Aktuelle Einschätzung der Winterfestigkeit von Getreidesorten

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1 Landessortenversuche in Thüringen Aktuelle Einschätzung der Winterfestigkeit von Getreidesorten

2 Impressum Herausgeber: Autor: Naumburger Str. 98, Jena Tel.: , Fax: Mail: Abteilung Pflanzenproduktion Dipl.-Ing. agr. Ch. Guddat Tel: / , Fax: /22340 Mai, 2016 Copyright: Diese Veröffentlichung ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen und der fotomechanischen Wiedergabe sind dem Herausgeber vorbehalten. Seite 2 von 6

3 Veranlassung In diesem Jahr kam es in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs zu Auswinterungsschäden mit erheblichen Sortendifferenzierungen, von denen sowohl Winterweizen als auch Wintertriticale und Wintergerste betroffen waren. Dieses Ereignis zeigt, dass der Winterfestigkeit der Sorten nach wie vor Bedeutung bei der Sortenwahl zukommt. Anhand der diesjährigen Bonituren sowie Ergebnissen aus Provokationsversuchen bei Länderdienststellen, Bundessortenamt und Züchtern konnte unter Einbeziehung der langjährigen Daten in Zusammenarbeit der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft und der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern eine Aktualisierung der Einschätzung der Sortimente im Merkmal Winterfestigkeit erfolgen. Sie enthält auch junge Sorten ohne bisherige offizielle Bewertung und ermöglicht eine Präzisierung bereits beurteilter Sorten. Die Einschätzung beinhaltet jedoch nicht das Regenerationsvermögen der Sorten. Winterfestigkeit als Kriterium der Sortenwahl Die Winterfestigkeit ist ein sehr komplexes Merkmal, welches von mehreren Faktoren beeinflusst wird. Die Frosteinwirkung ist nur einer davon. Dennoch zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre, in den es stärkere Schäden gab, auf der einen Seite Sorten mit einer sehr stabilen Winterfestigkeit (z.b. die in Thüringen praxisrelevanten Winterweizensorten Julius, Toras, Opal oder Patras) und auf der anderen Seite Sorten mit wiederholt schwacher Winterfestigkeit (z.b. die Winterweizensorten JB Asano, Meister, Potenzial). Deshalb gilt es, neben Ertragsfähigkeit, Qualitätssicherheit, Strohstabilität und ausreichender Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten die Winterfestigkeit im Sinne des Risikomanagements zu berücksichtigen. In dieser Hinsicht hat sich eine betriebliche Sortenvielfalt bewährt. Voraussetzung dafür ist die Einschätzung der Sorten. Datengrundlage und Auswertung Die Datengrundlage für die langjährige Auswertung der Winterfestigkeit bilden bei Winterweizen, Wintertriticale und Wintergerste Ergebnisse aus den Wertprüfungen des Bundessortenamtes, den Landessortenversuchen der Länderdienststellen in Deutschland und Provokationsversuchen nach Weihenstephaner Kastenmethode. Darüber hinaus finden bei Winterweizen und Wintertriticale zusätzlich Daten aus Provokationsversuchen zur Frosthärte in Klimakammern sowie bei Winterweizen auch aus dem Testanbau auf Dämmen Berücksichtigung. Für die Auswertung genutzt werden nur Versuche mit einem Mindestmaß an Differenzierungen. Als statistische Methode für die Auswertung der umfangreichen Daten wird, auch im Zusammenhang mit der starken Unbalanciertheit der Daten und der Kombination verschiedener Prüfmethoden, die Hohenheim-Gülzower- Serienauswertung verwendet. Aktuelle Einschätzung der Winterfestigkeit von Getreidesorten 2016 Seite 3 von 6

4 Dinaro Lombardo Securo Adverdo Sequenz Salto * Callanzo * Grenado Rhenio Agostino KWS Aveo Tulus Barolo SW Talentro Cosinus Silverado Tantris SU Agendus Massimo Tarzan Bosporus* Findus* Julius Apostel* Opal Dichter Patras Discus Alexander RGT Reform Desamo Genius KWS Montana Gustav* Elixer Helmond Manitou* Franz Produzent Mescal Linus Ponticus Rumor LG Alpha* Kerubino KWS Loft Barranco* Partner Boregar Halvar* Spontan Akteur Landsknecht Mozes* Avenir Nordkap* Pionier Axioma Bernstein Alfons Kompass Kashmir* Johnny KWS Magic Bergamo KWS Barny* Potenzial Meister Porthus* Benchmark* Rubisko KWS Maddox* Ergebnisse Winterweizen / * 1. LSV-Jahr ++ sehr hoch 0 mittel -- sehr gering Quelle: Guddat, Michel, Zenk Abbildung 1: Einschätzung der Winterfestigkeit praxisrelevanter sowie neuer Winterweizensorten (Daten ) mit Intervallen für den paarweisen Vergleich (90 %) Wintertriticale * 1. LSV-Jahr ++ = sehr hoch + = hoch 0 = mittel - = gering Quelle: Guddat, Michel, Zenk Abbildung 2: Einschätzung der Winterfestigkeit praxisrelevanter sowie neuer Wintertriticalesorten (Daten ) mit Intervallen für den paarweisen Vergleich (90 %) Seite 4 von 6

5 Kaylin KWS Kosmos Anja KWS Keeper KWS Meridian Loreley KWS Tenor Bella KWS Infinity Lomerit Joker Daisy Captain Matros Quadriga Antonella Titus Wootan Etincel Tamina KWS Glacier California Pharaoo * Galation Trooper SU Ellen Souleyka KWS Joy Wintmalt Sandra KWS Liga Wintergerste /+ 0 0/ * 1. LSV-Jahr + = hoch 0 = mittel - = gering Abbildung 3: Einschätzung der Winterfestigkeit praxisrelevanter sowie neuer Wintergerstesorten (Daten ) mit Intervallen für den paarweisen Vergleich (90 %) Hinweise und Empfehlungen Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Einschätzung auf den Vergleich der Sorten einer Art untereinander abzielt, wozu sich die Abbildungen 1 bis 3 in übersichtlicher Form nutzen lassen. Sie eignen sich jedoch nicht für den Vergleich der Arten untereinander, d.h. Winterweizensorten und Wintergerstesorten mit z.b. hoher Winterfestigkeit setzen nicht das gleiche Niveau voraus. Winterweizen weist eine hohe Differenzierung zwischen den bewerteten Sorten auf. Die Winterfestigkeit reicht von sehr hoch bis sehr niedrig. Dagegen sind die Sortenunterschiede bei Wintertriticale und Wintergerste geringer. Erfreulicherweise sind bei Winterweizen und Wintertriticale viele Sorten den Gruppen mit sehr hoher (++) oder hoher Winterfestigkeit (+) zuzuordnen, so dass ausreichende Möglichkeiten im Hinblick auf die Sortenwahl bestehen. Auch bei Wintergerste gibt es Sorten, die sich mit einer etwas höheren Winterfestigkeit (+ 0/+) vom Durchschnitt abheben. Die Sorten der beiden besten Gruppen bieten generell die größte Sicherheit vor kältebedingten Auswinterungsschäden. Vor allem bei Winterweizen und Wintertriticale sind diese Sorten wenn, dann nur unter extremen Frostbedingungen betroffen. Daher ist es zu empfehlen, solchen Sorten in der Summe auf dem größten Teil der Anbaufläche innerhalb des Betriebes zu platzieren. Vor allem auf auswinterungsgefährdeten Schlägen und bei Frühsaaten mit Winterweizen ist nur auf winterfeste Sorten zurückzugreifen. Ein ebenfalls umfangreicher Teil der Sorten verfügt bei Winterweizen und Wintertriticale über eine mittlere oder geringere (0 0/-) sowie bei Wintergerste über eine mittlere (0) Winterfestigkeit, die im Normalfall den Ansprüchen unter Thüringer Bedingungen genügen. Umbrüche sind hier nur in typischen Auswinterungsjahren, wie 2003 oder 2012, mit extremen Kälteperioden und Kahlfrösten Aktuelle Einschätzung der Winterfestigkeit von Getreidesorten 2016 Seite 5 von 6

6 sowie auf besonders auswinterungsgefährdeten Flächen zu erwarten, wobei das Anbaurisiko bei Sorten mit geringerer Winterfestigkeit zunimmt und unter Umständen auch mit Totalverlusten zu rechnen ist. Beim Anbau dieser Sorten empfiehlt sich deshalb die Ergänzung des betrieblichen Sortenspektrums um Züchtungen mit hoher oder sehr hoher Winterfestigkeit. Winterweizen- und Wintertriticalesorten mit geringer (-) sowie Wintergerstesorten mit geringerer (0/-) Winterfestigkeit reagieren stark auf Kälteperioden und können bereits bei Kahlfrösten von -10 bis -15 C erhebliche Schäden aufweisen. Ihr Anbau lässt sich allerdings begründen, wenn sie besonders wertvolle Eigenschaften besitzen (z.b. bei Winterweizen Fallzahlstabilität, Proteinsicherheit, Stoppelweizeneignung, Frühreife) und winterfestere Sorten nicht in diesem Maße darüber verfügen. Jedoch ist der Anbau nur auf einem begrenzten Teil der betrieblichen Fläche ratsam. Winterweizensorten mit sehr geringer (--) und Wintergerstensorten mit geringer (-) Winterfestigkeit müssen als stark auswinterungsgefährdet beurteilt werden. Sie wurden auch in diesem Jahr in den betroffenen Regionen am stärksten geschädigt. In den kontinental beeinflussten Anbaugebieten besteht deshalb ein begründetes Risiko von Totalausfällen. Der Anbau solcher Sorten sollte sich daher deutlich beschränken und muss sich durch besondere Eigenschaften und Leistungen rechtfertigen lassen. Seite 6 von 6