Solidarität und Fachlichkeit organisieren
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- Jesko Heidrich
- vor 5 Jahren
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1 Solidarität und Fachlichkeit organisieren Überlegungen zum spezifischen Planungs- und Entwicklungsprozess der sozialen Dorfentwicklung Prof. Dr. Theresia Wintergerst 1
2 Eckpunkte für die Gestaltung von sozialen Dorfentwicklungsprozessen Die soziale Dorfentwicklung startet niemals vom Nullpunkt aus! Akteure sind nicht nur Einzelpersonen Moderne Wohlfahrtsproduktion geht von einem Welfare-Mix aus Soziale Dorfentwicklung darf nicht alltagsvergessen sein Zwischen Planungsbeteiligung und sozialer Koproduktion redlich planen Planung entlang der Generationen Prof. Dr. Theresia Wintergerst 2
3 Soziale Dorfentwicklung startet nie vom Nullpunkt aus Jeder Planungsprozess muss zunächst das Bestehende wahrnehmen Ein sozialer Dorfentwicklungsprozess darf Bestehendes nicht vorschnell übertrumpfen wollen Das Wissen der Akteure muss systematisch eingebunden werden Prof. Dr. Theresia Wintergerst 3
4 Akteure sind nicht nur Einzelpersonen Das Zusammenleben der Menschen wird maßgeblich von Institutionen bestimmt Viele Organisationen, Träger und Institutionen widmen sich der Erfüllung sozialer Aufgaben Das Wissen dieser O T I ist einzubeziehen Auch den Bürgern und Bürgerinnen im ländlichen Raum ist der Weg zu vorhandener Fachlichkeit im sozialen Bereich zu ebnen Es dürfen keine Parallelstrukturen aufgebaut werden Das stereotype Bild der dörflichen Problemlosigkeit darf von den Profis im sozialen Dorfentwicklungsprozess nicht unkritisch fortgeschrieben werden womöglich wird sonst Unterversorgung zementiert Die Verantwortung von sozialen Organisationen auch für den ländlichen Raum sollte selbstbewusst eingefordert werden, ohne sich von ihnen dominieren zu lassen Prof. Dr. Theresia Wintergerst 4
5 Moderne Wohlfahrtsproduktion geht von einem Welfare-Mix aus! Staat Sozialstaatsprinzip und Rahmensetzung Markt Erbringt Leistungen, die über Geld nachgefragt werden können Qualität entsteht vor Ort Sozialwirtschaft Wohlfahrtsverbände, Aufgaben werden über das Subsidiaritätsprinzip übertragen Primäre Netze Hilfeleistung aufgrund gegenseitiger Verpflichtung in langandauernden Beziehungen Zivilgesellschaft Initiator neuer Politikformen Koproduzent sozialer Leistungen Prof. Dr. Theresia Wintergerst 5
6 Gemeinsam im Dorfentwicklungsprozess Infrastruktur weiterentwickeln Infrastruktur überschaubar machen Die gesamte örtliche und überörtliche Infrastruktur für alle Bürger und Bürgerinnen nutzbar machen Prof. Dr. Theresia Wintergerst 6
7 Über die Entwicklung von tragfähigen Zusammenarbeitsstrukturen welche Trägerstruktur für Koordinierungs-, Vernetzungs-, und Beratungsleistungen ist sinnvoll? Es gibt verschiedene Typen von Governancestrukturen mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen Prof. Dr. Theresia Wintergerst 7
8 Einblick in die Praxisforschung: Verschiedene Typen von Governance-Strukturen Organisationsorientierte Governance-Strukturen Beispiel: Bürgergemeinschaft Eichstetten Vorteil: Breite Verankerung in der Bevölkerung Organisationsorientierte Governance-Struktur Soziales Netzwerk Feldkirchen- Westerham e.v. Vorteil: Keine Konkurrenz zu bestehenden Trägern, da juristische Personen als Mitglied Kommunal orientierte Governance-Struktur Sozialforum Wasserburg mit Bürgerbahnhof Vorteil: Bei entschlossener Kommune schneller in der Gründung Prof. Dr. Theresia Wintergerst 8
9 3 Gestaltungsebenen von partizipativer Governance 3. Angebots-, Leistungs-, Projektespektrum 2. Servicestruktur 1. Beteiligungsstruktur Prof. Dr. Theresia Wintergerst 9
10 Soziale Dorfentwicklung darf nicht alltagsvergessen sein Wer am sozialen Eingebundensein der Bürgerinnen und Bürger interessiert ist, sollte sich für deren Alltag interessieren Für die Teilhabe kann Assistenz nötig sein: Mobilitätshilfen Haushaltsnahe Unterstützung Betreuung Außerhäusliche Treffpunkte Weil diese Unterstützungsleistungen so entscheidend für die Teilhabe aller sind, ist ihre Unterstützung nicht von zufällig vorhandenen informellen nachbarschaftlichen Beziehungen abhängig zu machen Eine solidarische Dorfgesellschaft organisiert Assistenzsysteme Prof. Dr. Theresia Wintergerst 10
11 Rechtsformen für den solidarischen Tausch von alltagsnahen Unterstützungsleistungen Der Verein kann nicht alle Austauschprozesse abbilden. Die Genossenschaft ist hochschwellig und teuer! Wo bleibt die Kooperationsgesellschaft? Wo bleiben die neuen Rechtsformen? Im Koalitionsvertrag steht: Wir wollen die Gründung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement (z.b. Dorfläden, Kitas, altersgerechtes Wohnen, Energievorhaben) erleichtern. Für solche Initiativen soll eine geeignete Unternehmensform im Genossenschafts- oder Vereinsrecht zur Verfügung stehen, die unangemessenen Aufwand oder Bürokratie vermeidet. Dass dieses Vorhaben bisher nicht umgesetzt wurde, hemmt soziale Innovationen, die Sicherstellung der Daseinsvorsorge unter Beteiligung der Zivilgesellschaft vor allem in ländlichen Gebieten und die notwendige Infrastrukturentwicklung in einer alternden Gesellschaft. Prof. Dr. Theresia Wintergerst 11
12 Zwischen Planungsbeteiligung und sozialer Koproduktion redlich planen! Pol Planungsbeteiligung Pol soziale Koproduktion Prof. Dr. Theresia Wintergerst 12
13 Zwischen Planungsbeteiligung und sozialer Koproduktion redlich planen! Planer/innen müssen offen damit umgehen, ob eine Planungsbeteiligung oder eine soziale Koproduktion erwartet wird Bei einer gewünschten Beteiligung an der sozialen Koproduktion muss offen verhandelt werden, wer sich unter welchen Umständen dauerhaft an der Erbringung von sozialen Diensten beteiligt Es gibt verschiedene ehrenamtliche Muster, z.b. mit und ohne Aufwandsentschädigung Ein vertretbarer Bürger-Profi-Mix muss entworfen werden Prof. Dr. Theresia Wintergerst 13
14 Planung entlang der Generationen Kinder und Jugendliche Mittlere Lebensphase Nachberufliche Phase Lebensqualität vor Ort Lebensqualität vor Ort Lebensqualität vor Ort Was wollen wir verbessern? Was wollen wir verbessern? Was wollen wir verbessern? nicht primär problemorientiert jeder kann sich zuordnen aktivierend Bewusstsein für verschiedene Lebenslagen innerhalb der Generation nötig Prof. Dr. Theresia Wintergerst 14
15 Literatur: John Dewey (2001): Die Öffentlichkeit und ihre Probleme. Berlin/Wien: Philo Verlagsgesellschaft mbh. Titel der Originalausgabe: John Dewey (1946): The Public and its Problems Eva Lang, Theresia Wintergerst (2011): Am Puls des langen Lebens, Soziale Innovationen für die alternde Gesellschaft, ökom verlag Theresia Wintergerst (2014): Zur Ethik der sozialen Innovation Das handlungsfähige Wir bei Elinor Ostrom als Grundlage der Nachhaltigkeitstransformation; in: Manfred Miosga, Sabine Hafner (Hrsg.): Regionalentwicklung im Zeichen der Großen Transformation, Strategien für Ressourceneffizienz, demografischen Wandel und Innovationsfähigkeit, ökom verlag Theresia Wintergerst (2015): Kooperationsmanagement als Kernkompetenz der Nachhaltigkeitstransformation; in: Sabine Hafner, Manfred Miosga (2015): Regionale Nachhaltigkeitstransformation; Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft im Dialog, ökom verlag Theresia Wintergerst (2015): Nachhaltige Nachbarschaftshilfen, Solidarische Tauschwelten für das Alter; in: Impulse zur Zukunft des ländlichen Raums in Bayern, Positionen des Wissenschaftlichen Kuratoriums der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum 2014 / 2015 Theresia Wintergerst (2017): Die erstickte Solidarität wo bleibt die versprochene Kooperationsgesellschaft? Auch Seniorengenossenschaften werden durch die ausbleibende Weiterentwicklung von Rechtsformen für bürgerschaftliche Initiativen an ihrer Entwicklung gehindert, in: npor Zeitschrift für das Recht der Non-Profit-Organisationen, 1/ 2017 Schriftleitung: Prof. Dr. Weitemeyer Prof. Dr. Theresia Wintergerst 15
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