THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT
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- Jasmin Vogt
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1 THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - 1 VO 987/10 Verwaltungsgericht Weimar - 2. Kammer - 2 K 406/10 We Beschluss In dem Verwaltungsstreitverfahren des Kindes K, S, E vertreten durch die Mutter Frau K bevollmächtigt: Rechtsanwalt Lutz Petrowitz, Johannesstr. 176, Erfurt Klägerin, Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin gegen die F e. V., vertreten durch den Vorstand, D, E bevollmächtigt: Rechtsanwalt Klaus Müller, Michaelisstraße 30, Erfurt Beklagte, Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin wegen Schulrecht, hier: sonstige Beschwerde im Klageverfahren
2 hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan, den Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht Pirk am 30. Juni 2010 beschlossen: Die Beschwerden der Klägerin und der Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 21. Mai K 406/10 We - werden zurückgewiesen. Die Klägerin und die Beklagte haben die Kosten ihres Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen. Gründe I. Die Beklagte, der Trägerverein einer staatlich anerkannten Ersatzschule, hat mit der Mutter der Klägerin am einen Schulvertrag geschlossen, auf den Bezug genommen wird. Diesen kündigte die Beklagte mit Schreiben vom innerhalb der Probezeit und bot der Mutter der Klägerin an, den Schulvertrag befristet bis zum Schuljahresende zu verlängern. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage festzustellen, dass die von der Beklagten erklärte Kündigung des Schulverhältnisses unwirksam ist. Das Verwaltungsgericht Weimar hat sich nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 21. Mai K 406/10 We - für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Erfurt verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, hier liege kein Rechtsstreit im Sinne des 40 VwGO vor. Rechtsgrundlage des Schulverhältnisses zwischen den Beteiligten sei ein privatrechtlich geschlossener Schulvertrag. Für Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien, insbesondere um die Wirksamkeit seiner Kündigung, seien die ordentlichen Gerichte zuständig. Dagegen spreche nicht der Umstand, dass die Beklagte eine anerkannte Ersatzschule sei. Nur 1 VO 987/10 2
3 wenn von ihr über die Aufnahme, Versetzung oder Prüfung von Schülern entschieden werde, werde sie hoheitlich tätig. Dies sei hier aber nicht der Fall. Gegen den der Klägerin am und der Beklagten am zugestellten Beschluss haben die Klägerin am und die Beklagte am Beschwerde erhoben. Sie sind der näher dargelegten Auffassung, bei dem Rechtsstreit handele es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Sie beantragen sinngemäß, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 21. Mai K 406/10 We - aufzuheben. Der Berichterstatter hat die Bevollmächtigten der Beteiligten wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit am fernmündlich angehört. Die Schulakte der Beklagten (eine Heftung) und die Gerichtsakte liegen dem Senat vor und waren Gegenstand der Beratung. Auf diese Unterlagen sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen. II. Die Beschwerden sind zulässig. Sie sind insbesondere statthaft. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar betrifft nicht die sachliche oder örtliche Zuständigkeit, sondern den Rechtsweg. Mithin kommen nicht die Sätze 1 und 2 des 83 VwGO zur Anwendung. Die Statthaftigkeit von Rechtsbehelfen gegen den Beschluss richtet sich vielmehr nach 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit 17a Abs. 4 Satz 3 GVG. Danach ist gegen den Beschluss "die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben". Im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist also die Beschwerde nach 146 ff. VwGO statthaft (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom TJ 1763/06 - zit. nach Juris m. w. N.; Kopp/Schenke, Komm. zur VwGO, 16. Aufl. 41 Rdnr. 28). Die Beschwerden haben in der Sache aber keinen Erfolg. 1 VO 987/10 3
4 Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Beschluss zu Recht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit in den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten verwiesen. Für die Klage, mit dem der Kläger festzustellen begehrt, dass die von der Beklagten am erklärte Kündigung des Schulverhältnisses unwirksam ist, ist der Verwaltungsrechtsweg nicht zulässig. Nach 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlichrechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt hier nicht vor. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen (vgl. 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend sei ausgeführt: Das Rechtsverhältnis zwischen dem Schüler und dem Träger einer Privatschule ist in seiner Grundstruktur stets privatrechtlich ausgestaltet. Der Anspruch auf Verbleib in einer Privatschule richtet sich regelmäßig auf Erfüllung eines Schulvertrages auf der Grundlage des allgemeinen Vertragsrechts und hat mithin privatrechtlichen Charakter; solche Rechte sind als "bürgerliche Rechtsstreitigkeiten" gemäß 13 GVG vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom S 812/91 - zit. nach Juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom S 998/90 - zit. nach Juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom CE 81 A NVwZ 1982, 562; Hessischer VGH, Beschluss vom TJ 1763/06 - zit. nach Juris; Theuersbacher, NVwZ 1999, 838 [843]; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1, Schulrecht, 4. Aufl. Rdnr m. w. N.). Ob die Klägerin ein originäres Recht aus dem Vertrag oder aus einem abgeleiteten Recht aus einem Vertrag zugunsten Dritter geltend macht, ist - anders als die Beklagte meint - unbeachtlich. Die Beteiligten verkennen insoweit im Übrigen auch, dass es hier nicht um das "Ob" der Schulpflicht, sondern die Art und Weise ihrer Erfüllung geht. Dass die Klägerin der Schulpflicht unterliegt, ist unstreitig. Streitig ist vielmehr, ob sie diese Pflicht bei der Beklagten, einem Verein, auf der Grundlage einer vertraglichen Beziehung erfüllen darf. 1 VO 987/10 4
5 Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Streitigkeit öffentlich-rechtlich überlagert wäre, d. h. die Beklagte im Rahmen der von der Klägerin inzident behaupteten Verweigerung der vertraglich geschuldeten Ausbildung hoheitliche Gewalt ausüben oder sich sonst auf öffentlich-rechtliche Vorschriften berufen würde, die zwischen den Beteiligten in Streit stehen. Dies ist aber hier nicht der Fall. Eine derartige öffentlich-rechtliche Überlagerung bewirkt insbesondere nicht der Umstand, dass es sich bei der Beklagten um eine staatlich anerkannte Ersatzschule handelt. Zwar erlangt eine Privatschule mit der staatlichen Anerkennung die Rechtsstellung eines mit öffentlicher Gewalt beliehenen Unternehmers (BVerwG, Urteil vom C BVerwGE 17, 41), so dass im Umfang der Beleihung die zwischen der Privatschule und dem Schüler bestehenden Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Art im Sinne des 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind. Der Umfang der Beleihung bestimmt sich jedoch nach den ihr zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften. Nach der insoweit in Thüringen einschlägigen Regelung des 9 Abs. 2 Satz 1 ThürSchfTG erhält die Ersatzschule mit der Anerkennung das Recht, nach den für die entsprechenden öffentliche Schulen geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen, die die gleichen Berechtigungen verleihen wie die der staatlichen Schulen. Danach bestehen aufgrund der staatlichen Anerkennung zwischen der Ersatzschule und dem Schüler nur im Bereich des Prüfungs- und Zeugniswesens öffentlich-rechtliche Beziehungen. Im Übrigen bleibt es bei der privatrechtlichen Natur des Schulverhältnisses. Dies gilt insbesondere für die Erfüllung, Kündigung oder sonstige Fragen des Bestandes des Schulvertrages. Für eine öffentlich-rechtliche Überlagerung des Rechtsstreits spricht schließlich auch nicht 9 Abs. 2 Satz 3 ThürSchfTG. Danach ist die Ersatzschule verpflichtet, bei der Aufnahme, bei Versetzungen sowie beim Schulwechsel von Schülern die für staatliche Schulen geltenden Regelungen anzuwenden. Unabhängig davon, dass hier keine der im Gesetz angesprochenen Maßnahmen im Streit steht und die Beendigung des Schulverhältnisses vom Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst wird, legt diese Bestimmung im Grundsatz nur der Schule Pflichten im Verhältnis zum Staat auf. Öffentlich-rechtliche Befugnisse gegenüber dem Schüler werden ihr nur nach 9 Abs. 2 Satz 1 ThürSchfTG übertragen. 1 VO 987/10 5
6 Der Begriff der Aufnahme ist aber auch nicht weit - die Beendigung des Schulverhältnisses umfassend - auszulegen, weil 9 Abs. 2 Satz 3 ThürSchfTG nach dem gesetzgeberischen Zweck nur die Aufgabe hat, als Folge der Annäherung an die staatlichen Schulen durch die staatliche Anerkennung Mindeststandards für die konkret bezeichneten Maßnahmen festzulegen (vgl. Landtagsdrucksache 1/2928, S. 13), um dadurch die Durchlässigkeit des Schulsystems in Thüringen zu gewährleisten, nicht aber die gesamte, eigenverantwortliche Schülerauswahl der Privatschulen gesetzlich zu normieren und jede Frage der Begründung und Beendigung des Schulverhältnisses zwischen ihnen und ihren Schülern staatlicher Kontrolle zu unterwerfen (vgl. für eine vergleichbare Vorschrift des bayerischen Rechts ebenso BayVGH, Beschluss vom , a. a. O. 563). In diesem Sinne bezieht sich die gesetzliche Bindung bei der Aufnahme nur auf die allgemeinen (Leistungs-)Bedingungen bei einer Aufnahme in die jeweilige Schulart bzw. Schulform (etwa Aufnahmeprüfungen, Probezeit ). Zwischen den Beteiligten besteht auch in diesem Sinne kein Streit über die Erfüllung oder Nichterfüllung gesetzlich vorgesehener Probezeiten, sondern es geht darum, ob die Beklagte auf der Grundlage der vertraglich in 4 des Schulvertrags vereinbarten Probezeit, die inhaltlich nicht an gesetzliche Leistungsanforderungen anknüpft, das Schulverhältnis beenden durfte. Die Kostenentscheidung folgt für beide Beteiligten aus 154 Abs. 1 VwGO. 17 b Abs. 2 Satz 1 GKG findet nach ständiger Rechtsprechung auf die Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss keine Anwendung (vgl. Kopp/Schenke: Komm. zur VwGO, 16. Aufl. 40 Rdnr. 37 m. w. N.). Die Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ist entbehrlich, da nach Nr des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu 3 Abs. 2 GKG) für jeden Beteiligten eine Festgebühr anfällt. Die weitere Beschwerde gemäß 17a Abs. 4 Satz 4 GVG war nicht zuzulassen. Dieser Bestimmung zufolge steht den Beteiligten die Beschwerde gegen einen Beschluss des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluss zugelassen worden ist. Dies hat zu geschehen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofs des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (vgl. 17a Abs. 4 Satz 5 GVG). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. 1 VO 987/10 6
7 Hinweis: Der Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO). Dr. Schwan Schneider Pirk 1 VO 987/10 7
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