Rede Innenminister Lorenz Caffier zur Ersten Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktionen CDU und SPD zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes
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- Gertrud Adler
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1 Rede Innenminister Lorenz Caffier zur Ersten Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktionen CDU und SPD zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes Schwerin, Es gilt das gesprochenen Wort! die Koalitionsfraktionen haben uns für die heutige Landtagssitzung den Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes zur Ersten Lesung vorgelegt. Ich bin den Koalitionsfraktionen dankbar für ihre Initiative und begrüße diesen Gesetzentwurf ausdrücklich. Erst jetzt ist der Gesetzentwurf als Drucksache für alle zugänglich. Doch noch bevor sich die Landtagsabgeordneten und der interessierte Bürger ein Bild von dem Gesetzentwurf machen konnten, was ist Gegenstand des Gesetzentwurfes, was wollen wir regeln, was soll geändert oder konkretisiert werden, wurden einige der neuen Vorschläge in der vergangenen Woche schon heftig in der Presse und im Rundfunk diskutiert. Lassen Sie mich nur einige Schlagzeilen zitieren. So stand in der Schweriner Volkszeitung vom 3. September ich zitiere: Datenschützer warnt vor Polizeigesetz Ende des Zitats. Die Ostseezeitung betitelte am 2. September ihren Artikel mit der Überschrift ich zitiere: Land schafft Elektroschocker gegen Demonstranten an Ende des Zitats. Auch der Norddeutsche Rundfunk hat sich an der Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern Alexandrinenstraße Schwerin Telefon: Telefax: presse@im.mv-regierung.de Internet: V. i. S. d. P.: Marion Schlender
2 Diskussion beteiligt und so war auf seiner Internetpräsentation unter Anderem zu lesen ich zitiere: Großer Lauschangriff blieb aus Ende des Zitats. 2 Bevor der jetzt zu diskutierende Gesetzentwurf als Landtagsdrucksache der Öffentlichkeit zugänglich war, wurde in den Medien mit zum Teil dramatischen aber auch unwahren Informationen versucht, eine negative Stimmung gegen diesen Gesetzentwurf zu entwickeln. Dies verwundert mich umso mehr, als dass wir alle in diesem Zusammenhang gestellten Anfragen der Presse umfänglich und korrekt beantwortet haben. Also, sehr geehrte Damen und Herren, nutze ich die Gelegenheit der Landtagsdebatte, Ihnen die Eckpunkte dieser Novelle zu erläutern aber auch das Eine oder Andere richtigzustellen. Ganz besonders aber möchte ich Sie bitten, den Gesetzentwurf kritisch zu lesen und sich eine eigene, unbeeinflusste Meinung zu bilden. zunächst gibt es eine zeitliche Notwendigkeit für eine Novelle des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes. Einige Regelungen im Sicherheits- und Ordnungsgesetz wurden durch den Landtag seinerzeit bis Mitte 2011 befristet. Diese Regelungen sollen nach dem Willen der Koalitionsfraktionen entfristet werden. Diese Entscheidung ist konsequent richtig und notwendig. Denn alle drei Regelungen haben sich in der Praxis bewährt und auch ich bin der festen Überzeugung, dass sie fortgelten müssen. Machen wir uns doch nichts vor. Skrupellose Straftäter suchen sich immer neue Wege und Methoden, um ihre Taten zu begehen. Eine Gefahrenabwehr kann letztlich nur dann erfolgreich sein, wenn auch der Gesetzgeber bereit ist, den Sicherheitsbehörden ein Regelwerk an die Hand zu geben, das den Einsatz moderner technischer Mittel gestattet. Würden wir die Regelungen zur Bild- und Tonaufzeichnung zur präventiven Telekommunikationsüberwachung oder zum Einsatz von
3 Kfz-Kennzeichen-Lesesystemen Mitte nächsten Jahres auslaufen lassen, wäre dies ein nicht hinnehmbarer Rückschritt für die Arbeit der Sicherheitsbehörden. 3 Ich möchte Ihnen kurz skizzieren, was sich hinter der beabsichtigten Entfristung der eben von mir genannten drei Regelungen verbirgt. Die Möglichkeit der Bildbeobachtung und Bildaufzeichnung in 32 Absatz 3 gibt es bereits seit Inkrafttreten des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes im Jahre Sie wurde von den kommunalen Ordnungsbehörden und der Polizei in zahlreichen Fällen genutzt. Im Übrigen wird sie nicht konspirativ durchgeführt, wie in der Presse zu lesen war. Das Sicherheits- und Ordnungsgesetz erlaubt seit je her nur eine offene, das heißt für jedermann erkennbare Beobachtung und Aufzeichnung und dies soll auch in Zukunft so bleiben. Vielmehr wird die Vorschrift weiter konkretisiert: es soll nunmehr auch gesetzlich festgelegt werden, dass für die Bildbeobachtung konkrete Anhaltspunkte für ein die öffentliche Sicherheit schädigendes Ereignis vorliegen. Insofern kann von verdachtsunabhängigen Videoüberwachungen absolut nicht die Rede sein. Die Telekommunikationsüberwachung in 34 des Gesetzentwurfes hat sich zu einem unverzichtbaren Instrument bei der Gefahrenabwehr entwickelt. Gerade Standortfeststellungen von Mobiltelefonen sind bei der Suche nach vermissten Personen oder auch Jugendlichen und suizidgefährdeten Personen sehr erfolgreich. Dabei gelingt es häufig, Gefahren für Leib und Leben der betroffenen Personen abzuwehren. Auch der Einsatz eines Kennzeichen-Lese-System wurde bisher kontrovers diskutiert. Die Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern hat ein Kennzeichen-Lese- System in einem Pilotversuch im grenznahen Raum zu Polen getestet.
4 Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den vergleichbaren Regelungen in Hessen und in Schleswig- Holstein, die für nichtig erklärt wurden, haben wir diesen Pilotversuch unter eingeschränkten Bedingungen durchgeführt. Es ist für mich selbstverständlich, dass sich das Innenministerium und die Polizeibehörden streng an die Vorgaben der Verfassung halten. Der Pilotversuch hat dennoch überzeugend bewiesen, dass das Kennzeichen- Lese-System gerade im Grenzgebiet und auf den Autobahnen geeignet ist, Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren und Straftaten zu verhindern. Die auf der Bundesautobahn 20 verstärkt durchgeführten allgemeinen Verkehrskontrollen haben gezeigt, dass Diebesgut aus West- und Nordeuropa nach Osteuropa über die Autobahnen verbracht wird und Mecklenburg- Vorpommern immer häufiger als Transitland für Kriminalität genutzt wird. Selbstverständlich wurde die Regelung nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes ausgestaltet. Der jetzt vorliegende Entwurf orientiert sich maßgeblich an der Regelung des Landes Brandenburg, welches vom Bundesverfassungsgericht als eine die Verhältnismäßigkeit wahrende Regelung eingestuft wird. 4 ich hoffe deutlich gemacht zu haben, dass weder die Koalitionsfraktionen noch das Innenministerium die notwendige Novelle des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes nutzen wollen, um die befristeten Vorschriften zu verschärfen. Das ist eindeutig nicht der Fall. Vielmehr wurden die Regelungen konkretisiert und an Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes angepasst. eine neue Regeleung, die in das Sicherheits- und Ordnungsgesetz aufgenommen werden soll, wurde bereits von den Medien aufgegriffen. Ich spreche hier die Einführung von Distanz-Elektroimpulsgeräten, den so genannten Tasern an. Hierbei werden aus einem pistolenartigen Gerät Pfeile verschossen, die aufgrund eines schwachen, hochfrequenten Stroms die getroffene Person kurzzeitig und sofort handlungsunfähig machen.
5 Ziel ist es, einen Täter augenblicklich außer Gefecht zu setzen, ohne dass dieser schwere oder lebensbedrohliche Verletzungen davonträgt, wie sie regelmäßig durch eine Schusswaffe hervorgerufen werden könnten. Erst in der vergangenen Woche konnten Beamte eines Spezialeinsatzkommandos in Rheinland-Pfalz eine Geiselnahme durch den Einsatz eins Tasers gegenüber dem Geiselnehmer unblutig beenden. Vor diesem Hintergrund stellt der Taser im Vergleich zur Schusswaffe ein milderes Mittel dar. Er soll auch nur von Spezialeinheiten in bestimmten Einsatzlagen, wie zum Beispiel bei Geiselnahmen oder Amokläufen eingesetzt werden. Ich bitte ferner in der öffentlichen Debatte zu berücksichtigen, dass die Beamten, die einen Taser einsetzen sollen, für die Anwendung dieses Gerätes ein spezielles Training erhalten. Ebenso ist vorgesehen, dass, sollte die Notwendigkeit eines Tasereinsatzes bestehen, die hinzugezogene Spezialeinheit von einem ausgebildeten Sanitäter begleitet wird. 5 ich hoffe, damit deutlich gemacht zu haben, dass es sich nicht wie in der Presse verlautbart, um elektronische Schlagstöcke, die bei Demonstrationen eingesetzt werden sollen, handelt. Vielleicht gelingt es uns, in dieser parlamentarischen Debatte auch die Diskussion über solche Einsatzgeräte zu versachlichen. Mit dem 31a des vorliegenden Gesetzentwurfes wollen wir eine neue Befugnis für die Polizeibehörden schaffen. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, zur Identifizierung hilfloser Personen und Vermisster sowie unbekannter Toter auf die molekulargenetische Untersuchung zurückgreifen zu können. Die DNA-Analyse ist in manchen Fällen die einzige Möglichkeit auch für die Angehörigen - Gewissheit über den Verbleib eines Familienmitgliedes zu erhalten. In den Fällen, in denen eine Straftat ausgeschlossen werden kann, gab es bislang keine Rechtsgrundlage für eine derartige Untersuchung. Im
6 Übrigen setzt diese Maßnahme die Mitwirkung eines Richters voraus. 6 Im Weiteren sieht der vorgelegte Gesetzentwurf in einigen Vorschriften vor, die Rechte der von polizeilichen Maßnahmen Betroffenen zu stärken. Die Polizei wird in größerem Umfang verpflichtet, die Betroffenen über gegen sie gerichtete Maßnahmen zu unterrichten. Sie sollen damit die Möglichkeit erhalten, die Maßnahme wenigstens im Wege nachträglichen Rechtsschutzes überprüfen lassen zu können. Vor diesem Hintergrund sind die öffentlichen Vorwürfe des Landesbeauftragten für den Datenschutz nicht zu verstehen, ja geradezu kontraproduktiv. Folgt man hier dem Landesbeauftragten, geht der Datenschutz vor Gefahrenabwehr. Das jedoch ist mit einem Innenminister Lorenz Caffier nicht zu machen. Ferner nutzen wir die Novelle des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes, so wie sie Ihnen heute vorliegt, auch dazu, europäisches Recht in nationales Recht umzusetzen. Ich spreche hier den sogenannten Ratsbeschluss von Prüm an, der eine Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beinhaltet. Die Gesetzesänderung sieht vor, dass ausländische Polizeivollzugsbeamte in Mecklenburg-Vorpommern Amtshandlungen vornehmen können und Polizeivollzugsbeamte aus unserem Land auch außerhalb der Bundesrepublik tätig werden können. Ich finde es richtig, dass wir diese Regelungen im Sicherheitsund Ordnungsgesetz verankern, obwohl ich der festen Überzeugung bin, dass wir gerade, wenn wir unsere Zusammenarbeit mit den polnischen Sicherheitsbehörden betrachten, hier keinen Nachholbedarf haben. ich hoffe, mit meinen Ausführungen deutlich gemacht zu haben, dass es sich bei dem Ihnen vorliegenden Entwurf nicht um eine Verschärfung von Polizeirecht handelt. Es geht um die Novelle des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes unseres Landes. Wir wollen es moderner machen, an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des EU-Rechtes anpassen und damit den Beamtinnen und Beamten auf der
7 Straße einen Handlungsrahmen mitgeben, in dem sie sicher und klar zu unserem Schutz ihre Aufgaben erfüllen können. 7 Lassen Sie mich abschließend noch auf einen unverständlichen öffentlichen Einwurf zu dem Gesetzesentwurf eingehen. Da gab es den Hinweis, manche Vorschriften seien unnötig, weil sie zu wenig angewandt worden seien. Dazu kann ich Ihnen aber Folgendes sagen: Einige Vorschriften stellen wegen ihrer Eingriffsqualität, nämlich den Eingriff in Rechte der Betroffenen, sehr hohe Voraussetzungen an ihre Anwendung. Dessen ist sich die Polizei auch bewusst und geht mit ihnen folglich außerordentlich verantwortungsbewusst um. Aber selbst wenn einige Vorschriften nur selten angewandt wurden, so kann man deren Notwendigkeit doch nicht in Abrede stellen. Denn wenn nur in einem einzigen Fall die körperliche Unversehrtheit oder gar ein Leben geschützt werden konnte, hat sich doch so eine Vorschrift bewährt. Wir sollten vielmehr froh sein, dass die Sicherheitslage in unserem Land nicht ein häufigeres Zurückgreifen der Polizei auf diese Möglichkeiten erfordert. Niemand würde doch auf die Idee kommen, die Feuerwehr abzuschaffen, weil es Jahre nicht gebrannt hat. Auch insoweit bitte ich alle, hier eine sachliche Diskussion über den Gesetzentwurf zu führen. Mit dem In-Kraft-Treten dieses Änderungsgesetzes wird Mecklenburg-Vorpommern über ein modernes Polizeigesetz verfügen. Unsere Polizeibeamtinnen und - beamten sowie die Mitarbeiter der Ordnungsbehörden benötigen diese Eingriffsbefugnisse, um Gefahren effektiv entgegentreten zu können.
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