oder seelisch behinderte Menschen. Der Anteil der Übergänger aus einer WfbM für seelisch behinderte Menschen ist mit 12,2 Prozent überproportional hoch. In Baden-Württemberg gibt es insgesamt ca Werkstattplätze ca. 25 Prozent davon werden von Menschen mit einer seelischen Behinderung belegt, d.h. 402 Menschen mit erheblicher seelischer Behinderung haben den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt geschafft. Dieses Ergebnis war nur möglich, weil alle Beteiligten konzeptionell und organisatorisch eng zusammenarbeiteten. Hier sind in erster Line die vom KVJS beauftragten Integrationsfachdienste sowie deren Partner, die Schulen und Werkstätten für behinderte Menschen, die örtlichen Agenturen für Arbeit sowie die Stadt- und Landkreise als Träger der Eingliederungshilfe zu nennen. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen jedoch die Menschen mit Behinderung sowie deren persönliches Umfeld. Verzahnung und Kooperation sind Voraussetzungen für den Erfolg Im Teilhabeausschuss werden seit Mai 2006 sämtliche Vorhaben geplant, abgestimmt und die jeweiligen Ergebnisse bewertet. Darin sind das Kultus- und Sozialministerium, die kommunalen Spitzenverbände, die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, der KVJS sowie die Verbände der Menschen mit Behinderung, die Liga der freien Wohlfahrtspflege, die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen sowie die Wirtschaftsverbände vertreten. Dem Teilhabeausschuss waren bisher drei Arbeitsausschüsse Schulen, Werkstätten und Übergänge als Fachgremien zugeordnet. Mit der Umsetzung der Aktion 1000 Perspektive 2020 wurde nun ein weiterer Arbeitsausschuss, der Arbeitsausschuss Berufsausbildung, konstituiert. Auf lokaler Ebene werden die Angebote und Strukturen aus der Aktion 1000 sowie der Initiative Inklusion unter Federführung der Stadt- und Landkreise in den Netzwerkkonferenzen abgestimmt und begleitet. Die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen werden mit den jungen Menschen mit Behinderungen, deren Vertretungsberechtigten sowie den institutionell Beteiligten in der individuellen Berufswegekonferenz entwickelt, umgesetzt und ausgewertet. Für die Übergänger aus den WfbM werden Teilhabe- und Förderkonferenzen als fachliche Ausgestaltung des Fachausschusses durchgeführt. Für junge Menschen, die wegen intellektueller Einschränkungen keinen allgemei-

37 Arbeit & Rehabilitation Psychosoziale Umschau nen Schul- oder Berufsabschluss erreichen können, wurden spezifische schulische und berufliche Angebote zur Vorbereitung und Qualifizierung auf eine individuell angemessene Tätigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt entwickelt: Die»Berufsvorbereitende Einrichtung (BVE)«ist ein spezielles schulisches Angebot, bei dem in Kooperation mit dem Integrationsfachdienst gleichzeitig an bis zu drei Tagen pro Woche eine intensive praktische Erprobung in Betrieben und Dienststellen stattfindet. Sobald ein junger Mensch in der Lage ist, sich regelmäßig auf betriebliche Anforderungen einzustellen, kann sich die»kooperative berufliche Bildung und Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (KoBV)«unmittelbar anschließen. Aus dem Schüler wird dann ein Berufsschüler, der ähnlich einem Auszubildenden im dualen System für drei Tage in der Woche in einem Betrieb und für zwei Tage in der Woche in einer beruflichen Schule gefördert wird. BVE und KoBV bilden dabei ein verknüpftes schulisches und beruflich-rehabilitatives Angebot. Während in der Phase der BVE das Unterstützungsteam im Wesentlichen aus der Schule und dem Integrationsfachdienst (IFD) besteht, kommen bei KoBV noch Jobcoaches (ganz überwiegend Mitarbeiter der Werkstätten für behinderte Menschen) hinzu. Für seelisch behinderte junge Menschen gibt es solch ein systematisches Angebot leider nicht. Sie kommen derzeit meist zu einem späteren Zeitpunkt ganz überwiegend aus der WfbM zum IFD und damit in das Programm. Die Geschichte von Ahmed K. So war das auch bei Ahmed K. Er stammt aus einer Familie mit türkischen Wurzeln und hatte bereits als Jugendlicher große Probleme mit Drogen und Psychosen. Deshalb gelangen ihm weder Schul- noch Berufsabschluss. Über mehrere Jahre wechselten sich Psychiatrieaufenthalte und gescheiterte Arbeitsverhältnisse ab. Die psychiatrische Klinik in seiner Heimatstadt hatte den dortigen IFD eingeschaltet. Der IFD stellte im Rahmen einer betrieblichen Belastungserprobung fest, dass Ahmed K. für eine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ausreichend belastbar war. Er leitete deshalb in Abstimmung mit ihm und der Klinik die Aufnahme in die WfbM für seelisch behinderte Menschen ein. Ahmed K. war damit einverstanden, weil ihm der IFD zusicherte, sich nach einer Stabilisierungsphase weiter um seine berufliche Perspektive am allgemeinen Arbeitsmarkt zu kümmern. Es dauerte jedoch fünf Jahre, bis sich das psychiatrische und berufliche Geschehen in der WfbM soweit stabilisiert hatte, dass eine erneute Erprobung am allgemeinen Arbeitsmarkt durch den IFD versucht werden konnte. Es wurde deutlich, dass Ahmed K. für eine qualifiziertere Tätigkeit, zu der er sich intellektuell mehr hingezogen fühlte, die schulischen Voraussetzungen fehlten. Mit Unterstützung der WfbM gelang es ihm, den Hauptschulabschluss nachzuholen. Gemeinsam mit dem IFD konnte dann eine gewerbliche Berufsausbildung am allgemeinen Arbeitsmarkt bei einem kleinen Arbeitgeber erreicht werden. Die Ausbildung konnte er trotz einiger psychiatrischer Rückfälle mit intensiver Unterstützung durch den IFD und guter Kooperation mit dem niedergelassen Nervenarzt erfolgreich abschließen. Der Arbeitgeber wurde auf Veranlassung des IFD von der DRV (Zuschuss zur Ausbildungsvergütung) und vom KVJS (Förderprogramm: Ausbildung Inklusiv) gefördert. Im Anschluss an die Berufsausbildung erhielt Ahmed K. einen befristeten Arbeitsvertrag. Er war jedoch als Geselle ständig auf Baustellen eingesetzt und den ständig wechselnden Einsatzorten nicht gewachsen. Paranoide Ängste und Halluzinationen plagten ihn immer wieder heftig, sodass er das Arbeitsverhältnis aufgab. Dem IFD gelang es nach kurzer Zeit, ihn in eine große Landschaftsgärtnerei zu vermitteln, bei der er sich im Wesentlichen um die Pflege und Wartung der Geräte und Maschinen kümmern muss. Dieses Arbeitsverhältnis läuft nun seit 48 Monaten sehr stabil. Es wird vom Integrationsamt mit 40 % und vom Träger der Eingliederungshilfe mit 20 % gefördert. Das Integrationsamt erbringt die Förderung für den Arbeitgeber aus einer Hand. Der IFD ist regelmäßig mit Ahmed K. und seinem Arbeitgeber im Gespräch. Er hat zwischenzeitlich gelernt, seine paranoiden Gedanken zum Thema zu machen und muss deshalb nicht mehr aggressiv werden. Für seine paranoiden Ängste gab es neben den endogenen Anteilen auch immer wieder sehr reale Bedrohungsmomente: ihm drohte bis zum vorletzten Jahr der Militärdienst in der Türkei und seine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland ist immer noch befristet. Zur WfbM, der er seiner Meinung nach viel zu verdanken hat, steht er bis heute in einem guten Kontakt. Die Zusammenarbeit zwischen den WfbM und den IFD sowie deren gemeinsame Zusammenarbeit mit den Schulen und den jeweiligen Leistungsträgern ist das kooperationale Herzstück der Aktion Hierzu wurden spezifische Regelungen und Verfahrensabsprachen auf Landesebene getroffen. Mit diesen Regelungen werden auch das Recht auf Aufnahme bzw. Wiederaufnahme in die WfbM sowie die dazu erforderlichen rentenrechtlichen Regelungen getroffen. Auch notwendige Förderleistungen für Arbeitgeber wurden hier unter Beteiligung der Deutschen Rentenversicherung getroffen. Dass diese Regelungen häufig nicht von alleine eingehalten werden, liegt ganz überwiegend an der Komplexität des gegliederten Teilhabesystems. Umso wichtiger ist es, dass es mit den IFD»Kümmerer«gibt, die ein klares, leistungsträgerübergreifendes und langfristiges Mandat zur Unterstützung

38 38 Psychosoziale Umschau Arbeit & Rehabilitation der Menschen mit Behinderungen, den Arbeitgebern sowie den jeweiligen Leistungsträgern haben. Nachhaltigkeit der Vermittlungen Um nachhaltige Entwicklungen zu ermöglichen, werden alle seit dem 1. Januar 2005 erreichten Arbeitsverhältnisse für wesentlich behinderte Menschen zweimal jährlich untersucht. Für die Menschen mit seelischer Behinderung können wir im Rahmen der umfassenden Evaluation der beruflichen Entwicklung seit Erreichen eines ersten Arbeitsverhältnisses Folgendes feststellen: Das psychiatrische Krankheitsgeschehen beruhigt sich mit Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit deutlich. Voraussetzung ist die Bereitschaft der seelisch behinderten Menschen, kontinuierlich mit niedergelassen Ärzten und IFD zusammenzuarbeiten. Vor diesem Hintergrund werden die Phasen ohne stationären Behandlungsbedarf deutlich länger. Dennoch werden mögliche Rückfälle konzeptionell eingeplant und bereits prophylaktisch mit den Arbeitgebern bzw. dem betrieblichen Umfeld thematisiert. Wenn Rückfälle auftreten, kündigen sich diese meist früh an, sodass sie in der Regel gemeinsam mit Arzt, Arbeitgeber und IFD abgefangen werden können. Die Kommunikation und Kooperation zwischen dem seelisch behinderten Menschen und seinem Arbeitgeber bleibt durch die kontinuierliche Unterstützung durch den IFD stets gewährleistet. Für die Arbeitgeber wird erkennbar, dass man mit einer chronischen psychiatrischen Erkrankung ein weitgehend zuverlässiger und kalkulierbarer Mitarbeiter sein kann. Voraussetzung für die nachhaltige Beschäftigung ist auch, dass es durch ausreichende finanzielle Förderung nicht zu einseitigen wirtschaftlichen Belastungen der Arbeitgeber kommt. Die Arbeitgeber erhalten bereits mit der Einstellung eines wesentlich behinderten Menschen eine fünfjährige, umfassende und leistungsträgerübergreifende finanzielle Förderzusage durch das Integrationsamt. Mit dabei sind auch die Träger der Eingliederungshilfe, die als Alternative zu einer Beschäftigung in einer WfbM in Baden- Württemberg bereit sind, sogenannte»ergänzende Lohnkostenzuschüsse aus Mitteln der Eingliederungshilfe«über das Integrationsamt den Arbeitgebern zur Verfügung zu stellen. Auf diesem Wege sind dauerhaft Leistungen in Höhe von 70 Prozent des Arbeitgeberbruttolohnes möglich. Sämtliche Leistungen werden somit von IFD mit dem Arbeitgeber geplant, im Teilhabeplan abgebildet, mit allen Leistungsträgern abgestimmt und vom Integrationsamt (mit Ausnahme des Eingliederungszuschusses der Arbeitsagentur) aus einer Hand erbracht. Fazit: Mit einer systematischen Förderung kann man viel mehr seelisch wesentlich behinderten Menschen den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen, als allgemein gedacht. Berthold Deusch leitet beim Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) das Referat 34 Integrationsfachdienste und Arbeitsmarktprogramme. Näheres zur Aktion 1000 unter: aktion-1000-perspektive-2020.html Report: Arbeiten mit Schizophrenie Von Manfred Becker Die»Work Foundation«, eine Abteilung der britischen Lancaster Universität, hat die Chancen von Menschen mit Schizophrenie auf dem deutschen Arbeitsmarkt untersucht. Eine Zusammenfassung des Reports ist im Internet verfügbar: foundation.com/reports/384/workingwith-schizophrenia-employment-recoveryand-inclusion-in-germany. Die Work Foundation versucht mit ihrer sorgfältigen Forschung im Bereich der Arbeit und des Arbeitsmarkts Beratungsgrundlagen für Politik und Organisationen zu schaffen, die Teilhabe fördern. Die Work Foundation hatte bereits 2013 den britischen Arbeitsmarkt auf die Chancen für Menschen mit Schizophrenie hin untersucht. Die Ergebnisse waren ernüchternd: Nur 8 % der Erkrankten hatten einen Job, obwohl diese»willens und fähig«waren, einer Arbeit nachzugehen ( com/reports/330/working-with-schizo phrenia-pathways-to-employment-reco very-and-inclusion). Nun wollte man einen ähnlichen Versuch für Deutschland unternehmen. Fast zwei Jahre lang hat Karen Steadman an dem Report gearbeitet. Weil das von England aus keine einfache Aufgabe ist, versicherte sie sich der Unterstützung zahlreicher deutscher Fachleute. Die Interviews mit diesen Expertinnen machen denn auch einen zentralen Teil des Reports aus. Neben dem Report selbst liegt auch eine Zusammenfassung auf Deutsch vor:»arbeiten mit Schizophrenie Erwerbstätigkeit, Wiedereinstieg und Eingliederung in Deutschland«( com/assets/docs/reports/es_%20schizo phrenia_germany_de.pdf). Hier wird einerseits ein genauer Blick auf die Hürden geworfen, die einer beruflichen Eingliederung oder Wiedereingliederung von Menschen mit Schizophrenie entgegenstehen. Andererseits wird deutlich bemängelt, dass in Deutschland fast keine Forschung in diesem Feld vorliegt. Zitat aus dem Vorwort der Professoren Thomas Becker und Steffi Riedel-Heller:»Der Bericht hebt zu Recht die Probleme der Zusammenarbeit und Integration von Gesundheits- und Ausbildungsmaßnahmen hervor und weist direkt darauf hin, dass die Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) gefördert werden müssen. Die Autoren haben sich redlich bemüht, das Dienstleistungssystem in Deutschland zu erforschen und zu verstehen, sie beschreiben das System der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) mit dem notwendigen Respekt, aber sie bestehen auch darauf, dass es für Menschen mit einer Psychose, die auf Arbeitssuche sind, möglich sein muss, zwischen unterschiedlichen Maßnahmen und Systemkomponenten zu wechseln. Letztlich weist ihre Handlungsaufforderung, dass ein Arbeitsplatz das Hauptergebnis eines Gesundheitssystems für Menschen mit Schizophrenie sein muss, auf die wichtigste Herausforderung für alle modernen Integrationsmaßnahmen für Menschen mit schweren und anhaltenden psychischen Erkrankungen hin. Der Bericht der Work Foundation ist aber vor allem eine großartige Arbeit, weil er wörtliche Zitate aus einer sehr umfangreichen Reihe von Interviews mit Menschen enthält, die persönliche Erfahrung mit der Betreuung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben, mit Menschen, die selbst schon eine Psychose hatten und mit Fachkräften wie Psychiatern, Beschäftigungstherapeuten sowie mit Beschäftigungsfachkräften, die in diesem

39 Arbeit & Rehabilitation Psychosoziale Umschau Foto: Christian Manz Bereich tätig sind. Zehn Interviews mit Menschen mit persönlichen Erfahrungen sind das Highlight dieses Berichts, und das tiefe Verständnis der Realität des Arbeitsangebots für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen in Deutschland wird anschaulich dargestellt, z.b. in dem Abschnitt über die unterschiedliche Handhabung in den einzelnen Bundesländern, die sich in einem Rehabilitationssystem für psychisch Kranke, das sehr vom Föderalismus geprägt ist, stark auswirkt.«bemerkenswert ist, dass der Report eine gewisse Wirkung auf die deutsche Psychiatrielandschaft gehabt zu haben scheint. Die wichtigste psychiatrische Fachorganisation, die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) hat just nach Erscheinen des englischen Reports eine eigene»expertise«in Auftrag gegeben. Diese Expertise mit dem Titel»Die Arbeitssituation von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen«wurde am 14. September 2015 auf einer sehr hochkarätig besetzten Fachveranstaltung vorgestellt. Hauptautorin ist eine der prominenten deutschen Unterstützerinnen des Work Foundation-Reports, Frau Prof. Steffi Riedel-Heller, Direktorin des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health der Universität Leipzig. Die Expertise müsste mittlerweile bei der DGPPN erhältlich sein ( Die DGPPN hat Spitzenkräfte u.a. der Bundesagentur für Arbeit, des Bundesarbeitsministeriums, der Arbeitgeberverbände, der Rentenversicherung und die Bundesbeauftragte für Menschen mit Behinderung zusammenbekommen. Vielleicht hilft das dabei, etwas mehr Aufmerksamkeit in psychiatrischen und Reha-Fachkreisen dafür zu wecken, dass Teilhabe an Arbeit für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen besonders heilsam ist und der Ausschluss von dieser Teilhabe für die Personen krank machend und für die Volkswirtschaft unsinnig ist. Manfred Becker arbeitet seit vielen Jahren in der beruflichen Rehabilitation und nebenbei als Projektberater und Autor. Was schätzen Menschen mit psychischen Erkrankungen an Arbeitsmöglichkeiten? Unabhängigkeit: Einkommen zu erwirtschaften und weniger abhängig vom Staat zu sein, sich deshalb mehr unabhängig zu erleben und einen Beitrag zur Gesellschaft leisten zu können Normalität: Sich wie ein normales Mitglied der Gesellschaft zu fühlen und so behandelt zu werden und nicht anders zu sein als die anderen Sinnhaftigkeit: Einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, Selbstvertrauen und Selbstwert aufbauen zu können, weil man etwas Sinnvolles leistet Struktur: Einerseits die Tagesstruktur im Alltag, aber auch den Wert von Freizeit und Urlaub als Gegensatz zur Arbeitsstruktur zu spüren Unterstützt und einbezogen zu sein: Kollegen zu haben, mit denen man soziale Kontakte hat und die einen unterstützen können Freude: an der Arbeit und der gesellschaftlichen Teilhabe Working with Schizophrenia: Employment, Recovery and Inclusion in Germany S. 13 Übersetzung: Manfred Becker

40 40 Psychosoziale Umschau Angehörigenbewegung Die Novellierung des Maßregelvollzugs was Angehörige sich wünschen Von Christian Zechert Seit über einem Jahrzehnt steigen die Unterbringungen im Maßregelvollzug auf nunmehr ca Menschen, die durchschnittliche Verweildauer wuchs von vier auf acht Jahre. Dies, ohne dass es Hinweise auf eine entsprechend gestiegene Gefährlichkeit gibt. Zugleich führt der Entlassungsstau vor allem bei Untergebrachten mit Sexualdelikten zu einer neuen Langzeitpsychiatrie, jetzt im Maßregelvollzug. Darüber Bedarf einer grundlegenden Reform: der Maßregelvollzug Foto: Thomas Blenkers, Pixelio hinaus ist die lokale Kooperation zwischen Maßregelvollzug und Gemeindepsychiatrie weitgehend ungeregelt. Vielfach wird der Kontakt zur weiteren ambulanten Begleitung und Behandlung erst kurz vor der Beurlaubung bzw. Entlassung hergestellt. Angehörige von im Maßregelvollzug untergebrachten psychisch erkrankten Menschen haben es besonders schwer, ihre Interessen und Situation öffentlich zu formulieren. Mit der Initiative Forensik des Bundesverbandes der Angehörigen psychisch Kranker, die auch Mitglied im Kontaktgespräch Psychiatrie ist, verfügen nunmehr auch diese Angehörige über eine Chance, sich in die laufenden Debatten einzumischen. Eine gute Gelegenheit hierfür bot die anstehende Novellierung des Maßregelvollzugs. Auf der Basis einer Bund- und Länder- Arbeitsgruppe hatte im Mai 2015 das Referat Strafgesetz im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen 45 Seiten umfassenden»entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß 63 StGB des Strafgesetzbuches«(Referentenentwurf) bekannt gemacht. Die hiervon betroffenen Fachkreise und Verbände erhielten unmittelbar danach Gelegenheit, sich zu dem Entwurf schriftlich zu äußern. Daran hat sich auch die Initiative Forensik in der Person von Dr. Meesmann beteiligt. In dem Entwurf des BMJV sucht man allerdings vergeblich nach Worten oder Positionierungen zu»angehörige«oder»familie«des Untergebrachten. Dennoch berührt er die Interessen der Angehörigen und Betroffenen stark. Zweifel an der Verhältnismäßigkeit Anlass für die Gesetzesnovelle sind erhebliche Zweifel, ob in bestimmten Fällen die»verhältnismäßigkeit«der Unterbringung gewahrt ist. Neben dem bekannten Fall Mollath liegen diverse andere Unterbringungsfälle vor, die infolge fehlender Präzisierungen der Begriffe wie»wirtschaftlicher Schaden«unverhältnismäßig lange im Maßregelvollzug verbleiben. Der Entwurf sieht daher u.a. vor, dass ein»schwerer wirtschaftlicher Schaden«jetzt ab Euro beziffert werden soll. Bislang reichte z.b. auch für die Formulierung einer»erheblichen seelischen oder körperlichen Schädigung oder Gefährdung«bereits eine Ohrfeige. Der Referentenentwurf will, dass u.a. künftig einmal jährlich eine gutachterliche Stellungnahme zu erstellen ist. Externe Gutachten wären dann alle drei statt bislang alle fünf Jahre einzuholen. Auch sollten die Gutachter nicht immer die gleichen sein und über eine»forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung«verfügen. Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Referentenentwurfs fand in Berlin am ein von der DGSP organisiertes Symposium des Kontaktgesprächs Psychiatrie unter Beteiligung der Initiative Forensik statt. Hier wurden in Gegenwart des zuständigen Referenten des BMJV, Dr. Bösert, der Entwurf diskutiert und zahlreiche kritische Stellungnahmen vorgetragen. Für die Angehörigen unternahm dies Dr. Meesmann, dessen Positionen viel Anklang fand. Kern seiner und anderer Aussagen: Anstelle einer umfassenden Reform werden nur einzelne Aspekte wie Voraussetzungen und Dauer der Unterbringung sowie Anforderungen an die Gutachter modifiziert. Der Entwurf sei insgesamt enttäuschend, weil er den Anspruch einer wirklichen Reform des Maßregelvollzugs nicht erfülle. Dr. Meesmann hob dann für die Angehörigen der Maßregelvollzugspatienten und -patientinnen folgende drei Forderungen hervor: Das Ultima-Ratio-Gebot: Auf der Grundlage der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ist zu prüfen, ob es anstelle der geschlossenen Unterbringung im Maßregelvollzug weniger einschneidende Maßnahmen wie z.b. eine ambulante Behandlung gibt. Zu fordern ist, dass künftig die Gerichte bei der Entscheidung über eine Maßnahme auch zu prüfen haben, ob und welche Alternativen es zu einer Unterbringung in einer forensischen Klinik gibt. Das Minimierungsgebot: Für den Vollzug der Maßregel sind nur solche Einschränkungen zulässig, die im Interesse der Sicherheit wirklich zwingend sind. Die sehr unterschiedliche Sicherungspraxis in den 16 Bundesländern zeigt, dass diese nicht primär von der Gefährlichkeit des Untergebrachten bestimmt wird, sondern von der jeweiligen länderspezifischen Praxis. Das Rechtsschutz- und Unterstützungsgebot: Zwar gibt es eine Reihe formaler Rechtsbehelfe für den Untergebrachten wie z.b. die Pflichtverteidigung. Die Betroffenen sind jedoch in der Regel finanziell und/oder krankheitsbedingt nicht in der Lage, diese Rechte effektiv wahrzunehmen. Und die Verteidiger verfügen jedoch eher selten über Erfahrungen im Umgang mit psychisch Kranken sowie die spezifischen Rechtskenntnisse zum Maßregelvollzugsrecht. Eher bietet sich das österreichische Modell der Patientenanwaltschaft an, die von den Kliniken bzw. Gerichten über Einweisungen und Zwangsmaßnahmen zu informieren sind und eine laufende und kompetente juristische Betreuung des Patienten sicherstellen können. Die vollständige Positionserklärung von Dr. Meesmann ist im Internet verfügbar unter Seine umfassende schriftliche Stellungnahme zur Novellierung des Unterbringungsrechts kann abgerufen werden unter forensik/stellungnahmen/unterbringungmeesmann-2015/

41 Angehörigenbewegung Psychosoziale Umschau Können, wollen, dürfen, müssen Das Psych-KHG in Hessen im Spannungsfeld zwischen Freiheitsrechten, Schutzrechten und Finanzierungsfragen Von Manfred Desch Das bisher gültige und völlig überholte hessische Freiheitsentziehungsgesetz aus dem Jahr 1952 wird durch zwei Landesgesetze ersetzt, die sich an den heutigen Rahmenbedingungen orientieren sollen. Das erste Gesetz dazu ist bereits in Kraft: Im Frühjahr 2015 wurde das Hessische Maßregelvollzugsgesetz per Landtagsbeschluss in Kraft gesetzt. Es enthält neben weniger stigmatisierenden Formulierungsweisen als einzigen spürbaren Fortschritt die Einführung der Besuchskommission, die wir organisierte Angehörige seit Langem forderten. Als zweites neues Gesetz steht nun ein Hessisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (Psych-KHG) aus. Die Diskussion darüber wird in der Wiesbadener Landesarbeitsgruppe Psychiatrie sehr konstruktiv geführt und verläuft im Detail praxisorientiert. Alle beteiligten Parteien und Einrichtungen streben eine höchstmögliche Qualität dieses Hilfegesetzes an. Dabei hat man auch gute Lösungen aus anderen Bundesländern im Blick. Vorstandsvertreter des Landesverbandes Hessen der Angehörigen psychisch kranker Menschen nehmen an diesen Gesprächen teil. Der LV ApK Hessen fordert hierbei die bessere Verzahnung der Arbeit zwischen psychiatrischen Kliniken und der Gemeindepsychiatrie. Er setzt sich für grundlegende Verbesserungen gegenüber der jetzigen bedrückenden Situation ein. In diesem Forum erleben wir als Angehörige bei den hoch engagierten Psychiatrie-Profis in führenden Positionen mitunter einen ernüchterten Fatalismus, wenn es um Menschen mit unbehandelter Psychose oder ähnlich schweren psychischen Erkrankungen geht. Dies ist sicherlich ein Ausdruck von Hilflosigkeit gegenüber den ungelösten Problemen im psychiatrischen System: Kaum ein Profi sieht in den derzeitigen Rahmenbedingungen eine Möglichkeit einzugreifen, falls die betroffene Person nicht selbst einwilligt. So muss abgewartet werden, bis eine Eskalation stattfindet, was Angehörige zur Verzweiflung bringt. Es ist ein unerträgliches Paradox, dass eine solche Eskalation nach derzeitigem Recht unabdingbar ist, um der betroffenen Person Hilfe zukommen zu lassen. Die Verhandlungen zum neuen Psych- KHG zielen auf umfangreichere und bessere ambulante und auch mehrfache aufsuchende und wirksame Hilfen für die Patienten und ihre Familien. Dies ist schon lange eine Forderung des LV ApK Hessen. Dieses Ziel kollidiert mit dem strengen Gebot der Sparsamkeit, unter dem die Verhandlungen stehen. Die Krankenkassen fordern nicht nur Kostenneutralität, mit dem PEPP-Vergütungssystem nach Fallpauschalen sind zusätzliche Einsparungen zulasten der Patienten zu erwarten. Dem Hessischen Sozialministerium stehen ab 2016 zur Ausstattung des Gesetzes lediglich 2,9 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Auf die von uns geforderte gemeinsame Kostenträgerschaft des Landes und der Krankenkassen für nachhaltige ambulante aufsuchende Arbeit und für ein integriertes psychiatrisches Versorgungssystem arbeiten wir hin. Ein an Praxisbedingungen orientiertes gemeinsames Regionalbudget halten wir Angehörigen zur Erreichung eines integrierten psychiatrischen Systems zum Wohle der Patienten für unabdingbar. Wir argumentieren für ein integriertes und kostenträgerübergreifendes psychiatrisches Hilfesystem, in welchem die seit Langem bestehenden schwerwiegenden und inhumanen Versorgungslücken für die Patienten geschlossen werden. Ohne eine ambulante Versorgungsverpflichtung der Kommunen wird der offene Bedarf zur Versorgung psychisch kranker Menschen ungedeckt bleiben. Zu diesem Versorgungsziel zählen nach Auffassung der Angehörigen auch Krisenbetten außerhalb des klinischen Rahmens und klinische Notfallambulanzen, die rund um die Uhr zu erreichen sind. Zwischen Autonomie und unterlassener Hilfeleistung Wir Angehörige von psychiatrischen Patienten kennen die lange Leidenszeit bis zur ersten professionellen Behandlung und die vielen Spielarten des Ausweichens, der Behandlungsverweigerung! Während dieser meist Jahre dauernden Phasen werden Kräfte der betreuenden Familien und Freunde verschlissen und eine Chronifizierung der Erkrankung wird begünstigt. In dieser Zeit ist der Patient schweren Risiken ausgesetzt, die er oder sie krankheitsbedingt nicht wahrnimmt. Das sind z.b.: Scham und Selbststigmatisierung: Sein krankheitsbedingt unkontrolliertes, unangepasstes, in allerschlimmsten Fällen strafbares Verhalten erfüllt den Patienten später mit Scham. Nach einer Therapie erkennen die Patienten mit Schrecken das durch sie verursachte Geschehen. Sie streben danach, ihren bisherigen Wohnort künftig zu meiden und verlieren Nachbarn und Freunde. Diese oft erlebte Dynamik spiegelt eine große Lücke im psychiatrischen Hilfesystem wider. Sie belastet die jahrelange Leidenszeit der Betroffenen und deren Familien mit unnötig teuren Folgen. Die begleitenden Fa- Foto: Hermann Heibe

42 42 Psychosoziale Umschau Angehörigenbewegung milienangehörigen benötigen bald selbst einen hohen und teuren therapeutischen Aufwand zur Bewältigung ihrer traumatischen Erlebnisse mit ihren kranken Familienmitgliedern. Verlust der eigenen Wohnung: Wenn sich Post vom Vermieter, von Krankenkassen, Versicherungen oder Behörden ungelesen und unbeantwortet stapelt, werden Fristen versäumt. Alsbald drohen der Verlust der Wohnung und der sozialen Sicherung. Das Girokonto ist leer, wovon soll die Miete gezahlt werden? Diese Abwärtsspirale kann immer wieder beobachtet werden. Ein Großteil der wohnungslosen Menschen hat diesen Weg hinter sich. Was heute als»lösung«angeboten wird, ist allenfalls Nothilfe und teure Flickschusterei. Die Angst vor dem Öffnen der Post ist eine anerkannte Barriere bei schweren psychischen Erkrankungen, deren Folgen durch regelmäßiges aufsuchendes Nachforschen ambulanter Dienste verhindert werden könnte. Nicht nur wir Angehörigen in Hessen finden dies unerträglich, siehe hierzu auch den Artikel von Dr. Hans Jochim Meyer, Vorsitzender des LV ApK Hamburg in der PSU 3/2015:»Wenn ein psychisch erkrankter Mensch Hilfsangebote zunächst nicht annehmen kann, so ist dies doch kein Grund, nichts zu tun.«an dieser Stelle denke ich mit Bitterkeit an den Artikel 1 des Grundgesetzes, die umfangreichen Kommentare dazu und an die UN-Behindertenrechtskonvention (UN- BRK). Im Namen eines falsch verstandenen Freiheitsbegriffs geschieht schwer kranken Menschen seit Jahrzehnten Unrecht. Gesetzgeber, Krankenkassen und sonstige Kostenträger, aber auch das Rechtswesen sind dringend aufgefordert, sich mit der entscheidenden Frage von Dr. Hans Jochim Meyer auseinanderzusetzen:»wann schlägt der Respekt vor der Autonomie eines psychisch kranken Menschen in unterlassene Hilfeleistung um?«ohne die Klärung dieser Frage wird es kein wirklich hilfreiches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz geben. Wir als Landesverband Hessen werden uns mit aller Kraft und im Gespräch mit allen Beteiligten für einen humanen Weg zur Hilfe und Selbsthilfe einsetzen. Manfred Desch ist Vorsitzender des LV ApK Hessen Kontakt: mh.desch@t-online.de Bundesverdienstkreuz für Hans Jochim Meyer Initiativen und Impulse des LVApK Hamburg strahlen über die Hansestadt hinaus Von Christian Zechert Dr. Hans Jochim Meyer, Vorsitzender des Hamburger Landesverbandes der Angehörigen psychisch Kranker, wurde am vom Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland das Bundesverdienstkreuz verliehen. Überreicht wurde es durch die Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg, Cornelia Prüfer-Storcks, im Rahmen eines Empfangs im Rathaus. Neben der Laudatio der Senatorin und der Erwiderung von Dr. Meyer (siehe index.php/aktuelles) hielt Frau Gudrun Tissler-Berndt, Mitglied des Landesverbandes Niedersachsen der Angehörigen psychisch Kranker, folgende Gratulationsrede: Gratulation»Ich bin aktive Angehörige aus Niedersachsen und stehe hier heute, wie Sie es nannten, lieber Herr Dr. Meyer, als Anregerin der Anregung und gratuliere Ihnen von ganzem Herzen zu dieser Ehrung für Ihr erfolgreiches Engagement und freue mich mit Ihnen und Ihrer Familie. Aber ich bin auch beauftragt vom Vorstand unseres Bundesverbandes der Angehörigen, Ihnen ganz herzlich zu gratulieren und Grüße auszurichten von unserer Vorsitzenden Gudrun Schliebener, von Karl-Heinz Möhrmann, Willy van Driessche, Christian Zechert, Dieter Otte, Dr. Hannig und Dr. Friedrich Leidinger. Alle Angehörigen in Deutschland werden hocherfreut sein, wenn sie von dieser Ehrung in der Psychosozialen Umschau lesen. Das ist einer, der es wirklich verdient hat, höre ich jetzt schon die Stimmen. Sie sind bundesweit bekannt in Angehörigen-, Betroffenen- und Profikreisen, durch Ihre Veröffentlichungen, durch die Herausgabe von Broschüren, durch Ihre Veranstaltungen vom Landesverband, die gerne auch von Angehörigen aus anderen Bundesländern besucht werden. Wir Angehörigen spüren mit jedem Satz, den Sie sagen oder schreiben, wie es auch im letzten Buch nachzulesen ist, dass Sie die Tiefen und Demütigungen, den Schmerz und die Hilflosigkeit der psychiatrischen Versorgung ebenso wie alle Angehörigen erlebt haben. Sie sind also auch ein Erfahrener, und deshalb fühlen sich andere Angehörige von Ihnen verstanden. Nicht zuletzt weiß nicht nur jeder Angehörige in Deutschland, sondern auch jeder beruflich Helfende von dem Engagement Dr. Meyers, zuletzt mit Prof. Asmus Finzen zusammen, beruflich Helfende als betroffene Angehörige zusammenzubringen. Wir haben das bundesweit in unseren Kreisgruppen im Verbund und an die Kliniken weitergegeben und Werbung dafür gemacht. Auf Ihre Beiträge, Herr Dr. Meyer, und Ihr Engagement können wir bundesweit nicht mehr verzichten. Sie sind beispielhaft für andere Bundesländer z.b. mit der Geschwistergruppe, dem Angehörigenbeirat wie im Koog-Haus, mit der gemeinsamen Erklärung mit dem Verband der Berufsbetreuer, mit Ihrem Internetauftritt, allein die Seite Extern und das überregionale Forum... Sie haben mit Ihrem Engagement die Angehörigen bundesweit erreicht und machen ihnen Mut, auch aktiv zu werden oder weiter dabeizubleiben. Die Hamburger Angehörigen bitte ich, Herrn Dr. Meyer auch weiterhin zu unterstützen. Wir sind in einer großen Gemeinschaft bundesweit vernetzt und wünschen uns, zusammen kraftvoll und stark zu sein für unsere schwierigen Aufgaben. Herr Dr. Meyer ist einer der stärksten Pfeiler in dieser Angehörigengemeinschaft. Wir brauchen Sie, bitte geben Sie auf sich acht.«die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Dr. Hans Jochim Meyer bietet eine gute Gelegenheit, zwei der Initiativen des Ham - burger Landesverbandes hier vorzustellen. Angehörige leisten Peer-Beratung Schon 2012 konnten mit Hilfe des Hamburger Angehörigenverbandes 16 Angehörige ausgewählt, geschult und acht teilnehmenden Kliniken Hamburgs als Beraterinnen und Berater eingestellt werden. Zu festen Sprechzeiten oder nach terminlicher Absprache bieten sie in einem Raum der Klinik Rat suchenden Angehörigen Beratungsge-

43 Angehörigenbewegung Psychosoziale Umschau Foto: Elisa Schweitzer, Pressestelle des Senats Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks und Dr. Hans Jochim Meyer beim Pressetermin spräche an. Alle eingesetzten Berater haben kranke Familienangehörige. Sie kennen die Sorgen und Nöte aus eigener leidvoller Erfahrung. Den Ratsuchenden sind sie nur ein kleines Stück in der Akzeptanz der Krankheit voraus und in dem Versuch der Abgrenzung von der belastenden Situation. Nach einem langen Gespräch, in dem Angehörige sich einfach nur aussprechen wollen oder um einen Rat in einer konkreten Situation bitten, ist der Gewinn auf beiden Seiten: die Ratsuchenden sind ein Stück erleichtert und getröstet, die Beraterinnen glücklich, weil ihre persönlichen Erfahrungen der Krisenbewältigung für andere hilfreich und wichtig sind. Korrespondierend wurde auch daran gearbeitet, dass von den Mitarbeitenden der Klinik die Interessen der Angehörigen besser respektiert werden. In der gemeinsamen Erklärung des Zentrums für Psychiatrie und Psychotherapie des Albertinen-Krankenhauses in Hamburg und des Landesverbandes Hamburg der Angehörigen vom wird beispielhaft gezeigt, wie. Mit welcher Haltung Angehörigen begegnen Leitlinien für Mitarbeitende Anerkannt wird durch die Erklärung, dass Angehörige durch ihre persönliche Beziehung zu dem Erkrankten Leistungen erbringen können, welche das professionelle Hilfesystem nicht zu leisten vermag. Wichtige Voraussetzung hierfür: wertfrei und ohne Schuldvorwürfe die Beziehung zwischen Angehörigen und Klinik zu gestalten. Seit dem 1. Juli 2015 hat als Nachfolgerin von Frau Dille-Beyer Frau Dr. Caroline Trautmann die Geschicke der Bundesgeschäftsstelle in Bonn übernommen. Frau Trautmann ist gebürtige Bonnerin, hat Sportwissenschaft, Erziehungswissenschaft und Soziologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn studiert und promovierte 2009 an der Westfälischen- Wilhelms-Universität Münster. Zugleich qualifiziert sich die zweifache Mutter derzeit noch durch ein Studium der Psychologie an der FernUniversität Hagen. Der Vorstand freut sich, wieder über eine tatkräftige Leiterin der Bonner Bundesgeschäftsstelle zu verfügen. Diejenigen Angehörigen, die an der Mitgliederversammlung vom in Mainz teilgenommen hatten, konnten Frau Dr. Trautmann bereits persönlich kennenlernen. (cz) Die Leitlinien für die Mitarbeiter des Zentrums für Psychiatrie und Psychotherapie wurden gemeinsam entwickelt und dienen als Richtschnur im Umgang mit den Interessen der Angehörigen. Die drei Schwerpunkte der Leitlinie sind: Ärztliche Schweigepflicht: So früh wie möglich soll eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber Angehörigen oder einer Vertrauensperson geklärt werden. Diese kann auch Teilaspekte umfassen wie Informationen über die stationäre Aufnahme, den geplanten Entlassungszeitpunkt. Oder über den Zustand, die Erkrankung des Patienten. Den Austausch über die Behandlungsplanung und Behandlungsziele. Inhalte und Zeitpunkt von Angehörigengesprächen: Grundsätzlich sind vonseiten der Klinik Angehörigengespräche vorgesehen, es sei denn, der Patient wünscht dies ausdrücklich nicht. Diese Gespräche werden dem Patienten immer wieder angeboten, auch wenn er dies zunächst ablehnt. Die Gründe der Ablehnung sollen besprochen werden. Angehörigengespräche mit den Schwerpunkten soziale Situation, Unterstützung durch Angehörige, Reha, etc. können in die Visite integriert werden. Aufklärung der Angehörigen über Nutzung und Folgen ihrer Angaben zur Fremdanamnese: Angehörige sollen aufgeklärt werden, dass ihre Angaben für eine gute Behandlung und Hilfeplanung verantwortungsvoll genutzt werden. Dies gilt auch für ihre Verwendung im Arztbericht. Hierbei sind diese fremdanamnestischen Angaben als solche zu kennzeichnen. Wird hierbei die Intimsphäre der Angehörigen berührt, bedarf es ihrer ausdrücklichen Zustimmung, sollten diese verwendet werden. Mehr unter: Neu beim Bundesverband der Angehörigen Foto privat Die neue Geschäftsführerin des BApK: Dr. Caroline Trautmann

44 ?? noch fragen B undesverband d de r Angehörigen psychisch h Kranker e.v.»vol kskrankheit«depressions? Medikamente b ei p sychischen Erkrankungen Ich bin seit mehreren Jahren in meiner Beziehung mit der Depression konfrontiert; mittlerweile denke ich manchmal, ich bin selbst d epressiv, wei il es sehr schwer ist, zwischen»normalen«konflikten und denen, die aufgrund der Depression immer wieder entstehen, zu differenzieren. Und mir geht langsam die Puste aus Solche und ähnliche Anfragen erreichen unseren Verband h äufig und das mit stark zunehmender Tendenz. Das ist kein Wunder, ist doch mittlerweile auch in der Öffentlichkeit ange- komme en n, dass Depressionen schwere, ernst zu nehmende und betroffe en. Deshalb haben wir Informationenn sowie ganz prakti- häufige Erkrankungen sind und das Wort von der»volkskrank- heit Depression«ist in aller Munde. Wie bei allen psychischen Krankheiten sind die Familien Eltern, Partner, Kinder und Geschwister der Erkrankten intensiv mit Muss ich ein Leben lang Tab- sche Ratschläge und Empfehlungen für die Menschen zusammen gestellt, die mit einem depressiv Erkrankten leben, die helfen (wollen), aber auch eigene Grenzen erfahren (müssen). Antworten auf die häufigsten Fragen gibt Dr. Jean nnette Bischkopf Wenn es um psychische Erkrankungen geht, gehören Medikamen nte vielfa ach zur Behandlung dazu. Doch gerade gegenüber Psychopharmaka gibt es große Vorbehalte, in den Medien, der Bevölkerung und natürlich auch bei den Patienten und ihren Familien. letten nehmen? Werde ich abhängig, dick, oder decken die M edikamente nur meine ungelösten Konflikte zu? Wie wirkt sich d ie Ein nahme Freunden aus? Das sind Fragen, die Betroffe ene und ihre Ange- hörigen bewegen, wenn der Arzt zum Rezeptblock greift. Hier sachliche Informationen und Entscheidungshilfen zu vermitteln, aber auch Mut zu machen zum Nachfragen, ist Anliegen dieser Broschüre. Antworten auf die Fragen geben Nils Greve, Diplom-Psychologe und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, auf das Zusammenleben mit Barbara Diekmann, Fachärztin für Psychiatrie und M argre t Osterfeld, Fachärztin für Psychiatrii e und Psychotherapeutin. d er Familie und den BApK e.v. Oppelner Str. 130, Bonn, Tel: 0228/632646, Fax: 0228/658063, bapk@ psychiatrie.de Ich bestelle auf Rechnung Ex.»Depression«, 4,00, ab 10 Stück 20% und ab 25 Stück 40% Rabatt Ex.»Medikamente«, 4,00, Rabatt s.o. Ex. Medienbestellschein r egelmäßig den Newsl etter hier bitte die -Adresse eintragen N ame Straße.. Institutii on PLZ, Ort Datum, Unterschrift..

45 Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener Psychosoziale Umschau Die Erleichterung, endlich zu wissen, was das Problem ist Der lange Kampf eines psychose-erfahrenen Mannes um einen Psychotherapieplatz Von Martin Kroll Ich bin 1965 in Stuttgart geboren. Meine Mutter stammt von einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Breslau. Ihre Eltern waren vor der heranrückenden Roten Armee über Dresden nach Bayern geflohen und sahen, wie Dresden brannte. Meine Mutter war kaum neun Jahre alt, da war sie bereits zweifach traumatisiert: durch den Verlust des Bruders und durch den Anblick des Feuersturms. Mein Vater ist Isländer, ebenfalls auf einem kleinen Bauernhof aufgewachsen. Als er in den 1960er-Jahren in Stuttgart studierte, lernte er meine Mutter kennen. Die beiden hatten eine kurze Affäre, das Ergebnis bin ich. Gleich nach meiner Geburt steckte mich meine Mutter in ein katholisches Kinderheim. Als ich sie in späteren Jahren darauf ansprach, warum sie sich nicht kümmerte, meinte sie, sie hätte ja arbeiten gehen müssen. Tatsächlich schaffte sie es nicht, zu ihren Kindern ein emotionales Verhältnis aufzubauen. Schon meinen sechs Jahre älteren Halbbruder Thomas hatte sie zu ihrer Schwester nach Nürnberg gegeben und sich nie persönlich um ihn gekümmert. Meine sechs Jahre jüngere Halbschwester gab sie zur Adoption frei. Das Kinderheim war ganz in Ordnung. Die Nonnen kümmerten sich rührend um uns. An den Wochenenden war ich bei meiner Mutter zu Hause. Mein Vater besuchte mich öfter, verließ aber Deutschland, als ich vier war. Seitdem hatten wir nur noch sporadischen Kontakt. Als ich sechs Jahre alt war, entschied meine Mutter, mit einem neuen Mann und seinen zwei Söhnen nach München zu ziehen und mich aus dem Kinderheim zu holen. Ich lernte meine beiden älteren Stiefbrüder Alex und Christian kennen. Wir mussten uns ein 12 Quadratmeter großes Zimmer teilen. Die Wohnverhältnisse waren sehr beengt, allerdings verstand ich mich mit meinen Brüdern recht ordentlich. In der Schule bekamen wir eine ältere Lehrerin, die offensichtlich die Pädagogik des Dritten Reichs noch in ihrem Kopf hatte. Der Hass, den sie auf uns Kinder hatte, war fast körperlich greifbar. Kurz darauf kam es dann zu Hause zur Katastrophe. Wie sich herausstellte, litt mein Stiefvater an Muskelschwund und war darüber zum Alkoholiker geworden. Auch konnte er den Verlust seiner ersten Frau nie verwinden. Meine Foto: privat Mutter war mit der ganzen Situation völlig überfordert, nicht zuletzt deshalb, weil meine beiden Stiefbrüder sie nicht mochten. Als ich dann eines Morgens fragte, wo meine Socken seien, prügelte meine Mutter die ganze Wut auf ihr eigenes Leben in mich hinein. Irgendwann hörte sie Gott sei Dank auf und ich ging ohne Socken in die Schule. Einige Wochen später prügelte sie mich wieder maßlos und voller Zorn, wiederum aus Martin Kroll nichtigem Anlass. Diesmal ging mein Stiefbruder Alex dazwischen und rettete mir das Leben. Geschockt über ihre eigene Tat, und weil ich ziemlich gut singen konnte, entschied meine Mutter, mich in die dritte Klasse der Vorschule der Regensburger Domspatzen zu schicken. Die Missbrauchserfahrungen Die Vorschule der Regensburger Domspatzen war die reinste Hölle. Sobald wir uns auch nur die kleinste Verfehlung leisteten, wurden wir vor versammelter Mannschaft von den Erziehern und dem Direktor verprügelt. Zu der Hölle gehörte ein Internat. Wenn abends nach dem Lichtausmachen in irgendeinem Zimmer noch geredet wur - de, und der Erzieher uns dabei erwischte, musste das ganze Zimmer aufstehen und die ganze Nacht im Zimmer des Erziehers strammstehen. Wer seinen Urin nicht zurückhalten konnte, wurde vom Erzieher verprügelt. Wer besonders häufig wegen irgendwelcher Kleinigkeiten Prügel erhielt, wurde von dem Direktor mit einer Gerte auf den Hintern geschlagen, bis das Blut kam. Ich war froh, als ich zu den richtigen Domspatzen kam und die Prügel endlich aufhörte. Zwei Jahre später kam es dann zur dritten, vierten und fünften Katastrophe in meinem Leben. Innerhalb weniger Wochen wurde ich dreimal missbraucht. Zweimal von mir fremden Tätern und einmal von meinem Halbbruder Thomas, als ich bei meiner Tante zu Besuch war. Allerdings verdrängte ich die Missbräuche sofort und konnte mich schon am nächsten Tag nicht mehr an sie erinnern. Aber in der Schule wurde ich schlampiger, unkonzentrierter und damit schlechter. Die Erzieher schoben den Leistungsabfall auf die Pubertät und waren wie ich der Meinung, das Problem würde sich»auswachsen«. Ich wunderte mich nur, warum ich immer Kopfweh hatte und keinerlei Lust mehr auf Sport, obwohl ich eigentlich immer ein guter Sportler gewesen war. Ich war häufig krank, was meinen schulischen Leistungen nicht guttat. Die Regensburger Domspatzen verließ ich nicht zuletzt deshalb, weil nach dem Stimmbruch der schöne Klang meiner Stimme nicht zurückkommen wollte. Die Abiturprüfung schaffte ich mit Ach und Krach, obwohl ich früher ein Einserschüler gewesen war. Im Anschluss leistete ich meinen Wehrdienst. Danach arbeitete ich ein Jahr auf dem Bau und bei McDonalds, weil ich auf meinen Studienplatz im Fach Theaterwissenschaft warten musste. Das Studium lief mehr schlecht als recht, weil ich größte Mühe hatte, mich zu konzentrieren. Schon das pünktliche Erscheinen zu den Vorlesungen und Seminaren bereitete mir Probleme. Eine latente, immer stärker werdende Trägheit begann von mir Besitz zu ergreifen, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Es waren die ersten Symptome der späteren Schizophrenie. Zermürbt von den Symptomen und gestresst von der Doppelbelastung Studium und Arbeit als Kellner beendete ich mein Studium. Ich kam während der ganzen Zeit nicht auf den Gedanken, professionelle Hilfe zu suchen. Ich fand meine große Liebe, die mir neue

46 46 Psychosoziale Umschau Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener Foto PTV Sachsen Kraft und neuen Lebensmut gab. Ich zog mit ihr nach Stuttgart. Nach einem halben Jahr fand ich eine Stelle als Saisonkraft in einem Restaurant. Gesundheitlich ging es mir recht ordentlich, aber ich hatte immer wieder mit Anfällen massiver Trägheit und zahlreichen schlaflosen Nächten zu kämpfen. Nach der erwarteten Kündigung nahm ich mir vor, nicht mehr zu rauchen und auch keinen Alkohol mehr zu trinken, da ich Angst hatte, in den Alkoholismus abzugleiten. Die Folgen des Alkohol-und Nikotinentzugs waren allerdings massiv. Ich hatte noch mehr Schwierigkeiten, regelmäßig zu essen und zu schlafen, bekam immer stärkeres Kopfweh und hatte immer wieder Panikattacken und latente Todesangst. Noch dazu quälten mich jetzt Phantomschmerzen in verschiedenen Körperteilen, sodass ich fast jede Woche bei einem anderen Facharzt vorstellig wurde. Eines Samstagabends ging es mir so schlecht, dass ich meine Freundin bat, mich in die Notaufnahme zu fahren. Ich hatte ernsthaft Angst, diese Nacht nicht zu überleben. Als der Arzt mir mitteilte, ich wäre körperlich völlig in Ordnung und sollte in die psychiatrische Klinik gehen, fiel ich aus allen Wolken. Nie hätte ich vermutet, dass meine schweren körperlichen Symptome eine rein psychische Ursache hätten. Dennoch folgte ich der Aufforderung und begab mich in Behandlung. Ich erhielt Haldol und konnte zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ruhig schlafen. Mit der mir zugewiesenen Psychologin wurde verabredet, dass ich jeden Mittwoch zu einem einstündigen Gespräch zu erscheinen hätte, um die wahren Ursachen meines Zustands zu ergründen. Nach fünf Monaten Aufenthalt in dieser Klinik und den immer gleichen oberflächlichen Gesprächen verließ ich die Klinik auf eigenen Wunsch und begann wieder zu rauchen. Eine Umschulung zum Mediengestalter in Dresden schloss ich trotz wiederholter Krankheit ab. Ich blieb in Dresden, weil ich inzwischen eine andere Frau kennengelernt hatte. Mit meiner großen Liebe hatte ich Schluss gemacht, weil sie meinem sehnlichen Kinderwunsch nicht entsprechen konnte. Kurz danach kam die Erinnerung an den Missbrauch durch meinen Bruder durch. Ich hatte das Gefühl, endlich zu wissen, was mein Problem war. Das erleichterte mich ungemein, sodass ich die Kraft fand, mich als Industriefilmer selbstständig zu machen. Gleichzeitig ging ich regelmäßig zum Fitnesstraining, um meinen Körper wieder aufzupäppeln. Im Laufe des folgenden Jahres fielen mir auch die beiden anderen Missbrauchsfälle wieder ein, was mir jedes Mal ein Gefühl der Erleichterung verschaffte. Dennoch schaffte ich es nicht, mich voll und ganz auf meine Aufgaben als Selbstständiger zu konzentrieren. Immer wieder musste ich mit massiven Anfällen von Trägheit Ein Zuhause auf Zeit: das Wohnheim in Dresden kämpfen und schließlich meine Selbstständigkeit aufgeben. Beim Antrag auf Sozialhilfe im Sozialamt bekam ich einen Weinkrampf, da ich überzeugt war, dass mein berufliches Leben ein für alle Mal zu Ende sei. Mir wurde bewusst, dass ich wieder in einen psychotischen Schub abgerutscht war. Also rief ich den Notarzt an, und ließ mich in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Radebeul einweisen. Das Krankenhaus informierte das Amtsgericht Meißen von meinem schlechten Zustand, sodass ich einen Betreuer zugewiesen bekam. Als Medikation wurde dieses Mal Risperdal angesetzt, was bei mir zu erheblicher Gewichtszunahme führte. Innerhalb der drei Monate, die ich im Krankenhaus Radebeul verbrachte, nahm ich 20 Kilo zu. Eine Traumatherapie wurde von der zuständigen Psychologin abgelehnt. Eine Therapie würde zu lange dauern. Nach weiteren stationären Aufenthalten bat ich in ambulanter Behandlung wiederholt um eine Therapie. Der Psychiater reagierte ablehnend, da eine Therapie wieder einen psychotischen Schub auslösen könnte. Trotz der Versuche mit allen gängigen Neuroleptika ließ mich die zermürbende Einsamkeit immer wieder in die Psychose abrutschen. Dann verstarb der Stiefbruder, der mir als Kind beim Angriff meiner Mutter das Leben gerettet hatte. Kurz darauf kam die Nachricht vom Tod meiner großen Liebe. Ich verfiel in tiefe Trauer und entwickelte Selbstmordgedanken, die im Verlauf des Jahres 2010 immer stärker wurden. In der Klinik verständigte ich mich mit dem Oberarzt darauf, dass ich die Klinik erst wieder verlassen würde, wenn mir ein Platz in einem Wohnheim sicher sei. Ich wusste, durch regelmäßigen Kontakt zu anderen Menschen würde der Wunsch, mich selbst zu töten, verschwinden. Die Wende Mein Betreuer besorgte mir dann einen Platz im Betreuten Wohnen. Ich bekam ein helles Zimmer, das auf zwei Seiten Fenster hatte. Außerdem verfügte es über einen Balkon, auf dem ich rauchen konnte. Ich wurde von Frau Schröder begrüßt, die mir mitteilte, dass sie meine Bezugsbetreuerin sei und ich mich in allen Fragen an sie wenden könnte. Ich war von ihrer warmherzigen Erscheinung so angetan, dass ich mich von Anfang an gut aufgehoben fühlte. Außerdem war die Tatsache hilfreich, dass auch nachts jemand da war, mit dem man notfalls reden konnte. Nach dem Wechsel zu einer neuen Fachärztin konnte ich mich an der Uniklinik Dresden endlich zu einer stationären Therapie anmelden. Ich musste allerdings geschlagene 16 Monate warten, bis ich die Therapie beginnen konnte. Doch es hat sich gelohnt. Behandelt wurden sowohl die posttraumatische Belastungsstörung als auch die paranoide Schizophrenie. Ich bin wieder vollständig gesund und konnte vor einem Jahr in eine WG ohne Betreuung ziehen. Seitdem lebe ich mit den Mitbewohnern Max und Clemens. Max ist sehr selten da, sodass ich nicht viel über ihn sagen kann. Mit Clemens verstehe ich mich ausgezeichnet. Seine spontane Lebensfreude hilft mir ungemein. Ich hoffe, dass ich in dieser WG noch lange leben kann. Zusammenfassend würde ich sagen, dass mir das Wohnheim wohl das Leben gerettet hat. Ich weiß nicht, wie lange ich den Suizidgedanken hätte Widerstand leisten können. Den Frauen, die mir mit ständiger Gesprächsbereitschaft und warmherziger Anteilnahme an meinem Schicksal neuen Lebensmut geschenkt haben, bin ich zu großem Dank verpflichtet. Martin Kroll hat seine Geschichte in Briefform an seine große Liebe aufgeschrieben. Das Buch trägt den Titel»Regensburger Domspatz«und ist über united.p.c. verlag erhältlich.

47 Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener Psychosoziale Umschau Nutzercheck: Faktencheck-gesundheit.de Von Rainer Höflacher Neben den Themen Knieoperation, Mandeloperation, Kaiserschnitt und Antibiotika beschäftigt sich die Website faktencheckgesundheit.de der Bertelsmann Stiftung auch mit dem Thema Depression. Dies ist Grund genug, diese Seite bezüglich ihrer Aussagen zu dem Krankheitsbild Depression etwas genauer zu betrachten. Die Seite ist ansprechend aufgebaut und angemessen bebildert. Es entsteht der Eindruck, dass den Machern durchaus nicht unbeträchtliche Finanzmittel zur Verfügung stehen. Die Experten Prof. Martin Härter, Dr. Hanne Melchior und Prof. Holger Schulz vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf standen der Bertelsmann Stiftung für den Faktencheck Depression zur Verfügung. Das Ziel der Entwickler dieser Seite sind verständlich aufbereitete Informationen, um die Nutzung der Hilfen unseres Gesundheitswesens effektiver und ressourcenschonender zu gestalten. Die Seite sollte ursprünglich die Nutzerinnen und Nutzer bei krankheitsbezogenen Entscheidungen unterstützen und das Verstehen und das Vertrauen in die zur Verfügung stehenden Hilfen fördern. Nun stehen eher Experten und politische Entscheider im Mittelpunkt. Inhalte, die Patienten und Angehörige direkt adressieren, sollen künftig über andere Online-Kanäle verbreitet werden (z.b. www. weisse-liste.de, ein Wegweiser zu Ärzten, Krankenhäusern und Pflegediensten). Die Seite hält aber auch für die individuell motivierten Besucher immer noch hilfreiche Informationen bereit und ist nicht nur für Experten und Entscheider nützlich. Das Verhältnis von Aussagekraft und Komprimiertheit der Inhalte ist sehr gut. Die Tatsache, dass Eigentümer der Seite die arbeitgeberfreundliche und politisch einflussreiche Bertelsmann Stiftung ist, wirkt sich nicht negativ auf den Nutzen der Website aus. Die Themenauswahl richtet sich vor allem nach der Relevanz für die breite Öffentlichkeit. In diesem Zuge ist auch Depression zu einem Gegenstand des Portals geworden. Was die Erkrankung selbst anbelangt, werden unter anderem in einfachen Schaubildern und knappen Sätzen die wichtigsten Studienergebnisse genannt. Bemerkenswert sind die Aussagen, dass in einem Verhältnis von 73 % zu 43 % weniger Rückfälle nach psychotherapeutischer Behandlung im Vergleich zu nach der Behandlung mit Antidepressiva zu erwarten sind. Das zeigt, dass Psychotherapie bei Depressionen signifikant nachhaltigeren Behandlungserfolg hat als die ausschließliche Behandlung mit Antidepressiva. Allerdings wird auch deutlich, dass zwölf Wochen nach der Behandlung mit Antidepressiva eine doppelt so häufige Besserung erreicht wird wie bei der Gabe von Placebo (50 60 % zu %). Das heißt, Antidepressiva sind nachgewiesen wirksam. Es wird auch darauf hingewiesen, dass bei Diagnose und Behandlung der Depressionen der Schweregrad zu beachten ist, da dies große Auswirkungen auf eine wirksame Behandlung hat. Die differenzierte Diagnose einer leichten, mittleren oder schweren Depression findet immer noch viel zu selten statt. Die Kombination von Psychotherapie und Antidepressiva ist vor allem bei schweren Depressionen unverzichtbar. Diese Informationen sind den Faktenboxen Psychotherapie, Antidepressiva, Kombinationsbehandlung und Bewegung zu entnehmen. Selbstverständlich kann an dieser Stelle nur eine kleine Auswahl von Informationen gegeben werden, die faktencheck-gesund heit.de liefert. Bezeichnend ist allerdings, dass auf alternative bzw. ergänzende Behandlungsmethoden nur in wenigen Worten eingegangen wird. Erwähnung finden in Schlagworten Lichttherapie, Bewegung, Wachtherapie, EKT sowie die repetitive transkranielle Magnetstimulation. Hinweise auf kreative Ansätze wie zum Beispiel Ergotherapie, Kunsttherapie, Musiktherapie und körperorientierte Therapien fehlen ganz und werden scheinbar zur Behandlung von Depressionen als nicht wirksam angesehen. Auffallend ist, dass die Behandlung von Depressionspatientinnen und -patienten in Deutschland sehr kritisch bewertet wird. Es wird vor allem auf die sehr großen regionalen qualitativen Unterschiede in der Behandlung hingewiesen. Zu häufig sei die Diagnose ungenau und die Behandlung unzureichend vor allem auch bei älteren Menschen. Das zum Download angebotene Themenblatt Depression stellt eine gelungene Zusammenfassung der Thematik dar. Experten und Entscheidern wird die Verbesserung der Information der Betroffenen empfohlen, die Erhöhung der Diagnosequalität und der Ärztedichte sowie der Ausbau der Vernetzung der Hilfen. Die Seite faktencheck-gesundheit.de ist für das Thema Depression für Menschen zu empfehlen, die sich einen ersten und trotzdem fundierten Überblick verschaffen wollen. Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema ist allerdings weiterführende Literatur notwendig. Die Homepage ist gut verständlich, nur ganz wenige Beschreibungen und Diagramme von Studienergebnissen sind schwer nachvollziehbar. Allerdings wird ausschließlich der Behandlungsmainstream beschrieben Quer- und Alternativdenker werden weniger Freude an dieser Seite haben. Nach Aussage der Bertelsmann Stiftung sind weitere Themen aus dem psychosozialen bzw. psychiatrischen Bereich nicht geplant, da deren Relevanz für die Bevölkerung als nicht groß genug angesehen wird. Rainer Höflacher ist Geschäftsführer des Landesverbandes Psychiatrie-Erfahrener Baden-Württemberg.

48 48 Psychosoziale Umschau Kurz & knapp Kurz & knapp Drogenbericht 2015 Seit Ende Mai liegt der Drogen- und Suchtbericht 2015 vor. Danach ist die Zahl der Drogentoten in 2014 leicht angestiegen. Bei Alkohol und Tabak nimmt der riskante Alkohol- bzw. intensive Konsum tendenziell ab, bei einigen illegalen Substanzen gibt es negative Entwicklungen. So nimmt die Verbreitung von Crystal Meth zu. Auch der erstauffällige Konsum von Ampheta minen stieg zuletzt wieder an. Hinzu kommt, dass rund vorwiegend junge Menschen Probleme mit dem Konsum von Cannabis haben, die Nachfrage nach Beratung und Behandlung steigt. Ein besonderes Augenmerk gilt neuen psychoaktiven Substanzen. Es handelt sich hierbei um Stoffe, die teilweise noch nicht dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt sind, was es schwer macht, gegen Händler vorzugehen. Die neuen psychoaktiven Substanzen kommen oft aus dem asiatischen Raum nach Westeuropa und werden als Kräutermischungen, Badesalze, Lufterfrischer oder Pflanzendünger verpackt und über das Internet verkauft. Dabei wird der Eindruck erweckt, dass die Stoffe ungefährlich und gesundheitlich unbedenklich sind.»tatsächlich aber zieht der Konsum teilweise schwere Folgen nach sich: Die Symptome reichen von Übelkeit, heftigem Erbrechen, Herzrasen und Orientierungsverlust über Kreislaufversagen, Ohnmacht, Lähmungserscheinungen und Wahnvorstellungen bis hin zum Versagen der Vitalfunktionen.«Auch die nicht stoffgebundenen Süchte wie pathologisches Glücksspiel und Computer- und Internetsucht werden im Drogenbericht behandelt. Bei Letzteren wird angemerkt, dass einheitlich anerkannte Methoden zur Erfassung der Störung noch ausstehen. Geschätzt wird, dass ca. 4 % der Jugendlichen zwischen 14 und 16 computer- und internetabhängig sind. Dabei ist bemerkenswert, dass es keine sozialen und Geschlechterunterschiede gibt, auch wenn die Nutzung des Internets unterschiedlich ist; männliche Jugendliche verlieren sich in Spielen, weibliche in Social-Media-Aktivitäten. Neben den Fakten wird die Drogen- und Suchtpolitik vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt auf der Prävention, Beratung und Behandlung, den gesetzlichen Regelungen und der internationalen Zusammenarbeit. Beispielhafte Projekte aus Verbänden, Vereinen und den Ländern illustrieren die praktische Arbeit. (kk) web_ pdf Klare Regeln für Pharmasponsoring Mehr Transparenz bei der Kooperation von Pharmafirmen und Organisationen der Selbsthilfe forderten Ersatzkassen und Vertreter der Patientenselbsthilfe Ende Mai bei der Vorstellung der aktualisierten und erweiterten vdek-broschüre»ungleiche Partner Patientenselbsthilfe und Wirtschaftsunternehmen im Gesundheitssektor«.»Es wäre am besten, die Industrie würde das direkte Sponsoring an Selbsthilfegruppen ganz einstellen und einen Firmenfonds einführen, in den spendenwillige Unternehmen einzahlen können und dessen Gelder eine unabhängige Instanz an die Gruppen verteilt«, schlug die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, vor. Die Ersatzkassen sind die Hauptfinanzierer der Selbsthilfe. Ihr Anteil an den Fördermitteln der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt knapp 38 Prozent.»Wir haben nichts gegen die Unterstützung der Selbsthilfe durch die Pharmaindustrie. Doch es besteht die Gefahr, dass Selbsthilfeorganisationen für die Interessen der Geldgeber benutzt werden und ihre Unabhängigkeit verlieren. Damit haben wir als Hauptförderer der Gesundheitsselbsthilfe ein Problem«, sagte Elsner. Von der Pharmaindustrie forderte Elsner, die Geldflüsse und Zuwendungen mindestens einmal pro Jahr detailliert zu veröffentlichen. Auch die Selbsthilfe sollte konsequenter als bisher ihre Zuwendungen kenntlich machen und im Zweifel auch auf finanzielle Zuwendungen seitens der Pharmaindustrie ganz verzichten. Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG Selbsthilfe), betonte bei der Vorstellung der Broschüre:»Zwar bietet Sponsoring die Chance auf Einnahmen zusätzlicher Mittel, es bleibt aber die Gefahr von Abhängigkeit und Einflussnahme der Geldgeber.«Wünschenswert ist nach Danner, wenn der Förderanteil von Wirtschaftsunternehmen am Gesamthaushalt von Selbsthilfegruppen 15 Prozent nicht übersteigt. Die BAG Selbsthilfe hat gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) Leitsätze für die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen im Gesundheitswesen verabschiedet und ein Monitoringverfahren entwickelt ( gigkeit-der-selbsthilfe.html). Diese Maßnahmen sowie Selbstverpflichtungserklärungen der Verbände seien wichtige Bausteine, so Danner, damit die Patientenselbsthilfe unabhängig handeln könne und in der Zusammenarbeit mit Unternehmen die Kontrolle über Inhalte der Arbeit behalte. Quelle: Pressemitteilung des vdek vom Download der Broschüre unter: par/download_0/file.res/ungleiche%20partner_ barrierefrei.pdf Mehr Miteinander im Krankenhaus ausgezeichnet Der erste Platz des Berliner Gesundheitspreises 2015 ging an das»weddinger Modell«der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus. Ausgezeichnet wurden besonders innovative Projekte zur interprofessionellen Zusammenarbeit. Den mit Euro dotierten Preis nahmen die Initiatoren des seit 2009 in der Klinik etablierten interprofessionellen Therapiekonzepts Dr. Lieselotte Mahler, Oberärztin in der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus, und Ina Jarchov-Jadi, Pflegedirektorin im Alexianer St. Hedwig-Krankenhaus, entgegen.

49 Kurz & knapp Psychosoziale Umschau Foto: Sylvia Thomas-Mundt Berliner Gesundheitspreis für die Initiatorinnen des Weddinger Modelles Mit dem Weddinger Modell steht die jeweilige Lebenslage der Patienten im Vordergrund für sie werden individuelle Behandlungslösungen entwickelt. Ziele und Ergebnisse der Behandlung bestimmen die Patienten, ihre Werte, Lebensziele und Bedürfnisse sind wesentlich. Das Weddinger Modell orientiert sich am Recoverykonzept und integriert damit vorhandene Bewältigungsstrategien und Selbstheilungsmechanismen in professionelle Therapieverfahren. Im Gegensatz zu tradierten Zusammenarbeitsstrukturen mit starren Hierarchien setzt die Charité auf speziell zusammengestellte multiprofessionelle Teams von Bezugstherapeuten, deren Kompetenzen aufgewertet und gestärkt werden. Eine Besonderheit sind auch die Visiten, die möglichst gemeinsam mit allen Bezugspersonen des Patienten stattfinden. Das Weddinger Modell ist auf andere Kliniken und Einrichtungen übertragbar. Die beiden Initiatorinnen haben dafür inzwischen nicht nur ein Buch mit gleichem Namen geschrieben, sondern zahlreiche Fortbildungen über den Umbau der stationären Strukturen gehalten.»wenn man erst einmal anfängt, Strukturen zu verändern, merkt man erst, wie viel noch möglich ist. Wir begreifen das Weddinger Modell als lernendes System, das sich weiterentwickeln kann und soll«, beschrieb Ina Jarchov-Jadi ihre Erfahrung.»Das Weddinger Modell hat sich in der Praxis bewährt und das Modell kann wegweisend auch für somatische Krankenhäuser sein«, das war das Fazit von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe anlässlich der Preisverleihung. Margit Weichold, Köln Aktionsbündnis Teilhabeforschung gegründet 34 Organisationen und 58 Einzelmitglieder haben am 12. Juni in Berlin das Aktionsbündnis Teilhabeforschung gegründet. Ziel des bundesweiten Aktionsbündnisses ist, die Forschungsaktivitäten zu den Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Das Bündnis besteht aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Menschen mit Behinderungen und ihren Interessenvertretungen, Fachgesellschaften, Instituten, Fach- und Wohlfahrtsverbänden und weiteren Zusammenschlüssen. Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu fördern und die Idee einer inklusiven Gesellschaft umzusetzen. Für diese Aufgabe ist eine bessere Datenlage notwendig und mehr Wissen zu den Teilhabemöglichkeiten und -grenzen, zur Barrierefreiheit und zu Diskriminierungserfahrungen von Menschen mit Behinderungen. Das Aktionsbündnis will zu einer stärkeren Vernetzung und Finanzierung von Teilhabeforschung beitragen. Eine interdisziplinäre Teilhabeforschung soll deutlicher als bisher das Augenmerk auf die Verwirklichung von Selbstbestimmung, Teilhabe und Partizipation von Menschen mit Behinderungen richten und damit zu einer Neuorientierung der Forschungslandschaft führen. In der Gründungsveranstaltung begrüßte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Gabriele Lösekrug-Möller, die Initiative gerade auch vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention und sagte ihre Unterstützung zu. Dr. Ilja Seifert machte für den Deutschen Behindertenrat deutlich, wie wichtig es für die Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderung sei, Teilhabeforschung als Querschnittsdisziplin mit verschiedenen fachlichen Perspektiven voranzutreiben. Die Gründungsversammlung bestimmte eine siebenköpfige Koordinierungsgruppe, die aus folgenden Mitgliedern besteht: Andreas Bethke und Barbara Vieweg vom Deutschen Behindertenrat, Prof. Dr. Anne Waldschmidt von der AG Disability Studies, Dr. Rolf Buschmann-Steinhage von der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften, Dr. Katrin Grüber vom Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft, Dr. Thorsten Hinz von den Fachverbänden für Menschen mit Behinderung und Prof. Dr. Markus Schäfers von der Hochschule Fulda. Ottmar Miles-Paul, Kobinet Unabhängige Patientenberatung vor dem Aus Der bisherige Verbund der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) soll nicht über das Jahresende 2015 hinaus finanziert werden. 21 Beratungsstellen stehen damit vor dem Aus. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) beabsichtigt, gegen den Protest aus dem wissenschaftlichen Beirat der UPD, zahlreicher Politiker und weiterer gesellschaftlicher Kreise die unabhängige Patientenberatung an die Sanvartis GmbH zu vergeben. Die Gesellschafter der gemeinnützigen UPD ggmbh befürchten, dass die auch von den Krankenkassen anerkannt hohe Beratungsqualität für Rat suchende Patientinnen und Patienten auf der Strecke bleibt.»einen negativen Beigeschmack hat diese Entscheidung auch vor dem Hintergrund, dass künftig ein privatwirtschaftliches gewinnorientiertes Unternehmen und bisheriger Dienstleister für verschiedene Krankenkassen Patientenberatung anbieten darf. Das Wort unabhängig ist nicht mehr angebracht«, erklärte z.b. Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, der mit dem Sozialverband VDK und dem Verbund der unabhängigen Patientenberatung Gesellschafter der UPD ggmbh sind. Der Zuschlag an Sanvartis wurde unter anderem damit begründet, dass die Beratung

50 50 Psychosoziale Umschau Kurz & knapp nun künftig rund um die Uhr zu erreichen sei und nicht nur von 10 bis 18 Uhr (donnerstags bis 20 Uhr) wie die UPD. Die bisherigen Betreiber halten dagegen, dass sie diesen Service mit der deutlichen Erhöhung der Fördermittel von 5,2 auf 9 Millionen jährlich ab 2016 auch bewerkstelligen könnten und überdies über sehr erfahrene Beraterinnen und Berater verfügen. Eine Online-Petition an den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten, Karl Laumann, den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen und das Bundesministerium für Gesundheit plädierte dafür, die Vergabe an Sanvartis zurückzunehmen. Am 25. Juli haben die bisherigen Betreiber Widerspruch vor der Vergabekammer des Bundes gegen den Zuschlag an Sanvartis eingelegt. Die Fraktion Die Linke hat eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Patientenberatung gestellt. Mit Blick auf die geschäftliche Dimension antwortet diese:»die nach 65b SGB V zu fördernde Beratungsaufgabe ist nicht auf das Erwirtschaften von Gewinn ausgerichtet.«die Bundesregierung betont die hohe Bedeutung der Unabhängigkeit einer unabhängigen Patientenberatung und hält sich ansonsten bedeckt, wegen der Geheimhaltung geschäftlicher Vorgänge könne sie konkret nichts antworten. Auch sei die Vergabe Sache der GKV und im Einvernehmen mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung geschehen. (kk) Neues Vereinswiki online Das Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern (LBE) hat mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration ein Vereinswiki online gestellt, das Fragen rund um das Management von Vereinen beantwortet (vereinswiki.info). In einzelnen Modulen bietet die Online- Plattform alle relevanten Themen der Vereinsarbeit an. Die Plattform soll mit Tipps, Werkzeugen und kurzen Fachinformationen die ehrenamtliche Vereinsarbeit in Bayern unterstützen. Die Plattform ist aber auch für andere Bundesländer interessant, da Informationen zur Haftung und Gemeinnützigkeit, Hinweise zu rechtlichen Bedingungen, Tipps zur Vereinsorganisation und zur Gestaltung des Vereinslebens von allgemeinem Nutzen sind, z.b. für die Selbsthilfevereine in der Psychiatrie. Auch praktische Tipps, etwa zur internen und äußeren Kommunikation und zum Fundraising werden gegeben. Checklisten wie z.b. für die Planung und Durchführung einer Kooperation mit einem Unternehmen runden das Angebot ab. (kk) Übersicht über das Sozialrecht Zusammen mit dem Verlag Bildung und Wissen gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Schrift»Übersicht über das Sozialrecht«heraus. Das Werk ist als Buch und als CD erhältlich. Die wichtigsten Themen 2015: neue Regelbedarfe in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und in der Sozialhilfe (SGB XII), erste Stufe der Pflegereform mit allen neuen Leistungen und Regelungen für Pflegebedürftige, aktuelle Rentenzahlen und detaillierte Bestimmungen zur abschlagsfreien Rente mit 63 und der»mütterrente«, ElterngeldPlus, Änderungen in der Ausbildungsförderung nach BAföG, Novellierung der Leistungen für Asylbewerber. Berechnungsbeispiele und Tabellen sollen bei der täglichen Arbeit helfen, das detaillierte Stichwortverzeichnis eine schnelle Suche nach Fachbegriffen und Einzelregelungen ermöglichen. Überblicksdarstellungen zu jedem Kapitel erschließen den Inhalt. Eine CD-ROM enthält den gesamten Inhalt des Buchs und eine Übersicht über die Investitionsprogramme nach Art. 52 Pflegeversicherungsgesetz. Das Buch inkl. CD kostet 36, Euro und ist im Buchhandel zu beziehen oder zu bestellen beim BW Bildung und Wissen Verlag: Quelle: Homepage des BMAS Kreativ-Selbsthilfe mit eigener Website Dank Startförderung durch die saarländische Landesvertretung der Techniker Krankenkasse hat die kreative Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener und ihrer Freunde im Saarland, Selbsthilfe SeelenLaute Saar im BPE e.v., seit Juli 2015 eine eigene Internetpräsenz: In der publizistischen Betreuung arbeitet man mit der Medienstelle der Europäischen Gesellschaft zur Förderung von Kunst und Kultur in der Psychiatrie e.v. (Dortmund) zusammen. Außerdem kann man auf immer die aktuelle Ausgabe der Print-SeelenLaute-Supplementseiten der Selbsthilfezeitschrift Lautsprecher als PDF-Download kostenfrei lesen. In der Termine-Rubrik stehen die jährlichen öffentlichen Veranstaltungen der engagierten Selbsthilfe im Saarland. Selbstverständlich haben Interessierte nun auch rund um die Uhr Zugriff auf die Angaben zu den monatlichen Gruppentreffen sowie Informationen zu weiteren Aktivitäten und Publikationen von SeelenLaute. Gangolf Peitz, Bous Recoverygeschichten gesucht Zum dritten Mal findet im Juni 2016 in Bern ein internationaler Kongress zu seelischer Gesundheit und Recovery statt. In der recoveryorientierten Psychiatrie steht das einzelne Individuum im Zentrum des Interesses. Diese Grundhaltung soll auch im Verlauf des Kongresses zum Ausdruck kommen. Deshalb sind Psychiatrie-Erfahrene eingeladen, ihre persönlichen Recoverygeschichten einzusenden. Recoverygeschichten sind Erzählungen von Menschen, die aus ihrer persönlichen Sichtweise ihr Leben schildern, das durch psychische Erschütterungen mitgeprägt wurde. Diese Geschichten können Zuversicht und Hoffnung vermitteln; Impulse für Veränderungen geben; Verständnis und Empathie fördern. Für die Autorinnen und Autoren kann das Verfassen der eigenen Recoverygeschichte die Reflexion der eigenen Erfahrungen fördern; die eigene Sprache für das Erlebte entwickeln; die erbrachte Leistung vor Augen führen; ein Schritt aus der Isolation an die Öffentlichkeit bedeuten. Eine Jury wird die Geschichten sichten und eine Auswahl treffen. Die Autorinnen und Autoren der ausgewählten Geschichten erhalten die Möglichkeit, diese im Verlauf des Kongresses vorzutragen. Alle Geschichten werden vertraulich behandelt. Einsendeschluss ist der Weitere Informationen auf Gianfranco Zuaboni, Zürich

51 Bücher & Medien Psychosoziale Umschau Bücher & Medien Fundiert und inspiriert Matthias Lauterbach Engagiert und gesund bleiben Kluge Selbstsorge in der psychosozialen Arbeit Balance buch+medien verlag, Köln 2015 ISBN Print: , 19,95 Euro ISBN PDF: , 15,99 Euro 200 Seiten und Downloadmaterialien Wie halten Sie sich eigentlich engagiert und gesund bei der psychosozialen Arbeit, die Sie leisten? Haben Sie einen achtsamen Scout und setzen Sie manchmal eine Sauerstoffmaske auf? Tun Sie das jetzt und sorgen Sie für sich selbst, denn erst, wenn Sie das gut tun, können Sie auch anderen helfen! Das mir zur Rezension vorliegende Buch unterstützt Sie dabei kompetent und anregend. Als Facharzt für Psychiatrie, als Therapeut, Coach und Weiterbildner weiß Matthias Lauterbach, um was es geht, wenn er das Thema der besonderen Anforderungen bei der psychosozialen Arbeit, dem Engagement und dem Gesundbleiben der in diesem Feld arbeitenden Menschen anspricht und in seinem Buch in Richtung kluger Selbstsorge bearbeitet. Der Autor hat sich u.a. zum Thema des Gesundheitscoachings mit zahlreichen Veröffentlichungen und Veranstaltungen bereits einen Namen gemacht. In diesem Buch spannt er einen thematischen Bogen von vielfältigen As- pekten der individuellen Lebenspraxis über die gesunde professionelle Beziehungsgestaltung bis hin zu den Einflussmöglichkeiten bei der Arbeitsgestaltung und der organisationalen Zusammenhänge. Dabei lädt er ein zu zahlreichen individuellen und kollektiven Übungen und Reflexionen zur Selbstsorge, zu Fragen der Sinnhaftigkeit bis hin zu Meditationsübungen und Angeboten körperlicher Bewegung. Es werden Konzepte der Saluto - genese, der Resilienz sowie der Lebens - balance und der Regeneration vorgestellt, die durch zahlreiche Metaphern und systemische Fragen zum Reflektieren und Ausprobieren anregen. Nachdem Lauterbach im ersten Kapitel zunächst Zugänge zu einer gesunden Lebenspraxis beschreibt, in dem er auch das Verständnis von Gesundheit erläutert und anregt, dem eigenen Verständnis von Gesundheit nachzuspüren, weist er im zweiten Kapitel auf Achtsamkeit als Schlüsselkompetenz hin, die er differenziert als Möglichkeit beschreibt, Herausforderungen, Krisen und Krankheiten als Möglichkeiten und Impulse zur Heilung wahrzunehmen. Dem Bereich der Bewegung und Ernährung wird ein eigenes drittes Kapitel gewidmet, wobei auch tieferen Ebenen Raum gegeben wird: Was bewegt mich und was nährt mich? Stress und Stressprotektion haben im vierten Kapitel Platz und es wird beschrieben, wie Stressfolgen in den Griff zu bekommen sind. Beeindruckt und zum Schmunzeln gebracht hat mich besonders das fünfte Kapitel Glück, Gesundheit, Humor und Selbstsorge, in dem neben einigen Übungen zur systemischen Glücksspurensuche auch die neurobiologische Perspektive nicht fehlt, das Glücksbarometer eine Rolle spielt und der Stressor»Müssen«entschärft wird. Bei dem als Lach-Übung angegebenen YouTube-Film habe ich dann auch tatsächlich herzhaft laut mitgelacht. Im sechsten Kapitel geht es dann um die Möglichkeiten der Gestaltung gesunder psychosozialer Arbeitsfelder und zum Abschluss wird ein Survival- Kit gepackt für den Fall, dass Sie in Not geraten sind und die hier deponierten Dinge für sich brauchen. Die Downloadmaterialien unter dem passenden Passwort»Entschleunigung«beinhalten zahlreiche Übungen, Tipps für die persönliche Selbstsorge und Tipps für Teams. Das Buch nähert sich diesen Themenkomplexen praxisnah, aber auch philosophisch, es ist theoretisch und spirituell fundiert und inspiriert, transportiert Wissen und trägt zur Erkenntnis und dazu bei, eigenen Haltungen und Gedankenmustern auf die Schliche zu kommen und Blickwinkel zu verändern. Es unterstützt dabei, die eigene Wahrnehmungsqualität zu schärfen und zu verbessern. Es vermittelt konsequent die Suchhaltung nach dem Gelingenden, Wohltuenden, Beeinflussbaren und ist dabei positiv und lösungsorientiert ohne in Flachheiten oder Realitätsverlust abzurutschen. Und eines macht Lauterbach dabei deutlich: dass es um die balancierte Selbstsorge und um die Eigenverantwortung zur Erhaltung der Gesundheit geht und nicht per se um die Erhaltung der Leistungsfähigkeit bei verengten Rahmenbedingungen in einem oft heute dysfunktionalen Versorgungssystem. So ist denn dieses Buch ein Appell und ein Ermutigungsbuch zum Innehalten vor dem Burn-out, wie es im Klappentext heißt, und zur ressourcenorientierten Selbstsorge für die Menschen, die in psychosozialen Arbeitsfeldern tätig sind und für alle Menschen um sie herum. Gabriele Tergeist, Hamburg Führungsaufgabe Gesundheitsförderung Christian Janßen und Jürgen Lempert-Horstkotte (Hg.) Betriebliche Gesundheitsförderung zur systematischen Gestaltung gesunder Arbeit im Sozial- und Gesundheitswesen Bethel-Verlag, Bielefeld 2014 ISBN Seiten, 10,90 Euro Sich mit betrieblicher Gesundheitsförderung zu beschäftigen, ist für Unternehmen Pflicht. Dies mit einer gewissen Gründlichkeit zu tun, hat sicher Seltenheitswert. Umso wertvoller erscheint die Arbeit, die Jürgen Lempert-Horstkotte und andere für die von Bodelschwinghschen Stiftungen in Bielefeld-Bethel machen, denn sie scheinen in einer der größten Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands ein Mammutprojekt auf den Weg gebracht zu haben. Diesen Eindruck vermittelt zumindest das Buch»Betriebliche Gesundheitsförderung

52 52 Psychosoziale Umschau Bücher & Medien in Bethel«, das sie einen»praxisbericht zur systematischen Gestaltung gesunder Arbeit«nennen. Sicherlich kann ein solches Projekt immer nur punktuell zu wirklichen Veränderungen beitragen, da sich Institutionen ja eher träge verändern bzw. die Wünsche zu Veränderungen größer sind als die Möglichkeiten. Dem Projekt»Betriebliche Gesundheitsförderung in Be - thel«merkt man an, dass es ernst gemeint ist. So haben die BKK Diakonie und die Praktiker in Bethel eine Fehlzeitenanalyse probiert. Sie spitzen die Ergebnisse dieser Auswertung auf markante Verbesserungspotenziale zu. So geben die Daten»Ansatzpunkte für eine zentrale, aber auch für teambezogene spezifische Gesundheitsförderung«. Dies mag global wirken, wenn Interessierte sich die Projektberichterstattung anschauen. Doch die Autorin Margit Hullmeine gibt sehr konkrete Hinweise für die Arbeit von Führungskräften. Führungskräfte seien ein»katalysator zwischen Organisation und Mitarbeitenden«. Wörtlich:»Ihre Bedeutung für gesunde und weniger gesunde Arbeit liegt vor allem in den Einflussmöglichkeiten auf Gruppennormen, unmittelbare Arbeitsbedingungen, auf die Arbeitsorganisation, die Gestaltung eines nachvollziehbaren Informationsflusses und auf die Aufgabenstruktur. Durch den Führungsstil prägen sie wesentlich das Ausmaß von Wertschätzung und Transparenz bei Entscheidungsfindungsprozessen. Sie haben Einfluss auf den Grad der Beteiligung von Mitarbeitenden und sie vermitteln Ziele und Sinn von Arbeitsinhalten.«Solche Ideen müssen natürlich mit Leben gefüllt werden. Dies bewegt die Leserin bzw. den Leser während der gesamten Lektüre. Jürgen Lempert-Horstkotte und Christian Janßen haben jedoch mit großer Gründlichkeit und systematischer Arbeit den Boden dafür bereitet, dass betriebliches Gesundheitsmanagement in Bielefeld-Bethel gelingen kann. Sie haben Mitarbeitende befragt, was sie denn möglicherweise gesund erhalte. Sie haben Gefährdungsbeurteilungen weiterentwickelt. Sie haben»bewegungsbezogene Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz«initiiert, indem sie technische Hilfsmittel zur Verfügung gestellt oder Trainings wie Rückenschulungen angeboten haben. Günther Wienberg, stellvertretender Vorsitzender der von Bodelschwinghschen Stiftungen, schreibt in diesem Kontext:»Wunder wird unsere Kampagne nicht bewirken, dafür sind die Herausforderungen zu groß. Aber sie wird hoffentlich etwas über den Tag hinaus, über den einzelnen Programmpunkt hinaus in Bewegung bringen rein physisch und auch in den Köpfen.«Die Frage, die sich im Zusammenhang mit der Lektüre stellt, ist die nach dem Ertrag des Buchs für andere Betriebe im Sozialund Gesundheitswesen. Es liegt vor allem in der Systematik des Projekts. In der dokumentierten Studie»Was erhält Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gesund?«kommen praktische Fragen zur Sprache, hätten jedoch mehr Konkretisierung verdient. Insofern eignet sich das Buch weniger als Handbuch für den Mitarbeitenden im Sozial- und Gesundheitswesen als vielmehr für die Leitungsebenen, um es als Orientierung für eigene Projekte zu nutzen. Es ist zu hoffen, dass so ein Projekt zum betrieblichen Gesundheitsmanagement langfristig Veränderungen bewirkt. Sämtliche institutionelle Ebenen tragen Verantwortung dafür. Wer sich den Alltag der Mitarbeitenden vor Ort anschaut, der muss unbedingt daran erinnern, dass beispielsweise Angebote und auch Dienstpläne so gestaltet werden müssen, dass eine Teilnahme an gesundheitsfördernden Maßnahmen möglich ist. Sonst hat alles Gerede keinen Wert. Und was in Bethel unternommen wurde, wird andernorts vielleicht Nachahmung finden. Christoph Müller, Bornheim Gute Versorgung braucht gute Finanzierung Arno Deister, Bettina Wilms Regionale Verantwortung übernehmen Modellprojekte in Psychiatrie und Psychotherapie nach 64b SGB V Psychiatrie Verlag 2014 ISBN Print: , 34,95 Euro ISBN PDF: , 27,99 Euro Hardcover, 280 Seiten + Downloadmaterial Prof. Dr. Arno Deister und Dr. Bettina Wilms haben sich als Fachautoren bereits einen Namen gemacht. Was die beiden jedoch vorrangig dazu prädestiniert, das vorliegende Buch zu verfassen, ist ihre jahrelange persönliche und unmittelbare Erfahrung mit 64b-Verträgen und deren Auswirkungen in den Kreisen Nordhausen und Steinburg, die ursprünglich als Regionale Psychiatriebudgets konzipiert waren. Der Inhalt des Buchs ist aktuell wie nie, das Versorgungssystem sucht händeringend nach Möglichkeiten, mehr Qualität beim Patienten ankommen zu lassen, ohne dabei mehr Geld auszugeben. Dafür nötige und evidenzbasierte Behandlungskonzepte lassen sich aufgrund unseres anbieter- und sektororientierten Finanzierungssystems bisher nicht verwirklichen. Modellprojekte bieten die Chance einer qualitativ hochwertigen konstanten Behandlung ohne Beziehungsbrüche, die speziell an den Bedürfnissen der Patienten orientiert ist und den Leitsatz»ambulant vor stationär«in den Mittelpunkt rückt.»regionale Verantwortung übernehmen«bietet dem Leser einen aktuellen Blick auf die Gesamtsituation. Der 64b als Fort-

53 Bücher & Medien Psychosoziale Umschau schreibung der Integrierten Versorgung und des Regionalen Budgets wird umfassend beschrieben. Aufbau und Gestaltung sind logisch, übersichtlich und dadurch nachvollziehbar. Schon das Inhaltsverzeichnis macht es dem Leser leicht, Themen zu erfassen und zuzuordnen. Dieser Effekt verstärkt sich während des Arbeitens, und das mehr als ausführliche Glossar trägt seinen Teil dazu bei. Sehr schön sind auch die wichtigsten Punkte als Textauszug am Rand jeder Seite. Lediglich der Aspekt der Umsetzung des 64b aus Sicht anderer sozialpsychiatrischer Einrichtungen als Kliniken (wie regionale gemeindepsychiatrische Anbieter) kommt m.e. zu kurz, zumal im Klappentext als Inhalt aufgeführt. Nur mit Erwähnung des Rostocker Modells (S. 225), das ein Regionales Budget im Bereich der Eingliederungshilfe erfolgreich aufgelegt hat, wird das Thema kurz gestreift. Auch im Interview mit Nils Greve kommt dieser Aspekt zum Tragen. Optisch ansprechend mit Schaubildern, Tabellen, Musterverträgen und Downloads ausgestattet sowie mit einem übersichtlichen Literaturverzeichnis versehen, lässt das Fachbuch ansonsten jedoch keine Wünsche offen. Sprachlich wird versucht, ein vergleichsweise trockenes Thema möglichst ansprechend zu präsentieren gerade im zweiten Teil ist der Ton zeitweise locker, aber nie seicht. Ebenfalls positiv die Sichtweise der Autoren auf die Mitarbeitenden (S. 247):»Die wesentlichen Schritte der Personalentwicklung waren (...) vor allem die vermehrte Einbindung des Pflegepersonals unter anderem in die Moderation der Intervision und die Entscheidung zur Weiterentwicklung der sozialarbeiterischen Kompetenz hin zur Systemischen Therapie.«Die unterschiedlichen Interviewpartner komplettieren die Betrachtung und alle Elemente zusammen ermöglichen eine objektive Bewertung des Sachverhalts, wenngleich die Autoren ihre Sichtweise nicht verheimlichen. Nach der Lektüre ist man geneigt, sich deren Meinung anzuschließen: Seit der Psychiatrie-Enquete haben sich ganz grundlegende Veränderungen in den Erwartungen an psychiatrische Hilfesysteme und bei den Einstellungen zu psychischen Erkrankungen und deren Behandlungen entwickelt, wie sich an bereits eingeführten innovativen Versorgungsstrukturen und -angeboten zeigt. Diese lassen sich nicht adäquat in den bestehenden Finanzierungsstrukturen abbilden. Um eine gute und möglichst anhaltende Ergebnisqualität zu erreichen, kommt man nicht umhin, die psychiatrische Versorgung weiterzuentwickeln. Das Buch beschäftigt sich genau damit und kann ein Instrument sein, interessierte Entscheidungsträger auf diesem Weg zu unter - stützen. Während des Lesens wird einem bewusst, wie unser Gesundheitssystem mit der aktuellen sektoralen Versorgung die unmittelbare Arbeit an der Basis einschränkt und finanzielle Anreize setzt, von denen am Ende niemand etwas hat am aller - wenigsten die Patienten. Bleibt zu hoffen, dass sich möglichst viele Entscheidungsträger als Visionäre erweisen, den Mut aufbringen, Veränderung zu wagen und dabei von weitsichtigen Teams unterstützt werden. Nur so kann es zu einer größeren Durchlässigkeit zwischen den unterschiedlichen Versorgungsarten kommen und damit langfristig zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit psychischer Erkrankung. Sabine Fuchs, Aufkirch Netzwerktypen Heiko Hoffmann Borderline-Interaktionen Komplexe Verflechtungen der Agency in Netzwerken sozialer Unterstützung Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 ISBN Seiten, 49,99 Euro, ebook 39,99 Euro Bei der Dissertation von Heiko Hoffmann, aktuell Professor für Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule Freiburg, handelt sich um eine Studie zu sozialen Beziehungsnetzwerken von Menschen mit Borderline-Diagnosen. Sie hat folgende Fragestellungen: Wie sind diese Netzwerke gestaltet? Wie stellen diese Menschen Identität und Agency am ehesten übersetzbar mit Handlungsmächtigkeit, Handlungsfähigkeit, Handeln dar und her? Wie bedingen sich Netzwerkstrukturen und das Handeln der betroffenen Personen gegenseitig? Dabei ist das Ziel von Hoffmann»trotz sozialwissenschaftlicher Perspektive, Anschlussfähigkeit zu psychiatrischen Diskursen herzustellen«. In einem ersten Kapitel zeichnet er das aktuell bestehende psychologische und psychiatrische Verständnis von Borderline aus Perspektive von Psychoanalyse. Objektbeziehungstheorie, Bindungstheorie, dialektisch-behavioralen Vorstellungen und Neurophysiologie nach. Er setzt sich dann mit den Gegenständen seiner Forschungsfragen (Identität, Agency, soziale Netzwerke) auseinander. Der folgende empirische Teil besteht aus einer sozialen Netzwerkanalyse mit 59 Personen und identifiziert vier verschiedene Formen von Netzwerktypen. Beispielhaft rekonstruiert Hoffmann dann mittels qualitativer Netzwerkinterviews Identität und Agency an sechs kontrastiven Fällen, um anschließend fallübergreifende Muster herauszuarbeiten. Als wesentliche Ergebnisse finden sich: Eine Vielzahl von borderlinetypischen Verhaltensweisen werden angemessener als»intersubjektive Routinen«aufgefasst, die durch die jeweiligen Netzwerke hervorgebracht und durch alle Beteiligten (einschließlich der Professionellen) aufrechterhalten werden. Für das Gelingen sozialer Rehabilitation erscheint der Fokus auf die Netzwerkstrukturen und das Verständnis von Borderline als ein Muster von Interaktion erfolgversprechender als ein Verständnis als Persönlichkeitsstörung. Dabei zeigt sich, dass Menschen mit Borderline-Diagnosen durchaus bewusst und reflexiv Neuerungen einführen und sich von Routinen entfernen können, insbesondere bei»irritationen durch unerwartete Problemstellungen des Handelns und durch zwischenmenschliche Begegnungen«.

54 54 Psychosoziale Umschau Bücher & Medien Was ist der Gewinn der nicht immer ganz einfachen Lektüre? Sie erweitert den Blick. Der Einbezug der sozialen Netzwerke ergibt eine umfassendere Wahrnehmung für Diagnostik, Behandlung, Umfeld, soziale Rehabilitation und nicht zuletzt auch eigener Verstrickung der professionellen Helfer. Die auszugsweise vorgestellten Fälle dokumentieren sehr empathisch, achtsam und aufschlussreich die gewonnenen Typisierungen. Man würde gerne die Übertragung der Studie auf Menschen mit anderen psychiatrischen Diagnosen und Erkrankungen realisiert sehen. Das Buch ist zur Lektüre empfohlen allen Professionellen, die mit Menschen mit Borderline-Diagnosen befasst sind, aber auch Personen, die an der Anwendung sozialwissenschaftlicher Herangehensweise an medizinisch-psychiatrische Diagnosen interessiert sind. Reiner Zitzmann, Villingen-Schwenningen Zuhören bitte Hartwig Hansen (Hg.) Höllenqual oder Himmelsgabe Erfahrungen von Stimmen hörenden Menschen ISBN Seiten, 19,95 Euro Zwischen 5 15 % aller Menschen auf dieser Welt hören mindestens einmal in ihrem Leben Stimmen, die nicht auf eine entsprechende Reizquelle zurückzuführen sind. Viele davon leben gut mit diesen, ohne jemals Probleme zu haben oder Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei Psychosen und Schizophrenie gelten diese jedoch als ein Hauptsymptom der Erkrankung, das die Ärzte meist mit Neuroleptika zu unterdrücken versuchen. Bei einem Drittel bis einem Viertel der betroffenen Personen gelingt dies nicht. Trotzdem wird wenig über die Inhalte und die Erklärungen der betroffenen Personen gesprochen, was den Betroffenen zumeist ein Anliegen ist, schließlich ist es nicht einfach, die Stimmen einzuordnen. Hier setzt das Buch von Hansen an. Es beinhaltet achtzehn Erfahrungsberichte von Menschen, die Stimmen hören. Diese werden gerahmt von einer Einführung, die die Wichtigkeit dieser Erfahrungen betont, und einem Nachwort, in dem sehr detailliert verschiedene Aspekte des Erfahrungswissens beleuchtet werden. Alle Erfahrungsberichte beruhen auf den gleichen Fragen, die der Herausgeber den Stimmenhörenden gestellt hat. Die Geschichten werden dennoch auf sehr unterschiedliche Art und Weise erzählt. Sie variieren nicht nur in Stil und Länge. Wie der Titel»Höllenqual oder Himmelsgabe«impliziert, sind auch die Inhalte und Folgerungen, die die Erfahrenen aus ihren Erlebnissen ziehen, sehr unterschiedlich. Wobei die Geschichten mehr Dazwischenliegendes vermitteln als das Entwederoder des Titels. Beeindruckend ist die Palette an verschiedenen Umgangsformen, die die Personen gefunden haben, mit den Stimmen umzugehen. Da ist z.b. Vera Eden. Sie hat beschlossen, ihrer Stimme einen Namen zu geben: Eliot. Damit ist ihr die Stimme ein echteres Gegenüber geworden. Eliot spricht dauernd auf sie ein und es kommt ihr so vor, als möchte er aus ihr einen besseren Menschen machen. Auch sie spricht mit ihm. Etwas auszuhandeln ist aber sehr schwierig und bisher nicht gelungen. Trotzdem schreibt sie, sind die guten Phasen mit der Zeit häufiger geworden. Sie empfiehlt anderen, den Stimmen und dem Ärger durch die Stimmen nicht mit Aggression zu begegnen, sondern mit Schlauheit. Dies kann bedeuten, Eliot mit Argumenten aus der Fassung zu bringen oder ihn nach positiven Situationen zu loben. Tom Seidel hat gelernt hat, die Stimmen mit Gebet und Meditation zu beeinflussen. Trotzdem ist es nicht so, dass sie aufhören, wenn er dies befiehlt. Musizieren und selbst Stimmen und Töne erzeugen, ist für ihn sehr hilfreich. Gemeinsam sind allen Interviewten die negativen Erfahrungen in der Psychiatrie. Die Behandlung, die vor allem auf die nicht wirksame medikamentöse Therapie fokussierte, verhinderte meist auch das von so vielen als hilfreich empfundene Gespräch über die Stimmen und deren Inhalte. So berichtet zum Beispiel Tim Panzer, dass er erst aus der Psychiatrie entlassen wurde, als er aufhörte, über die Stimmen zu sprechen und angab, keine mehr zu hören. Die Summe der Geschichten ermöglicht nicht Stimmen hörenden Menschen ein besseres Verständnis des Phänomens Stimmenhören und damit einen besseren Zugang zu den betroffenen Personen. Dies kann für Angehörige wie auch für Fachpersonen sehr hilfreich sein, um ungute Gefühle wie Ängste gegenüber den Stimmen abzubauen und Mut zu entwickeln, den stimmenhörenden Personen und den Stimmen offener zu begegnen. Das zeigt aber auch, dass das Zuhören (oder Lesen) und Verstehen solch individueller Geschichten anspruchsvoll sein kann. Trotzdem sollte es als Ansporn verstanden werden für mehr Zuhören und Verständnis zu Hause, in der Gesellschaft wie in der Psychiatrie. Stimmen hörenden Menschen bietet das Buch die Möglichkeit, einen ersten Schritt aus der Isolation zu finden, zu merken, dass da andere sind, die auch Stimmen hören. Und die breite Palette an verschiedenen Fertigkeiten und Formen im Umgang mit den Stimmen kann dazu animieren, Neues auszuprobieren im Umgang mit den Stimmen. Christian Burr, Bern Therapiewahn oder Normalität? Peter Wißmann Nebelwelten Abwege und Selbstbetrug in der Demenz-Szene Mabuse-Verlag Frankfurt am Main 2015 ISBN Seiten, 16,90 Euro Es ist eine gewisse Sprachlosigkeit, in die die Lektüre des Buchs»Nebelwelten«von Peter Wißmann mündet. Der Geschäftsführer der Demenz Support ggmbh in Stuttgart legt die Finger in die Wunden des Umgangs mit Menschen, die von einer Demenz betroffen sind. Eigentlich leistet

55 Bücher & Medien Psychosoziale Umschau Wißmann mehr. Mit seinem Buch treibt er die Absurditäten der fachlichen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der Verwirrtheit von Menschen auf die Spitze. Es würde verwundern, wenn es innerhalb der gerontopsychiatrischen Szene nicht zu einem Aufhorchen, wenn nicht sogar zu einem Aufschrei kommt. Wieso? Es ärgert Wißmann beispielsweise, dass die Begleitung demenzbetroffener Menschen immer von einem Therapiegedanken begleitet wird. Was dies mit Normalität zu tun hat, fragt er. Der Therapiewahn füge sich nahtlos in eine unheilige Allianz mit der zunehmenden Pathologisierung des Alterns und der Gehirnalterung ein, kritisiert Wißmann. Es könne nicht sein, dass alltägliches Geschehen wie das Hinausgehen in den Garten der Altenhilfe-Einrichtung als Genießen der Düfte beschrieben werde. Er scheint es geradezu lächerlich zu finden, wenn der Small Talk am Tisch eines Gemeinschaftsraums als»therapeutischer Tischbesuch«bezeichnet werde, um den Anforderungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen entsprechen zu können. Genauso wenig Verständnis hat Wißmann für einen anderen Aspekt:»Selbst Heiterkeit und Humor darf es nicht einfach so geben, dafür wurde in der Pflege- und Demenzlandschaft die Form der Humortherapie gefunden. Da wird ein Humorassessment für den demenziell veränderten Menschen erstellt, anschließend werden Humorziele und Interventionen entwickelt und diese ( ) auch evaluiert.«(s. 37) Für Normalität und Alltagsorientierung spricht sich Wißmann aus. Spricht er aus, was viele professionell Tätige denken? Stellt er durch die Hintertür Fragen, die Angehörige und Betroffene nicht auszusprechen wagen? Es erscheint unwahrscheinlich, dass seine Haltung in der gerontopsychiatrischen Szene mehrheitsfähig ist. Es gibt offenbar zu viele Interessen Einzelner, als dass die Banalisierung des Alltäglichen seine Berechtigung hat. Wißmann verteilt quasi Ohrfeigen:»Und deshalb muss jede noch so harmlose Alltagstätigkeit ihrer Normalität beraubt und zu einer therapeutischen Intervention aufgemotzt werden ( ). Es handelt sich hierbei um eine Anmaßung. Und darin drückt sich eine herablassende Haltung aus, die dem Menschen als Bürger mit seinem Anspruch auf Teilhabe nicht gerecht wird.«(s. 40) Es ist entgegen der eigenen Erwartungen nicht so, dass Wißmann aggressiv um sich schlägt. Seine polarisierenden Positionierungen müssen um der Menschen willen gehört werden. Diesen Wunsch hat man zumindest während der Lektüre. Er schafft es auch an anderen Stellen, die Fassaden der Begleitung demenzbetroffener Menschen etwas umzuwerfen. Er entlarvt Sprache in der Weise, dass die Haltung der Menschen den betroffenen Menschen gegenüber ausgedrückt wird. Wißmann macht dies an zahllosen Beispielen deutlich. Mit dem Blick auf die Benutzung des Wortes»Demenzkranker«kritisiert Wißmann es unter anderem. Mit der Zuweisung einer Diagnose scheine sich ein Kippschalter umzulegen. Das Leben als Frau Müller ende und das als Demenzkranker beginne. Wißmann sieht sich eher in der Tradition des Sozialpsychiaters Klaus Dörner, der die Gemeinde und das persönliche Umfeld in der Verantwortung sieht, betroffene Menschen zu unterstützen. Deshalb scheint es ihn zu schütteln, wenn sich ausdrückt:»die Gesunden leben hier. Die Kranken in einem Anderland, also jenseits der Normalität.«(S. 32) Trotz der Schwere des Inhalts macht es großen Spaß, Wißmann auf seinen Pfaden zu folgen. Er fühlt und denkt gegen den Mainstream, der sich in den pflegenden, sicher auch in anderen psychosozialen Berufen breitgemacht hat. Es macht ihn nicht nur sympathisch. Es macht auch klar, dass die Begleitung demenzbetroffener Menschen ein Umdenken, einen Gesinnungswandel erleben muss. Diese Impulse gilt es zu nutzen. Christoph Müller, Bornheim Empörung aus Erfahrung Wilhelm Krauspe Psychiatrie am Pranger Ein Aufschrei von Betroffenen Books on Demand, ISBN Seiten, 7,50 Euro Wer mit einem»aufschrei«an die Leserschaft appelliert und die heutige»psychiatrie am Pranger«sieht, muss dafür Gründe haben. Der Autor, Gründer einer Selbsthilfegruppe für Angehörige psychisch kranker Menschen aus dem Landkreis Ludwigsburg, sieht für mehr als 2,4 Millionen psychisch erkrankte Menschen genau dies. Psychisch Kranke seien als Opfer unzureichender psychiatrischer Versorgung anzusehen. Obwohl das Land reich ist. In der 112 Seiten umfassenden Broschüre begründet Krauspe dies, beginnend mit der Geschichte einer Erkrankten. Offensichtlich seit vielen Jahren immer wieder an ängstigenden, paranoiden Eindrücken leidend, arbeitslos, sozial isoliert, nicht in der Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener integriert. Für sie verrinnen die Tage, ein Leben ohne Zukunft. Und genau hier versage das Hilfesystem, denn man wisse, welche Hilfen möglich sind, wende diese aber aus Kostengründen nicht an. Krauspe zitiert z.b. Michaela Amering, die darauf hinweist, dass nur 25 % der Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen eine evidenzbasierte Behandlung erhalten. In weiteren Abschnitten berührt der Autor eine ganze Reihe bekannter Subthemen, sei es Resilienz, Neuroleptika, Zwangsbehandlung, Psychotherapie und hier als

56 56 Psychosoziale Umschau Bücher & Medien seine eigentliche Qualität gewinnend: der Angehörige als tragische Figur, der mehr Information braucht, der sich besser und mehr vernetzen sollte. Der Autor, dies muss man ihm zugestehen, schreibt hier als Angehöriger, der verärgert ist. Hierbei runzelt er durchaus auch die Stirn über Angehörige, die sich nicht organisieren, die nicht vernetzt sind, die sich zurückziehen. Insgesamt: Ein emotional geschriebenes, fast wütendes Buch eines Angehörigen, der sich empört. Der gerne mit Ausrufezeichen schreibt und spricht. Dennoch: Ein mutiges Buch. Selten schreiben Angehörige sich ihren Ärger so klar von der Seele weg. Daher durchaus lobenswert. Zum Schluss aber eine Kritik: Mit dem gewählten Titel»Psychiatrie am Pranger«findet sich Krauspe rasch in einer Ecke wieder, in der sich der Autor sicherlich nicht gerne sehen möchte. Die»Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.v.«, ein Ableger der Scientology Kirche, verwendete z.b den Begriff für eine gleichnamige Ausstellung in Dresden. Das muss nicht sein. Christian Zechert, Detmold Die subjektive Seite der Fakten Peter Mannsdorff u.a. Das kleine ABC der Psychiatrie Eine Bestandsaufnahme der besonderen Art. Profis aus Erfahrung berichten seite=news&lfdnr=310 Braucht s so ein ABC der Psychiatrie in Zeiten von Google, Wikipedia & Co.? Nach der Lektüre meine ich: Ja, gewiss. Denn die literarischen Geschichten und Erfahrungsberichte von Peter Mannsdorff und seinen Mitautoren in diesem kleinen Handbuch zu Stichwörtern wie Ergotherapie, Schizophrenie, Schlaflosigkeit, Kontakt- und Beratungsstellen, Quellen der seelischen Gesundheit und des Glücks und anderen mehr ergänzen die gewohnten»objektiven«informationen durch die Seite des subjektiven Erlebens. Und das ist sehr nötig, um zu einem besseren Verständnis von psychischen Erkrankungen und der Erfahrungen von Psychiatrie-Erfahrenen zu kommen und das (sozial-)psychiatrische Hilfesystem den Bedürfnissen von uns Peers anzupassen. Die Lektüre dieses Buchs inspiriert einen auch förmlich dazu, über die eigenen Erfahrungen nachzudenken und mit anderen darüber ins Gespräch zu kommen: Wie war, wie ist das bei dir? Hast du das auch so erlebt? Die Texte eignen sich daher m.e. auch sehr gut dafür, z.b. ein Psychoseseminar mit der Lesung eines zum jeweiligen Thema passenden Stichworts ein - zuleiten. Sehr hilfreich und anregend fand ich auch die Texte in kindgerechter Sprache, z.b. zum Dopaminüberschuss. Zudem gibt es gelegentliche Querverweise im Text zu verwandten Stichwörtern, die dazu einladen, sich in Muße durch das bunte Feld der Psychiatrie-Erfahrung(en) führen zu lassen. Mein Fazit: Ein wichtiges, sehr lesenswertes und inspirierendes ABC, das man nicht nur kostenlos auf der Homepage des Paranus Verlags einsehen kann, sondern auch über den Selbstverlag des Autors (Kontakt: für 15 Euro plus Versandkosten beziehen und verschenken kann. Stephan Eberle, Erlangen

57 Leserbrief Psychosoziale Umschau Leserbrief Verwahrlosung oder individuelle Lebensart? Zu»Wann schlägt der Respekt vor der Autonomie eines psychisch kranken Menschen in unterlassene Hilfeleistung um?«von Jochim Meyer in Heft 3/2015 Als langjähriger Mitarbeiter eines Sozialpsychiatrischen Dienstes in Bayern fühle ich mich angesprochen, wenn die Frage gestellt wird, ob die ambulante Psychiatrie sich aus Bequemlichkeit lieber mit»leichteren Fällen«beschäftigt und Menschen in Not ohne Hilfe lässt. Das Problem der Vermüllung und Verwahrlosung begegnet den Mitarbeitenden unseres Dienstes immer wieder und ist Thema in Fallbesprechungen und Supervisionen. Wie kommen wir an die Betroffenen heran, wie gewinnen wir ihr Vertrauen? Wie können wir auf die Situation Einfluss nehmen, damit die Betroffenen ihre Wohnung nicht verlieren? Das ist eine schwierige Aufgabe und wir sind nicht immer erfolgreich dabei, an Betroffene heranzukommen und eine Verbesserung zu bewirken. Es gibt jedoch gute Gründe dafür, mit Vorwürfen zurückhaltend zu sein. Im Sozialpsychiatrischen Dienst haben wir die Möglichkeit,»milde Mittel zur Unterstützung«anzuwenden und wir tun dies oft und gerne. Tatsache ist jedoch, dass Menschen, die in ihrer Wohnung vermüllen, nicht selten jeglichen Kontakt mit uns verweigern. Sie gehen nicht ans Telefon und wenn wir unangemeldet vor der Tür stehen, machen sie nicht auf. Hier Zwang anzuwenden, ist uns nicht erlaubt und wäre auch nicht sinnvoll. Im Lauf der Jahre haben wir verschiedene Varianten der Einflussnahme erlebt: Angehörige haben uns ohne vorheriges Wissen des Betroffenen mit in die Wohnung genommen, was zu Wut und Empörung geführt hat und keine vertrauensbildende Maßnahme war. Einmal wurde die Wohnung einer Betroffenen auf Druck des Vermieters zwangsweise entmüllt. Unser Dienst war beteiligt und wir hatten Glück, dass es danach nicht zu einer Anzeige kam. Die Betroffene hat jedenfalls nie wieder einen Kontakt von unserer Seite zugelassen. Oft kommen wir in die Wohnung, können uns ein Bild von der Verwahrlosung machen, aber kein Problembewusstsein beim Betroffenen wecken. Es ist ein Unterschied, ob jemand vermüllt, weil er beim Aufräumen scheitert oder weil er unzählige vermeintlich wertvolle Dinge sammelt oder Futter für seine Haustiere. Manchmal helfen wir beim Aufräumen, aber zum nächsten Besuch sieht es so aus wie vorher. Ein Klient unseres Dienstes lebt in einer furchtbar verwahrlosten Wohnung, führt aber dennoch seit vielen Jahren ein Leben mit Sinnerfüllung und Teilhabe. Was Angehörige und Bekannte als Verwahrlosung betrachten, ist manchmal auch individuelle Lebensart. Zuweilen nimmt die Neigung, Hilfe zu akzeptieren zu, wenn Vermieter Druck machen. Nicht alle Menschen, die so leben, landen in der stationären Psychiatrie. Der Sozialpsychiatrische Dienst versucht in allen derartigen Fällen, die an ihn herangetragen werden, Kontakt aufzunehmen. Wenn es gelingt, Vertrauen herzustellen, können häufig viele wichtige Probleme bearbeitet werden, die Wohn - situation verbessert sich dadurch nicht immer. Dass Angehörige mit den gegebenen Möglichkeiten und mit den Resultaten manchmal nicht zufrieden sind, kann ich verstehen. Die eigene Hilflosigkeit ist schwer zu ertragen und es macht wahrscheinlich wütend zu sehen, dass die»profis«auch keine Veränderung herbeiführen. Individuelle und auch sehr unangepasste Lebensführung wird in unserer Gesellschaft im privaten Bereich weitgehend toleriert. Eine Klinikeinweisung ist nur bei handfesten Beweisen für Selbst- oder Fremdgefährdung möglich. Bei Abwägung der Vor- und Nachteile bin ich froh, in so einer toleranten Gesellschaft zu leben. Bernhard Richter, Diplom-Psychologe, Sozialpsychiatrischer Dienst Weilheim der Herzogsägmühle Im pres sum Titelbild Foto: Ernst Fesseler He raus ge ber Aktion Psychisch Kranke, Dachverband Gemeindepsychiatrie e.v. und Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.v. Re dak ti on Karin Koch (kk), Köln (v.i.s.d.p); Michael Konrad (mk), Ravensburg; Ulrich Krüger (uk), Bonn; Christian Zechert (cz), Detmold Ständige Mitarbeit: Manfred Becker, Cornelia Schäfer, Christoph Müller, Lina Kamwar, Margit Weichold. Bei trä ge der Gast au to ren sind kei ne Mei nungs äu ße rung der Re dak ti on. Re dak ti ons an schrift Psy cho so zia le Um schau Ursulaplatz Köln Tel. (0221) um schau@psy chi at rie.de Ma nu skript ein sen dun gen Die Redaktion freut sich über Manuskripte und Informationen, Hinweise für Autorinnen und Autoren unter Re dak ti ons schluss der nächs ten Aus ga be ist der Ver lag & Ver trieb Psy chi at rie Ver lag GmbH, Ursulaplatz 1, Köln, Tel. (0221) , Fax -20, hoff@psy chi at rie.de. An zei gen ver wal tung im Ver lag durch Lina Kamwar, kamwar@psy chi at rie-verlag.de An zei gen schluss der nächs ten Aus ga be ist der Be zugs be din dun gen Print-Abonnement: Ein Print-Abo kostet 2016 jährlich für Privatkunden 34,00 Euro und für Institutionen 50,00 Euro; im Inland einschl. Porto, im Ausland zzgl. 15,00 Euro Versandkostenpauschale. Sozialhilfe-Empfänger und Studenten zahlen bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung 24,00 Euro. Das Abonnement gilt jeweils für ein Jahr. Es verlängert sich automatisch, wenn es nicht bis zum des laufenden Jahres schriftlich gekündigt wird. Bestellungen nimmt der Verlag entgegen. Einzelheftpreis: 9,90 Euro Online-Abonnement: Ein Online-Abo kostet jährlich für Privatkunden 29,00 Euro. Die Preise für Institutionen und soziale Dienste hängen von der Größe der Einrichtung ab. Ausführliche Preisinformationen unter Lay out Hans Schlim bach AGD, Gartow Druck Ost frie si sche Beschäftigungs- und Wohnstätten GmbH, Em den ISSN Post ver triebs kenn zahl 7044

58 58 Psychosoziale Umschau Termine Termine 30. Herbsttagung für Forensische Psychiatrie 8. und 10. Oktober in München Papier ist geduldig Gesetz und Wirklichkeit BPE-Jahrestagung 10. und 11. Oktober in Kassel Be different Be yourself Kongress Essstörungen bis 17. Oktober in Alpbach, Tirol Die Stimmen und ich Der Maastrichter Ansatz zum konstruktiven Umgang mit Stimmenhören bei Kindern und Jugendlichen 16. und 17. Oktober in Hannover www. efc-institut.de A Mitgefühl in der interkulturellen Begegnung 14. Fachtagung»Migration & Psychiatrie«28. Oktober in Düren Selbsthilfe Partizipation Selbstbestimmung APK-Jahrestagung 3. und 4. November in Berlin Ver-rücktes Europa: Menschenrechte wahren Chancen und Herausforderungen Jahrestagung der DGSP e.v. 19. bis 21. November 2015 in Trier Der Mensch im Mittelpunkt Versorgung neu denken DGPPN Kongress 25. bis 28. November in Berlin The Dark Side of the Moon: Krisen, Traumata verlorene Sicherheit zurückgewinnen 29. DGVT-Kongress für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Beratung 24. bis 28. Februar 2016 in Berlin Beziehung und Gesundheit Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie 16. bis 19. März 2016 in Potsdam Jahrestagung der ISPS Germany 26. und 28. Mai 2016 in Marburg Gemeinsam unterwegs zur sozialen Teilhabe 3. Internationaler Psychiatriekongress zu seelischer Gesundheit und Recovery 09. und 10. Juni in Bern Mehr Termine und Fortbildungsangebote unter: Die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) e.v. ist ein unabhängiger Fachverband für Mitarbeitende aller Berufsgruppen in der Psychiatrie. Die DGSP setzt sich als gewichtiger Teil der Psychiatriereform-Bewegung seit über 40 Jahren ein für eine menschenwürdige Psychiatrie, die den Bedürfnissen von psychisch erkrankten Menschen gerecht wird. Zu unseren Aktivitäten gehören u.a. der politische Diskurs mit Vertretern aus Politik und Verbänden sowie die Durchführung von Tagungen, Fortbildungen und Kampagnen. Für unsere Bundesgeschäftsstelle in Köln suchen wir eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit und redaktionelle Mitarbeit an unserer Fach- und Mitgliederzeitschrift Soziale Psychiatrie Sie haben Kenntnisse/Erfahrungen in den Bereichen: Soziale Arbeit/Psychiatrie Zeitschriften-/Verlagsredaktion Verbands-/Öffentlichkeitsarbeit Kenntnisse in Sozialrecht sind von Vorteil Zu Ihren Aufgaben gehören: Konzeption und Entwicklung öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten Verfassen von Artikeln und Stellungnahmen Redigieren von Manuskripten Autor/innenbetreuung, Koordinationsaufgaben Pflege des Internet-Auftritts der DGSP, Herausgabe eines Newsletters Mitarbeit an Printerzeugnissen wie Flyer, Broschüren u.ä., Text- und Umbruchkorrektur Anzeigenverwaltung Wir bieten: Mitarbeit in einem kleinen engagierten Team mit viel Raum für Kreativität und selbstbestimmtes Arbeiten. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 25 Stunden und kann ggf. aufgestockt werden. Sie sollten zeitlich flexibel sein, da das Aufgabenspektrum auch die Teilnahme an Tagungen/Redaktionssitzungen und Verbandsaktivitäten mit Reisetätigkeit am Wochenende und in den Abendstunden umfasst. Dienstsitz ist Köln. Bewerbungen (ggf. mit Arbeitsproben) richten Sie bitte an: Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie Richard Suhre (Geschäftsführer) Zeltinger Straße 9, Köln, Tel.: dgsp@netcologne.de Wir bitten um Verständnis, dass Bewerbungsunterlagen nicht zurückgeschickt werden können.

59 MnMedien Medien Name PLZ/Ort Straße Broschüren und Bücher Stück Stück Stück Satz/Sätze Stück Satz/Sätze Satz/Sätze Außen zart. Innen stark Was Kinderseelen gut tut. Mappe mit neun Arbeitsblättern für Unterricht nstück und pädagogische Arbeit (8 11 Jahre) 6610, Schutzgebühr 7 Euro Der beste Vater der Welt Bilderbuchbroschüre über Psychosen für Kinder zwischen 5 und 8 Jahren 6516, Schutzgebühr 2 Euro Das Seelenentdeckeralbum Materialie über Seele, Krankheit und Gesundheit für Kinder zwischen 6 und 9 Jahren 6514, Schutzgebühr 2 Euro Mamas Monster Bilderbuch über Depressionen für Kinder zwischen 5 und 7 Jahren 6512, Schutzgebühr 4 Euro Wahlverwandtschaft Görres/Pirsig Engagiert in Patenprojekten Praxis Gemeindepsychiatrie, Band , Schutzgebühr 5 Euro DVDs und CDs Wenn die Seele überläuft Junge Menschen in psychischen Krisen, Hörbuch und Unterrichtsmaterialien zu Angst, Essstörungen und Suizid 6508, Schutzgebühr 5 Euro Faltblätter und Factsheets Information Dachverband Gemeindepsychiatrie: Gemeindepsychiatrie stärken engagiert, innovativ, quadrologisch, vernetzt kostenfrei Fragen Sie nicht nur den Arzt oder Apotheker Was leistet die Krankenversicherung bei psychischen Störungen 6520, 1 Euro (1 Satz = 10 Stück) Stück Stück Stück Stück Stück Satz/Sätze Satz/Sätze Satz/Sätze Wenn deine Mutter oder dein Vater in psychiatrische Behandlung muss... mit wem kannst Du dann eigentlich reden? Information für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren, inkl. 2 Begleitblätter für Eltern und Betreuerinnen 6501, Schutzgebühr 2 Euro Wenn deine Mutter oder dein Vater psychische Probleme hat... Informationen für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren 6502, Schutzgebühr 2 Euro Wenn eine Mutter oder ein Vater psychische Probleme hat... Wie geht es dann den Kindern? Information für betroffene Eltern 6503, Schutzgebühr 2 Euro Kleine Held(inn)en in Not Görres/Pirsig Tagungsreader Praxis Gemeindepsychiatrie, Band , Schutzgebühr 5 Euro Die Bettelkönigin Ein Hörbuch zu psychischen Erkrankungen. Ein Hörspiel für Kinder von 8 bis 11 Jahren 6630, Schutzgebühr 5 Euro Hilfen für Familien mit Kindern Hilfen der Krankenversicherungen für Familien, in denen ein Elternteil psychisch krank ist 6521, 1 Euro (1 Satz = 10 Stück) Factsheet 1 Soziotherapie 6522, 1 Euro (1 Satz = 10 Stück) Factsheet 2 Ergotherapie 6523, 1 Euro (1 Satz = 10 Stück) Datum Unterschrift kurz & knapp Psychosoziale Umschau en* Staffelpreis möglich ngemeinsam Bügerschaftliches Engagement, Stück durch, mit und für psychisch erkrankte junge Menschen 6621, 1 Euro (1 Satz = 10 Stück) Stück Satz/Sätze Satz/Sätze Satz/Sätze Satz/Sätze Satz/Sätze Satz/Sätze Es ist normal, verschieden zu sein! Bock u.a. Verständnis und Behandlung von Psychosen, 6506, Schutzgebühr 1 Euro Seelische Krise Was tun? Informationsblatt zu Hilfen in Krisen, 6620, 3 Euro Versandkostenpauschale (1 Satz = 10 Stück)* Recovery Broschüre richtet sich an psychisch erkrankte und interessierte Menschen 6262, 3 Euro Versandkostenpauschale (1 Satz = 10 Stück)* Patientenrechte Therapie und Selbstverantwortung in psychischen Krisen welche rechte habe ich als Patient, 6623, 5 Euro Versandkostenpauschale (1 Satz = 10 Stück)* Factsheet 3 Integrierte Versorgung 6524, 1 Euro (1 Satz = 10 Stück) Factsheet 4 Ambulante Pflege 6525, 1 Euro (1 Satz = 10 Stück) Positionspapier zur Integrierten Versorgung 6640, 1 Euro (1 Satz = 5 Stück) Hiermit bestelle ich die oben markierten Titel. Zusammen mit der Lieferung erhalte ich eine Rechnung (Rechnungsgesamtbetrag zuzüglich Versandkostenpauschale), die ich fristgerecht ausgleichen werde. Bestellschein bitte per Fax an: (02 21) Der Broschürenversand wird freundlicherweise von unserem Mitglied BTZ Köln übernommen. Wir bedanken uns für die Unterstützung: BTZ Berufliche Bildung Köln GmbH Jobprofil Oskar-Jäger-Straße Köln Telefon (02 21) Fax: (02 21) wichterich@jobprofil-koeln.de

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