Aktuelle Entscheidungen
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- Timo Jaeger
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1 IP Ticker 3/2013
2 Aktuelle Entscheidungen Kabelschloss: Wirkung der erfindungsgemäßen Ausgestaltung auf Abnehmer kann Höhe des Verletzergewinns beeinflussen Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat in einer aktuellen Entscheidung hervorgehoben, dass bei der Bestimmung des herauszugebenden Anteils des Verletzergewinns, der durch die Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre vermittelt worden ist, regelmäßig auch zu berücksichtigen sei, ob und inwieweit die erfindungsgemäße Ausgestaltung oder die damit unmittelbar oder mittelbar verbundenen technischen oder wirtschaftlichen Vorteile für die Abnehmer des Patentverletzers erkennbar waren oder ihnen gegenüber werblich herausgestellt wurden. Ein solcher Umstand lasse Rückschlüsse darauf zu, inwieweit die Marktchancen des vom Verletzer vertriebenen Produkts gerade durch die erfindungsgemäße Ausgestaltung des Erzeugnisses und die hierdurch vermittelten technischen und wirtschaftlichen Vorteile beeinflusst worden seien (Beschluss vom X ZR 130/12 Kabelschloss). Mit dieser Entscheidung bestätigt der BGH seine bereits in der Entscheidung Flaschenträger aufgestellten Grundsätze. Für die Frage, welcher Anteil des Verletzergewinns bei einer Patentverletzung herauszugeben sei, ist danach wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den durch die Benutzung der Erfindung vermittelten technischen Eigenschaften des Produkts oder anderen für die Kaufentscheidung der Abnehmer erheblichen Faktoren (z. B. Formgestaltung des Produkts, Hersteller oder verwendete Marke und damit verbundene Qualitätserwartungen, Preis) beruht. Drospirenon: Beschränkung des Patents im Rechtsbestandsverfahren muss bei Schutzbereichsbestimmung beachtet werden Der erteilte Patentanspruch war ursprünglich allgemein auf die Zugabe einer Säure oder Lewissäure gerichtet; erst im Einspruchsbeschwerdeverfahren wurde das Verfügungspatent auf p-tsa beschränkt. Das von der Patentinhaberin angegriffene Herstellungsverfahren ein Gemisch aus Pyridin und Wasser als Katalysator. Das OLG hat eine Äquivalenzverletzung verneint. Bereits der erteilte Patentanspruch habe sich auf eine ganz bestimmte Stoffklasse, nämlich auf Säuren festgelegt, sodass eine Erstreckung des Schutzbereichs auf basische Abspaltungsmittel ausscheiden müsse. Von einer Gleichwertigkeit des Austauschmittels könne nicht mehr ausgegangen werden, wenn der Fachmann mit seiner Benutzung das Gegenteil von dem unternehme, was ihn der Patentanspruch nun einmal lehre. Verlange das Patent z. B. eine symmetrische Ausgestaltung, sei eine asymmetrische Ausbildung nicht gleichwertig, selbst wenn der Fachmann keinen rechten Sinn in der Forderung erkennen könne, die Anordnung symmetrisch zu treffen. Die Begrenzung des Patents im Rechtsbestandsverfahren auf p-tsa führe sogar dazu, dass auch alle anderen Säuren außer p-tsa aus dem Schutzbereich ausgeschlossen werden müssten, denn es habe jede Auslegung zu unterbleiben, die dazu führe, dass das Patent auf solche Lösungsvarianten erstreckt wird, die im Rechtsbestandsverfahren aus dem Patentanspruch entfernt worden sind. Diese Beschränkung sei vom Verletzungsgericht hinzunehmen und dürfe durch Schutzbereichserwägungen nicht wieder rückgängig gemacht werden (Urteil vom I-2 U 23/13 Drospirenon). Das OLG Düsseldorf schreibt mit dieser Entscheidung die restriktive Linie des BGH zur äquivalenten Patentverletzung fort. Es dürfte zukünftig nur selten gelingen, die drei hierfür bestehenden Erfordernisse (Gleichwirkung, Naheliegen, Gleichwertigkeit) erfolgreich darzulegen. In einer aktuellen Entscheidung hat das OLG Düsseldorf wichtige Hinweise zur Frage der Gleichwertigkeit des Austauschmittels bei der Äquivalenzprüfung gegeben. In dem Verfahren ging es um ein patentgeschütztes Verfahren zur Herstellung des Wirkstoffs Drospirenon, das zur Wasserabspaltung die im Anspruch genannte p-toluolsulfonsäure (p-tsa) einsetzte. 2
3 Geburtstagszug: Keine höhere Schutzuntergrenze für Werke der angewandten Kunst Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom entschieden, dass an den Urheberrechtschutz von Werken der angewandten Kunst im Grundsatz keine höheren Anforderungen zu stellen sind als an den von Werken der zweckfreien Kunst. Damit hat der BGH seine jahrzehntelange frühere Rechtsprechung aufgegeben, wonach höhere Anforderungen an die Gestaltungshöhe von Werken der angewandten Kunst, die einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, zu stellen seien, nämlich ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung. Durch die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahr 2004 sei mit dem Geschmacksmusterrecht ein eigenständiges gewerbliches Schutzrecht geschaffen und der enge Bezug zum Urheberrecht beseitigt worden. Folglich rechtfertige der Umstand, dass eine Gestaltung dem Geschmacksmusterschutz zugänglich ist, es nicht, ihr den Urheberrechtsschutz zu versagen oder von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen. Es genüge daher, dass Werke der angewandten Kunst eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer künstlerischen Leistung zu sprechen (Urteil vom I ZR 143/12 Geburtstagszug). Produktgestaltungen, die nicht durch ein Geschmacksmuster geschützt sind oder deren Geschmacksmusterschutz mit einer maximalen Schutzdauer von 25 Jahren bereits abgelaufen ist. Durch die Absenkung der Schutzhöhe für Werke der angewandten Kunst kommt in solchen Fällen bei einem Vorgehen gegen Produktnachahmungen zukünftig nicht nur ein Rückgriff auf den ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutz in Betracht, sondern es ist im Einzelfall auch zu prüfen, ob das konkrete Produktdesign als künstlerische Leistung zu qualifizieren und damit einem Urheberrechtsschutz mit einer Schutzdauer von 70 Jahren nach Tod des Urhebers zugänglich ist. Auch wenn bislang lediglich eine Pressemitteilung des BGH zu seiner Entscheidung vom veröffentlicht wurde, ist bereits jetzt abzusehen, dass diese erhebliche Bedeutung für die Praxis haben wird. Dies gilt insbesondere für solche 3
4 Kurznachrichten Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft getreten Das vom Bundestag beschlossene Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ist am in Kraft getreten. Mit dem Gesetz sollen zukünftig unseriöse Geschäftspraktiken und Rechtsmissbrauch verhindert werden. Urheberrechtliche Abmahnungen unterliegen zukünftig einem so genannten Regelstreitwert. Dies bedeutet, dass der Streitwert für einen Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch in der Regel nur Euro betragen darf, wenn ein Verbraucher erstmalig für eine urheberrechtliche Verletzung abgemahnt wird. Bei einem geringeren Streitwert sinken auch die Anwaltskosten: Die Kosten für den Abgemahnten belaufen sich dann auf rund 155 Euro. Wenn ein Unternehmen einen Verbraucher unberechtigt oder unwirksam abmahnt, kann dieser außerdem seine eigenen Rechtsverteidigungskosten zurückfordern. Darüber hinaus sind Werbeanrufe, die von einer automatischen Anrufmaschine getätigt werden, zukünftig verboten und werden mit Geldbuße sanktioniert. Hält sich das Unternehmen nicht an diese Vorschriften, muss es mit einer Geldbuße von bis zu Euro rechnen. Außerdem sind am Telefon eingegangene Gewinnspielverträge in Zukunft nicht mehr wirksam. Sie unterliegen nun dem so genannten Textformerfordernis. Das bedeutet, das Unternehmen hat dem Verbraucher schwarz auf weiß - beispielsweise in einem Schriftstück, einem Telefax oder einer - den Vertragsschluss anzuzeigen. (Quelle: BMJ) Akteneinsicht geschaffen. Zum anderen sieht das Gesetz vor, dass durch Rechtsverordnung die signaturfreie elektronische Marken- und Geschmacksmusteranmeldung eingeführt werden kann (siehe unten). Weitere Regelungen, die die Patentverfahren effizienter und kundenorientierter ausgestalten, werden zum in Kraft treten. Das Gesetz sieht vor, dass die Fristen zur Einreichung von Übersetzungen englisch- und französischsprachiger Patentanmeldungen auf 12 Monate verlängert werden. Der Recherchebericht wird künftig auch die vorläufige Einschätzung enthalten, ob der Anmeldungsgegenstand schutzfähig ist. Die Einspruchsfrist gegen Patente wird von drei auf neun Monate verlängert und Anhörungen im Einspruchsverfahren sind künftig öffentlich. (Quelle: DPMA) Patentrechtsnovelle: Verfahren vor dem DPMA sollen effizienter und flexibler werden Das Gesetz zur Novellierung patentrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes wurde am verkündet. Durch das Gesetz sollen die Verfahrensabläufe beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), insbesondere in Patentsachen, praxisgerecht optimiert werden. Die Verfahren vor dem DPMA sollen transparenter, effizienter und flexibler werden. Zwei wesentliche Kernpunkte des Gesetzes sind bereits in Kraft getreten: Zum einen wurde die aus Datenschutzgründen notwendige Rechtsgrundlage für die Online- 4
5 Online-Anmeldung von Marken und Geschmacksmustern jetzt auch ohne Signatur möglich Seit dem können Marken- und Geschmacksmusteranmeldungen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) auch ohne Signatur elektronisch eingereicht werden. Mit dem neuen Dienst DPMAdirektWeb steht ein schneller Onlineservice zur signaturfreien Anmeldung von Marken und Geschmacksmustern zur Verfügung. Der Download von Anmeldesoftware ist nicht erforderlich. Die Nutzer werden in sieben Schritten durch die Webanwendung für die Markenanmeldung geführt. Zur Auswahl der Waren- und Dienstleistungsbegriffe steht ein elektronischer Warenkorb zur Verfügung. Eine elektronische Markenanmeldung kostet 290 Euro für drei Waren- und Dienstleistungsklassen. Bei der Geschmacksmusteranmeldung reichen sechs Schritte aus. Die Anmeldung ist zunächst auf bis zu 10 Muster begrenzt und kostet 60 Euro. (Quelle: DPMA) HABM: Geänderte Eintragungspraxis bei der Verwendung von Nizza-Oberbegriffen In der Folge des kontrovers diskutierten IP Translator -Urteils des EuGH (Urteil vom C-307/10) hat das HABM seine Eintragungspraxis bei der Verwendung von Nizza-Oberbegriffen im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ab sofort geändert. 11 Oberbegriffe der aktuellen Nizza-Klassifikationsliste werden vom Amt ohne weitere Präzisierung nicht mehr akzeptiert, darunter z. B. Maschinen in Klasse 7 und Reparaturwesen in Klasse 37. Im Weiteren gilt, dass der Schutzbereich eines Nizza-Oberbegriffes künftig auf seinen Wortsinn begrenzt ist. Falls der Anmelder Schutz für alle Waren bzw. Dienstleistungen einer Nizza-Klasse begehrt, reicht es daher zukünftig nicht mehr aus, im Verzeichnis lediglich sämtliche Oberbegriffe der jeweiligen Nizza-Klasse aufzuführen, sondern es müssen darüber hinaus sämtliche Begriffe des alphabetischen Verzeichnisses der jeweiligen Nizza-Klasse einzeln aufgelistet werden. (Quelle: HABM) 5
6 IP Ticker 3/2013 Herausgeber bock legal Partnerschaft von Rechtsanwälten Reuterweg Frankfurt am Main Telefon + 49-(0) Fax + 49-(0) office@bock-legal.de Verantwortlicher Redakteur Dominik Weiß Dieser IP Ticker verfolgt ausschließlich den Zweck, Sie über bestimmte aktuelle Themen zu informieren. Die darin enthaltenen Informationen und Meinungen stellen keine individuelle, den Besonderheiten des Einzelfalls gerecht werdende Rechtsberatung dar. Sollten Sie bezüglich einzelner Themen weitere Fragen haben, so wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei bock legal. Gestaltung:
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