Positionspapier zur inklusiven Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung in Kindertagesstätten
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- Ute Kurzmann
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3 Positionspapier zur inklusiven Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung in Kindertagesstätten Mit der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) hat sich Deutschland verpflichtet, inklusive Bildungsangebote zu ermöglichen und damit die Teilhabemöglichkeiten für Kinder mit Behinderungen und von Behinderung bedrohten Kindern zu verbessern. Die Schaffung inklusiver Bildungsangebote, in denen alle Kinder die entsprechend ihren Bedürfnissen erforderlichen Hilfen erhalten, sind aus Sicht der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen eine zentrale Herausforderung für die kommenden Jahre. Inklusion bedeutet die umfassende und uneingeschränkte Teilhabe jedes Einzelnen am gesellschaftlichen Leben. Dabei wird von den Menschen mit Behinderungen keine Anpassungsleistung erwartet, wie dies bei dem in Deutschland aufgebauten integrativen System der Fall ist. Folglich steht bei der Inklusion nicht das Kind, sondern das System selbst im Fokus. Gefordert wird eine Anpassungsleistung des Systems. Das jeweilige Angebot muss sich so verändern, dass es die Bedarfe aller Kinder in den Blick nimmt und sich danach ausrichtet. Diese Verpflichtung ergibt sich auch aus der UN- Kinderrechtskonvention aus dem Jahre Beide Konventionen stellen das Wohl aller Kinder in den Mittelpunkt. In einer inklusiven Kindertagesstätte wird die Individualität aller Kinder respektiert und dies als Vielfalt und Bereicherung anerkannt. Das Vorhandensein einer Beeinträchtigung fordert im Sinne des Art. 1 der UN- BRK das Erkennen von Teilhabe- und Entwicklungsbarrieren. Das vermeintliche Anderssein von Kindern mit besonderen Bedarfen ist kein Grund für Aussonderung und Ausgrenzung. Darüber hinaus ergibt sich der Anspruch auf eine inklusive Bildung und Förderung für Kinder mit Behinderungen oder Benachteiligungen auch aus 22 Abs. 2 und 3 SGB VIII, 22a Abs. 4 SGB VIII sowie aus 2 Abs. 1 und 3 Abs. 6 des niedersächsischen KiTaG. Damit werden folgende gesellschaftspolitische Zielsetzungen umgesetzt: Bildung und Erziehung Erkennen und Beseitigen oder Mildern von Entwicklungs- und Teilhabebarrieren Gesundheitsförderung Prävention und Teilhabe Vereinbarkeit von Beruf und Familie Wirksame Beteiligung der Kinder. Nach der Erarbeitung von Regelungen für eine inklusive Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern im Alter unter drei Jahren und der Verabschiedung eines Gesetzes zur inklusiven Beschulung erwartet die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege jetzt auch ver- Seite 1 von 3
4 bindliche und angemessene Regelungen für die inklusive Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsarbeit in Kindertagesstätten. Rahmenbedingungen in Kindertagesstätten Die Rahmenbedingungen in den Kindertagesstätten müssen so gestaltet sein, dass im Bedarfsfall jedes behinderte oder von Behinderung bedrohte Kind wohnortnah aufgenommen werden kann. Dafür sind verbindliche Standards festzulegen, die den Entwicklungs- und Bildungsbedürfnissen aller Kinder angemessen Rechnung tragen. Nur so können Kinder mit besonderen Bedarfen Kinder mit und ohne Behinderung, Kinder aus bildungsfernen Familien, Kinder mit Migrationshintergrund usw. in Kindertagesstätten dem gesetzlichen Bildungsauftrag entsprechend gefördert werden. Mit der Aufnahme eines Kindes wird ein in Einzelfällen möglicher zusätzlicher Bedarf definiert und in der Einrichtung umgesetzt. Dieser kann sich auf Personalstärke, Gruppengröße, aber auch auf andere Rahmenbedingungen in der Einrichtung auswirken. Folgende Mindeststandards sind erforderlich: 15 Kinder pro Kindertagesstättengruppe Flexible Absenkung der Gruppengrößen je nach Bedarf der Kinder Ermöglichung von bedarfsgerechten Kleinstgruppen Zwei sozialpädagogische Fachkräfte pro Gruppe, darunter bei Bedarf eine heilpädagogische Fachkraft. Eine zusätzliche heilpädagogische Fachkraft (3. Kraft) ist immer erforderlich, sobald ein Kind mit Behinderung oder drohender Behinderung in der Gruppe betreut wird Betreuungszeiten entsprechend dem Bedarf der Familien 4 m² pro Kind zuzüglich der in der 1. DVO KiTaG aufgeführten Nebenräume. Um die fachliche Qualität der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern im Alter zwischen drei Jahren bis zur Einschulung zu unterstützen, bedarf es weiterer Standards: Anerkennung mittelbarer Arbeitszeit in Höhe von 20 % der Betreuungszeit für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter in der Kindertagesstättengruppe, u. a. für die Vor- und Nachbereitung, Zusammenarbeit mit Eltern zusätzliche Leitungsfreistellung Sicherstellung regelmäßiger Inanspruchnahme von Fachberatung regelmäßige Fortbildungen der Fachkräfte u.a. zu den Themen Bildungsprozesse, Inklusion, Prozessbegleitung für die Übergangsgestaltung zur inklusiven Kita und Wissen um Heterogenität und Diskriminierung. Zuständigkeiten: Alle Kinder haben unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, einer Behinderung und den Ressourcen ihrer Familien einen Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz. Für die Eltern besteht ein Wunsch- und Wahlrecht bei der Wahl einer Bildungs- und Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind. Zuständig für die Erfüllung dieser Ansprüche ist die Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII). Auf Landesebene liegt die Zuständigkeit für Kindertagesstättengruppen beim Kultusministerium. Dieses hat die Verantwortung für die Festlegung und Einhaltung der Standards. Für die Feststellung und Umsetzung des zusätzlichen behinderungsbedingten und krankheitsbedingten Bedarfs im Einzelfall besteht die Zuständigkeit der Träger der Sozialhilfe im Rahmen Seite 2 von 3
5 des SGB XII und der Jugendhilfeträger im Rahmen des SGB VIII ( 35a) oder der jeweils zuständigen anderen Reha- Träger. Kosten: Die Kindertagesstätte hat gem. 2 KiTaG einen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag. Dieser gesetzliche Auftrag bezieht alle Kinder ein. Daher sind die Kosten, die durch die Erfüllung dieses allgemeingesellschaftlichen Auftrages in einer Kindertagesstätte entstehen, vom Staat zu tragen. Dabei sind für Personalentwicklung, Fort- und Weiterbildung, Fachberatung, Supervision u. a. 2,5 % der Bruttoarbeitgeberpersonalkosten zu berücksichtigen. Der zusätzliche behinderungsbedingte Mehrbedarf eines Kindes z. B. Frühförderung nach SGB IX/XII oder SGB VIII - wird individuell festgestellt werden. Kosten für die sich aus der Bedarfsfeststellung ergebenden zusätzlichen Leistungen sind im Rahmen der Sozialhilfe ( 55 Abs. 2 Satz 2 SGB IX) oder der Jugendhilfe ( 35 a SGB VIII) zu übernehmen. Erwartungen der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege an das Land Niedersachsen: Im Sinne einer lückenlosen inklusiven Bildungsbiografie aller Kinder wird die Gestaltung der entsprechenden inhaltlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die Kindertagesstätten die Zielsetzung der UN-BRK verwirklicht. Vor dem Hintergrund des Inklusionsgedankens und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch für Eltern mit Kindern mit Behinderungen bedarf es landesweit einheitlicher Rahmenbedingungen. Deshalb werden die fachlichen Anforderungen an ein inklusives Erziehungs- und Bildungsverständnis in einem verbindlichen Bildungsplan formuliert. Der Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in niedersächsischen Tageseinrichtungen für Kinder wird weiterentwickelt. Darüber hinaus bedarf es einer verbindlichen und transparenten regionalen Kinder- und Jugendhilfeplanung unter Beteiligung der freien Träger. Die Kindertagesstättenbedarfsplanung hat den Anforderungen an eine inklusive Kindertagesstättenlandschaft Rechnung zu tragen. Zur umfassenden Verwirklichung der Inklusion im Primarbereich ist dieses Thema nachhaltig und verbindlich in der Ausbildung der entsprechenden Fachkräfte zu verankern. Hannover, Rifat Fersahoglu-Weber Vorsitzender Seite 3 von 3
6 Verordnung zur Durchführung des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs (DVO Nds. AG SGB XII) Vom 27. Juni 2011 (Nds.GVBl. Nr.13/2011 S.178) - VORIS Aufgrund des 5 Abs. 2 Satz 2, des 8 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit 9 Abs. 1 und 3 und 11 Abs. 2 sowie des 12 Abs. 1 Sätze 2 und 3, des 13 Abs. 8 und des 16 Satz 2 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs (Nds. AG SGB XII) vom 16.Dezember 2004 (Nds.GVBl. S.644), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16.März 2011 (Nds.GVBl. S.81) wird verordnet: 1. A b s c h n i t t Pauschalierung von Kosten für die integrative Betreuung behinderter Kinder in Kindergärten 1 Pauschalierung von Personal- und Sachkosten (1) Die Kosten, die der überörtliche Träger der Sozialhilfe nach 16 Nds. AG SGB XII für die Eingliederungshilfe in Kindergärten einschließlich der dort erbrachten Leistungen zum Lebensunterhalt zu tragen hat, werden in den Absätzen 2, 3 und 7 pauschaliert. (2) Die Personalkosten einer nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst - Bund und Kommunen - tarifgerecht eingruppierten und vergüteten heilpädagogischen Fachkraft je integrative Gruppe werden für jedes wesentlich behinderte oder von einer wesentlichen Behinderung bedrohte Kind nach dessen Anteil an der Zahl der behinderten oder von einer Behinderung bedrohten Kinder monatlich pauschal übernommen. (3) Für alle weiteren Kosten des Einrichtungsträgers und beauftragter Dritter einschließlich Fahrtkosten werden je betreutem Kind und Monat gezahlt. 1. im Fall der Pauschalierung nach Absatz 2 373,27 Euro und 2. im Fall des Vorrangs nach Absatz 6 63,83 Euro (4) 1 Abrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. 2 Die Pauschale nach Absatz 3 Nr. 1 wird bei einer durchgehenden Abwesenheit eines betreuten Kindes von zwei bis weniger als vier Wochen im Monat auf die Hälfte verringert; bei einer durchgehenden Abwesenheit von vier Wochen oder mehr im Monat ist eine Zahlung nach Absatz 3 Nr. 1 nicht zu leisten. 3 Satz 2 gilt nicht bei einer planmäßigen, vorübergehenden Schließung des Kindergartens oder der integrativen Gruppe. (5) Kehrt ein Kind nach Beendigung einer Schließung des Kindergartens oder der integrativen Gruppe nicht in die Betreuung zurück, so gilt es mit dem Ablauf des letzten Tages vor Beginn der Schließung als ausgeschieden. (6) Ist eine Integrationsgruppe vor dem 1.Januar 1993 aus einer in einer Kindertagesstätte bestehenden Gruppe gebildet worden und besteht seither eine Vereinbarung nach 93 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes oder nach 75 Abs. 3 des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XII), so hat diese Vereinbarung Vorrang vor der Pauschalierungsregelung des Absatzes 2. (7) Wird ein einzelnes behindertes oder von einer Behinderung bedrohtes Kind im Kindergarten im Rahmen der Einzelintegration betreut, so wird pauschal für alle Kosten des Einrichtungsträgers und beauftragter Dritter einschließlich Fahrtkosten ein Betrag in Höhe von 1 536,72 Euro je Monat im Einzelfall gezahlt.
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