Optimierung von Biomasse- und Abfallverbrennungsanlagen durch Monitoring
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- Simon Bieber
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1 Optimierung von Biomasse- und Abfallverbrennungsanlagen durch Monitoring Michael Beckmann und Slawomir Rostkowski 1 Einleitung Bei der Verbrennung von schwierigen Brennstoffen (z.b. Abfälle, Biomassen) in Rostsystemen sind insbesondere seit Beginn der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine Reihe von Entwicklungen und Verbesserungen im Hinblick auf wesentliche Teilaufgaben wie die Senkung der Abgasströme, den Abbau von Schadstoffen und damit die Reduzierung der Schadstofffrachten, die Verbesserung der Aschequalität, die Steigerung des Gesamtwirkungsgrades sowie die Verminderung von Korrosionen erreicht worden. Dabei ist das Potential der Maßnahmen zur Verbesserung der Prozessführung noch nicht ausgeschöpft. Durch weitere detaillierte Untersuchungen der Prozesse, auch in Verbindung mit der mathematischen Modellierung, werden der Einfluss einzelner Prozessparameter auf die Prozessqualität sowie deren Wechselwirkungen besser erkannt. Um die Erkenntnisse in der Praxis nutzen zu können bedarf es jedoch einer messtechnischen Erfassung relevanter Prozessparameter (Erfassung des Ist-Zustandes), deren Beobachtung und Verarbeitung z.b. in Bilanzen oder zu Kennzahlen, d.h., eines möglichst umfänglichen Monitorings. Die durch Monitoring gewonnenen Daten fließen wiederum in die Prozessuntersuchungen (z.b. zur Validierung und genaueren Anpassung von Modellen) ein, so dass sich die beiden Maßnahmen gegenseitig ergänzen und zusammen eine weitere Optimierung ermöglichen. In dem vorliegenden Beitrag wird zunächst auf den Stand der Technik bei der Erfassung von Betriebsdaten und deren Verwendung in Konzepten zur Feuerungsleistungsregelung eingegangen. Darüber hinaus werden neue Methoden wie z.b. zur Heizwertbestimmung, zur Wärmestromdichtemessung, zur Korrosionsdiagnostik und zur Bilanzierung sowie Ableitung von Kennzahlen erörtert.
2 Seite 2 2 Beschreibung des Anlagen-Ist-Zustandes Die Kenntnis des Anlagen-Ist-Zustandes stellt für die Optimierung eine wichtige Grundlage dar. Der Anlagen-Ist-Zustand wird dabei von konstruktiven Parametern Anlagentechnik und von betrieblichen Parametern charakterisiert. Für die Verfügbarkeit der Betriebsparameter und damit für die Beschreibung des Anlagen- Ist-Zustandes ist es von Bedeutung, ob die Betriebsparameter unmittelbar als Betriebsmesswerte erfasst werden, oder ob hierfür zusätzliche Berechnungen und Messungen erforderlich sind. Klassische Betriebsmesswerte, die für die Regelung der Anlage, für den Nachweis der Einhaltung von Grenzwerten, für sicherheitstechnische Belange usw. wichtige Bedeutung haben, sind z.b. der O 2 -Gehalt des Abgases, der Massenstrom des produzierten Frischdampfes und die abgegebene elektrische Leistung (Abb. 1). Diese Messwerte können ohne weiteres erfasst und während des Anlagenbetriebes zeitnah dargestellt werden. Klassische Betriebsmesswerte lassen zum tatsächlichen Betriebszustand der Gesamtanlage insbesondere zu den Prozessbedingungen im Dampferzeuger (Feststoffumsatz, Energiefreisetzung, Korrosion, Belagsbildung) allerdings nur begrenzt Aussagen zu. Weitere Betriebsparameter wie z.b. der Kesselwirkungsgrad, der Anlagenwirkungsgrad, der Massenstrom und der Heizwert des aktuell auf dem Rost verbrennenden Abfalls können nicht unmittelbar gemessen werden, lassen sich aber
3 Seite 3 Abb. 1: Beschreibung des Anlagen-Ist-Zustandes durch Betriebsparameter als Vorausssetzung für die weitere Optimierung aus den Betriebsmesswerten rechnerisch ermitteln. Entsprechende Berechnungsvorschriften auf der Basis von Massen- und Energiebilanzen oder aber auch empirischen Ansätzen sind in die verschiedenen Konzepte der Feuerungsleistungsregelung (z.b. [8], [10]) eingeflossen. Im Hinblick auf eine zeitnahe Gesamtbilanzierung der Anlage wurde ein so genanntes Online-Bilanzierungsprogramm entwickelt. Bei der Online-Bilanzierung wird das Gesamtverfahren in Verfahrensabschnitte und -bausteine aufgeteilt, an den einzelnen Teilbilanzräumen alle ein- und austretenden Ströme sowie die jeweiligen Messwerte angetragen und auf Grundlage der an den verschiedenen Teilbilanzräumen verfügbaren Werte die unbekannten Werte bilanziert (z.b. [1], [2], [9]). Feuerungsleistungsregelung und Online-Bilanzierung werden beide nachfolgend noch näher dargestellt. Die Korrosion und Belagsbildung im Dampferzeuger von Abfallverbrennungsanlagen kann nur mit Hilfe zusätzlicher Messungen neben den Betriebsmessungen, siehe Abb. 1 beurteilt werden. Während des Betriebes können z.b. Untersuchungen zu den Asche-Salz-Proportionen (ASP) in den Flugstäuben im Rohgas durchgeführt werden. Erste Aussagen zum Korrosionsverhalten sind auch mit Hilfe von
4 Seite 4 Untersuchungen der Beläge im Kessel möglich [5], [13]. Darüber hinaus liefert die Wärmestromdichtemessung wertvolle Informationen zum Korrosionsverhalten [12] aber auch zu dem Brennstoff und der Feuerung selbst (Heizwertschwankung, Schieflagen, Strömungszustand im Feuerraum). Auf die v.g. Methoden zur Korrosionsdiagnostik (ASP) und zur Wärmestromdichtemessung wird ebenfalls in dem vorliegenden Beitrag anhand von Beispielen eingegangen und deren Potenzial zur Optimierung aufgezeigt. 3 Nutzung der Betriebsmesswerte in der Feuerungsregelung Bei der Biomasse- und Abfallverbrennung führen Schwankungen von chemischen und physikalischen Brennstoffeigenschaften zu einem ungleichmäßigen Verlauf des Verbrennungsprozesses. Um eine gleichmäßige und optimale Verbrennung zu gewährleisten, muss die Prozessführung durch ein Regelungssystem an die aktuelle Brennstoffsituation angepasst werden. In das Regelungssystem fließen Messwerte ein, die eine Information über den Ist-Zustand liefern. In einem in [8] vorgestellten, konventionellen Regelungssystem für Abfallverbrennungsanlagen (Rostsystem) sind das der Frischdampfmassestrom, der Sauerstoffgehalt im Abgas und die Feuerraumtemperatur, die als ein Mittelwert mehrerer Temperaturmessungen ermittelt wird. Die erfassten Messwerte werden durch das Regelungssystem mit entsprechenden Sollwerten verglichen. Bei Abweichungen werden Eingriffe in den Verbrennungsprozess vorgenommen. Dies wird durch Regelung der Beschickung und des Rostantriebes (Beeinflussung der Brennstoffzufuhr und der Rostschürrung), programmierte Zuführung der Primärluft und der Sekundärluft realisiert. Die Feuerraumtemperatur wird durch Anpassung des O 2 -Sollwertes konstant gehalten.
5 Seite 5 Abb. 2: Funktionsschema konventioneller Feuerungsregelung O 2 -geführt; Quelle: [8] Als eine weitere Entwicklung wird in [8] und [10] ein Konzept einer kamerageführten Feuerungsregelung beschrieben. Mit einer an der Kesseldecke vertikal eingebauten IR-Kamera wird die Temperaturverteilung der Brennbettoberfläche bestimmt. Nach einer Aufbereitung in einem Bildverarbeitungssystem wird das Signal einem Rechner zugeführt. Als Ausgangsdaten stehen die Mittelwerte der Temperaturen über den einzelnen Primärluftzonen und über jeder Rostbahn, sowie die Lage der Hauptbrennzone. Zusätzlich ist in das System eine visuelle Kamera am unteren Ende des Feuerraums zur Überwachung der Brennbetthöhe integriert. Die Optimierung des Verbrennungsprozesses wird erreicht, indem die Brennbettoberflächentemperaturen in einzelnen Primärluftzonen und die gewünschte Lage der Hauptbrennzone eingestellt werden, wobei die Messgrößen Sauerstoffgehalt im Abgas, Frischdampfmenge und Feuerraumtemperatur als begrenzende Parameter vorgeschaltet sind.
6 Seite 6 Abb. 3: Kamerageführte Feuerungsregelung, Quelle: Fa. Martin GmbH Die Auswirkung der IR-Kameraregelung auf die Schwankungen des Dampfmassestromes ist in Abb. 4 verdeutlicht. Die durchschnittliche Standardabweichung von dem Sollwert bei Betrieb mit IR-Kameraregelung ist um ca. Abb. 4: Standardabweichung des Dampfmassestromes von dem Sollwert ohne und mit IR- Kameraregelung, Quelle: Fa. Martin GmbH
7 Seite 7 22 Prozent niedriger (1,06 gegenüber 1,37) im Vergleich zum Betrieb ohne die IR- Kameraregelung. Abgesehen von der Beruhigung des Verbrennungsprozesses kann damit, abhängig von den technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Anlage, der Last Sollwert angehoben werden, was einen entsprechenden wirtschaftlichen Vorteil generiert. 4 Berechnung von Betriebsparametern mit Online- Bilanzierungsprogrammen Für die betriebstechnische Überwachung des Anlagen-Ist-Zustandes steht in Abfallverbrennungsanlagen eine Vielzahl von Messwerten online zur Verfügung (Emissionswerte, Dampfparameter, elektrische Leistungen usw.). Wesentliche Betriebsparameter für die Optimierung wie z. B. der Massenstrom und Heizwert des aktuell auf dem Rost verbrennenden Abfalls, Wirkungsgrade des Kessels und der Gesamtanlage, spezifische Verbräuche von Betriebshilfsstoffen können allerdings nicht unmittelbar gemessen werden, sondern sind rechnerisch ebenfalls online durch Bilanzen zu bestimmen. Bei Biomasse- und Abfallverbrennungsanlagen wird die detaillierte und zeitnahe Bilanzierung dadurch erschwert, dass für eine geschlossene Bilanzierung teilweise Messwerte fehlen, dass in den einzelnen Anlagenabschnitten unterschiedliche Verweilzeiten auftreten und dass der Anlagenbetrieb ständigen Schwankungen unterworfen ist, bedingt durch die inhomogenen und zunehmend wechselhaften Eigenschaften der eingesetzten Biomasse und der Abfälle. Bezüglich der Einzelheiten von Online-Bilanzierungsprogrammen sei auf [1], [2] und [9] verwiesen. Im Folgenden wird beispielhaft auf die Ermittlung des aktuellen Brennstoffmassenstromes und des zugehörigen Heizwertes, mit Hilfe des in [1] und [2] beschriebenen Online-Bilanzierungsprogrammes eingegangen. 4.1 Ermittlung des aktuellen Brennstoffmassenstromes In Biomasse- und Abfallverbrennungsanlagen wird der Brennstoff mittels eines Greifers über einen Trichter aufgegeben. Der Trichter muss den luftdichten Abschluss des Kessels zum Bunker gewährleisten und weist deshalb einen hohen Füllstand auf. Da die Verweilzeit des Brennstoffes in dem Trichter entsprechend
8 Seite 8 lang 1 und in Abhängigkeit von der Zuteilung des Brennstoffes auf den Rost nicht konstant ist, kann aus der aufgegebenen Brennstoffmenge nicht unmittelbar der zu einem bestimmten Zeitpunkt verbrennende Brennstoff ermittelt werden. In der Praxis wird deshalb ein mittlerer Brennstoffmassenstrom bestimmt. Hierbei werden die Einzelwerte der Kranwaagen-Messungen kg Abfall pro Brennstoffaufgabe mit der Anzahl der Brennstoffaufgaben pro Stunde multipliziert. Da pro Stunde nur eine geringe Anzahl von Aufgaben erforderlich ist etwa 3 bis 5 in Abhängigkeit von Anlagendurchsatz und Inhalt des Greifers muss für die Mittelwertbildung ein entsprechend großer Zeitraum gewählt werden z.b. zwei bis vier Stunden (siehe z.b. in [15]). Einen aktuellen Wert für den momentanen Abfallmassenstrom erhält man, wenn der Abfallmassenstrom aus den Betriebsmesswerten über eine Massen- und Stoffbilanz ermittelt wird. Voraussetzung für diese in [1] ausführlich dargestellte Vorgehensweise ist, dass alle neben dem Abfall in Feuerung und Kessel eintretenden Ströme die in das Abgas übergehen Zusatzbrennstoff, Dampf, Sickerwasser, Klärschlamm usw. ermittelt werden können und der Anteil Inertstoff im Abfall vorgegeben wird. Abb. 5 zeigt beispielhaft über einen Zeitraum von 4 Stunden den in dem MHKW Kassel [14] bilanzierten Abfallmassenstrom und im Vergleich dazu den aus den Messwerten der Kranwaage bestimmten Abfallmassenstrom. Der aus den Kranwaagen-Messwerten bestimmte Abfallmassenstrom liegt in der Leittechnik des MHKW Kassel als Betriebsmesswert vor. 1 In [15] wird der Zeitraum von der Brennstoffaufgabe bis zur Hauptverbrennungszone mit 1 bis 1,5 Stunden angegeben.
9 Seite 9 Abb. 5: Abfallmassenstrom über der Zeit aus der Online-Bilanzierung und aus den Kranwaagen-Messwerten als 1-h-Mittelwert Der aus der Bilanz ermittelte Abfallmassenstrom und der als 1-Stunden-Mittelwert aus den Kranwaagen-Messwerten ermittelte Abfallmassenstrom stimmen für einen genügend großen Zeitraum annähernd überein. Je größer der betrachtete Zeitraum ist, desto geringer wird die verbleibende Differenz beider Massenströme. Ursachen für solche Abweichungen in den untersuchten Fällen 2 bis 5 Prozent sind z.b. Messwertabweichungen, vom Ist-Zustand abweichende Vorgabe des Inertstoffanteils des Abfalls oder auch Unregelmäßigkeiten bei der 1h-Mittelwertbildung, z.b. wenn über einen längeren Zeitraum keine Aufgabe erfolgt und dann in kurzer Zeit sehr viel Abfall aufgegeben wird. 4.2 Ermittlung des aktuellen Heizwertes Der Heizwert des Brennstoffs ist eine von anderen Betriebsparametern unabhängige Größe, die im laufenden Betrieb nicht beeinflusst werden kann (abgesehen vom Abfall- und Bunker-Management), im Vergleich z.b. zu dem Massenstrom oder der zugeführten Primär- und Sekundärluftmenge. Im Gegensatz zu konventionellen Kraftwerken die mit Erdgas, Heizöl oder Kohle betrieben werden, ist bei Biomasseund besonders bei Abfallverbrennungsanlagen der Heizwert des zugeführten Brennstoffes zeitlich m.u. sehr schwankend. Für die Einstellung zentraler Stellgrößen der Feuerungsleistungsregelung wie Hubweg und Geschwindigkeit des Stößels bei der Beschickung, Klappenstellung der Luftzuführungen, Bewegung des Rostes usw.
10 Seite 10 stellt der Heizwert eine wesentliche Einflussgröße dar. Ist der Heizwert als aktueller Wert nicht bekannt, so müssen in der Feuerrungsleistungsregelung Messgrößen, die auf den Heizwert des Brennstoffs schließen lassen (O 2 -Gehalt des Abgases, Feuerraumtemperatur, erzeugter Massenstrom Dampf usw.) verwendet werden. In der betrieblichen Praxis von Abfallverbrennungsanlagen wird oft ein durchschnittlicher Abfallheizwert über den aus den Kranwaagen-Messungen ermittelten (siehe Abschnitt 4.1) durchschnittlichen Abfallmassenstrom, der aktuellen Frischdampfmenge und weiteren Werten wie z.b. der gemessenen Abgastemperatur nach dem Kessel und der zugeführten Primärluftmenge ermittelt. Bei dieser Vorgehensweise werden Werte mit unterschiedlichem zeitlichem Bezug miteinander verrechnet, weshalb insbesondere bei schwankenden Betriebszuständen keine genauen Aussagen zum aktuellen Abfallheizwert gemacht werden können. Eine detaillierte und zeitnahe Ermittlung des Abfallheizwertes im praktischen Betrieb ist auf zwei Weisen möglich: 1. Durchführung einer Energiebilanz für die Ermittlung des Abfallenthalpiestromes als Produkt von Abfallmassenstrom und Abfallheizwert, sowie einer Massen- und Stoffbilanz für die Ermittlung des Abfallmassenstromes (siehe Abschnitt zuvor) und Berechnung des Heizwertes als Quotient aus Enthalpie und Massenstrom aus der Online-Bilanzierung. 2. Durchführung einer Massen- und Stoffbilanz für die Ermittlung der Abfallzusammensetzung und Anwendung einer geeigneten, empirischen Näherungsgleichung für die Ermittlung des Abfallheizwertes auf Grundlage der Zusammensetzung [4]. Abb. 6 zeigt beispielhaft über einen Zeitraum von 4 Stunden die so in dem MHKW Kassel [14] ermittelten Abfallheizwerte (h u,1 und h u,2 ) und im Vergleich dazu, den wie oben beschrieben, über eine Energiebilanz und mit dem Abfallmassenstrom als 1- Stunden-Mittelwert aus der Kranwaagen-Messung berechneten Abfallheizwert (h u,3 ).
11 Seite 11 Abb. 6: Gegenüberstellung verschiedener Ansätze für die Heizwertermittlung Bei den dargestellten Berechnungsansätzen 1 und 2 ist zu beachten, dass mit der Bilanzierung der Heizwert des aktuell auf dem Rost verbrennenden Abfalls ermittelt wird. Will man den mittleren Heizwert des Abfalls über einen bestimmten Zeitraum darstellen, der annähernd der Verweilzeit des Abfalls auf dem Rost etwa 0,5 bis 1 Stunde entspricht, so ist aus den aktuellen Werten ein zugehöriger Mittelwert zu bilden. Wie bei der Bilanzierung des Abfallmassenstromes auch wird die Abweichung beider Heizwerte umso geringer, desto länger die hierfür gewählten Betrachtungszeiträume sind. Betrachtet man den Verlauf des aktuellen Heizwertes bei Abfallverbrennungsanlagen, so fällt die große Schwankungsbreite auf (zwischen 5 MJ/kg und 20 MJ/kg innerhalb weniger Minuten, vgl. Abb. 6 und [6]). Ein Nachweis, dass diese Schwankungen realistisch sind, lässt sich z.b. durch Messungen der Wärmestromdichte an den Membranwänden im Feuerraum, insbesondere in der Hauptverbrennungszone, erbringen. Auf die Wärmestromdichtemessung wird weiter unten noch getrennt eingegangen. Abb. 7 zeigt für die Ofenlinie 3 der AVA Augsburg die Anordnung der Messstellen 301 und 310. Diese Messstellen befinden sich etwa 2,25 m oberhalb des Rostes,
12 Seite 12 wobei aus Sicht der Bewegung des Brennstoffbettes die Messstelle 310 eher vorn und die Messstelle 301 eher hinten angeordnet ist. Abb. 7: Anordnung der Messstellen 301 und 310 für die Messung von Wärmestromdichten an den Membranverdampferwänden des Kessels in der AVA Augsburg, Ofenlinie 3 Abb. 8: Gegenüberstellung des bilanzierten Abfallheizwertes und der gemessenen Wärmestromdichten
13 Seite 13 Für die Darstellung des Zusammenhanges zwischen bilanziertem Abfallheizwert und dem gemessenen auf die Kesselwände übertragenen Wärmestrom wurde ein Zeitraum von fünf Stunden gewählt, indem bedingt durch starke Änderungen des Heizwertes größere Schwankungen in der produzierten Nutzwärmeleistung auftraten (Abb. 8). Abb. 8 zeigt den Verlauf von bilanziertem Abfallheizwert und den gemessenen Wärmestromdichten. Der Verlauf beider Wärmeströme entspricht dabei dem Verlauf des Abfallheizwertes. Erwartungsgemäß werden die Schwankungen des aktuellen Heizwertes durch die Messstelle 310 sehr viel deutlicher wiedergegeben als durch die Messstelle 301, da sich die Messstelle 310 näher an der Hauptverbrennungszone befindet. Aufgrund der Wärmespeichereffekte der heißen Wände des Feuerraums und des Brennstoffbettes tritt an der Messstelle 301 ein gegenüber den Heizwertschwankungen entsprechend geglättetes Signal auf. Dies weist darauf hin, dass mit Hilfe von Messungen der Wärmeströme durch die Kesselwände auch gezielte Untersuchungen von Teilbilanzräumen bzw. einzelner (Rost-) Zonen möglich sind, z.b. indem die zeitliche Änderung lokaler Wärmeströme mit der Änderung der Energiefreisetzung im Ofenraum in Verbindung gebracht wird. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine detaillierte und zeitnahe Bilanzierung des Abfallheizwertes zu Ergebnissen führt, die wesentlich besser für die Beschreibung der jeweils aktuellen Anlagen-Ist-Zustände geeignet erscheinen, als die derzeit hierzu verfügbaren Werte aus Betriebsdatenerfassungssystemen. Der bilanzierte Abfallmassenstrom und der bilanzierte Abfallheizwert sind somit Werte, die z.b. auch für eine vorausschauende Regelung des Dampferzeugers geeignet sind. 5 Ermittlung des Verschmutzungsgrades der Überhitzerheizflächen In [9] wird über ein System berichtet, in dem eine Gewichtsmessung in Verbindung mit einer Online-Bilanzierungsrechnung zur Ermittlung des Verschmutzungsgrades einzelner Überhitzerheizflächen angewendet wird.
14 Seite 14 Die durch Verschmutzung verursachte Gewichtszunahme der Wärmetauscherheizflächen wird mittels mehrdimensionaler Dehnungsmessstreifen an den Aufhängungen gemessen. Wenn mehrere Überhitzerpakete gemeinsam angehängt sind, wird die Summe der Gewichtsänderungen über alle Heizflächen erfasst. Zur Differenzierung zwischen den einzelnen Überhitzerheizflächen werden Ergebnisse einer Online-Bilanzierungsrechnung einbezogen. Für die Berechnung werden aktuelle Prozessdaten aus dem Wasser- / Dampfkreislauf und dem Abgasstrom genutzt. Die Online-Bilanzierungssoftware berechnet in Echtzeit die Wärmedurchgangszahl einzelner Überhitzerheizflächen, die zur Bestimmung des Verschmutzungsgrades dient. Mit den Informationen aus der Gewichtsmessung und der wärmetechnischen Bilanzierung kann der Dampferzeuger in Zonen unterteilt werden. Je nach dem Verschmutzungszustand der jeweiligen Zonen, erfolgt die Ansteuerung der Reinigungsgeräte (Abb. 9). Dies erlaubt eine selektive und bedarfsgerechte Abreinigung der Abb. 9: Aufteilung der Heizflächen zur selektiven Analyse und Reinigung Heizflächen, was zur Steigerung der Dampferzeugereffizienz führt [9]. Der Verschmutzungszustand der Membranwände kann an ausgewählten Stellen mit Hilfe der Wärmestromdichtemessung bestimmt werden, worauf im nächsten Abschnitt noch eingegangen wird. 6 Einschätzung des Korrosionspotentials Die Untersuchung von Korrosionsschäden, d.h., die Ursachenfindung hatte lange Zeit nur eine rein vergangenheitsbezogene Blickrichtung. Das ist auch bei gutachterlichen Fragestellungen heute noch der Fall und liefert beständig weitere Erkenntnisse. Je nach Schadensausmaß und Schadenszeitpunkt und der daran
15 Seite 15 geknüpften betriebswirtschaftlichen Belastung, werden mehr oder weniger umfangreiche Untersuchungen ausgelöst. Neben den Beweis sichernden Maßnahmen am Schadensort bei Anlagenstillstand und der Auswertung von betrieblichen Aufzeichnungen können während des Betriebes auch Messfahrten für die Ursachenfindung herangezogen werden. Bei diesen Messfahrten werden zusätzliche sensorische Hilfsmittel eingesetzt (ASP, Belagssonde, Belagsmonitor und Wärmestromsensor) - die korrosionsspezifische Aussagen zu den energetischen und stofflichen Zuständen im Abgas, während des Betriebes, ermöglichen. Diese zusätzlichen Hilfsmittel beziehen sich auf den Aggregats- und Spezieszustand und die Korngrößenmerkmale von festen bzw. flüssigen Salzen im Abgas, oder auf die Spezies und Korngrößenmerkmale von im Abgas sich weitgehend inert verhaltenden Stoffen, wie Silikate, Oxide, Carbonate, Gläser, Metalle etc. Diese damit während einer Messfahrt erfassbaren korrosionsrelevanten Merkmale des Abgases im Dampferzeuger in Abhängigkeit von gezielt eingestellten Eigenschaften des Brennstoffs und/oder der Feuerung sind in vielen Fällen signifikant für die Eingrenzung und Sichtbarmachung von Schadensursachen [12]. Dazu stehen unter anderem die folgenden Verfahren zur Verfügung: ASP Die isokinetische Beprobung der Abgaspartikel am Kesselende (Verfahrenskürzel: ASP, Asche-Salz-Proportionen) erzeugt ein Abbild der im Abgaspfad transportierten Frachten von festen und desublimierbaren Stoffen, sowie deren Proportionen untereinander in Abhängigkeit der Wechselwirkung Brennstoff-Feuerung. Diese Informationen lassen sich im ASP-Diagramm klassieren und sind relevant für Bewertungen des Korrosionspotentials der Wärmetauscherflächen und der Kesselverschmutzung (z.b. [11]). Belagssonde und Belagsmonitor Mit Hilfe der Belagssonde und des Belagsmonitors ist es möglich die Belagsbildungsprozesse abzubilden. Dazu wird die Sonde für einen frei wählbaren Betriebszustand (Stunden bis Tage) von außen temporär in den Kessel eingeführt. Im Unterschied zur Belagssonde mit einer maximalen Anwendungstemperatur von 700 C eignen sich Belagsmonitore auch für den Strahlungsteil des Kessels. Die
16 Seite 16 Informationen zu den chemisch-mineralischen Milieuparametern des auf dem Monitor gebildeten Belags werden mit ortsaufgelösten Analyseverfahren ermittelt. Thermoelemente und Wärmestromsensoren im unmittelbaren Umfeld bestimmen das Temperaturmilieu. Weitere Sensoren können sich auf den Anteil von bestimmten Gasspezies an verschiedenen Positionen im Dampferzeuger beziehen, z. B. Sauerstoff, Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid, Schwefeltrioxid, oder auf die Wärmestromdichte, d. h. auf die auf das Medium in den Rohren übertragene Wärmemenge. Wärmestromsensor Die Entwicklung einer Messtechnik zur Bestimmung der Wärmestromdichte auf den Membranwänden war Gegenstand eines durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt geförderten Forschungsprojektes [7]. Mit dem Wärmestromsensor können die feuerungsseitig in die Membranwand eingebrachten Wärmestromdichten ermittelt werden. Anhand der Wärmestromdichte auf die Membranwände können beispielsweise: lokale Belagszustände auf den Membranwänden, die Lage der Hauptverbrennungszone auf dem Rost oder Wirbelschicht usw. und der Zustand der Feuerfestzustellung bewertet werden. Die Bestimmung der Wärmestromdichte erfolgt über die Messung der Temperaturdifferenz zwischen dem feuerraumabgewandten Steg und dem Scheitel der Membranwand. Anhand eines mathematischen Modells kann aus der gemessenen Temperaturdifferenz eine Wärmestromdichte berechnet werden. Ein weiteres Hilfsmittel ist die Online-Bilanzierung, wobei mit Hilfe dieser der Anlagen-Ist-Zustand, hinsichtlich aller in die Anlage ein- und aus der Anlage ausgehenden Massen- und Energieströme, ermittelt werden kann und somit zeitnahe Aussagen zur Betriebscharakteristik möglich ist (siehe Abschnitt 4). Bei der Beurteilung des Belagsbildungs- und Korrosionspotential von alternativen Brennstoffen (Abfälle, Ersatzbrennstoffe, Biomassen) versucht man auch, von Schadstoffgehalten auszugehen. Aus bisherigen Erfahrungen werden die Weichen jedoch nicht allein durch die Brennstofffracht, sondern auch wesentlich durch den
17 Seite 17 Verbrennungsvorgang und die Prozesse der Belagsbildung auf den Wärmetauscherflächen gestellt. D. h. die sich bei dem Verbrennungsvorgang bildenden stofflichen Bindungen und die Proportionen an potentiellen Reaktionspartnern im Brennstoff müssen mehr Berücksichtigung finden. Brennstoffanalysen im Labor sind dafür nicht ausreichend. Eine derzeit in der Entwicklung begriffene Methode der Diagnose am Brennstoff stellen Erkundungsverbrennungen in Versuchsanlagen dar, in denen realitätsnahe Prozessbedingungen eingestellt und z.b. durch ASP-Untersuchungen erste Abschätzungen des Korrosionsverhaltens (eines Brennstoffes unter bestimmten Prozessbedingungen) vorgenommen werden können (z.b. [11]). Die Methoden zur Untersuchung und Beurteilung des Korrosionsverhaltens können wie folgt unterschieden werden (Abb. 10): Diagnose am Brennstoff, Diagnose im Betrieb und Diagnose durch stetige Begleitung bei Stillständen. Obwohl in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte bei der Aufklärung von Korrosionsmechanismen erreicht wurden, beteht bei allen drei Methoden noch ein erhebliches Entwicklungspotenzial, was weiter durch gezielte wissenschaftliche Untersuchungen in Labor-, Technikums- und Praxisanlagen ausgeschöpft werden muss.
18 Seite 18 Abb. 10: Möglichkeiten der Diagnose zum Belagsbildungs- und Korrosionspotential [3] 7 Zusammenfassung Bei Verbrennungsprozessen schwieriger Brennstoffe (Biomasse, Abfälle, Ersatzbrennstoffe) sind sowohl in der Erforschung von Schadstoffbildungs- und Abbaumechanismen, von Korrosionsmechanismen, der Mathematischen Modellierung, Werkstoffentwicklung usw. als auch in der Umsetzung bei konstruktiven Maßnahmen und in der Prozessführung erhebliche Fortschritte erreicht worden. Das Wissen um die Wirkungsweise von Einflussgrößen auf z.b. die NO-Bildung oder auf die Bildung von Belägen und die daraus resultierende Korrosion allein reicht jedoch nicht aus. Wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung neuer Erkenntnisse in die Praxis ist die Erfassung von relevanten Messgrößen im Prozess. Erst die Darstellung des Ist-Zustandes ermöglicht eine klare Entscheidung über
19 Seite 19 Optimierungsmaßnahmen. In dem vorliegenden Beitrag werden ausgehend von den derzeit in der Praxis verfügbaren Konzepten der Feuerungsleistungsregelung erweiterte Methoden zum Monitoring vorgestellt. Dazu gehört z.b. die Online- Bilanzierung, die auf vorhandene Betriebsmesswerte zurückgreift und über die Bilanzierung des Ist-Zustandes hinaus die Ermittlung des aktuellen Massenstromes und Heizwertes des Brennstoffes ermöglicht. Weiter werden verschiedene Methoden der Korrosionsdiagnostik (Diagnose bei Stillstand, Diagnose im Betrieb, Diagnose am Brennstoff) erörtert. Dabei wird u.a. auf die Verfahren/Sensorik ASP, Belagssonde und Belagsmonitor und Wärmestromsensor eingegangen. Die Anwendung erweiterter Monitoringverfahren lässt weitere Verbesserungen bei Verbrennungsanlagen schwieriger Brennstoffe insbesondere im Hinblick auf die Vergleichmäßigung des Verbrennungsablaufes, die Energieeffizienz, den spezifischen Schadstoffaustoß, das Korrosionsverhalten und damit insgesamt auf die Wirtschaftlichkeit erwarten.
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