Synthese von funktionellen Hybridnanopartikeln und Verkapselung von Aktiv- und Wirkstoffen mittels Miniemulsionspolymerisation

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1 Synthese von funktionellen Hybridnanopartikeln und Verkapselung von Aktiv- und Wirkstoffen mittels Miniemulsionspolymerisation Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades Dr. rer. nat. der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Ulm vorgelegt von Sonja Theisinger aus Kaiserslautern Ulm, 2008

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3 Amtierender Dekan Herr Prof. Dr. Peter Bäuerle 1. Gutachterin Frau Prof. Dr. Katharina Landfester 2. Gutachter/in Frau Prof. Dr. Nicola Hüsing Tag der Promotion

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5 "Alles Wissen und alles Vermehren unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt, sondern mit einem Fragezeichen." Hermann Hesse

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7 I Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Theorie und Grundlagen Kolloidale Systeme Die Stabilisierung kolloidaler Systeme Emulsionen Herstellung einer Miniemulsion Stabilität von Emulsionen Stabilisierung von Miniemulsionen Emulsionspolymerisation (Makro)Emulsionspolymerisation Miniemulsionspolymerisation Kinetik einer radikalischen Emulsionspolymerisation Kinetik einer radikalischen Miniemulsionspolymerisation Herstellung von Polymer-Polymer-Hybridnanopartikeln mittels Miniemulsionspolymerisation Phasenseparation Phasenseparation einer Polymerlösung, Flory-Huggins-Theorie Phasenseparation zweier nicht mischbarer Phasen in einem Tröpfchen Separation in einem Polymer-Polymer-Partikel und daraus resultierende Partikelmorphologien Verkapselung Verkapselung mittels Emulsionspolymerisation Verkapselung mittels Miniemulsionspolymerisation Freisetzung von Aktiv- und Wirkstoffen aus Nanopartikeln und Mikrokapseln Der Duftstoff Gardamid TM Das Biozid IPBC Messmethoden Dynamische Lichtstreuung Transmissions-Elektronenmikroskopie

8 II 3.3 Atomkraftmikroskopie Gel-Permeations-Chromatographie Hochleistungsflüssigkeitschromatographie Differenzial-Raster-Kalorimetrie Das Reaktionskalorimeter Thermogravimetrische Analyse Ergebnisse und Diskussion Verkapselung des Duftstoffes Gardamid TM Verkapselung von Gardamid TM in den Homopolymeren Polystyrol und PMMA Kinetik der Polymerisation Verkapselung von Gardamid TM in P(S-co-BMA) und P(MMA-co-2- EHA) Charakterisierung des Einflusses der Aktivstoffmenge auf die Glasübergangstemperatur des (Co)Polymers Freisetzung von Gardamid TM aus den Polymerpartikeln Verkapselung des Biozides IPBC Verkapselung von IPBC in PMMA Kinetik der Polymerisation Verkapselung von IPBC in P(MMA-co-HEMA) und P(S-co- HEMA) Verkapselung von IPBC in PMMA unter der Zugabe eines Alkydharzes Freisetzung des IPBC aus den Hybridpartikeln Darstellung von Alkyd-Acrylat-Hybridnanopartikeln Herstellung der Proben mit der Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/ Herstellung und Charakterisierung der Miniemulsionen Polymerisation der Miniemulsionen der Monomermischung 1 und des Alkydharzes SETAL 293XX Kinetik der Polymerisation und Bestimmung des Monomerumsatzes in Abhängigkeit des Alkydharz-Gehaltes der Proben Reduktion der Restmonomergehalte der Proben Einfluss der BA-Konzentration Herstellung einer Kleberzusammensetzung.. 106

9 III Verwendung unterschiedlicher BA-Konzentrationen in der Monomermischung Kinetik der Polymerisation und Bestimmung des Monomerumsatzes in Abhängigkeit des BA-Gehaltes der Monomermischung Bestimmung des Anteils des gebildeten Pfropfcopolymers durch Extraktion Analyse der durch Pfropfungsreaktionen verbrauchten Zahl der Doppelbindungen des Alkydharzes Bestimmung der Partikelmorphologie Bestimmung der Partikelmorphologie der Proben der Lackzusammensetzung (MMA/BA/AS 49.5/49.5/1) mittels TEM Bestimmung der Partikelmorphologie der Proben der Lackzusammensetzung (MMA/BA/AS 49.5/49.5/1) mittels FRET Bestimmung der Phasenverteilung im Partikel der Lackzusammensetzung (MMA/BA/AS 49.5/49.5/1) mittels AFM Bestimmung der Morphologie von Hybridpartikeln mit variierendem BA- Anteil in der Monomermischung Variation des Molekulargewichtes des Alkydharzes Variation des Initiators Experimentalteil Verkapselung von Aktiv- und Wirkstoffen Verkapselung des Duftstoffes Gardamid TM Verkapselung von Gardamid TM in den Homopolymeren PS und PMMA Verkapselung von Gardamid TM in P(S-co-BMA) und P(MMA-co-2- EHA) Kinetik der Polymerisation einer MMA- und einer MMA/Gardamid TM - Miniemulsion Freisetzungskinetik von Gardamid TM aus den Polymerpartikeln Verkapselung des Biozides IPBC Verkapselung von IPBC in PMMA Verkapselung von IPBC in P(MMA-co-HEMA) und P(S-co-HEMA) Verkapselung von IPBC in PMMA unter Zugabe eines Alkydharzes Kinetik der Polymerisation 148

10 IV Freisetzungskinetik von IPBC aus den Hybridpartikeln Darstellung von Alkydharz-Acrylat-Hybridnanopartikeln Fraktionierte Fällung eines Alkydharzes Darstellung von Polymer/Polymer-Hybridnanopartikeln Lackzusammensetzung Kleberzusammensetzung Andere Monomermischungen Synthese von Proben für FRET-Untersuchungen Kinetik der Polymerisation Kalorimetrische Verfolgung der Polymerisation Gravimetrische Umsatzbestimmung der Polymerisation Quantifizierung der Restmonomergehalte mittels HPLC Quantifizierung des P(Alkyd-g-Acrylat)-Anteiles durch Extraktion Quantifizierung der Anzahl polymerisierter Doppelbindungen im Alkydharz Charakterisierung der Morphologie mittels TEM Negativkontrastierung der Proben Einbettung der Polymer/Polymer-Partikel in EPON und Anfertigung von Ultradünnschnitten Bestimmung des Gelanteiles der Polymer/Polymer-Hybridnanopartikel Zusammenfassung Summary Anhang Literaturverzeichnis 171 Danksagung 175 Lebenslauf 177 Publikationsliste 178 Erklärung 179

11 1 1 Einleitung Bereits 1838 wurde die Umsetzung von flüssigen Substanzen wie Olefinen und Diolefinen unter der Einwirkung von Hitze, Licht oder katalytisch aktiven Substanzen in eine hochviskose oder feste Form beschrieben [1, 2]. Heute finden Polymere eine vielfältige Anwendung in unserem Alltag. Von den in der Natur vorkommenden Polymeren liegt Kautschuk als eine milchige Polymerdispersion vor. Der Begriff Latex (vom lat. lac = Milch), welcher kolloidale Suspensionen von synthetisch hergestellten Polymeren beschreibt, zeugt noch heute von dem industriellen Bestreben, solche Kautschuk-Dispersionen synthetisch zugänglich zu machen. Die Suspensionspolymerisation als ein Verfahren hierzu wurde 1909 patentiert [3] wurde die Verwendung von Seife und ähnlichen Substanzen wie Alkalisalze von Fettsäuren zur Stabilisierung solcher Dispersionen patentrechtlich geschützt [4]. Somit konnten erstmals stabile Polymerdispersionen mittels der Emulsionspolymerisation erhalten werden. Bald konnten auf diese Weise auch substituierte Vinylverbindungen wie Acetonitril und Styrol in einer Emulsion polymerisiert werden [5, 6]. In den nachfolgenden Jahren wurde die Emulsionspolymerisation von Vinylacetat und Acrylaten erforscht, die erste Polyacrylatdispersion wurde 1953 von der Firma Rohm und Haas als Farbenbindungsmittel auf den Markt gebracht [7]. Seither haben sich Polyacrylate als Bindungsmittel in einer Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten wie Tinten, Poliermittel und Lacke durchgesetzt. In den letzten Jahrzehnten wandelte sich das Interesse der Forschung auf dem Gebiet der Emulsionspolymerisation in Richtung von funktionellen Polymerdispersionen. Solche funktionellen Polymerdispersionen enthalten Hybridpartikel, in denen generell zwei oder mehrere Materialen gemeinsam vorliegen. Dabei handelt es sich meist zum einen um ein Polymer, zum anderen ist eine Vielzahl von organischen, polymeren oder anorganischen Materialen einsetzbar. Das dem Polymer dabei zugesetzte Material soll die Eigenschaften des späteren Produktes verbessern. Hybridpartikel aus Silikaten und Polymeren sollen zum Beispiel bessere mechanische Eigenschaften oder verbesserte Sperrschichteigenschaften des späteren Produktes erzielen [8], um die Durchlässigkeit von Kunstoffflaschen für Kohlensäure zu verringern. Die Haltbarkeit des darin enthaltenen Produktes wird auf diese Weise erhöht. Umschließt in solchen Hybridpartikeln das Polymer ein anorganisches oder organisches Material, spricht man auch von Verkapselung. Die Forschung auf dem Gebiet der Verkapselung begann 1956 mit der Herstellung von farbstoffhaltigen Mikrokapseln, eingesetzt in rußfreiem Durchschriftpapier [9]. Heute werden solche Kern-Schale-Partikel vermehrt hergestellt, um als Depot-Systeme instantan oder auch über längere Zeiträume Substanzen freizusetzen [10]. Die Miniemulsionspolymerisation als eine in-situ Polymerisationsmethode ist von hohem Interesse zur Verkapselung einer Vielzahl von Stoffen. Ihr Vorteil ist, dass sie ohne die Verwendung von organischen Lösungsmitteln und mit geringsten Mengen an Tensid arbeitet.

12 2 Einleitung Die erhaltenen Partikel haben eine Größenverteilung von nm und liegen in dem umweltfreundlichen Lösungsmittel Wasser vor ( green chemistry ). Heute reicht das Gebiet solcher mittels Miniemulsionspolymerisation verkapselter Stoffe vom Photoinitiator TPO [11] bis hin zu Füllstoffen wie Titandioxid [12-16], Farbpigmenten [17, 18], kolloidalem Silika [19-21] und Schichtsilikaten [22, 23]. Deswegen sind Polymerdispersionen heute weit mehr als einfache Lacke oder Bindemittel, sie können mittels moderner Methoden funktionalisiert werden. Die Verkapselung von Aktivund Wirkstoffen wie zum Beispiel Duftstoffe und Biozide in Polymeren ist von hohem Interesse für die Farb- und Lackindustrie. Duftstoffe finden in Haushaltsreinigern, Kosmetikprodukten, Raumsprays und Waschmitteln Anwendung. Biozide werden Holzschutzmitteln, Lebensmitteln und Kosmetika zugesetzt. Der Nachteil dieser Produkte liegt in dem schnellen Verlust ihrer Aktivität. Die Verkapselung leicht flüchtiger Substanzen ebenso wie die Verkapselung von Bioziden und Pestiziden in einem Polymer, welches gleichzeitig als Lackbildner oder Bindemittel agiert, ermöglicht eine Langzeitanwendung durch eine langfristige und gleichmäßige Freisetzung dieser Wirkstoffe in einer Vielzahl von Produkten. Hybriddispersionen bieten die Möglichkeit, ältere Produkte durch modernere, umweltfreudlichere zu ersetzen. Farben, Lacken oder Klebstoffen werden oft Filmbildner in Form von hochsiedenden Kohlenwasserstoffen oder Glykolen zugesetzt, um die Filmbildungseigenschaften des Produktes zu verbessern. Diese Zusätze sind aus umweltschutztechnischen, gesundheitlichen und sicherheitstechnischen Aspekten jedoch technisch nicht erwünscht und sollen daher durch wasserbasierte Produkte ersetzt werden [24]. Mit der Einführung der EU-Verordnung (1999/13/EG), die 2001 in deutsches Recht übernommen wurde (31. Bundes-Immissionsschutzverordnung, BImSchV), nahm der umweltpolitische Druck auf die Industrie gegen die Verwendung von flüchtigen organischen Lösungsmitteln (VOC = volatile organic compounds) weiter zu. Um den Einsatz von VOC s zu verringern, wird heute intensiv an der Substitution von lösungsmittelbasierten Produkten durch ihre wasserbasierten Analoga geforscht; dies kann durch die Herstellung funktioneller Hybriddispersionen erreicht werden. So liegen beispielsweise viele künstliche Harze wie Harnstoff-Formaldehyd-Harze, Phenol-Formaldehyd-Harze, Melamin-Formaldehyd-Harze, Epoxidharze und Alkydharze, die bereits seit Jahren als Lacke Anwendung finden, als lösungsmittelbasierte Systeme vor. Die Kombination dieser Polymere mit einem zweiten Polymer soll die Vorteile der einzelnen Polymere vereinen, den Einsatz von flüchtigen organischen Substanzen ausschließen oder weitestgehend reduzieren und gleichzeitig die Nachteile beider Produkte eliminieren. In den letzten Jahren nahm die Zahl der Publikationen, die von der Herstellung von Polyacrylat-Alkydharz-Dispersionen handeln, rapide zu. Jedoch zeigte sich bald, dass Blends aus beiden Polymeren uneinheitliche trübe Filme ausbilden, was für die späteren Produkteigenschaften nicht wünscheswert ist [25, 26]. Vorteilhafter ist es hingegen, beide Polymere im Partikel im mikroskopischen Bereich gemischt vorliegen zu

13 Einleitung 3 haben, um die Inkompatibilität beider Polymere und die damit verbundene Entmischung im Makromaßstab zu vermeiden [27]. Durch Modifizierung der Polymere durch Aufpfropfen geringer Mengen eines Polymers B an funktionelle Gruppen des Polymers A kann zwischen beiden Polymeren vermittelt werden. Man erhält dadurch so genannte Polymerlegierungen [26]. Viele gängige Alkydharze werden unter Verwendung natürlicher Öle hergestellt, wobei meist einfach oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren zugesetzt werden. Die in diesen Fettsäureresten vorhandenen Doppelbindungen können genutzt werden, um eine Polymerlegierung durch Aufpfropfen des Polyacrylates an das Alkydharz zu erhalten. Dadurch kann zwischen diesen beiden nicht mischbaren Polymeren vermittelt werden. Die Miniemulsionspolymerisation bietet die Möglichkeit, Acrylate und Methacrylate in Anwesenheit eines Alkydharzes gemeinsam in einem Tropfen zu polymerisieren und somit Pfropfungsreaktionen möglich zu machen [28]. Da die Partikelnukleierung im Gegensatz zur Emulsionspolymerisation im Tropfen stattfindet, die Monomerdiffusion unterdrückt und die Polymerisation in-situ durchgeführt wird, d.h. Alkydharz und Monomer zu Beginn der Polymerisation im gleichen Tropfen vorliegen, können so auch hydrophobe Substanzen wie Alkydharze mit hohem Molekulargewicht eingesetzt werden [29]. Das Acrylat/Alkydharz- Verhältnis bleibt während der Polymerisation konstant, die erhaltenen Hybridpartikel enthalten beide Polymere sowie das entsprechende Pfropfcopolymer. Ziel dieser Arbeit war es, funktionelle Hybridpartikel mit einstellbarer Morphologie mittels Miniemulsionspolymerisation herzustellen, in denen der Aktivstoff Gardamid TM oder der Wirkstoff IPBC in einer polymeren Matrix eingeschlossen vorliegen, um eine Langzeitfreisetzung für spätere Anwendungen in Farben und Lacken zu erreichen. Die Reaktionskinetik der Verkapselung, die Eigenschaften der erhaltenen Hybridpartikel und die Freisetzung dieser Aktiv- und Wirkstoffe in Abhängigkeit von ihrem Gehalt im Partikel sollte untersucht werden. Von hohem Interesse war hier die Untersuchung des Einflusses der Reaktionsparameter auf die Morphologie der Hybridpartikel, da diese die Eigenschaften des späteren Produktes, wie beispielsweise die Freisetzung des verkapselten Stoffes, beeinflusst. Die Verkapselung kristalliner Materialen stellt hierbei eine besondere Herausforderung dar, da es hier besonders wichtig ist, die Partikelmorphologie zu kontrollieren und somit einen vollständigen Einschluss der kristallinen Komponente zu erreichen, um das Ausbilden großer Kristallite des Wirkstoffes IPBC zu vermeiden. Durch Variation des Polymers sollten funktionelle Hybridpartikel für die Anwendung bei verschiedenen Temperaturen hergestellt werden, die eine definierte Freisetzung des verkapselten Materials in der gewünschten Menge ermöglichen. Zum anderen wurden Polymer/Polymer-Hybridnanopartikel hergestellt, indem eine Acrylatmischung unter Anwesenheit verschiedener Mengen eines Alkydharzes mittels Miniemulsionstechnik polymerisiert wurde. Das Ziel war eine vollständige Charakterisierung der Miniemulsionen und der resultierenden Polymerdispersionen in Abhängigkeit des Alkydharz-Gehaltes der Proben sowie eine Aufklärung des Einflusses von

14 4 Einleitung Reaktionsparametern wie der Temperatur, der Initiatorart und der Monomerzusammensetzung auf die Partikelmorphologie und wiederum deren Einfluss auf die Filmbildungseigenschaften der Hybriddispersion.

15 5 2 Theorie und Grundlagen 2.1 Kolloidale Systeme Der Begriff Kolloid (von griech.: kolla = Leim u. eidos = Form, Aussehen) bezeichnet die trübe, leimartige Konsistenz der schon seit dem Altertum in Form von Nebel, Rauch, Schaum, Milch, Blut, Tinten und Farben bekannten Heterophasensysteme, und wurde von Graham (1861) geprägt. Er bezeichnet damit Stoffe wie Stärke oder Gelantine, die schwer durch eine Pergamentmembran diffundieren [30]. Die Graham sche Einteilung bezieht sich nicht auf einheitliche Substanzen, sondern vielmehr Erscheinungen, die auftreten, wenn zwei oder mehrere chemische Stoffe miteinander in Beziehung stehen [31]. Die heute gebräuchliche Definition der Kolloide wurde von Staudinger, Stauff, Ostwald, Landau, Derjaguin u.a. geprägt [32, 33]. Im Jahre 1971 erschien der Vorschlag der IUPAC (International Union of Pure and Applied Chemistry) zur Bezeichnung von kolloidalen Systemen [34, 35]. Kolloide weisen nach dieser Definition Größen im Bereich einiger Nanometer ( nm) auf. Dieser Bereich liegt zwischen der molekularen Dimension (homogene Systeme wie Mischungen kleiner Moleküle, Größenbereich < 1 nm) und der Dimension, in der makroskopisch unterscheidbare Heterogenitäten (Makroemulsionen, Dispersionen, Größenbereich 1 µm - 1 mm) erkennbar sind. Wurde der kolloidal-disperse Zustand 1914 von Wolfgang Ostwald aufgrund der fehlenden Charakterisierungsmethoden noch als Welt der vernachlässigten Dimensionen bezeichnet [30], so können kolloidal-disperse Systeme heute mittels Ultramikroskopie, Elektronenmikroskopie und Kernresonanzspektroskopie charakterisiert werden [33]. Staudinger klassifizierte die Kolloide nach thermodynamischen und strukturellen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Bindungsart in Dispersionskolloide, Molekülkolloide und Assoziationskolloide (Abb. 2.1) [33]. Disperionskolloid Molekülkolloid Mizellkolloid Abbildung 2.1: Vereinfachtes Strukturschema der einzelnen Kolloidspezies. Dispersionskolloide sind thermodynamisch instabile, hydrophobe Systeme aus Dispersionsmittel und disperser Phase, deren Verteilung überwiegend polydispers bzw.

16 6 Theorie und Grundlagen polyform ist. Dispersionen zeigen im Laufe der Zeit eine Instabilität durch Koagulation der einzelnen Partikel. Molekülkolloide sind hingegen thermodynamisch stabile, hydrophile Systeme, wie zum Beispiel eine Polymerlösung. Die Größe der Kolloide wird hierbei durch die Dimension des Makromoleküls vorgegeben, das beispielsweise als lineares Makromolekül in Lösung vollständig solvatisiert eine gequollene, geknäuelte Gestalt einnimmt. Diese wird durch abstoßende und anziehende Kräfte (z.b. Van-der-Waals-Kräfte, Wasserstoffbrückenbindungen, elektrostatische Abstoßung) der einzelnen Polymersegmente hervorgerufen. Diese Polymerlösungen können dabei entsprechend des Polymerisationsgrades des Polymers ebenfalls polydispers vorliegen, da ein höheres Molekulargewicht des Makromoleküls in einem höheren Trägheitsradius des Polymerknäuels resultiert und somit ein größeres Volumen einnimmt. Mizellkolloide gehören zur Klasse der Assoziationskolloiden, sie sind thermodynamisch stabile, hydrophile Systeme, die oberhalb der kritischen Mizellbildungskonzentration (cmc) des Tensides im polaren oder unpolaren Dispergiermedium durch spontane und reversible Aggregation von Tensidmolekülen zu Assoziaten entstehen. Zwischen den Tensidmolekülen in Lösung und in der Mizelle besteht ein dynamisches und thermodynamisches Gleichgewicht. Die Gestalt und Größe dieser Mizellen wird durch die chemische Struktur des Tensides (Kopfgruppe, unpolare Reste), die Polarität des Dispersionsmittels, die Tensidkonzentration, den Elektrolytgehalt und die Temperatur beeinflusst. 2.2 Die Stabilisierung kolloidaler Systeme Einfache, stabilisatorfreie Dispersionen weisen meist eine begrenzte Stabilität auf, die durch die Oberflächenladungen der Kolloidteilchen bedingt ist. Derjaguin und Landau (Russland) sowie Verwey und Overbeck (Niederlande) entwickelten die nach ihnen benannte DLVO- Theorie, welche die Wechselwirkung von geladenen lyophoben Teilchen beschreibt [36, 37]. In wässrigen Medien weisen Kolloide meist negative Oberflächenladungen auf, diese können durch chemische Reaktionen in Form von funktionellen Gruppen (Hydroxyl-, Carboxyl- und Phosphatgruppen), durch Ionisierung der Oberfläche (bei Metalloxiden und -hydroxiden) und durch Adsorption einer hydrophoben Spezies oder eines oberflächenaktiven Ions (Tensid) entstehen. Diese Oberflächenladung wird durch die Ladung der beweglichen Ionen des Wassers ausgeglichen, woraus eine neutrale Gesamtladung des Kolloids resultiert. Um das Kolloid entsteht eine diffuse elektrochemische Doppelschicht, deren Potential mit der Entfernung vom kolloidalen Teilchen abnimmt. Zwischen zwei lyophoben Teilchen existieren entgegengesetzt wirkende Kräfte, die abstoßende elektrostatische Kraft V R, auch Doppelschicht-Kraft genannt, sowie die Born- Abstoßung V B der Elektronenwolken der Atome und die anziehende Van-der-Waals-Kraft V A. Diese lassen sich nach der DLVO-Therie beschreiben, wobei die Summe dieser Kräfte in der

17 Theorie und Grundlagen 7 Gesamtwechselwirkung V T resultiert. Die Berechnung der Gesamtwechselwirkung ermöglicht die semi-quantitative Beschreibung einer Vielzahl von experimentellen Befunden. Abbildung 2.2 zeigt die abstoßenden und anziehenden Beiträge zur Gesamtwechselwirkung V T zweier kolloidaler Teilchen als Funktion ihres Abstandes d zueinander. abstoßende Kräfte + Doppelschicht-Abstoßung V R Gesamtwechselwirkung VT Born-Abstoßung V B Die anziehende Van-der-Waals-Kraft geht hierbei mit der Entfernung d -6 A der Kolloide mit ein. Die elektrostatische Abstoßung beider Teilchen ist abhängig von der Oberflächenladung und dem Abstand der Teilchen (d -12 A ) sowie der Elektrolytkonzentration der Lösung. Die Born-Abstoßung berücksichtigt die Nahkräfte (Abstoßung der Elektronenwolken) zwischen beiden Teilchen und begrenzt das primäre Minimum, was der irreversiblen Agglomeration beider Teilchen entspricht. Durch die beiden abstoßenden Kräfte kommt es zur Ausbildung eines Energiemaximums, in dem der Beitrag der abstoßenden Kräfte größer ist als der Beitrag der anziehenden Van-der-Waals-Kraft. Die Höhe dieser Barriere wird durch den Beitrag der Doppelschichtabstoßung und durch die Oberflächenladung bestimmt [38]. Hohe Oberflächenladungen und geringe Elektrolytkonzentrationen bewirken eine ausgeprägte elektrochemische Doppelschicht und folglich eine große Energiebarriere; dies begünstigt die Stabilisierung der Kolloide [39]. Kolloide, die sich auf den Abstand des sekundären Minimums annähern, spüren schwache Bindungskräfte und vereinen sich zu Clustern, sie können durch Einwirkung schwacher Scherkräfte (Schütteln, Rühren) wieder voneinander getrennt werden. Das sekundäre Minimum entsteht durch einen höheren Beitrag der anziehenden Van-der- Energiebarriere d Sekundäres Minimum Gesamtwechselwirkung V T - Van-der-Waals-Anziehung Primäres Minimum anziehende Kräfte Abbildung 2.2: Elektrostatische Stabilisierung eines Partikels als Funktion der Gesamtwechselwirkungsenergie V T und des Abstands d zu einem zweiten Partikel.

18 8 Theorie und Grundlagen Waals-Kräfte im Vergleich zu den elektrostatischen Kräften in einer größeren Entfernung zur Teilchenoberfläche. Eine sterische Stabilisierung von Kolloiden kann durch Adsorption von ungeladenen Molekülen, meist Blockcopolymeren, an die Partikeloberfläche erreicht werden. Solche nichtionischen Tenside bestehen aus einem hydrophoben Molekülteil, der an die Partikeloberfläche adsorbiert, und einem hydrophilen Molekülteil, welcher in das hydrophile Medium reicht. Die Stabilisierung erfolgt durch eine Erhöhung der freien Energie durch strukturelle und osmotische Kräfte (vgl. Abb. 2.3), die auftreten, wenn zwei sterisch stabilisierte Teilchen sich annähern [33]. Dabei kommt es zu einer insgesamt abstoßenden Wechselwirkung durch Stauchung der Polymerketten (tangentiale Kompression) und somit zur Verringerung der Entropie [40]. Gleichzeitig tritt eine Erhöhung des osmotischen Druckes im Bereich zwischen den Kolloiden auf. In Folge dessen strömen Moleküle des Dispersionsmediums in den Bereich zwischen beiden Partikeln und führen zu einer Vergrößerung des Partikelabstandes. Abbildung 2.3: Schematische Darstellung der Kollision zweier sterisch stabilisierter Kolloide. 2.3 Emulsionen Eine Emulsion ist ein metastabiles, kolloidales Heterophasensystem zweier nicht mischbarer Flüssigkeiten, wobei eine Flüssigkeit (disperse Phase) in der anderen Flüssigkeit (kontinuierliche Phase) dispergiert vorliegt. Die Emulsion wird durch die Zugabe von grenzflächenaktiven, amphiphilen Molekülen, den Tensiden, gegen ein Zusammenfließen der Tropfen durch Koaleszenz stabilisiert. Emulsionen können wiederum je nach Stabilität und Tröpfchengröße in drei verschiedene Klassen unterteilt werden, wie Abbildung 2.4 zeigt. Makroemulsionen sind Emulsionen, die durch die Einwirkung schwacher Scherkräfte (Rühren, Schütteln) entstehen und deren disperse Phase Tröpfchengrößen im Bereich von einigen hundert Nanometern bis zu einigen Mikrometern aufweisen. Diese Emulsionen werden durch hohe Tensidkonzentrationen stabilisiert und sind thermodynamisch instabil. Makroemulsionen haben eine Stabilität im Bereich von Sekunden bis zu Stunden. In einer Miniemulsion werden durch die Einwirkung hoher Scherkräfte (z.b.: Ultraschall oder Hochdruckhomogenisator) Tröpfchengrößen von nm erzielt. Die Tensidkonzentration ist hierbei sehr gering und liegt bei ionischen Tensiden meist deutlich unterhalb der kritischen Mizellbildungskonzentration der entsprechenden Emulsion, d.h. es

19 Theorie und Grundlagen 9 liegen in der Emulsion keine freien Mizellen des Tensides vor. Miniemulsionen sind thermodynamisch metastabil, jedoch kinetisch stabil (vgl. Kapitel 2.3.3). Abbildung 2.4: Tröpfchengrößenverteilung und thermodynamische Stabilität von Emulsionen über die Zeit [41]. Mikroemulsionen sind keine Emulsionen im klassischen Sinn, vielmehr sind es flüssige Mischungen von Wasser, Öl, Tensid und Cotensid, die spontan ohne die Zuführung von dispergierenden Kräften eine Emulsion ausbilden und optisch transparent sind. Mikroemulsionen besitzen Tröpfchengrößen im Bereich von nm, die über Zeiträume von Monaten bis zu Jahrzehnten stabil sind. Aufgrund der hohen Tensidkonzentration, die weit über der cmc des Systems liegt, und des Zusatzes eines Cotensids oder Cosolvens (meist Pentanol oder andere mittelkettige Alkohole) ist die Grenzflächenspannung zwischen beiden Phasen extrem gering. Das System ist somit thermodynamisch stabil. Das Cotensid bildet hierbei selbst keine Mizellen aus, senkt aber gemeinsam mit dem Tensid die Grenzflächenspannung zwischen der dispersen und der kontinuierlichen Phase Herstellung einer Miniemulsion Miniemulsionen können sich nicht spontan ausbilden, sondern dem System muss Energie zugeführt werden. Zur Herstellung einer Miniemulsion werden die disperse und die kontinuierliche Phase, welche das Tensid enthält, unter Einwirkung schwacher Scherkräfte (Rühren, Schütteln) voremulgiert. Dieser Schritt der Herstellung einer Makroemulsion (Präemulsion) ist nötig, da im nachfolgenden Hochenergie-Homogenisierungsschritt die Erzeugung einer Emulsion aus zwei separierten Phasen nicht möglich ist. Diese Präemulsion wird anschließend mittels eines Ultraschall- oder Hochdruckhomogenisators hohen Scherkräften ausgesetzt.

20 10 Theorie und Grundlagen Abbildung 2.5 zeigt schematisch die Zerkleinerung die in der Markoemulsion vorhandenen Tropfen in kleinere Tröpfchen unter der Einwirkung von Ultraschall. Während des Emulgierprozesses kommt es durch die Einwirkung hoher Scherkräfte in der kontinuierlichen Phase zur Entstehung von Dampfblasen. Diese wachsen im Laufe des weiteren Homogenisierungsprozesses an, bis sie eine kritische Größe erreicht haben und kollabieren [42]. Dabei entstehen am Punkt der Implosion Drücke um 1000 bar, und lokal treten durch adiabatische Erwärmung, in Folge der Kompression des Gases, Temperaturen um 5000 C auf [43]. Die durch das Kollabieren der Blasen resultierende Schockwelle und die entstehenden turbulenten Strömungen, führen zu hohen Scherkräften und zum Zerkleinern der Tröpfchen, die sich in unmittelbarer Umgebung zu dieser Kavitation befinden. Das sich in Lösung befindende Tensid adsorbiert an die dabei neu entstandene Oberfläche und stabilisiert die Tröpfchen. US US Makroemulsion Tropfenaufbruch, -zerkleinerung und -zusammenfließen Gleichgewichts -zustand Abbildung 2.5: Schematische Darstellung der Herstellung einer Miniemulsion mittels Ultraschallhomogenisator (US). Prinzipiell werden mit diesem Homogenisierungsprozess zunächst viel kleinere Tröpfchen gebildet, die jedoch nicht ausreichend durch das Tensid stabilisiert werden können und durch Zusammenstöße zusammenfließen. Letztlich stellt sich durch ständiges Zerkleinern und Zusammenfließen der Tröpfchen ein Gleichgewichtszustand ein. Durch weitere Zufuhr von Scherkräften kann ab diesem Zustand keine weitere Zerkleinerung der Tröpfchen mehr erzielt werden. Die dabei kleinste erreichbare Tröpfchengröße ist abhängig von der Tensidkonzentration und der Adsorptionsgeschwindigkeit des Emulgators an die neu entstandenen Tröpfchen sowie der in das System eingebrachten Energiedichte Stabilität von Emulsionen Generell existieren zwei Prozesse zur Destabilisierung einer Emulsion, zum einen die Koaleszenz durch Kollision und Zusammenfließen der Tröpfchen, zum anderen die

21 Theorie und Grundlagen 11 Ostwaldreifung, welche durch die Diffusion der dispersen durch die kontinuierliche Phase verursacht wird. Während des Emulgierprozesses wird dem System Energie in Form von Arbeit w zugeführt. Diese Arbeit muss aufgebracht werden, um eine Grenzfläche A zu vergrößern. Unter Berücksichtigung der Grenzflächenspannung der beiden Flüssigkeiten γ lässt sich die aufzubringende Arbeit w beschreiben: A w= γ da= γ A (2.1) Daraus leitet sich die Änderung der Gesamtenergie G des Systems ab: 0 Δ G = γ A (2.2) Um die freie Energie zu verringern, strebt das System bei einer konstanten Grenzflächenspannung eine möglichst geringe Phasengrenzfläche A an. Zunächst bilden sich Aggregate einzelner Tröpfchen (Aufrahmen), die zusammenfließen (Koaleszenz) und größere Tröpfchen bilden. Letztlich kommt es zur vollständigen Entmischung und somit zum Brechen der Emulsion, da dies die Grenzflächenenergie des Systems minimiert. Weiterhin wird eine Emulsion durch den im Tropfen herrschenden Dampfdruck, den Laplace- Druck P L der dispergierten Substanz, charakterisiert: P L 2γ LL = (2.3) r Der Laplace-Druck ist umso größer, je größer die Grenzflächenspannung γ LL zwischen beiden Flüssigkeiten und je kleiner der Radius r des Tropfens ist. Hohe Laplace-Drücke in den Tropfen wirken sich destabilisierend auf diese aus, da aus diesen Tropfen Substanz in Tropfen geringeren Dampfdruckes diffundiert. Diese Destabilisierung (Ostwaldreifung) wurde nach Ostwald benannt, der das Anwachsen von großen Quecksilberoxid-Kristallen während einer Fällung beobachtete, während kleinere Kristalle verschwanden [44]. Daher wurde angenommen, dass kleinere Kristalle eine höhere Löslichkeit besitzen als größere und das gelöste Material auf die größeren Kristalle aufwächst. In einer Emulsion stehen alle Tropfen im labilen Gleichgewicht mit der kontinuierlichen Phase und das System ist bestrebt, die Phasengrenzfläche und somit den in Tropfen herrschenden Laplace-Druck zu verringern. Dies gelingt dem System durch Diffusion der dispersen Phase durch die kontinuierliche Phase. Tropfen mit einem Radius, der größer als der kritische Radius r krit ist, wachsen an, während sich Tropfen mit einem Radius r > r krit auflösen, indem Materie aus den kleinen Tröpfchen in die größeren Tröpfchen diffundiert. Der kritische Radius r krit ist gegeben durch die Oberflächenspannung σ, das Volumen des Tropfens V und die Temperatur T: r krit 2 σ V = R T (2.4)

22 12 Theorie und Grundlagen Dies bedeutet, dass die Tendenz zur Ostwaldreifung umso größer ist, je kleiner die Tröpfchen und je breiter die Tröpfchengrößenverteilung (Polydispersität) ist. Eine absolut monodisperse Emulsion ist gegenüber der Ostwaldreifung stabil. Zusätzlich hat die Löslichkeit und somit das Diffusionsvermögen der dispersen Phase in der kontinuierlichen Phase der Emulsion einen Einfluss auf deren Stabilität Stabilisierung von Miniemulsionen Miniemulsionen können durch geeignete Tenside gegen Koaleszenz und Kollision weitestgehend kinetisch stabilisiert werden [45]. Da jedoch die Tröpfchengröße und somit der Tröpfchenradius in Miniemulsionen gering ist, ist der im Tropfen herrschende Laplace-Druck und daher die Tendenz zur Destabilisierung der Miniemulsion durch Ostwaldreifung sehr hoch. Durch die Zugabe geringer Mengen eines osmotischen Reagenzes, das eine sehr geringe Löslichkeit in der kontinuierlichen Phase und einen geringen Dampfdruck besitzt, wird in den Tröpfchen ein osmotischer Druck Π aufgebaut: c R T Π = (2.5) M Dieser wirkt dem Laplace-Druck entgegen und ist abhängig von der Konzentration c, dem Molekulargewicht des Agens M sowie der Temperatur T. Dadurch wird die Diffusion der dispersen Phase aus kleinen in große Tropfen verhindert. Solche osmotischen Reagenzien werden in direkten (Öl-in-Wasser-, O/W-) Miniemulsionen als Ultrahydrophobe bezeichnet. Hierbei kommen meist langkettige Kohlenwasserstoffe wie n-hexadecan oder perfluorierte Verbindungen zum Einsatz [24, 46]. Auch Oligomere oder polymere Moleküle sind hierzu geeignet [47, 48], jedoch sind die erhaltenen Miniemulsionen nur über einen kurzen Zeitraum gegen Ostwaldreifung stabilisiert. Der Effekt des osmotischen Druckes Π ist eine kolligative Eigenschaft und somit von der Zahl der Moleküle, d.h. von der Konzentration des osmotischen Reagens c, abhängig. Daher sind kurzkettige Substanzen besser geeignet als Oligomere oder Polymere, um mit geringeren Mengen des Hydrophobs die Miniemulsionen zu stabilisieren. Das Prinzip der Stabilisierung ist in Abbildung 2.6 gezeigt. Abbildung 2.6: Prinzip der Stabilisierung einer Miniemulsion gegen Ostwald-Reifung durch Zugabe eines osmotischen Reagens (rote Punkte im Tropfen).

23 Theorie und Grundlagen 13 Ein alltägliches Beispiel zur Stabilisierung einer Emulsion durch ein osmotisches Reagenz ist die Kuhmilch. Hierbei sind Fetttröpfchen in einer wässrigen Phase dispergiert. Da Fettsäuren und Fette unterschiedliche Kettenlängen und Molekulargewichte besitzen, wirken langkettige Fette und Fettsäuren automatisch als osmotisches Reagenz. 2.4 Emulsionspolymerisation Das Gebiet der Emulsionspolymerisation lässt sich in drei Teilgebiete aufgliedern. Abbildung 2.7 zeigt die Bildung einer Polymerdispersion aus einer Monomeremulsion mittels (Makro)Emulsions-, Miniemulsions- und Mikroemulsionspolymerisation. Emulsion Polymerdispersion Polymerisation a Polymerisation b Polymerisation c Abbildung 2.7: Schematische Darstellung der Herstellung einer Polymerdispersion mittels a) Makro-, b) Miniund c) Mikroemulsionspolymerisation. Die (Makro)Emulsionspolymerisation und die Miniemulsionspolymerisation sollen nachfolgend ausführlich diskutiert werden (Kapitel und 2.4.2). Die Mikroemulsionspolymerisation startet von einem spontan ausgebildeten, thermodynamisch stabilen Zustand. Die Oberfläche der erhaltenen Polymerpartikel ist, ebenso wie die Oberfläche der Monomertropfen, vollständig vom Tensid bedeckt, daneben liegen freie Mizellen vor. Da nicht alle Monomertröpfchen gleichzeitig initiiert werden, kommt es durch Diffusionsprozesse und Sekundärnukleierung des Monomers in den freien Mizellen zum

24 14 Theorie und Grundlagen Anwachsen der Partikel. Nach vollständiger Polymerisation des Monomers liegen Polymerpartikel in Größenordnungen von 5-50 nm vor [49] (Makro)Emulsionspolymerisation In der Makroemulsionspolymerisation liegt das Monomer in einer wässrigen Tensidlösung dispergiert vor, die eine Tensidkonzentration oberhalb der kritischen Mizellbildungskonzentration (cmc) aufweist. Die Monomertröpfchen haben eine Größe von ca µm, daneben existieren Mizellen oder monomergequollene Mizellen (vgl. Abb. 2.7a). Die Polymerisation wird üblicherweise mit einem wasserlöslichen Initiator gestartet, der mit dem in der Wasserphase gelösten Monomer oder mit dem in den Mizellen vorliegenden Monomer reagiert (vgl. Abb.2.8). a b Abbildung 2.8: Mechanismus der Emulsionspolymerisation, a) homogene Nukleierung, b) heterogene (mizellare) Nukleierung. Prinzipiell können Polymerpartikel durch das Eintreten der Radikale in die Mizellen (heterogene oder mizellare Nukleierung, Abb. 2.8b), durch Ausfallen der wachsenden Oligomere aus der wässrigen Phase in die Mizellen (homogene Nukleierung, Abb. 2.8a) und durch Radikaleintritt in die Monomertropfen gebildet werden. Jedoch ist die Oberfläche, welche von den Monomertröpfchen (Größe 1-10 µm) gebildet wird, im Vergleich zu der Oberfläche der monomergefüllten Mizellen (Größe ca nm) um einige Größenordnungen kleiner. Daher ist der Radikaleintritt in die Mizellen um ein Vielfaches wahrscheinlicher und der Mechanismus der Partikelbildung entspricht fast ausschließlich dem der homogenen oder heterogenen Nukleierung [50]. Diese Polymerisationsmethode ist jedoch auf Monomere beschränkt, die eine ausreichende Wasserlöslichkeit besitzen. Sehr hydrophobe Monomere wie z. B. Laurylacrylat und Stearylacrylat können aufgrund ihrer nahezu nicht vorhandenen Wasserlöslichkeit auf diesem Weg nicht polymerisiert werden [45], da die Diffusion und somit der Massentransport dieser Monomere von den Monomertropfen in die Mizellen, in denen die Polymerisation lokalisiert

25 Theorie und Grundlagen 15 ist, nicht stattfindet. Auch die Copolymerisation zweier Monomere unterschiedlicher Wasserlöslichkeit ist bei dieser Polymerisationsmethode aufgrund des ungleichen Massentransportes der Monomere durch die kontinuierliche Phase in die Mizellen erschwert; es werden uneinheitliche Copolymere erhalten. Um hydrophobe Monomere in einem Heterophasensystem polymerisieren zu können, müsste in der Emulsionspolymerisation infolge eines nur geringfügig ausgeprägten Massentransports des Monomers in die Mizellen ein häufiger Radikaleintritt in die Monomertropfen stattfinden. Dies ist nur möglich, wenn die gesamte Oberfläche der Monomertropfen größer ist als die der Mizellen. Das bedeutet, dass die Tropfenzahl sehr hoch und die Tropfengröße sehr klein sein muss oder wie im Fall der Suspensionspolymerisation ein öllöslicher Initiator verwendet wird Miniemulsionspolymerisation In der Miniemulsionspolymerisation wird die Tröpfchengröße des Systems durch Zuführung von hohen Scherkräften (Ultraschall-, Hochdruckhomogenisator) stark verringert (Größenbereich nm) und die Tröpfchen werden anschließend gegen Koaleszenz und Oswaldreifung stabilisiert. Freie Mizellen des Tensides liegen nicht vor, daher tritt ein wasserlöslicher Initiator in der Monomertröpfchen ein und startet die Polymerisation dort. Ebenso können analog der Suspensionspolymerisation öllösliche Initiatoren Verwendung finden, jedoch werden hier deutlich kleinere Tröpfchen und somit Polymerpartikel erzeugt. Der Begriff Miniemulsionspolymerisation wurde gewählt, um die Polymerisation in diesen sehr kleinen (Mini)Tröpfchen zu beschreiben [51]. Mit dieser Methode können so alle Arten von Monomeren polymerisiert und Copolymere verschiedener Monomere erhalten werden, da kein Massentransport dieser durch die kontinuierliche Phase erforderlich ist und die Nukleierung im Tropfen stattfindet. Gleichzeitig können auch sowohl wasserlösliche, als auch öllösliche Initiatoren Anwendung finden. Diese Polymerisationsmethode ermöglicht die Herstellung von sehr kleinen Polymerpartikeln, indem das Monomer als disperse Phase eingesetzt und anschließend radikalisch durch thermische oder photochemische Initiierung polymerisiert wird. Im Gegensatz zur Makround Mikroemulsionspolymerisation findet die Partikelnukleierung hier in den Monomertröpfchen statt. Dies ermöglicht die Kontrolle der Partikelgröße, da aus nahezu jedem Tröpfchen ein Polymerpartikel gebildet wird, wie Abbildung 2.7b zeigt [24, 50, 52, 53]. Die Tröpfchengröße und folglich auch die Partikelgröße ist über die Tensidkonzentration einstellbar [53] Kinetik einer radikalischen Emulsionspolymerisation Die bedeutendste Theorie auf dem Gebiet der Emulsionspolymerisation ist die 1948 veröffentlichte Smith-Ewardt-Theorie, welche die Vorhersage der Polymerisationsrate während einer Emulsionspolymerisation erlaubt [54]. Unter der Annahme, dass keine

26 16 Theorie und Grundlagen Polymerisation in der wässrigen Phase oder in den Monomertröpfchen stattfindet und somit die Reaktionsrate der Polymerisationsrate des Monomers in den Mizellen entspricht, kann die Gesamtpolymerisationsrate R P als die Polymerisationsrate des Monomers in jeder einzelnen Mizelle multipliziert mit der Anzahl der entstehenden Partikel ausgedrückt werden: [ M ] d N R = P kp[ M] n P dt = N (2.6) Hierbei ist [M] die Gesamtmenge des Monomers im System, k P die Propagationskonstante bei der entsprechenden Temperatur, [M] P die Konzentration des Monomers in den Mizellen, n die mittlere Radikalzahl pro monomergequollener Mizelle, N die Gesamtzahl an Partikeln und N A die Avogadrokonstante. Die Smith-Ewarts-Theorie unterteilt den Verlauf der Polymerisation in vier Intervalle, wobei diese Einstufung des Verlaufs einer Emulsionspolymerisation bereits in der Harkin-Theorie vorhergesagt wurde [55]. Abbildung 2.9 gibt den Verlauf der Polymerisationsrate in Abhängigkeit von der Zeit einer Emulsionspolymerisation wieder. Intervall I entspricht der Nukleierungsphase, in der Mizellen neben den mittels Tensid stabilisierten Monomertropfen vorliegen, die als Reservoir für das Monomer dienen. Dieses diffundiert teilweise in die Mizellen, so dass monomergequollene Mizellen neben freien Mizellen vorliegen. Nach der Initiierung durch einen wasserlöslichen Initiator polymerisiert zunächst das Monomer in der Wasserphase, das Oligomer tritt in die Mizellen ein und startet dort die Polymerisation des in den Mizellen vorliegenden Monomers. In dieser Startphase der Polymerisation steigt die Polymerisationsrate an. Intervall II beschreibt die Phase, in der die Partikelzahl der Emulsion konstant bleibt. Das Monomer diffundiert aus den Monomertropfen in die Partikel und lässt diese weiter anwachsen. Freies Tensid wird an die Partikeloberfläche adsorbiert, bis das gesamte zu Beginn der Reaktion mizellar vorliegende Tensid verbraucht ist, um die Partikel zu stabilisieren. A R P I II III IV Abbildung. 2.9: Schematische Darstellung der Kinetik einer Emulsionspolymerisation. t Die Polymerisationsrate einer Emulsionspolymerisation wird nicht durch die Monomerkonzentration in der Emulsion, sondern allein durch die Konzentration des

27 Theorie und Grundlagen 17 Monomers in den Mizellen und somit die Diffusionsgeschwindigkeit des Monomers durch die kontinuierliche Phase bestimmt und ist daher während des Intervalls II konstant. Die Konzentration an Initiator hat auf die Polymerisationsrate keinen Einfluss, da in einem wachsenden Partikel stets nur maximal ein Radikal vorliegen kann. Tritt ein weiteres Radikal in diesen Partikel ein, so rekombinieren diese Radikale und die Polymerisation im Partikel ist unterbrochen, bis erneut ein Radikal in den Partikel eintritt. Intervall III beschreibt den Zustand, wenn das Monomer in den Monomertropfen aufgebraucht ist und die Polymerisationsrate infolge der abnehmenden Monomerkonzentration in der Wasserphase und in den Partikeln stetig sinkt. Hier liegt das verbleibende Monomer in den monomergequollenen Partikeln vor. Durch die inzwischen hohe Viskosität im Partikel kann es zum Auftreten eines Gel-Peaks kommen, da die Polymerisation hier ähnlich einer Bulk-Polymerisation verläuft und die Polymerisationsrate infolge des Trommsdorff-Effektes stark ansteigt. Dies wird dann in der Harkins-Theorie als Intervall IV beschrieben [55]. Dieser Gelpeak ist umso stärker ausgeprägt, je größer die Partikel sind [56]. Der zweite Teil der Smith-Ewarts-Theorie beschäftigt sich mit der Berechnung der mittleren Radikalzahl pro Partikel während der Polymerisation. Wenn ein Radikal in einen Partikel eindringt, in dem kein weiteres Radikal vorhanden ist (n = 0), wird dieser Partikel zu einem lebenden Partikel (n = 1) und die Polymerisation des im Partikel vorhandenen Monomers findet statt. Wird ein zweites Radikal von diesem Partikel adsorbiert (n = 2), so terminieren beide Radikale sofort und der Partikel ist erneut nicht aktiv (n = 0). Die Phasen der Aktivität und Inaktivität der Partikel wechseln sich, gemäß der Eintrittswahrscheinlichkeit für ein Radikal, in dem Partikel zeitlich ab. Betrachtet man, dass erst oberhalb einer Radikalkonzentration von mehr als einem Radikal pro Partikel eine Terminierung stattfindet, sind prinzipiell Werte der mittleren Radikalzahl im Partikel von n 1 möglich. Unter der Annahme, dass die Partikel abwechselnd lange aktiv und inaktiv sind und in der Zeit, in der ein Radikal enthalten ist, genau eine Polymerkette in dem Partikel wächst, erhält man eine mittlere Radikalzahl pro Partikel von n = 0.5. Hier befindet sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in jedem zweiten Partikel ein aktives Radikal und somit eine wachsende Polymerkette. Dies entspricht dem Idealfall einer Emulsionspolymerisation Kinetik einer radikalischen Miniemulsionspolymerisation Da in der Miniemulsionspolymerisation das Monomer in den Tröpfchen vorliegt und keine freien Mizellen existieren, findet die Initiierung in den Tropfen statt. In der Miniemulsionspolymerisation kann jeder einzelne Tropfen als abgeschlossenes System betrachtet werden. Zwischen den Tropfen liegt nahezu kein Austausch des Monomeren vor, da die Diffusion des Monomers durch die Zugabe eines osmotischen Reagens unterdrückt und somit die Monomerkonzentration im Tropfen konstant gehalten wird [57, 58]. Die Partikelgröße wird durch die Tröpfchengröße bestimmt, welche zu Beginn der Polymerisation vorliegt;

28 18 Theorie und Grundlagen dadurch bleibt die Oberflächenspannung während der gesamten Polymerisation konstant (vgl. Abb. 2.10). Der Verlauf einer Miniemulsionspolymerisation entspricht im Wesentlichen der Smith-Ewarts-Theorie. Da die Polymerisationsgeschwindigkeit einer Miniemulsion jedoch nicht von der Diffusionsgeschwindigkeit des Monomeren durch die kontinuierliche Phase abhängig ist, da keine Diffusion des Monomers aus den Tropfen zum Polymerisationsort stattfindet, entfällt im Vergleich zu dem kinetischen Verlauf einer Emulsionspolymerisation das Intervall II. R P σ I III IV Abbildung 2.10: Schematische Darstellung der Kinetik einer Miniemulsionspolymerisation. t Während des Intervalls I findet der Zerfall des Initiators statt, welcher die Polymerisation in den Monomertropfen initiiert (Tröpfchennukleierung), die Polymerisationsrate steigt an. Im weiteren Reaktionsverlauf verarmen die Partikel an Monomer und die Polymerisationsrate sinkt (Intervall III). Liegen sehr große Tröpfchen vor, so kommt es auch hier zum Auftreten eines Gelpeaks (Intervall IV), was zum erneuten Ansteigen und anschließendem Abfall der Polymerisationsgeschwindigkeit führt. Die mittlere Radikalzahl im Partikel steigt hier auf Werte von n 0.5. Für ein System, in welchem ein hydrophobes Monomer (Styrol) mit dem wasserlöslichen Initiator KPS initiiert wurde, erreicht die Polymerisation eine mittlere Radikalzahl pro Partikel von n = 0.5. Zunächst steigt die mittlere Radikalzahl n während der Initiierungsphase langsam von n = 0 auf einen Wert von n = 0.5, welcher über einen großen Bereich der Polymerisation konstant bleibt und für hohe Monomerumsätze abnimmt. Durch das Auftreten eines Gelpeaks und den daraus resultierenden sprunghaften Anstieg der Polymerisationsgeschwindigkeit sowie die hohe Viskosität in den Partikeln, welche die Rekombination von Radikalen hemmt ( n > 0.5), kann dieser Wert jedoch während des Intervalls IV weit überschritten werden [59].

29 Theorie und Grundlagen Herstellung von Polymer-Polymer-Hybridnanopartikeln mittels Miniemulsionspolymerisation Alkydharze (hergeleitet von Alkohol und Säureanhydrid) sind bereits seit 1847 bekannt und sind Polykondesationsprodukte von mehrwertigen Carbonsäuren oder deren Anhydriden (z.b. Maleinsäureanhydrid und Phthalsäureanhydrid) mit mehrwertigen Alkoholen (z.b. Glycerin und Pentaeretrit) [60]. Dieser so gebildete Polyester bildet die Hauptkette des Alkydharzes. Da die α-hydroxygruppen des Glycerins reaktiver sind als die β-hydroxylgruppe, gehen diese bevorzugt Polykondesationsreaktionen mit den Säureanhydriden bei niedrigeren Reaktionstemperaturen ein. Die somit verbleibenden β-hydroxygruppen des Glycerins und die nicht reagierten Hydroxylgruppen des Pentaeretrits oder des Glycerins können genutzt werden, um bei hohen Temperaturen ( C) gesättigte und ungesättigte Fettsäuren auf die Polyesterhauptkette aufzupfropfen [61, 62]. Je nach Wahl des Polyols und somit der Zahl freier Hydroxylgruppen im späteren Produkt sowie der Menge an Fettsäuren, die aufgepfropft wird, können unterschiedlich hydrophile und hydrophobe Alkydharze für die verschiedensten Anwendungen erhalten werden. Ein typisches Beispiel für einen Ausschnitt aus einem Alkydharz zeigt Abbildung HO O O O... O O O O O... O O O O 7 O Abbildung 2.11: Ausschnitt aus einem Alkydharzmolekül. Die verbleibenden freien Hydroxylgruppen können genutzt werden, um Alkydharz-Filme mit Melaminformaldehyd bei hohen Temperaturen zu vernetzen und somit auszuhärten (Einbrennlacke). Eine weitere Möglichkeit, die Filme der weichen Alkydharze auszuhärten, bieten die Doppelbindungen, welche in ungesättigten Fettsäurestern vorhanden sind. Diese vernetzen das Alkydharz durch Autoxidation mit dem in der Luft vorhandenen Sauerstoff. Alkydharze haben eine lange Geschichte im Bereich der Lack- und Klebstoffanwendungen. Allerdings sind ein Großteil dieser Lacke wie viele Harze im Allgemeinen lösungsmittelbasierte Produkte. Da jedoch in den letzten Jahrzehnten der umweltpolitische

30 20 Theorie und Grundlagen Druck gegen die Verwendung von flüchtigen organischen Stoffen zugenommen hat, wird in den vergangenen Jahren verstärkt an der Substitution dieser Produkte durch ihre wasserbasierten Analoga geforscht [63]. Zunächst wurden Alkydharze entwickelt, welche ein geringes Molekulargewicht aufweisen und Carboxylgruppen beinhalten, die deprotoniert eine Löslichkeit der Harze in dem umweltfreundlichen Lösungsmittel Wasser ermöglichen [61]. Jedoch erreichten diese Produkte aufgrund ihrer sehr niedrigen Glassübergangstemperaturen und der daraus resultierenden verminderten Härte nicht die Filmbildungseigenschaften ihrer lösungsmittelbasierten Vorgänger [64]. Um längerkettige, hochmolekulare Alkydharze in ein wasserbasiertes System zu überführen, wurde zunächst an der Synthese von Polyacrylat-Alkydharz-Dispersionen gearbeitet [64, 65]. Polyacrylatdispersionen sind schon lange als Filmbildner bekannt, besitzen aber einige Nachteile wie geringen Glanz, verminderte chemische Resistenz und unzureichende Vernetzung. Durch die Kombination von Polyacrylaten mit Alkydharzen sollen die Vorteile beider Polymere vereint und die Nachteile eliminiert werden. So sind beispielsweise Polyacrylatdispersionen als gute Lackbildner bekannt, jedoch können einige Eigenschaften wie hoher Glanz, chemische Resistenz und nachträgliche Vernetzung zur Härtung des Lackes nicht erreicht werden. Alkydharze auf der anderen Seite haben diese Eigenschaften [61, 65], können über einen breiteren Temperaturbereich eingesetzt werden, nachträglich oxidativ vernetzt und somit ausgehärtet werden [66] und zeigen eine sehr gute Haftung an der Oberfläche des Substrates [61]. Auf der anderen Seite weisen Alkydharze jedoch hohe Trocknungszeiten und die Tendenz, ohne nachträgliche Vernetzung weiche Filme zu bilden, auf [67]. Polyacrylate hingegen zeichnen sich durch geringe Trocknungszeiten, einen geringen Geruch und gute Reinigungseigenschaften mit Wasser aus [65]. In der jüngeren Vergangenheit hat daher die Zahl an Publikationen, welche über die Herstellung von Polyacrylat-Alkydharz- Hybridpartikel berichten, stark zugenommen [68-78]. Zunächst wurde versucht, Alkydharz zu einer fertigen Polyacrylatdispersion hinzuzugeben, jedoch erhielt man Alkydharztropfen im Größenbereich einiger Mikrometer, welche neben den Polyacrylatpartikeln separiert vorlagen [25]. Diese Blends beider Polymere resultieren aus der Inkompatibilität der einzelnen Komponenten. Die daraus hergestellten Filme zeigen als Folge eine ausgeprägte Phasenseparation beider Polymere, was zu Mikrodomänen im Größenbereich einiger Mikrometer und letztlich zu uneinheilichen, trüben Filmen führt [25]. Durch die in-situ Polymerisation der Acrylate in Anwesenheit des Alkydharzes mittels Emulsionspolymerisation sollten Hybridpartikel erhalten werden, d.h. beide Polymere liegen im gleichen Partikel vor. Somit sollte eine Phasenseparation im Mikrometerbereich unterdrückt werden. Jedoch können mittels Emulsionspolymerisation keine einheitlichen Polymerdispersionen erhalten werden, da eine Diffusion der Monomere aus dem zu Beginn der Polymerisation vorliegenden Tropfen in die Mizellen stattfindet. Da das hydrophobe Alkydharz eine geringe Löslichkeit in der kontinuierlichen Phase besitzt, findet kein Massentransport dieser Verbindung von den Tropfen in die Mizellen statt, in denen die

31 Theorie und Grundlagen 21 Polymerisation des Monomers lokalisiert ist. Die Tropfen verarmen somit an Monomer und zum Ende der Polymerisation liegt ein Blend beider Polymere in Form von Polyacrylatpartikeln und separaten Alkydharztropfen vor [71]. Jedoch können stabile Polymerdispersionen durch die Anwendung von Scherkräften und anschließende Initiatorzugabe unter der Verwendung geringer Tensidmengen mittels Suspensionspolymerisation erhalten werden. Die resultierenden PMMA-Alkydharz- Hybridpartikel haben eine durchschnittliche Größe von 350 nm und zeigen gegenüber einem entsprechenden Blendsystem verbesserte Filmbildungeigenschaften [71]. Da das PMMA und das Alkydharz im Partikel phasensepariert vorliegen und mit steigender Partikelgröße die Ausbildung von größeren Mikrodomänen während der Filmbildung begünstigt wird, ist es wünschenswert, möglichst kleine Hybridpartikel herzustellen, in welchen beide Polymere möglichst homogen verteilt vorliegen. Dies ist durch die Anwendung der Miniemulsionspolymerisationstechnik möglich, da hiermit sehr kleine Hybridpartikel (< 150 nm) synthetisierbar sind. Diese Polymerisationsmethode für Acrylat/Alkydharz-Systeme wurde von der Gruppe um Schork eingeführt [68]. Dabei liegen Monomer (Acrylat) und Polymer (Alkydharz) in denselben Tropfen vor, die Partikelnukleierung findet in den Tropfen statt und durch die unterdrückte Diffusion des Monomers aus den Tropfen ist ein gleichbleibendes (Poly)Acrylat-Alkydharz-Verhältnis im Tropfen gewährleistet [57]. Die Identität der Tropfen in den daraus resultierenden Partikeln bleibt erhalten. Die im Alkydharz vorhandenen Doppelbindungen bieten weiterhin die Möglichkeit, das Polyacrylat auf das Alykdharz aufzupfropfen. Damit kann eine höhere Kompatibilität und somit eine geringere Phasenentmischung der beiden Polymere erreicht werden. Zur Herstellung von Polymer-Polymer-Hybridnanopartikeln mittels Miniemulsionspolymerisation wird ein Polymer (hier das Alkydharz) in einem Monomer oder einer Monomermischung gemeinsam mit dem Ultrahydrophob und einem öllöslichen Initiator gelöst. Die organische Phase wird in einer wässrigen, kontinuierlichen Phase, die gleichzeitig das Tensid enthält, dispergiert. Die Präemulsion wird homogenisiert und das Monomer radikalisch polymerisiert, wie Abbildung 2.12 zeigt. Monomer(e),Alkydharz, Hydrophob, Initiator Homogeniesierung Polymerisation Abbildung 2.12: Schematische Darstellung des Herstellung einer Polyacrylat-Alkydharz-Dispersion mittels der Miniemulsionspolymerisationsmethode.

32 22 Theorie und Grundlagen Die Homogenisierung und der Einfluss verschiedener Parameter wie dem Tensidgehalt und der Alkydharzmenge auf die Eigenschaften der erhaltenen Miniemulsionen sind in der Literatur beschrieben [68, 69, 79]. Mittels dieser Polymerisationstechnik können stabile Hybriddispersionen erhalten werden, bei denen beide Polymere gemeinsam in einem Partikel vorliegen [68, 80]. Die Eigenschaften dieser Hybriddispersionen wie die Partikelgrößen [68, 69, 71], die Monomerumsätze über die Zeit [68, 69, 71, 72, 74, 76, 77], die Restmonomergehalte [71], die Molekulargewichte [69] und -gewichtsverteilungen [69, 71, 76, 77], der Anteil des gebildeten Pfropfcopolymers [69, 74, 76, 77] und die Analyse des Gelanteils [68], sowie der Anteil der dabei verbrauchten Doppelbindungen des Alkydharzes [68, 69] in Abhängigkeit der Zusammensetzung des Alkydharzes [74, 76, 77] und des gewählten Initiatorsystems [69, 76, 77] bei verschiedenen Reaktionstemperaturen [69, 71] wurden untersucht. Die Morphologie der Hybridpartikel [71, 75] und deren Filmbildungseigenschaften [71] wurden bisher kaum untersucht. So wurde nie eine vollständige Charakterisierung eines Systems vorgenommen, um die Einflüsse der Eigenschaften aufeinander zu bestimmen. Heute hat sich die Miniemulsionspolymerisation als überzeugende Synthesestrategie für Polyacrylat-Alkydharz-Dispersioen etabliert, was die große Anzahl von veröffentlichten Arbeiten in einem Übersichtsartikel von Guyot et al. zeigt [78]. 2.6 Phasenseparation Phasenseparation einer Polymerlösung, Flory-Huggins-Theorie Der Bildung von Partikelmorphologien liegt das Prinzip der Phasenseparation zugrunde. Eine Lösung eines Polymers ist unter bestimmten Bedingungen stabil oder instabil. Inwiefern sich Polymer und Lösungsmittel mischen, hängt von der freien molaren Gibb schen- Mischungsenthalpie ΔG mix.,m ab. Diese setzt sich aus der freien Mischungsenthalpie ΔH mix,m, der freien Mischungsentropie ΔS mix,m sowie der Temperatur T: Δ G =ΔH TΔ S (2.7) mix, m mix, m mix, m Die freie molare Mischungsentropie ist gegeben durch die Volumenbrüche des Polymers φ 2 und Lösungsmittels φ 1: Δ S = R( φ lnφ + φ ln φ ) (2.8) mix, m Mischen sich zwei Stoffe (hier Polymer und Lösungsmittel), so nimmt die Unordnung des Systems zu und die Entropie steigt. Da jedoch aufgrund ihrer Konformation Polymerketten eine geringere Zahl von Anordnungsmöglichkeiten haben als ihre entsprechenden Monomere, sinkt der Gewinn an molarer Entropie, welche durch das Lösen des Polymers erhalten wird. Die erhaltenen Werte der molaren Mischungsentropie sind meist sehr gering (ΔS mix 0). Die freie molare Mischungsenthalpie ergibt sich aus der Temperatur und den Volumenbrüchen:

33 Theorie und Grundlagen 23 Δ H = χrtφφ (2.9) mix, m 1 2 Um die enthalpischen Wechselwirkungen zwischen dem Polymer und dem Lösungsmittel besser beschreiben zu können, wurde von Flory und Huggins ein Wechselwirkungsparameter χ eingeführt. Dieser ist ein Maß für die Güte des Lösungsmittels für ein bestimmtes Polymer und nimmt Werte an, welche größer als Null sind. Je kleiner dieser Flory-Huggins-Parameter eines Polymer-Lösungsmittel-Systems ist, umso besser eignet sich das Lösungsmittel, um ein Polymer zu lösen. Aus der Bedingung, dass der Flory-Huggins-Parameter stets positive Werte annimmt, ergibt sich für die freie Mischungsenthalpie ebenfalls ein positiver Wert ( Δ H mix, m > 0 ). Dabei gilt: Δ H >ΔS mix, m mix, m Δ H <ΔS mix, m mix, m Entmischung des Systems Mischung des Systems (2.10) Da die Temperatur einen direkten Einfluss auf die freie Gibb sche Mischungsenthalpie und auf die freie Mischungsenthapie ausübt, kann über die Erhöhung der Temperatur ein System gemischt und über eine Senkung der Temperatur entmischt werden, wie in Abbildung 2.13 anhand des grünen Pfeils gezeigt wird. ΔG mix,m T 1 T c T 2 T 3 Temperatur nimmt ab Mischungslücke T 4 Abbildung 2.13: Phasendiagramm einer Polymerlösung in Abhängigkeit von der Temperatur und der Konzentration der Polymerlösung. Φ 2 In einem vollkommen mischbaren System weist die Isotherme der freien Gibb schen Mischungsenthalpie ein lokales Minimum auf. Senkt man die Temperatur weiter ab, so erhält man unterhalb der kritischen Temperatur T c eine Mischungslücke. Die Isothermen weisen hier ein lokales Minimum und zwei lokale Maxima auf. Liegt eine Polymerlösung mit einer Zusammensetzung innerhalb dieser Mischungslücke vor, so separiert sie in die beiden lokalen Minima mit den Zusammensetzungen der beiden Polymerlösungen, die den Volumenbrüchen

34 24 Theorie und Grundlagen bei dieser Temperatur in den Minima der Kurve entsprechen. Man erhält eine polymerarme (Sol) und eine polymerreiche Phase (Gel), wie in Abbildung 2.14 dargestellt wird. Je weiter die Temperatur abgesenkt wird, desto mehr Polymer ist in dem Gel und desto mehr Lösungsmittel ist in dem Sol enthalten. Sol Abbildung 2.14: Schematischer Ablauf einer Phasenseparation in eine Sol- und eine Gelphase. Gel Eine weitere Möglichkeit, eine stabile Polymerlösung zu entmischen, ist die Zugabe eines Nichtlösungsmittels als dritte Komponente, die über den Volumenbruch eine Verschiebung der Zusammensetzung in die Mischungslücke bewirkt, wie der blaue Pfeil in Abbildung 2.13 demonstriert. Für sehr kleine Gehalte an Polymer oder sehr geringe Anteile an Lösungsmittel kann bei Raumtemperatur meist eine stabile Polymerlösung erhalten werden, wenn deren Zusammensetzungen außerhalb der Mischungslücke bei dieser Temperatur liegt. Nach diesem Prinzip wirken beispielsweise Weichmacher, welche in einer geringen Menge einem Polymer zugesetzt werden und mit diesem bis zu bestimmten Konzentrationen bei Raumtemperatur voll mischbar sind. Die Zusammensetzung der Mischung liegt bei Raumtemperatur außerhalb des instabilen Bereichs dieser Mischung und weist daher keine Mischungslücke und somit keine Phasenseparation auf. Würde man höhere Mengen des Weichmachers zugeben, so würde die Löslichkeit des Weichmachers im Polymer ab einer bestimmten, von der Temperatur abhängigen Konzentration überschritten werden und es würde eine Phasenseparation auftreten. Erhöht man die Temperatur des Systems, so ist dieses vollkommen ineinander mischbar Separation zweier nicht mischbarer Phasen in einem Tröpfchen Torza and Mason [81] veröffentlichten 1969 ein Modell der Phasenseparation zweier nicht mischbarer Flüssigkeiten, indem sie diese in einer wässrigen Phase dispergierten und die resultierenden Morphologien, d.h. die räumliche Anordnung, welche beide Phasen zueinander in den Tropfen einnehmen, untersuchten. Dieses Model besagt, dass sich die thermodynamisch stabilste Morphologie bei Kenntnis der Grenzflächenspannungen γ ij der Phasen untereinander und der daraus resultierenden Spreitkoeffizienten vorhersagen lässt: S i = σ jk (σ ij + σ ik ) (2.11) Abbildung 2.15 zeigt die möglichen durch die Spreitkoeffizienten bestimmten Morphologien der Flüssigkeitstropfen in der wässrigen Phase.

35 Theorie und Grundlagen 25 Kern-Schale teilweise einschließend γ γ, γ > γ S = γ ( γ + γ ) < 0 S S γ = γ ( γ + γ ) > = γ ( γ + γ ) < γ γ, γ > γ S = γ ( γ + γ ) < 0 S S > γ = γ ( γ + γ ) < = γ ( γ + γ ) < Janus-Partikel nicht einschließend γ γ, γ > γ S = γ ( γ + γ ) 0 S S γ = γ ( γ + γ ) = γ ( γ + γ ) < γ > γ, γ S = γ ( γ + γ ) < 0 S = γ ( γ + γ ) < S = γ ( γ + γ ) > Abbildung 2.15: Phasenseparation zweier nicht mischbarer Flüssigkeiten innerhalb eines Tropfens. Abhängigkeit der resultierenden Tropfenmorphologie von den Grenzflächenspannungen der einzelnen Phasen zueinander. Wenn die Grenzflächenspannung von Flüssigkeit 2 zur Wasserphase deutlich kleiner ist als die Grenzflächenspannung von Flüssigkeit 1 zur Wasserphase (γ 12 > γ 23 und S 1 < 0), wird Flüssigkeit 1 komplett von Flüssigkeit 2 eingeschlossen, und man erhält eine Kern-Schale- Struktur. Wenn jedoch die Grenzflächenspannung beider Flüssigkeiten zueinander größer ist als die der jeweiligen Flüssigkeit zur Wasserphase, liegen beide Flüssigkeiten in getrennten Tropfen vor ( γ 12 > γ 13, γ 23, S 2 < 0 und S 3 > 0). Ist jedoch die Differenz der Grenzflächenspannung von Flüssigkeit 2 zur Wasserphase nur geringfügig kleiner als die Grenzflächenspannung von Phase 1 zur Wasserphase, so umschließt Flüssigkeit 2 Flüssigkeit 1 nur teilweise (S 1, S 2, S 3 < 0). Sind die Grenzflächenspannungen beider Flüssigkeiten zur Wasserphase nahezu identisch, ist es für das System energetisch irrelevant, welche der beiden Flüssigkeiten im Kontakt mit der wässrigen Phase steht und man erhält einen Janus- Partikel [64]. Dies kann durch hohe Tensidkonzentrationen erreicht werden.

36 26 Theorie und Grundlagen Phasenseparation in einem Polymer-Polymer-Partikel und daraus resultierende Partikelmorphologien Da der Flory-Huggins-Parameter für die meisten Polymer-Polymer-Systeme einen Wert von deutlich über Null aufweist, sind diese oft nur begrenzt oder nicht ineinander mischbar, separieren daher voneinander [82] und lassen sich folglich vereinfacht nach der Theorie von Torza und Mason beschreiben. Diese Theorie wurde von Sundberg et. al. erweitert und auf die Polymer-Polymer-Systeme übertragen [83-85]. Unter der Annahme, dass die thermodynamisch günstigste Morphologie der Partikel nur durch die Grenzflächenspannungen γ 12, γ 13 und γ 23 der drei Phasen bestimmt wird, kann mittels der Beziehung G s = Σσ ij A ij (vgl. hierzu Formel 2.2 in Kapitel 2.3.2), wobei A ij die Phasengrenzfläche der einzelnen Phasen und G s die freie Gibb sche Energie des Systems ist, eine Vorhersage über die im Partikel vorliegende Morphologie getroffen werden [85]. Folglich hat jede Morphologie einen unterschiedlichen Wert für die Gibb sche freie Enthalpie und die erhaltene Anordnung der Phasen zueinander entspricht der thermodynamisch günstigsten Anordnung mit einem Minimum an Grenzflachenenergie (G s ). Dieses Modell kann auf ein System übertragen werden, welches zwei verschiedene, nicht ineinander mischbare und wasserunlösliche Polymere oder ein Polymer und eine andere niedermolekulare oder anorganische, nicht mit dem Polymer mischbare und wasserunlösliche Substanz enthält. Jedoch muss dabei die Annahme gemacht werden, dass sich die beiden Phasen im Partikel vollkommen entmischen können und somit die Phasenseparation vollständig stattfinden kann. Für ein System, welches mindestens ein Polymer enthält, lassen sich anhand der Hydrophilie des Polymers und der Substanz, welche die zweite Phase bildet, Vorhersagen über die Morphologie der resultierenden Hybridpartikel treffen. Wird ein Monomer in Miniemulsion polymerisiert, d.h. unter Anwesenheit eines weiteren Polymers oder einer im Monomer löslichen organischen oder anorganischen Substanz, die jedoch im Polymer nicht löslich ist, so tritt während der Polymerisation eine Phasenseparation innerhalb des Partikels auf. Können sich dabei die Phasen durch Diffusion voneinander trennen, so wird die thermodynamisch günstigste Morphologie erhalten, die ein Minimum an freier Gibb scher Energie beinhaltet. Demnach wird die thermodynamisch begünstigste Morphologie durch die Grenzflächenspannungen der beiden Polymere zur Wasserphase und zueinander bestimmt. Diese können durch die Wahl und Konzentration des Tensides maßgeblich beeinflusst werden [85]. Der Verlauf einer Polymerisation und die Phasenseparation im Partikel, welche durch Diffusion der Polymerketten zur thermodynamisch günstigsten Morphologie führt, ist in Abbildung 2.16 dargestellt. Hier wird ein Monomer unter Anwesenheit einer weiteren polymeren oder organischen Phase polymerisiert, die im Monomer, jedoch nicht in dem daraus resultierenden Polymer löslich ist. Im Laufe der Polymerisation nimmt die Monomerkonzentration ab und die daraus gebildete Polymermenge zu, was zum Anstieg der

37 Theorie und Grundlagen 27 Viskosität im Partikelinneren führt. Zugleich setzt mit steigender Polymermenge im Partikel eine Separation der Phasen ein. Dabei tritt diese an jedem Punkt im Partikel gleichermaßen auf. Durch Diffusion vereinen sich die Phasen zu Mikrodomänen, die weiter anwachsen, bis letztlich alle Mikrodmänen vereint sind und die thermodynamisch günstigste Morphologie erhalten wird. Matrix Mikrodomänen bilden sich aus Polynukleare Struktur Koaleszenz der Mikrodomänen Kern-Schale- Partikel Abbildung 2.16: Betrachtung der Phasenseparation zweier Phasen innerhalb eines Partikels während der Polymerisation, hier Kern-Schale-Struktur. González-Ortiz und Asua [86] haben hierzu das Clusterdynamik-Modell veröffentlicht, das die kinetischen Faktoren berücksichtigt, welche die spätere Partikelmorphologie beeinflussen und das Auftreten und die Migration der Mikrodomänen im Partikel beschreibt. Aufgrund einer sehr hohen Viskosität im Partikel kann jedoch eine Migration der Mikrodomänen zu größeren Domänen unterbunden sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Phasenseparation erst zu einem sehr späten Zeitpunkt der Polymerisation einsetzt. So können in ein und derselben Probe unterschiedliche Morphologien für verschiedene Partikel vorliegen, wenn die Diffusion der Polymerketten gehemmt ist und diese somit einen längeren Zeitraum benötigen, bis die Phasenseparation vollständig verläuft und die thermodynamisch begünstigste Morphologie ausgebildet ist [87]. Gleichzeitig kann es jedoch vorkommen, dass eine Diffusion der Polymerketten soweit gehemmt ist, dass eine Phasenseparation in einem gewissen Stadium eingefroren wird und daher nicht die thermodynamisch günstigste Morphologie erhalten wird. Dieser Nicht- Gleichgewichtszustand wird als kinetisch gesteuerte Morphologie bezeichnet. Das Auftreten solch kinetisch favorisierter Strukturen wird durch die Mobilität und somit durch das Interdiffusionsvermögen beider Phasen beeinflusst [88], die wiederum vom T g des Polymers [89], dessen Vernetzungsgrad und Molekulargewicht [89] abhängig sind. Die Möglichkeiten zweier Phasen, sich dann im Partikel anzuordnen und verschiedene Morphologien auszubilden (s. Abb. 2.17), sind damit im Wesentlichen abhängig von der Viskosität im Partikelinneren und dem Interdiffusionsvermögen beider Phasen. Ist eine Diffusion der Mikrodomänen gehemmt, so können polynukleare Strukturen erhalten werden. Weiter beeinflussen Faktoren wie die Initiator- und Tensidart [85] sowie die Reaktionstemperatur [90] die Morphologie. Außerdem wird die Morphologie der Hybridpartikel durch die Mischbarkeit beider Phasen bestimmt [91]. Liegt eine Mischbarkeit vor, so tritt keine Phasenseparation ein und ein Matrixpartikel wird erhalten (vgl. Abb. 2.17). Verläuft eine Phasenseparation infolge einer

38 28 Theorie und Grundlagen partiellen Mischbarkeit beider Phasen nicht vollständig, so können Partikel erhalten werden, die eine Kern-Schale-Struktur besitzen, wobei eine Phase reich an dem Polymer (Phase 1) und die andere Phase reich an der Substanz ist (Phase 2). Sind beide Phasen begrenzt ineinander mischbar, so können Matrixpartikel mit einem Gradienten erhalten werden. Matrix Matrix mit Gradient Polynukleare Struktur Kern-Schale Partikel mit unvollständiger Phasenentmischung Abbildung 2.17: Kinetisch favorisierte Partikelmorphologien in Abhängigkeit des Mischbarkeit beider Phasen und der Viskosität innerhalb des Partikels. Eine Matrixstruktur mit Gradient kann auch erhalten werden, wenn ein Polymer teilweise auf ein weiteres aufgepfropft wird und somit an der Grenzschicht zwischen beiden Homopolymeren eine Phase existiert, die aus dem Pfropfcopolymer besteht und zwischen beiden Homopolymeren vermittelt. 2.7 Verkapselung Die Verkapselung von Materialen findet ein einfaches Beispiel in der Natur: ein Ei. Die Verkapselung verspricht die Möglichkeit, empfindliche Stoffe in einer schützenden Polymerschicht zu lagern und unterschiedlichste Materialien für verschiedenste Anwendungsmöglichkeiten zu kombinieren. Hierzu zählen die kontrollierte Freisetzung von Vitaminen, Arzneistoffen, Aktiv- und Wirkstoffen, der Schutz von empfindlichen Substanzen vor Umwelteinflüssen, Haltbarkeit, bessere Verarbeitung, bessere Kompatibilität und Umweltfreundlichkeit [10]. Eine Mikrokapsel ist als sphärischer Partikel definiert, der einen festen oder flüssigen Kern besitzt, der von einer festen, meist polymeren Hülle umschlossen ist. Viele der heute herstellbaren Kapseln haben eine Größe im Bereich einiger Nanometer bis hin zu einigen Mikrometern. Die Forschung auf diesem Gebiet fand mit der Verkapselung von Kristallviolett in Gelatine und Gummi Arabikum ihre erste Anwendung in kohlenstofffreiem Durchschriftpapier; die erhaltenen Partikel wiesen Größen im Bereich einiger Mikrometer auf [9]. Seither hat dieses Gebiet ein breites industrielles Interesse erfahren, und heute können eine Vielzahl von Substanzen mit verschiedensten, moderneren Methoden im Größenbereich einiger Mikrometer verkapselt werden [92]. Tabelle 2.1 gibt eine Aufstellung einiger der industriell meist verwendeten Verkapslungsmethoden zur Herstellung von Mikrokapseln und zeigt die Vor- und Nachteile dieser auf [93].

39 Theorie und Grundlagen 29 Tabelle 2.1: Vor- und Nachteile industriell angewendeter Verkapselungsmethoden. Technik Vorteile Nachteile Sprühtrocknung Equipment und Wissen hierzu ist weit verbreitet vielseitig einsetzbar hohe Betriebskosten hohe Anschaffungskosten hohe Temperaturen Verwendung von organischen Lösungsmitteln Extrusion Anwendung für Bioverkapselung hohe Temperatur breite Partikelgrößenverteilungen Grenzflächenpolykondensation einfach zu kontrollieren Nicht-biokompatible Trägermaterialen Verwendung org. Lösungsmittel Suspensionspolymerisation Equipment und Wissen hierzu ist weit verbreitet hohe Partikelgrößenverteilung Prinzipiell können sie in chemische und physikalische Techniken unterschieden werden. Physikalisch-mechanische Prozesse sind beispielsweise das Spühtrocknungsverfahren und das Extrusionsverfahren. Partikel in einem Größenbereich unterhalb einiger Mikrometer werden mit diesen Verkapselungsmethoden nicht erreicht. Weitere Nachteile dieser Methoden können hohe Temperaturen, ein hoher verfahrenstechnischer Aufwand oder hohe Betriebskosten sein [94]. Die am häufigsten angewendeten chemischen Prozesse sind in-situ-prozesse wie die Suspensionspolymerisation und die Grenzflächenpolykondensation. Die Nachteile dieser Techniken sind die Verwendung von organischen Lösungsmitteln bzw. die Größen der erhaltenen Partikel im Mikrometerbereich. Bevorzugt sind Techniken, welche umweltfreundlich sind, da sie ohne die Verwendung von organischen Lösungsmitteln arbeiten, hohe Verkapselungsgrade bei kleinen Partikelgrößen erzielen und eine gezielte, temperaturgesteuerte Freisetzung über die Zeit und somit ein breites Anwendungsgebiet ermöglichen. Dies ist beispielsweise in einer Miniemulsionspolymerisation möglich Verkapselung mittels Emulsionspolymerisation Die Emulsionspolymerisation ist die am häufigsten verwendete Methode, Polymerdispersionen herzustellen. Als Verkapselungsmethode findet sie jedoch nur eingeschränkt Anwendung. Legt man zu Beginn der Reaktion die hydrophobe, zu verkapselnde Substanz im Monomer gelöst vor, so kommt es durch die Diffusion des Monomers aus den Tröpfchen in die Mizellen dazu, dass die Tröpfchen zunehmend an Monomer verarmen und das Monomer in den Mizellen polymerisiert (vgl. Kapitel 2.4.1). Dadurch liegen am Ende der Polymerisation neben den Polymerpartikeln Tröpfchen oder Partikel vor, die nur die zu verkapselnde Substanz beinhalten. Um eine Verkapselung mittels

40 30 Theorie und Grundlagen Emulsionspolymerisation zu erreichen, muss die zu verkapselnde Substanz als Saat-Material dispergiert vorgelegt werden. Es dürfen dabei keine freien Mizellen existieren und das Monomer muss im Laufe der Polymerisation langsam zugegeben werden. Solche Saatmaterialien können anorganische Materialen wie Silika- [95] [96, 97] oder Titandioxidpartikel sein, an deren Oberfläche grenzflächenaktive (ionische) Monomere polymerisiert werden können. Diese Monomere ersetzen dabei das Tensid, so dass ein Einsatz dessen nicht erforderlich ist. Jedoch wurden für höhere Anteile des Monomers stets reine Polymerpartikel nachgewiesen, zudem liegt die Größe der erhaltenen Hybridpartikel im Bereich einiger Mikrometer. Diese Nachteile, die geringe Stabilität von Emsulionen und die Einschränkung, nur wenige Materialen mit diesem Verfahren polymerisieren zu können, schränkt die Anwendung der Emulsionspolymerisation auf dem Gebiet der Verkapselung stark ein Verkapselung mittels Miniemulsionspolymerisation Die geringe Tröpfchengröße, die hohe kinetische Stabilität und der nicht erforderliche Massentransport des Monomers von Tröpfchen in die Mizellen macht die Miniemulsionspolymerisation im Vergleich zu herkömmlichen Verkapselungsmethoden zu einem interessanten Anwendungsgebiet zur Verkapselung von verschiedensten Materialen. Die Miniemulsionspolymerisation ermöglicht die Herstellung von mit dem Wirkstoff hochbeladenen Nanokapseln oder beladenen Nanopartikeln in einem einzigen Herstellungsschritt (in-situ-verfahren) ohne die Verwendung von umweltbedenklichen organischen Lösungsmitteln oder hohen, die zu verkapselnde Substanz möglicherweise schädigende, Temperaturen oder hohen Tensidgehalten, was mit bisher genannten Methoden nicht erreicht werden kann [29]. Diese Methode ermöglicht die Verkapslung einer großen Zahl von Substanzen, da das zu verkapselnde Material bereits in den Monomertröpfchen vorliegt und die Identität und somit die Zusammensetzung der späteren Hybridpartikel dem der Monomertröpfchen entspricht [18, 98, 99]. Das Prinzip der Herstellung von Nanopartikeln und -kapseln entspricht dem der Miniemulsionspolymerisation, bei der die im Monomer lösliche Substanz neben diesem während des gesamten Herstellungs- und Polymerisationsprozesses im Tröpfchen vorliegt. Zur Bildung der Nanokapseln, welche die zu verkapselnde Substanz in einer polymeren Schale oder in einer polymeren Matrix enthalten, macht man sich die unterschiedlichen Grenzflächenspannungen des Polymers und der zu verkapselnden Substanz zunutze. Durch die während der Polymerisation zunehmende Inkompatibilität des Polymers mit dieser Substanz kommt es zur Phasenseparation, wie Abbildung 2.18 zeigt, und das Polymer schließt die zu verkapselnde, hydropohobere Substanz ein. Das Potential von mittels Miniemulsionspolymerisation verkapselten, im Monomer löslichen Materialen nach dem Prinzip der Phasenseparation während der Polymerisation ist sehr groß, wie die Zahl der veröffentlichten Arbeiten hierzu zeigt. Zum einen kann der langkettige Kohlenwasserstoff Hexadecan in größeren Mengen (bis 50 Gew.-% bezogen auf die disperse

41 Theorie und Grundlagen 31 Phase) in PMMA und Polystyrol verkapselt werden [99], zum anderen gelingt so auch die Verkapselung gleicher Gehalte des biokompatiblen Triglycerides Miglyol 812 in Polystyrol und Polyvinylacetat [100]. Ebenso kann der Photoinitiator TPO in PMMA- und Polyacrylatpartikel eingekapselt und aus diesen Partikeln kontrolliert über einen längeren Zeitraum freigesetzt werden, was für die Anwendung in dentalen Klebstoffen von hohem Interesse ist [11]. Zugabe Wasserphase Homogenisierung Polymerisation Phasenseparation Monomer, Wirkstoff, Hydrophob, Initiator Polymer Wirkstoff Abbildung 2.18: Verkapselung eines Wirkstoffes mittels der Miniemulsionspolymerisationsmethode. Weiter ermöglicht die Miniemulsionspolymerisation die Herstellung von Kapseln durch eine Grenzflächenpolykondensation, was zur Verkapselung von Kontrastmitteln für medizinische Anwendungen [101] sowie zum Einschluss und zur kontrollierten Freisetzung leicht flüchtiger Duftstoffe [102] genutzt werden kann. Auf dem Prinzip der Phasenseparation beruht auch die Kapselbildung nach der Nanofällung in einer inversen Miniemulsion, welche genutzt wurde, um eine wässrige Chlorhexidindiglukonat-Lösung zu verkapseln. Hierbei wurde das Polymer in der kontinuierlichen Phase gelöst, die aus einem Lösungsmittelgemisch bestand, aus dem das Lösungsmittel, welches die Löslichkeit bedingt, verdampft wurde. Das so separierende Polymer (vgl. Kapitel 2.6.1) schied sich auf den Tröpfchen ab und bildete so Kapseln [103]. 2.8 Freisetzung von Aktiv- und Wirkstoffen aus Nanopartikeln und Mikrokapseln Ziel einer Verkapselung kann neben dem Schutz des verkapselten Materials auch dessen gezielte Freisetzung sein. Die Freisetzungsrate des Kernmaterials wird dabei maßgeblich von der Dicke der Partikelhülle bestimmt, die wiederum von der Partikelgröße und dem Anteil des Kernmaterials abhängt. Aus größeren kommerziell erhältlichen Wachskapseln (>3000 µm) mit höherer Beladung des Kernmaterials Wasser (85%) konnte innerhalb eines Zeitraumes mehr Kernmaterial freigesetzt werden als aus kleinen Kapseln mit einem geringeren Anteil des Wassers [92]. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Freisetzungsrate auch maßgeblich durch die Dichte der polymeren Hülle beeinflusst wird. Dazu wurden Kapseln, welche als Hüllenmaterial Polyethylen (PE) und als Kernmaterial Wasser (74%) beeinhalteten und eine

42 32 Theorie und Grundlagen Größe von 500 µm besaßen, verglichen. Dabei zeigte sich, dass die Kapsel, deren PE eine Dichte von 0.96 g cm -3 besaß, eine deutlich höhere Halbwertszeit (Zeitpunkt an dem 50 Gew.-% des Kernmateriales freigesetzt wurden) und somit geringere Freisetzungsrate besaß als eine PE-Kapsel mit einer Dichte des Hüllenmaterials von ρ = g cm -3. Neben dem Einsatz handelsüblicher Polymere als Hüllenmaterial ist es auch von Interesse, dieses zu modifizieren und den Anforderungen anzupassen. So können mit den Aktiv- und Wirkstoffen auch andere Additive eingekapselt werden, die das Freisetzungsverhalten des Aktiv- oder Wirkstoffes dadurch verändern, dass die Freisetzung des Aktivstoffes nur stattfindet, wenn eine physikalische oder chemische Veränderung des Additiven in der Polymerhülle stattfindet [104], die Partikel werden somit schaltbar. Eine weitere chemische Modifizierung bietet die Vernetzung des Schalenmaterials. Die Verkapselung von flüssigen Aktiv- und Wirkstoffen mit unterschiedlichen Freisetzungsraten kann beispielsweise über eine oxidative Vernetzung eines Polythiols oder einer in-situ-polymerisation (Polykondensation) von Disulfiden und eines butylierten Formaldehydharnstoffes erhalten werden. Die erhaltenen Mikrokapseln haben Größen im Bereich einiger Mikrometer. Hier kann durch die Erhöhung des Vernetzungsgrades der Polymerhülle die allmähliche Freisetzung des Kernmaterials verlangsamt werden. Durch die Zugabe von Basen oder Reduktionsmitteln wird die Freisetzung beschleunigt, da sich die chemische Struktur des Polymers ändert [105]. Physikalische Methoden wie Wirbelschichtreaktoren ermöglichen die Kontrolle der Hüllendicke und der Porengröße und somit der Freisetzungsgeschwindigkeit des Kernmaterials. So kann ein Material durch mehrfaches Auftragen des Hüllenmaterials bzw. verschiedener Hüllenmaterialen eingeschlossen werden und somit eine dickere und stabilere Hülle erzeugt werden. Durch die Erzeugung einer solchen Kern-Schale-Schale-Struktur des Partikels kann eine langsamere Freisetzung eines Pestizides erreicht werden, welches durch eine einfache Polymerhülle wesentlich schneller diffundieren würde. Dabei bildet eine Mischung aus Gelatine, Gummi Arabikum und Ethylcellulose eine zweite Hülle um den Partikel. Die so erreichten Partikelgrößen liegen im Bereich einiger Mikrometer [106]. Die gezielte und kontrollierte Freisetzung von Duftstoffen aus Kosmetika, Haushaltsreinigern, Duftsprays, Farben und Waschmittel gestaltet sich sehr schwierig, da diese flüchtigen Stoffe sehr schnell nach der Anwendung ihre Wirkung verlieren. Beispielsweise gehen viele Parfümzusätze beim Waschen und der anschließenden Trocknung verloren. Wenn diese Duftstoffe jedoch in Mikro- oder auch Nanokapseln einem Waschmittel zugesetzt werden, werden die Duftstoffe erst während oder nach dem Trocknen kontinuierlich freigesetzt [107, 108]. So bietet beispielsweise die Verkapselung von Orangenöl in eine Polyurethanhülle mittels Miniemulsionspolymerisation die Möglichkeit, diesen Duftstoff über einen längeren Zeitraum freizusetzen und somit den Geruch der Wäsche zu bewahren [102]. Mikrokapseln, die mittels Suspensionscopolymerisation von Acrylsäure mit Acrylaten, Methacrylaten oder Styrol hergestellt wurden und einen Duftstoff verkapseln, geben diesen ab, wenn sie zu einer Lösung mit einem voreingestellten ph-wert gegeben werden, da sich durch Protonierung und Deprotonierung die Quellung und Entquellung der Polyacrylsäure

43 Theorie und Grundlagen 33 beeinflussen und damit die Durchlässigkeit der Polymerhülle verändern lässt, sie wird somit schaltbar [109]. Alle diese bisher genannten Beispiele beruhen auf der Freisetzung des Aktiv- oder Wirkstoffes durch dessen Diffusion durch die polymere Hülle. Darüber hinaus können Aktivund Wirkstoffe auch durch eine Auflösung oder einen Abbau des Polymers freigesetzt werden. Bioabbaubare Mikropartikel besitzen meist Hüllenmaterialen wie Poly(D,L- Lactidsäure) (PDLLA), Poly(D,L-Lactid-co-Glycolsäure) (PLGA) und Polyethylenoxid PLGA-Diblockcopolymere (PEO PLGA). Untersucht wurde die in vitro-zersetzung dieser Partikel bei einem kontrollierten ph-wert von 7.4 und einer Temperatur von 37 C. Dabei zeigte sich, dass abhängig vom Hüllenmaterial eine Zersetzung der Kapseln im Zeitraum von 8 Wochen bis hin zu 2 Jahren erzielt werden kann [110]. Eine weitere Methode, in einem Nanopartikel eingelagerte Stoffe gezielt und schlagartig freizusetzen, bietet die gleichzeitige Einkapselung einer Azoverbindung, die sich temperaturabhängig schlagartig zersetzt und durch den entstehenden Stickstoff zur Sprengung des Partikels oder der Kapsel führt. Solche Systeme wurden erstmals durch die Miniemulsionspolymerisation erhalten. Die Monomertropfen enthielten im Inneren zwei Azoinitiatoren, wobei einer eine höhere Zerfallstemperatur besitzt als der andere Initiator, welcher zum Starten der Polymerisation verwendet wurde. Der somit verkapselte intakte Initiator zerfällt erst bei höheren Temperaturen und kann so die Partikel bzw. Kapseln sprengen [111]. In Abbildung 2.19 sind die verschiedenen Freisetzungsmechanismen aus Polymerpartikeln oder Kapseln schematisch dargestellt. Bioabbau/Auflösen Schaltung Diffusion Sprengung Abbildung 2.19: Freisetzungsmöglichkeiten verkapselter Materialen aus Nanoparitkeln und Mikrokapseln.

44 34 Theorie und Grundlagen 2.9 Der Duftstoff Gardamid TM Aus der Gruppe der N,N-disubstituierten Arylamide kommen viele Duft- und Aromastoffe, die eine fruchtige Note besitzen. Die allgemeine Strukturformel dieser Verbindungsklasse ist in Abbildung 2.20 wiedergeben, wobei R 1 eine Methylgruppe, R 2 eine Methyl-, Ethyl- oder Propylgruppe, R 3 und R eine Methylgruppe oder ein Proton, R 4 eine Ethyl- oder Methylgruppe, R 5 ein Proton oder eine Methylgruppe sowie R 3 und R 5 niemals gleichzeitig ein Proton sein können. Die bekanntesten Vertreter dieser Stoffklasse sind 1,2-Dimethyl-1-phenylbutyramid, das unter dem Handelsnamen Gardamid TM bekannt ist, und N-Ethyl-N-m-toluylbutyramid, das unter dem Handelsnamen Agarbois TM ebenfalls wie Gardamid TM von der Firma Quest-Givaudan vertrieben wird [112]. Gardamid TM besitzt einen grapefruitartigen Geruch mit einer Beinote von Rhabarber und Agarbois TM duftet nach Holz [112]. O O R 4 N R 2 N R R 1 a R 3 b R 5 Abbildung 2.20: a) Strukturformel eines N,N-disubstituierten Arylamids sowie b) Strukturformel des Gardamid TM. Diese Amide werden vielen Parfüms in Mengen von 0.01 Gew.-% bis zu 80 Gew.-% zugesetzt [112]. Eine weitere interessante Anwendung von N,N-disubstituierten Amiden findet sich im Bereich der Insektenschutzmittel. So wird das kommerziell erhältliche N,N-Diethylm-toluamid (DEET, Delphone TM ) in Insektenschutz-Körpersprays verwendet. Außerdem können solche Verbindungen als Insektenschutzmittel im Haushalt einsetzt werden, indem sie auf Oberflächen wie Wänden und Böden oder auch in Wandzwischenräumen und Zwischenböden eingebracht werden, wo sich die potentiellen Nistplätze von Insekten befinden [113]. Insbesondere Gardamid TM zählt zur Klasse der Stoffe, die in solchen Insektenschutzmitteln Anwendung finden [113]. Eine Verkapselung dieses leicht flüchtigen Stoffes bietet hierbei die Möglichkeit einer Langzeitanwendung als Insektenschutzmittel in Haushaltsreinigern, Wandfarben und Lacken.

45 Theorie und Grundlagen Das Biozid IPBC Iodpropinylbutyrcarbamat (IPBC) als ein halogeniertes, ungesättigtes Carbamat ist eine international eingesetzte Chemikalie, die in einem sehr breiten Gebiet als Fungizid und Bakteriozid Anwendung findet. Ursprünglich wurde dieser Stoff seit den 1970er-Jahren in vielen wasserbasierten Farben als Holzschutzmittel und auch als Konservierungsmittel für Farben eingesetzt, da er eine effektive Wirkung gegen eine Vielzahl von Mikroorganismen aufweist. IPBC wirkt in Holzschutzfarben und -lacken effektiv gegen holzzerstörende Pilze wie Blauschimmel, Mehltau und holzzersetzende Schimmelkulturen, welche die Festigkeit und Farbigkeit des Holzes mindern, sowie gegen holzzerstörende Insekten. Die Strukturformel des IPBCs ist in Abbildung 2.22 wiedergegeben. O N H Abbildung 2.22: Strukturformel des Fungizides IPBC. O I Bereits 1996 wurden 122 Kosmetikprodukte mit dem Zusatz dieses Stoffes in der USA vertrieben, darunter Shampoos, Lotionen, Puder, Make-up, Kontaktlinsen und Toilettenartikel. Zudem findet man dieses Biozid auch in Farben, Lacken, Kühlwasser und Haushaltsprodukten [114]. In Farben und Lacken wird IPBC in Mengen bis 4% zugesetzt, Kosmetikprodukten können bedenkenlos Mengen bis zu 0.1% dieses Stoffes beigemischt werden [115, 116]. Da IPBC eine kristalline Substanz ist, wird es meist Farben und Lacken gemeinsam mit Alkydharzen zugesetzt, die den Aktivstoff im Bindungsmittel lösen. Durch diese Feinverteilung des Aktivstoffes kann verhindert werden, dass sich während oder nach der Trocknung der Farbe oder des Lackes Kristalle des Aktivstoffes bilden, größere Mengen des IPBCs freigesetzt werden und somit eine geringere Toxizität des Produktes erreicht wird [117]. Eine Verkapselung von festen Pestiziden (Insektizide, Fungizide und Herbizide) ist nicht nur für die kontrollierte Freisetzung dieser Wirkstoffe von Vorteil, sondern kann gleichzeitig die Bildung von großen Kristalliten des Wirkstoffes verhindern. Dies gelingt durch eine Grenzflächenpolykondensation von Harzen mit grenzflächenaktiven Substanzen wie Stärke, Polyvinylalkoholen und Hydroxyproplylcellulose. Das dem IPBC verwandte 1-Naphthylmethylcarbamat wird dazu in einer wässrigen Lösung von Hydroxypropylcellulose als grenzflächenaktive Substanz dispergiert und eine essigsaure, wässrige Lösung (ph = 4.4) von Methylmelamin als Monomer 2 zugegeben. Die Mischung wird bei 40 C polymerisiert. Da Hydroxypropylcellulose an das kolloidal vorliegende Pestizid adsorbiert ist, findet diese Polykondensation an der Oberfläche der wasserunlöslichen Kern-Substanz (Naphthylmethylcarbamat) statt. Dabei vernetzt die Hydroxypropylcellulose das aus dem

46 36 Theorie und Grundlagen Methylomelamin gebildete Melaminharz und es werden Mikrokapseln in einem Größenbereich von 0.5 bis 200 µm erhalten [118].

47 37 3 Messmethoden In diesem Kapitel werden die häufigsten in dieser Arbeit verwendeten Messmethoden kurz vorgestellt. Zur Größenbestimmung von Tröpfchen und Partikeln wurde die dynamische Lichtstreuung (DLS) genutzt. Zur Größenbestimmung von Partikeln kann ebenso die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) verwendet werden, wobei diese als bildgebendes Verfahren neben der Atomkraftmikroskopie (AFM) auch zur Aufklärung der Partikelmorphologie verwendet wurde. Die Glasübergangtemperaturen wurden mittels Differenzial-Raster-Kalorimetrie (DSC), die Reaktionswärmen durch Reaktionskalorimetrie und die Freisetzung von verkapselten, volatilen Stoffen mittels Thermogravimetrie (TGA) bestimmt. Chromatographische Methoden fanden mit der Gel-Permeations-Chromatographie (GPC) zur Molekulargewichtsbestimmung und der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) zur Bestimmung der Restmonomergehalte Anwendung. [33, 119] 3.1 Dynamische Lichtstreuung Dispersionen und Suspensionen zeigen eine freie Diffusion der Teilchen, die als Brown sche Molekularbewegung bezeichnet wird. Dadurch kommt es in einer Dispersion kurzfristig zur Bildung von Molekülclustern, an denen das Licht stark gestreut wird. Die Energie der Photonen kann sich durch die Interaktion von Licht mit Materie ändern. Die Photonenenergie kann dabei erhöht oder reduziert werden, wodurch das resultierende Streulicht Änderungen in der Frequenz erfährt. Die Phasenverschiebung der Lichtwellen kann mittels der Autokorrelationsfunktion des Streulichtes quantifiziert werden. Die Autokorrelationsfunktion des Streulichtes ergibt sich aus der Messung der Streulichtintensität in Abhängigkeit von der Zeit und ist ein Maß dafür, wie der Aufenthaltsort eines Tropfens oder Partikels zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem zu einem früheren Zeitpunkt korreliert. Bei einer schnellen Bewegung der Teilchen tritt bereits nach kurzer Zeit kein Zusammenhang zu einem früheren Zustand mehr auf. Große Tropfen oder kolloidale Teilen diffundieren langsamer als kleinere. Als Lichtquelle dient bei diesem Verfahren ein Laser, welcher ein monochromatisches, kohärentes Licht aussendet; das Streulicht kann in einem Winkel von detektiert werden, siehe Abbildung 3.1. Die Teilchenbewegung verursacht zeitliche Schwankungen in der Streulichtintensität; kleine beweglichere Teilchen rufen eine höhere Schwankungsfrequenz hervor, entsprechend klingt die Autokorrelationfunktion g(τ) schneller ab [119], siehe Abbildung 3.2.

48 38 Messmethoden Probe Laser Computer Detektor Abbildung 3.1: Schematischer Aufbau einer dynamischen Lichtstreuungsapperatur. I(t) kleine Teilchen g(τ) _ I t τ I(t) große Teilchen g(τ) _ I t τ Abbildung 3.2: Verlauf der zeitabhängigen Streulichtintensitätsschwankungen I(t) um den Mittelwert I und die daraus resultierende Autokorrelationsfunktion g(τ) für unterschiedliche Teilchengrößen. Die Autokorrelationsfunktion g(τ) liefert den Diffusionskoeffizienten D T. Für eine monodisperse Probe ohne gegenseitige Wechselwirkung der kugelförmigen Teilchen und unter der Annahme, dass nur Translationsbewegungen stattfinden können, ist die Korrelationsfunktion gegeben durch [33] : 2 ( ) exp( T ) gt = A qdt (3.1)

49 Messmethoden 39 Hierbei ist D T der Diffusionskoeffizient der Translationsbewegung, t die Zeit und q 2 das Quadrat des Streuvektors. Die Diffusion von sphärischen Teilchen oder Tropfen ist durch den Diffusionskoeffizienten D über die Stokes-Einstein-Gleichung mit der Größe verknüpft: R h kt = (3.2) 6πηD r: Hydrodynamischer Radius k: Bolzmannkonstante T: absolute Temperatur η: dynamische Viskosität D T : Diffusionskoeffizient T [33, 120] 3.2 Transmissions-Elektronenmikroskopie Die Transmissions-Elektronenmikroskopie detektiert Strukturen mit Hilfe von Elektronen, dabei werden Objekte ähnlich wie beim Lichtmikroskop durchleuchtet, man spricht von einer direkten Abbildungsmethode. Bei der Lichtmikroskopie dient Licht als Strahlung, das TEM nutzt Elektronen, welche am Objekt gebeugt, gestreut oder von ihm absorbiert werden können. Die Auflösung ist im Lichtmikroskop begrenzt durch die Wellenlänge des Lichtes, was die Abbè sche Formel verdeutlicht [120] : 1.22 λ d = (3.3) n sinα Die Distanz der Auflösung d ist dabei gegeben durch die Wellenlänge des verwendeten Strahls und die numerische Apertur A = n sinα, wobei sinα den Öffnungswinkel der Objektivlinse ergibt und n den Brechungsexponenten zwischen Objekt und Objektiv. Die Auflösungsgrenze eines Lichtmikroskops ist somit begrenzt auf die halbe Wellenlänge des Lichts (λ/2), wobei die maximal mögliche Auflösung beim Elektronenmikroskop noch lange nicht erreicht ist. Das Auflösungsvermögen eines Elektronenmikroskops ist durch die Wellenlänge der Elektronen durch die DeBroglie-Beziehung gegeben: [33] c λ = m ν e (3.4) Diese lässt sich verringern, indem die Geschwindigkeit der Elektronen vergrößert wird, da die Lichtgeschwindigkeit c und die Elektronenmasse m e konstant sind. Um dies zu erreichen, sind sehr hohe Beschleunigungsspannungen im Bereich mehrerer kv nötig. Mittels hochauflösenden Geräten (HRTEM, engl. high resolution TEM) können so Strukturen im Größenbereich von ca. 0.1 nm detektiert werden, was einer tausendfach höheren Auflösung als der des Lichtmikroskops entspricht. Dies ist aufgrund der geringen Wellenlänge des Elektronenstrahls (ca Å) möglich. Der Aufbau eines TEM ist in Abbildung 3.3 dargestellt.

50 40 Messmethoden Kathode Anode Doppelkondensor Objektschleuse mit Objekträger und Objekt Kontrastblende Objektiv Doppelprojektiv Leuchtschirm Kamera Abbildung 3.3: Schematischer Aufbau eines Transmissions-Elektronenmikroskops. Im TEM wird die Strahlung mittels einer Glühkathode, eine auf ca C erhitzte Wolframdrahtspitze, erzeugt und entlang einer Anode beschleunigt, die Beschleunigungsspannung beträgt dabei mehrere 100 kv. Der Elektronenstrahl wird nun durch elektromagnetische Linsen, den Doppelkondensor, abgelenkt, fokussiert und in eine Schraubenbahn gebracht. Beim Durchtritt durch das Objekt durchdringen die Elektronen die Elektronenhülle der Atome des Objektes und werden am Atomkern abgelenkt, dabei wird keine Energie vom Elektron auf den Atomkern übertragen. Die dabei auftretende Richtungsänderung ist der wesentliche Bestandteil der Kontrastentstehung im TEM, denn stärker gestreute Elektronen werden von einer Blende unterhalb des Objektes aufgefangen. Wie stark die Elektronen gestreut werden, hängt im Wesentlichen von der Ordnungszahl des Atomkerns ab, an dem die Elektronen gestreut werden. Schwächer gestreute Elektronen werden in dem unterhalb der Objektivblende liegenden Abbildungssystem durch elektromagnetische Linsen fokussiert und auf die gewünschte Endvergrößerung eingestellt. Die unterste Linse wird Projektiv genannt, mit ihrer Hilfe wird das Bild auf dem Fluoreszenzschirm oder eine entsprechende Kamera projiziert, siehe Abbildung 3.3.

51 Messmethoden 41 [33, 121] 3.3 Atomkraftmikroskopie Die Atomkraftmikroskopie (AFM, engl. Atomic Force Microscopy), 1986 entwickelt, erlaubt die Abbildung der Oberflächentopographie von beliebigen, elektrisch leitenden oder nicht leitenden Materialen bis in den subatomaren Bereich hinein. Das Prinzip der AFM beruht auf der mechanischen Abtastung von Oberflächen mittels Messung von attraktiven (Van-der- Waals-) und repulsiven atomaren Kräften, die durch die Abstoßung der Atomorbitale zwischen den Atomen der Spitze und der Probe entstehen. In erster Näherung wirkt das Lenhard-Jones-Potential als repulsive und attraktive Kraft zwischen einer sehr dünnen Spitze und der Objektoberfläche. Die Größe der Kraft wird durch die Biegung eines Federelementes (engl. cantilever), auf dem die Nadel sitzt, von einem Laser detektiert, siehe Abbildung 3.4. Je nach Messmethode wird auch die Resonanzänderung der in Resonanzschwingung versetzen Nadel aufgezeichnet. Auf diese Weise wird die Probe in zwei Richtungen (x,y-ebene) abgerastert, und die Auslenkung des Federelementes in z-richtung gibt die Wechselwirkung von Probe und Federspitze wieder. Dabei wird die Probe mittels eines x-y-z-piezoelementes in alle drei Raumrichtungen bewegt. Die Cantilever werden meist aus Si 3 N 4 oder Silizium hergestellt und sind µm lang, die darauf befindliche Spitze ist pyramidenförmig und besitzt eine Dicke von ca. 20 nm oder weniger. Man unterscheidet zwischen zwei Betriebsmodi, zum einen dem contact mode als statischem Betriebsmodus, bei dem die Spitze im repulsiven Kontakt mit der Probe steht; dabei wird die Probe mit einer konstanten Kraft (constant-force mode) zwischen Probenoberfläche und Spitze oder mit konstanter Position des z-piezos (constant-height mode) abgerastert. Die Auslenkung der Spitze wird dabei von der Photodiode, bzw. die Auslenkung des z-piezoelementes von dem Steuerelement detektiert. Zum anderen kann eine Messung im dynamischen Betriebsmodus erfolgen. Hierbei unterscheidet man im allgemeinen zwei wesentliche Fälle, welche sich zum Abbilden von adhäsiven Oberflächen eignen. Im noncontact mode wird die Tastfeder jenseits ihrer Eigenfrequenz angeregt und die Wechselwirkung zwischen Spitze und Probe detektiert. Zum anderen kann im tapping mode gemessen werden, bei dem die Feder von einem Piezoelement angeregt in ihrer Eigenfrequenz schwingt und die Spitze kontinuierlich die Probenoberfläche berührt. Durch die Wechselwirkung der Spitze mit der Probe wird eine Phasenverschiebung zwischen der induzierten und der resultierenden Schwingung hervorgerufen, der Betrag dieser Phasenverschiebung beinhaltet die Information über die Oberflächenhärte der Probe. Zudem lässt sich neben der Oberflächentopographie auch die Härte (bei unterschiedlichen Glasübergangstemperaturen der Polymere) unterschiedlicher Bereiche der Probe bestimmen, wodurch die Morphologie der Probe charakterisiert werden kann [122, 123].

52 42 Messmethoden segmentierter Photodetekto Laser Tastfeder mit Messspitze Computer Probe x-y-z- Piezoelement Elektronik Abbildung 3.4: Schematischer Aufbau eines Atomkraftmikroskopes. 3.4 Gel-Permeations-Chromatographie Mittels der Gel-Permeations-Chromatographie, auch Größenausschlusschromatographie genannt, lassen sich Polymere nach ihren Molekulargewichten fraktionieren und detektieren. Polymere liegen in Lösung als Knäuel mit einem spezifischen hydrodynamischen Volumen vor, wobei dieses Volumen das effektive Volumen eines Polymermoleküls bei vollständiger Solvatation mit dem Lösungsmittel ist. Der hydrodynamische Radius ist abhängig vom Molekulargewicht und der Art des Polymeren (vgl. Kapitel 2.1). Die Säulen der GPC bestehen aus vernetzen, druckstabilen makroporösen Polystyrolpartikeln mit definierter Verteilung der Porengrößen ( Å) [124], in welche die Polymerknäuel je nach ihren hydrodynamischen Volumen unterschiedlich tief eindringen können und dadurch während der Elution unterschiedliche Verweilzeiten auf der Trennsäule haben. Die Trennung erfolgt somit nach der Größe der gelösten Polymerketten. Sehr große Knäuel können nicht in die Poren der stationären Phase eindringen und werden daher zuerst eluiert. Je kleiner das hydrodynamische Volumen einer Polymerkette, desto länger ist ihre Verweildauer in der stationären Phase und desto später wird sie eluiert [125]. Die Detektion erfolgt über die Änderung des Brechungsindexes (RI-Detektor, engl. refraction index) oder durch Messung der Absorption (UV-Detektor). Der Aufbau einer GPC-Anlage ist in Abbildung 3.5 wiedergegeben. Die exakte Bestimmung des Molekulargewichtes erfolgt über die Elutionszeit gegen eine Kalibriergerade, welche mit Standardproben bekannten Molekulargewichtes erstellt wird.

53 Messmethoden 43 Eluent Entgaser Pumpe Injektor Probe Computer Vorsäule Trennsäulen Detektor Abbildung 3.5: Schematischer Aufbau einer GPC-Anlage. 3.5 Hochleistungsflüssigkeitschromatographie [125] Die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC, engl. high performance liquid chromatography) wird zur Trennung und zur quanititativen Bestimmung nicht-flüchtiger oder thermisch instabiler Verbindungen verwendet. Kleine polare, aber nicht-ionische organische Substanzen können bei geeigneter Wahl des Lösungsmittels in der Reihenfolge ihrer Polarität eluiert und detektiert werden. Mittels Lösungen bekannter Konzentrationen der zu quantifizierenden Substanzen können so Kalibriergeraden erstellt und somit die Menge dieser Substanzen in unbekannten Proben quantifiziert werden. Die Elution erfolgt mit einer stark polaren mobilen Phase, wie zum Beispiel wässrigen Lösungsmittelgemischen mit Methanol oder Acetonitril; in modernen HPLC-Anlagen stehen meist mehrere Vorratsbehälter für die Laufmittel zur Verfügung. Durch den Einsatz mehrerer Lösungsmittel in einer Gradientenelution lässt sich die Trennleistung erheblich verbessern. Dabei wird im Laufe der Elution das Volumenverhältnis der Lösungsmittel im Eluenten stufenweise oder kontinuierlich geändert. Die einzelnen Lösungsmittel werden im Lösungsmittelmischventil aus zwei oder mehreren Vorratsgefäßen gemischt. Zur Detektion von organischen Molekülen mit C-C-Doppelbindungen werden UV-Absorptionsdetektoren verwendet; diese sind Filterphotometer, welche neben der intensiven Linie bei 254 nm auch andere Wellenlängen detektieren können. Dadurch lassen sich beispielsweise Monomere mit vinylischen Doppelbindungen detektieren und somit ihr verbleibender Anteil in Polymeren quantifizieren. Der Aufbau einer HPLC-Anlage ist in Abbildung 3.6 gezeigt.

54 44 Messmethoden Impulsdämpfer Pumpe Filterfritte Probe Druckwandler Rückstauregler Detektor Computer Ablassventil Säule Vorsäule Einspritzventil Abbildung 3.6: Schematischer Aufbau einer HPLC-Anlage. 3.6 Differenzial-Raster-Kalorimetrie [126] In der Differenzial-Raster-Kalorimetrie (DSC, engl. differential scanning calorimetry) befindet sich die Probe gemeinsam mit einer inerten Referenzprobe in einem temperierbaren Probenhalter (s. Abb. 3.7). Das Messsignal entspricht dem Wärmefluss ΔQ in die Probe bzw. aus der Probe heraus während eines isothermen Prozesses oder während des Heizens oder Kühlens mit einer konstanten Rate. Aus der Temperaturdifferenz zwischen Probe und Referenzseite kann der Differenzwärmestrom und daraus die Wärmekapazität der Probe ermittelt werden. Somit lassen sich aus der Messkurve spezifische Wärmen, Enthalpien, Umwandlungswärmen und Glasstufen bestimmen. Kommt es dabei zu einem endothermen Prozess, wie zum Schmelzen der Probe (Phasenumwandlung 1. Ordnung) oder tritt eine Glasstufe (Phasenübergang 2. Ordnung) auf (s. Abb. 3.7), geschieht dies isotherm, d.h. die Probentemperatur bleibt konstant, bis die Phasenumwandlung vollständig ist. Die Temperatur der Referenzseite steigt jedoch weiter entsprechend der vorgegeben Heizrate linear an und somit auch die Temperaturdifferenz zwischen Probe und Referenz. Nachdem der Phasenübergang abgeschlossen ist, folgt auch die Probenseite wieder der Programmtemperatur, d.h. die Temperaturdifferenz von Probe und Referenz verringert sich, bis sich wieder ein Gleichgewichtswert eingestellt hat. Da ein Phasenübergang nicht spontan verläuft, kommt es zur Verschiebung der entsprechenden Temperatur zu höheren Werten,

55 Messmethoden 45 beim Abkühlen tritt die Phasenumwandlung nicht bei der entsprechenden Phasenumwandlungstemperatur auf, sondern die Probe unterkühlt, die gemessene Temperatur liegt unter dem realen Wert. Dabei ist die gemessene Phasenumwandungstemperatur abhängig von der Scanrate der Messung. Temperatursensor exotherm endotherm d Q dt 0 Kühlkurve Kristallisationspeak Glasübergangstemperatur Schmelzpeak Heizkurve Heizelement T T Abbildung 3.7: Schematischer Aufbau einer DSC-Messapparatur (links) und typische DSC-Messkurve eines Polymers (rechts). 3.7 Das Reaktionskalorimeter [126] Der Aufbau eines Reaktionskalorimeters ist eng mit dem der Differenzial-Raster-Kalorimetrie verwandt, beide sind Wärmeflusskalorimeter. Wesentliches Klassifikationsmerkmal ist die Aufzeichnung der örtlichen Temperaturdifferenz bzw. der Kompensationsleistung und des daraus resultierenden Wärmeflusses bei isothermem Betrieb zwischen einer Probe und einer Referenz. In beiden Verfahren wird die Wärmeleitfähigkeit von Festkörpern ausgenutzt, um den Wärmeaustausch und die damit im Kalorimetersystem erzeugten oder verbrauchen Wärmen einer Probe mit der Umgebung über die Zeit zu quantifizieren. In einem Wärmeleitungskalorimeter fließt der Wärmestrom bevorzugt durch einen Festkörper, welcher seinerseits gleichzeitig den Temperaturfühler darstellt oder an den ein Thermofühler angebracht ist und der im Kontakt mit dem Boden des Reaktionsgefäßes steht. Mittels eines Reaktionskalorimeters lässt sich bei einer konstanten Temperatur der energetische Verlauf einer chemischen Reaktion verfolgen. Bei endothermen Reaktionen wird der Probe mittels eines Heizelementes Wärme zugeführt, bei exothermen Reaktionen wird die entstehende Reaktionswärme mittels Peltierelementen kompensiert. Die Messgröße ist hierbei die elektrische Leistung P, welche über die Zeit t integriert die Reaktionswärme Q liefert.

56 46 Messmethoden 3.8 Thermogravimetrische Analyse In der Thermogravimetrischen Analyse (TGA) befindet sich die Probe in einem Ofen, und die Masse der Probe wird als Funktion der Temperatur und der Zeit gemessen. Eine Massenänderung tritt auf, wenn flüchtige Bestandteile der Probe aufgrund einer Reaktion (Oxidation, Zersetzung, Verdampfung) abströmen. Deshalb kann die TGA u. a. zur Analyse der Zusammensetzung einer Probe und als ergänzende Methode zur Interpretation von DSC- Kurven genutzt werden. Am häufigsten wird in der TGA ein Temperaturprogramm mit linearer Heizrate verwendet und der Massenverlust einer Probe in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet. Betreibt man die TGA mit konstanter Temperatur und detektiert den Massenverlust, kann so die Freisetzung von flüchtigen Substanzen über die Zeit bestimmt werden. Dabei wird die Probe ständig unter Stickstoffatmosphäre gehalten, um eine oxidative Zersetzung der Probe auszuschließen. Stickstoff Probe Waage Heizelement Abbildung 3.8: Schematischer Aufbau einer TGA-Messapparatur.

57 47 4 Ergebnisse und Diskussion 4.1 Verkapselung des Duftstoffes Gardamid TM Als ein häufig eingesetzter Duftstoff wurde Gardamid TM in Nanopartikeln verkapselt mit dem Ziel, eine kontollierte Freisetzung dieser Substanz über längere Zeiträume zu erreichen. Dazu wurde die Miniemulsionstechnik als ein Ein-Schritt-Verfahren verwendet. Da sich Gardamid TM mit den Monomeren Methylmethacrylat (MMA), Styrol bzw. Butylmethacrylat (BMA) nahezu unbegrenzt mischt, konnte eine homogene Mischung des Duftstoffes in dem entsprechenden Monomer als disperse Phase eingesetzt werden. Dieser Mischung wurde das Ultrahydrophob Hexadecan und der hydrophobe Initiator V59 zugesetzt. Da sich die zu verkapselnde Substanz in der organischen Phase löst, sind weitere Dispergierungsschritte nicht notwendig. Die disperse Phase wurde in einer wässrigen Tensidlösung als kontinuierliche Phase dispergiert, mittels Ultraschall homogenisiert und anschließend polymerisiert. So kann in einem einfachen Homogenisierungsschritt und anschließender Polymerisation eine stabile Polymerdispersion erhalten werden, in der der Duftstoff in den Polymerpartikeln eingebettet vorliegt. Da ein Polymer als Barriere für eine Vielzahl flüchtiger Substanzen eingesetzt werden kann, dabei die Durchlässigkeit der Polymerhülle und somit die Freisetzung des flüchtigen Stoffes aus dem Hybridpartikel entscheidend von der Glasübergangstemperatur des Polymers abhängt, wurden Polymere mit verschiedenen Glasübergangstemperaturen zur Verkapselung des Duftstoffes verwendet. Dies können zum einen Homopolymere wie PMMA und PS (T g des PS aus Miniemulsion: 78 C) sein, zum anderen können verschiedene Copolymere unterschiedlicher Zusammensetzung verwendet werden, um Polymere mit niedrigeren, auf die Anforderungen maßgeschneiderten Glasübergangstemperaturen herzustellen. Dies macht die erhaltenen Hybriddispersionen zu hoch interessanten Kandidaten als Depotsysteme für die temperaturabhängige Freisetzung eines Aktivstoffes Verkapselung von Gardamid TM in den Homopolymeren Polystyrol und PMMA Erste Experimente zur Verkapselung von 20 Gew.-% Gardamid TM wurden in PS als ein Polymer mit einem hohen T g (100 C in Bulk [127], 78 C in Miniemulsion wegen Hexadecan, das als Weichmacher wirkt) durchgeführt. Da sich in einem ungepufferten System ein ph- Wert von ph 5 destabilisierend auf anionisch stabilisierte Polymerdispersionen auswirkt, was in einer hohen Viskosität der erhaltenen Polymerdispersionen resultierte, wurde der ph-wert der wässigen Phase durch Zugabe geringster Mengen (0.16 Gew.-% bezogen auf die disperse Phase) an Natriumhydrogencarbonat auf ph 7-8 eingestellt. So konnten die Wechselwirkungen der Partikel untereinander reduziert und eine stabile Dispersion mit einer geringen Viskosität erhalten werden.

58 48 Ergebnisse und Diskussion Damit konnten mit der Miniemulsionstechnik in einem Schritt PS/Gardamid TM -Hybridpartikel hergestellt werden, die mit dem Duftstoff bis zu einem Gehalt von 50 Gew.-% (bezogen auf die disperse Phase) beladen waren. Im nächsten Schritt wurde MMA als hydrophileres Monomer zur Verkapselung des Duftstoffes eingesetzt. Auch hier konnten stabile Polymer/Gardamid TM -Hybriddispersionen mit einem Polymer/Duftstoff-Gewichtsverhältnis von bis zu 50/50 dargestellt werden. Die DLS-Messungen zeigen (s. Tab. 4.1), dass unabhängig vom Grad der Beladung mit dem Duftstoff und der Wahl des Polymers monodisperse Partikel mit Größen im Bereich von 90 bis 100 nm erhalten wurden. Das Molekulargewicht (M w ) der Polymere nimmt in beiden Fällen mit steigendem Gehalt des Duftstoffes ab, wohingegen die Molekulargewichtsverteilung (DI) stetig steigt. Dies deutet darauf hin, dass eine steigende Konzentration des Gardamid TM einen zunehmenden Einfluss auf die Polymerisation des Monomers ausübt, was nachfolgend in Kapitel explizit untersucht werden soll. Tabelle 4.1.: Eigenschaften der PS/Gardamid TM - und PMMA/Gardamid TM -Hybridpartikel. Probe Gardamid TM Größe PDI M w DI [Gew.-%] [nm] [g mol -1 ] PS ST020I ST020J ST020K ST020L ST020M ST020N PMMA ST025I ST025J ST025K ST025L ST025M ST025N Die Effizienz einer Verkapselung kann mittels Sedimatation der Probe nach ihrer Dichte überprüft werden (Abb. 4.1). Da Gardamid TM eine geringere Dichte (0.986 g cm -3 bei 20 C [128] ) als reines PMMA (1.19 g cm -3 bei 20 C [127] ) besitzt, können sich die Partikel gemäß ihrer Dichte in einer Zuckerlösung mit einem Dichtegradienten von 1.00 bis 1.30 g cm -3 auftrennen. Weiße Ringe (vgl. Abb. 4.1) konnten detektiert werden. Während der Zentrifugation sedimentierte reines PMMA (vgl. Abb. 4.1a) gemäß seiner Dichte in den Bereich, in dem die Zuckerlösung eine Dichte von 1.15 g cm -3 besitzt. Reines

59 Ergebnisse und Diskussion 49 Gardamid TM (Abb. 4.1b) befand sich nach der Zentrifugation in der Fraktion des reinen Wassers (ρ = 1.00 g cm -3 ). Die Hybridpartikel reicherten sich gemäß ihrer mittleren Dichte von 1.09 g cm -3 innerhalb der Zuckerlösung in einem Dichtebereich von 1.15 g cm -3 an (vgl. Abb. 4.1c). Ein Ring in der Fraktion des reinen Wassers war nicht nachweisbar, d.h. freies Gardamid TM konnte nicht detektiert werden. Ebenso befanden sich keine Partikel im Dichtebereich von 1.00 bis 1.08 g cm -3, womit bewiesen werden konnte, dass der gesamte Anteil des Duftstoffes in den Polymerpartikeln homogen verteilt vorliegt. -3 ρ gcm a b c 1.30 Abbildung 4.1: Dichteverteilung der Probe: a) reines PMMA (ST025I), b) reines Gardamid TM, c) Probe ST025N, die einen Gardamid TM -Gehalt von 50 Gew.-% besitzt. Anhand von TEM-Aufnahmen konnte die Morphologie der Partikel untersucht werden (s. Abb. 4.2). Um die Gardamid TM -reiche Phase selektiv im Vergleich zu PMMA zu kontrastieren, wurden die auf TEM-Grids aufgetragenen Proben mit Rutheniumtetroxid bedampft. Dieses ist ein starkes Oxidationsmittel, das mit dem aromatischen Ring und der Amidgruppe des Gardamids TM reagiert [129] und somit den Kontrast dieser Phase im Partikel erhöhen kann. Um eine Zersetzung der PMMA-Partikel im Elektronenstrahl zu vermeiden, wurden die Proben nach dem Kontrastierungsschritt mit einer dünnen Schicht Kohle bedampft. Die entsprechenden Proben, welche PS als Polymer enthielten, wurden ohne weitere Bedampfung verwendet. Die erhaltenen TEM-Aufnahmen zeigen eine homogene Struktur der Partikel für variierende Gardamid TM -Gehalte in beiden Homopolymeren, welche durch die partielle Löslichkeit des Duftstoffes in beiden Polymeren zu erklären ist. Die Zugabe der Polymere (PS und PMMA) in geschmolzenes Gardamid TM bei 50 C zeigte, dass beide Polymere in Gardamid TM quellen und somit eine begrenzte Mischbarkeit beider Phasen vorliegt. Damit ist eine Matrixstruktur wahrscheinlich.

60 50 Ergebnisse und Diskussion a b c d Abbildung 4.2: TEM-Aufnahmen von Proben mit einer PS-Matrix und a) 40 Gew.-% Gardamid TM ; b) 50 Gew.- % Gardamid TM ; TEM-Aufnahmen von Proben mit einer PMMA-Matrix und einem Gardamid TM- Gehalt von c) 20 Gew.-% und d) mit 50 Gew.-% Gardamid TM, beide kontrastiert mit Rutheniumtetroxid und anschließend mit Kohle bedampft Kinetik der Polymerisation Um den Einfluss des Gardamids TM auf die Reaktionskinetik und somit auf das resultierende Molekulargewicht zu untersuchen, wurde die Polymerisation einer Gardamid TM -haltigen Probe im Vergleich zu einer reinen MMA-Miniemulsion (ST025I) untersucht. Die Gardamid TM -haltige Probe beinhaltete 50 Gew.-% des Duftstoffes in MMA (ST025N). Die Polymerisation wurde an einem Mikroreaktionskalorimeter im isothermen Betrieb verfolgt, das den Wärmefluss während der Polymerisation im Vergleich zu einer Referenz aufzeichnet. Die Berechnung der Polymerisationsrate, des Monomerumsatzes und der mittleren Radikalzahl pro Partikel erfolgte gemäß Kapitel Die Polymerisationsrate-Zeit-Kurven (Abb. 4.3a) zeigen eine deutliche Verlangsamung der Polymerisationsgeschwindigkeit der Gardamid TM -haltigen Probe (ST025N), welche durch die Anwesenheit des Duftstoffes bedingt ist. Während die reine MMA-Miniemulsion nach 12 min einen Monomerumsatz von 95% erreicht, benötigt die Gardamid TM -haltige Probe hierzu die dreifache Zeit.

61 Ergebnisse und Diskussion 51 Monomerumsatz [%] a ,010 0,008 0,006 0, ,002 0 Gew.-% Gardamid TM 50 Gew.-% Gardamid TM 0 0, Zeit [min] Rp [mol L-1 s -1 ] R p [mol*l -1 *s -1 ] b 0,010 0,008 0,006 0,004 0,002 0 Gew.-% Gardamid TM 50 Gew.-% Gardamid TM 0,000 0, Monomerumsatz [%] 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 mittlere Radikalzahl pro Partikel [-] Abbildung 4.3: a) Monomerumsatz und Polymerisationsrate (MMA) über die Zeit sowie b) Polymerisationsrate und mittlere Radikalzahl pro Tropfen gegen den Monomerumsatz der Proben ST025I (0 Gew.-% Gardamid TM, Partikelgröße: 95 nm) und ST025N (50 Gew.-% Gardamid TM, Partikelgröße: 100 nm), Feststoffgehalt beider Proben: 20 Gew.-%. Trägt man die Polymerisationsrate gegen den Monomerumsatz auf (Abb. 4.3b), so erkennt man, dass im Fall der reinen MMA-Miniemulsion die Polymerisationsrate zunächst schnell -1 bis auf einen Wert von mol L -1 s ansteigt (50% Monomerumsatz). Die mittlere Radikalzahl pro Tropfen n steigt gleichzeitig bis zu einem Wert von 2.5 Radikalen pro Tropfen an, bis ein Monomerumsatz von 80% erreicht ist. Eine Terminierung bei n > 1 [54, 130] ist hier nicht gegeben, da die Polymerisation sehr schnell verläuft und die Monomeraddition offensichtlich schneller erfolgt als die Rekombination. Die Anwesenheit von Gardamid TM im Tropfen führt zu einer deutlichen Verlangsamung der Reaktion. Die Polymerisationsrate steigt zunächst auf einen Wert von mol L -1 s (12% Monomerumsatz) an und fällt danach langsam wieder ab. Gleichzeitig steigt die mittlere Radikalzahl pro Partikel auf einen Wert von 0.6 und bleibt bis zu einem Monomerumsatz von ca. 80% nahezu konstant bei ca. 0.5 Radikalen pro Partikel. Dies bedeutet, dass die Polymerisation von MMA in Anwesenheit von Gardamid TM zu einer idealen Miniemulsionspolymerisations-Situation führt, bei der nie mehr als ein Radikal pro Tropfen vorhanden ist [130]. Hierbei kommt es zu einem An/Aus-Mechanismus im Tropfen zwischen eintretenden Radikalen und Abbruch des Kettenwachstums, so dass im Mittel in jedem zweiten Tropfen das Monomer polymerisiert. In Folge des schnellen An/Aus-Mechanismus der Radikale zwischen wachsenden Polymerketten und neu entstehenden Radikalen nimmt das Molekulargewicht des PMMA in Anwesenheit des Duftstoffes im Vergleich zu dem reinen PMMA ab. Dieser Einfluss des Gardamids TM auf den Polymerisationsprozess und das Molekulargewicht wurde in ähnlicher, jedoch stärker ausgeprägter Weise bereits bei der Verkapselung größerer Mengen des Ultrahydrophobs Hexadecan beobachtet. Hierbei zeigt sich, dass mit zunehmendem Gehalt des Ultrahydrophobs das resultierenden Molekulargewicht des Polymers abnimmt [99, 131, 132]. Zudem wurde berichtet, dass mit steigender Konzentration des Hexadecans im Tropfen die Polymerisationsrate abnimmt, was auf die sinkende

62 52 Ergebnisse und Diskussion Monomerkonzentration im Tropfen und die gleichzeitig ansteigende Tröpfchengröße zurückgeführt wird [131, 132] Verkapselung von Gardamid TM in P(S-co-BMA) und P(MMA-co-2-EHA) Mit dem Ziel, die Hybridpartikel für spätere Freisetzungsversuche zu konditionieren, wurde der T g des Polymeren gesenkt. Die Glasübergangstemperatur der Copolymers wurde nach Pochan (Gleichung 4.1) berechnet [133] : T T T g g,1 g,2 1 2 lnt = w lnt + w lnt (4.1) g 1 g,1 2 g,2 = Glasübergangstemperatur des Copolymers = Glasübergangstemperatur des Homopolymers 1 = Glasübergangstemperatur des Homopolymers 2 w = Massenbruch des Monomers 1 im Copolymer w = Massenbruch des Monomers 2 im Copolymer Die Glasübergangstemperatur sollte dabei im Bereich von C variiert werden, um Polymerpartikel zu erhalten, welche den Duftstoff bei Raumtemperatur mit unterschiedlichen Raten freisetzen können. Die Freisetzungsgeschwindigkeit des Gardamid TM ist abhängig von dessen Diffusion durch die Polymermatrix. Die Diffusion wird dabei durch die Glasübergangstemperatur des Polymers und durch die Temperatur beeinflusst. Liegt ein Polymer deutlich unterhalb seines T g vor, ist die Diffusion des Duftstoffes aufgrund der geringen Kettenbeweglichkeit des Polymers erschwert. Oberhalb der Glasübergangstemperatur ist eine größere Beweglichkeit der Polymerketten gegeben und die Freisetzung des Duftstoffes kann schneller erfolgen. So können durch die Wahl der Glasübergangstemperatur des verwendeten Polymers die Freisetzungseigenschaften der Hybridpartikel auf bestimmte Temperaturen maßgeschneidert werden. Es wurde zum einen eine Styrol-BMA-Mischung, zum anderen eine MMA-2-EHA-Mischung in verschiedenen Verhältnissen verwendet, um Gardamid TM -Gehalte von Gew.-% zu verkapseln. Ebenso wurden Gardamid TM -freie Polymerdispersionen als Referenz für DSCund 1 H-NMR-Messungen hergestellt. Zuerst wurde eine Monomerzusammensetzung von Styrol/BMA in den Gewichtsverhältnissen 30/70 verwendet. Der mittels DSC ermittelte T g des resultierenden reinen Copolymers liegt bei 36 C und somit leicht unter dem nach Pochan berechneten Wert von 40 C. Die Proben zeigen unabhängig vom Gardamid TM -Gehalt eine Partikelgröße von nm und eine gleich bleibend enge Partikelgrößenverteilung (Tabelle 4.2).

63 Ergebnisse und Diskussion 53 Tabelle 4.2: Eigenschaften der Proben ST027, in welche unterschiedliche Gardamid TM -Gehalte in einem Copolymer aus Styrol/BMA im Gewichtsverhältnis 30/70 verkapselt wurde. Probe Gardamid TM Partikelgröße PDI M w DI [Gew.-%] [nm] [g mol -1 ] ST027A ST027B ST027C ST027D ST027E ST027F Das Molekulargewicht nimmt mit steigendem Gardamid TM -Gehalt leicht ab, die Molekulargewichtsverteilung steigt gleichzeitig an, was analog zu den Homopolymer/Gardamid TM -Proben zu erklären ist (vgl. Kapitel 4.1.2). Die Proben wurden mittels TEM untersucht (Abb. 4.4). Im Fall von einem geringeren Anteil an Gardamid TM im Partikel (bis zu 20 Gew.-%) können Partikel detektiert werden, die im Elektronenstrahl zu schrumpfen beginnen, wie Abbildung 4.4a am Beispiel der Probe ST027C (20 Gew.-% Gardamid TM ) zeigt. Oberhalb dieses Gardamid TM -Gehaltes (ab 30 Gew.-% Gardamid TM, ST027D) können keine diskreten Partikel mehr detektiert werden, die Hybridpartikel zeigen mit steigendem Anteil des Duftstoffes eine zunehmende Filmbildungstendenz (Abb. 4.4b). a b Abbildung 4.4: TEM-Aufnahmen der Proben ST027C (P(S-co-BMA)): a) ST027C mit einem Gardamid TM -Gehalt von 20 Gew.-% und b) ST027D mit einem Gardamid TM -Gehalt von 30 Gew.-%, beide Proben wurden mit Rutheniumtetraoxid und anschließend mit Kohle bedampft. Ein weiteres Copolymer wurde aus MMA und 2-EHA als ein sehr hydrophobes Monomer in den Gewichtsverhältnissen 80/20 (ST031) und 70/30 (ST038) erhalten. Ziel war es, ein ein hydropholes hoch-t g Polymer (PMMA) und ein hydrophobes niedrig-t g Polymer zu kombinieren, um ein hydrophoberes Polymer mit einem geringeren T g im Vergleich zu reinem

64 54 Ergebnisse und Diskussion PMMA zu erhalten. Die Glasübergangstemperaturen der duftstofffreien Copolymere wurden mittels DSC ermittelt. Die Analyse der Probe ST031A (Gardamid TM -freies Polymer) ergab eine Glasübergangstemperatur von 69 C, was sehr gut mit dem nach Pochan berechneten Wert von 65 C übereinstimmt. Die Glasübergangstemperatur der Proben ST038A wurde bei 44 C detektiert, der berechnete Wert liegt bei 46 C. Die Eigenschaften der Hybridpartikel wurden mittels GPC und DLS bestimmt (Tabelle 4.3). Wie bereits bei den Homopolymeren PMMA und PS gezeigt werden konnte, ist auch hier die Partikelgröße unabhängig von der Menge der verkapselten Substanz. Es konnten Partikelgrößen im Bereich von nm bestimmt werden, die eine sehr einheitliche Größenverteilung (PDI) aufweisen. Das Molekulargewicht der Proben nimmt mit steigendem Gardamid TM -Gehalt stetig ab, wohingegen die Molekulargewichtsverteilung näherungsweise konstant bleibt. Diese Tendenz wurde bereits am Beispiel des PMMA, PS oder des P(S-co-BMA) beobachtet und diskutiert. Tabelle 4.3: Eigenschaften der Proben ST031 (MMA/EHA im Gewichtsverhältnis 80/20) und ST038 (MMA/EHA im Gewichtsverhältnis 70/30). Probe Gardamid TM Partikelgröße PDI M w DI [Gew.-%] [nm] [g mol -1 ] MMA/EHA 80/20 ST031A ST031B ST031C ST031D ST031E ST031F MMA/EHA 70/30 ST038A ST038B ST038C ST038D ST038E ST038F Die Morphologie der Hybridpartikel wurde im TEM untersucht. Dabei wurden die Proben mit Rutheniumtetroxid und anschließend mit einer dünnen Schicht Kohle bedampft. Wie Abbildung 4.5 zeigt, können für niedrige Gardamid TM -Gehalte (bis 30 Gew.-%) unabhängig vom T g des Polymeren Partikel detektiert werden. Für beide Proben kann ein Schrumpfen der Partikel im Elektronenstrahl beobachtet werden, was durch das Austreten des Duftstoffes

65 Ergebnisse und Diskussion 55 verursacht werden kann und nachfolgend weiter diskutiert werden soll (vgl. Kap ). Am Beispiel der Probe ST038C (Abb. 4.5b) ist die bereits einsetzende Filmbildung erkennbar. Diese Tendenz nimmt mit steigendem Gardamid TM -Gehalt stetig zu, so dass oberhalb eines Gardamid TM -Gehaltes von 30 Gew.-% keine Partikel mehr detektiert werden können. Dies deutet auf ein Absinken der Glasübergangstemperatur des Polymers mit steigendem Gardamid TM -Gehalt hin und soll nachfolgend weiter untersucht werden (Kapitel 4.1.4). a b Abbildung 4.5: TEM-Aufnahmen der Proben ST031C (a) und ST038C (b), beide 20 Gew.-% Gardamid TM verkapselt in P(MMA-co-2-EHA), beide mit Rutheniumtetroxid und anschließend mit Kohle bedampft Charakterisierung des Einflusses der Aktivstoffmenge auf die Glasübergangstempertur des (Co)Polymers Um den Einfluss des Duftstoffes auf das Polymer zu untersuchen, wurden die Proben gefriergetrocknet und die Glasübergangstemperaturen in Abhängigkeit des Gardamid TM - Gehaltes bestimmt. Der Gehalt an verbleibendem Duftstoff wurde mittels 1 H-NMR- Spektroskopie ermittelt. Ein Teil des Gardamids TM geht während des Trocknungsprozesses verloren, da die flüchtige Substanz im Vakuum verdampft, was die Vermutung bestätigt, dass die Schrumpfung der Partikel im Vakuum und im Elektronenstrahl des TEM durch ein Austreten des Duftstoffes verursacht wird. Die Glasübergangstemperaturen der einzelnen Homo- und Copolymere in Abhängigkeit ihres Gardamid TM -Gehaltes, die aus dem zweiten Heizschritt erhalten wurden, sind in Abbildung 4.6 dargestellt. Mit zunehmendem Anteil des Duftstoffes zeigt sich bei allen Polymeren zunächst eine Abnahme des T g bis zu einem Gardamid TM -Gehalt von Gew.-%. Wird der Duftstoffgehalt in der Probe weiter erhöht, kommt es zu keiner weiteren Abnahme der Glasübergangstemperatur. Ein Sättigungsphänomen tritt auf, was darauf zurückzuführen ist, dass oberhalb dieses Gehaltes die Löslichkeit des Duftstoffes im jeweiligen Polymer überschritten ist. Unterhalb der Löslichkeitsgrenze des Duftstoffes im Polymer ist eine weichmachende Wirkung des Gardamids TM zu verzeichnen. Der T g des Polymers sinkt linear

66 56 Ergebnisse und Diskussion mit steigendem Gardamid TM -Gehalt. Bis zu diesem Gehalt liegt der Duftstoff homogen in der Polymermatrix verteilt vor. Ein solches weichmachendes Verhalten wurde von Dreja [102] bereits am Bespiel von Orangenöl mit verschiedenen, mittels Polykondensation erhaltenen Polymeren berichtet. Dabei zeigte sich, dass die Glastemperatur des Polymers (Jeffamine EDR 148, T g = 80 C) um 28 C sinkt, wenn in dem Polymer 10 Gew.-% des Orangenöls verkapselt wurden. Wird der Anteil des Duftstoffes auf 30 Gew.-% erhöht, nimmt die Glasübergangtemperatur des Polymers auf 38 C (ΔT g = 42 C) ab. T g [ C] 110 PMMA (ST025) 100 PS (ST020) P(MMA-co-2-EHA) (ST031) 90 P(MMA-co-2-EHA) (ST038) 80 P(S-co-BMA) (ST027) 70 Gefriergetrocknete Probe ST025N Gardamid TM [Gew.-%] Abbildung 4.6: Glasübergangstemperaturen verschiedener Gardmid TM /(Co)Polymer-Proben Es können aus einer einzigen Probe durch Wahl unterschiedlich langer Trocknungszeiten mehrere Proben mit unterschiedlichen Gehalten des Duftstoffes erhalten und somit verschiedenste Duftstoffgehalte im Partikel eingestellt werden. Dies ist möglich, da Gardamid TM als flüchtige Substanz während der Gefriertrocknung langsam verdampft. Die Glasübergangstemperaturen der aus Probe ST025N (ursprünglich 50 Gew.-% Gardamid TM ) durch Variation der Trocknungszeit erhaltenen Polymer/Duftstoffmischungen sind in Abbildung 4.6 als hohle, schwarze Quadrate dargestellt. Die Auftragung der T g dieser Proben zeigt, dass unabhängig vom ursprünglichen Duftstoffgehalt im Partikel die Glastemperatur einzig durch den Duftstoffgehalt nach der Trocknung bestimmt wird. Die Differenz der Glasübergangstemperaturen der Gardamid TM -freien Proben und der Glasübergangstemperaturen der Proben, welche die höchsten Gehalte an Gardamid TM enthalten, ist abhängig von der Art des (Co)Polymeren. Die größte Temperaturdifferenz wird für das polarste und somit hydrophilste Polymer (PMMA) erhalten, worin sich Gardamid TM bis zu einem Gehalt von ca. 25 Gew.-% löst. Im deutlich hydrophoberen PS ist die maximale Löslichkeit des Duftstoffes (22 Gew.-%) ebenso wie die Differenz der Glasübergangstemperaturen (ΔT g = 42 C) schwächer ausgeprägt, was auf einen geringeren Einfluss des Duftstoffes auf die Polymerstruktur hindeutet. Ein hoher Gehalt an Gardamid TM kann hingegen in einem BMA/Styrol-Copolymer gelöst werden

67 Ergebnisse und Diskussion 57 (ca. 25 Gew.-%) und die erhaltene Temperaturdifferenz ist demnach größer (ΔT g = 52 C) als bei reinem PS, was auf den hohen Anteil an BMA-Einheiten im Copolymer zurückzuführen ist. Mischt man MMA das hydrophobe EHA bei, so ist im resultierenden Copolymer im Vergleich zum reinen PMMA aufgrund der steigenden Hydophobizität ein geringerer Gehalt (ca Gew.-%) an Gardamid TM löslich und die Temperaturdifferenz der Glasübergangstemperaturen (ΔT g = C) ist ebenfalls geringer als bei reinem PMMA. Dies bedeutet, dass der Duftstoff besser mit polareren Polymeren mischbar und daher die Differenz der Glasübergangtemperaturen (ΔT g ) mit der Löslichkeit des Duftstoffes im Polymer korreliert ist. Mittels AFM sollte geklärt werden, inwiefern die mit steigendem Duftstoffgehalt sinkenden Glasübergangstemperaturen der Polymere in einer höheren Filmbildungstendenz der Partikel resultieren. Eine solche Tendenz wurde bereits für die Proben mit der niedrigsten Glasübergangstemperatur des Polymers (Proben ST027) im TEM beobachtet (vgl Abb. 4.4b). Dazu wurden zwei Proben unterschiedlicher Gardamid TM -Gehalte (20 und 50 Gew.-%) verdünnt, mittels Spincoating auf Glimmerplätchen aufgetragen und im AFM untersucht. Dabei kann für Probe ST027C (Abb. 4.7a) eine enge Partikelgrößenverteilung beobachtet werden, was die mittels DLS erhaltenen PDI-Werten bestätigt. a b Abbildung 4.7: AFM Amplitudenabbildung (links) und Höhenabbildung (rechts) a) der Probe ST027C (20 Gew.- % Gardamid TM ) und b) ST027F (50 Gew.-% Gardamid TM ). Die AFM-Aufnahmen (Abb. 4.7) zeigen eine deutlich höhere Tendenz zur Filmbildung bei Probe ST027F (50 Gew.-% Gardamid TM, T g = -14 C) im Vergleich zu Probe ST027C (20

68 58 Ergebnisse und Diskussion Gew.-% Gardamid TM, T g = 12 C), wobei Probe ST027F vollständig verfilmt vorliegt. Die Bestimmung des RMS-Wertes, der ein Maß für die mittlere Oberflächenrauheit darstellt, die dem arithmetischen Mittel der Abweichung von der Mittellinie (Querschnitt durch die Probe) entspricht, ermöglicht die qualitative Beschreibung der Filmbildungstendenz. Die Probe ST027C zeigt mit nm einen höheren Wert als Probe ST027F ( nm), was auf den weichmachenden Effekt des Duftstoffes zurückzuführen ist. Das beobachtete Absinken der Glasübergangstemperatur mit zunehmendem Gehalt im Partikel (s. Abb. 4.6) konnte durch AFM-Aufnahmen der Polymerfilme bestätigt werden. Im nächsten Schritt wurden die Proben ST031C-F mittels AFM analysiert, da diese gemäß der mittels DSC erhaltenen Daten (vgl. Abb. 4.6) höhere Glasübergangstemperaturen des Polymers im Vergleich zu den Proben ST027 aufweisen. Unter der Annahme, dass die Filmbildungstemperatur im Bereich von ca. 10 C unterhalb des T g des Polymers liegt, sollten bei diesen Proben unabhängig vom Duftstoffgehalt noch Partikel detektierbar sein. Abbildung 4.8 zeigt die Höhenprofile der mittels Spincoating auf Glimmerplättchen aufgetragenen Hybriddispersionen mit steigendem Gardamid TM -Gehalt (20-50 Gew.-%) in P(MMA-co-2-EHA). Die Zusammensetzung des Copolymeren entsprach dem Gewichtsverhältnis MMA/2-EHA 80/20. Für alle Duftstoffgehalte können Partikel einer engen Größenverteilung detektiert werden. a b c d Abbildung 4.8: AFM Höhenprofile der Proben ST031C (a), ST031D (b), ST031E (c) und ST031F (d) mit steigenden Gardamid TM -Gehalt. Die Tendenz zur Filmbildung der Hybridpartikel nimmt mit steigendem Gardamid TM -Gehalt zu, was an der abnehmenden Oberflächenrauhigkeit der Proben erkennbar ist. Der RMS-Wert,

69 Ergebnisse und Diskussion 59 der die Oberflächenrauhigkeit beschreibt, sinkt von einem Wert von nm für einen Gardamid TM -Gehalt von 20 Gew.-% auf einen Wert von nm für die Probe, welche 50 Gew.-% des Duftstoffes enthält, wie Tabelle 4.4 zeigt. Tabelle 4.4: RMS-Werte der Proben ST031C-F. Probe Gardamid TM - RMS-Wert Gehalt [Gew.-%] [nm] ST031C ST031D ST031E ST031F Wie erwartet können im Gegensatz zu den Proben ST027 für alle Gardamid TM -Gehalte klar abgegrenzte Partikel detektiert werden, was darauf zurückzuführen ist, dass der T g des Polymeren der Proben ST031 (P(MMA-co-2-EHA)) mit 69 C um 33 C höher ist als die Glastemperatur des Polymers der Probe ST027 (P(S-co-BMA)). Für beide Polymere ist eine Zunahme der Filmbildungstendenz mit steigendem Gardamid TM -Gehalt erkennbar, was auf eine Verringerung des T g s des Polymers durch eine weichmachende Wirkung des Gardamids TM hindeutet (siehe Abb. 4.7 und 4.8). Die Phasenabbildung zeigt keinerlei Inhomogenitäten der Probe (s. Abb. 4.9). Eine Phasenseparation des Gardamids TM und des Polymers würde in der Abbildung durch unterschiedliche Phasenkontraste zu erkennen sein. Daher ist anzunehmen, dass der Duftstoff im Polymer gleichmäßig verteilt vorliegt und somit eine homogene Matrix bildet, was sich sehr gut mit den mittels TEM erhaltenen Aufnahmen deckt (vgl. Abb. 4.5). Abbildung 4.9: AFM-Phasenabbildung der Proben ST031C (links) und ST031F (rechts). Der weichmachende Effekt des Duftstoffes ist auch optisch erkennbar, wenn man die gefriergetrockneten Proben in Abhängigkeit ihres Gardamid TM -Gehaltes betrachtet. Abbildung 4.10 zeigt die Proben ST025I-N (PMMA, T g = 105 C) und ST031A-F

70 60 Ergebnisse und Diskussion (P(MMA-co-2-EHA), T g = 69 C), wobei innerhalb der Abbildung die Proben nach steigendem Gardamid TM -Gehalt von links nach rechts angeordnet wurden. ST025 ST031 I J K L M N A B C D E F Abbildung 4.10: links: gefriergetrockene Proben ST025 I-N (PMMA) und rechts: gefriergetrockene Proben ST031A-F (P(MMA-co-2-EHA)). Für die Proben, die keinen Duftstoff enthalten, erhält man in beiden Fällen ein Pulver. Bereits bei Probe ST031B (10 Gew.-% Gardamid TM in P(MMA-co-2-EHA), T g = 69 C) und ST025L (30 Gew.-% Gardamid TM in PMMA, T g = 105 C) setzt eine Agglomeration der Partikel durch die beginnende Verfilmung ein, für höhere Gehalte an dem Duftstoff sind die Partikel verfilmt. Aufgrund der Ergebnisse aus TEM, DSC und AFM wird für die Morphologie der Hybridpartikel eine homogene Matrix aus dem entsprechenden (Co)Polymer und dem Gardamid TM angenommen (vgl. Abb. 4.11). Unterhalb der Löslichkeitsgrenze von Gardamid im Polymer Oberhalb der Löslichkeitsgrenze von Gardamid im Polymer Homogene Matrix, keine Phasenseparation Homogene Matrix mit Mikrodomänen, Phasenseparation Abbildung 4.11: Strukturvorschlag für die Polymer-Gardamid TM -Hybridpartikel in Abhängigkeit der darin verkapselten Menge des Duftstoffes. Unterhalb der Löslichkeitsgrenze des Duftstoffes im Polymer liegt eine durch das Gardamid TM gequollene Polymermatrix vor. Wird durch weitere Erhöhung des Duftstoffgehaltes die Löslichkeit überschritten, so tritt eine Mischunglücke auf. Das Gardamid TM separiert von der gequollenen Polymermatrix und Mikrodomänen entstehen. Deren Koaleszenz durch Diffusion durch die Polymermatrix zu einem einzigen großen Kern ist jedoch aufgrund der Kompatibilität der Phasen in der Matrix unwahrscheinlich, so dass die

71 Ergebnisse und Diskussion 61 kinetisch favorisierte Morphologie eines polynuklearen Partikels erhalten wird. Die Mikrodomänen, die den Duftstoff enthalten, sind sehr klein und daher mittels TEM und AFM nicht detektierbar. Sie dienen als Depot, aus dem der Duftstoff in die Polymermatrix nachgeliefert wird. Die Löslichkeit des Duftstoffes in dem entsprechenden (Co)Polymer ist analog einer Polymerlösung beschreibbar (vgl. Kapitel 2.6.1). In geringen Mengen mischt sich der Duftstoff mit dem Polymer bei einer bestimmten Temperatur (hier Raumtemperatur), bis ab einem Gehalt, welcher von der Hydrophilie des Polymeren abhängig ist, die Löslichkeitsgrenze überschritten ist und eine Mischungslücke auftritt. Dies führt zur Phasenseparation des Systems und resultiert in einer Phase, welche das Polymer und den Duftstoff in der darin maximal löslichen Menge enthält. Daneben treten Mikrodomänen auf, die reich an dem Duftstoff sind. Inwiefern in diesen Mikrodomänen im Duftstoff gelöstes Polymer vorliegt, kann jedoch nicht bestimmt werden Freisetzung von Gardamid TM aus den Polymerpartikeln Das Freisetzungsverhalten des flüchtigen Duftstoffes Gardamid TM wurde bei verschiedenen Temperaturen für verschiedene Duftstoffgehalte der Hybridpartikel untersucht, die verschiedene Polymere mit unterschiedlichen Glasübergangstemperaturen als Verkapselungsmaterial enthielten. Zunächst wurden die Proben ST031 (P(MMA-co-2-EHA)) verwendet, bei denen das reine Copolymer einen T g von 69 C und das Polymer im Hybridpartikel oberhalb eines Duftstoffgehalt von 20 Gew.-% einen T g von 27 C aufweist. Es wurden Proben unterschiedlicher Gardamid TM -Gehalte (30 bzw. 50 Gew.-%) mit einer Miniemulsion von reinem Gardamid TM in Wasser bei 55 C, d.h. ca. 10 C unterhalb des T g des reinen Polymers, jedoch ca. 30 C oberhalb des T g des Polymers im Hybridpartikel, verglichen (s. Abb. 4.12). Die Untersuchung des Freisetzungsverhaltens wurde gemäß Kapitel durchgeführt. Die Gardamid TM -Miniemulsion zeigt ein sehr schnelles Verdampfen des Duftstoffes und somit einen nahezu linearen Verlauf der Freisetzungskurve, bis nach 17 h das gesamte Gardamid TM verdampft ist (vgl. Abb. 4.12a). Berechnet man die Verdampfungsrate des Gardamids TM pro Stunde (% h -1 ) innerhalb der ersten 5 h der Messung bezogen auf die gesamte Menge des in der Miniemulsion vorhanden Duftstoffes, so erhält man einen Wert von 5.9% h -1. Die Probe ST031D, welche 30 Gew.-% Gardamid TM enthält, zeigt eine Freisetzung von 1.9% h -1, in Probe ST031F (50 Gew.-% Gardamid TM ) wird der Duftstoff mit einer Rate von 1.4% h -1 aus den Hybridpartikeln freigesetzt, was einer deutlich langsameren Verdampfungsrate im Vergleich zu dem nicht verkapselten Gardamid TM entspricht. Nach 144 h sind in Probe ST031F noch 34 Gew.-% der ursprünglichen Menge des Duftstoffes vorhanden, wohingegen in Probe ST031D noch 13 Gew.-% Gardamid TM eingeschlossen sind, die für eine Langzeitfreisetzung zur Verfügung stehen.

72 62 Ergebnisse und Diskussion relative Freisetzung von Gardamid TM [%] a Gardamid TM -Miniemulsion 30 Gew.-% Gardamid TM 50 Gew.-% Gardamid TM Zeit [h] Gardamid TM -Gehalt [mg/100mg Nanopartikel] Gew.-% Gardamid TM Gew.-% Gardamid TM Abbildung 4.12: relativer (a) und absoluter Verlust (b) an Gardamid TM aus den Partikeln über die Zeit in Abhängigkeit des Verkapselungsgrades. Freisetzungstemperatur: 55 C b Zeit [h] Betrachtet man jedoch die absolute Freisetzung des Duftstoffes aus den Hybridpartikeln (Abb b), wird deutlich, dass zunächst mehr Gardamid TM aus Partikeln freigesetzt wird, die einen geringeren Duftstoffgehalt haben. Über den gesamten Zeitraum der Messung verdampft jedoch etwa die gleiche Menge Duftstoff aus den Partikeln, womit gezeigt werden kann, dass die Freisetzung des Duftstoffes aus den Hybridpartikeln hier unabhängig vom Gardamid TM /Polymerverhältnis im Partikel ist. Aus 100 mg der Probe ST031D (30 Gew.-% Gardamid TM ) werden in 144 h 17 mg des Duftstoffes freigesetzt, wohingegen aus der Probe ST031F (50 Gew.-% Gardamid TM ) im selben Zeitraum 15 mg freigesetzt werden können. Der Kurvenverlauf zeigt zudem, dass über die Zeit kein konstantes Verdampfen des Duftstoffes aus den Partikeln erhalten werden kann. Hier wird angenommen, dass mit fortschreitender Freisetzung des Duftstoffes aus den äußeren Schichten des Partikels die weichmachende Wirkung des Duftstoffes auf das Polymer verloren geht. In Folge dessen steigt die Glasübergangstemperatur in den äußeren Polymerschichten des Partikels an und erschwert die Diffusion des Gardamids TM aus den Hybridpartikeln. Je weiter die Glasübergangstemperatur des Polymers steigt, desto weniger Gardamid TM wird freigesetzt. Im nächsten Schritt wurden die Freisetzungsversuche dieser Proben bei 95 C, d.h. deutlich oberhalb der Glasübergangstemperatur des Copolymers, durchgeführt. Wie Abbildung 4.13a zeigt, werden unabhängig vom Verkapselungsgrad etwa 85-90% des verkapselten Duftstoffes freigesetzt. Die Gardamid TM -Miniemulsion zeigt in den ersten 5h der Messung einen linearen Verlauf mit einer Freisetzungsrate von 22.8% h -1 bezogen auf die Gesamtmenge des vorhandenen Duftstoffes. Die Freisetzung des Gardamid TM aus den Hybridpartikeln verläuft hingegen mit einer Freisetzungsrate von 13.1% h -1 (ST031D) und 8.2% h -1 (ST031F) innerhalb der ersten 5 h deutlich langsamer als im Fall der Gardamid TM - Miniemulsion. Auch bei dieser Versuchstemperatur nimmt die Freisetzungsrate mit der Zeit stetig ab. Es wird jedoch ein Grenzwert erreicht, ab dem die Konzentration des Duftstoffes in der Polymermatrix konstant bleibt. Es wird angenommen, dass dieses Verhalten auf die partielle Mischbarkeit des Polymers und des Gardamid TM zurückzuführen ist und

73 Ergebnisse und Diskussion 63 Wechselwirkungen zwischen beiden Stoffen existieren, die desto stärker werden, je weniger Gardamid TM im Partikel vorhanden ist und daher ein Teil des Duftstoffes im Polymer verbleibt. relative Freisetzung von Gardamid [%] Gardamid TM -Minimemulsion Gew.-% Gardamid TM 50 Gew.-% Gardamid TM Zeit [h] Gardamid TM -Gehalt [mg/100mg Nanopartikel] Zeit [h] 30 Gew.-% Gardamid TM 50 Gew.-% Gardamid TM Abbildung 4.13: relativer (a) und absoluter Verlust (b) an Gardamid TM aus den Partikeln über die Zeit in Abhängigkeit des Verkapselungsgrades. Freisetzungstemperatur: 95 C Die Auftragung der absoluten Freisetzung des Duftstoffes aus dem Hybridpartikeln (s. Abb. 4.13b) zeigt, dass mit steigendem Duftstoffgehalt im Partikel mehr Gardamid TM freigesetzt wird. Aus 100 mg der Probe ST031D (30 Gew.-% Gardamid TM ) verdampfen in 144 h 26 mg des Duftstoffes, wohingegen aus der Probe ST031F (50 Gew.-% Gardamid TM ) im selben Zeitraum 48 mg freigesetzt werden können. In beiden Proben bleibt jedoch unabhängig vom ursprünglichen Duftstoffgehalt der Probe eine Menge von ca. 3 mg Gardamid TM zurück. Um zu überprüfen, ob die höhere Freisetzungsrate aus den Hybridpartikeln der Proben ST031 bei 95 C im Vergleich zu den Ergebnissen der Messung bei 55 C durch den höheren Dampfdruck des Duftstoffes bei höheren Temperaturen oder durch eine stärkere Diffusion dessen aus den Partikeln infolge der besseren Durchlässigkeit des Polymers bei höheren Temperaturen verursacht ist, wurden Proben untersucht, die verschiedene Gardamid TM - Gehalte in PMMA enthielten. Dieses Polymer besitzt mit einer Glasübergangstemperatur von 105 C einen um 40 C höheren T g als das Copolymer der Proben ST031 ((P(MMA-co-2-EHA)), T g = 65 C) und der T g des Polymers im Hybridpartikel beträgt 60 C (20 Gew.-% Gardamid TM ) bzw 50 C (50 Gew.-% Gardamid TM ). Die gewählte Versuchstemperatur liegt hier analog der Messung der Proben ST031 bei 55 C 10 C unterhalb des T g des reinen Polymers bzw. 30 bzw. 40 C oberhalb des T g des Polymers im Hybridpartikel. So müsste hierbei ein ähnliches Freisetzungsverhalten des Duftstoffes gefunden werden, wenn die Freisetzung alleine durch die Glasübergangstemperatur und nicht durch den Dampfdruck des Duftstoffes bestimmt wird. Als Referenz wurde erneut eine Miniemulsion betrachtet, die analog der Probe ST025K 1.2 g Gardamid TM (entsprechend 20 Gew.-%) auf 24 g wässrige Phase, jedoch kein Polymer als Verkapselungsmaterial enthielt. Die Ergebnisse sind in Abbildung 4.14 graphisch dargestellt.

74 64 Ergebnisse und Diskussion relativer Verlust an Gardamid [%] a Gardamid TM -Miniemulsion 20 Gew.-% Gardamid TM 0 50 Gew.-% Gardamid TM Zeit [h] Gardamid TM -Gehalt [mg/100mg Nanopartikel] b Zeit [h] 20 Gew.-% Gardamid TM 50 Gew.-% Gardamid TM Abbildung 4.14: relativer (a) und absoluter Verlust (b) an Gardamid TM aus den Partikeln über die Zeit in Abhängigkeit des Verkapselungsgrades. Freisetzungstemperatur: 95 C Wie in Auftragung 4.14a erkennbar ist, verläuft die Verdampfung des flüchtigen Duftstoffes, der unverkapselt vorliegt, sehr schnell, die Freisetzungskurve zeigt einen linearen Verlauf. Im Vergleich dazu wird das Gardamid TM aus den Hybridpartikeln deutlich langsamer freigesetzt. In beiden Auftragungen erkennt man innerhalb der ersten Stunden eine rasche Freisetzung des Duftstoffes aus den Partikeln, jedoch nimmt diese Geschwindigkeit auch bei PMMA als polymeres Material immer weiter ab, bis kaum noch Gardamid TM freigesetzt wird. Der Kurvenverlauf könnte auch hier analog zu den Proben ST031 bei 55 C darauf hindeuten, dass zunächst der Duftstoff aus den äußeren Schichten des Partikels freigesetzt wird. Dadurch würde sich dort sein weichmachender Einfluss verringern, das Polymer wird härter. Die Diffusion des Duftstoffes aus dem Partikelinneren wäre gehemmt und die Freisetzungsrate würde sinken. Da in Probe ST025N (50 Gew.-% Gardamid TM ) mehr Duftstoff im Partikel und somit auch in den äußeren Schichten eingelagert ist, verlangsamt sich die Freisetzung infolge der Erhöhung der Glastemperatur erst später und mehr Gardamid TM verdampft (s. Abb. 4.14b). Insgesamt können 70 Gew.-% (36 mg von ursprünglich 50 mg) Gardamid TM freigesetzt werden. Aus den Partikeln, die 20 Gew.-% Gardamid TM enthalten, verdampfen nur etwa 30 Gew.-%, (6.2 mg von ursprünglich 20 mg) der verkapselten Substanz innerhalb von 144 h. Beide Partikel beinhalten unabhängig vom Grad der Beladung mit dem Duftstoff nach 144 h im Mittel noch 14 Gew.-% Gardamid TM bezogen auf die Gesamtmasse des Hybridpartikels. Dies bedeutet, dass ein geringerer Verkapselungsgrad eine geringere Freisetzung bedingt. Aus Hybridpartikeln höheren Beladungsgrades kann demnach ein größerer Anteil des Aktivstoffes verdampft werden. So wird angenommen, dass die in beiden Partikeln verbleibende Menge an Duftstoff (14 mg pro 100 mg Probe) der Menge an Gardamid TM entspricht, die bei dieser Temperatur (95 C) in der Polymermatrix gelöst verbleibt. Die erhaltenen Ergebnisse zeigen im Vergleich zu den Proben ST031 bei 55 C (s. Abb. 4.12) ein ähnliches Freisetzungsverhalten des Gardamid TM aus den Hybridpartikeln. Verglichen mit den Messungen der Proben ST031 bei 95 C werden jedoch deutlich geringere Freisetzungsraten

75 Ergebnisse und Diskussion 65 erreicht. So konnte gezeigt werden, dass die Freisetzung hauptsächlich durch die höhere Diffusion und nur zweitrangig durch den Dampfdruck des Duftstoffes bestimmt wird. Die Versuche zeigen zudem, dass durch die Wahl des Glasübergangstemperatur des Polymers und des Duftstoffgehalts des Hybridpartikels das Freisetzungsverhalten dieser eingestellt werden kann. Ist eine geringe Freisetzung des Aktivstoffes aus den Hybridpartikeln erwünscht, wie z.b. bei Farb- und Lackanwendungen, so wählt man eine Glasübergangstemperatur des Polymers, die C unterhalb der Umgebungstemperatur liegt. Ist eine schnellere Freisetzung erwünscht, beispielsweise bei Kosmetika, so wählt man ein Polymer, das eine Glasübergangstemperatur unterhalb der Umgebungstemperatur besitzt. Ist zu Beginn der Anwendung eine hohe Freisetzung des Aktivstoffes erforderlich, so führt ein hoher Gehalt der Hybridpartikel zum gewünschten Verhalten, soll jedoch über einen langen Zeitraum eine geringe Menge freigesetzt werden, so ist dies durch die Verkapselung geringer Gehalte des Gardamid TM möglich. Demnach können die Hybridpartikel auf die jeweilige Anforderung maßgeschneidert werden. 4.2 Verkapselung des Biozides IPBC Der Wirkstoff IPBC zeigt eine gute Löslichkeit in organischen aromatischen oder polaren Lösungsmitteln wie Ethanol [117, 134]. Daher wird das Biozid in Lösung Holzschutzlacken zugesetzt. Verdampft jedoch das Lösungsmittel, wie beim Trocknen des Lackes, fällt das IPBC aus und es bilden sich große Kristalle des Wirkstoffes. Dadurch kommt es im Holzschutzlack zur Ausbildung größerer Kristallite des Biozides, die den Glanz des Produktes mindern und den Wirkstoff schnell und unkontrolliert aus dem Lack freisetzen [117], womit dessen Wirkung schnell verloren geht. Durch eine Verkapselung des Wirkstoffes in Polyacrylaten oder Polystyrol soll eine Langzeitfreisetzung ermöglicht und die Bildung großer Kristalle im Holzschutzlack verhindert werden. Zudem bietet die Verkapselung die Möglichkeit, das Biozid vor einer photochemischen wie auch oxidativen Zersetzung oder einer Zersetzung im Basischen [134] zu schützen. Da sich der Wirkstoff in MMA bis zu einem Gehalt von 50 Gew.-% löst, kann eine Verkapselung des IPBC in einer Miniemulsionspolymerisation erreicht werden. Zudem sollten Monomermischungen aus MMA bzw. Styrol und 2-Hydroxyethylmethacrylat (HEMA) eingesetzt werden, um Copolymere herzustellen, die eine Oberflächenfunktionalisierung enthalten und gleichzeitig in den äußeren Polymerschichten des Partikels eine hohe Hydrophilie besitzen. Da der Wirkstoff nur in den Monomeren, jedoch nicht im Polymer, löslich ist, kann durch die während der Polymerisation auftretende Phasenseparation eine Verkapselung erreicht werden. Die Zugabe geringer Mengen eines Alkydharzes, das sich ebenfalls in MMA löst, das nicht in das PMMA einpolymerisiert, von diesem aufgrund der Nichtmischbarkeit beider Polymere separiert und anschließend neben IPBC in PMMA verkapselt vorliegt, soll die Ausbildung großer Kristallite des IPBC im Partikel verhindert werden. Dies ist möglich, da der Wirkstoff in einem Alkydharz

76 66 Ergebnisse und Diskussion ausreichend löslich ist [117] und es nicht zur Ausbildung großer Kristallite kommt, welche die Polymerhülle beschädigen können [118] Verkapselung von IPBC in PMMA Zuerst wurden steigende Gehalte des hydrophoben Biozides (0-50 Gew.-%) in PMMA verkapselt, indem der Wirkstoff im Monomer gelöst wurde. Um eine Zersetzung des IPBC im Basischen zu vermeiden [134], wurde der ph-wert der Miniemulsion durch die Zugabe geringer Mengen an Natriumhydrogencarbonat auf 7 eingestellt. Als Initiator wurde öllösliches V59 eingesetzt. IPBC kann bis zu einem Gehalt von 50 Gew.-% in PMMA eingebaut werden, wenn der Feststoffgehalt der Proben 20 Gew.-% beträgt. Diese Proben zeigen eine Stabilität gegenüber der Kristallisation des Wirkstoffes von mehreren Tagen bis hin zu Monaten, sie sind daher in Tabelle 4.5 als metastabil (ms) gekennzeichnet. Kühlt man diese Proben jedoch auf 4 C ab, bilden sich innerhalb weniger Stunden erste Kristalle aus, da das bei Raumtemperatur im Partikel amorph vorliegende IPBC bei niedrigeren Temperaturen kristallisiert. Erhöht man den Feststoffgehalt von 20 auf 40 Gew.-%, so bilden sich bereits während des Abkühlens der Probe erste kleine Kristalle aus, die beim weiteren Abkühlen weiter anwachsen; diese Probe ist daher in Tabelle 4.5 als nicht stabil (ns) gekennzeichnet. Die Kristalle wurden abgetrennt, in deuteriertem Chloroform aufgenommen und mittels 1 H-NMR- Spektroskopie analysiert. Dabei konnten diese Kristallite eindeutig als IPBC identifiziert werden, zudem konnten geringe Mengen des PMMA nachgewiesen werden. Wird eine feste Substanz mittels Grenzflächenpolykondensation verkapselt, so wird sie in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst. Diese Lösung bildet in der Mikrokapsel den Kern aus, der von einer polymeren Hülle umschlossen ist. Scheidet sich jedoch der Wirkstoff aus dem Lösungsmittel im Kern der Mikrokapsel ab, so kann die Ausbildung der Wirkstoffkristalle eine Zerstörung der Kapselwand hervorrufen [134]. Die so gebildeten Biozid- Kristalle zeigen eine hohe Tendenz zur Agglomeration, was wiederum zur Agglomeration der Mikrokapseln führt und somit zum Ausbilden größerer Agglomerate [134]. Eine solche Tendenz zur Agglomeration kann genutzt werden, um Farbstoffkristalle in Miniemulsion zu erzeugen. Hierbei wird der Farbstoff Ölblau in einem Lösungsmittel gelöst dispergiert. Nach dem Verdampfen des Lösungsmittels liegt der Farbstoff amorph in den Tröpfchen vor. Im Laufe von wenigen Tagen bilden sich nadelförmige Kristalle des Farbstoffes aus, indem mehrere Tröpfchen sich zu Agglomeraten zusammenfinden. Der Zeitraum in dem eine Kristallisation auftritt, ist abhängig von der Temperatur. Die Kristallisation kann nicht unterdrückt werden [135]. Dies zeigt die Schwierigkeit bei der Verkapselung von kristallinen Materialien wie IPBC und die Stabilisierung der daraus erhaltenen Hybriddispersionen auf.

77 Ergebnisse und Diskussion 67 Tabelle 4.5: Eigenschaften der Proben ST040 steigenden IPBC-Anteils und variierenden Feststoffgehaltes. Probe IPBC- Feststoffgehalt Größe PdI M w DI s/ms/ns ST040 Gehalt [Gew.-%] [Gew.-%] [nm] [g/mol] A ms H ms I ms J ms K ms L ms N ns Die Eigenschaften der erhaltenen Hybridpartikel sind ebenfalls in Tabelle 4.5 gezeigt. Mit steigendem Gehalt des Wirkstoffes lässt sich eine Zunahme der Partikelgröße und der Partikelgrößenverteilung beobachten. Um dieses Verhalten zu analysieren, wurden die Viskosität der dispersen Phase und die Oberflächenspannung der Miniemulsionen in Abhängigkeit des IPBC-Gehaltes bestimmt. Vergleicht man die Viskosität der dispersen Phase für reines MMA im Vergleich zu einer Mischung, die MMA und IPBC in gleichen Teilen enthält, wird im Fall der IPBC-haltigen Probe eine deutlich höhere Viskosität (η = 2.2 mpa s -1 bei 23 C) erhalten als bei reinem MMA (η = 0.6 mpa s -1 bei 23 C). Der Vergleich der Oberflächenspannungen zweier Miniemulsionen, die mit diesen dispersen Phasen hergestellt wurden, zeigt einen Anstieg der Oberflächenspannung von 33 mn m -1 (Miniemulsion hergestellt mit reinem MMA) auf 36 mn m -1 für eine Miniemulsion, die 50 Gew.-% IPBC in der dispersen Phase enthält. Dieser Anstieg der Partikelgröße und der Partikelgrößenverteilung ist auf eine stärkere Adsorption des Tensides auf der Tröpfchenoberfläche mit steigendem Gehalt an IPBC und eine anwachsende Viskosität der dispersen Phase zurückzuführen, welche die Aufspaltung der Tröpfchen erschwert. Dies wird in Kapitel 4.3 für Alkydharz/Polyacrylat-Dispersionen genauer diskutiert. Betrachtet man die Eigenschaften des Polymers, so sinkt dessen Molekulargewicht, während die Molekulargewichtsverteilung konstant bleibt. Berechnet man die prozentuale Menge der Initiatorradikale, welche zur Bildung einer Polymerkette führen (s. Tabelle 4.6, Gesamtinitiatoreffizienz, GIE), so ist erkennbar, dass mit steigendem IPBC-Gehalt ein immer größerer Anteil des in der Probe vorhandenen Initiators nötig wird, um vollständigen Umsatz des Monomers zu erreichen; der Polymerisationsgrad P der Polymers sinkt dabei mit steigendem IPBC-Anteil der Probe. Der Initiator wurde bei allen Versuchen auf die eingesetzte Monomermenge konstant gehalten (1.7 Gew.-%). Dies bedeutet, dass der Wirkstoff einen Einfluss auf die Polymerisation hat. Der sinkende Polymerisationsgrad und die steigende Initiatoreffizienz GIE) deuten darauf hin, dass mit steigendem IPBC-Anteil in der dispersen Phase verstärkt Kettenabbrüche stattfinden. Dabei führt nur eine sehr geringe Menge des Initiators zur Bildung von Polymerketten. In der reinen PMMA-Probe wird dabei

78 68 Ergebnisse und Diskussion weniger als 1% des eingesetzten Initiators zur Polymerisation des MMA verbraucht, was sehr ungewöhnlich ist. Dies soll in dem nachfolgenden Kapitel genauer analysiert werden. Tabelle 4.6: Molekulargewicht, Polymerisationsgrad (P), Gesamtinitiatoreffizienz (GIE) und Initiatoreffizienz (IE) der gebildeten PMMA-Ketten mit steigendem IPBC-Anteil. Probe IPBC- M w P GIE IE ST040 Gehalt [Gew.-%] [g/mol -1 ] [%] [%] A H n.b. I n.b. J n.b. K n.b. L n.b.= nicht bestimmbar Die Glasübergangstemperatur des PMMA in Abhängigkeit des Wirkstoffgehaltes sollte mittels DSC-Messungen untersucht werden. Im ersten Heizschritt kann nur ein Peak im Bereich von C beobachtet werden, der mit der Schmelztemperatur des IPBC (Literaturwert: C [136] ) übereinstimmt. Im nachfolgenden Kühl- und Heizschritt tritt der entsprechende Peak jedoch nicht auf, was auf eine verlangsamte Kristallisation zurückzuführen ist. Wiederholt man die Messung der Probe 14 Tage nach der ersten Messung, so kann der Kristallisationspeak des IPBC erneut detektiert werden, was bedeutet, dass die Kristallisation des Wirkstoffes einen längeren Zeitraum benötigt als die Messung dauert. Im nachfolgenden Kühlschritt kann eine Glasstufe beobachtet werden, die ebenfalls im darauf folgenden Heizschritt erscheint. Die Glasübergangstemperaturen wurden daher aus dem zweiten Heizschritt der Messung bestimmt. Die Ergebnisse in Tabelle 4.7 zeigen, dass mit steigendem Anteil des IPBC die Glastemperatur des Polymers sinkt, der Wirkstoff besitzt demnach eine weichmachende Wirkung auf das PMMA. Tabelle 4.7: Glassübergangstemperaturen (T g ) des PMMA in Abhängigkeit vom Wirkstoffgehalt. Probe IPBC- ST040 Gehalt [Gew.-%] T g [ C] A H I J K L 50-4

79 Ergebnisse und Diskussion 69 Die Morphologie der Proben wurde mittels TEM analysiert. Um den Kontrast der IPBCreichen Phase zu erhöhen, wurden die Proben mit Osmiumtetroxid bedampft. Zum Schutz des Polymer vor einer Zersetzung im Elektronenstrahl wurden die Proben anschließend mit einer dünnen Schicht Kohle bedampft. Abbildung 4.15 zeigt die TEM-Aufnahmen der Proben ST040I (20 Gew.-% IPBC) und ST040L (50 Gew.-% IPBC). Im Partikelinneren kann die IPBC-reiche Phase, welche einen hohen Kontrast liefert, detektiert werden. Demnach liegt unabhängig vom Biozid-Gehalt das IPBC in einer PMMA-Hülle eingeschlossen vor (Kern- Schale-Struktur), die im TEM einen geringen Kontrast erzeugt. Bei Probe ST040I (s. Abb. 4.15a u. b) können neben diesen Kern-Schale-Partikeln homogene Partikel detektiert werden. Hier wird angenommen, dass die Verteilung des Wirkstoffes in den Partikeln nicht gleichmäßig ist und daher im TEM nur Partikel mit einem hohen IPBC-Gehalt als Kern- Schale-Partikel detektierbar sind. Eine inhomogene Verteilung des IPBC kann aus einer Monomerdiffusion (Ostwaldreifung) resultieren. a b c d Abbildung 4.15: TEM-Abbildungen der Proben, a,b) ST040I (20 Gew.-% IPBC) und c,d) ST040L (50 Gew.-% IPBC). Bei Probe ST040L kann für alle Partikel eine dunkle Phase im Partikelinneren detektiert werden. Dies wird darauf zurückgeführt, dass mit steigendem Wirkstoffgehalt und dem damit steigenden osmotischen Druck im Tropfen die Diffusion des Monomers zunehmend

80 70 Ergebnisse und Diskussion unterdrückt wird. Da bei beiden Proben der dunkle Kern (IPBC) gegenüber der hellen Hülle (PMMA) nicht klar abgegrenzt vorliegt, wird angenommen, dass zwischen beiden Phasen eine Mischpase aus Polymer und Wirkstoff existiert. Für hohe Wirkstoffgehalte (>40 Gew.- %) können keine sphärischen Partikel mehr detektiert werden, da die Partikel zu verfilmen beginnen, wie in Abbildung 4.15c deutlich erkennbar ist. Dies ist auf den niedrigen T g des PMMA in Anwesenheit der großen Mengen an IPBC von -4 C (vgl. Tabelle 4.7) zurückzuführen. Um den Verkapselungsgrad und die Verteilung des Wirkstoffes in den Hybridpartikeln zu analysieren, wurden eine Probe, die reines PMMA enthält (ST040A), reines IPBC und Probe ST040L (50 Gew.-% IPBC) in einer Ultrazentrifugation gemäß ihrer Dichte aufgetrennt (s. Abb. 4.16). Durch die Überschichtung von Zuckerlösungen unterschiedlicher Konzentrationen wurde ein Dichtegradient von 1.00 bis 1.30 g cm -3 erzeugt, entlang dessen sich die Partikel ihrer Dichte nach anordnen und nach der Ultrazentrifugation als weiße Ringe optisch detektierbar sind. ρ gcm a b c Abbildung 4.16: Dichteverteilung der Proben: a) reines PMMA (ST040A), b) reines IPBC, c) Probe ST040L, die 50 Gew.-% IPBC beinhaltet. Reines PMMA (1.19 g cm -3 bei 20 C [127], Abb. 4.16a) besitzt eine höhere Dichte als IPBC, das sich im Bereich von reinem Wasser (ρ = 1.00 g cm -3 ) anordnet, wie Abbildung 4.16b zeigt. Die Hybriddispersion (Abb. 4.16c) zeigt eine Auftrennung der Partikel nach ihren Dichten über einen breiten Bereich. Zwischen allen Grenzschichten der Zuckerlösungen unterschiedlicher Dichten und auch zur Phase des reinen Wassers können weiße Ringe detekiert werden. Im Bereich einer Dichte von 1.00 g cm -3 kann keine Trübung detektiert werden, was bedeutet, dass kein freies IPBC in der Probe vorliegt. Der stark ausgeprägte weiße Ring im Bereich einer Dichte zwischen 1.30 und 1.15 g cm -3 zeigt, dass eine große Anzahl von Partikeln vorliegt, die einen sehr geringen Gehalt an IPBC besitzen. Daneben

81 Ergebnisse und Diskussion 71 liegen Partikel mit höheren Gehalten des Wirkstoffes vor. Demnach kann IPBC offensichtlich vollständig, jedoch nicht gleichmäßig in PMMA-Partikel eingebracht werden. Um die mittels TEM erhaltene Partikelmorphologie zu überprüfen, wurden von der Probe mit dem höchsten Wirkstoffgehalt (50 Gew.-% IPBC, Probe ST040L) und einer reinen PMMA- Probe (ST040A) AFM-Messungen durchgeführt (s. Abb. 4.17). a b c d e f Abbildung 4.17: AFM-Höhen (a,c,e)- und Phasenabbildung (b,d,f) der Probe ST040A (0 Gew.-% IPBC, a und b), Probe ST040L (50 Gew.-% IPBC, c und d) und Probe ST040L ( e und f) nach beginnender Kristallisation.

82 72 Ergebnisse und Diskussion Hierbei können in der Phasenabbildung der Probe ST040L unterschiedliche Phasen innerhalb des Partikels durch einen verschiedenen Phasenkontrast detektiert werden (Abb. 4.17d). Die im Partikelinneren liegende Phase erscheint dunkel (IPBC) und ist von einer Phase umgeben, die in der Abbildung hell dargestellt ist (PMMA). Im Vergleich hierzu zeigt die Probe ST040A (reines PMMA) homogene Partikel (s. Abb. 4.17b). Damit konnte die mittels TEM detektierte Morphologie bestätigt werden, bei welcher der Wirkstoff in den Partikeln eingeschlossen vorliegt und im Partikelinneren eine hohe IPBC-Konzentration zu detektieren war. Dieselbe Probe (ST040L) wurde erneut mittels AFM abgebildet, nachdem die Kristallisation durch Impfen der Probe mit einem Impfkristall herbeigeführt wurde. Dazu wurde die Probe vor der Messung filtriert und das Filtrat zur Messung verwendet. Wie Abbildung 4.17e zeigt, können hierbei vereinzelt Hohlkugeln detektiert werden. Auffällig ist, dass ausschließlich große Partikel gebrochen zu sein scheinen. Daher wird angenommen, dass diese zuerst brechen und somit die Kristallisation innerhalb der Probe startet oder ein Anwachsen der Partikel durch eine Diffusion des IPBC durch die disperse Phase vorliegt. Dies ist möglich, da die Löslichkeit des Wirkstoffes in Wasser, wenn auch nur gering ausgeprägt (160 mg L -1 bei C [134] ), gegeben ist. Folglich sollte durch eine Vereinheitlichung der Partikelgröße eine verbesserte Stabilisierung der Probe gegen die Kristallisation des IPBC erreicht werden Kinetik der Polymerisation Um die Abnahme des Molekulargewichtes mit steigendem Gehalt des Wirkstoffes sowie die sehr geringe Initiatoreffizient zu untersuchen, wurde die Polymerisation kalorimetrisch verfolgt. Dazu wurde Probe ST040L (50 Gew.-% IPBC) mit einer Probe verglichen, die keinen Wirkstoff enthält (ST040A). Wie aus Abbildung 4.18a hervorgeht, erreicht die Probe, welche kein IPBC enthält (ST040A), bereits nach 12 min einen Umsatz von 95 % und nach 25 min sind 99 % des Monomers polymerisiert. Diese Umsätze werden bei Probe ST040L (50 Gew.-% IPBC) erst nach 100 bzw. 190 min erzielt. Dies bedeutet, dass die Anwesenheit des Wirkstoffes die Polymerisationsdauer verachtfacht, was die sehr geringe maximal erreichte Polymerisationsrate R p = mol L -1 s -1 im Vergleich zu Probe ST040A (R p = mol L -1 s -1 ) verdeutlicht. Berechnet man die mittlere Radikalzahl im Tropfen (s. Abb. 4.18b), so erhält man für Probe ST040A, die kein IPBC beinhaltet, eine maximale mittlere Radikalzahl von n = 2.5 Radikalen pro Tropfen (vgl. mit Probe ST025I, Kapitel 4.1.2). Liegt ein Wirkstoffanteil von 50 Gew.-% IPBC im Partikel vor, so erhält man einen mittleren Wert von n = So kommt es zum idealen Verlauf einer Miniemulsionspolymerisation, bei der nie mehr als 1 Radikal in einem Tropfen vorliegt. Dabei liegt ein schneller An/Aus-Mechanismus vor, bei dem die in den Tropfen eintretenden Radikale die Polymerisation des Monomers stoppen oder

83 Ergebnisse und Diskussion 73 die Polymerisation in einem zuvor inaktiven Tropfen starten. Dies führt zum Sinken des Molekulargewichtes, jedoch kann die starke Abnahme nicht alleine dadurch erklärt werden. Umsatz [%] a , Zeit [min] 0 Gew.-% IPBC 50 Gew.-% IPBC 1,0x10-2 8,0x10-3 6,0x10-3 4,0x10-3 2,0x10-3 Rp [mol L-1 s -1 ] R p [mol L -1 s -1 ] b 0,010 0,008 0,006 0,004 0,002 0 Gew.-% IPBC 50 Gew.-% IPBC 0,000 0, Umsatz [%] 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 mittlere Radikalzahl pro Partikel [-] Abbildung 4.18: a) Monomerumsatz und Polymerisationsrate (MMA) über die Zeit und b) Polymerisationsrate und mittlere Radikalzahl pro Tropfen gegen den Monomerumsatz der Proben ST040A (0 Gew.-% IPBC, Partikelgröße: 95 nm) und ST040L (50 Gew.-% IPBC, Partikelgröße: 150 nm), Feststoffgehalt beider Proben: 20 Gew.-%. Vergleicht man daher die erhaltenen Polymerisationsraten und -zeiten mit den erhaltenen Initiatoreffizienzen und den erhaltenen Polymerisationsgraden der Proben ST040A und ST040L (Tabelle 4.6), zeigt sich, dass bei Anwesenheit des IPBC mehr Initiator zum Starten einer Polymerkette gebraucht wird. Gleichzeitig sinkt der Polymerisationsgrad des Polymers und die Polymerisationsrate nimmt ab. Dies zeigt, dass der Wirkstoff eine inhibierende Wirkung besitzt, die aus der homolytischen Spaltung der Kohlenstoff-Iod-Bindung bei höheren Temperaturen resultiert [134] (s. Abb. 4.19). O O T I N O N O + I H H Abbildung 4.19: Schematische Darstellung der homolytischen Spaltung der C-I Bindung des IPBC Die vollständige Polymerisation des reinen MMA benötigt 20 min. Berechnet man aus der Halbwertszeit des verwendeten V59 (10 h bei 76 C [137] ) den Anteil des Initiators, der in diesem Zeitraum zerfällt, so erhält man einen Wert von 2%. Daraus errechnet sich, dass 45% der bis dahin zerfallenen Initiatormoleküle eine Polymerkette bilden. Es wird angenommen, dass die verbleibenden 55% des Initiators, die zu diesem Zeitpunkt zerfallen sind, keine Polymerkette starten, sondern durch eine sofortige Terminierung verbraucht werden. Die Effizient des insgesamt eingesetzten Initiators beträgt nur 1% (vgl. Tab. 4.6), jedoch wird diese Menge benötigt, damit der Monomerumsatz schnell erfolgen kann. Berechnet man für Probe ST040L die zerfallene Initiatormenge nach einer Gesamtpolymerisationsdauer von 190 min, so erhält man einen Wert von 37%. Daraus ergibt sich eine Effizienz des bis dahin

84 74 Ergebnisse und Diskussion zerfallenen Initiators von 15%, die Effizienz der eingesetzten Initiatormenge beträgt hingegen 5.5%. Dies bedeutet, dass durch die Anwesenheit des IPBC die Polymerisation deutlich verlangsamt wird und mehr Initiator verbraucht wird, um das Monomer vollständig zu polymerisieren. Ein Großteil des Initiators führt zu keiner Polymerisation, was vermutlich auf die inhibierende Wirkung des IPBC zurückzuführen ist Verkapslung von IPBC in P(MMA-co-HEMA) und P(S-co-HEMA) Der Zusatz geringer Mengen des Comonomers 2-Hydroxyethylmethacrylat (HEMA) zu dem Monomer MMA erhöht aufgrund der vorhandenen Hydroxylgruppe die Hydrophilie der äußeren polymeren Schichten des Partikels und sollte daher die Löslichkeit des Wirkstoffes in diesen verringern was die Stabilität der Partikel erhöhen soll (Proben ST048). Desweiteren wurde MMA durch Styrol ersetzt und so das Copolymer P(S-co-HEMA) (Proben ST059) erhalten. Dazu wurden den Monomeren MMA bzw. Styrol im Gewichtsverhältnis 90/10 das Comonomer HEMA zugesetzt, die nach Pochan (vgl. Kapitel 4.1.2) berechteten T g des Copolymers beträgt 103 C für das P(MMA-co-HEMA) und 81 C für das P(S-co-HEMA). Dabei wurde für PS ein T g von 78 C (polymerisiert in Miniemulsion unter Anwesenheit von 4 Gew.-% Hexadecan), für PMMA ein T g von 104 C (vgl. Tabelle 4.7) und für PHEMA ein T g von 90 C angenommen. Als Referenz wurden wirkstofffreie Proben hergestellt (Probe ST048A und ST059A). Da der Wirkstoff nur bis zu einem Gewichtsanteil von 40 Gew.% (bezogen auf die organische Phase) in der verwendeten Monomermischung MMA/HEMA löslich ist, konnten ausschließlich Hybridpartikel mit einem Wirkstoffgehalt von 40 Gew.% erhalten werden (Probe ST048C). Verwendet man eine Monomermischung aus Styrol und HEMA, können Wirkstoffgehalte von bis zu 50 Gew.-% in der Monomermischung gelöst werden und es ist möglich, eine Hybriddispersion mit einem Feststoffanteil von 40 Gew.% und einem Wirkstoffgehalt von 50 Gew.-% herzustellen. Die Eigenschaften der Proben sind in Tabelle 4.8 zusammengefasst. Die Hybridpartikel weisen im Vergleich zu den reinen Copolymer-Partikeln eine steigende Größe auf. Das Molekulargewicht des entsprechenden Copolymers im Hybridpartikel liegt deutlich unterhalb des Molekulargewichtes des jeweiligen reinen Copolymers. Dies wird auf die inhibierende Wirkung des IPBC zurückgeführt, die bereits in Kapitel diskutiert wurde. Die Erhöhung des Feststoffgehaltes (Probe ST059G) führt zu einer Verringerung der Partikelgröße, das Molekulargewicht des Copolymers bleibt jedoch unverändert. Die Glasübergangstemperatur beider Copolymere sinkt analog zu den Proben ST040 stark (ΔT g = C), wenn der Biozid-Gehalt von 0 auf 40 Gew.-% gesteigert wird. Dieses Verhalten wird auf eine weichmachende Wirkung des Biozides zurückgeführt und die Polymerzusammensetzung hat demnach keinen Einfluss auf die Löslichkeit des Wirkstoffes im Polymer.

85 Ergebnisse und Diskussion 75 Tab. 4.8: Eigenschaften der Proben ST048 (P(MMA-co-HEMA)) und ST059 (P(S-co-HEMA)), Initiator V59, stabilisiert mit 1.2 Gew.-% SDS bezogen auf die disperse Phase. Probe IPBC Partikel- PDI M w DI T g größe [Gew.-%] [nm] [g mol -1 ] [ C] ST048A ST048C ST059A ST059E ST059F ST059G* *= Feststoffgehalt: 40 Gew.-% Die TEM-Aufnahmen der mit Osmiumtetroxid kontrastierten Probe zeigen eine dunkle Phase im Partikelinneren (IPBC), die von einer hellen Phase (Copolymer) umschlossen vorliegt (s. Abb. 4.20). In den Partikeln der Probe ST048C (Abb. 4.20a) scheinen die beiden Phasen im Vergleich zu den Proben ST040 (s. Abb. 4.15) abgegrenzter zueinander vorzuliegen, die Mischphase zwischen beiden Reinphasen erscheint kleiner. Neben größeren Partikeln sind hier kleinere Partikel detektierbar, die keine Kern-Schale-Struktur aufweisen. Diese können aus reinem Copolymer bestehen und durch Zweitnukleation entstanden sein. Die Hybridpartikel der Proben ST059F (s. Abb. 4.20b/c) weisen keine deutlich abgegrenzten Phasen auf, so dass angenommen wird, dass hier analog zu den Proben ST040 eine ausgedehntere Mischphase zwischen beiden Reinphasen existiert. a b c Abbildung 4.20: TEM-Aufnahmen der Proben, a) ST048C (40 Gew.-% IPBC), b und c) ST059F (50 Gew.-% IPBC). Die Proben ST048C und ST048F zeigten bei Raumtemperatur im Vergleich zu den Proben ST040 (PMMA) eine um 2 Wochen längere Stabilität gegenüber der Kristallisation des Wirkstoffes. Die Proben ST059F und ST059G, die das Copolymer P(S-co-HEMA) enthalten, können über Monate bei Raumtemperatur und bei 4 C gelagert werden, ohne dass sich Kristallnadeln des Wirkstoffes ausbilden. Die Zugabe eines Impfkristalles zu den Proben

86 76 Ergebnisse und Diskussion ST059F und ST059G führt jedoch zur sofortigen Kristallisation des Wirkstoffes. Offensichtlich führt die Kristallisation des Wirkstoffes, der dadurch nicht im Partikel verbleibt, durch eine gerichtete Aggregation zur Destabilisierung der Hybriddispersion. Damit sind diese Dispersionen nicht geeignet, um in Holzschutzlacken Anwendung zu finden Verkapslung von IPBC in PMMA unter der Zugabe eines Alkydharzes Wird das in organischen Lösungsmitteln gelöste Biozid einem Holzschutzlack zugesetzt, so kommt es beim Trocknen und Verdampfen des Lösungsmittels zur Kristallisation des Wirkstoffes, wobei große Kristallnadeln entstehen. Nach dem gleichen Prinzip funktioniert die Verkapselung in Miniemulsion, bei der eine Kern-Schale-Struktur des Partikels durch die Phasenseparation des Polymers und des Kern-Materials entsteht. Bilden sich jedoch bei dieser Phasenseparation aufgrund der entstehenden Unlöslichkeit des Kernmaterials im Polymer Kristalle im Inneren des Partikels aus, kann es zur Beschädigung oder Zerstörung der polymeren Hülle kommen. Das Biozid kann ungehindert austreten und bildet große Kristalle in der Wasserphase aus. Um die Kristallisation von IPBC in Holzschutzlacken zu verringern, wird diesen Produkten oft ein Alkydharz zugesetzt, in welchem das IPBC löslich ist [117]. Durch diese Löslichkeit wird die Kristallisation des Wirkstoffes beim Trocknen des Lackes teilweise oder vollständig unterdrückt, da durch das Alkydharz ein Lösungsmittel für das IPBC im Lack vorhanden ist, welches als polymere Komponente nicht verdampft. Da es möglich ist, Acrylate und Methycrylate in Anwesenheit eines Alkydharzes zu polymerisieren (vgl. Kapitel 4.3), wurden Experimente durchgeführt, in denen dem Monomer MMA im Gewichtsverhältnis 90/10 das hydrophobe Alkydharz SETAL 293-XX 99 zugesetzt wurde. In dieser Monomer/Polymermischung wurde dann die entsprechende Menge des IPBC und des Initiators gelöst. Aus der Monomer/Alkydharz/IPBC-Emulsion wurde nach dem Homogenisierungsschritt in einer Miniemulsionspolymerisation die entsprechende Hybriddispersion hergestellt. Dabei sollte das IPBC in dem Alkydharz gelöst bleiben und so zum einen die inhibierende Wirkung des IPBC auf die freie radikalische Polymerisation des MMA vermindert und zum anderen die Kristallisation des Wirkstoffes in der resultierenden Polymerdispersion nach dem Abkühlen unterdrückt werden. Wie aus Tabelle 4.9 hervorgeht, steigt die Größe der Hybridparikel analog zu den Partikel, welche ausschließlich PMMA als Polymer enthalten (Proben ST040), mit steigendem Wirkstoffgehalt an. Die Proben waren bei einer Lagertemperatur von 23 C über Monate stabil und auch die Zugabe von Impfkristallen sowie anschließende Lagerung bei 4 C führte zu keiner Kristallisation des IPBC. Das Molekulargewicht zeigt analog der Alkydharz-freien Proben eine Abnahme mit steigendem Anteil des Wirkstoffes im Partikel, allerdings ist die Abnahme des Polymerisationsgrades weniger ausgeprägt als bei den Proben ST040. Dies könnte auf die Löslichkeit des Wirkstoffes im Alkydharz zurückzuführen sein, durch dessen Anwesenheit eine Phasenseparation früher eintreten kann. Dadurch bildet sich eine sehr hydrophobe Phase aus Biozid und Harz aus, von der angenommen wird, dass die Löslichkeit

87 Ergebnisse und Diskussion 77 des MMA darin gering ist. Demnach liegt das MMA bevorzugt im Polymer gequollen vor und polymerisiert dort, wo der inhibierende Einfluss des IPBC gering ist. Gleichzeitig besitzt jedoch das Alkydharz eine inhibierende Wirkung, was im nachfolgenden Kapitel explizit diskutiert wird. Tabelle 4.9: Eigenschaften der Proben ST060A-F mit variierendem Anteil von IPBC im Partikel und einem Feststoffgehalt von 20 Gew.-%, und Probe von ST060G mit einem Feststoffgehalt von 40 Gew.-% und einem IPBC-Gehalt von 50 Gew.% verkapselt in P(MMA-co-Alkydharz). Probe IPBC- Feststoffgehalt Größe PdI M w DI ST060 Gehalt [Gew.-%] [Gew.-%] [nm] [g/mol] A B C D E F G Die Morphologie der Hybridpartikel wurde mittels TEM analysiert, nachdem die Proben mit Osmiumtetroxid bedampft, das den Kontrast der IPBC-reichen Phase sowie der Alkydharz-haltigen Phase erhöht, und anschließend mit Kohle bedampft wurden. Wie in Abbildung 4.21 erkennbar ist, liegt der Wirkstoff von einer Polymer-reichen, kontrast- und demnach IPBC- und Alkydharz-armen Phase umschlossen vor, die vermutlich durch das PMMA gebildet wird. a b Abbildung 4.21: TEM-Aufnahmen der IPBC/Alkydharz/PMMA Partikel: a) ST060E (40 Gew.-% IPBC) und b) ST060F (50 Gew.-% IPBC)

88 78 Ergebnisse und Diskussion Wie bereits in Kapitel am Beispiel des PMMA als polymeres Hüllenmaterial gezeigt werden konnte, nimmt die Glasübergangstemperatur des Polymers mit steigendem Wirkstoffgehalt stetig ab. Dies sollte auch für die Proben ST060 untersucht werden. Wie Abbildung 4.22 zeigt, sinken die Glasübergangstemperaturen des PMMA mit steigendem Wirkstoffgehalt, was durch die Löslichkeit des IPBC im Polymer und somit durch die weichmachende Wirkung des Wirkstoffes verursacht wird. Eine Sättigung des PMMA mit dem Wirkstoff wird nicht erreicht. Betrachtet man die Auftragung der T g gegen den Wirkstoffgehalt der Proben ST060 im Vergleich zu den Proben ST040, die ausschließlich PMMA als polymeres Hüllenmaterial enthalten, so fällt auf, dass in beiden Fällen mit steigendem IPBC-Gehalt eine lineare Abnahme des T g auftritt. Dies spricht für eine homogene Verteilung des Biozides im Partikel und deutet darauf hin, dass keine klar abgegrenzten Phasen wie etwa bei einer idealen Kern- Schale-Struktur vorliegen. Man erkennt bei den Alkydharz-haltigen Proben (ST060) einen geringeren Abfall der Glasübergangstemperatur mit steigendem Wirkstoffgehalt. Es wird angenommen, dass dies durch die Löslichkeit des Wirkstoffes im Alkydharz hervorgerufen wird, so dass ein anderer Verteilungsquotient des IPBC innerhalb des Partikels und somit im PMMA existiert, wodurch dessen T g weniger stark gesenkt wird. 100 PMMA PMMA+Alkydharz Glasübergangstemperatur [ C] IPBC-Gehalt [Gew.-%] Abbildung 4.22: Auftragung der aus DSC-Messungen erhaltenen Glasübergangstemperaturen des PMMA gegen des IPBC-Gehalt der Hybridpartikel (bezogen auf die organische Phase). Die Ergebnisse der DSC-Messungen deuten auf eine recht homogene Partikelstruktur hin. Die TEM-Aufnahmen zeigen jedoch eine dunklere Phase im Partikelinneren, die von einer kontrastärmeren Phase umschlossen wird. Daher wird angenommen, dass eine Matrix im Partikel vorliegt, innerhalb der ein Gradient existiert (s. Abb. 4.23). Für eine graduelle Verteilung des Wirkstoffes im Partikel spricht zudem die Breite des Temperaturbereichs, über den die Glasstufe auftritt (ca. 60 C), wohingegen sich die Glasstufe bei dem reinen Polymer bei gleicher Heizrate (10 C min -1 ) über einen Temperaturbereich von ca. 35 C erstreckt.

89 Ergebnisse und Diskussion 79 Matrix mit Gradient Abbildung 4.23: Strukturvorschlag der Hybridpartikel. Die polymerreiche Phase ist rot und die Biozid-reiche Phase gelb gefärbt, die gestrichelte blaue Linie zeigt die im TEM erkennbare Phasengrenze. Da die Synthese der Hybridpartikel bei Temperaturen oberhalb der Schmelztemperatur des Wirkstoffes (65-69 C [117, 134] ) stattfindet, liegt dieser zunächst geschmolzen im Partikel vor. In Anhängigkeit der Löslichkeit des Biozides im Polymer kommt es während der Polymerisation oder danach zur Phasenentmischung, bei der die Phasen jedoch nicht vollständig voneinander zu separieren scheinen. Tritt die Phasenseparation erst nach dem Abkühlen auf, liegt der Wirkstoff amorph im Partikel vor und die Dispersion ist stabil, bis sich Kristalle ausbilden, die die Polymerhülle beschädigen. In den Proben, die das Alkydharz enthalten, tritt diese Kristallisation aufgrund der Löslichkeit des IPBC im Harz nicht auf, die Proben sind stabil Freisetzung des IPBC aus den Hybridpartikeln Die Freisetzung des Wirkstoffes aus den Hybridpartikeln in Abhängigkeit vom IPBC-Gehalt und vom T g des Polymers sollte untersucht werden. Da IPBC bei höheren Temperaturen verdampft, kann die Freisetzung des Wirkstoffes thermogravimetrisch analysiert werden [138]. Dazu wurde der Massenverlust der gefriergetrockneten Proben über einen Zeitraum von 66 h aufgezeichnet. Die Messung erfolgte bei einer Temperatur von 80 C, d.h. deutlich unterhalb der Zersetzungstemperatur des IPBC (100 C [117, 134] ). Es wurde oberhalb des Schmelzpeaks des IPBC (65-69 C [117, 134] ) gemessen, um eine schnelle Diffusion und somit Freisetzung des Biozides zu ermöglichen. Zur Vermeidung einer oxidative Zersetzung des IPBC [134] wurde zusätzlich unter Stickstoffatmosphäre gearbeitet. Zunächst wurde die Freisetzung des Wirkstoffes in Abhängigkeit von seinem Gehalt im Partikel bestimmt. Dazu wurden Proben des Homopolymers PMMA gewählt (Proben ST040) und zum Vergleich wurde reines IPBC gemessen. Die freigesetzte Menge des Wirkstoffes wurde bezogen auf die im Partikel eingeschlossene IPBC-Menge, so dass Abbildung 4.24a die relative Freisetzung des Wirkstoffes zeigt. Um die absolute Freisetzung des Wirkstoffs aus den Partikeln zu berechnen, wurde die aus 100 mg getrockneter Probe freigesetzte Wirkstoffmenge in mg berechnet (s. Abb. 4.24b). Wie aus beiden Abbildungen hervorgeht, erfolgt eine deutlich geringere Freisetzung des Wirkstoffes aus den Hybridpartikeln im Vergleich zum reinen IPBC. Aus Probe ST040I (20 Gew.-% IPBC) können über den Zeitraum der Messung (66 h) 25% (entsprechend 5 mg)

90 80 Ergebnisse und Diskussion der verkapselten Substanz freigesetzt werden. Bei Probe ST040K (40 Gew.-% IPBC) beträgt die verdampfte Menge 38% (entsprechend 15 mg) bezogen auf die ursprünglich im Partikel vorliegende Wirkstoffmenge und bei Probe ST040L (50 Gew.% IPBC) werden hiervon 32% (entsprechend 16 mg) freigesetzt. relative Freisetzung [Gew.-%] freigesetzes IPBC [mg/100 mg getrocknete Probe] reines IPBC 20 Gew.-% IPBC (ST040I) 40 Gew.-% IPBC (ST040K) 50 Gew.-% IPBC (ST040L) a Zeit [h] b Zeit [h] Abbildung 4.24: a) relativer Wirkstoffverlust über die Zeit bezogen auf die im Partikel vorliegende Menge an IPBC, b) absolute Freisetzung des IPBC in mg aus 100 mg Probe. Demnach kann umso mehr IPBC aus dem Partikeln freigesetzt werden, je höher deren Wirkstoffgehalt und demnach umso dünner die polymere Hülle der Hybridpartikel ist. In der nächsten Versuchsreihe wurde die Freisetzung des IPBC über 66 h aus Proben verglichen, bei denen 40 Gew.-% IPBC in verschiedenen (co)polymeren Materialien eingeschlossen wurde. Die Freisetzung des Biozids aus den Hybridpartikeln wurde im Vergleich zu reinem IPBC betrachtet. Für alle (co)polymeren Hüllenmaterialen kann eine deutlich geringere Freisetzung des Wirkstoffs im Vergleich zum reinen IPBC erhalten werden, wie Abbildung 4.25 zeigt. 70 reines IPBC P(MMA-co-HEMA) (ST048C) 60 PMMA (ST040K) P(S-co-HEMA) (ST059E) PMMA+Alkydharz (ST060E) 50 Freisetzung [%] Zeit [h] Abb. 4.25: Verlust an IPBC aus Hybridpartikeln unterschiedlicher (co)polymerer Hüllenmaterialien und einem Wirkstoffgehalt von 40 Gew.-%.

91 Ergebnisse und Diskussion 81 Reines PMMA als Hüllenmaterial weist die geringste Freisetzung des Duftstoffes auf, was durch den relativ hohen T g von 17 C des Polymers in der betrachteten Probe bedingt ist. Über einen Zeitraum von 66 h können 37.6% des ursprünglich verkapselten Wirkstoffes verdampft werden. Verwendet man P(MMA-co-HEMA) (T g des Polymers im Hybridpartikel: 16 C), so kann im selben Zeitraum mehr Wirkstoff aus den Partikeln freigesetzt werden (42.3%). Die höhere Freisetzung der Probe ST048C im Vergleich zu Probe ST040K ist demnach bei gleicher Glasübergangstemperatur des Polymers durch die größere Hydrophilie des Copolymers bedingt. Die höchste Freisetzungsrate wird im Fall des Copolymer P(S-co-HEMA) erzielt. Hier wurden innerhalb von 66 h 51% der ursprünglich verkapselten Wirkstoffmenge verdampft. Durch den niedrigen T g (-17 C) und die hohe Löslichkeit des Wirkstoffes im Polymer ist die Durchlässigkeit der Copolymerhülle höher und mehr IPBC kann im selben Zeitraum aus den Partikeln freigesetzt werden. Die Freisetzungsrate ist in Folge dessen nicht einzig durch die Glasübergangstemperatur des Polymers steuerbar, vielmehr beeinflussen die Hydrophilie und somit die Löslichkeit des Wirkstoffes im Polymer entscheidend dessen Freisetzungsverhalten. Vergleicht man nun den Einfluss des Alkydharzes der Alkydharz-haltigen Probe mit einer Probe, die ausschließlich PMMA enthält, so kann eine verringerte Freisetzung des IPBC aus Partikeln, die das Alkydharz enthalten, beobachtet werden. Im Vergleich zu der Proben ST040K (PMMA, Freisetzung über 66 h: 37.6%) kann aus Probe ST060E (PMMA+Alkydharz) 35.7% der ursprünglich verkapselten IPBC-Menge freigesetzt werden. Dieses Verhalten kann mit der Löslichkeit des Wirkstoffes im Alkydharz erklärt werden, was in einer verminderten Diffusion des IPBC durch die polymere Hülle des Partikels resultiert. Dabei nimmt mit sinkender IPBC-Konzentration im Partikel die Löslichkeit des verbleibenden Wirkstoffes im Alkydharzes zu, was sich in einem immer stärkeren Einfluss auf die Diffusion des Wirkstoffes aus dem Partikel ausdrückt; die Freisetzungsrate sinkt. 4.3 Darstellung von Alkydharz-Acrylat-Hybridnanopartikeln Alkydharzlacke werden meist als lösungsmittelbasierte Produkte vertrieben. Um diese hydrophoben Polymere in ein umweltfreundlicheres, wasserbasiertes System zu überführen, werden Acrylatmischungen unter Anwesenheit des polymeren Alkydharzes im Tropfen mittels der Miniemulsionspolymerisation polymerisiert. Die Polymerdispersionen der verwendeten Acrylatmischungen finden ihrerseits als Lacke Anwendung, so dass die Kombination dieser beiden Polymere Lacke mit neuartigen Produkteigenschaften verspricht. Dieser Abschnitt der Arbeit war Teil des vierjährigen EU-Projektes NAPOLEON (NAnostructured waterborne POLymEr films with OutstaNding Properties). Ziel dieses Projektes war die Entwicklung neuartiger wasserbasierter Hybriddispersionen, in deren Partikel die polymeren Komponenten im Nanometermaßstab verteilt vorliegen und welche die bestehenden, Lösungsmittel-basierten Produkte ersetzen sollen. Diese Partikel verfilmen, wenn das Wasser verdampft und sollen einen einheitlichen

92 82 Ergebnisse und Diskussion Polymerfilm ausbilden, wie Abbildung 4.26 zeigt. Entgegen der Blends aus beiden Einzelpolymeren kann eine Ausbildung von Domänen eines Polymers nur im Nanometermaßstab stattfinden. Hybridpartikel Trockenen Polymerblend Abbildung 4.26: Vereinfachte, schematische Darstellung der Filmbildung aus Hybridnanopartikeln im Vergleich zu einem Polymerblend. Die dem Alkydharz beigemischte Monomermischung von Methylmethacrylat/Butylacrylat/Acrylsäure (MMA/BA/AS) im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1 (oder nahezu identisch) ist eine Monomermischung, die hier als Monomermischung 1 bezeichnet wird, um Acrylat/Alkydharz-Hybridpartikel für Lackkompositionen herzustellen [68-70, 74-77, 79]. Eine weitere Monomermischung (Monomermischung 2) aus den Monomeren MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 19.5/79.5/1 wurde verwendet, um eine Kleberkomposition herzustellen, da aufgrund des höheren Anteils an BA im Polyacrylat dessen Glasübergangstemperatur im Vergleich zum erhaltenen Copolymer aus Monomermischung 1 deutlich verringert wird. Weitere Monomermischungen mit variierenden Anteilen an Butylacrylat und Methylmethacrylat wurden eingesetzt, um den Einfluss des BA auf die Kinetik der Polymerisation, auf den Anteil des erhaltenen Pfropfcopolymeren aus Alkydharz und Polyacrylat und auf die Partikelmorphologie zu untersuchen. Als Alkydharz wurde das unter dem Handelsnamen SETAL 293XX-99 vertriebene hydrophobe Polymer der Firma Nuplex Resins verwendet. Ziel dieser Arbeit war es, stabile Acrylat/Alkydharz-Miniemulsionen zu erhalten, welche eine über einen Zeitraum von mehr als 24 h stabile Tröpfchengröße im Bereich von 100 nm aufweisen, um diese zu späteren Zeitpunkten nach der Homogenisierung polymerisieren zu können. Da die Eigenschaften dieser Miniemulsionen wie Viskosität, Oberflächenspannung und Tröpfchengröße die Eigenschaften der späteren Polymerdispersionen beeinflussen, wurden diese vor und nach der Polymerisation bestimmt und verglichen. Die Charakterisierung sowohl der Polymerisationskinetik und der Restmonomergehalte als auch die Bestimmung der Eigenschaften der erhaltenen Polymere ist von ebenso großem Interesse wie die Charakterisierung der Partikelmorphologie, da diese Eigenschaften die späteren Produkteigenschaften maßgeblich beeinflussen. Im Rahmen des EU-Projektes wurde in Kooperationen mit A. Turshatov (TU Clausthal-Zellerfeld) die Morphologie mittels FRET- Messungen und die Phasenverteilung der einzelnen Polymere im Partikel und im Polymerfilm

93 Ergebnisse und Diskussion 83 von C. Heras (Universität von Surrey, Großbritanien) mittels AFM untersucht Herstellung der Proben mit der Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1 Zuerst wurden Proben unterschiedlicher Alkydharz-Konzentrationen und Anteile der dispersen Phase mit einer Monomermischung untersucht, in welcher eine Mischung der Monomere Methylmethacrylat (MMA), n-butylacrylat (BA) und Acrylsäure (AS) im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1 verwendet wurde. Als Tensid wurde Dowfax 2A1 (Tetrapropylen-diphenyloxid-disulfonat, siehe Abb. 4.27) verwendet. Alle Angaben der eingesetzten Tensidmengen, Alkydharz-Gehalte und Initiatormengen der Proben sind, sofern nicht anders angegeben, auf die disperse Phase berechnet worden. O SO 3 Na 3 NaO 3 S Abbildung 4.27: Chemische Struktur des Tensides Dowfax 2A Herstellung und Charakterisierung der Miniemulsionen Um die optimale Homogenisierungszeit zu bestimmen, wurde zunächst der Einfluss der Ultraschallzeit auf die Tröpfchengröße und deren Verteilung untersucht. Dazu wurde zuerst die Viskosität der dispersen Phase in Abhängigkeit des Alkydharz-Anteils bestimmt, um die Versuche mit der Monomer/Alkydharz-Mischung durchzuführen, welche die höchste Viskosität der dispersen Phase besitzt, da hier die Tröpfchenaufspaltung am meisten erschwert ist [1]. Wie Abbildung 4.28 zeigt, steigt die Viskosität mit zunehmendem Alkydharz- Anteil der Monomer/Alkydharz-Mischung exponentiell an. 10 Viskosität [mpa s -1 ] Alkydharzanteil [Gew.-%] Abbildung 4.28: Viskosität der Monomer/Alkydharz-Mischung in Abhängigkeit ihres Polymergehaltes.

94 84 Ergebnisse und Diskussion Um die optimale Ultraschalldauer zu ermitteln, wurde eine Präemulsion verwendet, die einen Anteil der dispersen Phase (Gewichtsverhältnis Monomermischung/Alkydharz 50/50) von 20 Gew.-% beinhaltete und somit die höchste Viskosität besitzt. Die kontinuierliche Phase wies einen Tensidgehalt von 2 Gew.-% Dowfax 2A1 aus, was der niedrigsten eingesetzten Tensidkonzentration entspricht. Wie Abbildung 4.29 zeigt, nimmt innerhalb der ersten 2 min des Ultraschalleintrags die Tröpfchengröße stark ab und verändert sich ab einer Schallzeit von 150 s nicht mehr. Der Gleichgewichtszustand, in dem sich die Tröpfchen nicht mehr weiter zerkleinern lassen, wird bei dieser Schalldauer erreicht. Daher wurde zur Herstellung aller Miniemulsionen mit einem Anteil der dispersen Phase von 20 Gew.-% und variierenden Alkydharz-Anteilen eine Ultraschalldauer von 150 s verwendet. In gleicher Weise wurden die minimal benötigten Ultraschallzeiten für Emulsionen bestimmt, die einen Anteil von Gew.-% der dispersen Phase und einen Alkydharz-Anteil von 50 Gew.-% aufwiesen. Für einen Anteil der dispersen Phase von 30 Gew.-% zeigte sich, dass oberhalb einer Ultraschalldauer von 180 s keine weitere Verkleinerung der Tröpfchen mehr erzielt werden kann (s. Abb. 4.29). Bei 40 und 50 Gew.-% disperse Phase in der Präemulsion wurde dieser Gleichgewichtszustand nach 240 s erreicht (s. Abb. 4.29). Ab einem Anteil von 30 Gew.-% der dispersen Phase musste gepulst geschallt werden, da sich sonst die Miniemulsion aufgrund der längeren Schalldauer zu sehr erhitzt hätte. Oberhalb von 40 Gew.-% Anteil der dispersen Phase wurde die entstehende Miniemulsion durch externes Rühren durchmischt, da die hohe Viskosität eine ausreichende Durchmischung durch die während der Ultraschallwirkung auftretenden Turbulenzen verhindert Gew.-% disperse Phase 30 Gew.-% disperse Phase 40 Gew.-% disperse Phase Tröpfchengröße [nm] Ultraschalldauer [s] Abbildung 4.29: Abnahme der Tröpfchengröße in Abhängigkeit der Dauer des Ultraschalleintrags in die Emulsion (90 % Amplitude) und dem Anteil der dispersen Phase der Miniemulsion. Im nächsten Schritt wurde der Einfluss der Alkydharz-Menge in der dispersen Phase auf die Tröpfchengröße und die Stabilität der Miniemulsion untersucht. Dazu wurden Monomer/Alkydharzmischungen mit Alkydharz-Anteilen von 0-50 Gew.-% und Tensidgehalten von 2, 4 bzw. 6 Gew.-% Dowfax 2A1 verwendet. Die Tröpfchengröße wurde

95 Ergebnisse und Diskussion 85 direkt nach der Homogenisierung und jeweils danach mittels DLS in bestimmten Zeitintervallen analysiert. Der Zeitraum, in dem sich die Tröpfchengröße der Miniemulsion um nicht mehr als 2 nm änderte, wurde als stabil definiert. Die erhaltenen Ergebnisse (Tabelle 4.10) der Proben mit variierenden Alkydharz-Anteilen bei unterschiedlichen Tensidkonzentrationen zeigen, dass ab einem Alkydharz-Gehalt von 33 Gew.-% im Tropfen unabhängig von der Tensidkonzentration ein deutlicher Anstieg der Tröpfchengröße auftritt. Dieser Trend wurde bereits in der Literatur beschrieben und kann durch die steigende Viskosität der dispersen Phase erklärt werden, wodurch mehr Energie zum Tröpfchenaufbruch benötigt wird [69, 70, 79]. Für geringe Alkydharz-Gehalte der Proben wird zunächst eine Abnahme der Tröpfchengröße beobachtet, was auf einen stabilisierenden Effekt des Alkydharzes zurückzuführen ist [68, 69]. Steigert man die Menge des Harzes im Tropfen weiter, so nimmt dessen Größe jedoch aufgrund der steigenden Viskosität der dispersen Phase zu. Die Tröpfchengrößenverteilung der in Tabelle 4.10 gezeigten Proben wurde mit Werten zwischen 0.10 und 0.18 bestimmt und zeigte keinen erkennbaren Trend, so dass dies nachfolgend nicht weiter diskutiert werden soll. Tabelle 4.10: Tröpfchengrößen und Stabilität der Tröpfchen in Abhängigkeit vom Alkydharz-Anteil in der dispersen Phase sowie der Tensidkonzentration (Dowfax 2A1), 20 Gew.-% disperse Phase. 2 Gew.-% Tensid 4 Gew.-% Tensid 6 Gew.-% Tensid Alkydharz- Tröpfchengrößgrößgröße Stabilität Tröpfchen- Stabilität Tröpfchen- Stabilität Gehalt [Gew.-%] [nm] [h] [nm] [h] [nm] [h] 4 99 >3 82 >6 79 > >6 73 >24 78 > > > > > > > > > > > > > 96 Mit der geringsten Tensidkonzentration (2 Gew.-%) können ab einem Alkydharz-Gehalt von 25 Gew.-% in der dispersen Phase Miniemulsionen erhalten werden, deren Tröpfchengröße sich über einen Zeitraum von mehr als 96 h nicht ändert. Unterhalb dieses Gehaltes zeigen die Tröpfchen eine verminderte Stabilität, die Tröpfchengröße wächst aufgrund der Ostwaldreifung über die Zeit an. Das Alkydharz als hydrophobes Polymer besitzt somit eine schwache Wirkung als osmotisches Reagenz und wirkt ab einem Gehalt von ca. 25 Gew.-% einem Anwachsen der Tröpfchen im Laufe der Zeit durch Diffusion (Ostwaldreifung) entgegen. Diese schwache stabilisierende Wirkung von Polymeren wie PMMA und PS ist bekannt [73] und wurde ebenso bereits für Alkydharze berichtet [68, 69]. Der hohe Gehalt, der nötig ist, um einen zusätzlichen stabilisierenden Einfluss des Alkydharzes zu erreichen, ist auf

96 86 Ergebnisse und Diskussion die geringere Molekülzahl und somit Molarität von Polymeren im Vergleich zu Hexadecan zurückzuführen. Eine Miniemulsion, die 50 Gew.-% Alkydharz beinhaltet, besitzt eine zehnfach geringere Molekülanzahl als eine Probe, die 4 Gew.-% Hexadecan enthält. In der Literatur wurde beobachtet, dass Miniemulsionen ab einem Alkydharzgehalt der dispersen Phase von 20 Gew.-% über einen Zeitraum von 7 Tagen gegen ein Aufrahmen stabilisiert waren, die Tröpfchengrößen wurden jedoch über diesen Zeitraum nicht bestimmt [68]. Demnach sind Polymere erst in größeren Konzentrationen in der dispersen Phase geeignet, Miniemulsionen ausreichend gegen Ostwaldreifung zu stabilisieren, wie der hohe Anteil an SETAL 293XX-99 zeigt, welcher nötig ist, um die Miniemulsionen über längere Zeiträume zu stabilisieren. Mit steigendem Tensidgehalt in der kontinuierlichen Phase können jedoch bereits Tröpfchen mit einem Alkydharz-Gehalt von 10 Gew.-% über einen Zeitraum von mehr als 96 h stabilisiert werden. Dies resultiert sowohl aus der Wirkung des Alkydharzes als schwaches Ultrahydrophob, als auch aus der zusätzlichen Stabilisierung der Tröpfchen gegen Koaleszenz durch höhere Tensidkonzentrationen in der kontinuierlichen Phase. Das Anwachsen der Tröpfchengröße mit steigendem Alkydharz-Anteil der dispersen Phase sollte weiter untersucht werden. Dazu wurden die Oberflächenspannungen der Miniemulsionen gemessen. Bei gleich bleibender Tensidkonzentration sollte mit sinkender Grenzfläche die Zahl der an die Phasengrenzfläche adsorbierten Tensidmoleküle abnehmen. Folglich müsste die Oberflächenspannung sinken, da mehr Tensid vorhanden ist, um an der Grenzfläche Wasser/Luft zu adsorbieren. Wie in Abbildung 4.30 gezeigt, steigt die Oberflächenspannung der Miniemulsionen mit steigendem Alkydharz-Anteil der dispersen Phase stetig an, obwohl die Tröpfchengröße im System steigt und sich daher die Phasengrenzfläche verringert, welche durch das Tensid bedeckt werden kann. Allein bei der geringsten Tensidkonzentration (2 Gew.-%) tritt eine erwartete Abnahme der Oberflächenspannung auf, wenn der Gehalt an SETAL 293XX-99 von 42 auf 50 Gew.-% erhöht wird, was aus der starken Zunahme der Tröpfchengröße und somit der Verringerung der Phasengrenzfläche resultiert. Oberflächenspannung [mn s -1 ] Gew.-% Tensid 4 Gew.-% Tensid 6 Gew.-% Tensid Anteil Alkydharz [Gew.-%] Abbildung 4.30: Oberflächenspannung der Miniemulsionen in Abhängigkeit der Alkydharz-Konzentration in der dispersen Phase bei verschiedenen Konzentrationen des Tensides Dowfax 2A1, 20 Gew.-% disperse Phase.

97 Ergebnisse und Diskussion 87 Diese Zunahme der Oberflächenspannung mit steigender Konzentration des SETAL 293XX-99 als hydrophobes Polymer in der dispersen Phase ist durch eine steigende Adsorption des Tensides an die Phasengrenzfläche bedingt und kann durch deren steigende Hydrophobizität erklärt werden [79]. Dieses macht wiederum eine größere Menge des Tensides erforderlich, um die beim Tröpfchenaufbruch neu entstandene Grenzfläche zu bedecken und somit die zerkleinerten Tröpfchen ausreichend gegen Koaleszenz zu stabilisieren [79]. Mit steigendem Tensidgehalt in der kontinuierlichen Phase kann daher eine Verringerung der Tröpfchengröße erzielt werden (vgl. Tabelle 4.10). Im Fall der höchsten Tensidkonzentration (6 Gew.-% bezogen auf die disperse Phase) werden deutlich geringere Oberflächenspannungen erhalten, was darauf hindeutet, dass mehr freies Tensid in der kontinuierlichen Phase vorliegt und daher die Tröpfchenoberfläche mit Tensid nahezu abgesättigt ist. Mit steigendem Alkydharz-Gehalt kann aber erneut mehr Tensid an die Tröpfchenoberfläche gebunden werden und die Oberflächenspannung steigt infolge dessen an, wie aus Abbildung 4.30 hervorgeht. Die Oberflächenspannungen von 35 bis 38 mn m -1 zeigen, dass auch hier keine freien Mizellen des Tensides Dowfax 2A1 in der koninuierlichen Phase vorliegen. Der Flächenbedarf eines Tensidmoleküls auf der Grenzfläche zwischen disperser und kontinuierlicher Phase soll berechnet werden, um zu überprüfen, ob mit steigendem Alkydharz-Anteil der dispersen Phase mehr Tensid pro Oberflächeneinheit gebunden werden kann. In Tabelle 4.11 sind die Tensidmoleküle pro nm 2 und der Flächenbedarf eines Tensidmoleküls in nm 2 in Abhängigkeit des Alkydharzanteiles der dispersen Phase und des Tensidgehaltes der kontinuierlichen Phase wiedergegeben. Tabelle 4.11: Belegung der Tröpfchenoberfläche mit Dowfax 2A1-Molekülen und Platzbedarf eines Tensidmoleküls auf der Tröpfchenoberfläche in Abhängigkeit der Tensidkonzentration und der Alkydharzmenge. 2 Gew.-% Tensid 4 Gew.-% Tensid 6 Gew.-% Tensid Alkydharz- Gehalt Tensidmoleküle pro nm 2 Platzbedarf Tensidmolekül Tensidmoleküle pro nm 2 Platzbedarf Tensidmolekül Tensidmoleküle pro nm 2 Platzbedarf Tensidmolekül [Gew.-%] [nm 2 ] [nm 2 ] [nm 2 ] Mit steigendem Alkydharzanteil der dispersen Phase steigt die Zahl der Tensidmoleküle pro Flächeneinheit (nm 2 ) unabhängig von der Tensidkonzentration an. Folglich sinkt die Fläche, die von einem Tensidmolekül bedeckt wird. Mit steigendem Tensidgehalt der kontinuierlichen Phase wird mehr Tensid an die Grenzfläche adsorbiert. Die Fläche, die von einem Tensidmolekül bedeckt wird, nimmt demnach im Vergleich zu einer geringeren Tensidkonzentration stark ab. Steigert man die Tensidkonzentration der kontinuierlichen

98 88 Ergebnisse und Diskussion Phase, wird mehr Tensid an die Phasengrenzfläche adsorbiert und es können kleinere Tröpfchengrößen erzielt werden (vgl. Tab. 4.10). Desweiteren sollte die Viskosität der erhaltenen Miniemulsionen in Korrelation zu den Tröpfchengrößen in Abhängigkeit vom Alkydharz-Gehalt der dispersen Phase und der eingesetzten Tensidmenge (2 bzw. 4 Gew.-%) untersucht werden. Wie in Abbildung 4.31 dargestellt, nimmt die Viskosität der Miniemulsion mit steigendem Anteil des SETAL 293XX-99 zunächst linear bis zu einem Gehalt von 25 Gew.-% zu, die Tröpfchengröße ändert sich in diesem Bereich nicht. Dies ist auf die zunehmende Adsorption des Tensides auf die Grenzfläche zwischen disperser und kontinuierlicher Phase zurückzuführen, was eine höhere Oberflächenladung der Tröpfchen, somit eine höhere Wechselwirkung zwischen ihnen und dadurch eine Zunahme der Viskosität bedingt [79]. 3,5 2 Gew.-% Tensid 4 Gew.-% Tensid 160 Viskosität [mpa s -1 ] 3,0 2,5 2, Tröpfchengröße [nm] 1, Alkydharzanteil [Gew.-%] Abbildung 4.31: Tröpfchengrößen (ausgefüllte Quadrate) und Viskositäten (hohle Quadrate) der erhaltenen Monomer/Alykdharzdispersionen in Abhängigkeit vom Alkydharz-Anteil der dispersen Phase und vom Tensidanteil, 20 Gew.-% disperse Phase, Dowfax 2A1 als Tensid. Erhöht man die Alkydharz-Menge in der dispersen Phase auf 33 Gew.-%, so steigt die Viskosität nur noch geringfügig an, da die Tröpfchengröße leicht zunimmt und sich somit die Zahl der Scherebenen pro Volumenelement der Emulsion verringert. Dieser Effekt wirkt der Zunahme der Viskosität infolge der zunehmenden Wechselwirkung der Tröpfchen mit steigendem Alkydharz-Gehalt entgegen. Eine weitere Erhöhung des Alkydharz-Anteils der dispersen Phase führt zu einer deutlichen Vergrößerung der Tröpfchen. Dies resultiert in einem Absinken der Viskosität der Miniemulsion, obwohl die Wechselwirkung der Tröpfchen infolge der höheren Tensidbedeckung ihrer Oberfläche und somit ihre Oberflächenladung zunimmt. Im nächsten Schritt sollte der Anteil der dispersen Phase erhöht werden, um zu Miniemulsionen mit Feststoffgehalten von 50 Gew.-% zu gelangen, dir polymerisiert Dispersionen ergeben, die als Lacke Anwendung finden können. Ein Problem bei der Herstellung solcher Polymerdispersionen mit hohen Feststoffgehalten stellt die hohe

99 Ergebnisse und Diskussion 89 Viskosität der entsprechenden Miniemulsionen im Homogenisierungsschritt und der nachfolgenden Polymerisation dar. Zudem führt eine Erhöhung des Anteils an disperser Phase zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass die Tröpfchen durch Koaleszenz anwachsen. Um eine ausreichende Stabilisierung der Tröpfchen zu gewährleisten, wurde zunächst ein Tensidgehalt von 4 Gew.-% eingesetzt. Bereits ab einem Anteil von 30 Gew.-% der dispersen Phase steigt bei diesem Tensidgehalt die Viskosität der Miniemulsion auf Werte zwischen 10.5 und 12 mpa s -1, und die Tröpfchen zeigten ein schnelles Wachstum, da sie nicht ausreichend gegen Koaleszenz stabilisiert werden konnten. Durch die Zugabe geringer Mengen an Natriumhydrogencarbonat und die Erhöhung des Tensidanteils auf 6 Gew.-% können die Wechselwirkungen zwischen den Tröpfchen und somit die Viskositäten der Miniemulsionen deutlich verringert [79] und die Tröpfchen ausreichend gegen Koaleszenz stabilisiert werden. So konnten Miniemulsionen hergestellt werden, die einen Gehalt von 50 Gew.-% der dispersen Phase mit variierenden Alkydharz-Anteilen von 25 bis 50 Gew.-% beinhalten. Geringere Alkydharz-Gehalte wurden nicht eingesetzt, da hier eine ausreichende Stabilisierung der Tröpfchen gegen Ostwaldreifung nicht gegeben ist. Die in Tabelle 4.12 gezeigten Tröpfchengrößen der Miniemulsionen waren über einen Zeitraum von mehr als 4 Tagen stabil. Auch für einen Anteil der dispersen Phase von 30 Gew.-% zeigt sich eine Zunahme der Tröpfchengröße mit steigendem Alkydharz-Anteil. Erhöht man die Menge der dispersen Phase im System weiter, liegen die Tröpfchengrößen unabhängig ihres Alkydharz-Gehaltes in derselben Größenordnung. Tabelle 4.12: Tröpfchengrößen (TG) und Oberflächenspannungen der Miniemulsionen in Abhängigkeit vom Anteil der dispersen Phase und deren Alkydharz-Anteil, Tensidkonzentration: 6 Gew.-% Dowfax 2A1 bezogen auf die disperse Phase. Disperse Phase 30 Gew.-% 40 Gew.-% 50 Gew.-% Alkydharz TG η TG η TG η [Gew.-%] [nm] [mpa s -1 ] [nm] [mpa s -1 ] [nm] [mpa s -1 ] Abbildung 4.32 zeigt die logarithmische Auftragung der Tröpfchengrößen sowie die Auftragung der Viskositäten von Miniemulsionen mit einem Gehalt von 25 und 50 Gew-% Alkydharz in Abhängigkeit des Anteils dieser Phase im System. Mit steigendem Anteil der dispersen Phase in der Miniemulsion erhöht sich deren Viskosität nahezu exponentiell, wie die logarithmische Darstellung der Viskosität gegen den Ölgehalt der Proben verdeutlicht. Gleichzeitig werden für eine Miniemulsion, die 25 Gew.-% Alkydharz enthält, mit

100 90 Ergebnisse und Diskussion steigendem Anteil der dispersen Phase immer höhere Tröpfchengrößen erzielt. Dies zeigt, dass der Tröpfchenaufbruch mit steigender Viskosität der Probe und somit steigendem Anteil der dispersen Phase zunehmend erschwert wird. Hingegen bleibt die Tröpfchengröße der Miniemulsion, welche 50 Gew.-% Alkydharz beinhaltet, nahezu konstant Tröpfchengröße 1000 Tröpfchengröße [nm] Viskosität 25 Gew.-% Alkydharz 50 Gew.-% Alkydharz Viskosität [mpa s -1 ] Anteil disperse Phase [Gew.-%] Abbildung 4.32: Tröpfchengrößen (ausgefüllte Symbole) und Viskositäten (leere Symbole) der Miniemulsionen in Abhängigkeit des Alkydharz-Anteils und des Anteils der dispersen Phase der Miniemulsion, Tensidkonzentration: 6 Gew.% Dowfax 2A1 bezogen auf die disperse Phase.. Die minimal erreichbaren Tröpfchengrößen sind ab einem Alkydharz-Gehalt der dispersen Phase von 40 Gew.-% nahezu unabhängig vom Alkydharz-Anteil. Dies ist durch die sehr hohe Viskosität der Miniemulsion und die daraus resultierende mangelnde Durchmischung, die steigende Koaleszenz durch die steigende Stoßwahrscheinlichkeit der Tröpfchen und den erschwerten Energieeintrag in die Probe bedingt. Insgesamt führt ein steigender Anteil der dispersen Phase in der Probe dazu, dass sowohl die Viskosität als auch die Tröpfchengröße ansteigen. Ein Anstieg der Viskosität resultiert aus einer Zunahme der Tröpfchen-Tröpfchen-Wechselwirkungen, wenn der Anteil der dispersen Phase erhöht wird. Gleichzeitig steigt die Viskosität mit steigendem Alkydharzgehalt der dispersen Phase durch die stärkere Absorption des Tensides an die Phasengrenzfläche, so dass pro Grenzflächeneinheit mehr Tensid gebunden wird (s. Tab. 4.7). Damit steigt die Oberflächenladung und das Oberflächenpotential der Tröpfchen und die Tröpfchen- Tröpfchen-Wechselwirkungen und damit die Viskosität nehmen zu. Dieser Effekt ist für höhere Alkydharzgehalte der dispersen Phase daher stärker ausgeprägt als für geringere Gehalte Polymerisation der Miniemulsionen der Monomermischung 1 und des Alkydharzes SETAL 293XX-99 Im nächsten Schritt erfolgte die Polymerisation der Miniemulsionen mit dem öllöslichen

101 Ergebnisse und Diskussion 91 Initiator V59 (1.7 Gew.-% bezogen auf die disperse Phase) bei 72 C über Nacht. Dabei zeigte sich, dass mit zunehmendem Anteil der dispersen Phase die Durchmischung während der Polymerisation deutlich erschwert war und bei einer Tensidkonzentration von weniger als 4 Gew.-% aufgrund der Koaleszenz der Tropfen hohe Anteile an agglomeriertem Polymer erhalten wurden. Zunächst wurden die Miniemulsionen polymerisiert, die einen Anteil der dispersen Phase von 20 Gew.-% hatten. Wie Tabelle 4.13 zeigt, werden Partikelgrößen erhalten, die für geringe Gehalte des Alkydharzes geringfügig kleiner sind als die entsprechenden Tröpfchengrößen. Je größer der Anteil des polymeren Alkydharzes und je geringer die Monomermenge im Tropfen, desto geringer ist der Größenunterschied der Tropfen im Vergleich zu den daraus resultierenden Partikeln. Tabelle 4.13: Partikelgrößen (PG) der Polymerdispersionen und Tröpfchengrößen (TG) der Miniemulsionen in Abhängigkeit ihres Alkydharz-Gehaltes im Partikel und der Tensidkonzentration, 20 Gew.-% disperse Phase. Dowfax 2A1 2 Gew.-% 4 Gew.-% 6 Gew.-% Alkydharz TG PG TG PG TG PG [Gew.-%] [nm] [nm] [nm] [nm] [nm] [nm] Dieses Verhalten wurde in gleicher Weise bereits in der Literatur beschrieben und ist auf ein durch die höhere Dichte des Polyacrylates (ρ = g cm -3 bei 23 C) im Vergleich zu der entsprechenden Monomermischung (ρ = g cm -3 bei 23 C) bedingtes Schrumpfen der Tröpfchen im Laufe der Polymerisation zurückzuführen [68, 69]. Dies bedeutet aber auch, dass aus allen Tröpfchen Partikel erhalten werden und keine Diffusion des Monomers stattfindet, die zur Sekundärnukleation und somit zur Bildung von Partikeln führt, die aus reinem Polyacrylat bestehen. Ebenso tritt keine Koaleszenz der Tropfen auf, die zur Vergrößerung der Partikel im Vergleich zu den entsprechenden Tröpfchen führt. Die Größe der erhaltenen Partikel steigt gemäß der vorgegebenen Tröpfchengrößen mit steigendem Alkydharzanteil (> 25 Gew.-%) im Partikel an. Mit zunehmender Tensidkonzentration in der kontinuierlichen Phase können kleinere Hybridpartikel erhalten werden, so dass die Partikelgröße durch die Wahl der Alkydharz-Menge und der Tensidkonzentration einstellbar ist. Im nächsten Schritt wurden die Proben, die einen höheren Gehalt an disperser Phase (30-50 Gew.-%) besaßen, polymerisiert. Für die Proben mit einem Feststoffgehalt von 30 Gew.-% steigt die Partikelgröße gemäß der vorgegebenen Tröpfchengröße mit

102 92 Ergebnisse und Diskussion zunehmendem Alkydharz-Gehalt an (s. Tab. 4.14). Für höhere Feststoffgehalte (40 und 50 Gew.-%) bleibt sie ebenso wie die entsprechende Tröpfchengröße nahezu konstant. Für Feststoffgehalte von 30 und 40 Gew.-% verringert sich auch hier die Partikelgröße im Vergleich zu der vor der Polymerisation vorliegenden Tröpfchengröße der Proben kaum, aus nahezu jedem Tropfen wird ein Partikel erhalten. Tabelle 4.14: Tröpfchengrößen (TG) der Miniemulsionen und Partikelgrößen (PG) der daraus erhaltenen Polymerdispersionen in Abhängigkeit ihres Feststoff- und Alkydharz-Gehaltes, Tennsidkonzentration: 6 Gew.-% Dowfax 2A1 bezogen auf die disperse Phase. Feststoffgehalt 30 Gew.-% 40 Gew.-% 50 Gew.-% Alkydharz [Gew.-%] TG [nm] PG [nm] TG [nm] PG [nm] TG [nm] PG [nm] In Abbildung 4.33 sind die Tröpfchengrößen und die daraus resultierenden Partikelgrößen von Proben, die einen Alkydharz-Gehalt von 50 Gew.-% in der dispersen Phase besitzen, gegen den Feststoffgehalt aufgetragen. Für Feststoffgehalte von weniger als 50 Gew.-% stimmen Tröpfchen- und Partikelgröße nahezu überein, aus jedem Tropfen wird demnach ein Partikel erhalten, die Tropfenidentität und somit -zusammensetzung bleibt erhalten. Die erhaltenen Partikelgrößen sind dabei etwas geringer als die entsprechenden Tröpfchengröße der Probe, was auf die höhere Dichte des Polyacrylats im Vergleich zur eingesetzten Monomermischung (Polymerschrumpf) zurückzuführen ist. Bei einem Feststoffgehalt von 50 Gew.-% werden jedoch aus Tröpfchen mit einem mittleren Durchmesser von 101 nm Partikel mit einer Größe von 110 nm erhalten. Dieser Effekt wurde bei allen Proben mit einem Feststoffgehalt von 50 Gew.-% beobachtet (s. Tabelle 4.14). Dies resultiert vermutlich aus dem hohen Anteil der dispersen Phase in der Miniemulsion, der eine Kollision der Tröpfchen wahrscheinlicher macht und somit durch Koaleszenz der Tröpfchen während der Polymerisation ein Anwachsen der Partikel bewirkt. Wie aus der Abbildung 4.33 zu erkennen ist, nehmen die Viskositäten der Miniemulsionen und Polymerdispersionen in der logarithmischen Auftragung mit steigendem Feststoffgehalt linear zu, da die Wechselwirkungen der Tröpfchen bzw. Partikel mit zunehmendem Anteil disperser Phase in der Miniemulsion und somit abnehmender Distanz zwischen den Partikeln bzw. Tröpfchen ansteigt. Die Viskosität der Polymerdispersion liegt dabei stets unter dem Wert der entsprechenden Miniemulsion. Die Differenz der Viskosität von Miniemulsion und der daraus erhaltenen Polymerdispersion nimmt dabei mit steigendem Feststoffgehalt zu. Dies bedeutet, dass die Wechselwirkungen zwischen den Partikeln geringer sind als bei den

103 Ergebnisse und Diskussion 93 entsprechenden Tröpfchen. Es wird angenommen, dass dies auf unterschiedliche Ausdehnungen der Hydodynamischen Grenzschicht zurückzuführen ist. 110 Tröpfchengröße Partikelgröße Größe [nm] Miniemulsion Polymerdispersion Viskosität [mpa s -1 ] Feststoffgehalt [Gew.-%] Abbildung 4.33: Viskositäten (Kreise) und Tröpfchen-/Partikelgrößen (quadratische Symbole) der Miniemulsionen (schwarze Symbole) und der daraus erhaltenen Polymerdispersionen (rote Symbole) in Abhängikeit vom Feststoffgehalt bzw. Anteil der dispersen Phase der Miniemulsion, Anteil des Alkydharzes im Partikel bzw. in der dispersen Phase: 50 Gew.-%, Tensidkonzentration: 6 Gew.-% Dowfax 2A1. Die Molekulargewichte der Proben ST010 (2 Gew.-% Dowfax 2A1) in Anhängigkeit vom Alkydharz-Gehalt im Partikel und das Molekulargewicht des Alkydharzes wurden analysiert (s. Tab. 4.15). Für geringe Alkydharz-Gehalte nimmt das mittlere Molekulargewicht des erhaltenen Polymers im Vergleich zur Alkydharz-freien Probe zunächst zu. Die Probe ST010E (10 Gew.-% Alkydharz) zeigt eine breite Verteilung des Molekulargewichtes. Dies wird durch das Auftreten mehrer Signale hervorgerufen, wie das rote Elugram in Abbildung 4.34 zeigt. Dabei tritt ein Signal bei einer geringen Elutionszeit (15 min) auf, dem somit ein sehr hohes Molekulargewicht zugeordnet werden kann. Es wird angenommen, dass dieser Teil des Polymers als Pfropfcopolymer (P(Acrylylat-g-Alkydharz)) vorliegt. Ein solches Pfropfcopolymer mit hohem Molekulargewicht entsteht, wenn mehrere Polyacrylatketten eines hohen Polymerisationsgrades auf dasselbe Alkydharz-Molekül aufpfropfen. Zudem treten zwei weitere Signale bei einer höheren Elutionszeit auf, die einem geringeren Molekulargewicht zugeordnet werden können. Vergleicht man das Signal dieser Probe, das im Bereich einer Elutionszeit von 16 bis 26 min auftritt mit dem Signal der Alkydharz-freien Probe (schwarzes Elugram), so ist erkennbar, dass dieses Signal dem reinen Polyacrylat zuzuordnen ist, das kein Pfropfcopolymer gebildet hat. Das Maximum dieses Signals liegt im Vergleich zur Alkydharz-freien Probe zu höheren Elutionszeiten verschoben, was bedeutet, dass das Molekulargewicht des reinen Polyacrylates der Probe ST010E im Vergleich zur Alkydharz-freien Probe sinkt.

104 94 Ergebnisse und Diskussion Tabelle 4.15: Molekulargewicht M w des Alkydharzes und der Proben ST010 in Abhängigkeit von ihren Alkydharz-Gehalt. Alkydharz [Gew.-%] M w [g mol -1 ] Gew.-% Alkydharz 10 Gew.-% Alkydharz, ST010E 33 Gew.-% Alkydharz, ST010G 50 Gew.-% Alkydharz, ST010H 100 reines Alkydharz Detektorsignal [%] Elutionszeit [min] Abbildung 4.34: GPC Elugrame des Alkydharzes und der Proben ST010 in Abhängigkeit ihres Alkydharz-Gehaltes. Das Molekulargewicht der Proben ST010 nimmt für höhere Gehalte des Alkydharzes im Polymer weiter ab. Dies wird in Tabelle 4.16 wiedergegeben, in der die mittleren Molekulargewichte der Fraktion aufgeführt sind, die dem reinen Polyacrylat in der Polymermischung zuzuordnen sind. In Abbildung 4.34 erscheint dieses Signal zu höheren Elutionszeiten und demnach zu geringeren Molekulargewichten verschoben. Tabelle 4.16: Molekulargewicht M w und Molekulargewichtsverteilung D der Fraktion, welche der Fraktion des reinen Polyacrylates in den Proben ST010 zugeordnet wird, in Abhängigkeit vom Alkydharz-Gehalt der Proben Alkydharz [Gew.-%] Sinkt das Molekulargewicht des reinen Polyacylates in der Probe mit steigendem Alkydharzanteil im Partikel, so sinkt auch die Molekulargewichtsverteilung der Proben, wie aus Abbildung 4.34 ersichtlich ist. Ein Signal bei geringen Elutionszeiten wie im Fall der Probe ST010E tritt für Proben höheren Alkydharzanteils nicht mehr auf (vgl. Abb. 4.34). Diese Abnahme des Molekulargewichtes mit steigendem Alkydharzanteil im Partikel wurde in gleicher Weise für andere Alkydharze in der Literatur beschrieben [69, 76, 77]. Mit steigendem Alkydharz-Anteil im Tropfen kommt es offensichtlich während der Polymerisation verstärkt M w [g mol -1 ] DI

105 Ergebnisse und Diskussion 95 zum Abbruch der wachsenden Polyacrylatketten. Bei allen Proben, die das Alkydharz enthalten, ist ein schmales Signal bei einer Elutionszeit von 29 bis 31 min zu detektieren, was einem Molekulargewicht von 1500 bis 3000 g mol -1 entspricht. Dieses Signal kann dem kurzkettigen Anteil des Alkydharzes zugeordnet werden, wie die Messung des reinen Alkydharzes (blaues Elugram in Abb. 4.34) zeigt. Die Intensität des Signales, das diesem kurzkettigen Alkydharz zugeordnet wird, nimmt mit steigendem Anteil des SETAL 293XX- 99 im Hybridpartikel zu. Aus dem Vorliegen mehrerer Signale resultiert eine breite Molekulargewichtsverteilung der Proben Kinetik der Polymerisation und Bestimmung des Monomerumsatzes in Abhängigkeit des Alkydharz-Gehaltes der Proben Um die Abnahme des Molekulargewichtes in Abhängigkeit des Alkydharz-Anteils im Partikel weiter zu untersuchen, wurden Proben mit einem Alkydharz-Gehalt in der dispersen Phase von 0, 25 bzw. 50 Gew.-% (Proben ST009M, ST013C bzw. ST013F) polymerisiert, der Monomerumsatz gravimetrisch sowie das Molekulargewicht des Polymers mittels GPC zu definierten Zeitpunkten der Polymerisation bestimmt. Wie aus Abbildung 4.35 hervorgeht, steigt das Molekulargewicht der Probe mit dem Monomerumsatz an, und die Polymerisation ist nach 2 h abgeschlossen, das Monomer ist vollständig polymerisiert und das Molekulargewicht (M w = g mol -1 ) bleibt konstant. Bringt man 25 Gew.-% des SETAL 293XX-99 in die disperse Phase ein (Probe ST013C), so verlangsamt sich die Polymerisation und damit die Polymerisationsrate merklich. Die Polymerisation ist erst nach 5 h abgeschlossen, der Monomerumsatz erreicht hier bei einem Wert von 98 % ein Plateau, was dem maximalen Monomerumsatz dieser Polymerisation entspricht. Dieser Polymerisationsverlauf ist typisch für Alkydharz-Acrylat-Systeme, und das erhaltene Plateau, welches durch den limitierten Monomerumsatz ausgebildet wird, wird auf einen frühzeitigen vollständigen Verbrauch des Initiators zurückgeführt [72]. Das Molekulargewicht der Probe ST013C steigt innerhalb der ersten 5 h der Polymerisation mit dem Monomerumsatz auf einen Wert von g mol -1 an und verändert sich danach nicht mehr. Erhöht man die Alkydharz-Menge in der dispersen Phase weiter (Probe ST013F), so kommt es zu einer starken Verlangsamung der Polymerisation im Vergleich zu der Alkydharz-freien Probe (ST009M) und zu Probe ST013C, deren disperse Phase 25 Gew.-% Alkydharz enthält. Die Polymerisation ist erst nach einem Zeitraum von über 6 h abgeschlossen. Das Molekulargewicht steigt in diesem Zeitraum langsam mit dem Monomerumsatz bis auf g mol -1 an und verändert sich nicht mehr, sobald der maximale Monomerumsatz von 95.5% erreicht wurde.

106 96 Ergebnisse und Diskussion Gew.-% Alkydharz, ST009M 25 Gew.-% Alkydharz, ST013C 50 Gew.-% Alkydharz, ST013F 10 8 Monomerumsatz [%] Molekulargewicht [g mol -1 ] Zeit [h] 10 4 Abbildung 4.35: Monomerumsatz (gefüllte Symbole) und Entwicklung des Molekulargewichtes (leere Symbole) über die Zeit in Abhängigkeit von der Alkydharz-Konzentration im Tropfen. Ein ähnlicher Einfluss des Alkydharz-Gehaltes auf die Polymerisationsrate und den [68-70, 72, 139] Monomerumsatz wurde bereits für andere Alkydharze in der Literatur beschrieben und zunächst darauf zurückgeführt, dass ein Monomermolekül durch die Anwesenheit des Alkydharzes im Tropfchen sterisch an der Diffusion zu der wachsenden Polymerkette gehindert ist und daher die Polymerisation verlangsamt wird [70]. Jedoch zeigte sich, dass ein Aufpfropfen der Acrylatketten auf die Doppelbindungen des Alkydharzes eine Verringerung der Polymerisationsrate bedingt [68-70, 72, 139], was nachfolgend weiter diskutiert werden soll. Um den Polymerisationsverlauf weiter zu untersuchen, wurde die Polymerisation dieser Proben im Mikroreaktionskalorimeter verfolgt. Abbildung 4.36a stellt die Polymerisationsrate (gestrichelte Linien) und den Monomerumsatz (durchgezogene Linien) der Proben mit unterschiedlichen Alkydharz-Gehalten in Abhängigkeit von der Zeit für die ersten 45 min der Polymerisation dar. Die Polymerisationsrate R P der Alkydharz-freien Probe steigt zunächst bis zu einem Monomerumsatz von 34%, der nach 4 min erreicht wird, stark an und nimmt danach kontinuierlich ab, bis das komplette Monomer verbraucht ist. Nach 45 min sind bereits 89% des Monomers polymerisiert und die Polymerisation ist nach 108 min abgeschlossen, was sich gut mit den gravimetrisch bestimmten Werten deckt. Die mittlere Radikalzahl pro Partikel n steigt analog zu der Polymerisationsrate R P an, bis ein Wert von 1.1 Radikalen pro Partikel (vgl. Abb. 4.36b) erreicht wird, und nimmt mit sinkender Polymerisationsrate ebenfalls ab. Diese Abnahme von Polymerisationsrate R P und mittlerer Radikalzahl pro Partikel n ist bedingt durch das Vorhandensein von mehr als einem Radikal pro Partikel. Dies führt zur Rekombination der wachsenden Polymerketten und somit zum Abbruch der Polymerisation im Partikel, bis erneut ein Radikal im Partikel gebildet und weiter Monomer umgesetzt wird. Oberhalb eines Monomerumsatzes von 80% steigt die mittlere Radikalzahl pro Partikel n sprunghaft an, was auf den einsetzenden Geleffekt in

107 Ergebnisse und Diskussion 97 Folge der hohen Viskosität im Partikel zurückzuführen und für Miniemulsionspolymerisationen typisch ist [130]. R p [mol L -1 s -1 ] 0 Gew.-% Alkydharz, ST009M Gew.-% 20Alkydharz, 30 ST013C Gew.-% Alkydharz, ST013F 4,0x10-3 3,0x10-3 2,0x10-3 1,0x10-3 a 0, Zeit [min] Monomerumsatz [%] R p [mol L -1 s -1 ] 4,0x10-3 3,0x10-3 2,0x10-3 1,0x Gew.-% Alkydharz 25 Gew.-% Alkydharz 50 Gew.-% Alkydharz 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 0,0 0, Monomerumsatz [%] Abbildung 4.36: a) Polymerisationsrate R p (durchgezogene Linien) und Monomerumsatz (gestrichelte Linien) über die Zeit und b) Polymerisationsrate R p (durchgezogene Linien) und mittlere Radikalzahl pro Partikel n (gestrickelte Linien) gegen den Monomerumsatz in Abhängigkeit der Alkydharz-Konzentration im Tropfen. b 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 mittlere Radikalzahl pro Partikel [-] Hingegen zeigen die Proben, welche das Alkydharz enthalten, zunächst einen starken Anstieg der Polymerisationsrate R P, jedoch nimmt diese bereits bei geringem Monomerumsatz (unterhalb 4%) wieder stark ab, so dass nach 45 min nur ein Monomerumsatz von 72% (25 Gew.-% Alkydharz) bzw. 60% (50 Gew.-% Alkydharz) erreicht wird. Die Polymerisation ist im Fall der Probe ST013C (25 Gew-% Alkydharz) nach 6 h abgeschlossen, im Fall der Probe ST013F (50 Gew.-% Alkydharz) wird eine Polymerisationszeit von 7 h benötigt, bis kein Monomer mehr verbraucht wird. Die mittlere Radikalzahl im Partikel n steigt bei beiden Alkydharz-haltigen Proben analog zur Polymerisationsrate R P für niedrige Monomerumsätze sprunghaft an und nimmt danach stetig ab. Im Fall der 25 gew.-%-igen Probe wird zunächst ein maximaler Wert von 0.5 Radikalen pro Partikel erreicht, was einer idealen Miniemulsionspolymerisations-Situation entspricht, in der abwechselnd immer ein Tropfen aktiv und einer inaktiv ist und niemals mehr als ein Radikal im Tropfen vorhanden ist. Für Probe ST013F wird infolge der geringeren Polymerisationsrate eine maximale mittlere Radikalzahl n pro Partikel von 0.2 erreicht, d.h. im Mittel sind nur ein Fünftel der Tropfen aktiv. Auch bei dieser Probe (ST013F) nehmen die Polymerisationsrate R P und die mittlere Zahl der Radikale pro Partikel n bereits ab einem Monomerumsatz von 1.5% stetig ab. Dieses Verhalten, welches die Alkydharz-haltigen Proben zeigen, ist umso ausgeprägter, je mehr des Polymers im Tropfen vorliegt. Die schnelle Zunahme der Polymerisationsrate zu Beginn der Reaktion ist darauf zurückzuführen, dass die Initiator- und Monomerkonzentration im Tropfen noch sehr hoch ist. Mit fortschreitendem Monomerumsatz sinkt diese jedoch, Kettenabbruchreaktionen werden wahrscheinlicher und die Diffusion des Monomers zur wachsenden Kette ist zunehmend erschwert, da die Konzentration des Alkydharzes im Tropfen im Vergleich zum Monomer ebenso wie die Viskosität im Tropfen steigt. Je geringer dabei die Monomerkonzentration im

108 98 Ergebnisse und Diskussion Tropfen zu Beginn der Polymerisation ist, umso früher tritt dieser Effekt ein. Die Polymerisationsgeschwindigkeit verringert sich ebenso wie das Molekulargewicht der Hybridpartikel mit zunehmendem Alkydharz-Anteil in der Probe (vgl. Abb. 4.35). Demnach hat der Alkydharz-Anteil einen entscheidenden Einfluss auf die Polymerisation. Betrachtet man die Struktur des Alkydharzes genauer, so können die vorhandenen Doppelbindungen Pfropfungsreaktionen mit den wachsenden Polyacrylatketten eingehen, ein Pfropfcopolymer wird gebildet [74, 77]. Dies ist zum einen durch die Addition der wachsenden Polymerkette an eine Doppelbindung des Alkydharzes möglich, wie Abbildung 4.37 zeigt. Aufpfropfen einer wachsenden Polymerkette durch Addition Die wachsende Polymerkette addiert an die Doppelbindung Das Radikal wird auf das Alkydharz übertragen Eine neue Polymerkette wächst auf dem Alkydharz Aufpfropfen durch Protonenabstraktion und Rekombination H - H Das Proton wird auf die wachsende Polymerkette übertragen Ein stabiles Radikal am Alkydharz entsteht Rekombination mit einer weiteren wachsenden Polymerkette Abbildung 4.37: Pfropfungsmechanismen einer wachsenden Polyacrylatkette auf ein Alkydharz. Das Radikal wird auf das Alkydharz übertragen und addiert neues Monomer, eine neue Polyacrylatkette wird ausgehend vom Alkydharz gestartet. Neben der Addition der Polymerkette kann es zur Abstraktion eines α-protons kommen, das Radikal wird auf das Alkydharz übertragen und kann nun mit einer weiteren wachsenden Polymerkette rekombinieren. Würde die Pfropfung ausschließlich durch Addition stattfinden und eine Protonenabstraktion nicht stattfinden können, würde dies zu Polymeren hohen Molekulargewichtes führen. Da aber beide Mechanismen gleichzeitig möglich sind, kann eine vom Alkydharz wachsende Polyacrylatkette durch Protonenabstraktion terminieren, so dass

109 Ergebnisse und Diskussion 99 keine hohen Molekulargewichte erreicht werden können. In der Literatur wird beschrieben, dass Additionsreaktionen bevorzugt von BA und Protonenabstraktion bevorzugt von MMA eingegangen werden, da MMA aufgrund der Methylgruppe an der vinylischen Doppelbindung sterisch an der Addition an eine Doppelbindung des Alkydharzes gehindert ist [74, 77, 140]. Die Protonenabstraktion eines α-protons (Protonen der Methylengruppe zwischen zwei Doppelbindungen) führt zur Terminierung der wachsenden Polymerkette und somit zum Abbruch der Polymerisation in diesem Tropfen. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit einer Protonenabstraktion mit zunehmender Alkydharz-Konzentration im Tropfen steigt, da die Konzentration der α-protonen zunimmt. Durch die Protonenabstraktion entsteht an der Alkydharzkette ein mesomeriestabilisiertes Radikal (s. Abb. 4.38), das bevorzugt mit einer wachsenden Polymerkette rekombiniert und somit erneut zum Kettenabbruch führt (vgl. Abb. 4.37). Ein solches Radikal wird nicht sofort terminiert und stoppt damit die Polymerisation, vielmehr sind diese Radikal im späteren Verlauf der Reaktion gezwungen, entweder einen Radikaltransfer auf ein Monomermolekül einzugehen oder mit einer weiteren wachsenden Polymerkette zu rekombinieren H Abbildung 4.38: Stabilisierung eines freien Radikals am Alkydharz durch Delokalisation. H In einem Alkydharz-Monomer-Gemisch, in dem während der Polymerisation des Monomers eine Aufpfropfung nach beiden Mechanismen möglich ist (beispielsweise Acrylate), kommt es dabei dennoch bevorzugt zur Protonenabstraktion und Rekombination [141]. Im Laufe der Polymerisation sinkt die Monomerkonzentration und in Folge dessen steigt die Konzentration der α-protonen bezogen auf das Monomer. Ebenso führen steigende Alkydharz- Konzentrationen im Tropfen zu einer höheren Konzentration an α-protonen. Beides führt zu einer höheren Wahrscheinlichkeit des Kettenabbruchs, zu sinkenden Molekulargewichten bei steigendem Umsatz. Die hohe α-protonenkonzentration führt zu hohen Restmonomergehalten. Mit den so am Alkydharz entstandenen Radikalen können weitere wachsende Polyacrylatketten rekombinieren, das Polyacrylates pfropft auf das Alkydharz auf. Der Hauptgrund, ungesättigte Fettsäuren in Alkydharzen einzusetzen, liegt in deren Eigenschaft, mit Luftsauerstoff oxidativ zu vernetzen. Diese Eigenschaft wird zum späteren Aushärten der zunächst weichen Alkydharz-Filme genutzt. Auf der anderen Seite jedoch bilden diese mehrfach ungesättigten Fettsäureester mit Radikalen in einer Polymerisation stabile Radikale aus, die erst zu einem späten Zeitpunkt der Polymerisation weitere Reaktionen eingehen. In der Literatur wurde der Einfluss dieser ungesättigten Fettsäuren und somit der Anzahl der Doppelbindungen im Alkydharz auf die Polymerisationskinetik und den Monomerumsatz untersucht mit dem Resultat, dass der Monomerumsatz mit steigendem Anteil ungesättigter Fettsäuren im Alkydharz sinkt [71, 76]. Unter Verwendung eines

110 100 Ergebnisse und Diskussion Alkydharzes, das ausschließlich die gesättigte Fettsäure Stearinsäure beinhaltet, kann ein vollständiger Monomerumsatz bereits nach 1 h erreicht werden [71]. Ein Alkydharz, das ungesättigte Fettsäuren beinhaltet, besitzt folglich in einer radikalischen Polymerisation von substituierten Vinylverbindungen eine inhibierende Wirkung, die umso stärker ausgeprägt ist, je größer die Alkydharz-Konzentration in der Probe und je größer der Anteil der ungesättigten Fettsäuren im Alkydharz ist. Um die Restmonomermenge der Proben exakt bestimmen zu können, wurden diese mittels HPLC vermessen und der Gehalt an den Monomeren MMA und BA gegen eine zuvor erstellte Kalibriergerade bestimmt. Um festzustellen, ob die Initiatormenge (V59), wie in der Literatur für KPS als Initiator beschrieben [74, 77], einen Einfluss auf den Monomerumsatz und somit auf die nachweisbare Restmonomermenge hat, wurden Proben unterschiedlichen Alkydharz- und Initiatorgehalts verglichen. Diese Proben enthielten zum einen 1.7 Gew.-% Initiator bezogen auf die disperse Phase (Methode I) und zum anderen 1.7 Gew.-% V59 bezogen auf die im Tropfen enthaltene Monomermenge (Methode II). Alle bisher aufgeführten Proben wurden gemäß Methode I initiiert. Tabelle 4.13 zeigt, dass im Fall der geringeren, auf die Monomermenge bezogenen Initiatorkonzentration die vergleichsweise höheren Restmonomeranteile in der Probe gefunden wurden, was mit den in der Literatur berichteten Befunden übereinstimmt [74, 77]. Der limitierte Monomerumsatz wird auf einen vorzeitigen Verbrauch des Initiators zurückgeführt, so dass niedrigere Initiatorkonzentrationen zu geringeren Monomerumsätzen führen [72]. Tabelle 4.17: Restmonomergehalte der Proben in Abhängigkeit vom Alkydharz-Gehalt und der Initiatorkonzentration im Tropfen. Alkydharz Methode MMA BA Methode MMA BA [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] 25 I II I II I II I II Wie aus Tabelle 4.17 ebenfalls zu entnehmen ist, steigt der Restmonomergehalt unabhängig von der Initiatormenge mit zunehmender Alkydharz-Menge im Partikel stark an, dabei wird deutlich mehr BA nachgewiesen als MMA. In der Literatur wird berichtet, dass in allen verwendeten Monomermischungen stets das hydrophobere Monomer den geringeren Umsatz zeigt [71], was sich somit gut mit den hier gefundenen Resultaten deckt. Um zu überprüfen, ob ein Einfluss der Initiatorkonzentration auf die Polymerisationsrate zu verzeichnen ist, wurden die Proben ST013F (50 Gew.-% Alkydharz, Methode I) und Probe ST013K (50 Gew.-% Alkydharz, Methode II) bei 72 C polymerisiert und der Monomerumsatz gravimetrisch verfolgt. Wie in Abbildung 4.39 erkennbar ist, wird bei Probe ST013F die höhere Polymerisationsrate und der höhere Monomerumsatz (94.6%) erreicht,

111 Ergebnisse und Diskussion 101 wohingegen die Polymerisationsrate bei Probe ST013K etwas geringer ist und der maximale Monomerumsatz von 92.6% offensichtlich erst später erreicht wird. Die erhaltenen Restmonomergehalte der Proben stimmen gut mit den mittels HPLC ermittelten Werten überein (94.4% bei Probe ST013F und 92 % bei Probe ST013K) Monomerumsatz [%] Gew.-% Alkydharz, Probe ST013F 50 Gew.-% Alkydharz, Probe ST013K Zeit [h] Abbildung 4.39: Monomerumsatz gegen die Zeit in Abhängigkeit der Initiatorkonzentration zweier Proben, die beide einen Alkydharz-Gehalt von 50 Gew.-% besitzen. Es konnte gezeigt werden, dass eine Verdoppelung der Initiatorkonzentration zu einer höheren Polymerisationsrate und damit auch zu höheren Monomerumsätzen führt. Dies ist auf die hohe Abbruchrate während der Polymerisation durch Protonenabstraktion zurückzuführen, die höhere Initiatorkonzentrationen nötig macht, um neue Polymerketten zu bilden. Die Molekulargewichte der so erhaltenen Polymerdispersionen wurden verglichen. In Abbildung 4.40 sind die erhaltenen Molekulargewichte in Abhängigkeit des Alkydharz- Gehaltes der Proben, die nach Methode I und II initiiert wurden, dargestellt. In der logarithmischen Auftragung ist erkennbar, dass die Molekulargewichte unabhängig von der Initiatorkonzentration bis zu einem Alkydharz-Gehalt im Partikel von 42 Gew.-% linear absinken, was einem expotentiellen Abfall in einer nicht-logarithmischen Auftragung entspricht. Höhere Initiatorkonzentrationen pro Monomergehalt des Tropfens führen entgegen der allgemeinen Erwartung hier zu höheren Monomerumsätzen und auch zu höheren Molekulargewichten des resultierenden Polymers. Dieses Ergebnis stimmt gut mit der Theorie überein, die den limitierten Monomerumsatz auf einen vorzeitigen Verbrauch des Initiators zurückführt [72]. Daher wurde für alle weiteren Versuche die höhere Initiatorkonzentration von 1.7 Gew.-% auf die organische Phase bezogen eingesetzt.

112 102 Ergebnisse und Diskussion 6x10 5 5x10 5 4x10 5 Methode I Methode II 3x10 5 M W [g mol -1 ] 2x x10 4 8x10 4 7x10 4 6x10 4 5x10 4 4x Alkydharzgehalt im Partikel [%] Abbildung 4.40: Logarithmische Auftragung der Molekulargewichte der Proben ST013C-K, die mit verschiedenen Initiatorkonzentrationen initiiert wurden, in Anhängigkeit von ihrem Alkydharz-Gehalt. Bei Methode I betrug die Initiatormenge 1.7 Gew.-% bezogen auf die Monomermenge, bei Methode II 1.7 Gew.-% bezogen auf die gesamt organsiche Phase (stets 100 mg). Der Verlauf der Polymerisation zweier Proben, die einen Alkydharz-Gehalt von 50 Gew.-% besitzen und zum einem mit V59 und zum anderen mit KPS initiiert wurden, sollte verglichen werden. Dazu wurde der Monomerumsatz gravimetrisch bestimmt. Gleichzeitig wurde der Monomerumsatz einer Alkyharz-freien Probe, die mit KPS initiiert wurde, ebenfalls gravimetrisch bestimmt, um den Einfluss des Alkydharzes auf die Polymerisationsrate zu analysieren. Abbildung 4.41 zeigt den Monomerumsatz über die Zeit von Probe ST013F, die mit V59 initiiert wurde (blaue Kurve) im Vergleich zu Probe ST057F (rote Kurve), bei der die Polymerisation mit KPS gestartet wurde. Wie deutlich zu erkennen ist, wird im Fall der Probe ST057F (1.7 Gew.-% KPS als Initiator bezogen auf die disperse Phase) eine höhere Polymerisationsrate erhalten als bei Probe ST013F (1.7 Gew.-% V59 als Initiator bezogen auf die disperse Phase). Nach einer Polymerisationsdauer von 5 h ist bei Probe ST057F der maximal erreichbare Monomerumsatz von 99% erreicht, Probe ST013F benötigt eine längere Polymerisationszeit (> 6 h). Der nach 24 h Polymerisation maximal erreichbare Monomerumsatz liegt hier bei 94%. Eine mit KPS initiierte Probe zeigt demnach einen schnelleren und höheren Monomerumsatz als eine mit einem öllöslichen Initiator polymerisierte Probe, was sich mit den in der Literatur berichteten Ergebnissen deckt [76, 77]. Ein Grund für eine vergleichsweise geringere Polymerisationsrate von Proben, die mit V59 initiiert wurden, kann in der Resonanzstabilität des aus dem Zerfall des V59 gebildeten Radikals begründet liegen [142]. Dieses zeigt daher eine geringere Reaktivität mit dem Monomer als KPS. Weiterhin ist die Initiierungsrate öllöslicher Initiatoren deutlich geringer als die der wasserlöslichen, da ein Großteil der im Tropfen gebildeten Radikale durch Radikal-Radikal-Terminierung für eine Initiierung des Monomers verloren geht [77]. Dies erklärt auch die in Tabelle 4.18 wiedergegebenen geringeren

113 Ergebnisse und Diskussion 103 Molekulargewichte der mit KPS erhaltenen Polymere im Vergleich zu den Proben ST013C-F, die mit V59 initiiert wurden. Die Abnahme des Molekulargewichtes in Abhängigkeit des Alkydharz-Gehaltes der Proben kann analog zu den mit V59 initiierten Proben auf die zunehmenden Kettenabbruchreaktionen durch Protonenabstraktion zurückgeführt werden, die mit steigendem Alkydharz-Gehalt immer wahrscheinlicher werden. Tabelle 4.18: Molekulargewichte der Proben ST057B-F in Abhängigkeit ihres Alkydharz-Gehaltes. Alkydharz M w [%] [g mol -1 ] Monomerumsatz [%] Gew.-% Alkydharz, KPS 50 Gew.-% Alkydharz, KPS 50 Gew.-% Alkydharz, V59 Zeit [h] Abbildung 4.41: Monomerumsatz der Proben ST013F (50 Gew.-% Alkydharz, initiiert mit V59), ST057B (0 Gew.-% Alkydharz, initiiert mit KPS) und ST057F (50 Gew.-% Alkydharz, initiiert mit KPS) gegen die Zeit, Polymersiationstemperatur 72 C Reduktion der Restmonomergehalte der Proben Da Monomerumsätze, die signifikant unter 100% liegen, industriell unerwünscht sind, weil verbleibendes Monomer im späteren Produkt zu einer Toxizität dieses Produkts führt, sollte der Monomerumsatz deutlich gesteigert werden. Aus der Literatur ist bekannt, dass eine Erhöhung der Polymerisationstemperatur zu einem höheren Monomerumsatz in Acrylat/Alkydharz-Systemen führt [69, 71, 72, 77, 139]. Dies wird auf die höheren Polymerisationskonstanten bei höheren Temperaturen, die so zu höheren Polymerisationsraten führen, und auf die sinkende Viskosität im Tropfen mit der Erhöhung der Temperatur zurückgeführt [71]. Um dies zu untersuchen, wurde eine Probe mit einem Alkydharz-Anteil von 50 Gew.-% zuerst bei 72 C über einen Zeitraum von 22 h polymerisiert (Route A). In einem anderen Versuch wurde die Polymerisation derselben Probe zuerst bei 72 C gestartet, die Temperatur jedoch nach 2 h auf 85 C erhöht und die Probe für weitere 20 h bei dieser Temperatur (Route C) polymerisiert. Da der limitierte Monomerumsatz und somit ein Erreichen eines Plateaus bei diesem auf einen vollständigen Verbrauch des in der Probe vorliegenden Initiators zurückgeführt wird [72], sollte demzufolge eine weitere Zugabe eines Initiators zu einem Zeitpunkt, an dem der erste Initiator vollständig verbraucht wurde (hier 18 h), den Monomerumsatz deutlich steigern [71]. In diesem sogenannten Post-Polymerisationsschritt wird der Probe, die zunächst bei 72 C

114 104 Ergebnisse und Diskussion polymerisiert wurde, nach 18 h eine geringe Menge des wasserlöslichen Initiators KPS (0.33 Gew.-% bezogen auf die disperse Phase) zugesetzt und die Probe für weitere 4 h bei 72 C gerührt (Route B). Route D kombiniert Route B und C, d.h. die Polymerisationstemperatur wird nach 2 h von 72 auf 85 C erhöht und nach insgesamt 18 h wird der Probe eine geringe Menge KPS (analog zu Route B) zugesetzt und die Probe für weitere 4 h bei 85 C postpolymerisiert. Die einzenen Polymerisationsrouten sind in Tabelle 4.19 zusammengefasst. Tabelle 4.19: Gewählte Polymerisationsparameter und Menge des zugegeben KPS der einzelnen Polymerisationsrouten. Route Starttemperatur Temperatur nach 2 h KPS-Zugabe nach 18h [ C] [ C] [mg] A B C D Die Ergebnisse der nach den Polymerisationsrouten A-D polymerisierten Proben (s. Tabelle 4.20) zeigen, dass sowohl durch die Erhöhung der Reaktionstemperatur (Route C), als auch durch die Zugabe eines zweiten Initiators (Route B) ein höherer Monomerumsatz erreicht werden kann. Tabelle 4.20: Restmonomergehalte der Proben ST026A-D, die mit Monomermischung 1 (MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1), einer Alkydharz-Konzentration von 50 Gew.-% und einer Initiatorkonzentration von 1.7 Gew.-% V59 unter verschiedenen Polymerisationsbedingungen dargestellt wurden. Probe Methode MMA BA M w [Gew.-%] [Gew.-%] [g mol -1 ] ST026A A ST026B B ST026C C ST026D D Die Kombination beider Methoden (Route D) führt zu einer Reduktion des Restmonomers BA auf 2.66 %, der Umsatz von MMA kann auf diese Weise auf 100% erhöht werden. Das Molekulargewicht der Probe, die nach Route C (bei 85 C) polymerisiert wurde, liegt leicht höher als das der Probe, welche bei 72 C (Route A) polymerisiert wurde, wobei dieser Anstieg als nicht signifikant zu betrachten ist. Der Zusatz von KPS beeinflusst das Molekulargewicht im Vergleich zu Probe (Route A) nicht. Die Restmonomergehalte von Proben, die unterschiedliche Alkydharz-Konzentrationen

115 Ergebnisse und Diskussion 105 enthielten und gemäß Route D polymerisiert wurden, sollten ebenfalls analysiert werden. Außerdem wurde der Einfluss des Feststoffgehaltes auf den Monomerumsatz bei variierender Alkydharz-Menge im System untersucht. Dazu wurden Proben mit einem Feststoffgehalt von 40 Gew.-% ebenfalls nach Route D polymerisiert und mit den Proben, die einen Feststoffgehalt von 20 Gew.-% besaßen, in Tabelle 4.21 verglichen. Unabhängig vom Feststoffgehalt werden mit steigender Alkydharz-Menge im Partikel steigende Restmonomergehalte nachgewiesen. Jedoch können bei höheren Feststoffgehalten höhere Monomerumsätze erzielt werden. Dies widerspricht dem in der Literatur angegebenen Befund, nachdem der Monomerumsatz mit steigendem Anteil der dispersen Phase in der Probe abnimmt [1, 2]. Jedoch wurde in diesen Arbeiten die Initiatorkonzentration nicht auf die disperse Phase sondern auf die wässrige Phase bezogen eingesetzt. So verringerte sich die Initiatorkonzentration der Probe mit steigendem Feststoffgehalt, was die Abnahme der Polymerisationsrate sowie des Monomerumsatzes erklärt. Tabelle 4.21: Restmonomergehalte der Proben in Abhängigkeit ihres Alkydharz- und Feststoffgehaltes, die nach Route D polymerisiert wurden. Die zu Beginn der Polymerisation eingesetzte Menge des Initiators V59 betrug 1.7 Gew.-% bezogen auf die disperse Phase, die nachträglich zugegebene Menge KPS 0.3 Gew.-% (bezogen auf die disperse Phase). 20 Gew.-% Feststoffgehalt 40 Gew.-% Feststoffgehalt Alkyd MMA BA MMA BA [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] Alle bisher diskutierten Proben wurden mit dem öllöslichen Initiator V59 bei einer Temperatur von 72 C oder 85 C polymerisiert. Im nächsten Schritt sollte der wasserlösliche Initiator KPS anstelle des V59 bei einer Polymerisationstemperatur von 72 C verwendet werden. Die Alkydharz-Gehalte der Proben wurden zwischen 25 und 50 Gew.-% variiert, die Tensidkonzentration betrug 4 Gew.-% Dowfax 2A1 und als Monomermischung wurde MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1 verwendet, um die erhaltenen Proben direkt mit den Proben ST013C-F vergleichen und somit den Einfluss des Initiators charakterisieren zu können. Tabelle 4.22 gibt die Partikelgrößen und Restmonomergehalte der erhaltenen Proben wieder. Wie bereits bei den Proben ST013 beobachtet wurde, steigt auch bei diesen Proben die Partikelgröße mit steigendem Alkydharz-Gehalt an, was darauf zurückzuführen ist, dass die Partikelgröße alleine durch die Tröpfchengröße bestimmt wird und somit von der Initiatorwahl unabhängig ist. Es werden deutlich niedrigere Restmonomergehalte als bei den Proben ST013 (vgl. Kap ) nachgewiesen. Nicht polymerisiertes MMA kann nicht nachgewiesen werden, wohingegen die verbleibende Menge an BA um den Faktor 10

116 106 Ergebnisse und Diskussion geringer ist als im Fall der Proben ST013, die mit V59 initiiert wurden. Die Restmonomergehalte der Proben steigen analog zu den Proben ST013 mit steigendem Alkydharz-Gehalt an. Tabelle 4.22: Eigenschaften der Proben ST057B-F in Abhängigkeit ihres Alkydharz-Gehaltes im Partikel. Probe Alkydharz- Partikelgröße Restmonomergehalt Gehalt MMA BA [Gew.-%] [nm] [%] [%] ST057B ST057C ST057D ST057E ST057F Einfluss der BA-Konzentration Herstellung einer Kleberzusammensetzung Im nächsten Schritt wurde die Butylacrylat-Konzentration der Monomermischung auf ein Gewichtsverhältnis von MMA/BA/AS 19.5/79.5/1 erhöht, um die Glasübergangstemperatur des Copolymers zu senken. Damit wurde der Einfluss der BA-Konzentration auf die Partikelgröße und den Monomerumsatz bestimmt. Dazu wurden zunächst zwei Reihen mit einem Anteil der dispersen Phase von 20 Gew.-% und variierenden Alkydharz- Konzentrationen analog der Proben ST013 (nach Route A ohne Post-Polymerisationsschritt, vgl. Kapitel und ) hergestellt. Die Proben ST037 wurden gemäß Route D postpolymerisiert, die Proben ST042 wurden nach Route A ohne Post-polymerisationsschritt polymerisiert. In Abbildung 4.42 sind die Tröpfchen- und daraus resultierenden Partikelgrößen sowie die Viskositäten der Miniemulsionen und der daraus erhaltenen Polymerdispersionen in Abhängigkeit vom Alkydharz-Gehalt dargestellt. Beide Versuchsreihen zeigen bei gleicher Zusammensetzung und Herstellungsroute sehr ähnliche Viskositäten und Tröpfchengrößen der Miniemulsionen. Die Viskosität der Miniemulsionen steigt zunächst bis zu einem Alkydharz-Gehalt von 25 Gew.-% stetig an, da die Oberflächenbeladung der Tröpfchen mit dem ionischen Tensid zunimmt (vgl. Kapitel ). Die Tröpfchengrößen zeigen im Bereich von 0 bis 25 Gew.-% Alkydharz im Tropfen keinen erkennbaren Trend und verhalten sich analog zu den Proben ST010 und ST013 (vgl. Abb. 4.31, Kapitel ). Erhöht man den Anteil des SETAL 293XX-99 in der dispersen Phase weiter, so steigt die Tröpfchengröße an. Ursache hierfür sind die erschwerte Aufspaltung der Tröpfchen aufgrund der hohen Viskosität der dispersen Phase, die stärkere Absorption des Tensides an die Phasengrenzfläche sowie die schlechtere Stabilisierung nach der Aufspaltung im Homogenisierungsschritt analog zu den Proben

117 Ergebnisse und Diskussion 107 ST010 und ST013 (vgl. Kapitel ). Die Viskosität steigt zunächst mit steigendem Alkydharzgehalt und somit steigender Tensidadsorption und Partikelladung an der Tröpfchenoberfläche an und bleibt dann für Alkydharz-Gehalte von 25 bis 42 Gew.-% der dispersen Phase nahezu konstant. Hier heben sich zwei gegenläufige Effekte auf: Zum einen sinkt die Viskosität der Miniemulsion aufgrund der steigenden Tröpfchengröße, zum anderen nimmt gleichzeitig ihre Viskosität infolge der höheren Wechselwirkungen der Tröpfchen durch den steigenden Alkydharzgehalt untereinander zu. Bei einer weiteren Erhöhung des Alkydharz-Anteils im Tropfen auf 50 Gew.-% sinkt die Viskosität der Miniemulsion stark ab, da die Tröpfchengröße weiter zunimmt. Größe [nm] a Viskosität Partikel-/Tröpfchengröße 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0, Alkydharz [Gew-%] Miniemulsion Polymerdispersion Viskosität [mpa s -1 ] Größe [nm] b Viskosität Partikel-/Tröpfchengröße Miniemulsion Polymerdispersion 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0, Alkydharz [Gew.-%] Viskosität [mpa s -1 ] Abbildung 4.42: Tröpfchen- und Partikelgrößen (runde, gefüllte Symbole), sowie Viskositäten (hohle, quadratische Symbole) der Miniemuslionen (schwarze Symbole) und daraus resultierenden Polymerdispersionen (rote Symbole) in Abhängigkeit ihres Alkydharz-Gehaltes in der dispersen Phase a) der Proben ST042A-G (polymerisiert nach Route A und b) der Proben ST037A-G, die nach Route D postpolymerisiert wurden. Die Partikelgrößen zeigen einen den Tröpfchengrößen analogen Verlauf, sind jedoch stets geringer als die zugehörigen Tröpfchengrößen, da die Tröpfchen aufgrund der höheren Dichte des Polymers (mittlere errechnete Dichte ρ = g cm -3 bei 20 C) im Vergleich zum Monomer (mittlere errechnete Dichte ρ = g cm -3 bei 20 C) während der Polymerisation schrumpfen. Auch die Viskositäten der Polymerdispersionen zeigen einen dem der Miniemulsionen ähnlichen Trend. Hier wird die maximale Viskosität bei einem Alkydharz-Anteil von 33 Gew.-% im Partikel erreicht, weil bei dieser Konzentration des SETAL 293XX-99 die geringsten Partikelgrößen erhalten werden und die Viskosität für höhere Alkydharz-Anteile im Partikel mit der steigenden Größe der Partikel sinkt. Die Molekulargewichte dieser Proben wurden analysiert. Wie Tabelle 4.23 zeigt, sinkt das Molekulargewicht der Proben mit steigendem Anteil des SETAL 293XX-99 im Partikel stark ab. Dies ist anaolog zu den Proben ST010 und ST013 erklärbar und in Kapitel ausführlich diskutiert.

118 108 Ergebnisse und Diskussion Die Restmonomergehalte der Proben mit einem Alkydharz-Gehalt von 25 bis 50 Gew.-% wurden mittels HPLC analysiert. Wie Tabelle 4.24 zeigt, steigen die Restmonomergehalte an MMA und BA mit zunehmendem Anteil des Alkydharzes im Partikel stark an, wie bereits in Kapitel für die Monomermischung 1, die einen geringen Anteil von BA enthält, gezeigt und diskutiert wurde. Wie bereits für Monomermischung 1 gezeigt wurde, kann auch hier mittels eines einfachen Postpolymerisationsschrittes (Zugabe von KPS) und der Erhöhung der Polymerisationstemperatur (Route D) der Restmonomergehalt der Proben im Vergleich zu den Proben ST042 (ohne Post-Polymerisation) deutlich reduziert werden. Insgesamt werden für beide Polymerisationsrouten Proben erhalten, die im Vergleich zu den Proben ST026D-G geringere Gehalte an nicht polymerisiertem MMA, jedoch deutlich höhere Gehalte an verbleibendem BA enthalten (vgl. Tabelle 4.15 in Kapitel ). Dies entspricht der Literatur, in der berichtet wird, dass mit steigender Konzentration an BA in der Monomermischung dessen Restmonomergehalt in der polymerisierten Probe steigt, jedoch kein verbleibendes MMA nachgewiesen werden konnte [71]. Dieses abweichende Ergebnis der geringen nachgewiesenen MMA-Gehalte der Proben wird darauf zurückgeführt, dass in der Literatur ein anderes Alkydharz verwendet wurde. Tabelle 4.23: Molekulargewichte der Proben ST042A-G und ST037A-G in Abhängigkeit ihres Alkydharz- Gehaltes im Partikel, die Initiatormenge (V59) betrug 1.7 Gew.-% bezogen auf die disperse Phase. Alkydharz- ohne Post-Polymerisation mit Post-Polymerisation Gehalt Probe M w Probe M w [Gew.-%] [g mol -1 ] [g mol -1 ] 0 ST042A ST037A ST042B ST037B ST042C ST037C ST042D ST037D ST042E ST037E ST042F ST037F ST042G ST037G Tabelle 4.24: Restmonomergehalte der Proben ST042D-G (Polymerisiert nach Route A) und ST037D-G (polymerisiert nach Route D). Alkydharz- ohne Post-Polymerisation mit Post-Polymerisation Gehalt Probe MMA BA Probe MMA BA [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] 25 ST042D ST037D ST042E ST037E ST042F ST037F ST042G ST037G

119 Ergebnisse und Diskussion 109 Der Feststoffgehalt der Proben wurde in einer weiteren Reihe von Versuchen schrittweise auf 40 Gew.-% erhöht. Die Alkydharz-Konzentrationen der Proben wurden zu 25 und 50 Gew.-% gewählt und die Proben mit einer Initiatorkonzentration von 1.7 Gew.-% V59 (bezogen auf die disperse Phase) polymerisiert. Die Tröpfchengrößen der Miniemulsionen und die Partikelgrößen der daraus erhaltenen Polymerdispersionen sind ebenso wie die Molekulargewichte in Tabelle 4.25 zusammengefasst. Die Tröpfchen- und Partikelgrößen der erhaltenen Miniemulsionen steigen mit zunehmendem Anteil der dispersen Phase und dem darin enthaltenen Alkydharz-Anteil an, wobei stets kleinere Partikel- als Tröpfchengrößen erhalten werden, was durch den Polymerschrumpfung bedingt ist. Das Molekulargewicht der Proben nimmt mit steigendem Alkydharz-Anteil stark ab, was auf zunehmende Kettenabbruchreaktionen durch Abstraktion der α-protonen des Alkydharzes zurückzuführen ist, die mit zunehmender Alkydharz-Konzentration im Partikel wahrscheinlicher wird (vgl. Kapitel ). Tabelle 4.25: Tröpfchen- und Partikelgrößen und Viskositäten der Miniemulsionen sowie Polymerdispersionen der Proben ST044B und E, bzw. ST046A und B in Abhängigkeit ihrer Alkydharz- und Feststoffgehalte, polymerisiert nach Route A ohne Post-Polymerisationsschritt. η Miniemulsion Probe Alkydharzgehalt Tröpfchengröße Partikelgröße η Dispersion M w [Gew.-%] [nm] [mpa s -1 ] [nm] [mpa s -1 ] [g mol -1 ] ST044B ST044E ST046A ST046B Die Viskositäten der Miniemulsionen und der daraus erhaltenen Polymerdispersionen zeigen analog der Proben, die mit Monomermischung 1 dargestellt wurden, einen expotentiellen Anstieg mit steigendem Feststoffgehalt (vgl. Abb. 4.33, Kapitel ) Verwendung unterschiedlicher BA-Konzentrationen in der Monomermischung Im nächsten Schritt wurde der Butylacrylatgehalt der Monomermischung variiert, um den Einfluss der BA-Konzentration auf die Kinetik der Polymerisation und die Restmonomergehalte der Proben zu analysieren. Dazu wurden Proben, in denen die Monomermischungen MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 99/0/1 (Probe ST015D), 79.5/19.5/1 (Probe ST015E) und 59.5/39.5/1 (Probe ST015F) verwendet wurden, bei 72 C nach Route A (ohne Post-Polymerisationsschritt) polymerisiert. Die Proben besaßen einen Anteil des SETAL 293XX-99 von 50 Gew.-% in der dispersen Phase, wobei die Tensidkonzentration 4 Gew.-% betrug. Die Proben wurden mit 1.7 Gew.-% V59 (bezogen auf

120 110 Ergebnisse und Diskussion die disperse Phase) initiiert. Der Feststoffgehalt der Proben betrug 20 Gew.-%, so dass diese Proben mit den Proben ST013F (MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1) und ST042G (MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 19.5/79.5/1) vergleichbar waren. Wie in Tabelle 4.26 wiedergeben, sind sowohl die Partikelgröße als auch die Molekulargewichte der Proben unabhängig von BA-Gehalt der eingesetzten Monomermischung. Die Restmonomergehalte der Proben wurden mittels HPLC bestimmt und wurden mit Probe ST013F verglichen (Tabelle 4.26). Tabelle 4.26: Restmonomergehalte in Abhängigkeit von der BA-Konzentration in der Monomermischung, Feststoffgehalt 20 Gew.-%, Alkydharz-Anteil im Partikel 50 Gew.-%, Polymerisationsroute A. Probe Monomermischung PG MMA BA Gesamtmono- im merumsatz Gewichtsverhältnis (absolut) MMA/BA/AS [nm] [%] [%] [%] [g mol -1 ] ST015D 99/0/ ST015E 79.5/19.5/ ST015F 59.5/39.5/ ST013F 49.5/49.5/ ST042G 19.5/79.5/ M w Für Probe ST015D (0 Gew.-% BA) wird ein geringer Anteil an unpolymerisiertem MMA gefunden, der mit steigendem BA-Anteil in der Probe (ST015E und ST015F) zunächst nahezu konstant bleibt. Jedoch nimmt der Restmonomergehalt des BA mit steigendem Gehalt in der Monomermischung stark zu. Bereits ab einem Anteil dieses Monomers von 39.5 Gew.-% wird nach der Polymerisation ein Restgehalt von 10.8 Gew.-% BA nachgewiesen. Erhöht man die Butylacrylatkonzentration in der Monomermischung weiter, nimmt der Restmonomergehalt an MMA deutlich ab, ebenso wird weniger BA gefunden. Betrachtet man den absoluten Gesamtmonomerumsatz, so nimmt dieser mit steigendem BA-Gehalt in der Monomermischung ab. Für hohe BA-Gehalte (Proben ST013F und ST042G) ist diese Abnahme jedoch weniger stark ausgeprägt als für geringere BA-Gehalte (Proben ST015D-F). Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass mit zunehmendem Anteil an BA in der Probe zunächst mehr Abbruchreaktionen stattfinden. Mit zunehmendem BA-Gehalt erhöht sich jedoch auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine wachsende Polymerkette eine endständige BA-Gruppe trägt, die durch Addition an die Doppelbindung auf das Alkydharz aufpfropfen kann. Da es dabei nicht zum Kettenabbruch kommt (vgl. Abb. 4.37, Kapitel ), sinkt der Monomerumsatz im Vergleich zu Proben geringerer BA-Gehalte nur noch geringfügig. Die Bestimmung des prozentualen Anteils des aufgepfropften Polyacrylates wird in Kapitel näher diskutiert.

121 Ergebnisse und Diskussion Kinetik der Polymerisation und Bestimmung des Monomerumsatzes in Abhängigkeit des BA-Gehaltes der Monomermischung Der Verlauf der Polymerisation in Abhängigkeit der in der Monomermischung vorliegenden BA-Konzentration sollte bei konstanter Alkydharz-Konzentration (50 Gew.-%) untersucht werden. Dazu wurden die Proben ST015D, ST013F und ST042G in einem Mikroreaktionskalorimeter bei 72 C polymerisiert und die Reaktionswärme der Polymerisation aufgezeichnet (vgl. Kapitel ). Abbildung 4.43b zeigt die Polymerisationsrate R P und den Monomerumsatz in den ersten 100 min der Polymerisation und Abbildung 4.43a für die gesamte Polymerisationsdauer in Abhängigkeit der BA- Konzentration in der Monomermischung. 2,0x R p [mol L -1 *s -1 ] a 1,5x10-3 1,0x10-3 5,0x Gew.-% BA (ST015D) 49.5 Gew.-% BA (ST013F) 79.5 Gew.-% BA (ST042G) 0, Zeit [min] Monomerumsatz [%] R p [mol L -1 s -1 ] b 0 0 Gew.-% BA (ST015D) ,0x Gew.-% BA (ST013F) Gew.-% BA (ST042G) 1,5x10-3 1,0x10-3 5,0x10-4 0, Zeit [min] Monomerumsatz [%] R p [mol L -1 s -1 ] 1,5x10-3 1,0x10-3 5,0x10-4 c 0 Gew.-% BA (ST015D) 49.5 Gew.-% BA (ST013F) 79.5 Gew.-% BA (ST042G) 0,30 0,25 0,20 0,15 0,10 0,05 0,0 0, Monomerumsatz [%] Mittlere Radikalzahl pro Partikel [-] Abbildung 4.43: a) Polymerisationsrate R p für die gesamte Polymerisationszeit, b) Polymerisationsrate R p (durchgezogene Linien) und Monomerumsatz (gestrichelte Linien) über die Zeit für die ersten 100 min der Polymerisation und b) Polymerisationsrate R p (durchgezogene Linien) und mittlere Radikalzahl pro Partikel n (gestrichelte Linien) gegen den Monomerumsatz in Abhängigkeit der Butylacrylatkonzentration in der Monomermischung, Alkydharz-Gehalt der dispersen Phase 50 Gew.-%. Für Probe ST015D, die kein BA enthält, ist der Monomerumsatz nach 250 min abgeschlossen, die höchste Polymerisationsrate von R P = mol L -1 s -1 wird nach 1 min erreicht und sinkt danach stark ab, wie in Abbildung 4.43a (schwarze durchgezogene Linie) dargestellt ist. Bei Probe ST013F (49.5 Gew.-% BA) wird die maximale Polymerisationsrate von R P = mol L -1 s -1 ebenfalls nach 1 min erreicht, die Polymerisation ist nach 400 min abgeschlossen. Erhöht man die BA-Konzentration weiter, so sinkt die maximale

122 112 Ergebnisse und Diskussion Polymerisationsrate für Probe ST042G auf einen Wert von R P = mol L -1 s -1. Nach 500 min ändert sich der Monomerumsatz nicht mehr (s. Abb 4.43a). Eine Zunahme der BA- Konzentration in der Probe führt demnach zu einer Verlangsamung der Reaktion, was sich in den sinkenden Monomerumsätzen und den höheren Polymerisationszeiten widerspiegelt, die nötig sind, um die maximal umsetzbare Menge an Monomer zu polymerisieren. Die Polymerisationsrate R P nimmt bereits unterhalb von Monomerumsätzen von 10% stark ab. Errechnet man aus diesen Informationen die mittlere Radikalzahl pro Partikel n und trägt diese ebenso wie die Polymerisationsrate R P gegen den Umsatz auf (s. Abb. 4.43c), so erkennt man, dass diese beiden Größen einen analogen Verlauf zeigen und unmittelbar miteinander verknüpft sind. Für Probe ST015D (kein BA) wird der maximale Wert von n = 0.29 Radikalen pro Partikel bei einem Monomerumsatz von 4% erreicht. Danach nimmt n schnell ab und bleibt über einen weiten Bereich des Monomerumsatzes nahezu konstant bei 0.17 Radikalen pro Partikeln. Für Monomerumsätze von über 95% steigt n infolge des Geleffekts sprunghaft an. Mit steigendem BA-Gehalt der Proben zeigt die mittlere Radikalzahl pro Partikel einen ähnlichen Verlauf wie bei Probe ST015D, jedoch wird bei Probe ST013F infolge der geringeren Polymerisationsrate R P nur ein maximaler Wert für n = 0.21 erreicht. Dieser Wert bleibt über einen breiten Bereich des Monomerumsatzes konstant bei n = 0.1 Radikalen pro Partikel. Bei Probe ST042G wird ein Maximalwert von 0.07 Radikalen pro Partikel erreicht, der dann auf einen konstanten Wert von n = 0.04 absinkt. Für hohe Monomerumsätze (> 95%) steigt die mittelere Radikalzahl im Partikel auch bei den Proben ST013F und ST042G aufgrund des einsetzenden Geleffektes stark an. Für die Proben, die BA beinhalten, ist aufgrund der Polymerisationsdauer im Vergleich zu Probe ST015D eine höhere mittlere Radikalzahl pro Partikel zu erwarten. Mit steigendem BA-Gehalt steigt jedoch auch die Wachstumskonstante von einem Wert von k p = 1087 L mol -1 s -1 (reines MMA) auf einen Wert von k p = 1872 L mol -1 s -1 (79.5 Gew.-% BA in der Monomermischung 2). Da dieser Wert in den Nenner bei der Berechnung von n eingeht (vgl. Kapitel ), verringert sich die mittlere Radikalzahl pro Partikel zusätzlich um den Faktor 1.7. Der nahezu konstante Verlauf von n über weitere Bereiche des Monomerumsatzes deutet auf eine ideale Miniemulsionspolymerisations-Situation hin, bei der ebenso viele wachsende Polymerketten in den Partikeln terminieren, wie Radikale in die Tropfen eintreten und neue Polymerketten bilden. Die Abnahme der Polymerisationsrate und der mittleren Radikalzahl im Partikel ist durch die zunehmende BA-Konzentration im Tropfen bedingt. Da Butylacrylat aufgrund der höheren Reaktivität im Vergleich zu MMA auf das Alkydharz aufpfropfen kann, nimmt die Wahrscheinlichkeit der Pfropfungsreaktionen mit steigendem BA-Gehalt im Tropfen zu. Addiert die wachsende Polymerkette an die Doppelbindung, wird das Radikal auf das Alkydharz übertragen und startet eine neue Polymerkette. Unter der Annahme, dass ein Aufpfropfen durch Addition an die Doppelbindungen des Alkydharzes ein Radikal erzeugt,

123 Ergebnisse und Diskussion 113 das eine höhere Stabilität gegenüber einem Radikal an einer wachsenden Polyacrylatkette besitzt, verlangsamt sich die Polymerisationsgeschwindigkeit dadurch ebenso, wie es durch Abbruchreaktionen mittels Protonenabstraktion und Rekombination zu einer Verlangsamung der Polymerisation kommt. Im Gegensatz zu MMA kann BA beide Pfropfungsmechanismen eingehen. Jedoch wird auch hier der Mechanismus der Protonenabstraktion und Rekombination bevorzugt [141] und die Wahrscheinlichkeit einer solchen Aufpfropfung steigt somit mit steigendem BA-Gehalt. Welcher Pfropfungsmechanismus in Abhängigkleit der BA-Konzentration bevorzugt ist (Kapitel 4.3.5) und wieviel Polyacrylat auf das Alkydharz aufpfropft (Kapitel 4.3.4), soll nachfolgend untersucht werden Bestimmung des Anteils des gebildeten Pfropfcopolymers durch Extraktion Da ein möglichst hoher Anteil des Pfropfcopolymern einheitlichere Hybridpartikel und somit Polymerfilme verspricht und ein Einfluss der Pfropfungsreaktion auf die Kinetik der Polymerisation erwartet wird, sollte der Gehalt des gebildeten Pfropfcopolymers in den Partikeln durch Extraktion in Diethylether bestimmt werden. Eine Probe, in der ein Monomer in Anwesenheit eines Alkydharzes polymerisiert wurde, kann neben dem Pfropfcopolymer das reine Polyacrylat und reines Alkydharz enthalten, die keine Pfropfungsreaktionen eingegangen sind. Das Alkydharz wie auch das Pfropfcopolymer sind in Diethylether löslich, wohingegen Diethylether ein Nichtlösungsmittel für das Polyacrylat darstellt [69]. Somit kann aus der Masse des nicht gelösten Polyacrylates die Menge des aufgepfropften Polyacrylats errechnet werden (vgl. Kapitel 5.2.6). Dies ermöglicht eine Aussage über die Häufigkeit der Pfropfungsreaktionen der Polyacrylatketten während der Polymerisation und somit über deren Einfluss auf die Polymerisationsgeschwindigkeit, die Polymerisationsrate R P und die mittlere Radikalzahl pro Partikel n. Über den Anteil des Alkydharzes, der nach der Polymerisation als Pfropfcopolymer vorliegt, kann mittels dieser Methode keine Aussage getroffen werden. Abbildung 4.44a zeigt, dass mit steigendem BA-Gehalt in der Monomermischung bei einem festen Alkydharz-Gehalt der Probe von 50 Gew.-% der Anteil des gebildeten Pfropfcopolymeren linear ansteigt. Bei einem Anteil von 79.5 Gew.-% BA in der Monomermischung und einem Alkydharz-Anteil von 50 Gew.-% liegt das gesamte Polyacrylat auf das Alkydharz aufgepfropft vor. Das Monomer MMA ist in der Monomermischung dieser Probe in geringer Konzentration enthalten (19.5 Gew.-%), daher sollte der Pfropfungsgrad < 100 % sein. Dass jedoch eine vollständige Pfropfung des Polyacrylates erhalten wird, ist darauf zurückzuführen, dass durch die hohe Konzentration an BA (79.5 Gew.-%) die Ketten, die das Radikal an einem endständigen BA-Molekül enthalten, aufpfropfen können. In der Literatur wird beschrieben, dass für Proben, in denen ausschließlich BA als Monomer im Gewichtsverhältnis zu einem soja- und leinölbasierten Alkydharz von 50/50 polymerisiert wurde, Pfropfcopolymergehalte von 100% erhalten

124 114 Ergebnisse und Diskussion wurden [74, 77]. Studien, in denen der Pfropfungsgrad in Abhängigkeit des BA-Gehaltes der Monomermischung untersucht wurde, sind bisher nicht bekannt Anteil Pfropfcopolymer [Gew.-%] a BA in der Monomermischung [Gew.-%] Anteil Pfropfcopolymer [Gew.-%] b Alkydharz [Gew.-%] Abbildung 4.44: Anteil der aufgepfropften Polyacrylatketten a) in Abhängigkeit der Butylacrylatkonzentration in der verwendeten Monomermischung (Alkydharz-Menge 50 Gew.-%) und b) in Abhängigkeit des Alkydharz- Anteiles in der dispersen Phase (Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1, Proben ST013C-F). Eine Monomermischung, die zu 99 Gew.-% MMA enthält, ist aufgrund der sterischen Hinderung des Methylmethacylats durch die Methylgruppe an Pfropfungsreaktionen durch Addition an die Doppelbindung des Alkydharzes gehindert. Daher gehen Methacrylate in einer mit V59 initiierten Polymerisation unter Anwesenheit des Alkydharzes ausschließlich Pfropfungsreaktionen durch Protonenabstraktionen ein, was zum Kettenabbruch der wachsenden PMMA-Kette führt und das geringe Molekulargewicht des Polymers erklärt. Eine weitere wachsende PMMA-Kette kann jedoch mit diesem am Alkydharz entstandenen Radikal rekombinieren, so dass es zum Aufpfropfen der PMMA-Kette an das Alkydharz kommen kann. Jedoch findet keine Rekombination des Radikals am Alkydharz mit einer wachsenden PMMA-Kette statt, was die hohen Anteile an reinem PMMA zeigen, die bei Probe ST015D nachgewiesen wurden. In der Literatur wird von Pfropfungsgraden des PMMA von bis zu 50 Gew.-% auf ein soja- und leinölbasiertes Alkydharz berichtet, das dem hier verwendeten Harz sehr ähnlich, jedoch nicht identisch ist. Daher wird angenommen, dass das am SETAL 293XX-99 gebildete Radikal eine sehr hohe Stabilität besitzt und deshalb nicht mit wachsenden PMMA-Kette rekombiniert. Dies wird durch die geringe Menge an Polyacrylat bei hohen MMA-Anteilen in der verwendeten Monomermischung, die auf das Alkydharz aufpfropfen, weiter bestätigt. Jedoch wird auch in der Literatur stets ein deutlich höherer Pfropfungsgrad bei Systemen gefunden, die BA als Monomer verwenden im Vergleich zu Proben, in denen MMA eingesetzt wurde [140, 141]. Während in der Literatur für eine Probe (Monomermischung MMA/BA im Gewichtsverhältnis 50/50, Alkydharzanteil 50 Gew.-%) Anteile von aufgepfropftem Polyacrylat von 90 bis zu 99% gefunden werden [69, 74, 77], liegen bei dem hier verwendeten SETAL 293XX-99 nur 42% des Polyacrylates als Pfropfcopolymer vor. Jedoch spielen die chemische Struktur des Alkydharzes und die daraus resultierende sterische Abschirmung der reaktiven

125 Ergebnisse und Diskussion 115 Doppelbindungen ebenso eine Rolle wie der verwendete Initiator. Die hier erhaltenen Ergebnisse sind daher auf die Verwendung eines anderen Alkydharzes und Initiators (V59 anstatt KPS oder AIBN) zurückzuführen. Im nächsten Schritt sollte untersucht werden, wie die Alkydharz-Konzentration im Tropfen die Aufpfropfung des Polyacrylates auf das Alkydharz beeinflusst. Dazu wurde bei einer konstanten Monomermischung (Mischung 1) die Alkydharz-Menge zwischen 25 und 50 Gew.-% variiert und die Proben (ST013C-F) mit Diethylether extrahiert. Wie in Abbildung 4.44b dargestellt ist, nimmt der Pfropfungsgrad des Polyacrylates mit steigendem Alkydharz- Anteil und somit abnehmendem Polyacrylat-Anteil in der Probe nahezu linear ab. Dieser Trend wurde bereits in der Literatur beschrieben [68]. Die Anteile an gebildetem Pfropfcopolymer liegen dabei deutlich unter den literaturbekannten Pfropfcopolymeranteilen vergleichbarer Proben, die ebenfalls mit einem lein- und sojaölbasierten Alkydharz im Gewichtsverhältnis zur Monomermischung von 50/50 hergestellt wurden und Pfropfungsgrade von 97-99% [69], 90% [74, 77] bzw. 70% [68] lieferten. Die verwendete Monomermischung war dabei analog, jedoch wurde der wasserlösliche Initiator KPS bzw. das öllösliche BPO verwendet. Da mit sinkendem Pfropfungsgrad bei zunehmendem Alkydharzanteil (s. Abb. 4.44b) auch das Molekulargewicht des Polymers sinkt, wird angenommen, dass aufgrund der steigenden Konzentration der α-protonen mit steigendem Alkydharzanteil ein Kettenabbruch der Polyacrylatketten durch Protonenabstraktion wahrscheinlicher wird. Ob jedoch das Aufpfropfen der Polyacrylatketten durch Rekombination eines Radikals am Alkydharz mit einer wachsenden Polymerkette oder durch Addition dieser Kette an eine Doppelbindung des Alkydharzes stattfindet, kann auf diesem Weg nicht geklärt werden und soll nachfolgend in Kapitel näher analysiert werden. Im Vergleich zu diesen Ergebnissen werden mit Monomermischung 2 (MMA/BA/AS 19.5/79.5/1) und Alkydharz-Gehalten in den Partikeln von 25 und 50 Gew.-% Pfropfungsgrade des Polyacrylates von nahezu 100% erreicht, da hier durch die hohe Konzentration des BA auch Pfropfungsreaktionen durch Addition an die Doppelbindungen des Alkydharzes eingegangen werden und die Pfropfungswahrscheinlichkeit durch die höhere Reaktivität des BA steigt. Ähnlich hohe Pfropfungsgrade des Polyacrylates (93%) bei geringerer BA-Konzentration konnten erreicht werden, indem Probe ST013F (Pfropfungsgrad 42%, Alkydharz 50 Gew.-%) bei 85 C (Probe ST026C, vgl. Kapitel ) anstatt bei 72 C polymerisiert wurde. Der Pfropfungsgrad des Polyacrylates auf das Alkydharz wurde für die Proben ST057C (25 Gew.-% Alkydharz) und ST057F (50 Gew.-% Alkydharz) bestimmt (beide mit KPS initiiert), um den Einfluss des Initiators auf den Anteil des gebildeten Pfropfcopolymers zu analysieren. Für beide Proben wurden Werte erhalten, die nicht höher als 5% liegen. Dies bedeutet, dass nahezu kein Polyacrylat auf das Alkydharz aufpfropft und daher kaum Pfropfcopolymer entsteht. Damit liegen die Anteile an Pfropfcopolymer der Proben, die mit KPS initiiert wurden, deutlich unter denen der Proben ST013 (mit V59 initiiert). Dies steht im

126 116 Ergebnisse und Diskussion Widerspruch mit der Literatur, die zeigt, dass KPS und AIBN zu ähnlichen Pfropfungsgraden des Polyacrylates führen [74, 77]. In der Theorie wird jedoch postuliert, dass mit AIBN im Vergleich zu KPS höhere Pfropfungsgrade erreicht werden sollten, da AIBN und auch V59 als öllösliche Initiatoren eine Sekundärnukleation des Monomers verhindern. Eine Sekundärnukleation führt dazu, dass das Monomer nicht mit dem im Tropfen vorliegenden Alkydharz reagieren kann und damit sinkt der Pfropfungsgrad. Gleichzeitig sollen die entstandenen Radikale AIBN durch ihre Hydrophobie eine direkte Reaktion mit den Doppelbindungen des Alkydharzes eingehen können, was im Fall des KPS nicht möglich ist [77]. Die Resonanzstabilisierung des aus dem AIBN gebildeten Radikals soll zudem eine Abstraktion von α-protonen des Alkydharzes verhindern [142]. Durch die geringere Wasserlöslichkeit des V59 im Vergleich zu AIBN kann dieses Postulat die gefundenen Ergebnisse erklären. Die in der Literatur gefundenen nahezu analogen Pfropfungsgrade von Proben, die mit KPS und AIBN initiiert wurden, stehen im Widerspruch zu diesem Postulat. Sie sind durch die partielle Wasserlöslichkeit des AIBN erklärbar, wie in der Literatur bewiesen werden konnte [77] Analyse der durch Pfropfungsreaktionen verbrauchten Zahl der Doppelbindungen des Alkydharzes Der Anteil des aufgepfropften Polyacrylates kann mittels Extraktion bestimmt werden, jedoch kann durch diese Analysemethode keine Aussage über den bevorzugten Pfropfungsmechanismus in Abhängigkeit der Alkydharzkonzentration oder der BA-Konzentration in den Partikeln getroffen werden. Der prozentuale Anteil der Doppelbindungen des Alkydharzes, der während der Polymerisation durch Addition der Polyacrylatketten verbraucht wurde und der somit Auskunft über den bevorzugten Pfropfungsmechanismus gibt, kann mittels NMR-Spektroskopie ermittelt werden ( inverse gated decoupling - Methode im 13 C-NMR-Experiment, vgl. Kapitel 5.2.7) [69]. Vergleicht man dabei das normierte Integral der olefinischen Kohlenstoffe des Alkydharzes vor und nach der Polymerisation, erhält man die Zahl der verbleibenden Doppelbindungen, die nicht durch Aufpfropfen durch Addition (vgl. Abb. 4.37, Kapitel ) verbraucht wurden. Daraus kann die Zahl der reagierten Doppelbindungen (RDB) erhalten werden. Dies wurde zunächst für die Proben ST013C-F durchgeführt, die mit der Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1 erhalten wurden und Alkydharz-Gehalte von Gew.-% im Partikel beinhalteten. Abbildung 4.45 zeigt, dass der prozentuale Anteil der während der Polymerisation durch Addition der Polyacrylatketten verbrauchten Doppelbindungen des Alkydharzes (RDB) ebenso wie der prozentuale Anteil der aufgepfropften Polyacrylatketten (APA) nahezu linear abnimmt. Wird für einen Alkydharz- Gehalt im Hybridpartikel von 25 Gew.-% noch ein prozentualer Anteil von 27% an durch Addition von Polyacrylatketten verbrauchten Doppelbindungen des Alkydharzes

127 Ergebnisse und Diskussion 117 nachgewiesen, so wird für den höchsten Alkydharz-Gehalt ein Wert von 1% erreicht. Dies bedeutet, dass mit zunehmendem Alkydharzgehalt im Partikel die Wahrscheinlichkeit einer Aufpfropfung der Polyacrylatketten durch Protonenabstraktion und anschließende Rekombination des Radikals am Alkydharz mit einer wachsenden Polyacrylatkette immer stärker ausgeprägt ist. Dies ist durch die zunehmende Konzentration der α-protonen mit zunehmender Alkydharz-Konzentration im Partikel erklärbar, wodurch diese Variante der Aufpfropfung wahrscheinlicher wird [77]. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass mit sinkender Aufpfropfung durch Addition der Anteil an aufgepfropftem Polyacrylat sinkt, wie in Abbildung 4.45 dargestellt wurde. Da es durch die Protonenabstraktion und Rekombination vermehrt zu einem Abbruch der wachsenden Polymerkette kommt, je mehr Alkydharz im Partikel enthalten ist, sinken die Monomerumsätze (vgl. Kapitel 4.3.3). 60 RDB APA [%] Alkydharz-Anteil im Partikel [%] Abbildung 4.45: Prozentualer Anteil der durch Pfropfungsreaktionen (Addition der Polyacrylatkette an die Doppelbindungen des Alkydharzes) verbrauchten Doppelbindungen des Alkydharzes (RDB) und prozentualer Anteil der Polyacrylatketten, welche auf das Alkydharz aufgepfropft wurden (APA). Ähnliche Werte wurden bereits für andere Alkydharz/Polyacrylat-Systeme berichtet, auch hier zeigte sich, dass mit zunehmendem Alkydharzanteil im Partikel ein geringerer Anteil der in diesem Harz vorhandenen Doppelbindungen durch Pfropfungsreaktionen während der Polymerisation verbraucht wurden [68, 69]. Diese verbleibenden Doppelbindungen stehen jedoch für eine spätere Aushärtung des Polymerfilms durch oxidative Vernetzung zur Verfügung und sind daher erwünscht. Die Zahl der reagierten Doppelbindungen der Proben ST057C und ST057F, die mit KPS initiert wurden und Pfropfungsgrade von unter 5 Gew.-% aufweisen, wurde ebenfalls mittels 13 C-NMR-Spektroskopie analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass ca. 12 bis 15% der Doppelbindungen des Alkydharzes während der Polymerisation reagieren. Dies bedeutet, dass sehr kurze Polyacrylatketten auf das Alkydharz vornehmlich durch Addition an die Doppelbindungen aufpfropfen und so ein geringerer Anteil Pfropfcopolymer entsteht.

128 118 Ergebnisse und Diskussion Bestimmt man auf gleiche Weise den prozentualen Anteil der durch Addition der Polyacrylatketten verbrauchten Doppelbindungen des Alkydharzes (RDB) in Abhängigkeit von der BA-Konzentration in der Monomermischung, so werden Werte zwischen 0.5 und 5% erhalten, wie Tabelle 4.27 zeigt. Tabelle 4.27: Zahl der durch Pfropfungsreaktionen (Addition) verbrauchten Doppelbindungen des Alkydharzes und prozentualer Anteil der aufgepfropften Polyacrylatketten in Abhängigkeit der BA-Konzentration der Monomermischung. Monomermischung im Gewichtsverhältnis MMA/BA/AS Probenbezeichnung Anteil aufgepfropftes Polyacrylat [%] RDB [%] Monomerumsatz absolut [%] M W [g mol -1 ] 99/0/1 ST015D /19.5/1 ST015E /39.5/1 ST015F /49.5/1 ST013F /79.5/1 ST042G /49.5/1 ST026C * * polymerisiert bei 85 C Dies bedeutet, dass die Monomerzusammensetzung und somit die BA-Konzentration keinen Einfluss darauf hat, wie die Polyacrylatketten auf das Alkydharz aufpfropfen. Mit steigender BA-Konzentration in der Monomermischung wird mehr Pfropfcopolymer gebildet (vgl. Kapitel 4.3.4). Dies geschieht jedoch fast ausschließlich durch Protonenabstraktion und Rekombination (vgl. Abb. 4.40, Kapitel ). Vielmehr haben die Alkydharzmenge und die dadurch im Tropfen vorhandene Konzentration an α-protonen einen sehr großen Einfluß auf die Pfropfungsart. Die geringere sterische Hinderung des BA im Vergleich zu MMA ermöglicht das Aufpfropfen der wachsenden Polyacrylatkette an das Alkydharz durch eine Addition an dessen Doppelbindungen. Gleichzeitig jedoch steigt durch diese höhere Reaktivität des BA auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zur Abstraktion eines α-protons des Alkydharzes kommt [77]. Demnach muss der Polymerisationsgrad der auf das Harz durch aufgepfropften Polyacrylatkette von beispielsweise Probe ST042G hoch sein, da sonst kein derart hoher Pfropfungsgrad bei einem konstanten Molekulargewicht im Vergleich zu den anderen Proben erreichbar wäre. Da bei Probe ST042G das gesamte Polyacrylat aufgepfropft vorliegt, jedoch die Zahl der durch Addition verbrauchten Doppelbindungen ebenso wie das Molekulargewicht des Pfropfcopolymers sehr gering ist, wird angenommen, dass der Initiator Protonen des Alkydharzes abstrahiert. Die wachsenden Polyacrylatketten pfropfen dann auf die so am Alkydharz entstehenden Radikale durch Rekombination auf. Da mit steigender BA- Konzentration mehr Pfropfcopolymer gebildet wird, es aber auch verstärkt zu

129 Ergebnisse und Diskussion 119 Kettenabbrüchen durch Protonenabstraktion oder Rekombination kommt, sinken die Polymerisationsrate und die mittlere Radikalzahl im Partikel (vgl. Kapitel ). Bestimmt man die Zahl der verbrauchten Doppelbindungen des Alkydharzes für Probe ST026D, welche ebenfalls 50 Gew.-% des Alkydharzes enthält, mit Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1 bei 85 C polymerisiert wurde und einen prozentualen Anteil aufgepfropftes Polyacrylat von 93% besitzt (vgl. Kapitel 4.3.3), so erhält man einen Wert für RDB von 0.6%, wie Tabelle 4.27 zeigt. Dies bedeutet, dass durch die Temperaturerhöhung mehr Polyacrylatketten auf das Alkydharz durch Protonenabstraktion und Rekombination aufpfropfen als bei einer Temperatur von 72 C. Dies kann mit einer bei höherer Temperatur erhöhten Reaktivität des am Alkydharz durch Protonenabstraktion entstandenen stabilen Radikals erklärt werden, das unter diesen Bedingungen reaktiver wird und verstärkt mit wachsenden Polyacrylatketten rekombiniert. Eine Temperaturerhöhung zeigt ebenso wie die BA-Konzentration im Tropfen keinen Einfluss auf den Pfropfungsmechanismus. Welcher Pfropfungsmechanismus bevorzugt stattfindet, wird allein durch die Alkydharz- und somit α-protonenkonzentration bestimmt. Generell ist es auch möglich, dass ein Teil des Initiators durch Protonenabstraktion (α-proton des Alkydharzes) terminiert wird und daher die Polymerisationsrate sinkt. Die wachsenden Polyacrylatketten rekombinieren dann im Laufe der Polymersiation mit den am Alkydharz vorliegenden Radikalen, und daher kommt es zu hohen Pfropfungsgraden bei geringen Molekulargewicht des erhaltenen Polymers unter geringem Verbrauch der Doppelbindungen des Alkydharzes Bestimmung der Partikelmorphologie Sowohl Alkydharze als auch Polyacrylate zeigen im TEM einen geringen Kontrast und können so nicht unterschieden werden. Um die Partikelmorphologie der Proben bestimmen zu können, wurden diese mit einer Osmiumtetroxidlösung versetzt, die selektiv mit den Doppelbindungen des Alkydharzes reagiert. So wird ein höherer Kontrast in der Alkydharzreichen Phase erzeugt. Zusätzlich wurden die Proben negativ kontrastiert, indem Phosphorwolframsäure zugesetzt wurde, die den Kontrast des Hintergrundes erhöht. In einer weiteren Art der Fixierung wurden die Proben nach der Kontrastierung mit Osmiumtetroxid in eine EPON-Matrix eingebettet und Ultradünnschnitte angefertigt, um einen Blick in das Partikelinnere zu ermöglichen. Von Interesse ist die Bestimmung des Einflusses von Parametern wie der Polymerisationstemperatur, der Initiatorwahl, der Monomerzusammensetzung, des Alkydharzgehaltes, des Molekulargewichts der Polymere, des Pfropfungsgrades, der Zahl der reagierten Doppelbindungen und der Lagerzeit auf die Morphologie.

130 120 Ergebnisse und Diskussion Bestimmung der Partikelmorphologie der Proben der Lackzusammensetzung (MMA/BA/AS 49.5/49.5/1) mittels TEM Zunächst wurde die Morphologie der Hybridpartikel der Proben ST013C-F bestimmt, die einen Alkydharz-Anteil von Gew.-% beinhalteten und aus der Monomermischung 1 (MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1) mit V59 als Initiator hergestellt wurden. Dazu wurden die Proben wenige Tage und einige Wochen nach der Synthese betrachtet, um zu untersuchen, ob sich die während der Polymerisation ausgebildete Partikelmorphologie im Laufe der Lagerung verändert. Eine Übersicht und die Eigenschaften der Proben, wie der Gelanteil, sind in Tabelle 4.28 zusammengefasst. Der Gelanteil liegt für alle Proben im Bereich von 2 6% und hat daher einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Partikelmorphologie. Für alle Alkydharz-Konzentrationen wurde nach einer Lagerungszeit von 6 Wochen eine ähnliche Partikelmorphologie gefunden (Tabelle 4.28b). Ein heller und somit kontrastarmer Kern ist dabei von einer kontrastreichen Phase in einer Halbmondstruktur umschlossen. Da ausschließlich das Alkydharz durch das Osmiumtetroxid kontrastiert wird, kann die dunkle äußere Phase des Partikels einer Alkydharz-reichen Phase zugeordnet werden, wohingegen der Kern wenig bis kein Alkydharz enthält. Eine solche kontrastarme Phase kann zum einen aus reinem Polyacrylat, zum anderen aus dem Pfropfcopolymer bestehen, wenn dieses nur einen geringen Anteil des Alkydharzes enthält. Für die in Tabelle 4.28a gezeigten TEM-Aufnahmen wurden für niedrige Alkydharzkonzentrationen dieselbe Halbmondstruktur der Hybridpartikel gefunden wie sie auch nach längeren Lagerungszeiten erhalten werden. Somit wird die thermodynamisch begünstigte Morphologie bereits während oder kurze Zeit nach der Polymerisation ausgebildet. Für Alkydharz-Gehalte der Hybridpartikel von mehr als 33 Gew.-% wird kurze Zeit nach der Polymerisation eine homogene Partikelstruktur (Matrix) erhalten. Dies deutet darauf hin, dass beide Phasen während der Polymerisation ineinander mischbar sind und erst im Laufe der Lagerung in die thermodynamisch bevorzugte Halbmondstruktur separieren. Die während der Polymerisation gebildete Matrix besteht aus 3 Polymeren, dem reinen Polyacrylat, dem reinen Alkydharz und dem Pfropfcopolymer. Für höhere Molekulargewichte des im Hybridpartikel vorliegenden Polyacrylates bzw. Pfropfcopolymers wird die thermodynamisch bevorzugte Morphologie schneller ausgebildet als für geringere Molekulargewichte dieser Polymere. Dies wird auf das Molekulargewicht des Alkydharzes ( g/mol) zurückgeführt. Geringere Molekulargewichte des Polyacrylates sind im Alkydharz besser mischbar als größere Molekulargewichte, da die Mischbarkeit von Polymeren maßgeblich durch deren Polymerisationsgrad beeinflusst wird (vgl. Kapitel 2.6.3).

131 Ergebnisse und Diskussion 121 Tabelle 4.28: Eigenschaften und Morphologie der Proben ST013C-F in Abhängigkeit ihres Alkydharz-Gehaltes im Partikel, Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1, polymerisiert mit V59 als Initiator bei 72 C, a) TEM-Aufnahmen der Proben, die nicht älter als 10 Tage waren, positiv kontrastiert mit OsO 4 und negativkontastiert mit Phosphorwolframsäure, b) Proben nach einer Lagerungszeit von 6-8 Wochen, präpariert analog zu a, c) Ultradünnschnitte der Proben (Lagerungszeit 6-8 Wochen) kontrastiert mit OsO 4 und in EPON eingebettet. Acrylat/Alkydharz 75/25 ST013C Acrylat/Alkydharz 67/33 ST013D Acrylat/Alkydharz 58/42 ST013E Acrylat/Alkydharz 50/50 ST013F Partikelgröße: 72 nm Pfropfungsgrad: 63 % RDB: 27 % M w : g mol -1 Gelanteil: 2.5% Partikelgröße: 84 nm Pfropfungsgrad: 58 % RDB: 18 % M w : g mol -1 Gelanteil: 5.9% Partikelgröße: 88 nm Pfropfungsgrad: 46 % RDB: 14 % M w : g mol -1 Gelanteil: 4.9% Partikelgröße: 104 nm Pfropfungsgrad: 42 % RDB: 1 % M w : g mol -1 Gelanteil: 5.3% a) Negativkontrastierte Proben, Lagerungszeit < 10 Tage b) Negativkontrastierte Proben, Lagerungszeit 6-8 Wochen c) Dünnschnitt nach einer Lagerungszeit der Proben von 6-8 Wochen Bestimmung der Partikelmorphologie der Proben der Lackzusammensetzung (MMA/BA/AS 49.5/49.5/1) mittels FRET Um die Verteilung des Alkydharzes und des Polyacrylates im Partikel weiter zu untersuchen, wurden im Rahmen des EU-Projektes in einer Kooperation mit A. Turshatov und D. Johannsmann (TU Clausthal-Zellerfeld) FRET-Messungen durchgeführt. Dabei wurde eine

132 122 Ergebnisse und Diskussion korrelierte, zeitaufgelöste Einzelphotonenzählung vorgenommen und die Fluoreszenz- Abklingkurven in Bezug auf den Försterresonanzenergietransfer (FRET) ausgewertet. Als Donor/Akzeptor-Paar wurde das bereits vielfach verwendete Phenanthren-Anthracen-System verwendet. Die Donorfunktion wurde durch Copolymerisation mit einem Phenanthren- Derivates, das eine vinylische Doppelbindung aufweist, in das Polyacrylat eingeführt (zur Strukturformel s. Abb. 5.4, Kapitel ). Die freien Hydroxylgruppen des Alkydharzes wurden in einer polymeranalogen Reaktion mit einem Anthracen-Derivat (9-Anthracencarbonylcyanid) umgesetzt. Für die Herstellung der Proben ST058I und ST058K wurde das Akzeptor-gelabelte SETAL 293XX-99 anstelle des sonst eingesetzten, unmarkierten Harzes verwendet. Prinzipiell existieren zwei Grenzfälle, die bei FRET-Messungen erhalten werden können: Bei einer völligen Phasenseparation im Partikel wird kein Energietransfer erhalten (Nr. 1 in Abb. 4.46a u.b). Eine solche Probe wurde unter Abwesenheit des Akzeptors hergestellt, indem ausschließlich der Donor durch radikalische Polymerisation in das Polyacrylat eingeführt, jedoch das unmarkierte Alkydharz eingesetzt wurde (Proben ST058M und ST058O). Ein weiterer Grenzfall bildet die vollkommene Mischung beider Polymere im Partikel. Dieser Zustand wurde erreicht, indem das Anthracen-Derivat anstatt mit dem Alkydharz mit Quinuclidin umgesetzt, mit einem Donor-markierten Polyacrylat im Verhältnis der späteren Polymerzusammensetzung im Partikel in Ethanol gelöst, auf einen Glasträger aufgebracht und vermessen wurde. Die erhaltene Energietransferkurve ist in Abbildung 4.46a und b mit der Ziffer 4 markiert. Die Kurven 2 und 3 in Abbildung 4.46a bilden die Fluoreszenzabklingkurven der Probe ST058I ab, welche einen Alkydharz-Gehalt im Partikel von 50 Gew.-% besitzt und der bisher diskutierten Probe ST013F entspricht. Sowohl für den Polymerfilm als auch für die Hybriddispersionen werden Werte für den Mischungsparameter Ф beider Phasen von 0.37 erhalten. Dies entspricht, bezogen auf die Referenz [143], einer Mischphase der Polymere zwischen den beiden separierten Phasen mit einer Dicke von 5 nm. Betrachtet man Probe ST058K (entsprechend Probe ST013C), welche 25 Gew.-% des Alkydharzes im Partikel enthält (s. Abb. 4.46b), so wird nahezu kein Energietransfer zwischen dem Donor und dem Akzeptor erhalten, was einer vollkommenen Entmischung beider Polymere und der Ausbildung einer scharfen Grenzfläche zwischen beiden Phasen entspricht. Dieses Resultat ist jedoch sehr ungewöhnlich und nur dadurch zu erklären, dass der Donor zu Beginn der Polymerisation in das Polyacrylat eingebaut wird, wohingegen das Aufpfropfen der Polyacrylatketten erst zum Ende der Polymerisation auftritt, wenn bereits der komplette Donor in dem reinen Polyacrylat vorliegt. Abbildung 4.46c stellt die Simulation der Phasenverteilung der im Partikel vorliegenden Polymere eines Hybridpartikels unter der Annahme, dass der Partikelkern mittig im Partikel angeordnet ist, dar. Die Berechnung wurde nach den Ergebnissen der Probe ST058I erstellt, die das Polyacrylat und das Alkydharz im Gewichtsverhältnis 50/50 beinhaltet. Demnach umschließt eine Phase eine weitere Phase, wobei jede Phase nur den Donor oder den Akzeptor enthalten kann. Darüber, welches Polymer die Hülle und welches den Kern des Partikels bildet, kann jedoch auf diesem Weg

133 Ergebnisse und Diskussion 123 keine Aussage getroffen werden. Zwischen diesen Phasen existiert eine Mischphase, in der Donor und Akzeptor vorliegen, hier ist der Akzeptor aktiviert und es kann Energie vom Donor übertragen werden. Diese Mischphase kann durch das Pfropfcopolymer ausgebildet werden, das zwischen beiden Phasen vermittelt. a c b Abbildung 4.46: Normierte Fluoreszenzabklingkurven a) der Probe ST058I (50 Gew.-% Alkydharz-Gehalt im Partikel) und b) der Probe ST058K (25 Gew.-% Alykdharz-Gehalt im Partikel) sowie c) Simulation der nach den FRET-Messungen erhaltenen Partikelmorphologie (Alkydharz-Gehalt 50 Gew.-%. Blaue Punkte markieren die Akzeptor- und somit Alkydharz-reichen Bereiche im Partikel, rote Punkte die Donor- und somit Polyacrylatreichen Bereiche und die rosa Punkte die FRET-aktiven Bereiche, in denen eine Mischphase vorliegt Bestimmung der Phasenverteilung im Partikel der Lackzusammensetzung (MMA/BA/AS 49.5/49.5/1) mittels AFM Da mittels NMR und Extraktion nicht geklärt werden kann, ob das gesamte Alkydharz als Pfropfcopolymer vorliegt bzw. inwiefern noch reines Alkydharz im Partikel vorhanden ist, wurden in Kooperation mit C. de las Heras Alarcón und J. Keddie (University of Surrey, UK) AFM-Messungen durchgeführt. Sie erlauben, die Verteilung des Alkydharzes und des Polyacrylates im Partikel zu untersuchen. Außerdem kann mittels AFM die Phasenverteilung der Polymere innerhalb der aus den Dispersionen hergestellten Filme untersucht werden. Dabei wird durch die Wechselwirkung der in Resonanzschwingung versetzten Spitze, dem Cantilever, mit der Probe eine Phasenverschiebung zwischen der auf die Probe induzierten und der resultierenden Schwingung beobachtet. Diese Phasenverschiebung korreliert mit der Oberflächenhärte des Polymerfilms bzw. des Partikels. Besitzen die im Partikel oder Film vorhandenen Phasen eine unterschiedliche Härte, so können diese dargestellt werden. Dabei wird die Topographie der Probe mathematisch geglättet, so dass die erhaltenen Farbkontraste dem Betrag der Phasenverschiebung entsprechen. Dunkel gefärbte Bereiche in den Abbildungen entsprechen dabei einer Phase, die eine geringe Härte aufweist und somit eine starke Phasenverschiebung bewirkt, helle Bereiche entsprechen einer Phase mit einer höheren Härte. Dies wurde bereits in der Literatur für Alkydharz/Polyacrylat-Hybridpartikel

134 124 Ergebnisse und Diskussion untersucht[75]. Um die Phasenverteilung in Filmen der Hybriddispersionen darstellen zu können, wurden die Proben auf einen Feststoffgehalt von 40 Gew.-% aufkonzentriert und mittels Spincoating auf Glasträger aufgetragen. Um einzelne Partikel darstellen zu können, wurden die Proben auf einen Feststoffgehalt von 0.4 Gew.-% verdünnt und mittels Spincoating auf Glimmerplättchen aufgetragen. Zunächst wurde als Referenz eine Probe untersucht, die aus reinen Polyacrylatpartikeln der Zusammensetzung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1 bestand (Probe ST009M, Partikelgröße 105 nm, Abbildung 4.47a und b). a b c d Abbildung 4.47: a) Höhen- und b) Phasen-Abbildung für eine reine Polyacrylatdispersion (Probe ST009M), hergestellt aus der Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1, Feststoffgehalt 20 Gew.%, Scanfläche 2 x 2 µm, c) Höhen- und d) Phasen-Abbildung eines Polymerpartikelblends, hergestellt aus einer Alkydemulsion und einer Polyacrylatdispersion im Gewichtsverhältnis 1/1, Feststoffgehalt 20 Gew.-%, Scanfläche 5 x 5 µm. Wie in Abbildung 4.47a dargestellt, können in dem Höhenprofil der Probe deutlich Partikel erkannt werden, die eine Art Relief hervorrufen. Helle Bereiche entsprechen dabei den höchsten Punkten der Probe und daher den Kappen der Partikel (s. Abb. 4.47a). In der

135 Ergebnisse und Diskussion 125 Phasenabbildung (s. Abb. 4.47b) können bei dieser Probe keine Unterschiede im Phasenkontrast der Partikel erkannt werden. Die Partikel weisen eine homogene Härte auf und rufen daher eine gleichmäßige Phasenverschiebung hervor, wie es für die reinen Polyacrylatpartikel zu erwarten war. Mischt man diese Probe mit einer Alkydharz-Dispersion, die mittels Dispergierung des Alkydharzes in einer wässrigen Tensidlösung (4 Gew.-% Dowfax 2A1) und anschließender Homogenisierung (Ultraschall) erhalten wurde, im Gewichtsverhältnis 1/1, so kann ein Polymerpartikelblend (Partikelmischung) erhalten werden. In der Höhenabbildung (s. Abb. 4.47c) können abgegrenzte Partikel bzw. Alkydharz-Tröpfchen erkannt werden. In der Phasenabbildung (Abb. 4.47d) dieses Polymerpartikelblends sind deutliche Unterschiede in der Phasenverschiebung innerhalb des Filmes zu erkennen. Große Domänen eines Polymers mit einer Größe im Mikrometerbereich (dunkle Bereiche in der Abbildung) haben sich ausgebildet, die eine hohe Phasenverschiebung bewirken und somit einem weichen Polymer, dem Alkydharz, zuzuordnen sind. Neben diesen Domänen finden sich einzelne Partikel, die hell erscheinen und somit eine geringe Phasenverschiebung hervorrufen. Diese sind dem Polyacrylat zuzuordnen. Diese Ausbildung großer Domänen eines Polymers ist typisch für Polymerblends (vgl. Abb. 4.26) und führt zu trüben, inhomogenen Filmen. Um zu überprüfen, wie die Polymere innerhalb der Hybridpartikel verteilt vorliegen und inwieweit sich im Film Domänen eines Polymers ausbilden, wurden AFM-Messungen der Proben ST013C-F durchgeführt. Dabei wurde die Phasenverteilung im Einzelpartikel (s. Abb.4.48a) sowie im erhaltenen Polymerfilm (s. Abb. 4.48b) untersucht. Die Filme zeigen in der Phasenabbildung mit steigendem Alkydharz-Anteil Bereiche, die eine dunkle Färbung haben und in einer Matrix vorliegen, die eine geringe Phasenverschiebung hervorruft und daher hell erscheint. Diese dunklen Bereiche sind aufgrund der stärkeren Phasenverschiebung dem weichen Alkydharz zuzuordnen, die hellen Bereiche bestehen aus einem Polymer vergleichsweise höherer Härte, dem Polyacrylat. Dieses Auftreten dunkler Bereiche ist auf eine zunehmende Phasenseparation des Polyacrylates und des Alkydharzes zurückzuführen, was zum Ausbilden von Domänen im Film führt. Betrachtet man die einzelnen Partikel, so erkennt man, dass um das Partikelinnere aus Polyacrylat, welches hell dargestellt ist, eine Phase liegt, die dunkel gefärbt ist und demnach aus dem Alkydharz gebildet wird. Hier kann analog zu den Polymerfilmen mit steigendem Alkydharz-Gehalt der Partikel eine zunehmende Phasenseparation bemerkt werden. Das Vorliegen einer sehr Alkydharz-reichen Phase deutet darauf hin, dass ein großer Teil des Harzes keine Pfropfungsreaktion eingegangen ist und vom Partikel separiert.

136 126 Ergebnisse und Diskussion a b 25 Gew.-% Alkydharz 33 Gew.-% Alkydharz 42 Gew.-% Alkydharz 50 Gew.-% Alkydharz Abbildung 4.48: a) Höhen- und b) Phasen-Abbildung der Polyacrylatdispersionen ST013C-F mit variierendem Alkydharz-Gehalt im Partikel, Einzelpartikelabbildung Scanfläche 2 x 2 µm, Polymerfilm Scanfläche 5 x 5 µm.

137 Ergebnisse und Diskussion 127 Wenn der Anteil des Pfropfcopolymers variiert wird, sollte sich die Morphologie des Partikels verändern. Polymersiert man Probe ST013F bei 85 C anstelle von 72 C, wie bei Probe ST026C geschehen, so wird ein Polyacrylat-Anteil, der auf das Alkydharz aufgepfropft vorliegt, von 93% erhalten. Betrachtet man diese Probe als Ultradünnschnitt eingebettet in eine EPON-Matrix im TEM (s. Abb 4.49), so kann erneut eine Halbmondstruktur der Partikel detektiert werden. Abbildung 4.49: Ultradünnschnitte der Probe ST026C (Alkydharz-Gehalt 50 Gew.-% im Partikel), polymerisiert bei 85 C, Partikel eingebettet in EPON, Partikelgröße 104 nm, M w = g mol -1, Anteil des aufgepfropften Polyacrylates 93%, RDB 0.6%. Aufgrund der TEM-Aufnahmen (s. Tab u. Abb. 4.49) sind zwei Möglichkeiten denkbar, wie sich die Phasen der erhaltenen Morphologie zusammensetzen: Liegt neben reinem Alkydharz und dem reinen Polyacrylat noch das Pfropfcopolymer vor, so ist zum einen ein Kern aus reinem Polyacrylat denkbar, der von einer Hülle aus dem reinem Alkydharz und dem Pfropfcopolymer umgeben ist. Zum anderen ist eine Zusammensetzung des Kernes aus dem Pfropfcopolymer denkbar, der von einer Hülle umgeben ist, in welcher das Polyacrylat neben dem Alkydharz vorliegt. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der FRET-Messungen kann ein Vorliegen des Polyacrylates neben dem Alkydharz in derselben Phase ausgeschlossen werden, so dass angenommen wird, dass das reine Polyacrylat neben dem Pfropfcopolymer im Kern vorliegt. Dabei liegt das Pfropfcopolymer an der Grenzfläche zwischen Kern und Schale vor und vermittelt zwischen den beiden reinen Polymeren. Dies bedeutet, dass eine dreiphasige Struktur im Partikel existiert, wie in Abbildung 4.50 dargestellt ist. Dabei wird angenommen, dass nicht alle Phasen vollkommen voneinander separiert vorliegen, sondern vielmehr ein gradueller Übergang einer Phase in die nächste existiert. Da in Probe ST026C reines Polyacrylat kaum noch vorhanden ist (7%), kann die Phase, aus welcher der Partikelkern besteht, hier ausschließlich durch das Pfropfcopolymer gebildet werden, das einen geringen Anteil an Alkydharz enthält. Die Partikelhülle scheint demnach aus dem reinen Alkydharz zu bestehen. Zwischen den beiden Phasen ist ein gradueller Übergang vorhanden, wie es schematisch in Abbildung 4.50b dargestellt ist.

138 128 Ergebnisse und Diskussion Reines Alkydharz Pfropfcopolymer a Reines Polyacrylat b Abbildung 4.50: a) Vorschlag zur Partikelmorphologie der Hybridpartikel der Proben ST013C-F, die neben dem Alkydharz und dem Pfropfcopolymer reines Polyacrylat beinhalten, b) Strukturvorschlag für Partikel, die neben dem Alkydharz ausschließlich das Pfropfcopolymer beinhalten, z.b. Probe ST026C und ST042G. Betrachtet man die AFM-Aufnahmen der Einzelpartikel der Probe ST026C (s. Abb. 4.51b), so erkennt man nur sehr kleine Bereiche am Rand der Partikel, die eine dunkle Färbung aufweisen und eine hohe Phasenverschiebung hervorrufen. Demnach separiert nur eine geringe Menge des Alkydharzes vom Partikel, was den in Abbildung 4.50 gezeigten Vorschlag zur Partikelmorphologie bestätigt. Dies bedeutet, dass das Pfropfcopolymer mit dem Alkydharz weitestgehend homogen gemischt im Partikel, wahrscheinlich unter Ausbildung eines Gradienten zwischen beiden Phasen, vorliegt. So kann auch die Ausbildung einer Phase im Partikelinneren, die eine geringe Menge des Alkydharzes beinhaltet und daher im TEM einen geringen Kontrast liefert, erklärt werden. Dieser enthält das Pfropfcopolymer, wobei sich hydrophobere, Polyacrylat-reichere Pfropfcopolymer-Fraktionen im Partikelinneren anordnen. Hydrophilere, Alkydharz-reichere Fraktionen des Pfropfcoplymers und reines Alkydharz bilden die äußeren Schichten des Partikels. Betrachtet man die Phasenverteilung der Polymere im Film (s. Abb. 4.51a), der aus der Polymerdispersion erhalten wurde, sind kaum Domänen eines einzelnen Polymers, im Speziellen des reinen Alkydharzes, zu finden. a b Abbildung 4.51: a) Höhen- und b) Phasen-Abbildung der Polyacrylatdispersion ST026C, Einzelpartikelabbildung Scanfläche 2 x 2 µm, Polymerfilm Scanfläche 5 x 5 µm. Der Film zeigt eine homogene Struktur mit durchweg ähnlicher Oberflächenhärte und somit -beschaffenheit. Das reine Alkydharz, welches laut den TEM-Aufnahmen vorhanden ist, separiert nicht von dem Pfropfcopolymer oder das gesamte Alkydharz liegt als

139 Ergebnisse und Diskussion 129 Pfropfcopolymer vor. Unter dieser Annahme ordnen sich demnach das Alkydharz-reiche Pfropfcopolymer außen und das Polyacrylat-reiche Pfropfcopolymer im Inneren des Partikels an Bestimmung der Morphologie von Hybridpartikeln mit variierendem BA-Anteil in der Monomermischung Im nächsten Schritt wurde die Partikelmorphologie in Abhängigkeit des BA-Anteils der eingesetzten Monomermischung mittels TEM untersucht. Der Alkydharz-Gehalt der Hybridpartikel betrug dabei stets 50 Gew.-% und der BA-Gehalt der Monomermischung wurde variiert. Die hier betrachteten Proben wurden dabei analog der bisher diskutierten Proben (Proben ST013 und ST026C) wenige Tage und einige Wochen nach der Synthese untersucht (Tabelle 4.29a und b), um festzustellen, ob sich die nach der Synthese vorliegende Partikelmorphologie im Laufe der Lagerung verändert. Dazu wurden alle Proben mit Osmiumtetroxidlösung versetzt, um die Alkydharz-reiche Phase zu kontrastieren. Zum einen wurde danach eine Negativkontrastierung vorgenommen, zum anderen die Partikel in EPON eingebettet und Ultradünnschnitte angefertigt, um das Partikelinnere darstellen zu können (Tabelle 4.29c). Der Gelanteil der Proben wurde zwischen 5 bis 9% bestimmt, zeigt keine Anhängigkeit von der Monomerzusammensetzung und hat daher keinen Einfluss auf die Partikelmorphologie. Für Probe ST015D, die keinerlei BA in der Monomermischung enthielt, wurde direkt nach der Polymerisation eine Kern-Schale-Struktur der Partikel erhalten, wobei das PMMA die Partikelhülle bildet, die das Alkydharz im Inneren einschließt. Die erhaltene Morphologie kann ebenso durch Ultradünnschnitte der Probe bestätigt werden (Tab. 4.29c) und wurde auch in der Literatur für PMMA/Alkydharz-Partikel berichtet [75]. Diese Morphologie entsteht, da das hydrophile, teilweise wasserlösliche MMA an der Phasengrenzfläche des Tropfens polymerisiert und daher das im Laufe der Polymerisation entstehende PMMA vom Alykdharz separiert und dieses in der Partikelmitte einschließt. Einige Wochen nach der Herstellung werden jedoch Janus-Partikel nachgewiesen (Spalte b, Tabelle 4.29), was bedeutet, dass sich die Struktur des Partikels im Laufe der Zeit zur thermodynamisch bevorzugten Morphologie verändert. Es wird angenommen, dass beide Polymere bei der gegebenen Tensidkonzentration von 4 Gew.-% Dowfax 2A1 eine ähnliche Grenzflächenspannung zu Wasser besitzen, da die Oberfläche vollständig mit Tensid bedeckt ist und sich diese Partikelstruktur als thermodynamisch günstigste Morphologie ausbildet [64]. Hierzu lassen sich, ebenso wie zu Studien der Morphologie der Proben nach einer gewissen Lagerungszeit, keinerlei Hinweise in der Literatur finden. Wie aus Tabelle 4.29 ersichtlich ist, kommt es während der Polymerisation mit zunehmendem BA-Gehalt in der Monomermischung bei Probe ST015E zunächst zur Ausbildung einer hellen Phase am Partikelrand, die dem reinen Polyacrylat oder dem Pfropfcopolymer zugeordnet

140 130 Ergebnisse und Diskussion wird und nicht die gesamte Partikeloberfläche bedeckt. Diese Partikelstruktur scheint sich auch während der Lagerung nicht zu verändern. Mit zunehmendem BA-Gehalt im Partikel nimmt der Anteil an Pfropfcopolymer zu. Daraus lässt sich das Auftreten und Anwachsen einer hellen Phase mit steigendem Pfropfcopolymeranteil erklären. Tabelle 4.29: Eigenschaften und Morphologien der Hybridpartikel mit steigender BA-Konzentration in der Monomermischung, Alkydharz-Gehalt der Partikel 50 Gew.-%. Eigenschaften Alter < 10 Tage Alter > 2 Monate EPON Ultradünnschnitte Probe: ST015D Monomermischung: MMA/BA/AS 99/0/1 Pfropfungsgrad: 0 % RDB: 1.3 % Gelanteil: 5.8% Probe ST015E Monomermischung: MMA/BA/AS 79.5/19.5/1 Pfropfungsgrad: 8 % RDB: 1.3 % Gelanteil: 7.8% Probe ST015F Monomermischung: MMA/BA/AS 59.5/39.5/1 Pfropfungsgrad: 36 % RDB: 5 % Gelanteil: 8.6% Probe: ST013F Monomermischung: MMA/BA/AS 49.5/49.5/1 Pfropfungsgrad: 42 % RDB: 0.5 % Gelanteil: 5.3% Probe: ST042G Monomermischung: MMA/BA/AS 19.5/79.5/1 Pfropfungsgrad: 97 % RDB: 7.8% a b c

141 Ergebnisse und Diskussion 131 Präpariert man jedoch Ultradünnschnitte der Probe 6 Wochen nach der Herstellung, so lässt sich im Partikelinneren eine helle Phase detektieren, die nicht klar von der äußeren, dunkleren Phase abgegrenzt vorliegt und ein geringes Volumen einnimmt. Steigert man den BA-Gehalt der Probe weiter, wird für Probe ST015F (39.5 Gew.-% BA in der Monomermischung) nach der Polymerisation eine der Probe ST015E (19.5 Gew.-% BA) ähnliche Morphologie erhalten, eine helle Phase befindet sich am Rand des Partikels, diese ist jedoch bei Probe ST015F stärker ausgeprägt. Im Laufe der Lagerung jedoch verschwindet diese Phase und im Partikelinneren tritt ein heller Kern auf, dessen Volumen mit zunehmendem BA-Gehalt der Monomermischung und somit steigendem Anteil an Pfropfcopolymer im Partikel anwächst. Im Ultradünnschnitt der Probe ST015F (Spalte b, Tabelle 4.29) erkennt man, dass der helle, kontrastarme Kern von einer kontrastreichen Phase umschlossen eine Halbmondstruktur ausbildet, wie es auch für die Proben ST013F und ST042G in Tabelle 4.23 (Spalte b) zu beobachten ist. Betrachtet man die Proben nach steigendem BA-Gehalt in der Monomermischung, so werden direkt nach der Polymerisation bereits ab einem Gehalt von 19.5 Gew.-% BA in der Monomermischung Partikel erhalten, die größtenteils aus einer homogenen Matrix bestehen und die im Laufe der Lagerung eine Halbmondstruktur ausbilden, die der thermodynamisch günstigsten Morphologie entspricht. Die Phasenseparation benötigt Zeit, da das erhaltende Pfropfcopolymer wie auch das Polyacrylat ein geringes und somit dem Alkydharz ähnliches Molekulargewicht im Bereich von bis g mol -1 aufweisen und sich daher die Phasen langsamer trennen. Dies ist auf die bessere Mischbarkeit von Polymeren mit einem geringeren Polymerisationsgrad im Vergleich zu höheren Molekulargewichten zurückzuführen. Polymere hohen Polymerisationsgrades können sich aufgrund der höheren Kettenlänge und der dadurch geringen Mischungsentropie ΔS mix schlechter mischen und deshalb schneller voneinander separieren. Da das Volumen des Kerns mit steigendem Pfropfcopolymergehalt und BA-Anteil im Partikel zunimmt, wird vermutet, dass das Pfropfcopolymer diese Phase ausbildet, sofern kein reines Polyacrylat vorliegt (vgl. Morphologievorschlag, Abb. 4.50b), oder zwischen dem reinen Polyacrylat und dem reinen Alkydharz, partiell in beiden gemischt, als Zwischenphase existiert (siehe Vorschlag zur Morphologie, Abb. 4.50a). Demzufolge müsste bei einem steigendem Polyacrylat-Gehalt der Probe, der vollständig auf das Alkydharz aufgepfropft vorliegt, das Volumen des Kernes auf ca. ¾ des Volumens des Gesamtpartikels steigen. Um dies zu untersuchen, wurden die Partikel der Probe ST042D, die einen Alkyharzgehalt von 25 Gew.-% im Partikel aufweisen und gleichzeitig einen Pfropfungsgrad des Polyacrylates von 100% besitzen, in EPON eingebettet (s. Abb. 4.52). Es wurde erneut eine Halbmondstruktur der Partikel erhalten, wobei das Volumen des Kernes ca. ¾ des Partikelvolumens einnimmt und im Vergleich zu Probe ST042G größer ist. Da ein Anwachsen des Volumens des Kernes mit steigendem Polyacrylat-Gehalt und somit Pfropfcopolymer-Gehalt beobachtet werden konnte und weil ausschließlich das Pfropfcopolymer und das reine Alkydharz im Partikel vorliegen können, kann beim Auftreten

142 132 Ergebnisse und Diskussion einer Halbmondstruktur des Partikels das kontrastarme Partikelinnere nur durch das Pfropfcopolymer gebildet werden. Abbildung 4.52: Ultradünnschnitte der Probe ST042D (Alkydharz-Gehalt 25 Gew.-%), Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsvwerhältnis 19.5/79.5/1, Partikelgröße 96 nm, M w = g mol -1, Pfropfungsgrad 100%, RDB 14%, Partikel kontrastiert mit Osmiumtatroxid und eingebettet in EPON Variation des Molekulargewichtes des Alkydharzes Das Alkydharz SETAL 293XX-99 besitzt eine breite und unterschiedliche Molekulargewichtsverteilung (vgl. Abb. 4.53), so dass die verschiedenen Fraktionen unterschiedlichen Molekulargewichtes einen Einfluss auf die Morphologie der Hybridpartikel besitzen können. Um den Einfluss des Molekulargewichtes des Alkydharzes auf die Partikelmorphologie und -größe, den Pfropfungsgrad des Polyacrylates und den prozentualen Anteil der während der Polymerisation verbrauchten Doppelbindungen des Alkydharzes zu untersuchen, wurde das Alkydharz SETAL 293XX-99 in einer fraktionierten Fällung nach dem Molekulargewicht in die einzelnen Fraktionen aufgetrennt. I F19 F M w (g/mol) Abbildung 4.53: Molekulargewichtsverteilung des Alkydharzes SETAL 293XX-99, analysiert mittels GPC. Es wurden insgesamt 19 Fraktionen unterschiedlicher Fraktionsgröße erhalten, wovon Fraktion F2 (M w = g mol -1, DI = 1.39) und F19 (M w = g mol -1, DI = 1.8)

143 Ergebnisse und Diskussion 133 (vgl. hierzu Abb. 4.53) ausgewählt und im Gewichtsverhältnis 50/50 in einer Polymerisation mit der Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1 eingesetzt wurden. Beide Fraktionen wurden mittels 1 H-NMR-Spektroskopie analysiert. Für Fraktion F19 konnte eine große Anzahl von Methylengruppen, die in Nachbarschaft zu Estergruppen stehen, nachgewiesen werden. Daneben liegen freie Hydroxylgruppen des Polyols vor. Die massenspektroskopische Untersuchung dieser Fraktion ergab, dass es sich bei dieser Fraktion hauptsächlich um Di- und Triglyceride verschiedener Fettsäuren, sowie um Oligomere dieser Fette mit dem Phthalsäureanhydrid handelt. Das mittels 1 H-NMR-Spektroskopie erhaltene Spektrum der Fraktion F2 ergab im Vergleich zu den Methylengruppen in Nachbarschaft zu Estergruppen eine größere Zahl freier Hydroxylgruppen. Demnach sind in beiden Fraktionen freie Hydroxylgruppen vorhanden, die einen hydrophilen Charakter des Alkydharzes bedingen. Die nach der Polymerisation der Monomermischung unter Anwesenheit der entsprechenden Alkydharzfraktion im Tropfen erhaltenen Polymerdispersionen wurden charakterisiert und die Partikelgröße, das Molekulargewicht des Polymers, der Pfropfungsgrad des Poylacrylates und die Anzahl während der Polymerisation verbrauchter Doppelbindungen des Alkydharzes bestimmt. Die Ergebnisse, die in Tabelle 4.30 zusammengefasst sind, zeigen, dass die Größe der erhaltenen Hybridpartikel mit zunehmendem Molekulargewicht des eingesetzten Alkydharzes steigt. Das Molekulargewicht des eingesetzten Alkydharzes hat keinen Einfluss auf das Molekulargewicht des erhaltenen Polymers. Der Pfropfungsgrad des Polyacrylates wurde im Fall des kurzkettigen Alkydharzes mit einem Wert von 99% bestimmt, der prozentuale Anteil der während der Polymerisation durch Addition einer Polyacrylatkette an eine Doppelbindung des Alkydharzes verbrauchten Doppelbindungen dieser Probe wurde zu 11% bestimmt. Kurze Ketten des Alkydharzes gehen demnach bevorzugt Pfropfungsreaktionen ein. Der hierbei bevorzugte Mechanismus entspricht dem der Protonenabstraktion und Rekombination. Da hier viele Polyacrylatketten auf Alkydharzketten eines geringen Molekulargewichtes aufpfropfen, wird ein Pfropfcopolymer mit einem Molekulargewicht von g mol -1 erhalten. Da das gesamte Polyacrylat aufgepfropft vorliegt, die Zahl der durch Addition verbrauchten Doppelbindungen wie auch das Molekulargewicht des Pfropfcopolymers jedoch sehr gering ist, wird angenommen, dass der Initiator Protonen des Alkydharzes abstrahiert. Die wachsenden Polyacrylatketten pfropfen dann auf die so am Alkydharz entstehenden Radikalen durch Rekombination auf. Im Gegensatz dazu wird im Fall des langkettigen Alkydharzes (Probe ST015I) ein Pfropfungsgrad von 35% erhalten. Dieser liegt niedriger als bei Probe ST013F, bei der das nicht fraktionierte SETAL 293XX-99 eingesetzt und bei der ein Pfropfungsgrad von 43% bestimmt wurde. Demnach sinkt mit steigendem Molekulargewicht des Alkydharzes die Pfropfungswahrscheinlichkeit. Durch die Aufpfropfung durch Addition wurden bei Probe ST015J 24% der Doppelbindungen des Harzes verbraucht. Es wird angenommen, dass die Polyacrylatketten bevorzugt durch Addition an die Doppelbindungen des Alkydharzes auf

144 134 Ergebnisse und Diskussion dieses aufpfropfen. Dennoch kommt es zum Kettenabbruch wachsender Polyacrylatketten, woraus das geringe Molekulargewicht des Polymers resultiert. Dies bedeutet, dass der Polymerisationsgrad der Polyacrylatketten, die auf das Alkydharz aufpfropfen, recht gering sein muss, da sonst ein höheres Molekulargewicht des erhaltenen Polymers resultieren würde. Daher wird angenommen, dass das Radikal der wachsenden Polyacrylatkette durch eine Addition an die Doppelbindung des Alkydharzes auf dieses übertragen wird. Die hiervon wachsende Polyacrylatkette bricht schnell ab oder es wird von diesem Radikal keine weitere Polyacrylatkette gestartet, so dass es somit zum Kettenabbruch kommt. Die Morphologie der erhaltenen Hybridpartikel wurde im TEM untersucht. Dazu wurden die Proben mit Osmuimtetroxid kontrastiert und anschließend eine Negativkonstrastierung mit Phosphorwolframsäure vorgenommen. Die erhaltenen Abbildungen sind ebenfalls in Tabelle 4.30 wiedergegeben. Der ermittelte Gelanteil zeigt, dass unabhängig von dem Molekulargewicht des Alkydharz kaum vernetztes Polymer vorliegt. Tabelle 4.30: Eigenschaften und Partikelmorphologien der Proben ST015I und ST015J in Abhängigkeit des Molekulargewichtes des eingesetzten Alkydharzes, Alkydharz-Gehalt beider Proben:50 Gew.-%. Eigenschaften der Probe TEM-Aufnahmen Probe: ST015I Partikelgröße: 175 nm Pfropfungsgrad: 35 % RDB: 11 % M w = g mol -1 Gelanteil: 3% Probe ST015J Partikelgröße: 134 nm Pfropfungsgrad: 99 % RDB: 24 % M w = g mol -1 Gelanteil: 1% Die erhaltenen TEM-Abbildungen zeigen, dass bei Probe ST015I (langkettiges Alkydharz) eine vollständige Phasenseparation zwischen dem Alkydharz und dem Polyacrylat auftritt, was zur Ausbildung von Januspartikeln führt. Dies bedeutet, dass aufgrund der fast vollständigen Bedeckung der Partikeloberfläche mit dem Tensid beide Phasen bei der gegebenen Tensidkonzentration von 4 Gew.-% Dowfax 2A1 eine ähnliche Grenzflächenspannung zur umgebendem wässrigen Phase besitzen. Daher ist diese Partikelmorphologie die thermodynamisch begünstigste, was auf die hohe Anzahl von Hydroxylgruppen in dieser Fraktion zurückzuführen ist, die dieses langekettige Polymer sehr

145 Ergebnisse und Diskussion 135 hydrophil macht. Das gebildete Pfropfcopolymer wird an der Grenzfläche zwischen den beiden reinen Polymeren vermutet und es vermittelt so zwischen den Reinphasen. Im Fall der Probe ST015J (kurzkettiges Alkydharz) wird eine Halbmondstruktur erhalten, wobei beide Phasen im Partikel nicht klar gegeneinander abgegrenzt vorliegen. Daher wird vermutet, dass das Pfropfcopolymer und das verbleibende Alkydharz nicht vollständig separiert vorliegen und eine Art Gradient innerhalb des Partikels existiert, der durch Polymerketten unterschiedlicher Hydrophilie hervorgerufen wird. Solche Ketten entstehen, wenn Polyacrylatketten unterschiedlicher Kettenlänge oder Zusammensetzung der Monomere in unterschiedlicher Anzahl auf das Alkydharz aufpfropfen. Zudem führt das geringe Molekulargewicht dieser Fraktion dazu, dass sich die Polyacrylat- und die Alkydharzphase gut mischen und keine vollständige Phasenseparation erhalten wird. Diese Untersuchungen zeigen, dass eine Phasenseparation mit steigendem Molekulargewicht des Alkydharzes wahrscheinlicher wird, da mit steigendem Molekulargewicht des Harzes wie auch des Polyacrylates die Mischbarkeit beider Polymere abnimmt. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass mit steigendem Molekulargewicht des Alkydharzes die Ausbildung von Januspartikeln und somit die vollständige Phasenseparation begünstigt ist, da das Poylacrylat und die Fraktion des Alkydharzes, die ein hohes Molekulargewicht besitzt, ähnliche Grenzflächenspannungen zur wässrigen Phase besitzen. Die mit dem unfraktionierten SETAL 293XX-99 erhaltene Morphologie einer Halbmondstruktur, die bei allen Monomermischungen mit dem Initiator V59 erhalten wurde, ist wahrscheinlich eine Mischstruktur aus teilweise gemischten Polymerphasen und Phasen, die separiert voneinander vorliegen, und somit eine Mischstruktur aus den in Tabelle 4.30 erhaltenen Partikelmorphologien. Hier ist die Halbmondstruktur die thermodynamisch günstigste Morphologie für diese Hybridpartikel. In diesen Partikeln liegt ein nicht einheitliches Pfropfcopolymer mit unterschiedlichem Alkydharz-Anteil, variierender Kettenlänge des aufgepropften Polyacrylates und je nach Doppelbindungszahl im Alkydharz von unterschiedlicher Pfropfungsdichte vor und ordnet sich daher unterschiedlich im Partikel an (vgl. hierzu Strukturvorschläge, Abb a und b) Variation des Initiators Die Partikelmorphologie der Proben ST057C und ST057F, die mit KPS initiiert wurden, wurde ebenfalls mittels TEM analysiert. Dazu wurden zunächst 6 Wochen nach der Polymerisation die Proben mittels Osmiumtetroxid kontrastiert und mittels Phosphorwolframsäure negativ kontrastiert. Die erhaltenen Aufnahmen zeigen eine homogene Verteilung des Alkydharzes und des Polyacrylates im Partikel. Um dies zu überprüfen, wurden die Partikel in EPON eingebettet und Ultradünnschnitte präpariert. Auch diese Schnitte zeigen eine homogene Verteilung beider Polymere im Partikel (s. Tab. 4.31). Dies bedeutet, dass beide Polymere ineinander mischbar sind und weder während der

146 136 Ergebnisse und Diskussion Polymerisation, noch während der Lagerung separieren. Dies ist über die ähnlichen Molekulargewichte beider Polymere und über die Abwesenheit des Pfropfcopolymers erklärbar, was einen entscheidenden Einfluss auf die Mischbarkeit beider Polymere hat. Gleichzeitig wird durch das KPS im Polymer eine sehr hydrophile Kopfgruppe eingeführt, was das Polyacrylat hydrophiler macht und somit dessen Anwesenheit an der Phasengrenzfläche zum Wasser begünstigt. Der geringe Gelanteil beider Proben zeigt, dass die homogene Partikelstruktur nicht durch eine starke Vernetzung der Polymere bedingt ist. Tabelle 4.31: Eigenschaften und Partikelmorphologie der Proben ST057C und ST057F, für die TEM-Aufnahmen wurden die Proben mit OsO 4 kontrastiert und a) mit Phosphorwolframsäure negativ kontrastiert, b) in EPON eingebettet und Ultradünnschnitte angefertigt, Monomermischung MMA/BA/AS im Gewichtsverhältnis 49.5/49.5/1 polymerisiert mit KPS bei 72 C. Eigenschaften Probenalter: 6 Wochen Probe ST057C Alkydharz-Gehalt: 25 Gew.-% Partikelgröße: 91 nm Pfropfungsgrad: 5 % RDB: 15.9 % Gelanteil: 2% Probe: ST057F Alkydharz-Gehalt: 50 Gew.-% Partikelgröße: 123 nm Pfropfungsgrad: 3 % RDB: 12 % Gelanteil: 1% a b Die Phasenverteilung der Polymere im Partikel und im Polymerfilm, der aus der Dispersion der Probe ST057F erhaltenen wurde, wurde mittels AFM untersucht und in Abbildung 4.54 den AFM-Aufnahmen der Probe ST013F gegenübergestellt. Wie in den Phasenabbildungen der Einzelpartikel zu erkennen ist, sind die Partikel im Fall der Probe ST057F homogen. Es liegen keine separierten Polymerphasen vor, wohingegen bei Probe ST013F größere, dunkle Domänen zu detektieren sind, die einem weicheren Polymer (Alkydharz) zuzuordnen sind. Betrachtet man die Phasenabbildungen der Polymerfilme, so sind bei Probe ST057F Inhomogenitäten im Film zu erkennen. Es bilden sich kleine Domänen aus, die eine geringfügig dunklere Färbung als der übrige Polymerfilm besitzen. Sie weisen eine unterschiedliche Phasenverschiebung auf und sind unterschiedlichen Polymeren bzw. Zusammensetzungen der Phasen zuzuordnen. Im Vergleich zu Probe ST013F ist diese Phasenseparation im Film deutlich geringer ausgeprägt und man erhält große Bereiche einer einheitlichen Phasenverschiebung und somit Polymerzusammensetzung. Demnach können

147 Ergebnisse und Diskussion 137 durch diesen einfachen Schritt homogene Partikel erhalten werden, in denen beide Polymere auf molekularer Ebene ineinander gemischt vorliegen und die einheitliche Filme ausbilden. Einheitliche Filme, die keine Mikrodomänen eines Polymers aufweisen, sind im Gegensatz zu uneinheitlichen Filmen klar und durchsichtig und deshalb industriell erwünscht. a ST013F, V59 b ST057F, KPS Abbildung 4.54: a) Höhen- und b) Phasen-Abbildung der Polyacrylatdispersionen ST013F (initiiert mit V59) und ST057F (initiiert mit KPS), Alkydharz-Gehalt im Partikel 50 Gew.-%, Einzelpartikelabbildung Scanfläche 2 x 2 µm, Polymerfilm Scanfläche 5 x 5 µm. Insgesamt führt eine Erhöhung der Polymerisationstemperatur wie auch die Erhöhung des BA-Gehaltes der Monomermischung zu einer Zunahme des Pfropfungsgrades des Polyacrylates auf das Alkydharz. Die Polymerpartikel, die höhere Pfropfungsgrade besitzen, zeigen in der AFM-Abbildung eine homogenere Verteilung der Polymerphasen im Partikel und im Film. Doch nehmen die Phasenseparation und das Volumen des Partikelkernes in der Halbmondstruktur zu, je mehr Pfropfcopolymer gebildet wird. Polymerisiert man die Proben mit KPS anstelle des öllöslichen Initiators V59, so werden höhere Monomerumsätze erzielt. Infolge des geringen Molekulargewichtes bilden sich homogene Partikel aus, in denen die Polymere gemischt vorliegen. Aus diesen Hybriddispersionen konnten einheitlichere Polymerfilme erhalten werden. Der Pfropfungsgrad des Polyacrylates auf das Alkydharz liegt nahezu bei Null. Somit konnte gezeigt werden, dass die Partikelmorphologie durch die Wahl des Initiators einstellbar ist und dass homogene Partikel wie im Fall der Proben ST057 zu

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